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Der alternative Szenariorahmen

ALTERNATIVER SZENARIORAHMEN

Der alternative Szenariorahmen besteht in einem dezentral angelegten Szenariorahmen zu möglichen und auf Basis realer Messungen tatsächlich notwendiger Netz-Fortentwicklungen.

Theoretischer Ausgangspunkt ist das Ziel rein generativer Erzeugung von Strom und Wärme, welche sich in der Tat nur mittels eines möglichst hohen Grades an dezentraler Erzeugung plus Speichertechnologien erreichen lässt. Mit dem hergebrachten Denken in Großstrukturen, Großkonzernen, großen Leitungen, gigantischen Umsätzen und gewaltigen Leistungen ist das gleiche Ziel zwar theoretisch ebenfalls erreichbar, jedoch nur um den Preis extrem aufwändiger Verwaltung, Reglementierung und Steuerung.

Im Wesentlichen werden zunächst ausgewählte Passagen (kursive Schrift) des von der BNetzA zuletzt veröffentlichen, konventionellen Szenariorahmens 2017-2030 unter Seitenangabe zitiert, kritisch beleuchtet und an geeigneten Stellen auch in weiteren Zusammenhängen einer politischen Bewertung unterzogen:

Ein Konsultationsteilnehmer kritisiert, dass auch dieser Szenariorahmen durch einen politischen Rahmen von heute beschränkt wird. Die aktuellen Fortschritte bei der Energieeffizienz, in der Forschung bei Steuerungstechnologie, in der Speicherforschung, in der Gleichstromtechnologie und bei Verknüpfung der Höchst-, Mittel- und Niederspannungsnetze würden nicht oder nur unzureichend in Betracht gezogen.
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Damit hat er Recht. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass Aufgabenstellung, politisch vorgegebene Vorgehensweise, Taktiken, Strategien und Zielsetzung der BNetzA-Aktivitäten die als fehlend bemängelten Aspekte gar nicht zulassen. Der Mangel liegt nicht bei der BNetzA, sondern bei der Politik, die die herrschende Konstellation festgelegt hat. Die BNetzA ist eine Behörde, und tut hauptsächlich, was ihr aufgetragen wird, auch wenn sie ab und an über das Ziel hinausschießt sowie durch bestimmte Artikulationen in Form von Glaubenssätzen subjektiv und willkürlich Partei für bestimmte Technologien und Strukturen ergreift. Perspektiven zu entwickeln gehört anzunehmender Weise auftragsgemäß nicht dazu.

Sehr viele Konsultationsteilnehmer begrüßen, dass der aktuelle Entwurf des Szenariorahmens für die Netzentwicklungspläne Strom 2017-2030 wesentlich ausführlicher ist als die Szenariorahmen der Vorgängerjahre. Dies betreffe insbesondere die Einbeziehung zusätzlicher Inputparameter und deren Variation. Somit sei die Nutzung von Szenarien sinnvoll, die in Hinblick auf einzelne Parameter nicht mehr identisch sind.
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Was zeigt, dass trotz allem, was vermisst wird, doch ein wenig Fortschritt möglich ist. So lässt sich zumindest Hoffnung aufrechterhalten.

Demgegenüber seien die neu eingeführten Berechnungsmethoden nach Dafürhalten einiger weniger Konsultationsteilnehmer zu detailliert. Da zu allen in den Berechnungen berücksichtigten Daten nur Abschätzungen vorliegen, könne nicht vorhergesehen werden, wie die tatsächliche Entwicklung sein werde. In dem Workshop in Würzburg sei von einem Gutachter der Übertragungsnetzbetreiber bestätigt worden, dass frühere Studien mit ähnlichem Detaillierungsgrad nicht auf ihre Treffsicherheit überprüft wurden. Demnach werde mit dieser detaillierten Berücksichtigung von Einzeldaten lediglich eine Pseudogenauigkeit erzeugt, die der tatsächlichen Entwicklung nur zufällig entspreche. Bei einer so langfristigen Prognose wie im Szenariorahmen 2017-2030 müsse eine Beschränkung auf die drei bis vier größten Einflussfaktoren erfolgen.
S. 10

Die Detailverliebtheit entspricht einem ingenieurwissenschaftlichen Bedürfnis. Dass sich dieses gegen die Vorherrschaft fachfremder Juristen und Wirtschaftler bei der BNetzA wirkungsmäßig entfaltet, ist prinzipiell zu begrüßen. Letztlich ist Ziel jeder Wissenschaft die Beschreibung von Phänomenen, deren Erfassung in berechenbaren Kategorien und die Vorhersage. Von daher hängt jedoch jegliche Detailberechnung in der Luft, da die Annahmen in den Szenariorahmen Top-Down gestrickt und zu mehr als 100% spekulativ sind. Es ist noch nicht mal transparent nachvollziehbar, warum ein gerade mal einziger von 35.040 Viertelstundentakten, komplementär dazu ein Handvoll Nutzungsprofile und ein paar ausgewählte Musterverteilnetze von über 16.000 existierenden eine verlässliche Ausgangsbasis darstellen könnten.

Dazu kommt, dass niemand die Zukunft vorhersagen kann. Schon gar nicht, wenn politisch um bestimmte, wesentliche Zielsetzungen gerungen wird. Siehe CO2-Ausstoss, Schadstoffemissionen, Zukunft Kohle, Entwicklung Speichertechnologie, Elektromobilität, Elektrifizierung des Schienenverkehrs, Elektrfizierung der Autobahnen mit Stromleitungen, Zuwachs Wärmepumpentechnik, Verdrängungswettbewerb PV und Wind gegen konventionelle Stromerzeugung, Entwicklung von Schlüsselindustrien, etc.

Einige Konsultationsteilnehmer beanstanden, dass der Entwurf des Szenariorahmens erneut von den vier großen Übertragungsnetzbetreibern erstellt worden ist. Eine derartige Planung mit so großer gesamtgesellschaftlicher Bedeutung dürfe nicht von den vier Übertragungsnetzbetreibern, die ihren Aufgaben gemäß in erster Linie nicht das Gemeinwohl, sondern eigene wirtschaftliche Ziele verfolgten, vorgenommen werden. Es entstehe der Eindruck, dass die Übertragungsnetzbetreiber beim Erstellen des Szenariorahmens 2017-2030 keine objektive Einschätzung der Stromgewinnung und des Stromtransports erarbeiteten, sondern versuchen, die Bedürfnisse der Zukunft so auszulegen, dass für sie der größtmögliche Gewinn (bei einer garantierten Eigenkapitalrendite von über 9 %) herauskommt, also der Bau von möglichst vielen und groß angelegten Leitungen über möglichst große Entfernungen. Die Planung des Szenariorahmens müsse vielmehr von neutraler Stelle erfolgen, um das Gemeinwohl und die Interessen der Bürger zu berücksichtigen
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Ein Argument, mit dem alle diese Kritiker absolut Recht haben. Dadurch gerät das Ganze System zum Selbstbedienungsladen für Finanzkonzerne und die berühmten „Stakeholder“. Um technische und volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit geht es längst nicht mehr. An der Stelle entsteht klar die Forderung, alternative Technologien zum Netzausbau wirtschaftlich gleichzustellen: Also eine Vergütung für Speicherbetreiber, die ebenfalls 9% Rendite auf eingesetztes EK bis 40% der Anschaffungskosten garantiert. Oder eben, die Netzbetreiber und Ausbaubefürworter setzen sich ebenfalls einer Finanzierung nach tatsächlich transportierter Energie aus. Das gegenzurechnen zeigt sofort, ob sich die Trassenbauphantasien jemals rechnen können.

Die großen Energiekonzerne und deren Finanziers haben die strategische Bedeutung der Netze längst erkannt und sehen dort eine neue, sichere Geldanlage, da im Netzbereich echter Wettbewerb nicht stattfindet, ja naturgemäß gar nicht stattfinden kann. Die Netzbetreiber selbst zeigen bis hinunter zum Verteilnetz Auf der 0,4 KV Ebene die Tendenz durch Änderung der technischen Regeln Zug um Zug die eigenen Positionen zu zementieren und erzeugen Abhängigkeiten, indem sie durch Erhöhung der Komplexität mögliche Wettbewerber wie kommunale Unternehmen via fachliche Kompetenz aus dem Wettbewerb drängen, gleichzeitig aber die Einnahmebasis durch Implementierung neuer Technologie zur garantierten Renditen verbreitern.
Für den Endverbraucher verbessert sich nichts. Lediglich die Abhängigkeit vergrößert sich.

Ein Konsultationsteilnehmer lehnt das Szenario A 2030 insgesamt ab. Die Bundesregierung habe sich verpflichtet, gewisse Klimaschutzziele zu erreichen, u. a. Strom und C02-trächtige Energieträger einzusparen. Von daher sollten Braun- und Steinkohlekraftwerke in einem zukunftsorientierten Energiekonzept keine Rolle mehr spielen.
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Eine, wenn auch logisch richtige, dennoch überaus radikale Forderung. Die löst natürlich erst Mal Ängste aus. Ohne einen tatsächlich wirksamen Anreiz wird sich in der Richtung aber gar nichts bewegen. Die Politik der alternativlosen SPD und Union jedoch versteckt sich hinter dem vermeintlichen Sachzwang der Erhaltung von vielleicht 60.000 Arbeitsplätzen im Umfeld der Kohleverstromung. Die 180.000 bereits durch diese beiden Parteien vernichteten Arbeitsplätze allein im Bereich Photovoltaik zählen offenbar nichts.

Der Schlüssel liegt in der realen Bepreisung (Referenzpreis) von Strom am Markt. Die Börsen-Arbeitspreise müssen volkswirtschaftlich sinnvoll die tatsächlichen volkswirtschaftlichen Kosten abbilden, Es darf keine kaufmännische Nullung von Investitionen durch Kategorisierung von Subventionen als „Stranded Assets“ mehr geben. Niemals mehr.

Da jedoch die Börsenpreise ihr Niveau europaweit niemals refinanzierten staatlichen Investitionen verdanken, die heute noch als Schulden Kosten verursachen, kann ein nutzbringender Ausgleich nur über eine international vereinbarte Bepreisung anderer Faktoren erreicht werden.

Die Gelegenheit ist jetzt mit dem Pariser Klimaabkommen so günstig wie nie. Selbst wenn die derzeit zu hinzunehmenden Präsidenten Trump, Erdogan und Putin versuchen, sich diesem Abkommen der Vernunft zu widersetzen so können auch diese drei niemals die anderen Unterzeichner daran hindern, umgehend jegliche Handelsware nach der jeweiligen CO2-Emission zu bepreisen und mit den so erwirtschafteten Geldern alternative Technologien und Projekte zu fördern. Dann kostet eben jedes von diesen Staaten exportierte Produkt bei Import einen dem zu seiner Herstellung freigesetzten CO2 entsprechenden Betrag Aufschlag. Erdgas, Erdöl, Kohle, Fahrzeuge, etc. Sparsamer werde die Endverbraucher von selbst.

Ein Konsultationsteilnehmer findet es bedauerlich, dass die Weiterentwicklung von Speichertechnologien und die Verknüpfung Strom- und Gasnetz im Szenario B 2030 nicht weiter beachtet wurde.
S. 13

Stimmt, entspricht aber dem politisch vorgegebenen Auftrag der BNetzA. Und ziemlich sicher auch der politisch gesteuerten Besetzung der BNetzA Führung. Inakzeptabel ist dabei, dass das Führungspersonal der BNetzA politische Bewertungen der eigenen Leistungen und vertretenen Meinungen abgibt und sogar interessengeleitete Meinungen der Stakeholder einseitig bekräftigt.

Nach Meinung eines weiteren Konsultationsteilnehmers ist es zwar nachvollziehbar, dass das Szenario C 2030 eine beschleunigte Energiewende darstellt. Allerdings sollte dabei nicht vergessen werden, dass der Ausbau von Speichern, Power-to-Gas und E-Mobilität zwar den Stromverbrauch, aber nicht notwendigerweise den Übertragungsbedarf erhöht. Bei einem Vorrang von dezentraler Produktion und Speicherung könnte der Übertragungsbedarf im Szenario C 2030 sogar geringer sein.
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Dem ist nichts hinzuzufügen.

Dabei sei heute bereits absehbar, dass sich ein zukunftsfähiges Energiesystem nur mit Speicher- und Effizienztechnologien umsetzen lässt. Obwohl die Investitionsanreize für PV-Anlagen bereits stark reduziert wurden und die Einspeisevergütungen für Windenergie ebenfalls sinken, sei ein deutlicher Anstieg der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien zu verzeichnen. Dies müsse in Szenario C 2030 abgebildet werden. Diese Entwicklung dürfe nicht durch kurzfristig lukrativere Investitionen in den fossilen Energiemarkt (z.B. zurzeit Öl, Kohle) konterkariert werden. Während argumentativ immer wieder auf steigende EEG-Beiträge hingewiesen werde, verschweige man geflissentlich den Subventionsumfang für fossile Kraftwerke. Eine transparente Kostengegenüberstellung unter Einbeziehung aller preistreibenden Faktoren habe im Szenariorahmen noch nicht stattgefunden.
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Wie bereits angesprochen, ist es zweckdienlich und absolut sinnvoll, diese Faktoren endlich einzupreisen und einen volkswirtschaftlichen Referenzpreis für Börsenstrom europaweit vorzugeben. Dessen Höhe wird um die 13 ct. / kWh liegen und in erster Linie über eine CO2-Bepreisung der eingesetzten Energieträger erreicht. Dies geht natürlich nicht von heute auf Morgen, da sich weite Teile der so genannten „energieintensiven“ Industrie längst bei den für diese Unternehmen deutlich gefallenen Energiepreisen eingerichtet haben und sich dagegen mit allen Mitteln wehren werden.

Das Argument der Schwächung von Wettbewerbsfähigkeit – eine Wettbewerbsfähigkeit, die übrigens auch auf Grund der aktuell hoch subventionierten Strompreise für die Industrie einen weltweit wirksamen Verdrängungswettbewerb und eine Verarmung in vielen Ländern bewirkt – dieses Argument verliert in dem Augenblick seine Relevanz, in dem diese Bepreisung international vereinbart wird.

Es sei nicht akzeptabel, dass in keinem der Szenarien das klima- und energiepolitisch notwendige sukzessive Auslaufen der Kohleverstromung in Deutschland im Einklang mit den klima- und energiepolitischen Zielen abgebildet wird. Dazu müsse spätestens bis 2035 ein Ausstieg aus der Braun- und Steinkohleverstromung erfolgt sein. Es sei daher eine Mindestvoraussetzung, dass in den Szenarien B 2030 und C 2030 kein Neubau von Braun- und Steinkohlekapazitäten angenommen wird. In diesem Zusammenhang sollten die angenommenen Betriebsdauern für Kohlekraftwerke stark reduziert und jene für Gaskraftwerke erhöht werden.
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Dazu bedarf es zu aller erst einer klaren politischen Entscheidung. Diese geforderte Abbildung ist eben leider noch nicht politisch der BNetzA als Aufgabe zugewiesen worden. Die BNetzA darf das im Grunde auch gar nicht. Der Webfehler im System liegt bei der Wahlentscheidung der meisten Wähler für Parteien, die weder den Weitblick, noch den Mut, noch das tiefere Verständnis für diese Thematik haben. Politik ist oberflächlich und an anderen, sehr einfachen und rein emotionalen Interessen ausgerichtet. Die derzeitigen Parteien haben nicht einmal die Fähigkeit, bei der politisch gesteuerten Besetzung kommunikativ hochwirksamer Posten technologieneutral, wissenschaftlich rein rational und evidenzbasiert und über den Tagesbedarf hinaus zu handeln.

Demokratie ist die theoretische Beteiligung aller, faktisch die Beteiligung vieler, deren Wortführer reichlich und meistens durch undemokratische Prozesse in relevante Positionen kommen und sie ist am Ende die Herrschaft des Mittelmaßes mit der Tendenz zur Suboptimierung in jeder Hinsicht. Demokratie kann leider so gut wie nie Spitzenergebnisse liefern. Die besten Ergebnisse liefert stets die möglichst menschennahe Bewältigung von Herausforderungen. Dezentralität eben.

Alle anderen Herrschaftsmodelle sind diesbezüglich noch schlechter, denn Machtstrukturen sind niemals an Problemlösungen interessiert, sondern nur am eigenen Bestandserhalt plus der eigenen Vergrößerung. Dieses gezielte Wachsen jeglichen gesellschaftlichen Engagements entspringt der Logik zu wachsen, um nicht von anderen übernommen werden zu können, die schneller wachsen. Es geht im Grunde um Machterhalt durch Ausbau. Zentralisierung ist ein logisches Ergebnis dieser Strukturen. Zusammenbruch aber auch, da unvermeidlich die Folge. Je mehr kleinteilige, dezentrale Akteure, desto stabiler das gesamte System.

Anstatt wie bisher rein exogen definierte Betriebsdauern anzunehmen, sollte die Wirtschaftlichkeit der Braunkohlekraftwerke innerhalb der Marktsimulation endogen vorgenommen werden. Hierbei seien die Möglichkeiten des Carbon Dioxide Capture and Storage und Retrofitinvestitionen zu berücksichtigen. Bei der Prognose der Grenzkosten der Braunkohlekraftwerke sollten auch die Fixkosten der Tagebaue berücksichtigt werden. Würden diese vernachlässigt, würde die Merit-Order künstlich verfälscht und die Stromproduktion aus Braunkohle bevorzugt. In diesem Zusammenhang sollten auch die Subventionen der Braunkohleverstromung und der Tagebaue nicht berücksichtigt sowie die Umweltkosten aufgeschlagen werden, damit die realen Kosten der Braunkohleverstromung abgebildet werden könnten. Diese sollten nach Ansicht einiger Konsultationsteilnehmer mit 11 Cent/kWh angesetzt werden.
S. 21

Deutet – abgesgen von CCS – in die richtige Richtung, wenngleich unklar ist, warum die Subventionen der Tagebaue NICHT berücksichtigt werden sollen (?). Im Gegenteil müssen sie berücksichtigt, also rechnungsmäßig als Kosten in die Wirtschaftlichkeitsberechnung einbezogen werden, oder ist der Satz nur schlecht formuliert? 11 Cent sind allerdings zu niedrig angesetzt. CCS und Retrofit sind indessen die verkehrten Ansätze, da sie in eine Sackgasse des Bestandserhalt degenerativer Technologie führen. Sie gleichen dem mittelalterlichen Ablasshandel für unvermindertes Weitersündigen. CO2-Recycling durch Rückumwandlung in Methan ist der aktuell bessere Ansatz. Wasserstofftechnologie ist zwar technisch besser, im Handling aber zu aufwändig und im Betrieb zu teuer. Der Wirkungsgradvorteil in der gesamten Kette ist zu niedrig, um das auszugleichen. Bereits ohne Lade- / Tank Infrastruktur kostet die nutzbare kWh Wasserstoff mit 40 ct/kWh bereits ein Mehrfaches dessen, was für synthetisches Methan – in industriellem Maßstab produziert – anzusetzen ist. Ob der höhere Wirkungsgrad der Produktionskette für Strom zu Wasserstoff zurück zu Strom sich gegenüber der weniger effizienten Produktionskette Strom zu Methan zu Strom durchsetzen wird, der vor allem durch eine weitaus günstigere Infrastruktur punkten kann, bleibt abzuwarten.

(Wirkungsgrad: Strom zu H2 zu Strom = 0,75 * 0,6 = 0,45)

(Wirkungsgrad: Strom zu H2 zu Methan zu Strom = 0,75 * 0,8 * 0,4 = 0,24)

Einige Konsultationsteilnehmer weisen auf die erheblichen negativen Folgen einer drastischen Reduktion der Braunkohlekapazitäten hin. Sowohl für die Versorgungssicherheit als auch für die Wirtschaft im Rheinischen Revier bedeuteten die im Szenariorahmen angenommenen Prognosen einen massiven Eingriff in den Markt mit negativen Folgen. Dies sei im Rahmen zu den Verhandlungen zur Sicherheitsreserve erkannt worden, wodurch ein breiter Konsens bei allen Beteiligten erreicht wurde. Prognosen, die über diese Vereinbarung hinausgingen, seien daher nicht zulässig. Sie würden den breiten Konsens aufbrechen, mit massiven Folgen für die Energiewirtschaft, die dort Beschäftigten und die Versorgungssicherheit.
S. 21

Das Argument der Wirtschaft im Rheinischen Revier – aber auch in der unerwähnten Lausitz und anderen Regionen Brandenburgs, Sachsens, und Sachsen-Anhalts – erscheint immer wieder. Es geht um angeblich rund 60.000 Arbeitsplätze. Von den allen in der deutschen PV-Branche seit 2013 verloren gegangen 180.000 Arbeitsplätzen spricht niemand. Zumindest nicht von den bisherigen politischen Parteien.

Das Argument der Versorgungssicherheit sucht durch Ansprache von Ängsten zu punkten. Doch der Nachweis, dass diese durch andere Technologien weit besser und nachhaltiger sichergestellt werden kann, wird leider noch immer nicht ausreichend beachtet.

Insbesondere österreichische Pumpspeicherkraftwerke sollten bei der Netzberechnung eine wichtige Rolle spielen, da durch diese der Versorgungsbedarf in Süddeutschland sinken und der innerdeutsche Nord-Süd Engpass entlastet würde. Diese Pumpspeicherkraftwerke müssten auch auf Grund der deutsch¬ österreichischen Marktgegebenheiten berücksichtigt werden, da an der Grenze in der Regel kein Engpass existiert
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Immerhin sind Bayern und Österreich seit über 50 Jahren betreffend elektrische Energie und deren Speicherung in österreichischen Pumpspeicherkraftwerken Realität. So wie Bayern und Österreich kulturell, landsmannschaftlich und wirtschaftlich aufs engste verbunden sind, ist es umso ungleicher, diese Jahrhunderte lange Zusammengehörigkeit im Geiste der bismarckschen Reichseinigung noch weiter voranzutreiben. Vor diesem faktischen Hintergrund ist es umso unverständlicher, warum es Bestrebungen gibt, die gemeinsame Preiszone mit Österreich aufzutrennen. Im Gegenteil wäre es im Sinne der Europäischen Entwicklung einen wirklichen gemeinsamen Markt zu schaffen, indem Strompreise, deren Bestandteile und der Stand der Technik endlich europaweit harmonisiert werden. Es ist ja geradezu ein Witz, dass es in der europäischen Wirtschaftszone noch nicht mal einheitliche Stecker und Stromsysteme gibt.

Ein Konsultationsteilnehmer kritisiert, dass die installierten Kapazitäten der PV-Anlagen in den jeweiligen Szenarien weder im Smart-Metering noch im Strommarkt-Design 2.0 als in Echtzeit gemessene Einspeisequellen berücksichtigt würden.
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Wie sollte das auch möglich sein, wenn noch nicht mal Bereitschaft besteht, überhaupt RLM-Messung, Übertragung, Speicherung und anonymisierte Veröffentlichung der Daten in Echtzeit an allen Netzknotenpunkten zu installieren. Eine längst überfällige Maßnahme.

Hier liegt einer der wesentlichen Einstiegspunkte in eine dezentrale Netzentwicklung und Stromversorgung, die zeitgleich eine Reihe von Problemen definitiv beseitigt.

Installiert man an allen Netzknotenpunkten vom Ortsnetztrafo bis zu Umspannwerken und Konverterstationen hinreichend große Batteriespeicher (Kapazitätsermittlung via realgemessenen Lastgängen), dann kann das gesamte Netz selbstregulierend ausgerichtet werden. Die Leistungselektronik der Batteriespeicher und weiterer denkbarer Aggregate scannt das Netz und reguliert mit der Regelleistungskapazität der Speicher den Lastfluss. Lokale Bedarfsspitzen werden direkt aus Batterien gedeckt, zu lastschwachen Zeiten wird nachgeladen, der Lastfluss wird weitgehend ausgeglichen, Strom wird vom Spekulationsobjekt wieder zum kalkulierbaren Gut.
Zentrale Leitwarten sind nicht mehr notwendig und zentrale Steuereinheiten, die von Hackern oder Terroristen attackiert werden könnten, ebenfalls nicht.

Die gesamte Handelsabrechnung mit Energie und Leistung kann ex Post erfolgen und frei von Spekulationsgewinnen wird Strom zu einem echten Gemeingut, von dem alle profitieren.
Wer sich eine Stunde Zeit nimmt intensiv darüber nachzudenken wird mit ein wenig Intelligenz selbst erkennen, dass diese Bemühungen aller Engagierten über kurz oder lang ohnehin genau darauf hinauslaufen. Jede Flexibilisierungstechnologie reduziert die möglichen Handelsspannen auf Grund von Knappheiten, jeder neue generative Stromerzeugungsanlage in privater Hand das spekulationsfähige Handelsvolumen.

Es geht längst nicht mehr um das Erwirtschaften von Gewinnen am Strommarkt, das ist nur eine flüchtige Erscheinung und derzeit sind die Spannen im Durchschnitt sogar negativ, um die vielen fleißigen Kleinanbieter und neuen genossenschaftlichen Handelsmodelle klein zu halten oder zu eliminieren. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als die Kontrolle eines in seiner Qualität unveränderbaren Grundversorgungsguts, faktisch eines technischen Monopols: Wird diese demokratisch sein oder wird sie ein neues Lehensmodell für wenige renditeorientierter Stakeholder?

Mehrere Konsultationsteilnehmer sprechen sich für die im Entwurf des Szenariorahmens verwendete regionale und sektorspezifische Methodik zur Ermittlung des Stromverbrauchs aus. Ein Konsultationsteilnehmer fordert für die Erzeugung eine länderscharfe bzw. kreisscharfe Veröffentlichung von Daten.
S. 33

Im Ansatz schlüssig. Nur folgen die Netze auf den vier Netzebenen nicht unbedingt den Länder-oder Landkreisgrenzen. Der bessere Weg ist eine Methodik, die bei den Verteilnetzen ansetzt, ab Ortsnetztrafo die Last- und Leistungsspitzen durch RLM-Messung erfasst, die Daten in Echtzeit überträgt und die dann entsprechend mit Speichern ausgestattet werden, um diese Spitzen zu kappen und den Energietransport zeitlich und räumlich zu verlagern. So ganz nebenbei werden dies Ortsnetztrafos damit zu kostengünstigen, regelbaren Einheiten. Schlecht für die Üblichen Verdächtigen Hersteller überteuerter RONT.
Diese Daten der Ortsnetztrafos sind dann anonymisiert zu veröffentlichen.

Entsprechendes Vorgehen wird an allen weiteren Netzknoten wiederholt, die Speicher werden entsprechend an Hand der Messdaten größer. Steigen die lokal ermittelten Bedarfe, werden die Anlagen erweitert.

Ein Konsultationsteilnehmer begrüßt die Hinweise auf eine regionale Verteilung von Kapazitäten und Aufteilung von Verbrauchswerten nach Landkreisen. Es sei jedoch nicht nachvollziehbar, wie diese Methodik konkret umgesetzt werden solle. Es wird daher gefordert, die „zellularen Ansätze“ aus der Studie des VDE umzusetzen, um für den Netzentwicklungsplan die Simulation regionaler Strommodelle zu ermöglichen.
S. 33

Dieser zelluläre Ansatz ist mir leider nicht bekannt, klingt aber richtungsweisend.

Ein Konsultationsteilnehmer ergänzt, dass langfristig trotz umfassender Energieeffizienzanstrengungen von einem signifikanten Anstieg des Stromverbrauchs auszugehen ist. Da die Sektorenkopplung den Energieverbrauch in den Bereichen Verkehr und Wärme auf den Stromsektor umlegen würde, sei die Stromnachfrage im Jahr 2050 deutlich höher als heute. Die betrachteten Zieljahre 2030 und 2035 seien jedoch von einem deutlichen Rückgang des Nettostromverbrauchs ausgegangen, da weitere Stromanwendungen wohl erst danach zu einem deutlichen Anstieg führen würden.
S. 34

Niemand kennt die Zukunft. Dennoch ist abzusehen, dass verschiedenen technologische Sprünge einen Mehrbedarf an Strom erforderlich machen: Power-To-Gas (1 kWh Strom aus EE-Gas = ca. 6 kWh Strom aus PV oder Wind), Elektromobilität, Wärmepumpen, elektrifizierte Ferntransportsysteme, u.v.m.
Einige Konsultationsteilnehmer wünschen eine zumindest landkreisscharf regionalisierte Darstellung des Stromverbrauchs und der Jahreshöchstlast.
S. 35

Wie bereits erwähnt passen Netztopologien und politische Topologien bestenfalls auf kommunaler Ebene zusammen.

In zahlreichen Beiträgen wird darauf hingewiesen, dass die Ermittlung des Stromverbrauchs und dessen Verlauf nur qualitativ beschrieben werden. Die Quellen, auf denen die Methodik der Ermittlung und der anschließenden Regionalisierung basiert, würden nicht benannt. Die Benennung sei jedoch essenziell, um den Vorschlag und das Vorgehen der Übertragungsnetzbetreiber zu bewerten. Daher sollten die Quellen transparent im Detail offengelegt werden. Auch sollten die verwendeten Lastprofile stundenscharf in geeigneter Form veröffentlicht werden, da moderne Lastprofile eine Grundlage für wissenschaftliche Arbeiten im Kontext darstellten und für die Glaubwürdigkeit des Szenariorahmens von großer Bedeutung seien
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Richtig. Zudem weiß jeder Energiemanager, der einen Betrieb, ein Werk oder ein Gebäude sinnvoll und verantwortlich optimiert: Grundlage aller Effizienzsteigerung sind gezielte und umfassende Messungen und Dokumentationen.

Hochrechnungen sind die Quelle aller Fehleinschätzung. Sie genügen nicht der Realität eines sich verändernden Umfelds in der Nutzung der Ressource Elektrizität.

Dem zustimmend äußert sich ein Konsultationsteilnehmer dahingehend, dass die Berücksichtigung der Spitzenkappung im Szenariorahmen nach erfolgter Rückmeldung der Verteilnetzbetreiber neu vorgenommen werden muss. Da im Ergebnis noch nicht geklärt sei, ob eine Spitzenkappung zum Einsatz kommt, die alle Erneuerbare Energien Anlagen umfasst, müsse dieser Punkt im Rahmen einer Sensitivitätsberechnung differenziert untersucht werden. Es sei nicht davon auszugehen, dass gerade bei kleinen PV-Anlagen alle vorhandenen Anlagen wirtschaftlich sinnvoll und effizient in ein Spitzenkappungsmodell einbezogen werden können.
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Das Thema Spitzenkappung ist nur vorübergehend relevant, da der zunehmende Zubau an privaten Speichern jedem Endverbraucher ermöglicht, selbst erzeugten Strom wie gekauften Strom zeitversetzt zu nutzen. Damit wird sich der Bedarf immer mehr auf immer konstanteren Niveaus einpendeln. Aus Volatilität und den zugehörigen Geschäftsmodellen wird Nivellierung von Verbrauch, Erzeugung und Preisen. Für dieses nüchtern betrachtet kurzfristige Phänomen lohnt sich keinerlei langfristige Investition.

Zahlreiche Konsultationsteilnehmer kritisieren die unzureichende und zu geringe Berücksichtigung von Speichern im Entwurf des Szenariorahmens. Es kommt insgesamt zu einer systemischen Fehleinschätzung der Rolle von Speichern im Entwurf des Szenariorahmens. Die Möglichkeit der Speicherung werde zukünftig mit der starken Zunahme an Erneuerbaren Energien und der damit fluktuierenden Leistung im Markt eine große Bedeutung erhalten. Der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien erhöhe in Zusammenhang mit der Mindesterzeugung konventioneller Kraftwerke zukünftig den Flexibilitätsbedarf. Speicherlösungen könnten eine Alternative zu Investitionen in zusätzliche Leitungen darstellen. Darüber hinaus würden Speicher bereits heute einen Beitrag zur Netzstabilität und Versorgungssicherheit leisten.
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Womit die zahlriechen Teilnehmer absolut Recht haben. Das jüngste EWE-Projekt des Redox-Flow-Kavernen-Speichers weist dorthin, wo die Reise definitiv hingeht. Es ist müßig, darüber zu streiten, welche Technologie sich am Ende durchsetzt:
– Akkuspeicher
– Power-To Gas
– – Power to Methane
– – Power to Hydrogen
– Brennstoffzellen

Diese Technologien sind systematisch redundant und ihre Verbreitung wird sich einpendeln. Ich sage 80% Akkuspeicher gegen 20% Power to Methane voraus, da hier die größten technologischen Flexibilitäten liegen.

Ein Konsultationsteilnehmer äußert die Erwartung, dass Redox-Flow-Batterien deutlich vor Ende dieses Jahrzehnts bereits eine großindustrielle Anwendung finden. Diese würden innerhalb der nächsten Jahre als leistungsfähige Alternative zum flächendeckenden Einsatz kleiner Lithium-Ionen-Batterien zur Verfügung stehen.
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Der Hinweis auf das EWE-Projekt erfolgte soeben.

Nach der Ansicht mehrerer Konsultationsteilnehmer gibt es eine Diskrepanz zwischen Szenariorahmen und Netzentwicklungsplan: Der Szenariorahmen gebe nur die Kapazitäten (elektrische Leistungen in MW) vor, aber die Bestimmung der Strommengen (elektrische Energie) erfolge erst nachfolgend in der Marktmodellierung des Netzentwicklungsplans.
S. 49

Die fortwährende Krux eigentlich ausreichend ausgebildeter Ingenieure und Techniker, den Unterschied zwischen Leistung und Energie (= Arbeit) nicht zu kennen und leider auch meist nicht zu verstehen. Das Denken in Leistung (KW = PS!) beherrscht auch die öffentliche Diskussion. Dabei wird Leistung fast ausschließlich punktuell für kurze Momente abgerufen und ist obendrein für Berechnungszwecke eine Angabe unter genau definierten Standardbedingungen, also nur ein Schnappschuss für einen winzigen Augenblick. Um z. B. die 265 KW eines Gewerbebetriebs in der Mittagszeit für 45 Minuten abzudecken, genügt ein Akku mit 300 KW Leistung und 300 KWh Kapazität, statt eine Leitung für 300 KW. Denn die kann dann auch bei unter 100 KW liegen, wenn die restliche Zeit der Leistungsabruf bei höchstens 80 KW liegt. Womit der Betrieb dann aktuell ca. 8.500 € pro Jahr nur an der Gebühr für das RLM-Metering sparen kann und der Netzbetreiber dort sofort 200 KW mehr Leistungskapazität frei hat.

Wer redet über den Verbrauch des eigenen Autos in kWh? Wer hat verstanden, dass Kalorien viel wahrscheinlicher kleine, nachtaktive Tierchen sind, die Kleidungsstücke enger nähen, aber keine verlässliche Angabe für die enthaltene Energie?

Die wesentliche Größe für die Wirtschaft ist die Arbeit, nicht die Leistung. Die Leistung dient der Auslegung der technischen Anlage. Die Versorgungsgröße aber ist die Energie.

Nach Meinung eines Beitrags ist die Merit-Order Betrug am Verbraucher. Als Merit-Order bezeichnet man die Einsatzreihenfolge der Kraftwerke, die wiederum durch die Grenzkosten der Stromerzeugung bestimmt wird. Eine solche Betrachtung preist aber nicht die Folgekosten von Kohle- sowie Atomkraftwerken ein.
S. 50

Der letzte Satz stimmt zwar, aber deshalb ist die Merit Order an sich kein Betrug, sondern schlicht betriebswirtschaftlich vernünftiges Verhalten. Der Betrug findet auf der politischen und medialen Ebene statt, wo jegliche vernunft- und faktenbasierte Thematisierung und öffentliche Erörterung der Zusammenhänge vermieden oder verhindert wird.

Ob eine solche Erörterung sinnvoll und nützlich wäre, ist nicht klar, da die Zusammenhänge von so gut wie niemandem verstanden werden.

Wem ist klar, dass die Milliardeninvestitionen des Staats in Kraftwerke und Infrastruktur plus die Milliarden an Subventionen für Kohlebergbau und andere Fördertechnologien für fossile Energieträger von den Betreibern und letztlich den Endverbrauchern niemals refinanziert wurden, sondern im Gegenteil allesamt in einer Zeit wachsender Staatsschulden zu deren Anwachsen massiv beigetragen haben. Wir sprechen hier von einer Größenordnung von 700 Milliarden Euro, was gut 25 % der bundesdeutschen Schulden ausmacht.
Damit wurde über verbilligte Energie Wachstum der deutschen Wirtschaft befördert und diese klare Fehlbepreisung wirkt bis heute durch zu niedrige Börsenstrompreise fort. Dabei hat damals niemand verstanden – und es wird heute meistens nicht verstanden – dass dies nur eine Verschiebung der Notwendigkeit des adäquaten Ersatzes in die Zukunft bedeutet.

Ein Konsultationsteilnehmer weist darauf hin, dass die zur Optimierung des notwendigen Ausbaubedarfs wesentlichen Wechselwirkungen zwischen Übertragungs- und Verteilnetzausbau im Szenariorahmen nicht ausreichend berücksichtigt worden sind. Ein weiterer Konsultationsteilnehmer äußert den Einwand, dass die Verteilnetze im Szenariorahmen nur durch Modellierung der dort auftretenden Spitzeneinspeisungen berücksichtigt würden. Er fordert die Planung des Übertragungsnetzes ausgehend von der Verteilnetzebene.
S. 51

Richtig. Und zwar unter Einbeziehung von Spitzenkappung bei 70% an ausnahmslos allen Netzknotenpunkten.

Ein Konsultationsteilnehmer empfiehlt der Bundesnetzagentur, für eine bundesweit konsistente Erfassung der Einspeise- und Verbrauchsdaten Sorge zu tragen. Ein weiterer Konsultationsteilnehmer fordert darüber hinaus, dass alle Daten – insbesondere auch die Verbrauchsdaten – mit einheitlichen Datendefinitionen, abgestimmten Datenformaten und in voller Detailtiefe allen Beteiligten (Übertragungsnetzbetreiber, Bundesnetzagentur, Verteilnetzbetreiber) zur Verfügung gestellt werden. Ein Konsultationsteilnehmer äußert, dass die Übertragungsnetzbetreiber bzw. Behörden alle Daten, die der Potenzialanalyse zur PV-Erzeugung zugrunde liegen, an die Verteilnetzbetreiber weitergeben sollten, da diese zur Ermittlung des Potenzials an lokalen Speichern im Verteilnetz notwendig sind.
S. 51

Zumindest befördern die Konsultation und deren Veröffentlichung die richtigen Vorschläge.

Ein anderer Konsultationsteilnehmer spricht sich gegen die Auftrennung der gemeinsamen Preiszone zwischen Deutschland und Österreich aus, da dies dem Ziel eines stärker integrierten EU Energiebinnenmarktes widerspricht, die Versorgungssicherheit in Deutschland und Österreich beeinträchtigt und Wohlfahrtsverluste mit sich bringt. Die deutsch-österreichische Grenze sei nach Fertigstellung der geplanten grenznahen Ausbauprojekte engpassfrei.
S. 54

Absolute Zustimmung, vor allem, da vielmehr eine einheitliche Preiszone für ganz Europa erstrebenswert ist. Im Übrigen funktioniert die Zone zwischen Bayern und Österreich seit über 40 Jahren, hat sich bewährt, ist maßgebend für Bayern. Warum muss diese vernünftige und auch kulturell-historisch gerechtfertigte enge Beziehung unbedingt durch eine hysterische und überdimensionierte Anbindung an Braunkohlestrom aus Ostdeutschland ersetzt werden? Dieses Vorhaben, verstärkt durch eine nationalstaatlich motivierte Verdrängung solider, bestehender Verbindungen, ist nichts als eine Lebensverlängerungsmaßnahme für Kohlestrom garniert mit einem attraktiven, buchstäblich leistungslosen Renditemodell für Großinvestoren, denn die Bereitstellung von Transportkapazität hat noch nichts mit tatsächlichem Energietransport zu tun. Mit der Verlagerung überschüssigen Windstroms hat dies rein gar nichts zu tun.

In einem Beitrag wird ein erhöhter Importbedarf als unproblematisch angesehen, wenn sichergestellt würde, dass diese Importe aus vorzugsweise erneuerbaren Quellen gewonnen würden. Es spreche nichts gegen einen Import von Strom aus österreichischen Wasserkraftwerken, der gegebenenfalls den deutschen Nord-Süd Engpass entschärfe.
S. 56

Nachbarschaftlicher Ausgleich in Verbindung mit systemdienlichen Speichertechnoligen ist allemal der bessere Weg, als überflüssige Infrastruktur. Entscheidend ist dabei die gezielte Bepreisung der verursachten Emissionen und Folgekosten.

Ein Konsultationsteilnehmer regt an, die Spitzenkappung im Rahmen einer Sensitivitätsberechnung differenziert zu untersuchen, da noch nicht endgültig geklärt sei, ob ein alle Erneuerbare Energien Anlagen umfassender Einsatz der Spitzenkappung realistisch ist. Hierbei sei das Kosten-Nutzen-Verhältnis bei Kleinanlagen ein entscheidendes Kriterium. Es wird angemerkt, dass gerade bei den kleinen PV-Anlagen nicht alle vorhandenen Anlagen wirtschaftlich sinnvoll und effizient in ein Spitzenkappungsmodell einbezogen werden können. Abhängig vom gewählten Betreibermodell könnte es durch Speicher sowohl zu einer Netzentlastung als auch -belastung kommen. Es wird gefordert, diese gegensätzlichen Szenarien parallel zu den entsprechenden Zubauraten von Speichern im Rahmen einer Sensitivitätsuntersuchung zu beachten.
S. 58

Diese Untersuchung kostet nur Geld uns ist bestenfalls wissenschaftlich interessant, da die Spitzenkappung sich über den sichtbar ansteigenden Zubau an privaten Speichern sich mehr und mehr erledigen wird. Es steht ja gar nicht im Interesse privater Anlagenbetreiber, Strom über den eigenen Bedarf hinaus zu produzieren, wenn man ihn speichern und später nutzen kann. Abgesehen davon ist es vollkommen unnötig, jede kleine PV-Anlage rechnerisch mit einzubeziehen. Deren Effekt stellt sich über die Steigende Menge ein und wird sich gesammelt an Netzknoten besser abbilden lassen. Sofern die endlich mit Messeinrichtungenausgestattet werden. Die kleinen Anlagen integrieren sich selbst, ganz ohne Zutun der Netzbetreiber, der BNetzA und der Politik. Und das ist es, was bei diesen Unruhe erzeugt.

Ein anderer Konsultationsteilnehmer schlägt im Hinblick auf die Pariser Klimaziele vor, ein Szenario zu entwickeln, das keine fossilen Brennstoffe mehr vorsieht.
S. 58

Die Gelegenheit war günstig wie nie. Gerade vor den Hintergrund der Verweigerungshaltung des alten Mannes in Washington. Die logische Ko9nsequenz des Pariser Klimaabkommens, ist eine international harmonisierte CO2-Bepreisung, die am Ende auch die Energiepreise an sich auf ein volkswirtschaftlich systemdienliches Niveau führt.

Länder, die nicht mitmachen, müssen sich eben damit zurechtfinden, dass ihre Produkte beim Import vom Rest der Welt nach Carbon Footprint bepreist werden.

Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Klimaschutzziele wird vorgeschlagen, die Auswirkungen unterschiedlicher CO2-Preise in einer Sensitivitätsstudie zu untersuchen. Zur Schätzung der Klimafolgeschäden wird die Verwendung von 70 €/t CO2 als Schätzwert empfohlen. Weiterhin wird die Durchführung von Sensitivitätsrechnungen mit den Werten 20 €/t CO2 und 280 €/t CO2 vorgeschlagen. Eine Sensitivitätsuntersuchung mit 70 € und 280 €/t CO2 sei insbesondere deshalb interessant, weil sie eine Situation abbildet, bei der mit Hilfe von CO2 Zertifikaten die externen Kosten des Klimawandels internalisiert würden
S. 59

Laut Veröffentlichung von Professor Michael Sterner an der OTH in Regensburg kostet eine technische Umwandlung (Recycling) von CO2 ca. 80 € pro Tonne. Gesetzt, das stimmt, liegt der Schätzpreis von 70 € / Tonne für die geforderte Sensitivitätsanalyse recht passend. Die Idee dahinter ist, mindestens jedes Gramm emittiertes CO2 wieder in Nutzstoffe zurück zu verwandeln.

2.16 Themen des Netzentwicklungsplans

Sehr viele Konsultationsteilnehmer sprechen sich im Rahmen der Konsultation des Szenariorahmens gegen die aktuell geplante SuedLink-Stromtrasse aus, da deren Bedarf noch immer nicht im Rahmen eines schlüssigen Gesamtkonzepts nachgewiesen worden sei. Ebenso wenden sich sehr viele Konsultationsteilnehmer gegen die geplante Gleichstrompassage Süd-Ost (Korridor D). Die Trasse sei überwiegend für die Einspeisung und den Transport von Kohlestrom aus den ostdeutschen Kohlekraftwerken nötig und konterkariere in erheblicher Weise die Bemühungen um die Energiewende und den Klimaschutz.
S. 62

Richtig. Der Bedarfsnachweis fehlt, bzw., ist nicht transparent nachgewiesen.

Nach der Meinung eines Konsultationsteilnehmers machen die sehr differenzierten Anmerkungen zu den einzeln dargestellten Szenarien nur dann Sinn, wenn im betrachteten Zeitraum in Europa stabile politische und wirtschaftliche Verhältnisse sowie katastrophenfreie Zeiten vorlägen. Wie sich jedoch in der jüngeren Vergangenheit gezeigt habe, sei die Wahrscheinlichkeit für solche Voraussetzungen mit nicht unerheblichen Unsicherheiten behaftet. Es sei daher wahrscheinlich, dass sich die von den Übertragungsnetzbetreibern heute ausgearbeiteten Szenarien in 15 Jahren durch die periodischen Überarbeitungen signifikant ändern würden. Dies betreffe insbesondere die Annahmen zur Betriebsdauer konventioneller Kraftwerke, zum Anstieg des Anteils Erneuerbarer Energien sowie zum Stromverbrauch. Wirklich sichere Aussagen zur Entwicklung der Energielandschaft könnten daher gar nicht getroffen werden.
S. 64

Auf Ängste und Bedenken aufbauend kann man nicht planen, nur verhindern. Allerdings ist es sehr wahrscheinlich, dass wirklich sichere Aussagen zur Entwicklung der Energielandschaft nicht getroffen werden können. Da sehr wahrscheinliche Hypothesen als belastbare Grundlage für Szenarien gelten, wird es umso klüger, die Netzentwicklung Bottom-Up zu organisieren und Freiräume für den vordringlichen Bedarf der Verteilnetze zu schaffen.

Volle 25 KW für jeden Haushalt, volle Erdverkabelung aller Verteilnetze, gemeinsam mit schnellem Internet und Erdgas, Speicherbau und Datenmonitoring gehören dazu. Aber keine zentralisierte Steuerung. Schon allein, um Cyber-Attacken keine lohnenswerte Ziele zu bieten. Der Nebeneffekt: Neue Spekulationsfelder für Großinvestoren werden ebenfalls vermieden. Spekulation als Geschäftsmodell oder Marktregulatorium braucht volkswirtschaftlich kein Mensch. Wer spielen will, soll in Casino gehen.

Mehrere Konsultationsteilnehmer fordern eine Gesetzesänderung dahingehend, dass der Entwurf zum Szenariorahmen zukünftig nicht mehr durch die Übertragungsnetzbetreiber, sondern durch die Bundesnetzagentur selbst erarbeitet wird. Die Einschätzung müsse beim Staat liegen, der wiederum auf unabhängige Quellen zurückzugreifen habe. Daran anknüpfend wird die Rolle der Übertragungsnetzbetreiber im Rahmen der Erstellung des Szenariorahmens kritisiert, deren Unabhängigkeit nicht gewährleistet sei, da sie am Bau und Betrieb der Übertragungsnetze selbst verdienen und kein Interesse daran hätten, den Netzausbaubedarf auf Übertragungsnetzebene auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken. Des Weiteren könne eine Bewertung des Netzausbaubedarfs nur von unabhängiger und neutraler Stelle erfolgen, die keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt.
S. 64 / 65

Diese Teilnehmer werfen die Frage nach einem grundsätzlichen demokratischen Problem auf. Die Bevölkerung wird zwar grundsätzlich zum vollständigen Unterhalt des Systems herangezogen, hat aber keine wirklichen Möglichkeiten zur transparenten Kontrolle und zur Implementierung alternativer Technologien. Zudem erfolgen die Planungen wahrhaft technokratisch und im wahrsten Sinne über die Köpfe der Bürger hinweg. Mit dem Trassenbau geht eine Verspinnwebung der Landschaft einher, die weltweit ihresgleichen sucht. Während andere Länder längst auf Akkuspeicher setzen, die gleiches mit weniger Beeinträchtigung leisten können. Der Zusammenhang zwischen massiven und vollkommen wettbewerbsfreien Wirtschaftsinteressen bzw. Stakeholder-Interessen und der faktischen Monopolisierung eines wesentlichen Elements der Stromversorgung ist so glasklar zu erkennen, dass sich die bisherigen Parteien und Politiker eigentlich von selbst tiefrot verfärben müssten vor Scham.

Dabei ist das allerschlimmste, dass die Ausbaupläne, die auf diesen unvollständigen bis waghalsigen Szenarien beruhen, sich erwartbar in Wohlgefallen auflösen, wenn man die technischen Alternativen betrachtet die sich gerade auf den Weg machen, wirtschaftlich zu sein.

Ein simples Beispiel: Ein Gebäudeeigentümer hat in einem Gebäude gemischte Nutzungen sitzen, die insgesamt 28.000 kWh Strom benötigen. Dieser wird für 24 ct / kWh netto eingekauft. Er kann eine PV-Anlage mit 40 KW auf seinem Gebäude plus Carport/Garagen installieren. Die produziert 40.000 kWh Strom zu Refinanzierungskosten von 10 ct. / kWh und kann davon ca. 12.000 kWh direkt an die Nutzer liefern. Auf diesen Preis kommt dann noch die EEG-Umlage von 7 ct. / kWh. Das Netzentgelt entfällt.

Zusätzlich hat das sanierte Gebäude einen Energiekennwert für den Wärmebedarf von 60 kWh / m² bei ca. 1.200 m² Putzfläche, also 72.000 kWh, von denen 36.000 kWh durch eine Brennstoffzellenkaskade geliefert werden, die zusätzlich 18.000 kWh Strom liefert, dessen Erzeugungspreis mit 5 ct / kWh zu rechnen ist, plus 7 ct / kWh EEG-Umlage.

Der Reststromzukauf liegt damit bereits unter Null Euro. Dieses Modell rechnet sich bereits dadurch, dass die Erzeuger günstiger produzieren, als der Referenzpreis liegen würde und die Netzentgelte komplett entfallen. Der Politik bleibe ein weiteres Mal nur die fadenscheinige Behauptung, man müsse die EEG-Umlage erhöhen oder einen Solidaritätsbeitrag einführen, damit ein Netz finanziert wird, das diese Leute gar nicht brauchen. Das wird begrenzt funktionieren aber nicht lange. Dann koppeln sich diese Leute eben vom Netz ab und kaufen sicherheitshalber noch einen Speicher dazu.

Die Übertragungsnetzbetreiber stellen zunächst fest, dass in ihrem Szenariorahmenentwurf aus Zeitgründen die Entscheidungen zum KWK-Gesetz, die Entscheidung der Bundesnetzagentur zum Netzentwicklungsplan Gas vom 11.12.2015 und der Referentenentwurf zur EEG Reform 2016 bzw. der entsprechende Kabinettsbeschluss vom 08.06.2016 nicht berücksichtigt werden konnten. Insbesondere mit der Novellierung des EEG 2016 seien erst aktuell fixierte Randbedingungen in die Genehmigung eingeflossen. Die Konsequenzen dieser Änderungen und ihre Auswirkungen auf den Szenariorahmen konnten aufgrund der Kürze der Zeit nicht mit den Stakeholdern diskutiert werden.
S. 66

Unter den reklamierten Unzulänglichkeiten würde niemand einen schlüssigen Szenariorahmenentwurf erstellen können, eben weil sich ein Top-Down-Entwurf dahinter versteckt, der letztlich aus dem noch immer wirksamen obrigkeitsstaatlichen Denkmodell eines nationalstaatlichen Energiesystems resultiert. Womit eigentlich ein weiteres Indiz dafür geliefert wird, dass ein auf zentralisierter Lenkung, Steuerung und Überwachung basierendes Modell bereits systematisch ungeeignet ist, das präferable Modell der Zukunft zu sein. Das Problem besteht nicht so sehr darin, wer den Szenariorahmenentwurf erstellt, sondern dass er überhaupt erstellt wird.

Ferner beanstanden die Übertragungsnetzbetreiber, dass ohne den ausführlichen Text der Genehmigung die Zahlen nicht vollständig einzuordnen seien. So sei beispielsweise die Prüfung der Konsistenz der Zahlen zum Verbrauch nur eingeschränkt möglich. Aus Sicht der Übertragungsnetzbetreiber stellen die Zahlen im Tenor der Bundesnetzagentur den Versuch dar, zwischen einer energiewirtschaftlich sowie wissenschaftlich adäquaten und damit komplexen Modellierung auf der einen und einer einfacheren Festlegung nach politischen Zielvorgaben auf der anderen Seite zu vermitteln. Dieses Spannungsfeld sei auch in der Konsultation abgefragt worden.
Insgesamt seien für die Übertragungsnetzbetreiber wesentliche Annahmen zur Einordnung des Zahlenwerks aus dem Tenor nicht ersichtlich. Zudem sei die gewährte Anhörungsfrist mit drei Arbeitstagen deutlich zu kurz.
S. 66

Verstärkt die Feststellung, dass die Übertragungsnetzbetreiber der falsche Planungsbeauftragte sind.

Eine Gesamtbewertung – auch vor dem Hintergrund der nun im Tenor gesenkten EE-Mantelzahlen – könne durch die Übertragungsnetzbetreiber so kurzfristig nicht vorgenommen werden.
S. 66

Durch einen dezentralen Ansatz erübrigt sich der sowieso und der Weg, ohne den avisierten und heiß erwünschten Netzausbau auszukommen, wird klar.

Vor einigen Jahren hat der medial gehypte Prophet der Volkswirtschaft, Hans-Werner Sinn behauptet, es sei nicht möglich, flächendeckend kleineste Strommengen zu erzeugen und einzusammeln – obwohl das Verteilen auch kleinster Mengen sichtbar kein Problem darstellt. Der Aufwand sei viel zu groß und das vorhandene Potential der dezentralen Kleinsterzeuger ohnehin zu gering.

Abgesehen von der Absurdität der ersten Behauptung ist die zweite glasklar und nachweisbar falsch. Für die Erzeugung einer zur Vollversorgung der BRD ausreichenden Strommenge nur durch Photovoltaik genügen bereits knapp 4% der Bundesfläche. Knapp 15% der Bundesfläche sind aber bereits versiegelt. Eine konsequente Nutzbarmachung aller versiegelten Flächen reicht daher spielend aus. Statt die Nutzung nun durch irrwitzige Verkomplizierung des EEG und sinnfreie Beschränkung der Nutzung von geeigneten Flächen zum Schutz der konventionellen Erzeuger immer weiter voranzutreiben, sollte die Politik endlich Nägel mit Köpfen machen. Jede Bahnlinie und jede Autobahn / Bundesstraße kann überdacht werden, was nebenbei auch Energie zur Klimatisierung der Fahrzeuge spart, jeder Parkplatz, jedes Industriedach durch eine Nichtnutzungsabgabe, die sich am CO2-Äquivalent der nicht erzeugten generativen Strommenge bemisst, attraktiver gemacht werden, keine dieser Flächen muss ungenutzt bleiben.

Die Erfahrungswerte zeigen, dass je nach Nutzung der Gebäude und Flächen zwischen 35% und 50% des so erzeugten Stroms lokal auf den Punkt produziert und verbraucht werden können.

Durch Peak Shifting – auf Deutsch den zeitlich kurzfristigen Einsatz von Speichern – lässt sich dieser Prozentsatz auf 80 % heben. Den Rest kann Power-To-Gas als Langfristspeicher für die schlechten Wochen des Jahres erledigen.

Das einzige was dazu fehlt und was im Grunde die gesamte Arbeit der BNetzA und der ÜBN ad absurdum führt, ist das Fehlen echter politischer Entscheidungen, das Fehlen von Verbindlichkeit.

Doch zurück zum Sinn-Argument: Wäre diese Gerede stichhaltig, dann würde eine Feinverteilung, und Messung an jeder Verbrauchsstelle, wie heute üblich, genauso unmöglich sein. Ebenso die Erhebung, Speicherung, Auswertung und Verwaltung aller Sozialbeiträge, Steuererklärungen, Krankenkassenbeiträge etc. in derzeit üblichem Maßstab würden schlicht nicht funktionieren. Genauso wenig wie Paketdienste und die gesamte Handelslogistik. Wie denn, wenn bereits der faktisch relativ einfache Transport von Strom angeblich nicht funktionieren soll, nur weil sich gerade mal die Richtung ändert.

Die Peaks der PV-Erzeugung werden in die Speicher wandern, zunächst vor allem in die Home-Speicher, die der Windräder in dezentrale Großspeicher am Einspeisepunkt oder in P2G-Anlagen. Die Überschüsse der Braunkohleverstromung dagegen werden wider besseres Wissen über tausende Kilometer irgendwo hin transportiert, wo sie vielleicht jemand braucht. Was nur funktioniert, wenn diese speziell für die Großverbraucher – und nur für diese – konzipierten Bezugsquellen weiterhin durch massive Subventionen (Auch Abgabenentlastungen sind Subventionen des Steuerzahlers und der Endverbraucher) aufrechterhalten werden. Jener Steuerzahler, Bürger und Endverbraucher, die auf staatliche Einnahmen verzichten müssen, die dazu noch von den verbliebenen nicht privilegierten Netznutzern bezahlt werden müssen.

Dieser Krug kann über kurz oder lang von der normalen Bevölkerung nicht mehr gefüllt werden, denn sie hat keinen Nutzen davon. Im Gegenteil. Die Rechnung geht nicht auf. Schon gar nicht, wenn ihre verfügbaren Einkommen mit den Preissteigerungen immer weniger Schritt halten. Das trifft vor allem Rentner, Erwerbslose, Geringverdiener und Personen ohne qualifizierte Tätigkeiten.

Darüber hinaus sind der Bundesnetzagentur im Rahmen der Anhörung in einer separaten Kraftwerksliste detaillierte Hinweise zu einzelnen konventionellen Kraftwerken, mit der Bitte um Berücksichtigung, übergeben worden.
S. 67

Zu welchem Zweck? Bestandserhalt? Weitere Bevorzugung?

Im Hinblick auf die Annahmen zur regenerativen Erzeugung sind die Mantelzahlen der Erneuerbaren Energien für die Übertragungsnetzbetreiber auch unter Einbezug der aktuellen EEG-Novelle 2016 teilweise nur schwer nachvollziehbar.

Eine Darstellung der Annahmen zum Rückbau (insbesondere Wind Onshore) bzw. eine Darstellung, wie die Mantelzahlen der Genehmigung entstanden seien, wäre hilfreich, um diese Vorgaben zu verstehen. Die Übertragungsnetzbetreiber vermuten, dass der Rückbau von Windkraftanlagen mit dem Auslaufen der Förderdauer nach 20 Betriebsjahren gleichgesetzt wurde. Dies ist nach Meinung der Übertragungsnetzbetreiber nicht sachgerecht. Vielmehr sollten Aspekte wie der Weiterbetrieb von wirtschaftlich abgeschriebenen Bestandsanlagen (u.a. auf Grund eines Wegfalls des Repoweringbonus) berücksichtigt werden. Nach Erkenntnissen der Übertragungsnetzbetreiber erscheint ein längerer Weiterbetreib der Anlagen aus technisch wirtschaftlicher Sicht sehr wahrscheinlich. Die Annahmen einer längeren Lebensdauer würden zu deutlich höheren Mantelzahlen Wind onshore führen.
S. 67

Womit die Übertragungsnetzbetreiber implizit erneut zugeben, dass ihre zum Aufbau eines stichhaltigen und wahrscheinlichen Szenarios verfügbare Informationsgrundlage überhaupt nicht ausreicht. Vor allem, da gerade Wind – aber auch PV – durch die hohe Volatilität der Erzeugungsleistung und das bisher nahezu vollständige Fehlen von Puffertechnologie, bzw. deren bisherige Nichtberücksichtigung, einen nur ungefähr schätzbaren und real kaum vorhersehbaren Bedarf an Ausgleichskapazität erfordern.

Der Knackpunkt besteht darin, dass die vermeintlich mit der „Verantwortung“ betrauten Unternehmen lediglich eine technische Lösung der Herausforderung in Erwägung ziehen.

Dabei verhalten Sie vollständig nach einem bekannten Verhaltensmuster in allen Gesellschaften: Haben wir immer schon so gemacht. Jede Veränderung bedroht den Bestand und verursacht Unsicherheit. Geht nicht anders. Anders ist nicht möglich.

Die Verweigerung der Veränderung hat allerdings historisch nachweisbar stets den Untergang des bestehenden und mit aller Macht erhaltenen Systems verursacht. Früher oder später. Denn, wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen.

Da die Leistungen von PV und Wind bereits jetzt bei einem hinsichtlich der vertraglich vereinbarten und dennoch verfehlen Klimaziele viel zu niedrigen Ausbaustand dieser rein generativen Technologien das Volumen der höchsten Leistungsabfragen übersteigen, verhindert die Strategie der Bewältigung dieser Herausforderung durch Ausbau der vorhandenen Übertragungskapazitäten vor allem auf den höchsten Spannungsebenen zwei Dinge:
Den zügigen weiteren Ausbau rein generativer Stromerzeugung ebenso wie die Installation alternativer Technologien zur Verschiebung von Last- und Leistungsspitzen.

Über dem ganzen thront zudem ein bisher nicht erkanntes bzw., thematisiertes Risiko:

Es ist ja nett, wenn in Norddeutschland fünf Mal jährlich über ein zwei Tage zu viel Windstrom produziert wird, der dann mittels Süd-Link und Süd-Ost-Link nach Bayern und Süddeutschland abtransportiert wird, um dort verbraucht zu werden. Sollte dort dann gerade bestes PV-Wetter herrschen (Herbst / Frühjahr), kann Bayern mit dem Überschuss schließlich die seit über 40 Jahren bestehende Verbindung zu den Pumpspeicherkraftwerken in Österreich nutzen. Schließlich wird dort inzwischen mehr und mehr generativer Strom tagsüber gespeichert, da die Produktion der bayerischen Kernkraftwerke abnimmt und absehbar auslaufen wird. Sollten die Stauseen Österreichs nun mal gerade voll sein, könnte man ja den Strom nach Italien weiterreichen. Wenn man die Leitungskapazität dorthin ausbaut. Falls, das nicht geht, weil auch Italien gerade keinen Strom braucht, müsste man nur die Kapazitäten nach Südosteuropa erweitern, da deren generative Kapazitäten ja nahezu nicht existieren und somit nicht den Weiterbetrieb der konventionellen Kraftwerke stören. Weder den der eigenen, noch über Umwege den der Braunkohlekraftwerke in Nord- und Westdeutschland.

Was also, wenn in allen vernetzen Ländern Sättigung herrscht und auch all die wenigen bisherigen Speicherkapazitäten erschöpft sind? Wer wird zuerst wo vom Netz genommen und abgeschaltet? Wer garantiert die länderübergreifende Überwachung und Kommunikation? Wer garantiert, dass die potentiellen Stromempfängerländer nichts selbst große Kapazitäten generativer Erzeugung plus Speicher aufbauen? Nur weil (noch) der größte Teil der restlichen Welt am liebsten deutsche Autos kauft, weil deren Qualität so gut ist, kauft der Rest der Welt noch lange nicht den Strom in Deutschlands Ländern, nur weil der im selbst ernannten Leitmarkt für den Rest der Welt produziert wird.

Wem ist an der Stelle nicht klar, dass der gesamte Kommunikationsaufwand sich genau wie der notwendige Kapazitätszubau in allen Teilnetzen und an allen weiträumigen Verbindungen sich nicht einfach nur addiert, sondern multipliziert?

Wohingegen ein dezentraler Ansatz via gezielter Pufferspeicherkapazität in Haushalten Gewerben, Industrie, Transportmitteln an allen Netzknoten und an allen Erzeugern lediglich additiv zu Buche schlägt und vor sich allem durch gezielte Schaffung lokaler Überkapazitäten – die bei Batterie (Akku)speichern ja ohnehin schon technisch gewollt vorhanden ist – auch hier lediglich additiv auswirkt. Eben weil das der Effekt von Pufferspeichern ist.

Wir können bei der Betrachtung energetischer Systeme deren Nutzen im Bereich der Wärmebereitstellung klar und deutlich sehen. Nur ein vollkommen verwirrter Geist würde auf die Idee kommen, Nah- und Fernwärmenetze über mehrere hundert Kilometer zu bauen, nur um bei zufälligem oder gelegentlichem Produktionsüberschuss den Überschuss loszuwerden. Gerade der langfristige Unterhalt weiträumig ausgebauter Wärmenetze führt regelmäßig zu deren Außerbetriebnahme oder eben zu unverhältnismäßig hohen Erhaltungskosten.

Klar erkennbar ebenso, dass moderne Heizungen stets über immer größer werdende Pufferspeicher verfügen, um Leistungsspitzen zu kappen und so auch kleinere Dimensionierungen für die Wärmeerzeugung möglich machen. Sogar im mit extremen Angstzuschlägen behafteten Handwerk wird eine Heizleitung auf maximal das doppelte der tatsächlich notwendigen Heizleistung nach Norm umgesetzt, statt auf die tiefste denkbare Außentempreatur. Speziell bei Heizungen ist bei angemessener Dimensionierung plus Pufferspeicher zusätzlich noch der Effekt der Effizienzsteigerung zu beobachten, der Clou besteht jedoch in der deutlich günstigeren Kostenbilanz.
Auch wenn es sich um technisch vollkommen unterschiedliche Medien handelt, so geht es dabei doch um eines: Um die Regulierung des Angebots und der Nachfrage von Energie, gemessen und ausgedrückt in Kilowattstunden, nicht in Kilowatt, Megawatt oder Gigawatt. Diese Größen beschreiben Leistung, keine Energie. Allein das Denken in KW und PS verschleiert das eigentliche Thema. Von Politikern, betriebswirtschaftlich indoktrinierten Controllern und leider auch viel zu vielen Technikern gedankenlos gleichgesetzt, versteht eigentlich fast niemand wirklich die Zusammenhänge. Auf diesem Nährboden an intellektueller Schlampigkeit basieren noch immer Dimensionierungen in allen Bereichen, die auf Extrembedarf ausgerichtet und mit zusätzlichen, überwiegend vollständig unnötigen Sicherheitszuschlägen aufgebläht sind.

Die Berechnungsannahmen für die Zielanteile des erneuerbar erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch sind für die Übertragungsnetzbetreiber nicht ersichtlich. Nach einer ersten Einschätzung der Übertragungsnetzbetreiber seien die Zielgrößen nur mit sehr ambitionierten Annahmen zu den Volllaststunden – insbesondere für den Energieträger Wind – abbildbar. Aus Sicht der Übertragungsnetzbetreiber ist es fraglich, ob mit diesen Mantelzahlen in Kombination mit den Annahmen zur Stromnachfrage, die Zielanteile der Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch erreichbar seien. Vor dem Hintergrund des weiterhin gültigen Förderdeckels von 52 GW für PV-Anlagen mit installierter Leistung von bis zu 750 kW seien die Zubauzahlen für diesen Energieträger sehr ambitioniert.
S. 67

Die besondere Bedeutungsschwere all dieser Aussagen und vor allem der damit zum Ausdruck gebrachten, faktisch bestehenden Unsicherheiten, liegt darin, dass sie von dem mit der Erstellung des Szenarios beauftragtem Gremium kommen. Damit sagen die ÜBN im Grunde direkt aus, dass sie der Aufgabe gar nicht gewachsen sind.

Ohne Kenntnis der Begründung des Szenariorahmens fällt es den Übertragungsnetzbetreibern schwer zu überprüfen, inwieweit die angegebenen Werte zur Stromnachfrage und Spitzenlast mit den veränderten Annahmen zur ökonomischen Entwicklung (Bevölkerungsentwicklung, BIP, etc.) und zu neuen Nachfrage-Technologien konsistent sind. Insbesondere sei eine konstante Spitzenlast vor dem Hintergrund einer Steigerung der Elektroautos um das 6-fache bzw. der Wärmepumpen um das 4-fache (von Szenario A 2030 zu Szenario C 2030) zu hinterfragen. Die gegenläufige Entwicklung von Stromnachfrage zu Spitzenlast resultiere unter Umständen in stark variierenden jährlichen Lastverläufen, die möglicherweise in sich nicht mehr plausibel seien.
Nicht nur, dass die Steigerungen bei Emobilität und Wärmepumpentechnologie als bloße Zahlen zu hinterfragen sind. Es geht auch um die Größenordnung, denn die Vorgabe der BNetzA für 25 kWh/100 km bei Elektroautos und 10.000 kWh / a bei Wärmepumpen sind vollkommen abwegig und unzutreffend.

Beispiel: NISSAN LEAF, Golfklasse mit ca. 1.560 Kg Fahrzeugmasse, ADAC-Verbrauch NEFZ 17,5 kWh, Erfahrungswert nach 100.000 real gefahrenen km im Allgäu: 10 kWh / 100 km. Bedeutet bei durchschnittlichem bundesdeutschen Fahrleistungen von 12.000 km / a = 1.200 kWh zusätzlicher Strombedarf.

Beispiel: EFH, 200 m² Putzfläche, berechnet wird kein verbesserter KFW-Standard (<100%), sondern EnEV 2009 = 64 kWh / m²a (KfW100) = 13.000 kWh Wärmebedarf plus 12,5 kWh / m² a Brauchwasser = 4.000 kWh Warmwasser, Luftwärmepumpe mit JAZ 2,5 = 6.800 kWh. Realstromverbrauch der Wärmepumpe in solchen Häusern (Stromrechnung): 3.600 kWh.

Diese Vorgaben sind somit abwegig.

Die ÜNB weisen ebenfalls auf die Auswirkungen der Einführung neuer Demand-Side Technologien hin. Dies seien insbesondere Speichertechnologien für PV-Systeme, Power-to-Gas-Anlagen und Demand-Side Management-Potentiale in der Industrie. Bei einer Berücksichtigung dieser Technologien bestünden viele Freiheitsgrade, die deren Verhalten im System beeinflussen. Aus Sicht der Übertragungsnetzbetreiber dienten diese vornehmlich der kostenminimalen Integration erneuerbarer Energien in das Stromsystem. Aus diesem Grund sollte ein Einsatz derart erfolgen, dass (die nun flexibilisierte) Last und Erzeugung möglichst deckungsgleich sind. Dies führe tendenziell zu verringerten Kosten des Systems und verbessere die Versorgungssicherheit. Es wird aber darauf hingewiesen, dass dies zu einer erhöhten Auslastung des Stromnetzes führen könne. Weitere Details zu diesen neuen Technologien sollten gemeinsam mit den Stakeholdern abgestimmt werden.
S. 67

Damit geben die ÜNB im Grunde zu, dass es an der Zeit ist diese Technologien nicht nur zu berücksichtigen, sondern gezielt mit ihnen zu planen.

Darüber hinaus thematisiert dieser Hinweis genau das, was bereits mittlerweile unzählige „Stakeholder“ anbieten. Das proaktive Vorgehen etlicher aggressiver Vertriebe signalisiert den beginnenden Paradigmenwechsel hin zu einem umfassenden Ausbau von Speichertechnologien:

SENEC (Deutsche Energieversorgung Leipzig) mit Stromcloud, Sonnen (Sonnen GMBH Wildpoldsried) mit Sonnenflat, GREG Energy, EON mit Cloud und viele mehr, die damit vor allem Speicher platzieren wollen. Zudem bieten verschiedene Energieunternehmen derzeit auch so genannte „Energiemanager“ an, elektronische Bauteile die Produktion und Verbrauch von Strom durch Zuschalten oder Abschalten flexibler Lasten aufeinander abstimmen und so den Eigenverbrauch optimieren sollen.

Der Haken an diesen Geräten ist die Internetanbindung und die nur über den Anbieter veränderbare technische Verfügungsgewalt. Was als „Unabhängigkeit“ angepriesen und verkauft wird, schafft in Wahrheit neue und noch umfangreichere Abhängigkeit gegenüber bestimmten Unternehmen, vor allem Netzbetreibern. Die Abhängigkeit wird vom Strombezug, der deutlich verringert wird, auf den Netzanschluss transferiert, der notwendig ist und bleibt, um von der neuen „Freiheit“ Gebrauch machen zu können.

Die Netzbetreiber selbst jedoch betreiben eifrig eine nie dagewesene Erweiterung des technischen Regelwerks und der im Stromzählerkasten zugelassenen Geräte, um über eine deutlich erhöhe Komplexität der notwendigen Technologie das Regelwerk vor allem für konkurrierende kommunale Verteilnetzbetreiber so zu erhöhen, dass Wettbewerb Mangels qualifiziertem Personal nicht mehr möglich ist.

Die vom Gesetzgeber jüngst beschlossene Angleichung der Netzentgelte ist dabei eine Vorstufe zur Wiedererrichtung eines unabdingbaren Monopols. Diesmal nicht gesetzlicher Natur, wie einst, sondern technischer Natur. Der eigentliche Nutzer, ob Miete oder Eigenheimbesitzer kann sich zum Beispiel nicht einmal den Zähler frei aussuchen, den er einbauen lassen will. Obwohl ihm die Wahl des Messdienstleisters angeblich freisteht.

Die nächsten beiden Schritte werden die Einführung so genannter Smart Meter, verbunden mit einer „marktgerechten“ Erhöhung der Grundgebühren und ein signifikanter Anstieg der Netzentgelte auf ein bundesweites Niveau von 12 ct bis 13 ct. sein.

Gleichzeitig werden die zunehmend erschwinglichen Speicher zur immer weiter voranschreitenden Nivellierung der Börsenstrompreise führen. Mit anderen Worten: Je mehr Speicher dazu genutzt werden, Vorteile aus zeitlich flexibilisierten Arbeitspreisen zu ziehen bzw. Lastverschiebung durch Eigenerzeugung und Verringerung des Stromzukaufs zu nutzen, desto geringer wird die mögliche Volatilität der Strompreise.

Wir sollten uns an der Stelle ernsthaft überlegen ob wir einen weitere Nutzungsverschiebung, sprich Zweckentfremdung der EEG-Umlage hinnehmen wollen.

Aus Perspektive der datenschutzbesorgten Bürger, die ihr Verhalten nicht ausspähen lassen wollen, bleiben nur ein paar Möglichkeiten:

– Akkuspeicher als Last- und Leistungsmanager für den persönlichen Bedarf. Bedeutet: Auslegung auf ein bis drei Tagesbedarfe (abhängig vom Geldbeutel und Versorgungssicherheitsbedürfnis
– Niemals den Einbau von fernsteuer-und fernauslesbaren Lastmanagern zulassen
– Galvanische Trennung des Haushalts vom Netz. Bedeutet: Das Netz beliefert nur den Speicher oder nimmt Strom ab. Der Haushalt die privaten Erzeuger (PV, Kleinwindkraft, Fuel Cells, BHKW) speisen in den Akku, bzw. entnehmen den Strom aus dem Akku.

Es ist leicht vorhersagbar, dass sich diese Systeme nur finanziell solvente Eigenheimbesitzer und liquide Unternehmen leisten können. Der Rest der Bevölkerung, gerade die weniger betuchten, werden unter erhöhten Kostendruck geraten. Schlicht weil sich die rein betriebswirtschaftlich orientierten, so genannten „energieintensiven“ und sonstig privilegierten Unternehmen bei den Netzentgelten einen ebenso schlanken Fuß machen werden, wie bei der EEG-Umlage. Mit anderen Worten: Die unter dem Durchschnitt lebenden 70% der Bevölkerung zahlen die Rechnung.

Treffen wird das vor allem Rentner, sozial bedürftige und Geringverdiener. Kurz, alle die niemals angemessen an der Entwicklung der Wirtschaft und am Wachstum beteiligt werden.

Die Bundesnetzagentur hat in den Szenarien erstmalig zusätzlich verschiedene Werte für Treiber der Sektorenkopplung, Flexibilitätsoptionen sowie dezentrale Speicher vorgegeben, die von den Übertragungsnetzbetreibern für die Erstellung der Netzentwicklungspläne 2017-2030 berücksichtigt werden müssen:

Szenariorahmenentwurf 2017 S. 70

Was nützen diese Werte in einer Art Zuordnung nach Geschmack, einer qualitativen Berücksichtigung? Worauf beruhen die Schätzungen?

Innovation bezeichnet in diesem Zusammenhang den Einsatz neuer Technologien im Stromsektor zur Steigerung der Flexibilität und der Energie-sowie Emissionseffizienz. Das Transformationstempo beschreibt die Umsetzungsgeschwindigkeit der Energiewende.

Das konservative Szenario A 2030 ist durch eine mäßige Geschwindigkeit bei der Umsetzung der Energiewende gekennzeichnet, in der die Einführung neuer
Technologien und der Innovationsgrad eher gering sind. Die Transformationsszenarien B 2030/2035 zeichnen sich gegenüber dem Szenario A 2030 dadurch aus, dass durch eine Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen und Technologien die Umsetzungsgeschwindigkeit der Energiewende erhöht wird. Im Innovationsszenario C 2030 ist sowohl der Innovationsgrad als auch das Transformationstempo am höchsten. Dies wird durch eine intensive Nutzung neuer Technologien sowie die Vernetzung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr erreicht.
Die zunehmende Anzahl und Variation bestimmter Inputparameter durch die Übertragungsnetzbetreiber ermöglicht bei ausreichend genauer Prognose eine Erhöhung der Konsistenz der einzelnen Szenarien. Dies erlaubt eine exaktere Beschreibung der zukünftig denkbaren Entwicklungen, was zu einer Optimierung des von den Szenarien abgedeckten Wahrscheinlichkeitsraums führt. Hingegen führt eine Zunahme und stärkere Variation der Inputparameter immer seltener dazu, dass für alle Szenarien die gleichen Annahmen (z. B. bzgl. Stromverbrauch oder Jahreshöchstlast) getroffen werden. Dadurch sind Auswirkungen bei der Veränderung einzelner Parameter auf den Gesamtprozess immer schwerer zu erkennen.
S. 71

Implizit wird damit zugegeben, dass diese „neuen Technologien“ einen wesentlichen Einfluss auf den tatsächlich notwendigen Transportbedarf an Strom haben. Gerade der letzte Satz ist im Grunde das Eingeständnis, dass das gesamte Paket nicht stichhaltig ist.

Die logische Konsequenz daraus wäre, einen komplett anderen Ansatz zu wählen, der der historischen Realität des „bundesdeutschen Stromnetzes“ Rechnung trägt:

Das „Netz“ ist organisch aus etlichen lokalen Kleinnetzen erst gewachsen. Es gab nie und gibt bis heute keine zentrale Planung und Steuerung. Aber es gibt die Tatsache, dass Stromverbrauch weitgehend dezentral stattfindet, Stromerzeugung durchaus komplett dezentral stattfinden kann (was für den Löwenanteil der Strommenge sowieso der Fall ist. Der alternative Ansatz soll vor allem auch die Allmachtphantasien größenwahnsinniger Politiker, Konzernchefs und Verbandslobbyisten beendet.

Wir brauchen keine großen Energiekonzerne. Wir brauchen einfach nur die Bescheidenheit, so viel Strom wie sinnvoll lokal zu produzieren, bereits bei der Erzeugung und beim lokalen Verbrauch gezielt Lastspitzen zu kappen, dieses Vorgehen auf Basis dynamisch erfasster RLM-Messungen an allen Netzknoten wiederholen und so den Übertragungsbedarf klar reduzieren.

Wir brauchen eine Politik, die den technologischen Fortschritten Rechnung trägt und deren Implementierung nicht nur fördert, schon gar nicht mit bloßen Lippenbekenntnissen, sondern deren Verhinderer an die Kandare nimmt. Nicht über Subventionen, Zuschüsse oder EEG-Umlagen, sondern über eine gezielte Bepreisung der negativen Folgen konventioneller, fossiler, mit einem Wort: Degenerativer Erzeugung. Der Rest erledigt sich von selbst.

Besonders das Verhalten deutscher Automobilkonzerne, die die freiheitliche Gewähr der Selbstverantwortung geradezu mit Füßen treten, fordert geradezu ein, Kontrolle und Einhaltung von Normen, Standards und Umsetzung politisch vorgegebener Ziele konsequent durch unbestechliche, administrative Strukturen zu ersetzen und durchzusetzen.

Szenario A 2030: Der Nettostromverbrauch in Szenario A 2030 liegt bezogen auf das Referenzjahr 2015 auf einem niedrigeren Niveau. Der zu ermittelnde Wert der Jahreshöchstlast ist mit 84 GW in Szenario A 2030 leicht höher als der Referenzwert des Jahres 2015 von 83,7 GW. Dabei sind 1,1 Millionen Wärmepumpen und 1 Million Elektroautos sowie 1 GW Power-to-Gas, 3 GW PV-Batteriespeicher und 2 GW Demand-Side-Management (Industrie und GHD) zu berücksichtigten.
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Szenario B 2030: Der Nettostromverbrauch in Szenario B 2030 liegt bezogen auf das Referenzjahr 2015 auf einem höheren Niveau. Der zu ermittelnde Wert der Jahreshöchstlast ist mit 84 GW in Szenario B 2030 leicht höher als der Referenzwert des Jahres 2015 von 83,7 GW. Dabei sind 2,6 Millionen Wärmepumpen und 3 Millionen Elektroautos sowie 1,5 GW Power-to-Gas, 4,5 GW PV-Batteriespeicher und 4 GW Demand-Side-Management (Industrie und GHD) zu berücksichtigten.
S. 71

Szenario C 2030: Der Nettostromverbrauch in Szenario C 2030 liegt bezogen auf das Referenzjahr 2015 auf einem höheren Niveau. Der zu ermittelnde Wert der Jahreshöchstlast ist mit 84 GW in Szenario C 2030 leicht höher als der Referenzwert des Jahres 2015 von 83,7 GW. Dabei sind 4,1 Millionen Wärmepumpen und 6 Millionen Elektroautos sowie 2 GW Power-to-Gas, 6 GW PV-Batteriespeicher und 6 GW Demand-Side-Management (Industrie und GHD) zu berücksichtigten.
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Vergleicht man diese hier zitierten Gedankenspiele, dann kann man im Grunde keinerlei Berücksichtigung tatsächlich möglicher Veränderungen erkennen.

3.1 Grundcharakteristik
Ein Szenario ist als wahrscheinlich zu erachten, wenn es mit einer hinreichend hohen Realisierungswahrscheinlichkeit verbunden ist und somit das zu entwickelnde Stromnetz in der Zukunft den Anforderungen dieses Szenarios mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit genügen muss.
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Ein alternativer Ansatz kann auf derlei Planspiele verzichten. Er geht zunächst vom Ist-Zustand aus: 84 GW Leistungsspitze bei rund 600 TWh Stromkapazität per anno. Das ist die Grundcharakteristik.
Er entwickelt sich Bottom-Up, ausgehend von dezentralem, in Realzeit gemessenem Verbrauch, Erfassung, Beschreibung und Kappung seiner lokalen Lastspitzen durch gezielten Speicherzubau plus 20% Reserve.
In seine kontinuierliche, dynamische Fortschreibung fließen lokale, kommunale und regionale Planungen kontinuierlich ein. Zuständig und verantwortlich sind jeweils die Betreiber einzelner, kommunaler Verteilnetze, die Hochskalierung auf die leistungsstärkeren Übertragungsnetze erfolgt additiv und informativ in Realzeit nach oben und nicht regulativ nach unten.

Verteilnetzausbau einschließlich Lastspitzenkappung hat Vorrang. Für den Verteilnetzausbau stellt die Europäische EU via EZB die Mittel zur Verfügung, Bürger können sich zu moderaten Renditen ihm Bereich der Inflation plus Abschreibung auf 50 Jahre direkt beteiligen. Schließlich haben sie ja den Nutzen, brauchen also keine 9% Rendite.

Mit einer Verringerung des Strombedarfs ist angesichts der zunehmenden Ausbreitung alternativer Technologie nicht zu rechnen. Vor allem sollte endlich klarer herausgestellt werden, dass Strommengen und Gesamtlast kaum direkten Bezug zu einander haben. Gerade die stromintensiven Industrien rufen zwar die höchsten Leistungen ab, brauchen aber im Verhältnis zu Ihrem Anteil am Leistungsbezug weniger Strom als alle anderen. Dazu kommt, dass gerade diese laststarken Verbraucher bei den Stromkosten noch immer derart privilegiert sind, dass Spitzenkappung und Effizienzmaßnahmen ihnen keinen Vorteil verschaffen. Wie soll ich an den Gebühren für die angeschlossene, bereit gestellte Leistung und Netzentgelten sparen, wenn ich gar keine bezahle?
Dazu kommt, dass eine nicht unerhebliche Zahl Mittelständer absichtlich den Stromverbrauch steigern, nur um innerhalb der Parameter zur Beanspruchung der Preisnachlässe zu bleiben. Eine der Stilblüten dieses Syste4ms besteht darin, dass Arbeitgeber ihren Mitarbeitern und Gästen sogar Elektroladesäulen zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung stellen. Absurd und begrüßenswert zugleich.

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien orientiert sich im Szenariorahmen 2017-2030 eng am jüngst geäußerten Willen des Bundesgesetzgebers in Form des Kabinettbeschlusses der Bundesregierung vom 08.06.2016 (nachfolgend EEG-E 2016). (Rückkopplung)
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Ungeachtet der Tatsache, dass dieser geäußerte Willen des Gesetzgebers rational betrachtet kein Ausbauprogramm, sondern eine gesicherte Ausbaubegrenzung darstellt, kann aktuell niemand vorhersehen, wie sich der Strompreis für die Mehrheit der Verbraucher entwickeln wird. Bereits jetzt ist zu erkennen, dass die durchschnittlich hohen Strompreise bei 29 Ct. / kWh netto in West-, Mittel und Norddeutschland den Zubau an PV auch ohne sofortige Rentabilität vorantreiben, während im Süden Preise von 20 ct / kWh bis 24 ct/ kWh noch keinen ausreichenden Handlungsdruck erzeugen.

Blickt man nun auf die beschlossene Angleichung der Netzentgelte, in deren Zug eine deutliche Preissteigerung im Süden zu erwarten ist, so ist es nicht weiter schwer zu erkennen, dass die Investitionskosten für PV in Schlagdistanz zu einer interessanten Rentabilität liegen, ohne eine Einspeisevergütung nötig zu haben.

3.2 Methodik zur Einhaltung der CO2-Reduktion
In den Szenarien B 2030, B 2035 und C 2030 wird ein Erreichen der Klimaschutzziele unterstellt.
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Von dem aktuell bekannt ist, dass die BRD es verfehlen wird.

In Szenario A 2030 werden dagegen keine verbindlichen CO2-Restriktionen festgelegt, was zur Folge hat, dass der Einsatz des konventionellen Kraftwerksparks und die damit verbundene Menge an Treibhausgasemissionen alleine durch den Markt bestimmt wird. Folglich könnte es durchaus sein, dass in Szenario A 2030 das energiepolitische Ziel der das Bundesregierung im Hinblick auf die Reduktion der Treibhausgase nicht vollständig erfüllt wird.

Nicht nur könnte sein, sondern mit Sicherheit nicht erreicht wird, wenn es weiterhin keine verbindlichen Maßnahmen der Politik gibt. Eine Verharmlosung durch die Diktion „nicht vollständig erreicht“ ist bereits volkswirtschaftlich gesehen nicht akzeptabel.

Wenn eine Tonne CO2 70 oder 80 Euro volkwirtschaftlichen Schaden anrichtet, dann ist es nur logisch, CO2 künftig überall dort zu bepreisen, wo es entsteht. Ist dies nicht möglich, da beispielsweise ein Land ein Produkt herstellt und exportiert, ohne eine CO2 Bepreisung vorzunehmen, müssen alle exportierten Produkte dieses Landes im Empfängerland bepreist werden. Vom Erdgas und Erdöl bis hin zum komplexen Industrieprodukt. Verweigern Länder oder deren Industrien eine geprüfte Berechnung der CO2-Bepreisung, werden die Produkte eben geschätzt.

Da diese Form der Steuerung über Kosten alle gleichmäßig trifft, kann dabei niemand, nicht einmal ein Ignorant jeglicher Vernunft, wie der CDU-Wirtschafts-Lautsprecher Michael Fuchs, von Wettbewerbsnachteilen sprechen.

Alternativ kann CO2 technisch in Rohstoffe umgewandelt werden. Kostet also die technische Umwandlung einer Tonne CO2 z. B. 80 Euro, dann wäre das CO2 sinnvoll höher zu bepreisen, um die Investition in Umwandlungsanlagen lukrativ zu machen. Somit läge der Preis bei 8 ct. / Kilogramm. Wenn aber das Abtrennen von CO2 aus der Luft Kosten von 500 € / Tonne kostet, dann kann der Anteil an P2G in Zukunft nicht besonders hoch sein.

Um Renditen für die notwendigen Investitionen und Tragfähigkeit als Geschäftsmodell zu ermöglichen, wäre ein Aufschlag von 4 ct. vertretbar. Dann kostet ein Kilo CO2 eben 12 ct. Aufpreis.

Am Rande bemerkt: Ein Ausstoß von 366 Mio. Tonnen CO2 im Referenzjahr 1990 bei einer anvisierten und trotz aller politischen Vollmundigkeit nicht erreichten Senkung um 20% bis 2020 ergibt im allergröbsten Mittel (366 Mto. plus 366 Mto. minus 72 Mto. geteilt durch 2 gleich) 315 Mto. pro Jahr oder 25,2 Mrd. Euro jährliche Vernichtung zukünftiger Ressourcen. Anders herum gesehen der Aufbau von Erblasten zu Ungunsten nachfolgender Generationen.

Entsprechend lässt sich für jeden Brennstoff eine Emissionsmenge in Gramm / kWh benennen, die dann zu Bepreisung des CO2 pro kWh der eingesetzten Energiemenge je Energieträger führt. Der Referenzwert liegt daher bei 1,2 ct / 100 g CO2. Bei Erdgas z. B. 2,4 ct / kWh, bei Heizöl und Diesel 3,4 ct / kWh, bei Benzin 3 ct. kWh, bei Holz 0,24 ct / kWh, bei Windenenergie, PV und Wasserkraft wären es 0 ct / kWh, da lediglich die Herstellung bepreist wird.

Dieser Aufpreis ist auf ausnahmslos alle primär zum Einsatz kommenden Energieträger zu erheben. Im Verbund von 18 oder 19 Staaten der G20 wird daraus einfach und genial ein wirksames Instrument. Die Einnahmen werden über einen Sonderfond bei der Weltbank in EE-Projekte weltweit reinvestiert. Eine nationale Vereinnahmung und Verwendung der Gelder ist kontraproduktiv und im Grunde überflüssig, da die damit verbundene Kostenerhöhung ohnehin zu einer Steigerung CO2-freier Energienutzung führen wird. Zudem wird bei einem internationalisierten Ansatz keiner übervorteilt.

Zur Beschleunigung der Entwicklung sollte der Satz jährlich um 1,2 ct. / kWh steigen, solange bis eine nachhaltige Trendwende klar erkennbar ist. Die Gesamtbelastung wird sich schnell verringern, da neue und effizientere Technologien damit eine deutlich stärkere Position an den Märkten erhalten. Es ist Aufgabe der nationalen Regierungen, die Wirtschaftssubjekte durch geeignete Finanzierungshilfen zu Veränderungen zu motivieren.

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich die CO2-Obergenzen als Nebenbedingung in der Marktsimulation nicht auf die installierten Erzeugerleistungen im Szenariorahmen 2017-2030 auswirken. Die Nebenbedingung wird aber Auswirkungen auf die Simulation des Betriebs des gesamten konventionellen Kraftwerksparks haben.
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Angesichts der Tatsache, dass 98 % der Onshore Windkraftanlagen und 100 % der Photovoltaikanlagen an die Verteilnetze angeschlossen sind und der weitere Zubau an Anlagen voraussichtlich ebenfalls dort stattfinden wird, geht die Bundesnetzagentur davon aus, dass die Möglichkeit zur Berücksichtigung der Spitzenkappung vor allem den Netzausbaubedarf in den Verteilnetzen reduzieren wird. Die Spitzenkappung würde sich demnach unmittelbar und voraussichtlich auch am effektivsten auf der Ebene der Verteilnetze und nur mittelbar auf der Ebene der Übertragungsnetze auswirken.

Damit gibt die BNetzA meinen zuvor geäußerten Gedanken vollumfänglich recht. Bleibt nur die Konsequenz der Politik, die Spitzenkappung auf Verteilnetzebene (Haushalte, GHD und kleine Industrie – Ortsnetztrafos, Umspannwerke bis 30KV/110KV) umgehend durch Finanzinstrumente unter Bürgerbeteiligung in Angriff zu nehmen. Dieses Projekt darf nicht erneut zur alleinigen Machtübernahme von lediglich ein paar großen Playern führen.

Gegenwärtig lässt sich aus §§ 8, 11 und 12 EEG 2014 noch ableiten, dass die Verteilnetz-und Übertragungsnetzbetreiber (Netzbetreiber) verpflichtet sind, ihre Netze so zu dimensionieren und auszubauen, dass die Netze jederzeit den gesamten Strom aus regenerativer Erzeugung aufnehmen und transportieren können. Auch die Planungsgrundsätze der Netzentwicklungspläne der Übertragungsnetzbetreiber orientieren sich im Grundsatz an dieser Verpflichtung.
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Es dürfte inzwischen klar sein, dass diese Eindimensionalität schlicht nicht ausreicht.

Durch die zukünftige gesetzlich verankerte Möglichkeit der Spitzenkappung erhält der Verteilnetzbetreiber mehr Flexibilität bei der Planung seines Netzes. Denn nach aktuell geltender Rechtslage muss ein Netzbetreiber sein Netz (noch) vollständig ausbauen, verstärken und optimieren, z. B. auch durch den Einsatz intelligenter Netztechnik (z. B. regelbare Ortsnetztransformatoren), um den Bedarfen aller Netznutzer gerecht zu werden. Bestehende und nach den Bedarfsprognosen zu erwartende Netzengpässe sind zu vermeiden, um insbesondere die gesamte Energie der Stromerzeugungsanlagen aufzunehmen und weiterleiten zu können. Durch die Möglichkeit der Spitzenkappung erhält der Verteilnetzbetreiber die Option, in einem begrenzten Umfang die Spitzenkappung von Erneuerbare-Energien-Anlagen als Alternative bei der Netzplanung zu berücksichtigen. Damit wird dem Verteilnetzbetreiber die Möglichkeit eröffnet, sein Netz nicht mehr auf die Aufnahme der letzten Kilowattstunde auszulegen, sondern es auf ein zur Gewährleistung des energiewirtschaftlichen Zwecks nach § 1 Abs. 1 EnWG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 EEG-E 2016 volkswirtschaftlich sinnvolles Maß zu dimensionieren.
Es bleibt die Erwartung, dass diese Erkenntnis schnellstmöglich in vernünftige Gesetzesform und konkrete Umsetzungsstrukturen gebracht wird. Betrachtet man den aktuellen Wahlkampf, sieht es nicht danach aus. Im Gegenteil. Es droht die weitere Verschleppung durch eine erneute große Koalition, die die Energiewende mehrheitlich aktiv verhindert. Auch bei einer wieder in den Bundestag einziehenden FDP ist keinesfalls damit zu rechnen, dass gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Vernunft sich dort je Bahn bricht. Dieser wiederbelebte Player, unberechtigterweise noch immer als liberale Partei bezeichnet, unterscheidet sich personell kaum und ideologisch / inhaltlich kein Stück von der FDP, die bei der letzten Wahl mit Recht aus dem Parlament geworfen wurde.

Unberührt hiervon bleibt der Grundsatz der planerischen Gestaltungsfreiheit des Verteilnetzbetreibers. Die Netzplanung bleibt seine alleinige Aufgabe und er bleibt dafür verantwortlich, seinen Netzausbau auf der Grundlage von sachgerechten Prognosen und Annahmen bedarfsgerecht zu dimensionieren. Durch die Möglichkeit zur Berücksichtigung der Spitzenkappung erhält der Verteilnetzbetreiber eine zusätzliche Option. Inwiefern er diese Option nutzt, steht in seinem Verantwortungsbereich. Die Übertragungsnetzbetreiber sind hingegen im Rahmen der Erstellung des Netzentwicklungsplans verpflichtet, die Regelungen der Spitzenkappung nach § 11 Absatz 2 EnWG n. F. bei der Netzplanung anzuwenden.
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Die gegenwärtige Strukturierung der Verteilnetzbetreiber lässt keinen Schluss darauf zu, dass diese ihre Flexibilisierungsoptionen tatsächlich bzw., im Sinne der Verbraucher nutzen. Ihnen die Entscheidung frei zu überlassen, erfüllt den Tatbestand der Vernachlässigung, bedeutet im Gegenteil zum Auftrag öffentlicher Daseinsvorsorge glatt eine politische Kapitulation auf Grund der strukturimmanenten Mutlosigkeit der aktuell relevanten Parteien. Es geht allen nur noch um den reinen Bestandserhalt. Ein Geist, der mehr und mehr auf die Bevölkerung abfärbt. Der Geist, der die unternehmerischen Akteure und auch deren nicht-unternehmerisch tätige Mitarbeiter in deutschen Ländern früher einmal erfolgreich gemacht hat: Die Einstellung, grundsätzlich alles, was man geschaffen hat, qualitativ weiter zu verbessern, ist längst einer Mentalität der Besitzstandswahrung und Absicherung, falls möglich monetären Verbesserung des persönlichen Status gewichen. Adenauers Maxime „Bloß keine Experimente“ ist nicht nur Common Sense der deutschen spätindustriellen Gesellschaft, sondern durch allgemeine Erwartungshaltung eine geradezu verpflichtende Vorgabe. Das geht momentan zwar gut, wird sich aber unweigerlich und abrupt verändern. Noch kauft die Welt gern „deutsche“ Produkte, doch sie merkt, langsam, dass sie die nicht braucht. Es gibt längst besseres von anderen Orten.

Die Ausbauziele beziffern sich gemäß § 1 EEG-E 2016 wie folgt:
„(1) Zweck dieses Gesetzes ist es, insbesondere im Interesse des Klima-und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, fossile Energieressourcen zu schonen und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien zu fördern.
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Betrachtet man die Bilanz nach 18 Jahren Energiewende, stellt man fest, dass die Politik dabei seit mehr als einem Jahrzehnt versagt. Ein weiteres nie eingelöstes Versprechen.

Dazu bleibt Peter Altmaier in seiner vorübergehenden Rolle als Bundeumweltminister im Rahmen einer Rede vor der HWK Augsburg im Jahre 2013 zu zitieren: „Die Energiewende muss und wird immer das Ziel der Bundesregierung bleiben.“ Logik: Was immer Ziel bleiben muss, darf auch nie erreicht werden. Sonst wäre es ja kein Ziel mehr und könnte nicht für immer bleiben.

Die Realität sagt eines ganz klar: Weg mit den Ausbaupfaden. Die bremsen, statt für den notwendigen Umbau zu sorgen.

3.4.2.1 Betriebsdauer der Kraftwerke im Allgemeinen

Mit der Annahme einer pauschalen, zwischen den Szenarien unterschiedlichen, technisch-wirtschaftlichen Betriebsdauer der Kraftwerke wird die im Szenariorahmen 2025 gewählte Vorgehensweise zur Modellierung des Kraftwerksrückbaus erneut angewandt. Somit werden weiterhin energieträgerspezifisch technisch-wirtschaftliche Betriebsdauern von konventionellen Kraftwerken unterstellt.
Dazu ist anzumerken, dass die Bundesnetzagentur die Auffassung einiger Konsultationsteilnehmer dahingehend teilt, dass die Bestimmung der Betriebsdauer von Kraftwerken nicht einfach ist. Nicht in jedem Fall werden Kraftwerke nach dem Ende der ursprünglich geplanten technischen Betriebsdauer stillgelegt. Die technische Betriebsdauer der Kraftwerke kann auf der einen Seite durch Retrofit verlängert werden. Auf der anderen Seite können erschwerte wirtschaftliche Bedingungen zur frühzeitigen Stilllegung von Kraftwerken führen.
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Die Annahme einer technisch. wirtschaftlichen Betriebsdauer ist zwar betriebswirtschaftlich im Sinne der Betreiber und deren Sprachrohr BDEW nachvollziehbar. Politisch jedoch gibt es keinen Grund, diesem Bedürfnis durch Bestandsgarantien Rechnung zu tragen. Schon gar nicht für Zeiträume von 40 und mehr Jahren. Man darf unmöglich übersehen, dass diese Kraftwerke ihre betriebswirtschaftliche Rentabilität weitgehend bis nahezu vollständig dadurch erreichen, dass sie mit Steuergeld oder Staatsverschuldung – was am Ende auch Steuergeld bedeutet – überhaupt erst erschaffen wurden und Jahre Betrieb durch staatliche Vergünstigungen nach wie vor überhaupt erst ermöglich wird. Das Ergebnis ist eine massive Minder-Bepreisung elektrischer Energie am Markt. Nicht nur in der BRD, nein, in nahezu allen Ländern. Bei so gut wie jedem anderen Produkt würde man das als Preisdumping bezeichnen, als Wettbewerbsverzerrung. Die Europäischen Verträge haben nicht ohne Grund eine Beseitigung all dieser Beihilfen vorgesehen. Sie wirken nur leider noch immer nicht auf den vorvertraglichen Altbestand zurück.

Die Renditegarantie für das eingesetzte Eigenkapital der an den Netzbetreibern beteiligten Stakeholder hat exakt die gleiche volkswirtschaftlich fatale Wirkung.

Jeder kleine Privatunternehmer oder Mittelständler würde angesichts einer staatlich gesicherten Renditegarantie von 9% auf sein eingesetztes Kapital Purzelbäume vor Begeisterung schlagen.

Die Bestimmung der Betriebsdauer angesichts der gegenwärtigen Vorgaben mag „nicht einfach“ sein. Angesichts der vertraglich eingegangenen Verpflichtung auf das Erreichen bestimmter Klimaziele fällt die Antwort auf diese Frage jedoch denkbar einfach aus: So kurz wie möglich.

Da sich volkswirtschaftliche Betriebskosten alternativer Erzeugung kostenseitig in etwa mit real und volkswirtschaftlichen Kosten degenerativer Erzeugung decken, bzw. erstere der zweiteren Technologie in der Hinsicht sogar überlegen ist (angemessener CO2-Preis), kann es nur logisch sein, den derzeit bestehenden, in den Regelungen der Vergangenheit begründeten Vorteil von den konventionellen, degenerativen Technologien endlich und definitiv auf die rein generativen zu verlagern.

Die politischen Planungsvorgaben für den Kraftwerkspark betreffen dann die Erstellung und laufende Anpassung von Restlaufzeiten für bestehende konventionelle Erzeugung. Innerhalb dieser Planung müssen sich diese Erzeugungsarten einem internen Wettbewerb stellen und dürfen sich nicht mehr via komfortablem Hartz-IV-für-Energiekonzerne weiter als gut gefüttertes Hindernis für die Energiewende im Glanz auskömmlicher Renditen sonnen.

Wobei man fairerweise auch sagen muss, dass der Effekt der so genannten „Erneuerbaren“ genau diese konventionelle Erzeugung ihre sattesten Gewinne eingebüßt hat. Der aktuelle Strompreis – also der wirkliche börsennotierte Arbeitspreis für Strom – sich nahezu gedrittelt hat. Das ist der systemimmanente Effekt des EEG. Von dem bei den meisten Bürgern nur rein gar nichts ankommt. Leider nutzt die energieintensive Industrie diesen Preisvorteil, von dem sie direkt profitiert, nicht dafür, sich an der EEG-Umlage stärker zu beteiligen. Stattdessen setzt Sie diese zusätzliche Rendite am Weltmarkt ein, um günstiger anbieten zu können. Das geht kurzfristig zwar auf und beschert der BRD seit Jahren zusätzliches Wachstum und Erfolg, wird aber über kurz oder lang zur Achillesferse, da konkurrierende Nationen kompromisslos auf Erneuerung auf allen Ebenen der Energiewirtschaft setzen.

3.4.2.2 Betriebsdauer von Braunkohlekraftwerken
In allen Szenarien wird der Vorschlag der Übertragungsnetzbetreiber übernommen und eine technisch-wirtschaftliche Betriebsdauer für Braunkohlekraftwerke von 50 Jahren in Szenario A 2030 und 45 Jahren in Szenario B 2030/2035 sowie 40 Jahren in Szenario C 2030 angenommen.

Aus eben beschriebenen Gründen viel zu lange und angesichts der Verpflichtungen in den Klimaverträgen unhaltbar.

Nach der Meinung mehrerer Konsultationsteilnehmer muss die Betriebsdauer von Braunkohlekraftwerken an die Dauer der Genehmigungen der dazu gehörenden Tagebaue gekoppelt werden. Um die größtmögliche Bandbreite möglicher Entwicklungen darzustellen sei es sinnvoll, auch ein Szenario zu betrachten, in dem die Erzeugung von Energie durch Braunkohlekraftwerke weiterhin einen großen Beitrag leistet. Zwar sei die Wirtschaftlichkeit von Braunkohlekraftwerken in Zukunft weiterhin unklar. Durch die jüngsten politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen, wie beispielsweise den Verkauf der Braunkohlekraftwerke in der Lausitz an den Konzern EPH, sei jedoch zu erwarten, dass die Betreiber von Braunkohlekraftwerken, die nicht in die Sicherheitsbereitschaft fallen, so lange wie möglich an dem Betrieb der Kraftwerke festhalten werden. Ebenfalls sehen die Planungen der Landesregierungen der Länder, in denen Braunkohle gefördert wird, ein Ausstiegsdatum erst nach 2030 vor.
S. 84

Die Betriebsdauer von Kraftwerken egal welcher Art in die „Szenariorahmen“ einzubeziehen ist nur dann sinnhaft, wenn ein klarer, qualitativ exakt definierter Ausstiegskorridor für jegliche nicht-CO2-neutrale Technologie vorgegeben ist. Alles andere führt lediglich zur Balgerei um den Knochen, wer die klimaschädliche Technologie am längsten nutzen darf und dadurch über die nach wie vor übliche politische Landschaftspflege zu künstlicher Lebensverlängerung gescheiterter und so oder so gesehen nicht zukunftsfähiger Geschäftsmodelle. Schluss mit dem Auftürmen physikalischer, chemischer und monetärer Erblasten zu Gunsten vorübergehenden Profits.

Einige Konsultationsteilnehmer fordern gezielt die Stilllegung von Braunkohlekraftwerken beispielsweise auf Grundlage des Impulspapiers „Elf Punkte für ein Kohlekonsenskonzept zur schrittweisen Dekarbonisierung des Stromsektors“ der Agora Energiewende. Dieser Forderung kommt die Bundesnetzagentur jedoch nicht nach, da sie weiterhin eine pauschale technisch-wirtschaftliche Betriebsdauer als die am besten geeignete Methode für die Prognosen im Szenariorahmen ansieht. Die Bundesnetzagentur sieht keine Handhabe zur gezielten Stilllegung von Braunkohlekraftwerken, da die gegenwärtige Rechtslage den Betrieb von Braunkohlekraftwerken weiterhin erlaubt. Damit steht sie im Einklang mit mehreren Konsultationsteilnehmern, die fordern, keine zusätzlichen Stilllegungen von Braunkohlekraftwerken anzunehmen.
S. 86

Es stellt sich die Frage, ob die BNetzA überhaupt für Fragen der Stilllegung oder des Weiterbetriebs von Kohlekraftwerken und Tagebauen zuständig ist. Ich denke: Nein. Es sei denn sie erhält dazu einen Auftrag vom Souverän. (Immer daran denken, wer der Souverän eigentlich ist!).

Der Rahmen ist politisch. Also ist technisch der Gesetzgeber zuständig. Der wiederum von den Ergebnissen politischer Wahlen abhängt.

Man kann der BNetzA in der Frage bestenfalls vorwerfen, keinen Szenariorahmen auf Basis eines Ausstiegs aus jeglicher oder bestimmter fossiler Stromerzeugung vorlegen zu lassen. Ansonsten verhält sich die BNetzA in der Frage aufgabenkonform.

An der Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass die Annahme einer „pauschalen technisch-wirtschaftlichen Betriebsdauer als am besten geeignete Methode für die Prognosen im Szenariorahmen“ einen der eigentlich geschossenen Böcke darstellt.

Denn diese Annahme führt zwangsläufig zu Szenarien mit geringem bis mäßigen Zubau generativer Technologie, wobei die Szenarien anschließend wieder als Argument dienen oder gar als Beweis herhalten dürfen, dass eine Vollversorgung mit rein generativer Technologie angeblich gar nicht erreichbar ist. Diese Denkweise ist redundant und hinsichtlich der Klimaziele nicht zielführend. Man könnte auch von Selbstbetrug sprechen.
Letztlich muss jede Kritik den Gesetzgeber und vor allem die politischen Akteure treffen.

Vollkommen willkürlich und ohne stichhaltigen Grund ist die Forderung einiger Konsultationsteilnehmer, keine zusätzlichen Stilllegungen von Braunkohlekraftwerken anzunehmen. Diese Annahme sollte eigentlich selbstverständlich sein, im Gegenteil sollte auch eine vollständige Stilllegung aller Kohlekraftwerke betrachtet werden. Doch auch an der Stelle ist der Gesetzgeber gefordert.

Allerdings zeigt sich hier die faktische Wirkungsweise der vom Gesetzgeber zusammen mit den Stakeholdern geschaffenen Konstellation: Der Gesetzgeber nimmt sich selbst damit aus der Schusslinie und Verantwortung, indem er diese zentralen Zukunftsfragen bei einer Behörde auf eine Art Verkehrsübungsplatz schickt, auf dem sich dann verschiedene Interessenvertreter die Köpfe einschlagen dürfen – oder Ringelpiez ohne Anfassen spielen.

Jetzt stellen wir uns nur einen Augenblick vor, der Gesetzgeber würde in irgendeinem anderem Segment der Volkswirtschaft so ein massiv wirkmächtiges Regime schaffen. Z. B. ein Szenariorahmen Wohnungsbau, in welchem Investorenrenditen garantiert werden, Mieten und Nebenkosten zentral gesteuert, regional oder lokal beschlossen und von einer Behörde genehmigt werden und die Gesamthöhe der Miete bezüglich aller administrativen und finanzwirtschaftlichen Bestandteile gesetzlich festgelegt wird….

Da es die Aufgabe des Netzentwicklungsplans ist, im Grundsatz ein Netz zu planen, das ohne teure Redispatch-Maßnahmen sicher funktionieren soll, macht eine Einbeziehung der Redispatch-Absicherung in Form von Netzreservekraftwerken keinen Sinn. Die Annahme einer konkreten Netzreserve würde somit die Aufgabe des Netzentwicklungsplans konterkarieren und wird im Szenariorahmen 2017-2030 folgerichtig nicht berücksichtigt.
WS. 86

Gerade um „teure Re-Dispatch-Maßnahmen“ zu vermeiden, ist es mittlerweile mehr als angezeigt, der monovalenten Lösung „Stromautobahnen“ alternative Technologien in einem qualitativen Wettbewerbsumfeld zu gleichen Bedingungen gegenüber zu stellen. Gerade mit Stromautobahnen wird der Bedarf an Re-Dispatch um kein Jota geringer. Im Gegenteil. Nur sorgloser, weil ja stets genug Kapazität da ist. Jedem Betreiber eines Speichers, der netzdienlich implementiert wird, sind daher ebenfalls 9% Rendite auf bis zu 40% eingesetztes Eigenkapital zu garantieren. Oder vernünftigerweise keinem, weder dem Speicherbetreiber noch dem Netzbetreiber sind Renditen deutlich über dem Marktniveau faktisch risikofreier Kapitalanlagen zu garantieren. Jeder nicht benötigte Meter „Stromautobahn“ ist ein Stück Lebensqualität für alle.

Die Kraftwerke der Kapazitätsreserve werden demgegenüber im Szenariorahmen 2017-2030 berücksichtigt. Die Kapazitätsreserve wird für den Fall vorgehalten, in welchem sowohl der Energiemarkt als auch die zur Verfügung stehende Regelleistung nicht ausreichen, um die nachgefragte Energiemenge bereitzustellen. Die Kraftwerke der Kapazitätsreserve dürfen selber nicht am Energiemarkt teilnehmen. Die Kapazitätsreserve soll nach dem am 22.06.2016 gefassten Beschluss des Bundestages gemäß § 13e Abs. 2 EnWG-E aus Bestandsanlagen in der als Regelfall festgelegten Höhe von 2 GW bestehen, welche in einem Ausschreibungsverfahren einen Zuschlag für die Kapazitätsreserve erhalten.
S. 86

Als Regelfall festgelegte Reserve von 2 GW ist schön und gut. Rund und sinnvoll wird diese Zahl allerdings auch erst, wenn die dabei angenommene Laufzeit im Ernstfall auch genannt wird. Theoretisch lautet die Antwort zwar: So lange wie nötig! Doch auf welche Störfälle ist das bezogen?
Entsprechend darf ein Szenario angenommen werden in dem
– In jedem Haushalt 5 kWh zuschaltbare Speicherkapazität bei 2,5 KW zuschaltbarer Leistung verbaut sind (200 GWh / 100 GW)
– 30 Millionen Elektroautos mit 30 KWh Speicherkapazität und 3,7 KW zuschaltbarer Leistung (einphasige Anbindung an ganz normalen 16 A / 230 V Steckdosen) permanent irgendwo am Netz angeschlossen sind (900 GWh/ 110 GW)
– An 600.000 Ortsnetztrafos 2 MWh Kapazität bei 1 MW Leistung verfügbar sind (1,2 TWh / 0,6 TW)
– Weitere Kapazitäten noch größeren Umfangs, aber in kleinerer Stückzahl an allen übrigen Netzknoten verfügbar sind. Wobei diese ernsthaft betrachtet gar nicht notwendig sind.

Die Übertragungsnetzbetreiber müssen für die Notwendigkeit der Kapazitätsreserve im Rahmen der Marktmodellierung zunächst ein entsprechendes Marktversagen feststellen. Nur in einem solchen Fall müssen die Übertragungsnetzbetreiber die Auswahl der in der Kapazitätsreserve geführten Bestandskraftwerke nach bestimmten Kriterien durchführen. Diese Kriterien werden von der Bundesnetzagentur für den Szenariorahmen 2017-2030 wie folgt festgelegt:
-Installierte Leistung: ≥ 50 MW
-Lastfolgeverhalten: Änderung von ≥ 30 % der Nennleistung in 15 min
-Kraftwerkstyp: Erdgas, Steinkohle, Mineralöl oder „sonstige“ Kraftwerke
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Generative Kraftwerke plus Speicher sind als funktionelle Einheiten ebenfalls zu berücksichtigen.

3.4.3 Flexibilitätsoptionen und Speicher

Der Szenariorahmen 2017-2030 enthält erstmalig zusätzliche verschiedene Flexibilitätsoptionen. Hierzu zählen im Wesentlichen dezentrale und zentrale Speicher, das Lastmanagement klassischer und neuer Stromanwendungen sowie die (zeitliche) Entkopplung der Strom-und Wärmeerzeugung aus KWK-Anlagen. Die jeweiligen qualitativen Ausprägungen dieser Flexibilitätsoptionen sind im Szenario A 2030 gering, in den Szenarien B 2030/2035 mittel und im Szenario C 2030 hoch.
Die Bundesnetzagentur begrüßt grundsätzlich die Aufnahme zusätzlicher Flexibilitätsoptionen in den Szenariorahmen, da eine steigende Tendenz des Bedarfs an Flexibilisierungsoptionen zu beobachten ist. So scheint eine angemessene Berücksichtigung von Flexibilisierungsoptionen, insbesondere neuer Flexibilisierungsoptionen wie dezentrale Speicher und Elektromobilität, im Szenariorahmen sinnvoll. Viele der im Rahmen der Konsultation und der „Workshops“ vom 02.02.2016 und vom 11.02.2016 geäußerten Stellungnahmen teilen diese Auffassung.
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Wobei die Auslegung der Begriffe „gering, mittel, hoch“ leider kaum über zwergenhafte Mutlosigkeit hinausgeht, während die alte Dinosauriertechnik noch immer als Schlüsseltechnologie gesehen wird. Was fehlt, ist wenigsten EIN Szenario ohne Dinosaurier.

3.4.3 Flexibilitätsoptionen und Speicher
Der Szenariorahmen 2017-2030 enthält erstmalig zusätzliche verschiedene Flexibilitätsoptionen. Hierzu zählen im Wesentlichen dezentrale und zentrale Speicher, das Lastmanagement klassischer und neuer Stromanwendungen sowie die (zeitliche) Entkopplung der Strom-und Wärmeerzeugung aus KWK-Anlagen. Die jeweiligen qualitativen Ausprägungen dieser Flexibilitätsoptionen sind im Szenario A 2030 gering, in den Szenarien B 2030/2035 mittel und im Szenario C 2030 hoch.
S. 88

Hier gilt eben gesagtes gleichermaßen. Es bedarf einer klaren politischen Beauftragung, das Ganze ernsthaft mit einzubeziehen. Andere Länder tun es schon. Hierzulande klammert man sich an das Bestehende. Aber: Wer stehen bleibt, wird überholt.

Die Bundesnetzagentur begrüßt grundsätzlich die Aufnahme zusätzlicher Flexibilitätsoptionen in den Szenariorahmen, da eine steigende Tendenz des Bedarfs an Flexibilisierungsoptionen zu beobachten ist. So scheint eine angemessene Berücksichtigung von Flexibilisierungsoptionen, insbesondere neuer Flexibilisierungsoptionen wie dezentrale Speicher und Elektromobilität, im Szenariorahmen sinnvoll. Viele der im Rahmen der Konsultation und der „Workshops“ vom 02.02.2016 und vom 11.02.2016 geäußerten Stellungnahmen teilen diese Auffassung.
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Ein Anfang ist besser als gar nichts.

Bei der Berücksichtigung des Lastmanagements neuer Stromanwendungen liegt der Fokus primär auf Elektrofahrzeugen und Wärmepumpen. Elektromobilität kann im Rahmen des Lastmanagements berücksichtigt werden, da sich das Laden der Elektrofahrzeuge als zusätzliche Last darstellt. Entgegen dem Vorschlag der Übertragungsnetzbetreiber soll angenommen werden, dass die Verbreitung zunächst im urbanen Raum stattfindet. Es wird unterstellt, dass in städtischen Gebieten eine höhere Akzeptanz neuer Mobilitätskonzepte, zum Beispiel Car-Sharing, vorhanden ist. So geht die Bundesnetzagentur davon aus, dass zunächst insbesondere junge Großstadtbewohner die Entwicklung der Elektromobilität vorantreiben werden.
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Wie die BNetzA zu der Annahme der vorrangigen Verbreitung im urbanen Raum kommt und wie sich der definiert ist ein Rätsel. Gerade der urbane Raum zeichnet sich durch eine zunehmende Demobilisierung seiner Bewohner bezüglich eigener PKW aus. Die vielversprechendste Zielgruppe sind auf dem Land wohnende Pendler.

Ferner wird angenommen, dass eine Wärmepumpe im Jahr durchschnittlich
10.000 kWh verbraucht.
S. 91

Das passt fast genau zum Wärmebedarf der modernen, in den letzten zehn Jahren gebauten und mit einer Wärmepumpe ausgestatteten Effizienzhäuser. Der dazu notwendige Stromverbrauch liegt bei Einsatz von Luft-Wasser-Wärmepumpen hier im Allgäu bei ca. 3.600 kWh für 150 m2 Häuser. 10.000 kWh entspricht einer Nachtspeicherheizung bei 120 m².

Gegenwärtig sind etwa 25.000 Elektrofahrzeuge im Bestand. Bezogen auf die zukünftige Entwicklung halten zahlreiche Konsultationsteilnehmer die im Entwurf des Szenariorahmens angenommene Anzahl an Elektrofahrzeugen für zu hoch. Gleichzeitig kritisieren viele Konsultationsteilnehmer, dass die angenommene Anzahl der zukünftig zugelassenen Elektrofahrzeuge nicht mit den im Regierungsprogramm Elektromobilität und dem „Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität“ von der Bundesregierung festgelegten Zielen von mindestens 1 Millionen Elektrofahrzeuge im Jahr 2020 und mindestens 6 Millionen Elektrofahrzeugen im Jahr 2030 übereinstimmt. Die Bundesnetzagentur teilt diese Auffassung und hat die Stellungnahmen in der Genehmigung berücksichtigt. So werden für die Genehmigung in allen Szenarien geringere Werte als im Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber angenommen. Im Innovationsszenario C 2030 wird eine Anzahl von 6 Millionen zugelassener Fahrzeuge auf Grundlage der Ziele der Bundesregierung für das Jahr 2030 angenommen. Zur Abschätzung des Jahresverbrauchs der Elektrofahrzeuge wird eine durchschnittliche jährliche Fahrleistung von 10.000 km je PKW bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 25 kWh pro 100 km zu Grunde gelegt.
S. 91

Abgesehen vom viel zu hoch angesetzten Stromverbrauch normaler Elektro-PKW der Kompaktklasse sind alle zusammen gut beraten, sich genauer Zulassungszahlen zu enthalten. Die Anschaffung von Neuwagen ist ein hoch emotionales Thema, bei dem die Vernunft als allererstes auf der Strecke bleibt. Noch sind die Zulassungszahlen lächerlich. Aber nur hierzulande. Im Vergleich zum G20-Ausland ist die BRD alles andere als der Leitmarkt, den hiesige Politiker nicht müde werden vollmundig anzukündigen. Die ans Licht gekommen Skandale der letzten Jahre (Manipulation von Abgaswerte, Kartellabsprachen) bis hin zum jüngst ausgesprochenen Zulassungsverbot für das 3-Liter-Dieselmodell des Porsche Cayenne lassen zwar noch keine Wirkung erkennen, aber eben weil das Thema emotional ist, ist das Potential plötzlicher Veränderung umso größer.

Glauben hat hier allerdings nichts verloren. Vorstellungskraft auf Basis möglicher Zahlen jedoch schon. Die Zahl der Neuzulassungen liegt bei über 2 Mio. PPKW pro Jahr. Das bedeutet, dass bis 2030 locker 20 Mio. Elektrofahrzeuge zugelassen und unterwegs sein können.

Da wir es nicht wissen, sollten wir gerade bei der Planung der Verteilnetze in jedem Fall davon ausgehen, dass ein Gesamtbedarf von 80 Millionen einfachen Ladepunkten (1 bis 3 phasiger Wechselstrom mit 16 A) besteht und ein Netz von insgesamt 40.000 Schnelladepunkten entstehen wird. Dabei erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass es im Rahmen europäischer Vereinbarungen eine Zusage für die Errichtung von 150.000 solcher öffentlichen Ladepunkte durch die Bundesregierung gibt.

Nebenbei bemerkt sollte die Bundesregierung, besser noch die EU, einen dreiphasigen Wechselstromladestandard bei bis 32 A als Normalfall zur Zulassungsbedingung für neue Elektrofahrzeuge machen (Fahrzeugseitige Ausrüstung). Solche Fahrzeuge lassen sich dann auch mit 16 A oder 10 A laden.

3.4.5 Verbrauchsnahe Erzeugung
Sehr viele Konsultationsteilnehmer fordern, nur Szenarien zu untersuchen bei denen der Netzausbaubedarf minimiert werde. Strategieänderungen hin zur dezentralen Erzeugung sind für sie nicht ersichtlich. In diesem Zusammenhang wird insbesondere gefordert, den sog. „zellulären Ansatz des VDE“ zu berücksichtigen bzw. diesen umzusetzen, da dies nachhaltiger sei
.

Auch wenn diese Teilnehmer durchaus Recht mit Ihrer Sicht haben, dass die Strategieänderung nicht ersichtlich ist, sollten die bestehenden Szenarien schon aus Vergleichsgründen beibehalten werden. Allerdings unterlegt mit rational von unabhängigen, freiwilligen Mitgestaltern nachgeprüften Fakten und voller Transparenz.
In der Sache ist dies nichts anderes als die erneute Forderung, gezielt in die Regionalisierung der Erneuerbaren Erzeugung einzugreifen. Denn dezentral ist nahezu jede Form der regenerativen Erzeugung (mit Ausnahme von Wind Offshore), da sie aus vielen in der Regel kleinen Einheiten besteht, die alle dezentral an den Verteilnetzen angeschlossen werden. Gemeint ist also weniger die Dezentralität als vielmehr die lastnahe dezentrale Erzeugung. Diese steht aber zum einen in einem natürlichen und damit auch ökonomischen Konflikt zur Ertragskraft der Standorte. Zum anderen ist es mehr als zweifelhaft, ob eine Beschränkung auf verbrauchsnahe oder auch nur stärkere Anreizung verbrauchsnäherer erneuerbarer Erzeugung mit den Zielen einer sicheren, zuverlässigen und preiswerten Versorgung vereinbar wäre.
S. 97

Stimmt. Mehr als zweifelhaft, denn im Gegenteil näher an der Sicherheit als an dieser Stelle massiv suggeriert wird. Allein diese Formulierung ist offenbar der Mottenkiste marktüblicher, politischer Beschwichtigungs- und Beschwörungsformeln entsprungen. Hat doch ausgerechnet das DOE in den USA erst in diesen Wochen eine Analyse veröffentlicht, wonach gerade die generativen, dezentralen Erzeuger die Netze stabilisieren und die Versorgungssicherheit erhöhen. Eine Feststellung, die hierzulande auch von jeglicher Parteilichkeit unverdächtigen Instituten wie den Fraunhofer-Gesellschaften bestätigt wird.
Hier ist harte Kritik von Nöten: Es ist nicht die Aufgabe der BNetzA Meinungen zu bilden, zu formen oder in großväterlichem Allwissenheitsstil derartige Behauptungen aus irgendwelchen Hüten zu zaubern und eine offene, sachgerechte, transparente und letztlich einer echten Demokratie entsprechende Erarbeitung durch Voreinschränkungen zu unterbinden. Genau hier schimmert eine Haltung durch, die so vielen jegliches Vertrauen in politisch gesteuerte Behörden und Institutionen raubt. Diesen gutsherrlichen Stil politischer Verfälschungsrhetorik wollen eben sehr viele nicht mittels Steuergeld auch noch bezahlen.
Vor dem Hintergrund der hohen Volatilität der Einspeisung aus Windenergie und Photovoltaik sowie bislang fehlender Speichertechnologien, die geeignet sind, erzeugte Strommengen am selben Standort zwischen zu speichern, ist die Versorgungssicherheit in den einzelnen Regionen selbst bei einer verbrauchsnahen Erzeugung aus Erneuerbaren Energien ohne Netzausbau nicht vollständig gewährleistet.
Diese Speichertechnologien sind verfügbar, nur noch nicht gebaut. Genau wie die Super-Strom-Autobahnen und andere Phantasiegebilde einer Politik die einfach nicht begreift, dass es kein automatisches öffentliches Interesse dafür gibt, in Superlativen zu denken, zu Planen und zu Handeln.

Die Bundesnetzagentur ist weiterhin der Ansicht, dass das volkswirtschaftliche Optimum in einem deutschlandweiten bzw. europaweiten Energiemarkt liegt. Die Netze dienen auch dazu, diesen Markt zu ermöglichen.
S. 97

Das volkswirtschaftliche Optimum liegt in einer zuverlässigen Versorgung jedes Endverbrauchers mit Strom zu möglichst den realen Erzeugungsaufwänden gerechten Kosten. Ein BRD-oder Europaweiter Energiemarkt interessiert nur die, die daran verdienen.- Der ist genauso sinnvoll und optimal wie ein europaweiter Markt für Leitungswasser. Unternehmen dürfen den Strom gern über weite Räume transportieren. Wenn sie die Kosten dafür nicht über Netzentgelte auf alle umlegen und dabei noch Traumrenditen erzielen, sondern wenn jeder einzelne Endverbraucher sich seine Sicherheits-, Versorgungs- und Flexibilisierungsoption zu gleichen Bedingungen verschaffen kann. Dazu gehört, dass auch Unternehmen aufwandsgerecht für ihren Stromverbrauch bezahlen – europaweit – und keine Privilegien mehr genießen.

Eine realitätsgerechte Bepreisung von Energie erfordert natürlich auch Einkommensausgleich bei allen einkommensabhängigen Menschen. Insgesamt würde damit den Posten „Energie“ und „Arbeit“ weltweit ein größerer Wert gemessen an allen anderen Bestandteilen des volkswirtschaftlichen Warenkorbs zugewiesen. Weshalb wir nun verstehen, warum es immer auf die Arbeit ankommt, nicht auf die Leistung. Egal ob in der Technik, oder im Wirtschaftsleben. Tausend PS unter der Haube nutzen im Stau genau so viel wie 50 PS. Leistung ist schlicht nichts wert, ohne ihre Nutzung. Weshalb ein Diplom als Leistungsnachweis ebenfalls nichts wet ist, wenn der Inhaber nachher mit dem angeblich vorhandenen Wissen nichts anzufangen weiß, weil er sich auf seine Glaubenssätze, Stimmungen, Meinungen und Vorlieben stützt.

Untersucht wird somit ein sogenannter „Grüne-Wiese-Ansatz“, bei dem das bereits in Deutschland bestehende Energiesystem ignoriert wird. Dies ist in einer wissenschaftlichen Studie zwar durchaus zulässig, jedoch für die Prognose der wahrscheinlich eintretenden Entwicklungen, wie sie im Szenariorahmen vorgenommen werden, nur von bedingter Aussagekraft. Auch fachfremden Lesern sollte bereits die Zielstellung verdeutlichen, dass mit der Studie keine konkreten Lösungsvorschläge erarbeitet werden, sondern allenfalls Freiräume für neue Konzepte in der Energieversorgung entstehen sollen.
S. 98

Angesichts der nach wie vor auf Grundlage des §12f vorherrschenden Geheimniskrämerei betreffend die Veröffentlichung von Netzdaten wirkt diese Forderung nach Transparenz für fachfremde Leser leider ziemlich absurd. Vor allem wo die bisherige Schrift der BNetzA von Bestätigungen weitgehend bestehender Unsicherheiten, Unwissenheit, vager Ahnungen und im Ergebnis der Unmöglichkeit, die Szenariorahmen tatsächlich als solide Grundlage zu betrachten nur so strotzt. In den vorherigen Zitaten habe ich etliche solche Stellen herausgehoben.

Ein konsequent dezentraler Ansatz, der reale Erfassung der Lasten, Leistungen und vor allem der Energie durch konkrete Messung erfordert, ist bei Leibe kein „grüner Wiese“-Ansatz.

Die erforderliche installierte Leistung an Erneuerbaren Energien zur Deckung wird mit 276 bis 516 GW (!) beziffert. Diese auf den ersten Blick extrem wirkenden Werte erscheinen nur dann plausibel, wenn von einer 100% Erzeugung Erneuerbarer Energien ausgegangen wird. Dabei würde die EEG-Umlage nach konservativen Schätzungen der Bundesnetzagentur bei einer installierten Kapazität von 276 GW auf 14ct/kWh bzw. von 516 GW auf 26ct/kWh steigen.
S. 98

Was für eine absurde Methode, was für ein Unsinn: Einen Kostenfaktor, der intern im Segment nur zu Verschiebungen der beteiligten Kassen und Konten führt, aber keine tatsächlichen Kosten auslöst, als Angst erzeugendes Argument heranzuziehen. Vor allem wo das EEG bei z. B. 52 GW PV endet. Danach gibt es nichts mehr und es steigt auch keine EEG-Umlage mehr. Im Gegenteil. Die EEG-Umlage wird bei einem derart starken Zubau nur noch sinken, da alte Anlagen auslaufen und ab Erreichen bestimmter Zubauzahlen keine neuen hinzukommen, die Kosten verursachen.

Es ist bereits absehbar, dass die Kosten der Nutzung generativer Erzeuger auch im Kleinbereich nahezu gleichauf mit dem Kauf von Netzstrom liegen. Noch drei, vier Cent mehr, die via Netzentgeltangleichung bevorstehen, und noch ein paar anstehende Preissteigerungen, dann beginnt auf breiter Front ein neuer Zubau ohne EEG.

Diese Passage der BNetzA ist pure Angstmacherei und Manipulation. Der Autor dieser Passage gehört wegen Falschbehauptungen entlassen. Reden wir lieber über Netzentgelte in Höhe von 14 ct / kWh. Im Übrigen gehört das EEG eigentlich bereits jetzt abgeschafft, schon allein, weil immer mehr Fremdleistungen aus den Einnahmen bestritten werden.

Am Ende des Zubaus, bei der Sättigung des Marktes, werden sogar allein ca. 1.350 GW PV-Leistung stehen. Davon kann man durchaus ausgehen und sollte sich besser über das daher prognostizierbare Inlandswachstums freuen.
Es wird der Zeitpunkt kommen, das PV Windkraft verdrängt, schlicht, weil sie wirtschaftlicher betrieben werden kann.

Festzuhalten ist letztlich, dass die Studie aus Sicht der Bundesnetzagentur zwar wissenschaftlich interessant und in großen Teilen fachlich nachvollziehbar ist. Ziel der Studie ist es aber nach dem Verständnis der Bundesnetzagentur, Denkanstöße zu setzen und lediglich ein „was wäre wenn“ zu postulieren (deswegen auch der beschriebene „Grüne-Wiese Ansatz“). Ein direkter Einfluss der Studie auf die kurz-bis mittelfristige Entwicklungen der Energiewirtschaft in Deutschland ist nicht erkennbar, weswegen sie für die Erstellung des Szenariorahmens 2017-2030 und des Netzentwicklungsplans 2017-2030 keine Bedeutung hat.
S. 99

Studien müssen keinen direkten Einfluss haben. Ihr Sinn ist es, Denkanstöße zu setzen und die Vorstellungskraft zu beflügeln. Eben nur bei Leuten die über eine solche verfügen. Statt Sandkastenspiele zu spielen und Zinnsoldatenschlachten zu schlagen.

In einem zweiten Schritt müsste zudem die Frage nach der politischen Steuerung des Zubaus der Erzeugungseinheiten geklärt werden. In einem dritten Schritt wäre zu erklären, wie man sich die Finanzierung von 276-516 GW installierter Kapazitäten Erneuerbarer Energien vorstellen soll. Dabei würden die Kosten nach konservativen Schätzungen der Bundesnetzagentur bei einer installierten Kapazität von 276 GW jährlich 55 Milliarden Euro bzw. von 516 GW jährlich 103 Milliarden Euro betragen. Die Bundesnetzagentur kann sich ein solches Vorgehen derzeit nicht vorstellen.
S. 100

Wie bereits angedeutet ist Vorstellungskraft weder eine satzungsgemäße Eigenschaft der BNetzA noch im Jobprofil der Mitarbeiter verankert. Sich das vorzustellen, ist auch nicht die Aufgabe der BNetzA. Das ist Aufgabe kreativer, alternativer Denker und Unternehmer, die man durch die in einem Interessen-, Argumentations- und Zielsetzungskreis gefangenen, redundanten Aufgabenträger Gesetzgeber, BNetzA und ÜBN von jeglicher kreativen und zukunftsweisenden Mitwirkung effektiv ausschließt.

Es wird Zeit diesen Kreislauf eines informellen Meinungs- und Interessenkartells aufzubrechen. Damit klar wird, dass es keiner politischen Steuerung des Zubaus bedarf.

Im Gegenteil ist eine grundlegende politische Klärung erforderlich, die hinterfragt, ob die BNetzA und die beauftragten ÜNB die geeigneten Akteure für die Bewältigung der Aufgabe und die Gestaltung der Energieversorgung sind und vor allem, ob aus rein logischen Erwägungen heraus überhaupt ein „weiter so“ mit einer zentralisierten Kontroll- und Manipulationsstruktur und wenigen, politisch extrem wirkmächtigen Akteuren weiterhin tragbar ist.

Im Ergebnis kann dies alles dahinstehen, denn die Frage ist durch den Gesetzgeber im aktuellen Entwurf des EEG 2016 entschieden worden. Diesem war die politische Diskussion um eine verbrauchsnähere dezentrale Erzeugung wohl bekannt. Der Gesetzgeber hat sich diesen Ansatz trotzdem nicht zu Eigen gemacht. Er hat bisher auf jegliche Förderung verbrauchsnaher erneuerbarer Erzeugung verzichtet. Im neuen EEG 2016 wurde lediglich eine Steuerung durch die Einführung einer Netzausbauregion aufgegriffen. Allokationssignale zur Ansiedlung erneuerbarer Erzeugung an Orten hohen Verbrauchs finden sich im EEG 2016 nicht. Dies hat die Bundesnetzagentur zu respektieren.
S. 100

Eben. Im Ergebnis kann dies alles dahinstehen. Dieser Absatz bestätigt meine Beurteilung der Lage: Der Ball liegt direkt beim Gesetzgeber, was bedeutet bei den für die Aufstellung der Kandidaten relevanten Führungseliten der politischen Parteien und damit indirekt beim Wähler. Der aktuelle Trend der zur Bundestagswahl angesprochenen Themen klammert den Energie- und damit klimapolitischen Bereich einmal mehr weitgehend aus. Es gilt das „Wir-kümmern-uns-darum-Sedativum“. Selbst den GRÜNEN als einziger für das Thema derzeit möglicherweise wirkungsmächtiger Partei gelingt es nicht, dieses politisch Feld Ertrag bringend zu besetzen und die Diskussion auch nur im öffentlichen Leben zu halten. Schlecht, weil sich die GRÜNEN leider in weiten Teilen in eine gesellschaftspolitisch-ideologische Wiederholung längst geschlagener Schlachten der Vergangenheit hineinziehen lassen, die keinerlei positive Ergebnisse oder Verbesserungenmit sich bringen.

Dabei wäre es für jede vernunftbasiert in der Thematik Energie und Klimapolitik engagierte Partei, die über einen medialen Resonanzboden verfügt, ein leichtes, überzeugende Argumente für Nicht-Parteigänger zu liefern, statt nur all diejenigen weiter emotional zu befeuern, die ohnehin Fans oder treue Parteigänger sind.

Leider konnte bisher auch keine andere Partei dieses Feld effektiv besetzen. Stattdessen springen alle Neugründungen auf die gleichen Pferde und Kamele, auf denen sie gegen die bisherigen Dinosaurierpfleger stets den Kürzeren ziehen.

Die Bundesnetzagentur versteht unter dem Nettostromverbrauch die von den Verbrauchern in Deutschland genutzte elektrische Arbeit inklusive der durch den Transport bedingten Netzverluste im Verteilnetz.
S. 101

Als technisch verständiger Mensch sehe ich hier einen klaren Fehler. Faktisch verschiebt das den Verlust in einen Bereich, in dem er fast nicht zu bestimmen ist. Ist das etwa Absicht, um die tatsächliche Effizienz (oder auch Ineffizienz) des Netzes als Gesamtkonstrukt zu verschleiern? Kein durchschnittlicher Bürger, der als Angestellter arbeiten geht würde mehr Geld als regelmäßig seitens des Arbeitgebers auf seinem Konto ankommt, als Netto betrachten.

Nettostromverbrauch und Bruttostromverbrauch sollten durch Vergleich der tatsächlichen Messungen bei den Erzeugern und den Verbrauchern (inklusive gemessenem Import und Export) ermittelt werden.

Jahreshöchstlast

Im Leistungsbilanzbericht 2015 erläutern die Übertragungsnetzbetreiber, warum eine genaue Messung der Netzebenen übergreifenden Jahreshöchstlast technisch nicht möglich ist: Bei einer Vielzahl von Verbrauchern erfolgt keine Leistungsmessung der Stromentnahme, die für eine Bestimmung der Jahreshöchstlast erforderlich wäre. Viele Verbraucher aber auch Erzeuger wie z.B. Photovoltaikanlagen verfügen nur über eine Messmöglichkeit der dem Netz entnommenen bzw. der in das Netz eingespeisten elektrischen Arbeit. Weiterhin stünden auch Daten zur Einspeisungen innerhalb von Industrienetzen, geschlossenen Verteilnetzen und dem Netz der Deutschen Bahn nicht zur Verfügung, womit ein nicht zu vernachlässigender Teil der Verbraucher nicht erfasst werde. Die Jahreshöchstlast könne daher nicht über die Verbrauchsseite ermittelt werden. Da jedoch im Stromnetz der Verbrauch und die Erzeugung zu jeder Zeit gleich groß sein muss, werde die Jahreshöchstlast im Leistungsbilanzbericht 2015 indirekt über die Einspeisung auf der Erzeugerseite hergeleitet.
S. 106

Zähler für RLM-Messung auch für den Haushaltsbereich gibt es seit über zehn Jahren zu erschwinglichen Preisen (ca. 180 € / 8 Jahre / 96 Monate = ca. 20 € / Monat). Diese Zähler sind mit Ethernet-Buchse und IP-Adresse verfügbar, lassen sich über den hauseigenen Router verschlüsseln und anonymisieren und können die Messwerte in beliebigen Formaten übertragen.

Was hindert die Endverbraucher und Elektriker also daran, diese Zähler einzubauen? Richtig! Die Verteilnetzbetreiber behalten sich nach wie vor das Recht vor, jedem Hersteller eine eigene Zulassung zu erteilen – oder auch nicht. Je nach interner Konstellation. Auf diesem Weg, so lange das so bleibt, nützen Liberalisierung und Unbundling des Strommarkts rein gar nichts. Dieses technische Vorbehaltsrecht geht so weit, dass sogar der Messdienstleister, den sich ein Anschlussinhaber selbst auswählt, an die Bestimmung des Netzbetreibers zwingend gebunden ist. Damit ist die vermeintliche Wahlmöglichkeit des Messdienstleisters ein Muster ohne Wert, eine reine Farce.

Die Macht, nahezu alles zu kontrollieren und entsprechend über garantierte Gebühren neue, politisch abgesicherte Geschäftsmodelle mit weitgehend alleiniger Preisgestaltung aufzubauen, liegt damit wieder in den Händen von ein paar großen Konzernen = Stakeholdern. Über die massive Einflussnahme auf die Entwicklung so genannter Smart Meter – die im Grunde niemand braucht, weil sie insgesamt keinen Vorteil bieten – erfolgt momentan eine schleichende Re-Monopolisierung zu Gunsten technisch-politisch organisierter, informeller Kartelle. Denn was anderes ist die Übertragung der Aufgabe einen Szenario-Rahmen zu erstellen an gerade mal vier dominierende Übertragungsnetzbetreiber, als ein legales Kartell? Alle dort tätigen Akteure stammen aus denselben beruflichen Kreisen, haben bei den gleichen großen Energieversorgern irgendwann eine Zeit lang gearbeitet und Denken gleich. Man kennt sich und widerspricht sich nicht. Diese Struktur gleicht dem internen Meinungskartell politischer Parteien, deren Akteure einfach viel zu lange auf ihren Posten sitzen, viel zu lange Mandate haben und die mittlerweile sogar ihre Funktionen mehr oder weniger direkt vererben. Das dynastische Prinzip des Feudalismus kehrt zurück.

Es ist höchste Zeit, ein europaweit einheitliches Zulassungsverfahren für Stromzähler aufzustellen und dem Inhaber des Anschlusses (der, der die Rechnung bezahlt) die freie Wahl zu lassen, welchen Zähler er von wem einbauen lässt. Mit dieser klaren Wahlfreiheit erledigt sich auch das heimliche Thema Datenschutz, da der Anschlussinhaber jederzeit selbst bestimmen kann, welche Daten er wie übermittelt. Seine Pflicht besteht dann nur darin, abgerufene und eigespeiste Leistung simultan zu erfassen und zu ermitteln und dazu regelmäßig die verschobene Energie. Aber nicht, für welchen Zweck und – durch galvanische Netztrennung via Speicher – ohne Übermittlung elektronischer Signaturen verwendeter Geräte.

Es ist grundsätzlich nicht hinnehmbar, dass Anschlussinhaber gezwungen werden können, genau einen bestimmten Zähler verwenden zu müssen, den der bestimmt, der die Leistung bereitstellt. Das ist in etwa so, als würde der Automobilhersteller bestimmen, an welcher Tankstelle der Käufer tanken muss. Oder als ob der Backofenhersteller bestimmt, von welchem Hersteller die Fertigpizza zu kommen hat.

Es ist Zeit diese kartellgleichen Vorbehaltsstrukturen endgültig aufzubrechen. Wer von Wettbewerb schwadroniert, muss ihn auch ermöglichen. Demokratie besteht vor allem in dezentral verteilter Macht.

Die Bundesnetzagentur erachtet die von den Übertragungsnetzbetreibern vorgeschlagene neue Methodik zur Ermittlung der Jahreshöchstlast für angemessen. Weiterhin schließt sich die Bundesnetzagentur den Ausführungen aus dem Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber an, dass der Einfluss der neuen Stromanwendungen, wie Elektromobilität, Wärmepumpen und Power-to-Gas erstmalig über den Stromverbrauch und die Jahreshöchstlast abgebildet werden muss. Das klassische Lastmanagement mit seinen Fähigkeiten zur Lastreduktion-und Verschiebung fließt ebenfalls in die Netzplanung ein. Allerdings im Rahmen der Marktsimulation als modellendogener Parameter (vgl. Kapitel II B 3.4.3).
S. 110

Den bisher beschriebenen und aufgedeckten Unschärfen, Unsicherheiten, vagen Annahmen, willkürlichen Standardisierungen und glatten Fehlinformationen gemäß, ist in Wahrheit der Gesetzgeber gefordert, der BNetzA so viel an Transparenz, Offenheit und Flexibilität aufzuerlegen, dass alternative Methoden, Strukturen und Technologien zumindest gleichberechtigt in die Analysen und Modellierungen einbezogen werden.

Wissenschaft kann es sich auch nicht leisten, auf reale Messungen zu verzichten, wenn sie ernst genommen werden will. Für großflächigen Planungsvorhaben gilt diese einfache Wahrheit erst Recht. Sicher trifft es zu, dass umfassende Messungen derzeit nicht möglich sind. Der Grund liegt allerdings absolut nicht darin, dass der dafür notwendige Aufwand nicht darstellbar wäre. Im Gegenteil. Die Implementierung der notwendigen Technologie ist geradezu trivial.

Der Grund dafür liegt darin, dass es seitens der BNetzA und der vorherrschenden politischen Akteure offenbar sowohl an der Vorstellungskraft, der Phantasie und dem Willen mangelt, konsequent für die Implementierung zu sorgen und die Nettodaten zu verknüpfen.

Dabei ist es wie bei jedem nichtstaatlichen Energiemanagement-Projekt: Erst die umfassende Erfassung der Daten ermöglicht eine vernünftige Planung, Identifizierung von Kappungspotenzialen und Lastverschiebungsmöglichkeiten und letztlich zu höherer Effizienz.

Es wird angenommen, dass die Steuerung der nicht ausgeschriebenen PV-Mengen (Anlagen ≤ 750 kW) über den „atmenden Deckel“ nicht zu einer signifikanten Steigerung der jährlich installierten Leistung führen wird.
S. 122

Das trifft in der Realität ja auch zu, Damit bestätigt die BNetzA im Grunde, dass der Ausbau an generativer Leistung faktisch ausgebremst wurde. In der Realität erkennen wir ja auch seit drei Jahren einen unter den Zielen liegenden Zubau. Es wird Zeit, das EEG wieder zu korrigieren und auf Basis internationaler Vereinbarungen eine effektive CO2-Bepreisung einzuführen. Damit kann die Bundesregierung gar nicht früh genug beginnen.

Zusammenfassung der Änderungen in Szenario A 2030 zum Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber
– konventionelle Energieträger
• Erhöhung der installierten Leistung Braunkohle von 11,3 GW auf 11,5 GW
• Senkung der installierten Leistung Steinkohle von 23,2 GW auf 21,7 GW
• Erhöhung der installierten Leistung Erdgas von 29,4 GW auf 30,5 GW
• Keine Änderung der installierten Leistung Öl
• Erhöhung der installierten Leistung Pumpspeicher von 10,6 GW auf 11,9 GW
• Senkung der installierten Leistung sonstige konventionelle Erzeugung von 2,8 GW auf 1,8 GW

S. 125

4.3.5 Szenario B 2030
4.3.5.1 Annahmen zur regenerativen Erzeugung
Im Hinblick auf das Szenario B 2030 werden die von den Übertragungsnetzbetreibern beantragten jährlichen Zubauraten von der Bundesnetzagentur modifiziert bestätigt.
Die Annahmen zur installierten regenerativen Erzeugungsleistung sind in Szenario B 2030 im Vergleich zu Szenario A 2030, das eine zurückhaltende Einschätzung der Entwicklung der Erneuerbaren Energien beinhaltet, ambitionierter. Im Gesamtbild der Szenarien zeigt Szenario B 2030 eine mittlere Geschwindigkeit beim Ausbau der Erneuerbaren Energien.
S.127

In den letzten Jahren war der Zubau von PV-Anlagen trotz dieses atmenden Deckels zu gering. Daher soll dieser Mechanismus mit der Novellierung des EEG 2016 verbessert werden und schneller reagieren, wenn der jährliche Bruttozubau den Wert von 2,5 GW unterschreitet.
S. 128

Ist leider noch nicht geschehen.

Zusammenfassung der Änderungen in Szenario B 2030 zum Entwurf der
Übertragungsnetzbetreiber – Erneuerbare Energieträger
• Senkung der installierten Leistung Wind Onshore von 73,8 GW auf 58,5 GW
• Keine Änderung der installierten Leistung Wind Offshore
• Erhöhung der installierten Leistung Photovoltaik von 56,3 GW auf 66,3 GW
• Senkung der installierten Leistung Biomasse von 7,4 GW auf 6,2 GW
• Erhöhung der installierten Leistung Wasserkraft von 4,3 GW auf 5,6 GW
• Erhöhung der installierten Leistung sonstiger regenerativer Erzeugung von 0,6 GW auf 1,3 GW

S. 129

Für das Szenario B 2030 wird die technisch-wirtschaftliche Betriebsdauer der meisten Energieträger um fünf Jahre verkürzt. Braun-und Steinkohlekraftwerke werden mit einer technisch-wirtschaftlichen Betriebsdauer von 45 Jahren angenommen. Erdgas, Mineralöl und Kraftwerke der Kategorie „Sonstige“ werden mit 40 Jahren technisch-wirtschaftlicher Betriebsdauer angenommen.

S. 129

Die Verkürzung der Betriebsdauer der konventionellen Kraftwerke entsteht aufgrund angenommener erschwerter wirtschaftlicher Bedingungen. Der stärkere Ausbau der Erneuerbaren Energien erhöht den Preisdruck auf die konventionellen Kraftwerke, wodurch die Wirtschaftlichkeit schon vor dem Erreichen der technischen Betriebsdauer nicht mehr gegeben sein kann.

Ein mögliches Entwicklungsszenario unter der Bedingung einer sich jährlich um 1,2 ct / 100 g steigernden CO2-Bepreisung mit einem Anfangswert 1,2 ct/100 g (CO2-Faktor von 100 g jedes Energieträgers bezogen auf jede kWh mal 1,2 ct. Beispiel Erdgas = 220 g / kWh) = CO2-Faktor 2,2 * PE-Faktor) gehört in jedem Fall in eine umfassende Betrachtung.

Führen wir uns doch vor Augen, dass all diese Szenariorahmen nichts als mehr oder weniger wahrscheinliche Simulationen sind, die auf sehr wenig empirischen Fakten (Messungen), einer Vielzahl willkürlich herausgegriffener Momentaufnahmen, unzählighen Annahmen bezüglich der konstituierenden Entwicklungen, überwiegend spekulativen Hochrechnungen und der Einflussnahme massiver Bestandserhaltungsinteressen von Stakeholdern beruhen, deren Einflussmöglichkeit durch politische Festlegung und redundante Wirkung innerhalb der vom Gesetzgeber beauftragten Struktur gegenüber den Betroffenen (Träger von Interessen, die von der Mitbestimmung ferngehalten werden, bzw. denen die Mitwirkung politisch aus der Hand genommen wurde), unermesslich groß ist.

Das „nationale“ Projekt „Energiewende“ hat das Pech, durch wesentlich aufregendere Themen und deren medial in Szene gesetzte vermeintlich größere Bedeutung an den Rand gedrängt worden zu sein. Dabei hieß es einst vollmundig aus den Mündern unserer Standard-Politgrößen: Wenn jemand das schafft, dann „Wir Deutsche“.

Zusätzlich profitieren die Stakeholder der Dinosaurier-Interessen unvermindert von der immer noch hochwirksamen staatlichen (durch den Steuerzahler gedeckten) Subventionierung dieser schleichenden Vergiftung. Dieses politische Konstrukt bildet ein Amalgam, welches auf mittlere Sicht wesentlich gefährlich er ist als alle derzeitigen emotionalen Befindlichkeiten die sich im Grunde auf unter dem Strich nutzlose Gegebenheiten beziehen. Der viele Lärm um fast nichts hat leider unangemessen große Bühnen.

Die bereits gegenwärtig erschwerte wirtschaftliche Situation wird auch durch die berücksichtigten Stilllegungen von Kraftwerken belegt. Angesichts der gesteigerten politischen Anstrengungen, die gesetzten Klimaziele auch tatsächlich zu erreichen, ist nicht davon auszugehen, dass sich die Situation für die betroffenen Kraftwerke entspannen wird. Im Gegenteil, es dürften typischerweise die älteren Kraftwerke mit einem in der Regel niedrigeren Wirkungsgrad und entsprechend höheren CO2-Emissionen bei gleichzeitig vergleichsweise schlechter Kosteneffizienz sein, die unter zusätzlichen Druck geraten.

S. 130

So gut wie jedes Gewerbe und jede Industrie hat im Lauf der Jahrhunderte eine erschwerte wirtschaftliche Situation durchmachen müssen. Bei der nahezu vollständigen Mehrheit der betroffenen Segmente mündete dies in deren Verschwinden, in der Aufgabe der Technologie, im Ersatz durch Besseres.

Das ist keine Katastrophe, sondern vollkommen normal. Wenn es im Grunde bereits jetzt schon vollkommen klar ist, dass wir bestimmte Technologien sowieso aufgeben müssen, dann ist es nur vernünftig und konsequent diese Realität gezielt zu begleiten und zu gestalten, statt auf jede erdenkliche Art der Dinosaurier Lebensdauer künstlich zu verlängern. Vor allem, wenn betreffend die negativen Wirkungen der alten Technologie weitgehend Konsens herrscht. Selbst wenn dieser Konsens wissenschaftlich gesehen lediglich auf qualitativ beschriebenen und statistisch untermauerten Zusammenhängen beruht.

Kommt dazu noch die klare Erkenntnis, dass die neue Technologie auch ökonomisch der alten überlegen ist und die alte eigentlich nur noch auf Basis einstiger und bis heute fortdauernder Subventionen ihre Dominanz erhalten kann, dann würde es bei einem vernünftig und unternehmerisch handelnden Gemeinwesen keine weitere Verzögerung mehr geben. Schon allein, um zu verhindern, dass man von anderen Gemeinwesen überholt und letztlich im „Wettbewerb“ geschlagen wird.

Zusammenfassung der Änderungen in Szenario B 2030 zum Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber – konventionelle Energieträger
• Erhöhung der installierten Leistung Braunkohle von 9,4 GW auf 9,5 GW
• Erhöhung der installierten Leistung Steinkohle von 14,7 GW auf 14,8 GW
• Erhöhung der installierten Leistung Erdgas von 29,1 GW auf 37,8 GW
• Keine Änderung der installierten Leistung Öl
• Keine Änderung der installierten Leistung Pumpspeicher
• Senkung der installierten Leistung sonstige konventionelle Erzeugung von 2,7 GW auf 1,8 GW

S. 131

Zusammenfassung der Änderungen in Szenario B 2035 zum Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber – Erneuerbare Energieträger
• Senkung der installierten Leistung Wind Onshore von 85,0 GW auf 61,6 GW
• Keine Änderung der installierten Leistung Wind Offshore
• Erhöhung der installierten Leistung Photovoltaik von 58,8, GW auf 75,3 GW
• Senkung der installierten Leistung Biomasse von 7,7 GW auf 6,0 GW
• Erhöhung der installierten Leistung Wasserkraft von 4,3 GW auf 5,6 GW
• Erhöhung der installierten Leistung sonstiger regenerativer Erzeugung von 0,6 GW auf 1,3 GW

S. 135

Zusammenfassung der Änderungen in Szenario B 2035 zum Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber
– konventionelle Energieträger
• Erhöhung der installierten Leistung Braunkohle von 9,2 GW auf 9,3 GW
• Senkung der installierten Leistung Steinkohle von 11,0 GW auf 10,8 GW
• Erhöhung der installierten Leistung Erdgas von 32,9 GW auf 41,5 GW
• Keine Änderung der installierten Leistung Öl
• Senkung der installierten Leistung Pumpspeicher von 14,6 GW auf 13,0 GW
• Senkung der installierten Leistung sonstige konventionelle Erzeugung von 2,7 GW auf 1,8 GW

S. 137

Zusammenfassung der Änderungen in Szenario C 2030 zum Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber
– Erneuerbare Energieträger
• Senkung der installierten Leistung Wind Onshore von 77,8 GW auf 62,1 GW
• Keine Änderung der installierten Leistung Wind Offshore
• Erhöhung der installierten Leistung Photovoltaik von 65,9 GW auf 76,8 GW
• Senkung der installierten Leistung Biomasse von 8,3 GW auf 7,0 GW
• Erhöhung der installierten Leistung Wasserkraft von 4,3 GW auf 6,2 GW
• Erhöhung der installierten Leistung sonstiger regenerativer Erzeugung von 0,6 GW auf 1,3 GW

S. 141

Zusammenfassung der Änderungen in Szenario C 2030 zum Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber
– konventionelle Energieträger
• Erhöhung der installierten Leistung Braunkohle von 9,2 GW auf 9,3 GW
• Senkung der installierten Leistung Steinkohle von 11,0 GW auf 10,8 GW
• Erhöhung der installierten Leistung Erdgas von 29,1 GW auf 37,8 GW
• Keine Änderung der installierten Leistung von Öl
• Keine Änderung der installierten Leistung von Pumpspeicher
• Senkung der installierten Leistung sonstige konventionelle Erzeugung von 2,7 GW auf 1,8 GW

S.143

5. Mittel-und langfristige energiepolitische Ziele der Bundesregierung
• Die genehmigten Szenarien erfüllen – soweit eine Aussage hierzu methodisch bereits möglich ist – zum größten Teil die mittel-und langfristigen energiepolitischen Ziele der Bundesregierung.
• Die mittel-und langfristigen energiepolitischen Ziele der Bundesregierung werden im Wesentlichen durch das Energiekonzept der Bundesregierung vom 28.09.2010 definiert. Ergänzt werden diese Ziele durch das sog. Energiepaket der Bundesregierung vom 06.06.2011 und gesetzlich verankerte Ziele. Darüber hinaus wurden diese Ziele im Aktionsprogramm Klimaschutz am 03.12.2014 seitens der Bundesregierung nochmals bekräftigt und im EEG 2014 für den Bereich Wind Offshore modifiziert. Im am 01.01.2016 in Kraft getreten KWKG wurden die neuen KWK-Ziele der Bundesregierung festgelegt.
• Es handelt sich um folgende energiepolitische Ziele, die im Rahmen der Genehmigung des Szenariorahmens berücksichtigt werden:
• Reduktion der Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 bis 2020 um 40 %, bis 2030 um 55 %, bis 2040 um 70 % und bis 2050 um 80 bis 95 %
• Erhöhung des Anteils des aus Erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch bis 2025 auf 40 bis 45 %, bis 2035 auf 55 bis 60 % und bis 2050 auf mindestens 80 %
• Senkung des Primärenergieverbrauchs gegenüber 2008 bis 2020 um 20 % und bis 2050 um 50 %
• Steigerung der Offshore-Windleistung auf 15 GW im Jahr 2030
• Erhöhung der Strommenge aus Kraft-Wärme-Kopplung auf 120 TWh bis 2025
• Minderung des Stromverbrauchs gegenüber 2008 bis 2020 um 10 % und bis 2050 um 25 %
• Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie bis 2022

Ohne die Ergebnisse der Marktsimulation und der Netzberechnung zu kennen, die auf der Genehmigung des Szenariorahmens 2017-2030 beruhen, kann eine erste Einschätzung getroffen werden, welche Szenarien die angeführten energiepolitischen Ziele der Bundesregierung erreichen.

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5.1 Einhaltung der CO2-Ziele
Auf Grund der CO2-Emissionsgrenze, die in den Szenarien B 2030, B 2035 und C 2030 als Nebenbestimmung eingeführt wird, ist sicher davon auszugehen, dass die genannten Szenarien die Emissionsgrenzen einhalten werden. Das Szenario A 2030 hingegen stellt eine Ausnahme dar. Es unterliegt keiner solchen CO2-Restriktion im Marktmodell und verfügt über den größten konventionellen Kraftwerkspark mit einem vergleichsweise hohen Anteil an CO2-intensiven Braunkohlekraftwerken. Weiterhin wird ein Ausbau der Erneuerbaren Energien am unteren Rand des EE-Ausbaukorridors unterstellt. Daher besteht in Szenario A 2030 eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit, dass die von der Bundesregierung definierte Reduktion der Treibhausgase nicht vollständig erreicht wird. Dies erscheint sinnvoll, da trotz aller Bemühungen derzeit nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Klimaschutzziele in einem konservativen Szenario auch aus konjunkturellen Gründen nicht in vollem Umfang erreicht werden.

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„Davon ausgehen, dass…“, reicht nachweislich nicht, da mittlerweile bekannt ist, dass die BRD diese Ziele verfehlen wird. Die Bandbreite der durch die Szenarien abgedeckten möglichen Entwicklungen ist viel zu eng, um das Ziel sicherzustellen. Vor allem, wenn man all die aus dem Text der BNetzA zitieren Unwägbarkeiten berücksichtigt.

Nötig ist ein neues Paradigma:

– 100% rein generative Energiebereitstellung
– Abbau und Stilllegung aller degenerativen Kapazitäten so schnell wie wirtschaftlich, technisch umsetzbar
– Emissionsabhängige Preiskomponente für alle eingesetzten Energieträger und importierten Produkte
– Soziale Komponente: Erhöhung der Grundsicherung und Minimalversorgung für alle Personen mit geringem Einkommen zu Kompensation der tatsächlichen Mehrbelastung (höhere Sätze ALG II, Grundrente, Grundsicherung, etc.)

Volllastbetriebsstunden [h/a]
Wind Onshore installiert vor dem 31.12.2015 1.700
Wind Onshore installiert nach dem 31.12.2015 2.300
Wind Offshore 4.300
Photovoltaik installiert vor dem 31.12.2015 920
Photovoltaik installiert nach dem 31.12.2015 950
Photovoltaik >750 kW installiert nach dem 31.12.2015 1.000
Biomasse vor dem 31.12.2015 6.200
Biomasse nach dem 31.12.2015 5.000
Wasserkraft 4.000
sonstige regenerative Erzeugung 3.460

Tabelle 29: Volllastbetriebsstunden der Erneuerbaren Erzeugungsanlagen

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Bedeutet bei Vollversorgung mit PV und schlecht geschätzten 900 Volllaststunden, 670 GW PV-Leistung wären nötig.

5.3 Einhaltung der weiteren Ziele
Für das Erreichen des Ziels der Senkung des Primärenergieverbrauchs kann ohne das Ergebnis der Marktsimulation keine abschließende Aussage gemacht werden. Auf Grund der Erfahrungen aus den letzten Netzentwicklungsplänen kann die Bundesnetzagentur für die meisten Szenarien eine optimistische Einschätzung abgeben. Es ist wahrscheinlich, dass das von der Bundesregierung formulierte Ziel zur Senkung des Primärenergieverbrauchs in keinem Szenario eindeutig verfehlt wird.

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Vorweg wäre es schön, wenn auch die BNetzA die Diktion irgendeines Energieverbrauchs sachgerechter Weise aufgibt. Die Energie ist ja nicht weg, nur weil sie genutzt wurde.
Gleichzeitig sollte auch klargemacht werden, dass der Primärenergiebedarf ebenfalls nur ein künstlicher Veranschaulichungsmaßstab ist, der den realen, technischen Energiebedarf verzerrt abbildet, indem er zusätzliche Aufwendungen pauschal (Transport, Lagerung) einpreist, nicht aber die Emissionsintensität anschaulich abbildet. Darauf aber sollte man nicht verzichten, wenn man schon unterschiedliche Systeme in Bezug auf Effizienz, Aufwandsintensität und Emissionsintensität vernünftig vergleichen will.

Beispiel: Ein Neubau aus dem Jahr 2010 hat einen Wärmeenergiebedarf von 18.000 kWh inklusive Warmwasser. Die Putzfläche (beheizte Nutzfläche) liegt bei 285 m².

Damals wurde das Haus nach EnEV gebaut und erfüllt die festgelegten Grenzwerte für die thermische Qualität der Hüllfläche und den kontrollierten Luftwechsel mit Wärmerückgewinnung.

Das Haus wurde mit einer Grundwasser-Wärmepumpe ausgestattet und verfügt über eine sehr große PV-Anlage mit 40 KW Leistung auf seinem Pultdach. Die PV-Anlage produziert 40.000 kWh pro Jahr. Damit werden 60 % des Strombedarfs direkt für Haushaltsstrom und Wärmepumpe erzeugt. Dieser liegt bei 4.000 kWh Haushaltsstrom, 1.000 kWh Warmwasserbereitung und 3.600 kWh Wärmepumpenstrom, in Summe 8.600 kWh. 60% Direktverbrauch, was mit einer Wärmepumpe und einem Puffer kein Problem ist. Blieben bisher also 3.440 kWh Zukauf auf der Stromrechnung.

Damit lag der Primärenergiebedarf bei 3.440 kWh mal PE-Faktor für Netzstrom. Bis dato 2,6 = 8.944 kWh Primärenergiebedarf.

Nun bauen sich die Eigentümer einen 16 kWh großen Akkuspeicher in den Keller, der im Jahr weitere 4.000 kWh Strom verschieben kann. Am Tag also bis zu 16 kWh. Da die WP in der PV-schwächsten Zeit immer noch 20% des Standardwerts produziert, liefert Sie auch dann noch ca. 12 kWh pro Tag. Die Wärmepumpe hat 3 KW Stromaufnahme unter Volllast und bedingt durch die in der PV-Schwächsten Zeit immer noch relativ hohen Außentemperaturen gerade mal 3 Stunden Laufzeit, braucht also 10 kWh am Tag.

Zusätzlich haben die Eigentümer ein rein elektrisches Zweitfahrzeug, welches bidirektional laden und einspeisen kann und weitere 30 kWh Kapazität hat. Jeweils ein Partner ist stets im Home-Office. Sie schaffen es damit tatsächliche Null kWh im Jahr zukaufen zu müssen. Damit haben sie real einen 100% Grad an generativer Energiebereitstellung für Ihr Haus, inklusive Haushaltsstrom und einen Primärenergiebedarf von Null kWh. In einem Haus mit U-Werten, deren Anforderung an die Grenzwerte mittlerweile doppelt so hoch ist. Im nächsten Jahr kommt sogar noch eine Elektrolyseanlage und eine Brennstoffzelle hinzu, um den letzten Rest Unsicherheit bei der Eigenversorgung durch einen Langzeitspeicher zu beseitigen und die elektromobile Reichweite zu erhöhen.

Baut man nun genau das gleiche Haus neu mit den gleichen technischen Gimmicks, dann müsste die Dämmung für viel Geld extrem stärker ausgeführt werden, obwohl längst PE-Wert Null erreicht ist. Entsprechend lassen sich auch ältere Bestandshäuser ohne umfassende Dämmungen deutlich verbessern, wenn man an intelligenteren Stellschrauben dreht:

– Sofortiger Zulassungsstopp von Ölheizungen
– Nicht-Nutzungsabgabe von Flächen, auf denen keine PV installiert wird
– Verbot von Flüssiggas (Autogas / LPG) Heizungen
– Ersatz und Neubau von Gasheizungen, Holzheizungen und Wärmepumpen nur in Verbindung mit PV und Brennstoffzellen
– Heizungstauschpflicht ohne Ausnahmen

Dann, und nur dann, hat man eine politische Grundlage für weitere Planungen auf Basis gesicherter Entwicklungen bei der flächendeckenden Energieerzeugung und Nutzung.

Komplementär dazu ist eine reale Messung an allen Netzknoten unabdingbar.

Die Überwachung und ggf. Steuerung erfolgt nichtmehr in gewaltigen Leitwarten sondern in regionalen Monitoringeinrichtungen, in denen einzelne Verteilnetze und die angeschlossenen Erzeugungskapazitäten verknüpft sind.

Im Prinzip überwacht das Netz sich selbst durch das konstante elektronische Scanning der angeschossenen Leitungen und den direkten Ausgleich in Nanosekunden per Leistungsabgabe oder Aufnahme in die an den Netzknoten angebundenen Speicher. An dieses automatische Scanning werden alle Akkuspeicher verbindlich angeschlossen.

Das Thema staatlich gesteuerte und kontrollierte Energieversorgung ist damit Geschichte. Es macht einer gesellschaftlich ermöglichten sich selbst steuernden und pflegenden Energieversorgung Platz.

Die Bundesnetzagentur bekennt sich zu einem möglichst freizügigen Energiebinnenmarkt innerhalb Europas, der den Wettbewerb stärken soll, um so für alle Verbraucher den Zugang zu möglichst kostengünstiger Energie zu fördern.

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Dieses Bekenntnis hört sich zeitgemäß, vernünftig und sachgerecht an. Es berücksichtigt allerdings nicht die Frage, ob sich die einzelnen Marktsegmente des unter „Energiebinnenmarkt“ pauschal zusammengefassten Konglomerats von Stromerzeugung, Stromspeicherung, Stromtransport, Netzbetrieb auf verschiedenen Spannungsebenen und Messdienstleistung überhaupt für einen echten Wettbewerb eigenen.

Diese Frage vorab zu untersuchen, zu beantworten und politisch zu ordnen ist zwar nicht die Aufgabe der BNetzA, aber: Gerade Institutionen wie die BNetzA sollten besonders sensibel und offen für solche Thematisierungen sein und energisch dafür sorgen, dass solche Themen in der politischen Diskussion sachgerecht räsoniert werden. Vor allem in einer Zeit, in der die Bandbreite politischer Handlungsmöglichkeiten allein auf Grund der Komplexität existierender Regelungen und Strukturen immer enger wird.

Es ist meines Erachtens nach vollkommen widersinnig auf „Markt“ zu bestehen wo Vergleichbarkeit von Qualität nicht möglich ist, da es nur einen Qualitätsstandard gibt:

Frequenz 49,8 Hz – 50,2 Hz, Spannung je nach ebene 240 V, 400 V, 10; 20; 30 KV, 110 KV, 220 KV, 380 KV, etc.; der Netzbetrieb faktisch ein, wenn auch lokal eingegrenztes, Monopol ist, die Messdienstleistung durch das technische Bestimmungsrecht der einzusetzenden Geräte ein Monopol ist und bleibt (tatsächlich freie Auswahl es Messdienstleisters ist nur eine Theorie) und der einzige Bestandteil des Marktes, der Strompreis, über genau ein Kriterium wettbewerbsfähig ist: Eben den Preis.

Betrachtet man die Entwicklung der Strompreise, so zeigen die sich als regelmäßig gestiegen. Strom wird immer teurer. Das zumindest entspricht der landläufigen Wahrnehmung. Tatsächlich jedoch beinhalten die Strompreise für die Mehrheit der Endverbraucher eine Vielzahl von gesetzlich oder staatlich festgelegten Komponenten, die keiner „marktgerechten“ Preisbildung unterliegen:

Hier ein Beispiel für die Stadt Kempten:
Höhe des Arbeitspreises Preis in ct / kWh
– Maximaler Energieeinkaufspreis (Ziff. 4 Preisblatt Strom) 3,500 ct/kWh
– Handlinggebühr (Ziff. 12 Preisblatt Strom) 1,100 ct/kWh

– EEG-Umlage 6,880 ct/kWh
– KWKG-Zuschläge 0,438 ct/kWh
– Konzessionsabgabe 1,590 ct/kWh
– Arbeitspreis Netznutzungsentgelte 6,970 ct/kWh
– § 19 StromNEV-Umlage 0,388 ct/kWh
– Offshore-Haftungsumlage -0,028 ct/kWh
– Abschaltbare-Lasten-Umlage 0,006 ct/kWh
– Stromsteuer 2,050 ct/kWh
– Arbeitspreis netto 22,894 ct/kWh
– zzgl. USt. 4,350 ct/kWh

– Arbeitspreis brutto 27,244 ct/kW

Während die ersten beiden Preisbestandteile dieser komplett transparenten Abrechnung (sogar die „Gewinnmarge“ des Anbieters ist klar erkennbar) einem tatsächlichem Marktgeschehen durch Preiswettbewerb ausgesetzt sind, bestehen die restlichen 83% aus gesetzlich festgelegten, wettbewerblich unveränderlichen Bestandteilen. Ist das tatsächlich Wettbewerb?

Von daher ist sinnvoller Weise einzig die Betrachtung der „Einkaufspreise“, also der tatsächlichen Arbeitspreise, der Preise für die Pure Energie, die physikalische Arbeit, relevant. An der Stelle ist noch mal darauf hinzuweisen: Arbeit und Energie als physikalische Größen sind identisch. Leistung dagegen ist keine Energie. Sie ist die Größe zur exakten, berechenbaren Beschreibung der Fähigkeit, unter exakt definierten, standardisierten Bedingungen, Arbeit zu verrichten, sprich Energie zu liefern.

Betrachten wir die Entwicklung dieses echten Arbeitspreises in den letzten Jahren, hat sich der tatsächliche Strompreis faktisch mehr als halbiert. Während gleichzeitig einige der gelisteten Abgaben deutlich gestiegen sind, andere neu hinzugekommen, aber allen Abgaben gemeinsam ist, dass ein überschaubarer, kleiner Teil der Endverbraucher von dieser Mehrbelastung freigestellt wurde, währen der große Rest von diesem Privileg buchstäblich „ausgenommen“ wird wie die sprichwörtliche Weihnachtsgans.

Der daraus für die kleine Minderheit mit den großen Stromverbräuchen resultierende zusätzliche Ertragsvorteil wurde diesen Privilegierten leider vollständig überlassen, statt wenigstens einen Teil der besseren Einkaufspreise wieder über eine höhere Beteiligung an der EEG-Umlage oder noch besser über eine CO2-Bepreisung wieder einzupreisen.

Das I-Tüpfelchen ist aber die kaltschnäuzige Überlassung gerade der am wenigsten Privilegierten in prekären Lebensverhältnissen: Rentner mit und unter Grundsicherung, Alleinerziehende in Teilzeit und sozial Bedürftige. Einen günstigen Stromvertrag mit den derzeit üblichen Fangprämien bekommt man heute kaum noch ohne positive Schufa Auskunft und Vorlage von Gehaltsabrechnungen. Gerade deshalb finden sich gerade die Schwächsten der Gesellschaft umgehend in der so genannten Grundversorgung, dem teuersten Tarif, dessen Gesamtkosten in den Sätzen der Sozialgesetzgebung ohnehin tiefer liegen als die realen Kosten. Wo bleiben da die Lautsprecher der „sozialen Gerechtigkeit“ in den einschlägigen Parteien?

Dieses gesamte Knäuel an redundanten Regelungen und Vorgaben hat darüber hinaus über den unveränderten Erhalt der Vorteile für die Betreiber faktisch aus dem Volksvermögen verschenkter Kraftwerke die Wirkung, dass die Arbeitspreise für Strom den realen Erzeugungskosten hinterherhinken. Inklusive der eigentlich notwendigen Berücksichtigung des Abbaus von Rohstoffen (was quasi einer „Abschreibung“ auf schwindende Vorräte gleichkäme), sowie der restlichen Folgekosten (Anstieg des CO2, Klimafolgen, Rückbaukosten, Kohlehaldensanierung, Öl- und Gasfeldsanierung, Lagerung von Atommüll,…) hat dies dafür gesorgt, dass diese an der Börse gebildeten Arbeitspreise volkswirtschaftlich gesehen bei weitem nicht kostendeckend sind. Diese gesamte, auf ihre Wirtschaftskraft und ihr „Wachstum“ so stolze Gesellschaft lebt komplett auf einen Wechsel, den die nächsten Generationen bedienen müssen.

Und dennoch weigern sich BNetzA, Mainstream der damit befassten „Fachpolitiker“ und Stakeholder der „Energieunternehmen“ angesichts der erwartbaren Entwicklungen (Stilllegung und Rückbau aller Atom-, Öl, Kohle und der meisten Gaskraftwerke) wenigstens in den eigenen, wie gezeigt selbst als stichhaltig bezweifelten, Szenarien ein alternatives, weitgehend dezentrales (oder auch Szenario lastnaher Erzeugung genanntes) Szenario auch nur in Erwägung zu ziehen.

Mein einziger gebliebener Gedanke dazu ist, dass es Zeit wird, die gesamte derzeit die Energiepolitik beherrschende Elite (Politik, EVU, ÜBN, BNetzA, „Experten“ über 60 Jahre), samt der bisherigen Paradigmen komplett und unwiderruflich auszuwechseln. Die aktuelle Situation gleicht einem Versuch, mit der Mannschaft des Jahres 1990 aus der Bundesrepublik nächstes Jahr in Russland Weltmeister zu werden.

Zu den Kosten des Strombezugs aus dem Netz gehört auch die „Grundgebühr“, die im Wesentlichen nur die Bereitstellung des Zählers und die Ablesung umfasst.

Markttechnisch hat sie zudem die Funktion, den Zugang zum Kunden via Netzbetreiber für die ehemaligen Liefermonopole zu erhalten. Die mit dem „Unbundling“ vollzogenen körperschaftsrechtliche Trennung von Netzbetrieb, Messdienstleistung und Stromhandel hat sich noch längst nicht in einer wettbewerblichen Neutralität dieser neu entstanden Unternehmen zu Gunsten der Verbraucher niedergeschlagen. Der einzige Erfolg war bislang das zum Teil drastische Sinken der „Grundgebühren“ für Zählerbereitstellung und Messdienstleistung. Diese haben sich inzwischen bei ca. 10 Euro pro Monat eingestellt.

Was allerdings noch immer fehlt: Die freie Auswahl des eingebauten Zählers und das Recht der Anschlussinhaber, diesen selbst zu beschaffen und durch einen Elektriker ihrer Wahl einbauen zu lassen.

Stattdessen entstehen schon wieder Phantasien wirtschaftlicher Großreiche und champagnerlaunige Träume hoher Renditen bei technischen Monopolisten, die auf die Netzbetreiber entsprechend Einfluss nehmen. Die seit Jahren angekündigte, gesetzlich verpflichtende flächendeckende Implementierung so genannter „Smart Meter“ und deren umfassender Roll-Out wird schon vorab an eine Handvoll ausgewählte Hersteller verteilt, indem die Netzbetreiber sich eben für einen Anbieter entscheiden und dessen Technik als einzige zum Stand der Technik küren, der in “Ihrem“ Netz zu verwenden ist. Einem Netz, das ihnen eben nicht gehört.

Gleiches gilt übrigens auch für das Erdgasnetz. Diese äußerst handlichen und bequemen Geschäftsmodelle sind der Grund für die europaweit zu sehenden Bemühungen einiger Großkonzerne, sich die Wasserversorgungen als politisch-faktische Monopole zu sichern.

Dem genehmigten Szenariorahmen liegen angemessene Annahmen zur Austauschkapazität mit anderen Ländern unter Berücksichtigung geplanter Investitionsvorhaben der europäischen Netzinfrastruktur zu Grunde. Für die im Szenariorahmen zu treffenden Annahmen zum Stromaustausch mit anderen Ländern sind dabei der Verbrauch und die installierte regenerative und konventionelle Erzeugungsleistung im europäischen Ausland, aber nicht die tatsächlich geflossene Energie entscheidend.

S. 151

Abgesehen davon, dass die Größenordnungen nicht sehr bedeutend und gemessen am Anspruch eines „europäischen Energie-Binnenmarkts“ geradezu lächerlich sind: Warum?
Um mit Aussicht auf Ernsthaftigkeit von so einem Markt zu sprechen, sollte die Summe der Austauschkapazität mit den Nachbarländern gleich der gemessenen Lastabfrage in der BRD sein: Also derzeit mindestens 84 GW, selbst wenn die momentan eher geschätzt als gemessen sind.

Amüsant: Die „im europäischen Ausland installierte regenerative und konventionelle Erzeugungsleistung“ soll dabei entscheidend sein. Während die heimische „Re-generative“ Leistung gar nicht (PV), oder nur zu einem Bruchteil (Wind, Wasserkraft) berücksichtigt wird. Zudem werden erneut auch hier Leistung und Arbeit munter durcheinandergeworfen.

Während die tatsächlich geflossene Energie, zentraler Bestandteil eines jeden sinnvollen Energiemanagements in Industrie, Gewerbe, Handel, Dienstleistung und Gebäudebewirtschaftung die zentrale Größe bei der Berechnung der Wirtschaftlichkeit ist.

Diese Leistungsbesoffenheit (auch bei Autoschraubern werden PS und PS verglichen) zieht sich wie eine roter Faden durch nahezu alle Strukturen und entfaltet weiterhin seine verwirrende und verschleiernde Wirkung. Leistung ist nur wichtig um Maschinen, Anlagen und Leitungen passend für den zu erwartenden Extremfall auszulegen, aber keine Führungsgröße für eine logistische Planung. Deren relevante Größe sind die Stoffströme. Im Fall der Energie eben die Menge an Energie, die Arbeit.

Dieses Faktum lässt sich übrigens 1:1 auf die Gesellschaft übertragen. Das nur nebenbei bemerkt.


NTC [MW] AT BE CH CZ DK-O DK-W FR LU NL NO PL SE Σ
2030 nach DE 7.500 2.000 5.700 2.600 1.000 3.000 4.800 2.300 5.000 1.400 3.000 1.315 39.615
von DE 7.500 2.000 4.300 2.000 1.000 3.000 4.800 2.300 5.000 1.400 2.000 1.315 36.615
2035 nach DE 7.500 2.000 6.400 2.600 1.600 3.000 4.800 2.300 6.000 1.400 3.000 2.000 42.600
von DE 7.500 2.000 5.986 2.000 1.600 3.000 4.800 2.300 6.000 1.400 2.000 2.015 40.601

Tabelle 31: Handelskapazitäten zwischen Deutschland und den Anrainerstaaten

S. 153

Wie im Entwurf der Übertragungsnetzbetreiber dargestellt, gibt es derzeit noch eine gemeinsame Preiszone mit Österreich sowie mit Luxemburg, so dass hier noch keine Handelskapazitäten im eigentlichen Sinne existieren. Sowohl für die Marktmodellierung, die aus mathematischen Gründen nicht mit einer beliebig hohen Transportkapazität rechnen kann, als auch zur Ermittlung eines realistischen Netzausbaus ist es notwendig, im Marktmodell eine Beschränkung der Übertragungskapazität von und nach Österreich sowie von und nach Luxemburg einzuführen. Ansonsten könnten modellbedingte extreme Handelsflüsse zu einem stark überdimensionierten Netzausbaubedarf führen.

Allein die Andeutung der Auflösung dieser Preiszone ist eine klare Absage an den propagierten „europäischen Energie-Binnenmarkt“. Ein solcher braucht im Übrigen auch keine einheitlich agierenden Großstrukturen, die nur den Verwaltungsaufwand erhöhen und hoch dotierte Posten für die politisch gesteuerte Anschlussverwendung aussortierter Funktionäre schaffen, die keiner braucht. Sondern es braucht lediglich vernunftbasiert und von Partikularinteressen und Subventionen freigestellt ermittelte und gesetzlich geregelte Bedingungen für Erzeugung, Speicherung, Transport und Handel.

Die Bundesnetzagentur geht derzeit davon aus, dass bis 2018/2019 ein Engpassmanagementverfahren an der deutsch-österreichischen Grenze etabliert werden könnte. Die Einführung eines Engpassmanagementverfahrens wurde durch die Bundesnetzagentur bereits im Bericht zur Feststellung des Bedarfs an Netzreserve für den Winter 2016/2017 sowie das Jahr 2018/2019 vom 19.04.2016 diskutiert. Der von den Übertragungsnetzbetreibern angenommene Wert von 7,5 GW für das Jahr 2030 sowie für 2035 stimmt mit den Referenzkapazitäten des TYNDP 2016 überein und ist angemessen. Damit wird die heutige Größe der Kuppelkapazitäten und weitere Ausbauvorhaben ausreichend berücksichtigt. Folglich ist sichergestellt, dass aufgrund unrealistisch hoher Werte kein zu starker Stromexport nach Österreich netzdimensionierend ist und der zukünftige Handel nicht zu stark im Vergleich zum heute tatsächlich stattfindenden Handel eingeschränkt wird.

Die 2,3 GW nach Luxemburg entsprechen der heutigen Übertragungskapazität. Der TYNDP sieht darüber hinaus keine weiteren Ausbauvorhaben nach Luxemburg vor.

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2.6 Berücksichtigung der 10 H Regelung für die Regionalisierung Wind Onshore

Die Bundesnetzagentur revidiert ferner im Rahmen der Regionalisierung von Wind Onshore ihre Ansicht, dass die 10 H Reglung in Bayern gegenwärtig keine Rolle spielt (siehe Szenariorahmen 2025, Entscheidung vom 19.12.2014, S. 123 f.).

Bei der 10 H Regelung handelt es sich um die Einführung eines Mindestabstandes von Windenergieanlagen zur Wohnbebauung, nach der Windenergieanlagen nur dann privilegiert im Außenbereich zulässig sind, wenn sie einen Mindestabstand vom Zehnfachen ihrer Höhe (auf Nabenhöhe) zu Wohngebäuden einhalten. Das Baugesetzbuch (BauGB) eröffnet den Bundesländern über eine Länderöffnungsklausel die Möglichkeit, solch höhenbezogene Mindestabstände für Windenergieanlagen einzuführen. Dabei hat Bayern als einziges Bundesland von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, indem Art. 82 der Bayrischen Bauordnung (BayBO) um eine solche 10 H Regelung ergänzt wurde. Eine Unterschreitung dieses gesetzlichen Mindestabstandes ist nur möglich, wenn für den Windpark ein Bebauungsplan besteht, der geringere Abstände festsetzt.
Diese Neuregelung in Bayern führt zu einer „Entprivilegierung“ von Windenergieanlagen im Außenbereich, soweit diese den geforderten Mindestabstand der zehnfachen Gesamthöhe zur nächstgelegenen Wohnbebauung nicht einhalten. Solche Anlagen sind nun im Außenbereich aufgrund des geänderten Art. 82 BayBO grundsätzlich nicht mehr genehmigungsfähig. Allerdings können Vorhaben mit einem geringeren Abstand immer noch umgesetzt werden, wobei allerdings zwingend ein Bebauungsplan aufgestellt werden muss. Die Bundesnetzagentur ist ihrer Ankündigung in der Genehmigung des letzten Szenariorahmens 2025 nachgekommen, die weitere Entwicklung zu beobachten. Sie ist zu dem Ergebnis gelangt, dass sich eine eindeutige Tendenz der Abnahme von Genehmigungen und Errichtungen von Windenergieanlagen auch aufgrund der 10 H Regelung ableiten lässt.

Die Bundesnetzagentur bestätigt damit die kritischen Vorhersagen der Stakeholder im Bereich der Windenergie in Bayern. Zwar müssen auch die Interessen privater Stakeholder stets hinter den allgemeinen Interessen der Menschen zurückstehen, aber dennoch stellt die BNetzA damit klar, dass die 10-H-Regelung gegen das Primärziel des EEG wirkt. So massiv, dass der gewünschte Zubau rein generativer Stromerzeugung im Bereich Wind in Bayern auf Null gefallen ist.

Ungeachtet der Frage, in wie weit und wo Windenergie in Bayern überhaupt sinnvoll ist, ja, ob Windenergie auf lange Sicht gesehen überhaupt sinnvoll, notwendig und wünschenswert ist, sollte jedoch das Bundesverfassungsgericht die Vereinbarkeit dieser 10-H-Regelung mit dem Grundgesetz prüfen.

Soweit es Horst Seehofer, den König der Obergrenzen betrifft, halte ich Obergrenzen für Politiker für einen ebenso erwägenswerten Ansatz:

– Körpergröße von maximal 1,85 Meter, um die Entwicklung von Überlegenheitssyndromen zu vermeiden
– Altersgrenze von maximal 60 Jahren für Mandate und Ämter
– Begrenzung der Verweildauer in Parlamenten auf zwei Legislaturperioden plus Bruchteile im Fall eines Nachrückers oder vorgezogener Neuwahlen.
– Maximal ein Familienmitglied in politischen Funktionen
– Keine Erbmandate und Dynastien

Die schleichende Refeudalisierung und dynastische Restrukturierung der Gesellschaft sollte wenigstens in den politischen Institutionen unterbunden werden. Ein Kastenwesen passt nicht in unsere Gesellschaft.

Wenn der vollständige Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung bis zum 04.02.2015 vorgelegt wurde, waren die entsprechenden Windenergieanlagen von der 10 H Regelung, die am 21.11.2014 in Kraft getreten ist, noch nicht betroffen. Entsprechend der veröffentlichten Daten des Anlagenregisters bei der Bundesnetzagentur wurden seit dem 21.11.2014 bis zum 30.12.2015 in Bayern 73 Windenergieanlagen mit einer Leistung von 200 MW genehmigt. Diese sinkende Tendenz des Windenergieausbaus in Bayern korrespondiert auch mit den Angaben des Branchenverbandes BWE Bayern, nach dem im Jahr 2013 noch 201 Genehmigungen, im Jahr 2014 noch 187 Genehmigungen und im Jahr 2015 noch 65 Genehmigungen erteilt wurden, von denen 26 Genehmigungen auf Basis der 10 H Regelung erteilt wurden. Zudem ergab eine Nachfrage des BWE Bayern bei betroffenen Windgutachtern das Ergebnis, dass 2015 in Bayern kein einziges neues Windkraftprojekt angefragt wurde. Ferner hat der bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 09.05.2016 die Bayerische 10 H Regelung für verfassungsgemäß erklärt.

Folglich ist die Berücksichtigung der 10 H Regelung im Regionalisierungsmodell erforderlich. Das bedeutet, dass für Bayern von vorherein Ausschlussflächen – je nach Höhe der angenommenen Windenergieanlage – zwischen 96 % (150 Meter hohe Windenergieanlagen) und 98,3 % (200 Meter Windenergieanlagen) anzunehmen sind (vgl. dazu den bayerischen Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 09.05.2016, der sich auf eine Untersuchung für Bayern des Bundesinstituts für Bau-, Stadt-und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung beruft). Dabei spielt es keine Rolle, dass sich in diesen Ausschlussgebieten gegebenenfalls trotzdem Windenergieanlagen (z. B. durch kommunale Bauleitplanung oder Besitzschutzregelungen) realisieren lassen. Denn dieser Effekt wird durch eine Feststellung des bayerischen Verfassungsgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 09.05.2016 mehr als überkompensiert: Das Gericht ist nämlich der Ansicht, dass sich die verbleibenden 10 H „Bruttoflächen“ erheblich verringern, wenn von ihnen diejenigen Bereiche abgezogen werden, die aus anderen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen als der 10 H Regelung nicht zugelassen bzw. sinnvoll betrieben werden können.

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Da die BNetzA an anderer Stelle klar Position für oder gegen bestimmte Technologien, deren Zubau oder Abbau, alternative Berechnungen und Methoden bezieht, ist es weder verständlich noch hinnehmbar, dass sie dies unter Hinweis auf die Ziele des EEG in dieser Frage nicht tut, sondern die gegensätzlichen Wirkungen solcher Gesetze gegen die Ziele des EEG nonchalant hinnimmt, ja nicht einmal in einem der Szenarien den Fall der Hinfälligkeit der 10-Horst-Regelung einbezieht.

Das mindeste wäre eine Untersuchung des verloren gegangen Erzeugungspotentials hinsichtlich des weniger verfügbaren rein generativen Stroms und die Forderung nach Ausgleichsmaßnahmen, wie: Zusätzliche PV-Anlagen auf versiegelten Flächen (Überbauung von Bahnlinien und Autobahnen, Parkplätzen, Industrieanalgen etc.)

3. Regionale Zuordnung des Stromverbrauchs
Im Entwurf des Szenariorahmens 2030 stellen die Übertragungsnetzbetreiber eine neue und aus ihrer Sicht verbesserte Regionalisierungsmethodik des Stromverbrauchs vor. Im Szenariorahmen besteht die gesetzliche Pflicht, die Mantelzahlen für den Nettostromverbrauch des Zieljahres und dessen Jahreshöchstlast festzugelegt. Der Stromverbrauch muss für die anschließende Marktmodellierung zeitlich auf 8760 Stunden des Jahres aufgelöst sowie regional den Netzverknüpfungspunkten zugewiesen werden. Die Regionalisierung ist im Netzentwicklungsprozess somit zwischen dem Szenariorahmen und der Marktmodellierung einzuordnen. Die Übertragungsnetzbetreiber haben die neue Methodik der Regionalisierung des Stromverbrauchs bereits im Entwurf des Szenariorahmens 2030 vorgestellt, um der Öffentlichkeit die Möglichkeit zur Stellungnahme zur neuen Methodik einzuräumen und um bei der Ermittlung bestimmter Eingangsparameter die Öffentlichkeit mit einzubeziehen.

S. 166

Ein Schritt in die richtige Richtung. Diese Methodik gilt es weiter herunterzubrechen und durch reale RLM-Messung an allen Netzknoten und Einspeisepunkten zu ergänzen.

3.1 Bisheriges Vorgehen im Szenariorahmen
Bisher wurde der Stromverbrauch von den Übertragungsnetzbetreibern ausgehend von historischen regionalen Lastprofilen der Übertragungsnetzbetreiber regionalisiert. Dabei wurden die den Übertragungsnetzbetreibern bekannten historischen regionalen Lastprofile entsprechend der im Szenariorahmen angenommenen Entwicklung des nationalen Stromverbrauchs skaliert. Dadurch entwickelte sich der Stromverbrauch bis zum Zieljahr in dem gleichen Verhältnis wie der nationale Stromverbrauch. Es wurde lediglich die Höhe des regionalen Stromverbrauchs und nicht dessen zeitlicher Verlauf angepasst. Diesem Vorgehen lag noch die Annahme zu Grunde, dass neue Stromanwendungen im Zieljahr 2025 keinen signifikanten Einfluss auf den Verlauf des Stromverlaufs haben werden. Auf Grund des um fünf Jahre fortgeschrittenen Untersuchungszeitpunkts schlagen die Übertragungsnetzbetreiber im Szenariorahmen 2030 erstmalig eine Regionalisierungsmethode vor, bei der neue Stromanwendungen die Höhe und den Verlauf der regionalen Stromnachfrage beeinflussen.

S. 166

Positiv. Sehr positiv. Weiterentwickeln.

3.2 Erörterung der Konsultationsergebnisse zur Regionalisierung des Stromverbrauchs
Die Bundesnetzagentur stellt fest, dass die von den Übertragungsnetzbetreibern vorgeschlagene Methode zur Regionalisierung des Stromverbrauchs grundsätzlich eine angemessene Herangehensweise für die durch die Übertragungsnetzbetreiber durchzuführende Marktmodellierung zur Ermittlung des Transportbedarfs darstellt.

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Eine angemessenere als bisher, aber noch lange nicht die richtige. Die weitere Fortentwicklung bedingt allerdings die Beendigung der Beauftragung der ÜBN für die Marktmodellierung, da diese aus eigenem Interesse in jedem Fall nur eine diesen Interessen konforme Modellierung vornehmen können. Sonst würden sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sich selbst überflüssig machen. Das ist den Stakeholdern ziemlich sicher durchaus klar.

Meine Vorhersage ist, dass genau dieser Fall ohnehin eintreten wird. Die Fragen lauten: Wie schnell? Und wie sinnvoll ist es diesen unabänderlichen Wandel demokratiegerecht, offen und transparent zu gestalten?

Denn wir können eine „marktgerechte Demokratie“ keineswegs brauchen oder gar hinnehmen. Eine derartige Denkweise und Haltung entspricht den staatsautoritären, konservativen-hierarchischen Staatsvorstellungen der DDR, des Sozialismus, der Sozialdemokratie, der Union, der willkür-freiheitlichen Beliebigkeits-FDP, der nationalromantisierenden Pflaumenpartei AfD, der dogmatischen Zwangsbeglückungs-GRÜNEN und LINKEN, kurz leider allen derzeit vorrätigen Anbietern politischer Gestaltung.

Die Milderung der mit diesem fatalen Haltungs- Meinungs- und Glaubenskartell verbundenen Folgen lässt als Möglichkeit eigentlich nur eine konsequente Dezentralisierung jeglicher Entscheidungsgewalt und Umsetzungsverantwortung unter europaweit einheitlicher technischer Normierung, Definitionen und klarer Zielsetzung übrig. Wobei die zentralen Ebenen keinerlei Detailregelungszuständigkeit haben dürfen, sondern lediglich Überprüfung und Einflussnahme zum Zweck der Einhaltung vereinbarter Ziele und Grundsätze haben dürfen. Da ansonsten die zentralen Ebenen wieder der Einflussnahme durch wirkungsmächtige Partikularinteressen ausgesetzt sind.

Beispiel: Die EU sorgt für Standards wie gleiche Steckdosen und Stecker, Stromstärken, Spannung, Kraftstoffqualität, zu verwendende technische und physikalische Einheiten, Richt- und Referenzpreise für Strom, Milch, etc. einheitliche Besteuerung in allen Mitgliedsländern, technische Zulassungsnormen, CO2-Preise, Regeln der Gesetzgebung, Standards für Demokratie, Verwaltung, Wahlen, Bildungsabschlüsse, Mindestlohn, einheitlichen und austauschbare Sozialversicherung, Lebensmittelstandards durch Positivlisten für Zutaten wie das Reinheitsgebot für Bier, usw.

Detaillierte Verordnungen für die Herstellung von Karamellbonbons braucht es nicht. Von der EU geforderte Dokumentationspflichten haben die EU-Behörden zu finanzieren, nicht die Erzeuger.

Die Entwicklung einer Regionalisierung des Stromverbrauchs unter Berücksichtigung der Vielzahl von Einflussfaktoren trägt letztlich der aktuellen Entwicklung auf dem Strommarkt Rechnung, auf dem sich derzeit viele neue Technologien etablieren, die bis 2030 das Verbrauchsverhalten regional unterschiedlich beeinflussen werden.

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Gut erkannt, was lange vorgetragen wurde. Genau deshalb ist ein für ständigen Input offener, dezentral angelegter Bottom-Up Ansatz so viel geeigneter, nutzbringender und wertvoller, als die gesamten Sandkastenspiele irgendwelcher ökonomisch brennend interessierter Rendite-Junkies, Stakeholder und einer Behörde mit klar eigegrenztem Auftrag, der gar nicht anders darf, als ausgerechnet ein paar Wiederkäuer zu fragen, was im Garten angebaut werden soll. Der wichtigste und maßgebliche Stakeholder sind die Bürger, die die Bezahlung all dieser feuchten Träume erwirtschaften dürfen.

Bei Ihnen endet die Erzeugung von Strom durch Verbrauch und bei Ihnen entsteht mehr und mehr auch die Erzeugung von Strom. Bei Ihnen liegt letztlich die Verantwortung, denn sie bezahlen die Rechnung. Oder Ihre Kinder, Enkel, Urenkel. Denen wir momentan nicht mehr sehr viel übriglassen.

Die Bundesnetzagentur erwartet, dass die Konsistenz zwischen dem summierten regionalen Stromverbrauch und dem nationalen Stromverbrauch zu jeder Stunde des Zieljahres gegeben ist. Dabei haben die Übertragungsnetzbetreiber die Vorgaben der Bundesnetzagentur im Kapitel II B 4.1 zu beachten, in denen der Nettostromverbrauch für die Szenarien festgelegt wird. Weiterhin ist auch die in Kapitel II B 4.2 festgelegte Jahreshöchstlast in jedem Szenario einzuhalten.

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Die BNetzA sollte sich rein informativ einmal mit einer modernen Heizung für ein großes Gebäude befassen und sehen wie dort das gekonnte, von fähigen Energiemanagern konzeptionierte Zusammenspiel von Erzeugung, Transport und Speicherung höchst effiziente Systeme bietet und diese Denkprinzipien konsequent analog auf das Stromnetz übertragen. Es geht hier wie dort um eben das genau gleiche Prinzip. Die notwendige Technologie ist mittlerweile vorhanden und wird stetig besser und günstiger. Schluss mit Planungen im Mega-Maßstab und mit Annahmen auf Basis politischer Realitäten lange vor dem Fall des Eisernen Vorhangs. Kein Netz der Natur hat eine Schaltzentrale, lediglich bestimmte, wichtige Funktionen sind zentralisiert. Zeit für eine zeitgemäße, demokratiegerechte Fortentwicklung unserer Energiebereitstellung.

Das letzte und letztlich endgültig schlagende Argument ist das der Verschreibung von Rentabilität des Ertrags vom Arbeitnehmer, was nichts anderes als die Verschiebung der Früchte von Arbeit = Energie vom Arbeitenden zum Investierenden (=Bereitstellung von Leistung gegen gesicherte Rendite OHNE Verrichtung von Arbeit) bedeutet.

Oder wie Thomas Piketty es formuliert: Mittel zu investieren ist rentabler als zu arbeiten. Arbeiten lohnt sich nicht. Und das darf nicht länger der Fall sein.

Das Ergebnis mündet darin, dass sich alle Strukturen auflösen und zusammenfallen, wie ein schlecht gemachtes Soufflé, da es sich zunehmend weniger Menschen leisten können die Renditen der wenigen Stakeholder zu erwirtschaften. Dem fettesten Investmentbanker nützt seine Investition nichts mehr, wenn immer weniger Nutzer mehr das Produkt bezahlen.

Deshalb ist es Zeit für den Paradigmenwechsel. Deshalb ist es Zeit für die Funktionsbeschreibung einer dezentralen Energieversorgung.

Der alternative Szenariorahmen geht also aus von so viel dezentraler Erzeugung wie möglich. Zielsetzungen sind:

– die Vollbelegung aller Wohn- und Gewerbegebäude mit Photovoltaik
– die Belegung möglichst aller sowieso versiegelten Flächen mit Photovoltaik
– Abschätzung der dadurch möglichen Menge erzeugbarer elektrischer Energie
– Ergänzung des dann immer noch bestehenden Bedarfs durch Wasserkraft und anschließend Windkraft,
– Schaffung dezentraler Speicherkapazität an allen Einspeisepunkten der Erzeugung, an allen Netzknoten und an allen Verbrauchspunkten
– Kappung und Glättung aller Lastspitzen im Netz
– Komplette Erdverkabelung aller Leitungen
– Verknüpfung der Endpunkte aller Verteilnetzstränge mit benachbarten Verteilnetzen

Die Mittel der Wahl sind

– Systemdienliche Entwicklung des Wärmemarkts durch Beendigung der technischen Zulassung neuer Ölheizungen, Flüssiggasheizungen oder anderer Heizungen basierend auf nicht erneuerbaren Brennstoffen. Einschließlich Reparatur oder Austausch, ausnahmslose Begrenzung der Laufzeit bestehender Anlagen auf das Jahr 2030. Ausnahme Erdgas.
– Schaffung von Erzeugungsanlagen für synthetisches Methan
– Vereinfachte Förderung von Brennstoffzellen in Gebäuden
– Bepreisung von CO2 (ausnahmslos aller Energieträger und Produkte – nach Carbon Footprint – aus Ländern ohne CO2-Bepreisung) mit 1,2 ct / 100g * CO2-Faktor, jährlich um 1,2 ct zu steigern, bis eine Sättigung der Märkte und kostendeckendes Recycling von CO2 erkennbar wird.
– Beendigung der technischen Zulassung für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren, mit Ausnahme von Erdgas
– Förderprogramm LNG / CNG Tankstellen
– Beendigung des EEG 2022, spätestens bei Erreichen der aktuellen Zubaugrenzen für Wind und PV (Bestand bleibt Bestand)
– Aufbau einer dezentral wachsenden (genau wie einst die Stromnutzung) Speicherstruktur bei Stromverbrauchern, an allen Netzknoten und Stromerzeugern
– Beendigung und Abbau zielsetzungswidriger Subventionen, Privilegien und Beihilfen
– Schaffung eine kompletten, digital simultan verknüpften Messtechnik an allen Entnahmestelle, Eispeisepunkten und Netzknoten
– Kommunalisierung aller Verteilnetze
– Genossenschaftliche Restrukturierung aller Übertragungsnetze mit der Möglichkeit der direkten Bürgerbeteiligung, um dem quasi-monopolistischen Charakter eine direkte Einflussnahme der Endverbraucher gegenüberzustellen. Alternativ deren unabhängige politische Kontrolle (nicht durch Parteimitglieder, sondern regional / lokal gewählte Gremien ohne Vorschlagsrecht irgendwelcher politischer Parteien)
– Simultane Darstellung und Abrufbarkeit aller Netzvorgänge online
– Absenkung aller aus dem EEG bezahlten Vergütungen für alle anderen EE-Generatoren auf höchstens das Niveau der Einspeisevergütung für kleine PV-Anlagen

Die künftige Strategie für das politische Monitoring und die möglicherweise notwendigen Veränderungen einzelner Parameter muss endlich dort ansetzen, wo die bestellte Musik letztlich bezahlt und die Kosten erwirtschaftet werden: Bei den Endverbrauchern.

Es ist zwar nett – und erscheint vordergründig vorteilhaft – wenn die Wettbewerbsfähigkeit einer exportorientierten Wirtschaft durch die massive Minimierung der Energiepreise über ein hochkomplexes System verschiedenster Steuern, Umlagen und Abgaben stetig verstärkt wird, doch letztlich geht das zu Lasten der Endverbraucher, erhöht den Druck auf das Lohnniveau und verteuert stetig die Lebenshaltung all derer, die vom rational messbaren Wirtschaftswachstum abgekoppelt werden: Sozialhilfeempfänger, Arbeitslose, Alleinerziehende, Geringverdiener, Teilzeitbeschäftigte, Bezieher kleiner und mittlerer Renten, usw.

Die Erhöhung von Renten oder Sozialleistungen erfolgt stets entweder in homöopathischen Dosierungen: Z. B. 5 Euro bei Hartz 4 oder lediglich in marginalen Prozentschritten bei Rentnern, bei denen es dann eben auch eine Handvoll Euro pro Monat mehr sind. Die Erhöhung von Einkaufspreisen für Grundbedürfnisse aber trifft jeden in gleicher Höhe, wenn man die absoluten Zahlen betrachtet.
Steigt der Butterpreis von 0,89 €/ 250 g auf 1,79 €, trifft das den Hartz-IV-Empfänger und den Rentner auf Grundsicherung in gleicher Höhe wie den Pensionisten der mittleren Laufbahn oder gut gestellten Rentner. Letztere haben aber bei jeder Erhöhung 40 € oder 50 € mehr pro Monat zur Verfügung, erstere 5 €. Dazu kommt, Dass die unteren Einkommensbezieher meist die mit der schlechten Bonität sind und dann in den „Genuss“ der Grundversorgung fallen.

Die schleichende Verarmung arbeitet von zwei Seiten aus. Kapiert nur keine der aktuellen politischen Parteien.

Deshalb fordere ich, dass die Erstellung der Szenarien umgehend als nach oben offene Zielvereinbarung (EE-Anteil 100%, theoretische Gesamtleistung EE, gestaltet wird.

Ich fordere, dass weder eine verbindliche Obergrenze für rein generative Erzeugung von Strom, noch ein verbindlich zu erreichendes es Ausbauszenario für Hoch- und Höchstspannungsleitungen oder „Stromautobahnen“ enthält.

Ich fordere, dass es keinerlei Bestandgarantie für degenerative Erzeugung mehr gibt, sondern ein geregeltes und flexibel beschleunigbares Abbauszenario für Öl-, Kohle-, und Erdgaskraftwerke aufgestellt wird, dessen Ziel die Abschaltung des letzten degenerativen Kraftwerks im Jahr 2040 ist.

Ich fordere den sofortigen Start der Implementierung von Messeinrichtungen an allen Erzeugungsstellen, Abnahmestellen, Netzknoten, Umspannwerken und Trafostationen.

Komplementär dazu die Schaffung simultaner, additiver Datenerfassung und frei online einsehbare Lastgänge und Messdaten in anonymisierter Form für jeden, den es interessiert.

Ich fordere daraus vermittels der Echtzeitdaten ein sich kontinuierlich entwickelndes Szenario beständig fortzuschreiben und den Ausbau über vorläufige Prognosen weiterzuentwickeln.

Ich fordere die wirtschaftliche Gleichstellung der Rentabilität elektrochemischer Speicher und vergleichbaren Analgen mit den derzeit bevorzugten Übertragungs- und Verteilnetzen.

Ich fordere den Ausbau der Verteilnetze durch Verstärkung der Leistungen auf min. 25 KW pro Haushalt, enbts0rechend größer für Gewerbe und Industrie, flächendeckende Erdverlegung im Leerohrsystem bis zum letzten Einödbauernhof samt bei dieser Gelegenheit erfolgender Verlegung von Glasfaserkabeln parallel mit den neuen Stromleitungen.

Ich fordere die Erneuerungs- und aller Übertragungsnetzleitungen auf Basis von Erdverlegung ausschließlich im Bereich von Bundesfernstraßen und Bahnlinien

Ich fordere die vollständige Elektrifizierung aller Bahnstrecken und die perspektivische Umrüstung der Oberleitungen auf eine der europäischen Stromnormen, z. B. 30 KV / 500 A, um die beiden Stromnetze kompatibel zu machen.

Ich fordere den strategischen Austausch aller in Europa genutzten Güterwaggons gegen neue Modelle mit elektrischem Radnabenantrieb, Batteriespeichern, Rekuperation der Bremsenergie und „Last-Mile-Steuereinrichtung“.

Ich fordere die Umstrukturierung und verkehrlich weitgehende Abtrennung aller Regionalbahnstrecken auf ein Straßenbahnsystem. Die Städte mit Straßenbahnen können dann selbst entscheiden, ob sie ihre Strecken auf Normalspur umrüsten und mit dem neuen System verknüpfen.

Ich fordere die Verknüpfung aller Verteilnetzendpunkte mit benachbarten Verteilnetzendpunkten via Stromspeicher.

Ich fordere die Implementierung einer verbindlichen CO2-Bepreisung, vor allem unabdingbar im Rahmen internationaler Handelsverträge, die strategisch wächst und andere Abgaben ersetzt.

Ich fordere schließlich die sofortige Rücknahme der Eigenstrom-Umlage im EEG und deren Streichung für Mieterstrom.

Ich fordere die Vereinfachung der Mieterstromregelung auf Freistellung jeglichen erzeugten generativen Stroms, der nicht durch ein Netz gleitet wird. Egal ob der Generator auf dem Dach, einer Wiese, über einem Parkplatz, einer Garage

Ich fordere die Einsetzung tatsächlich unabhängiger Gremien für die fachliche und politische Begleitung des Netzausbaus, den Umbau der Mobilität, den Umbau der Wärme- und Kältebereitstellung. Die Mitglieder sollen lokal und regional gewählt werden und aus ihren Kreisen dann jeweils weitere Mitglieder der Gremien für die nächst zentralere Ebene bestimmen.

Nur auf diesem weg können wir als Bundesrepublik die selbst gesteckten und vollmundig in internationalen Abkommen unterzeichneten Ziele erreichen.

Nur auf diesem Weg können wir tatsächlich Leitmarkt in einigen der inzwischen verlorenen Felder werden. In Feldern, die Zukunft haben, statt auf eine immer absurdere Fortentwicklung von Technologien zu setzen, die in eine Sackgasse geführt haben.

Die Skandale in und um die Automobilindustrie zeigen in aller Deutlichkeit, dass die Konzepte „Selbstverantwortung“, und „Freiwilligkeit“, die ein Horst Seehofer (und andere) nicht müde wird wie magische Mantras und Zauberformeln angeblicher Liberalität zu bemühen, in der Realität nicht funktionieren., sondern – ganz der faktischen Menschlichkeit der Akteure geschuldet -, diese Skandale zeigen uns, dass ein bestimmtes Maß an Verbindlichkeit nur durch tatsächliche und vor allem unabhängige, unerwartete Kontrolle gesichert werden kann.

Ganz im Sinne seines Parteikollegen Joachim Herrmann, der ganz in Gegensatz zu dieser Beliebigkeit und Verlogenheit in Sachen Liberalität, am liebsten jeden einzelnen Bewohner komplett und vollständig bei allen Aktivitäten oder GPS und Videokamera überwachen würde, um so genannte Sicherheit zu garantieren.

Regelmäßige Blitzermarathons statt technischer Tempobegrenzung, Gurtkontrolle und Helmpflicht statt Eigenverantwortung, verstärkte Personenkontrolle, Schleierfahndung und Rasterfahndung hier, sich aber komplett aus der Verantwortung verabschieden dort.

Den Bürger bis auf die Toilette verfolgen und simultan Blutdruck, Herzrhythmus und Zusammensetzung der Exkremente online verfolgen, aber selber alle Augen zudrücken, wenn es um die Interessen großzügiger Parteispender geht.

Es ist schlicht klüger, das alles klar und deutlich zu verändern, statt weiterhin alten Gewohnheiten anzuhängen, nur weil es bequemer und weniger disruptiv ist. Schlicht, weil sich sonst immer mehr unkontrollierbares Veränderungspotential anhäuft. Nicht bei den Menschen selbst, die wollen nur sicher, bequem und in Ruhe leben. Aber systemimmanent. Siehe Immobilienblase, Sub-Prime-Krise, Autokrise, etc.

Bei der Energie aber ist Schluss. Die ist relevanter als Terrorismusabwehr, Flüchtlingsabwehr, Zuwanderungsabwehr, AfD-Abwehr, Radikalismus-Abwehr und intensive Verkehrsüberwachung samt Strafverfolgung zur „Erziehung“ der Bürger.

Wer erzieht denn die einflussriechen Stakeholder? Die, die gerade vor der Bedeutungsschwere der Automobilindustrie zittern und einknicken, die dort keine Eier haben aber sonst für jede chauvinistische Bierzeltrede zu haben sind, die haben versagt. Nicht die Industrie, und die Wirtschaft haben versagt. Die haben das getan, was alle Menschen tun: So weit gehen wie man ungestraft darf. Jede Grenze wahrnehmen ausloten und regeln eben umgehen, wenn möglich. Normales menschliches Verhalten eben.

Versagt hat die etablierte Politik, weil sie keine Regeln durchsetzt, wo sie welche aufgestellt hat.

In der Abschlusserklärung des Pariser Klimaschutzabkommens, unter Buchstabe F. Ziffer 2, erklären sich die Unterzeichner verbindlich bereit, folgende wesentliche Herausforderungen umgehend zu bewältigen, bzw. das dort beschriebene Verhalten zu beenden:

F.2.Ineffiziente Subventionen für fossile Energieträger, die verschwenderischen Verbrauch anreizen Ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe (IFFS), die zu verschwenderischem Verbrauch verleiten, verzerren Energiemärkte, behindern Investitionen in saubere Energiequellen, belasten die öffentlichen Haushalte und schaffen Anreize für nicht nachhaltige Investitionen in die Infrastruktur. Es bleibt jedoch wichtig, Bedürftige mit wesentlichen Energiedienstleistungen zu versorgen, auch durch den Einsatz des gezielten Transfers von Bargeld und andere geeignete Mechanismen. Die gegenseitige Überprüfung („peer review“) der Vereinigten Staaten und Chinas zu IFFS ist abgeschlossen, während die Begutachtung zwischen Deutschland und Mexiko noch läuft und Indonesien und Italien angekündigt haben, ihre jeweiligen freiwilligen Verfahren fortzusetzen. Maßnahmen der G20 – Wir bekräftigen erneut unser Bekenntnis, ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe, die verschwenderischen Verbrauch anreizen, mittelfristig zu rationalisieren und stufenweise abzubauen, und erkennen dabei an, dass wir die Ärmsten unterstützen müssen; und ferner werden wir uns bemühen, weitere Fortschritte bei der Weiterführung dieses Bekenntnisses zu erzielen. – Wir ermutigen alle Mitglieder der G20, die dies noch nicht getan haben, so bald wie machbar einen Prozess der gegenseitigen Überprüfung ineffizienter Subventionen für fossile Brennstoffe, die verschwenderischen Verbrauch anreizen, aufzunehmen. – Wir nehmen den Fortschrittsbericht von OECD und IEA und seine Vorschläge zur weiteren Entwicklung und Verbesserung des G20-Prozesses der gegenseitigen Überprüfung auf Grundlage der jüngsten Erfahrungen sowie zur Erleichterung des Abbaus ineffizienter Subventionen für fossile Brennstoffe, die verschwenderischen Verbrauch anreizen, zur Kenntnis. G. Globales Handeln

Mit den aktionistischen Handlungsweisen und Methodens des Augenblicks, schaffen wir nicht einmal dieses vage Vorhaben mit wenigstens ein bisschen Leben zu füllen. So bleibt diesen bisschen Ehrgeiz ein Muster ohne Wert.

Deshalb sollten wir mutig darangehen, die Veränderung gewollt und zielgerichtet umzusetzen und damit neues Wachstum (Nachwachstum für abgebautes) zu erzeugen, neuen Komfort, eine Verbesserung der Lebensverhältnisse und womöglich ein Stück mehr Fairness, Lebensqualität, Lebensfreude und Perspektive erschaffen.

Thomas Blechschmidt, August 2015

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Ich arbeite soweit als möglich auf Basis von Fakten, logischen Deduktionen, evidenzbasierten Zusammenhängen.

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Thomas Blechschmidt – Das bin ich

Thomas Blechschmidt

Privat

Grüß Gott! Mein Name ist Thomas Blechschmidt, 1965 geboren und lebend in Bayern. Noch vor meinem Abitur habe ich mich beruflich selbständig gemacht und bin das bis heute geblieben. Währenddessen habe ich Soziologie, Politikwissenschaften sowie öffentliches und internationales Recht im Nebenfach studiert. Später habe ich noch ein paar Zusatzqualifikationen erworben:

– EUREM: Europäischer Energiemanager
– Geprüfter Versicherungsfachmann
– Outback University (USA) Restaurant Manager für Systemgastronomie
– Zertifizierte Fachkraft für Akku/Batteriespeicher

und nebenher einige Sprachen gut bis fließend erlernt.

– Spanisch, Englisch, Französisch, Italienisch, Latein,

– Ein paar unpassende gesundheitliche Handicaps und ein nicht ganz geeignetes familiäres Umfeld haben mich erfolgreich davon abgehalten, eine akademische Karriere durchzuziehen. Am Anfang stand zwar kein Plan, aber das Leben hat den Rest so oder so erledigt.

Derzeit bin ich noch mit einer eigenen Firma im Bereich Energiemanagement und –Beratung tätig. Allerdings ist die Bereitschaft, für eine nützliche Dienstleistung zu bezahlen, im privaten und gewerblichen Bereich auf nahe Null gesunken.

Politisch

Meine politische Vergangenheit kann man durchaus ebenso als außergewöhnlich bezeichnen. Anfang der 1990er-Jahre war ich bei der FDP aktiv. Unter anderem als stellv. Vorsitzender im Kreisverband Landsberg am Lech (sonst wollte es keiner machen). Doch weil sich die damals 38 Mitglieder im KV noch nicht einmal dazu aufraffen konnten, Delegierte zum Landesparteitag zu bestimmen, kehrte ich der Partei den Rücken. Man ließ sich damals lieber von den Spitzen und den Prominenten der Partei als Staffage für Vorträge und als Multiplikator von Botschaften Top-Down benutzen, als sich selbst einzubringen. Die FDP hat sich von einer in grauer Vorzeit echten liberalen, hin zu einer elitären, neofeudalen, neokonservativen, chauvinistischen und reinen Klientelpartei ohne Gemeinsinn entwickelt. Die FDP ist keine liberale Partei! Sie hat die Grundlagen der Demokratie vergessen, hat die Freiheit verraten, hat die volkswirtschaftliche Verantwortung der Politik gegen einen absurden Leistungsgedanken ausgetauscht, der Leistung einzig an betriebswirtschaftlichen Ergebnissen aus rechtlich gesicherten Pfründen misst und gesteht das Recht der Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen und Errungenschaften nur noch einer zunehmend kleiner werdenden Elite zu. Adabei – also Teilhaber ist, wer es sich leisten kann. Das ist die Bedeutung der Phrase: Leistung muss sich wieder lohnen! Leistung wird bei der FDP wie der Union allerdings entweder nicht verstanden, oder bewusst als Kampfbegriff missbraucht. Zudem hat die FDP keinen Bezug mehr zu persönlichem Engagement und ehrlicher Arbeit, sondern nur noch zu denen, die sich aus welchen Gründen auch immer finanziell was auch immer leisten können: Erben, Pharisäer, Lobbyisten, Karrieristen, Opportunisten, Kriecher, Schleimer, Hedonisten, Korrupte und rücksichtlose Egoisten.

Schließlich dürfen wir der FDP gemeinsam mit der Union dafür danken, den zentralen Begriff des Liberalismus – die Arbeit – verraten, hintergangen und entwertet zu haben. Wie kann man dieses wesentliche Element der liberalen Theorie nur der politischen Linken überlassen?

John Locke, der entscheidende Impulsgeber der liberalen politischen Theorie, hat einen wesentlichen Punkt geliefert, als er die Arbeit als Grundlage für den Anspruch auf privaten Besitz formuliert hat

Nun, er hat zwar sehr oft das Wort Eigentum gebraucht, welches aus Arbeit entstehen soll, aber das ist eine andere Geschichte, die ich ausführlich an anderer Stelle diskutieren werde. Dennoch ist klar: Er hat Arbeit zum Schlüsselereignis freiwilliger (eigene Entscheidung) Handlung für den Zweck der Erzeugung wiederverwertbaren Mehrwerts erhoben. Ob alles an seiner Theorie so weit im Detail stimmt, ist eine andere Frage. Eines ist jedoch sicher: Seine Theorie lebt heute noch in der Mehrheit poltischer Verfassungen und Gesetzgebungen auf der gesamten Welt fort – inhaltlich wie begrifflich; sie bestimmt weitgehend die Rechtsordnungen aller Staaten, Nationen, Völker und internationalen Organisationen und ist insoweit die einzige politische Theorie, die sich bisher als nachhaltig wirksam erwiesen hat.

Den Liberalismus abzulehnen oder ihn mittels undurchdachter Kampf- und Schimpfbegriffe wie Neo-Liberal oder ähnlichem fortgesetzt zu diffamieren, ist der komplette Holzweg. Es sei denn man will sich als Holzkopf outen.

Im bemerkenswerten Gegensatz zur Wirkung der liberalen Theorie gibt es so gut wie keine liberale Partei auf dem gesamten Planeten. Zumindest keine, die eine Nagelprobe an Hand der von John Locke vor über 300 Jahren formulierten Maßstäbe bestehen würde. Damit meine ich im Sinne von überstehen. Kratzer würde jede Partei abbekommen, aber keine, die von sich behauptet liberal zu sein, würde einer ernsthaften Probe standhalten.

Es verhält sich bei der Erscheinungsweise von Parteien genau wie mit Religionen:

Gebote, Versprechen, jede Menge moralischer Imperative und so gut wie keine Umsetzung, Einhaltung oder Realisierung. Wenn ein Generalsekretär der CSU, derzeit ein Andreas Scheuer, feststellt, „Emotionen sind die Fakten der Politik!“, dann gibt er damit jeden Anspruch auf Rationalität, politische Werte und liberales Demokratieverständnis für die von ihm vertretene Politik auf. Das darf er, denn er nützte ihm ohnehin nichts. Es ist weder strafbar noch verboten. Und die bislang unveränderte Tatsache, dass die CSU als größte Minderheit ein ganzes Land politisch nach Belieben beherrscht, gibt ihm Recht. Ich für meinen Teil sehe keinen Grund, derlei Marktkonformität und Pharisäertum zu folgen und echte Werte bestenfalls als Unterlage gegen das Wackeln des Tisches zu sehen.

Von 2008 bis 2011 war ich für die Wählergruppe FÜR VOLKSENTSCHEIDE und die Kleinpartei UNABHÄGNIGE aktiv. Aus Notwehr gegen die Hartleibigkeit derjenigen, die entscheidende Positionen innerhalb der politischen Strukturen einnehmen und sich gegen jede Veränderung mit allen, egal welchen Mitteln wehren. Gegen den geistigen und realen Stillstand, der uns über Wachstumszahlen als Fortschritt verkauft wird. Gegen das geistige, emotionale und faktische Erstarren und die Formalisierungen der bisherigen Parteien.
Aber auch gegen die immer offenkundigere Instrumentalisierung politscher Positionen zu eigennützigen Zwecken.

Bei FÜR VOLKSENTSCHEIDE habe ich einen neuen Ansatz für positive Veränderungen gesehen, ein Bekenntnis zur Freiheit an Stelle der Bevormundung, Gängelung und Fremdbestimmung durch so genannte Experten auf Grund angeblicher Sachzwänge. Ich trat deshalb bei der Bundestagswahl 2009 als parteiloser Kandidat an und machte mich damit für mehr direkte Demokratie stark. Das Ergebnis war wie erwartet eher bedeutungslos, die Gruppe konnte keinerlei Kraft entwickeln und löste sich auf. 2011 habe ich für ein paar Wochen einen Blick hinter die Kulissen der GRÜNEN gewagt. Das Ergebnis war niederschmetternd bis frustrierend.

Nachdem ich die Piratenpartei bereits länger beobachtet hatte bin ich 2012 eingetreten und hatte Hoffnung, eine neue politische Heimat gefunden zu haben. 2013 bin ich mit den PIRATEN für den bayerischen Landtag angetreten, um konstruktiv mitarbeiten und kritisieren zu können. Ich wollte Impulse geben, die Regierung – egal welche – konstruktiv antreiben und sachgerecht unterstützen und natürlich meine thematischen Schwerpunkte (Energie, Infrastruktur, Verkehr) vorantreiben!

Opposition aus Prinzip ist nicht meine Welt.

Die weitere Entwicklung der Partei ab Herbst 2013 sorgte für Trauer. Pirat sein war scheinbar nur etwas für Leute, die sich dort wegen der Enter-Taste – der moderne, digitale Enterhaken, ja auch solche Scherze muss man erklären – auf der Tastatur ihre persönliche Langeweile vertrieben. Hyperaktive Leute mit dezidiert linker Sozialisierung, Missionierungseifer bis hin zu klarer linksromantischer Zielsetzung haben das Gesicht der Partei nach Außen geprägt und nach Innen dafür gesorgt, dass der Kodex, der Partei https://wiki.piratenpartei.de/Kodex vollkommen ohne Leben blieb. Inhalte ohne jeden Zusammenhang, ohne jeden nachhaltigen Sinn, dafür aber in wortreichem Überfluss wurden zum wichtigsten Maßstab, Satzungsdiskussionen bestimmten weite Teile der Parteitage, die Vorstände der größeren Verbände waren spürbar mit nichts als Verwaltungsaufgaben beschäftigt und wirkten ein wenig bis vollständig überfordert. Der persönliche Umgang untereinander war in weiten Teilen unangenehm bis inakzeptabel. Das meistverwendete Mittel war argumentationsfreie Negation oder persönliche Diskreditierung durch persönliche Angriffe bis hin zur Erfindung unwahrer Behauptungen, die auf Webseiten der Partei veröffentlicht wurden. So wurde beispielsweise für einen Bewerber um die Bundestagskandidatur ein Wiki-Profil mit vollkommen frei erfundenen Aussagen angelegt, von dem der Betroffene nichts wusste. Das war zwar nicht das entscheidende Problem: Man konnte es einfach wieder löschen, aber die Kandidatur war für den Mann, der bei einer Vorwahl auf Platz 4 der Liste landete, gelaufen, er wurde nach hinten durchgereicht. Das entscheidende aber war für mich das Verhalten der Vorstände. Von denen kam keinerlei offizielle Reaktion dazu. So wie es bis heute in der Partei kein einziges, internes Mittel gibt, die Einhaltung und Verwirklichung des selbst gegebenen Kodex wenigsten einigermaßen sicherzustellen und Maßnahmen zu ergreifen, ihn durchzusetzen. Automatisch endende Mitgliedschaft wäre so ein Mittel.

Auf Platz 1 der Bundestagsliste für Bayern gewählt wurde ein Liebling des Publikums, dessen letzter Akt bei den Piraten als Spitzenkandidat der Landesliste Berlin für das Berliner Abgeordnetenhaus 2016 ein Ergebnis am Rande der Wahrnehmbarkeit war, welches er mit dem Austritt und Rückkehr zu den GRÜNEN quittiert hat.

Bei den wenigen echten politischen Diskussionen auf internen Medien blieben die Vorstände politisch vollkommen farblos und schafften es auch nicht, der allgemein destruktiven Kultur internetbasierter Kommunikation wenigstens auf den parteiinternen Medien und bei physischen Treffen wirksam einen Riegel vorzuschieben. Statt, was einer echten PIRATENPARTEI entsprochen hätte, die ihren eigenen Kodex ernst nimmt und umsetzt, sich konsequent für Freihandel einzusetzen, die geplanten Abkommen CETA, TTiP, TiSA usw. inhaltlich zu kritisieren und Verbesserungen auf Basis sachlicher Überlegungen zu fordern, läuft man vollkommen unreflektiert bei jeder Demo dagegen mit. Das identische Verhalten war bei allen anderen Themen zu beobachten. Sicher haben sich nicht alle Piraten, noch nicht einmal die Mehrheit daran beteiligt. Eine piratenmäßige, sachliche Auseinandersetzung mit den Themen hat aber nicht stattgefunden, entsprechende Vorschläge meinerseits wurden sogar radikal unterbunden oder in Diskussionen einfach abgewürgt.

Am Anfang der Piraten stand ein klares Bekenntnis zur Freiheit. Ich bin 2015 ausgetreten, da ich nur noch eine Copy&Paste Partei wahrgenommen habe. Unfähig, sich selbst zu reformieren, unwillig ein eigenständiges Profil zu entwickeln, die eigenen Herausforderungen auch nur in Gedanken anzutasten. Von wegen Klarmachen zum Ändern! Heute sind die Piraten – der Diktion des aktuellen Vorsitzenden Patrick Pakki Schiffer folgend – eine sozial-liberale Partei. Wer braucht das? Von der Sorte haben wir mehr als gebraucht werden. Bei linken und rechten Parteien besteht ebenfalls Überfluss. Gemäß Angebot und Nachfrage haben also allesamt nicht viel Wert. Jeder einzelnen, der in den bekannten Sprechblasen der bisherigen Parteien artikulierten Heiligen Kuh wurde auch bei den PIRATEN gehuldigt, nichts, aber rein gar nichts hinterfragt. Dafür mehr oder weniger identisch etliches übernommen, was anderswo vorverdaut und aufbereitet wurde. Ein geduldiges, anpassungsfähiges Häufchen Illusionisten ist übrig. Albert Einstein hat Wahnsinn oder Verrücktheit so definiert: „Wahnsinn ist, wenn man unter Anwendung der immer gleichen Mittel jedes Mal ein anderes Ergebnis erwartet!“.

Ich stehe für Werte: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit (Solidarität). Echte politische Werte, von denen niemand einen bunten Korb voll braucht, so wie er heute von jedem politischen Märchenerzähler in seinem Bauchladen plakativ vor sich hergetragen wird. Die bisherigen Parteien, allen voran die Union, haben den Begriff des politischen Werts noch mehr überladen und mengenmäßig überdehnt als ihre Ahnherren vormals den berühmten Starfighter. Und dessen zuverlässigste Eigenschaft war bekanntlich der todsichere Absturz. Daher trug er den selbsterklärenden Namen Witwenmacher.

Diese – für die Bevölkerung – sinnfreie und nutzlose Aufblähung hat zu einer Beliebigkeit politischer Wertorientierung geführt, die das Beziehungsgefüge politischer Werte komplett entwertet hat. Inflationär wird nun alles zum Wert erklärt, was gerade passend aussieht oder klingt, selbst wenn es sich widerspricht. Das jüngste Buch der Weissagungen der CSU, betitelt mit Grundsatzprogramm „Die Ordnung“, ist ein Beispiel dafür. Nett zu lesen, gefällig, aber unter dem Strich hätte genügt zu sagen: Es bleibt alles wie es ist, mit ein bisschen mehr Polizeikontrolle. Das ist unser Plan. Genügt ja im Grunde auch, wenn man auf Fortschritt, Verbesserung und positive Weiterentwicklung verzichtet bzw. diese grundsätzlich richtigen Ziele auf das BIP reduziert. Mit und von dem was wir schon haben, können wir so locker noch ein, zwei Generationen genau so weiterleben. Danach mag eine Sintflut die Situation auf die gut bayerischen Art erledigen: „Schwoam ma’S oawy!“

Im Ernst: Dort wird uns eine Aneinanderreihung positiver Bekenntnisse vorgestellt, von denen man die allermeisten auch als Liberaler unterschreiben kann. Lassen wir uns aber nicht täuschen. Selbst wenn die CSU eine große Menge inhaltlicher und ordnungspolitischer Übereinstimmung im Sprachgebrauch mit dem Liberalismus aufweist, ist sie keineswegs eine liberale Partei oder befördert irgendeine irgendwie liberale Einstellung.

Die Freiheit ist auch der CSU genau wie allen anderen nur so viel wert, als sie Stimmen bei den Wahlen bringt.

Diese Übereinstimmungen sind im Übrigen lediglich dem Umstand geschuldet, dass sich liberale Werte und Überzeugungen seit 300 Jahren schlicht am effektivsten und nachhaltigsten durchgesetzt haben. Spirituell ist die CSU eine unverändert autoritäre Law & Order Partei mit eher engem Toleranzhorizont. Freiheit ist den CSUlern erst mal grundsätzlich wegen Anarchieverdacht suspekt. Ein Beispiel dafür sind Ideen wie Kopftuch- oder das Burka-Verbot in der Öffentlichkeit. Da wäre es nur konsequent, Rauschebärte zu verbieten. Schließlich ist es ein Element unserer Kultur, sich ins unbedeckte Gesicht sehen zu können. Was also haben all diese Filzbärtigen denn zu verbergen? Dieser Streit erinnert an die Auseinandersetzung zwischen John Locke und einem anglikanischen Bischof in den Locke’schen Toleranzbriefen Ende des 17. Jahrhunderts, bzw. den Two Tracts of Government fünf Jahre zuvor, die ich auf meiner Website veröffentlicht habe. Exakt die gleiche Situation, nur war der Gegenstand des Streits der Quäkerhut und die religiös begründete Weigerung eines Quäkers, diesen vor Gericht als Zeichen des Respekts vor dem Gericht abzunehmen. Also noch nicht mal in der allgemeinen Öffentlichkeit. Der Liberale, die Freiheit liebende Locke, hat dem Respekt vor der Autorität des Gerichts den Vorzug gegeben, aber auch klar gestellt, dass diese Autorität niemals das religiös motivierte Tragen des Quäkerhuts in der Öffentlichkeit verbieten darf. Wir sehen: Liberalismus ist aktuell.

Ernsthaft. Wenn man sich das durchaus akzeptable neue CSU-Grundsatzprogram durchliest, dann findet man zu jedem einzelnen positiven Statement mindestens einen prominenten Amtsträger, Mandatar, Funktionär oder Säulenheiligen der CSU, der nicht gegen dieses oder mehrere Statements verstoßen hat. Ehemalige eingeschlossen. Wenn ich zurückblicke, welche Reihe von Leuten, die in hohe Funktionen befördert wurden – was ja bei der CSU durch parteiinterne Weichenstellung durch die Führung und nicht etwa durch demokratischen Wettbewerb vorbereitet wird -, sich einen Dreck um Recht und Gesetz geschert bzw. ihre persönliche Macht schamlos ausgenutzt haben, verstehe ich nicht, warum noch irgendwer, der einen Funken Verstand besitzt, diese Leute oder Meute mit seiner Stimme unterstützt! Sicher, die Alternativen sind nicht überzeugender. Keine einzige. Da mache ich doch lieber den Wahlzettel ungültig oder enthalte mich ganz. Das ist wenigstens ein Statement, sich nicht an derlei beteiligen zu wollen. Kurios, dass wir in Bayern dieses Jahr eine wirklich einmalige Situation haben werden: Wer Angela Merkel weiter als Kanzlerin haben will, sollte in Bayern mit beiden Stimmen GRÜN wählen. Wer dazu zu feig ist, sollte mit Erststimme irgendwen außer GRÜN wählen, mit Zweitstimme aber GRÜN. Aber egal, was wir bekommen, wir bekommen jedenfalls keine Veränderung, bestenfalls mehr Radau von Rechts und Links.

Deshalb löst es bei mir eine Mischung von Verzweiflung und Lachkrampf aus, wenn linke Parteien, Medien und die Unterhaltungskünstler des politischen Kabaretts Inhalte fordern. Was nützen die, wenn es, wie man im Bayern sagt „scho vom Boa weg fait?“ Sprich die geistig, ethische Grundlage fehlt, sich an den eigenen Sums zu halten? Naja, Emotionen sind halt die Fakten der Politik. Mal abwarten und sehen, was Ihr, liebe Mitbürger – äh, Verzeihung, (Mit) Angehörige = (Mit) Untertanen, Euch von der Zustimmung zu dieser Idee mal kaufen könnt.

Weiter stehe ich für Subsidiarität (Dezentralisierung, Bürgernähe von Entscheidungen, Basisdemokratie in Form direkter Demokratie als Ergänzung der repräsentativen Demokratie und Fairness. Darüber hinaus sehe ich mich als „Energiepirat“ und engagiere mich energiepolitisch. Energie = Arbeit. Darauf kommt es an. Nicht auf Leistung, nicht auf PS, nicht auf KW, sondern auf kWh. Energie ist Grundlage allen Lebens. Energie ist die zuverlässige, mess- und berechenbare Größe mit einem immer gleichen Wert. Ein Joule (J) ist ein Joule und eine Kilowattstunde ist immer eine Kilowattstunde (kWh). Egal wo und wann man ist. Übrigens ist ein Joule gleich einer Wattsekunde. Eine kWh ist also immer gleich 3.600.000 J. Deswegen ist die Energie die Währung der Zukunft. Denn sie hat stets und immer den gleichen Nutzwert. Im Gegensatz zu Gold, das keinen Nutzwert hat und seinen Wert nur aus dem Glauben daran bezieht. So wie Geld. Das können wir nutzen.

Wenn ich Angst vor etwas habe, dann lasse ich Angst nicht zu. Das liegt an Mir. Nicht an Anderen.

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Einführung zu John Locke – Two Treatises of Government by Jeffrey Friedman

Jeffrey Friedman1 – Einführung
John Locke – Two Treatises of Government

Es war lange Zeit so bequem die “Two Treatises of Government” in eine Schublade zu stecken. Ein jeder, vom Konservativen bis zum Marxisten glaubte übereinstimmend an die Legende von der Grundsteinlegung eines individualistischen Liberalismus durch John Lockes politische Theorie, welche die Interessen des „Privateigentums“ gefördert habe. Darin besteht nach wie vor die konventionelle Sichtweise auf Locke, und eben genau deshalb auf die Verfassung und die politische Kultur der Vereinigten Staaten, auf die Locke’s Ideen einen derart große Wirkung hatten.

Unter verschiedenen Aspekten, wir werden das betrachten, widersprechen die Two Treatises dieser Sicht unmittelbar. Die Erklärung für ihre hartnäckige Durchsetzungsfähigkeit liegt zum Teil darin begründet, dass die in den Treatises vorgestellte Eigentumstheorie im Licht einer zeitlichen Fehleinordnung ihrer Entstehung interpretiert wurde. Veröffentlicht wurden sie 1689, im Jahr nach der „Glorious“ oder „unblutigen Revolution“ in England, durch die der Stuartkönig James II durch seine Tochter Mary und deren Gemahl Wilhelm von Oranien ersetzt wurde. Diese Revolution verschob den Machtschwerpunkt definitiv in Richtung der Besitzbürger im Parlament. Lockes eigene Erklärung auf der ersten Seite seines Vorworts zu den Two Treatises, sein Werk enthalte die Rechtfertigung dieser Revolution verführte Generationen von Historikern zu der Annahme, Locke habe die Treatises nicht nur nach Etablierung der neuen Ordnung publiziert, sondern auch geschrieben, um selbige zu verteidigen.

Wich auch immer. 1960 wurde entdeckt, dass die Treatises tatsächlich Acht oder Neun Jahre vor der Veröffentlichung geschrieben worden waren (das genaue Datum ist noch immer Gegenstand der Diskussion). Statt des Apologeten einer erfolgreich abgeschlossenen und, nach heutigen Maßstäben, durchaus konservativen Revolution, entpuppt sich Locke nun als subversiver Agitator einer Rebellion deren konservativer Ausgang noch nicht fest stehen konnte. Die frühere Datierung bringt Locke deutlich weniger in die Gesellschaft weniger äußerst Wohlhabender als in die radikaler Egalitärer von denen viele Überlebende der Bürgerkriege und der republikanischen Experimente zwischen 1640 und 1660 waren. Diese Radikalen versammelten sich, das entspricht den Tatsachen, um Lockes Dienstherrn, dem ersten Earl of Shaftesbury, und nur wenige in England waren derart vermögend oder bedeutend wie er. Ohne jeden Zweifel war Shaftesbury der führende Kopf einer Bewegung, die praktisch zu einer politischen Massenpartei wurde, den Whigs, deren Ansprache sich überwiegend an die städtische Handwerker und Gegner der Aristokratie wandte und deren Ansichten und Rhetorik die gegnerischen Torys mindestens an die Exzesse Cromwells, die Leveller und derart Radikale wie die Diggers, erninnerte.

Shaftesbury hatte es an einem bestimmten Punkt bis zum Lordkanzler gebracht – der höchsten offiziell anerkannten Position des ganzen Landes. Doch nach 1673 wurde er zunehmend deutlicher zum Gegner der restaurativen Politik der Stuarts, zunächst Charles II und anschließend James II, schließlich wurde er 1683 mit einem Mordszenario und einer Verschwörung zur Usurpation des Throns durch eine bewaffnete Rebellion 1685 in Verbindung gebracht. Locke, der nicht nur ein Mann des geschriebenen Wortes, sondern auch Shaftesburys Arzt und Propagandist war, erweckte den Anschein, jenem in diese tückischen Gewässer zu folgen und musste lange Zeit außerhalb Englands leben um Gefängnis oder Schlimmeres zu vermeiden.

Was aber hat Shaftesbury und Locke zu diesen Extremen getrieben? Locke war, bevor er auf Shaftesbury traf, alles andere als ein Anwalt für Toleranz und Verfassungsmäßigkeit. In seinen Two Tracts on Goverment (1661) verteidigte er zum Beispiel die Mainstream-Sichtweise, dass eine Regierung religiöse Konformität vorschreiben muss, um gesellschaftliche Auflösung durch sich bekämpfende religiöse Gruppen zu verhindern4. 1670 hatte sich Locke selbst revidiert und teilte mit Shaftesbury die Befürchtung, dass genau die religiöse Orthodoxie, die Locke kurz zuvor angeklagt hatte, dabei war in ganz England zur verbindlichen Vorschrift zu werden – wobei der Ausnahmezustand darin bestand, dass die orthodoxe Religion die der Katholiken werden sollte, nicht die der Protestanten. Man darf den Schluss ziehen, Shaftesbury, dessen Vermögen weitgehend von seinen erfolgreichen Investitionen in die bürgerlichen Wirtschaftsstrukturen herrührte, habe Locke dahingehen beeinflusst, den Fortschritt des damaligen Tiger-Staats Holland, eine Art Japan der damaligen Zeit, als Ausfluss dessen toleranter, weitgehend demokratischer Regierungsform zu betrachten. Lockes „Essay Concerning Toleration (1667)“ stellte Frieden und fortschreitenden Wohlstand, den diese Toleranz einbrachte, jubelnd heraus. Ein Thema das ihn in den besser bekannten „Letter of Toleration“ von 1685 noch deutlich beherrschte.
Bei allen Gegebenheiten, hatten Shaftesbury und Locke den Verdacht, die geheimen Vereinbarungen des Vertrags von Dover5 (1670) bedrohten England mit dem Elend und den Nachteilen der Religionskriege, die die Protestanten das Fürchten gelehrt hatten: Königlicher Absolutismus und die Religion, die man als unvermeidbar davon abhängig und dazu führend betrachtete, der Katholizismus. Sie glaubten, Charles II habe sich im Vertrag verpflichtet, zum Katholizismus überzutreten und erhielte dafür Subventionen von Ludwig XIV., die ihn von der Notwendigkeit befreiten, das Parlament um Geldmittel zu bitten – die unendliche Quelle königlicher Schwäche und parlamentarische Macht. Durch eine katholische Allianz würde Charles II die Fähigkeit erlangen, England ohne Abstimmung mit den Repräsentanten der Bevölkerung im Parlament zu regieren. Diese Verdachtsmomente wurden kaum durch Charles II Krieg gegen das protestantische Holland oder seinen Aufbau eines stehenden Heeres vermindert, der ihm ermöglichte jeden Widerstand gegen seine Autorität zu brechen.

Die breite Mehrheit der Bevölkerung konnte sich einen Verrat durch den König selbst gar nicht vorstellen. Oder gar Charles II zu verdächtigen, er wolle den katholischen Absolutismus einführen. Im Gegenteil, Ende der 1670er Jahre waren sehr viele empfänglich für das Gerücht, an eine „papistische Verschwörung“ zu glauben, die Charles II umzubringen und seinen Bruder James, Duke of York, einen bekennenden Katholiken als Erbberechtigen auf den Thron zu bringen. So begannen die 1680 mit der „Ausschließungs-Krise“, in der die Whigs im Parlament mit dem Versuch auftraten, James vom Thron fernzuhalten. Mittlerweile ist allgemein anerkannt, dass wenigstens Band I der Two Treatises geschrieben wurde, um diese Bemühungen zu rechtfertigen, die 1681 durch Charles Weigerung gestört wurden, weitere Parlamente einzuberufen. Genau wie Charles I, dessen Versuch der direkten persönlichen Herrschaft zum Bürgerkrieg von 1640 geführt hatte, schien Charles II auf Regentschaft ohne rechtmäßigen Gesetzgeber abzuzielen.

Die Befürchtungen der Whigs kamen in einem Traktat zum Ausdruck, welches die Klage einer Verschwörung erhob, „die Regentschaft für absolut und willkürlich zu erklären; der Monarchie wie dem Episkopat die Legitimität „jure divino“ zuzusprechen und durch keinerlei menschliche Gesetze Gebunden oder beschränkt zu sein6.“ Das Schriftstück, in dem diese Worte auftauchten, wurde 1675 öffentlich verbrannt und das Oberhaus begann nach dessen Urheber zu forschen. Drei Tage später entfleuchte John Locke eiligst durch eine unvorhergesehene dreijährige Reise. Derlei Handlungen und Aktivitäten legen Lockes tiefe Verstrickungen Widerstandspolitik nahe und dieses neue Verständnis hat damit begonnen, die alte Sicht Lockes als Verteidiger von Hierarchie und Privilegierung zu ersetzen. Wenn Locke mit Demokraten im Bund stand, dann erkennen Adepten heute an, dass er auch ein Demokrat war. Wenn er kein konservativer war, dann muss er ein Radikaler gewesen sein. Wenn er ein revolutionär war, war er womöglich ein Proto-Sozialist.

Genau wie die älteren Sichtweisen der Verinnerlichung der Two Treatises in ihrem falschen historischen Kontext unabdingbar von der Rolle des „privaten Eigentums“ in Lockes Theorie abhängen, so gilt das für die neue Sichtweise gleichermaßen. Diesbezüglich sind beide Interpretationen womöglich das Ergebnis der Projektion von Problemstellungen des 19. und 20. Jahrhunderts auf politische Lösungsansätze des 17. Jahrhunderts. Die Debatte zur Verteilungsgerechtigkeit7 die unsere Politik (1986!) polarisiert erschwert es ungemein, eine Theorie, die derart schwerwiegend an den Begriff „Privateigentum“ gekettet ist, mit kühlem Kopf und zu betrachten. Denn, für die auf der linken Seite, verdreht die frühe Sicht Locke zu einem Relikt bourgeoiser Vorherrschaft, für die in der liberalen Mitte, war Locke der peinliche Erinnerungspunkt an die Naivität des frühen Liberalismus bezüglich des so genannten „Kapitalismus“; und für viel auf der rechten Seite wurde Locke zur Inspiration der Wiederbelebung einer liberalen Klassik. Lockes Theorie des Eigentums wurde entweder als reaktionär angegriffen, durchgewunken Dank seiner Verteidigung der Toleranz und der Volkssouveränität, oder sie wurde zum Objekt libertärer Verehrung.

Mittlerweile ist das alte Bild Lockes überholt, genau wie das alte Verständnis der Eigentumstheorie Lockes. Der kurzlebige Lock‘sche Vorbehalt, das garantiert – oder als Garantie betrachtet wird – dass Individuen im Naturzustand sich Eigentum nur so lange aneignen können als „immer noch ausreichend genauso Gutes für alle anderen übrig bleibt“(TToG II, §27), hat sich in den Händen einiger Adepten zum bevorzugten Hebel bei der Neuinterpretation Lockes als Kritiker privaten Eigentums entwickelt. Ihre diesbezügliche Frage lautet, ob denn dieser Vorbehalt nicht erforderte, nach der Verteilung aller Gaben Gottes durch private Aneignung, hätte niemand schlechter gestellt sein dürfen als irgendein anderer?

Das ist eine wie jede andere gut geeignete Frage um mit einer deutlich ausgewogeneren Beurteilung des „neuen“ Locke zu beginnen. Wir sollten zuallererst zur Kenntnis nehmen, dass, abgesehen von einer möglichen Verstrickung Locke’s in die Politischen Bestrebungen der Radikalen, das historische unmittelbare Zeitgeschehen der frühen 1680er für eine neue Sicht seiner Eigentumstheorie kaum zielführend ist. Falls die Agitationen der Whigs überhaupt irgendetwas als die Geister des Radikalismus der Bürgerkriegszeit aufgescheucht haben, dann die Furcht der Menschen um ihre Eigentumsrechte falls Shaftesburys Kräfte gewinnen sollten. Warum Locke derartige Ängste dadurch angefacht haben sollte, indem er die politische Theorie der Whigs auf einer radikalen Eigentumstheorie aufbaut, ist vollkommen unklar.

Als Locke die Two Treatises geschrieben hat, war er Teil einer zunehmend hoffnungsloseren politischen Auseinandersetzung darum, das Recht der Bevölkerung entweder einige Kontrolle über ihre Regierung zu erhalten oder eine unverständige Regierung durch eine neue zu ersetzen, endgültig zu etablieren. Eine jede stichhaltige Interpretation der Two Treatises sollte zeigen, auf welche Weise Lockes Argumentation zur Eigentumstheorie diesem Vorhaben entspricht. Die Verteilung des Eigentums erfolgte nicht aus sich selbst heraus und kann, ohne überzeugend zur en politischen Schlacht gezählt zu werden, dafür herhalten, den Kontext zu liefern, in dem Locke Diskussion stattfindet.

Sobald wir versuchen uns selbst von zeitgenössischen Sorgen freizumachen kommt der Locke’sche Vorbehalt kaum als klare laute Stimme herüber, die nach Neuverteilung des Eigentums ruft. Stattdessen wirkt er als Gegenerwiderung jedes möglichen Einwands, der auf der vorhergehenden Seite der Two Treatises gegen Locke’s Forderung, dass im Naturzustand jedermann das Eigentum besitzt, mit dem er seine Arbeit gemischt hat, erhoben werden könnte. Wäre das alles, was notwendig wäre um Eigentumsrechte zu etablieren, schreibt Locke, dann wäre zu fragen, ob „irgendjemand so viel vereinnahmen könne wie er will“ (TToG II, §27), so dass einige Leute zu einem großen Anteil am Eigentum gelangten während andere sich mit sehr wenig begnügen müssten. Weit davon entfernt, die Bedeutung solcher Fragen von Verteilungsgerechtigkeit zu betonen, etikettiert Locke diese als „Streit und Auseinandersetzungen über Eigentum“. Er beseitigt einen einzelnen Streitpunkt, indem er nicht etwa Ungleichheit verbannt, sondern Verschwendung. Da nämlich „nichts von Gott der Menschheit zum Verschwenden oder Zerstören bereit gestellt wurde“ soll private Aneignung dort ihre Grenze haben, wo die Nutzbarkeit durch einen Menschen endet, bevor es vergeht.“ „ Die Grenzen rechtmäßigen Eigentums zu Überschreiten“ besteht nicht „in enormem Umfang eines Besitzes, sondern im Verfallen lassen ohne es zu nutzen“.

Diese Barriere gegen Vergeudung macht es im Naturzustand „für jeden Menschen auf diese Art unmöglich, in das Recht eines anderen einzudringen, sich selbst zum Nachteil des Nachbarn Eigentum zu verschaffen, dem immer noch genug Raum bliebe einen ebenso guten wie großen Besitz (nachdem der andere sich seins genommen hat) zu nehmen zu können als vor der Aneignung.“ Dergestalt verhindert der Locke’sche Vorbehalt nur sehr widerwillig die Ungleichheit der Verteilung. Locke verbietet keine Ungleichheit per se, aber dieses Ergebnis ist indirekt vorgegeben, indem er untersagt, mehr Eigentum anzuhäufen, bevor es ungenutzt verrottet.
Locke zieht auch dieses Obligate Zugeständnis an die Streit- und Händelsüchtigen zurück, sobald die Erfindung des Geldes den Menschen erlaubt, mehr anzuhäufen als sie unmittelbar verwenden können ohne das angehäufte Vermögen durch Verschwendung zu vernichten. Ein „unangemessener und ungleicher Besitz der Erde“ wurde durch das Einvernehmen der Menschen zum Gebrauch des Geldes ermöglicht. In einer späteren Ausgabe des zweiten Bands nennt Locke Ungleichheit die Folge eines „stillschweigenden und freiwilligen Einvernehmens“. So viel zu Locke, dem Linken.

Doch wenn wir versucht sind, zur althergebrachten, herrschenden Sichtweise zurückzukehren, Locke sei ein Verfechter des Laissez-Faire-Kapitalismus gewesen, sollten wir zur Kenntnis nehmen, dass er immer wieder ein ums andere Mal darauf hinweist, dass seit der Erfindung des Geldes Gesellschaften rechtmäßig „die Besitztümer der Mitglieder ihrer Gesellschaften geregelt“ haben. Tatsächlich, Locke fordert, „jedermann, der erstmals irgendeiner Gesellschaft beitritt, übergibt und übereignet durch seinen Beitritt ebenso seinen aktuellen Besitz sowie jenen, den er erwerben wird.“ Ab dann wird sein Eigentum „welches zuvor frei war, durch die Gesetze der Gesellschaft geregelt.“

Vom Standpunkt der Verteilungsgerechtigkeit, bewirkt Lockes Eigentumsargumentation dadurch wenig. Noch um vieles weniger fördert er die Theorie des rechten Flügels zum Eigentumserwerb eines Menschen durch die Vermischung mit seiner Arbeit, als er dieses durch das Verbot der Verschwendung begrenzt. Schließlich wurde diese Begrenzung durch die Erfindung des Geldes aufgehoben und hat uns auf die Bedingungen unbegrenzter und ungleicher Eigentumsanhäufung zurückgeworfen. Doch diese Bedingung wurde mit dem Auftreten der bürgerlichen Gesellschaft überwunden, die der Regierung „Herrschaft (Sach-)“ über das ursprünglich durch Vermischung der Natur mit Arbeit geschaffene Eigentum durch die Individuen gewährt. Auch wen es keinerlei Hinweis darauf gibt, dass Locke es gern gesehen hätte, wenn diese Herrschaft genutzt würde, um eine Gleichheit beim Besitz zu verwirklichen, wie seine Zeitgenossen bevorzugte er eine Art Verpflichtung, Armut zu lindern, sowie viele andere Formen der Eigentumsumverteilung durch die Agenturtätigkeit des Staates, speziell durch dessen Macht, Steuern zu erheben. Andererseits, die den Regierungen zustehende Macht Eigentum umzuverteilen ist in Lockes Theorie nicht umfassender als die bereits bestehende, die die Parlamente zu Lockes Zeit bereits besaßen, die besteuern konnten was auch immer sie besteuern wollten. Da Locke uns daher genau dort stehen zu lassen scheint, wo wir gestartet waren – bei privatem Eigentum, dass durch den Staat reguliert oder entzogen werden kann – erhebt sich die Frage warum er sich entscheiden hat, das private Eigentum an erster Stelle zu diskutieren.

Solange die Argumentation zum Eigentum als Teil eines politischen Werks der Whigs aus den frühen 1680ern gesehen wird, dient sie verschiedenen bedeutenden Zwecken. Zu Bedenken ist, dass der gesamte erste Band, den jeder Leser als ein Musterbeispiel unerträglicher Länge empfinden wird, ein Gegenangriff auf die biblischen Argumente zu Gunsten des Absolutismus, die zuletzt von Sir Robert Filmer entwickelt wurden (1588 – 1653). Als bis klar wurde, dass Locke die Two Treatises beinahe ein ganzes Jahrzehnt früher als angenommen geschrieben hat, war es ein Mysterium, warum er so viel Aufmerksamkeit auf einen Fragwürdigen und längst verstorbenen Autor verschwendet hat. Doch Anfang der 1680er wurden Filmers Schriften von Unterstützern Charles II in Druck gegeben undhatten eine Wirkung, die alles andere als nebensächlich war. Sie wurden augenblicklich populär und führten während der Ausschließungs-Krise zur Festlegung der extremistischsten absolutistischen Position. Ein jeder Gegner des Absolutismus musste Filmer äußerst ernst nehmen. Es muss ebenfalls zugestanden werden, dass Filmer durch die Ausdehnung seiner Lehre auf gesellschaftsvertragliche Lehren zu deren logischer Untermauerung genau die Schwächen der liberalen Bestrebungen getroffen hat, die Locke formulierte. Mit den Worten eines der jüngsten Autoren: „Filmer, nicht Locke, erfand den Liberalismus8“ – und sei es nur geschehen, um ihn zu widerlegen.

Vor Locke wurden die meisten Sozialvertragstheorien – einschließlich derer von Thomas Hobbes, Hugo Grotius und Samuel Pufendorf – entwickelt, um den Absolutismus zu verteidigen. Filmers Geistesblitz bestand darin, den logischen Konflikt zwischen der Grundlage dieser Theorien, dem gesellschaftlichen Einvernehmen von Individuen, und den Vorgaben autoritärer Politik vorherzusehen. Er fragte sich zum Beispiel, warum auf Basis einer auf Einvernehmen beruhenden Regierungsform die Bevölkerung nicht die Freiheit haben sollte, die Gesellschaft zu verlassen und erneut frei zu sein9. „Warum genehmigt eine politische Theorie auf Vertragsbasis keine Anarchie?“

Die Sozialvertragslehre war eine Reaktion auf den um sich greifenden intellektuellen Skeptizismus, der Ende des 16. Jahrhunderts von Autoren wie Montaigne (1533-1592) in Fluss gebracht wurde und der sich während der 1618 beginnenden Religionskriege zunehmend an Ausprägung gewann. Dieser Skeptizismus stellte unser gesamtes Wissen über natürliche, religiöse und ethische Wahrheiten wegen der Vielfalt menschlicher Wahrnehmung und kulturgeprägter Glaubenssätze in Frage. Montaigne fragte bekanntlich: „Was für eine Wahrheit ist es, die von diesen Bergen begrenzt wird und liegt in der Welt dahinter etwa eine Lüge? 10“ Als Reaktion auf einen Skeptizismus, der sein Gebiet nicht verließ, haben Autoren wie Descartes (1596-1650), Grotius (1583-1645), Hobbes (1588-1679) und Pufendorf (1632-1694) angestrebt, das Wissen zu rekonstruieren – sei es aus der Natur heraus oder aus religiösen, ethischen oder politischen Normen – indem sie die Transzendierung kultureller Wechselfälle auf dem Grundstock wissenschaftlicher Prinzipien aufbauten. Im Falle Descartes bestand der ultimative, grundlegendste Grundstein, auf den man sich berufen konnte die eigene Existenz. Im Fall der politischen Philosophen bestand, ganz ähnlich (oder besser analog) in der Rechtmäßigkeit bei der Verfolgung persönlicher Interessen durch jeden Einzelnen, bereitgestellt und aufgebaut auf dem Status des „Naturrechts“, der sich in individuellen „Rechten“ manifestierte. Wie auch immer: Übelicherweise ging man davon aus, dass das Recht zur Verfolgung individueller Interessen die Schaffung eines absoluten und unabdingbaren politischen Souveräns, der die Bevölkerung vor der Gewalt und dem endemischen politischen Chaos des 17. Jahrhunderts definitiv beschützen konnte.

Eine Option Locke (1632-1704) zu verstehen besteht darin, ihn als Auslöser einer sanften Gegenreaktion gegen die Anti-Skeptische Bewegung zu betrachten, eine Reaktion der, während sie die Notwendigkeit akzeptierte, Prinzipien aufzudecken, die wiederum den Relativismus überwinden konnten, gleichzeitig der Gebrauch rationaler und naturrechtlicher Werkzeuge durch Descartes, Hobbes und Grotius unzureichend erschien. Locke war Sohn eines Anwalts und kleinen Gutsbesitzers, der im Bürgerkrieg für das Parlament gegen Charles I gekämpft hatte und wurde als Puritaner großgezogen. Er wurde in Oxford in aristotelischer Philosophie ausgebildet. Doch Locke’s Prägung durch diese empfangenen Wahrheiten mag in Oxford durchaus durch John Owen herausgefordert worden sein, einen Anwalt religiöser Toleranz, und durch Locke‘s Engagement in einem Kreis experimenteller Wissenschaftler. Warum auch immer, er wurde heftig vom Skeptizismus angezogen, was zum Beispiel in einem Aufsatz von 1660 seinen Widerhall fand: „Unsere Missbildung ist für andere Schönheit, unsere Grobheit für andere Zivilisation, und es gibt bei uns nichts ungehobeltes und unansehnliches, das nicht irgendwo anders Applaus und Anerkennung fände11“.

Anders als Descartes und Hobbes, die erkenntnistheoretischen Skeptizismus mit der Sicherheit der mathematischen Methode beantworteten, war Locke mehr vom Wissen auf empirischer Grundlage in der Art der Mediziner überzeugt. Keine angeborenen Ideen, die mathematisch überprüft wurden, können bei der Operation einer kranken Leber recht viel helfen. (Locke’s erfolgreiche Leistung bei einer solchen Operation hatte 1668 Shaftesburys Leben gerettet und deren persönliche und politische Allianz geschmiedet.) In seinem Werk, für das er erstmals bekannt wurde, sein „Versuch betreffend das menschliche Verständnis“ – der Hauptquelle der französischen Aufklärung des 18. Jahrhunderts – lehnte Locke angeborene Ideen zu Gunsten empirischer Beweise als Quelle von wissen ab, während er empirisch basiertes Wissen anerkannte und relativierende Schwierigkeiten aussortierte. Ganz ähnlich, zog sich Locke in seiner politischen Philosophie von der bei Grotius, Hobbes und Pufendorf gängigen Annahme zurück, Eigeninteresse wäre die Grundlage ethischer Verpflichtung und politischer Gesellschaft. Ohne das Eigeninteresse zu verdammen, reduzierte er dessen Bedeutung, zu Gunsten einer breiter anwendbaren politischen Fundamentierung, einer, die bei einem größeren Ausmaß relativistischen Skeptizismus bestehen konnte: Konsens.

Unterschwellig wirksam in Locke’s Erzählung, wie wir vom Naturzustand zu einer Geldwirtschaft, dann zu einer bürgerlichen Gesellschaft, weiter zu einer bestimmten Regierungsform und schlussendlich zum Grundrecht auf Revolution gelangen ist die Annahme, dass jeder einzelne Schritt ausschließlich mit und durch Konsens gegangen werden kann. Um sicherzugehen wurden alle post-skeptizistischen Theoretiker des Naturrechts unter dieser Annahme durchgesehen, als wäre dies ein Gedanke der Skeptiker selbst. Schlussendlich, nahm Montaigne selbst an, bloße unbestimmte Ablehnung werfe ebenso Zweifel bezüglich der Gültigkeit moralischer oder politischer Lehren ab, als wie einstimmiger Konsens bezüglich eines Vorschlags garantieren würde, er wäre folgerichtig. Seine Gegner, stetig auf der Suche nach Wahrheiten die universelle Zustimmung bestimmen können, nahmen eben diese Annahme mit an Bord. Daraus könnte sich erklären, warum Theoretiker des Naturrechts Bekräftigungen des Eigeninteresses mit der Konstruktion von Gesellschaftsverträgen kombiniert haben. Indem man das vorführt, sprich, die Erschaffung einer Souveränität muss einstimmigen Konsens erfordern, zeigt man nicht nur auf, dass der Souverän dem universellen Ziel der vermeintlich Übereinstimmenden – dem Eigeninteresse – dient; man verschafft dem Souverän zudem Legitimität durch die Zierde der Tatsache, dass seine Autorität auf Konsens gründet.

Es muss angemerkt werden, im Liberalismus des 20. Jahrhunderts wurde der Übergang vom Eigeninteresse auf den Konsens vollendet. Politische Theoretiker wie John Rawls und Ronald Dworkin haben keineswegs das Eigeninteresse verteidigt, sondern die individuelle Freiheit: Das Recht des Individuums, mit Grotius Worten, „unter den verschiedenen Möglichkeiten zu leben, eine besser als die andere, die auszuwählen, die ihm gefällt“12. Noch nicht einmal Robert Nozicks Libertarianismus empfiehlt unverschämt übersteigertes Eigeninteresse. Unter dem Strich ist der Liberalismus – sogar der libertäre Liberalismus – eine Lehre der rechtlichen Gleichheit. Eine jedes individuelle Eigeninteresse muss unabdingbar durch die gleichermaßen bedeutenden Interessen anderer begrenzt sein. Niemand hat irgendein Recht sich selbst und seine Existenz zu Lasten der Rechte anderer zu vergrößern. Sobald aber diese Grenze respektiert wird, gibt es keinen vernünftigen Grund mehr für die vorausliegende Annahme, die Eigeninteressen eines jeden würden perfekt erfüllt: Was die Interessen eines Menschen konstituiert, hängt von der Antwort auf die Frage ab, was genau ein gutes Leben konstituiert, und schlussendlich ist vorstellbar, dass die diese Antwort nicht jedem ermöglichen wird, solch ein Leben zu führen. (Aristoteles zum Beispiel hielt wohl die Erforschung ewiger Wahrheiten für unser höchstes Interesse, aber er nahm an, dass dies ein Leben im Müßiggang voraussetzen würde, unvereinbar mit einem Arbeits- oder Geschäftsleben.

Ein gutes Leben mag daher für die einen materiellen Überfluss bedeuten, den andere bereitzustellen gezwungen sind). Es entspricht nicht der Wahrheit, egal wie immer, Freiheit, wie auch immer definiert, als eine Qualität die automatisch zu gleichwertiger Verteilung führt, zu verkaufen. Mein Maß an Freiheit ist mit einem gleichem Maß Deiner Freiheit vereinbar, selbst wenn ich einen größeren Maßstab benötige – oder, wenn ich unreif bin und ohne ausreichende Kenntnis – einen kleineren nutze, um meinen Interessen gerecht zu werden. Während der Liberalismus uns all das gleichwertige Recht bereit stellt, selbst auszuwählen, welche Zwecke und Ziele wir mit unserem Besitz anstreben (die in nicht-libertären Systemen zur Gleichverteilung tendieren), kann er uns nicht notwendigerweise mit all den Fähigkeiten ausstatten, diese Zwecke und Ziele zu erreichen – damit meine ich unsere Eigeninteressen zu verwirklichen. Der Liberalismus, begründet in Locke’s grundsätzlicher Abwehr der Forderungen Filmers nach fundamentaler Ungleichheit politischer Macht, war und ist deutlich einfacher und angenehmer unter den Lauten Forderungen nach Freiheit als denen nach Anerkennung des individuellen Eigeninteresses zu sehen, welches die erste Generation der Sozialvertragstheoretiker erhoben haben.

Wie kommt Locke vom Eigeninteresse zum Konsens? Es ist einfach davon auszugehen, die Menschen würden nur dem zustimmen, was ihren Interessen nützt: In Locke’s Worten, „keinem vernünftigen Wesen kann unterstellt werden, es würde seine Lage in der Absicht verändern, in eine schlechtere zu geraten.“ Dergestalt wirkt Konsens, auch in Gesellschaftsvertragstheorien vor Locke, als Proxy für das Eigeninteresse: Bei Grotius, Hobbes und Pufendorf gewährte Konsens beides, den privaten Besitz ebenso wie die politische Autorität, wie sie womöglich dem Verhaftet sein in einer primitiven Eigennützigkeit im vorgesellschaftlichen Zustands entstiegen sein mögen. Setzen wir die vereinfachende Übereinstimmung von Eigeninteresse und Konsens voraus, wobei das Eigeninteresse als Heilmittel für den Skeptizismus gilt, – falls dies das universell akzeptierte moralische Fundament bildet – dann nimmt Konsens. Oder die universelle Akzeptanz selbst, die Aura fundamentaler Legitimität an.

Das kann erklären, wie einfach es für Locke war, die Deutung, politische Autorität wäre durch die ursprünglichen Vertragspartner „lediglich zu deren eigenem Besten“, mit der Deutung zu vereinen, „der Anfang politischer Gesellschaft hänge vom Konsens der Individuen ab“, die frei waren, „loszuziehen und andere Gemeinwesen mit anderen Regierungsformen zu begründen, so wie sie dachten es sei passend.“ Mit Sicherheit bedarf es einiger Argumente, bevor wir schlüssig zeigen können, dass was auch immer von jemandem für passend gehalten wird auch gut für ihn selbst ist. Doch hätte Locke eine Ungereimtheit zwischen Konsens und Eigeninteresse gesehen, dann hätte er die sauberste Lösung gegen Filmers Absolutismus zur Hand gehabt: Viel einfacher wäre es gewesen, statt eine verfassungsmäßige Regierung auf Basis der Einvernehmlichkeit und des Konsenses zu verteidigen, hätte Locke sich ganz einfach auf den Standpunkt stellen können, es wäre besser für die Bevölkerung unter einer repräsentativen Regierung und der Geltung des Gesetzes zu leben, als Angst, religiösen Konflikten und relativer Verarmung ausgesetzt zu sein, von denen Locke annahm, sie folgten aus dem Absolutismus. In den Kapiteln 40-44 des Band II präsentiert uns Locke ein Beispiel, wie so eine Argumentation aussehen könnte, indem er versucht zu zeigen, dass jedermann von der Einführung des Privateigentums profitiert. Doch dabei handelt es sich nur um eine weitere der Antworten Locke’s auf die „Streit- und Händelsüchtigen“ und deren Einwände gegen das Privateigentum und spielt daher keine weitere Rolle in Locke‘s Argumentation.

Locke hätte versuchen können die vorteilhaften Folgen seiner bevorzugten Regierungsform zu zeigen, so wie Grotius, Hobbes und Pufendorf erreichen wollten, ihre deutliche Bevorzugung des Absolutismus zu beweisen. Da aber auch diese Autoren die Übereinstimmung von Konsens und Eigeninteresse betrieben haben und da Locke’s Feindbild, Filmer, vorwiegend über die dem fürstlichen Prinzip innewohnende und dessen nach außen wirkende Rechtmäßigkeit an Stelle über dessen vorteilhafte Folgen argumentierte, hat Locke anscheinend keine Alternative gesehen, als diesen Behauptungen die dem individualistischen Autoritätsprinzip innewohnende Rechtmäßigkeit entgegenzuhalten, dabei für den Augenblick das liberale Denken in Richtung Lobpreisung einer Regierungsform auf Basis individuellen Einvernehmens zu lenken, ungeachtet möglicher vorteilhafter Konsequenzen.

Doch nicht nur Einvernehmen, sondern auch seine Vorbedingung, Gleichheit, tendieren dahin, zu einem Abschluss in Lockes Argumentation zu gelangen. Der Zusammenhang zwischen Einvernehmen und Gleichheit war bereits in den „Putney Debates13“ von 1647 deutlich sichtbar, als unterschiedliche Fraktionen in der parlamentarischen Armee die Natur der neuen Ordnung diskutierten, für die sie kämpften. Der Sprecher der Leveller, Colonel Thomas Rainborough, behauptete, jeder Mensch der als unter einer Regierung lebend betrachtet werden soll, muss sich zuerst durch seine eigene Zustimmung dieser Regierung unterordnen14“. Genau diese Meinung hätte Filmer als Anarchie bezeichnet. Wie also entkam Locke Filmers Beurteilung, wenn er Rainboroughs egalitäre Mindestanforderung bereits akzeptiert hatte?

Locke behauptet, dadurch dass wir auf ererbtem Land derer leben, welche sich ursprünglich vertraglich vereinigt und ihr Eigentum in die Gemeinschaft eingebracht hatten, wobei wir unausgesprochen unser Einvernehmen bekunden, uns unter die Regierungsform einzuordnen, die von dieser Gemeinschaft ausgewählt wurde. Fall die Nachfahren der ursprünglichen Vertragspartner den Wunsch hätten, „die Vorteile des Erbes ihrer Ahnen in Anspruch zu nehmen, hätten sie auch die gleichen Bedingungen zu akzeptieren, zu denen ihre Ahnen diese in Anspruch nehmen konnten und sich allen an derartigem Besitz hängenden Bedingungen unterzuordnen.“ Zum „Erhalt des Ertrags eines Stückes Boden gehört auch die Unterordnung unter die Regierung des Landes, zu dem dieses Stück Boden gehört.“ Auf diese Weise ist jedes Individuum legitim einer Regierung untergeordnet, ob es nun formal zugestimmt hat oder nicht. „Diese Macht die jedes Individuum der Gesellschaft übertragen hat, als es beitrat, kann den Individuen niemals zurückgegeben werden, so lange als die Gesellschaft besteht, sondern sie wird stets bei der Gemeinschaft verbleiben“, der die ursprünglichen Vertragspartner den Besitz zugeschlagen hatten. Unzufriedenheit einiger weniger Individuen mit ihrer Regierung gewährt kein Recht auf Revolution und selbst die Auslösung der Regierung zieht keine Auslösung der Gemeinschaft nach sich oder führt gar den Naturzustand wieder ein. Denn nur im Naturzustand bedürfen Beschränkungen individueller Freiheit der expliziten Zustimmung des Betroffenen. Deshalb wird lediglich die Zustimmung der Gemeinschaft als Ganzer und nicht die ihrer einzelnen Glieder benötigt, um administrative Beschränkungen unserer Freiheiten zu legitimieren. Der zuständige „Richter“ ob eine Regierung darin versagt, seine Aufgabe und ihre eigentlichen Ziele zu verfolgen und ob gegen sei rebelliert werden kann ist kein Individuum für sich sonder der gesamte „politische Körper“ (Wahlberechtigte Bevölkerung, Anmerkung des Übersetzers).

Um auf diesem Weg die anarchistischen Implikationen der Konsens-Theorie zu zerstreuen, blieb Locke nur der Rückgriff auf eine Reihe undurchsichtiger Annahmen: Aller Grund und Boden innerhalb eines bestimmten Landes war ursprünglich Privatbesitz von Leuten, die sich freiwillig vertraglich verpflichteten den Naturzustand zu verlassen. Dieser prähistorische Vertrag war so bedingungslos, dass behauptet werden kann, die Vertragspartner selbst hätten als neu gegründete Gemeinschaft ihren vorherigen Privatbesitz quasi selbst „annektiert“ und der Gemeinschaft zugeschlagen. Darüber hinaus sorgte der Vertrag dafür, dass dieses Band das Vermögen der Vertragspartner auf ewig an die Gemeinschaft gebunden hat. Die ursprüngliche Vorbedingung aller dieser einzelnen Schritte hin zum stillschweigenden Einvernehmen aller Individuen gegenüber der Regierung besteht in Lockes Konstruktion der anfänglichen Legitimität des Eigentums der Vertragspartner.

Unter diesem Aspekt erscheint Lockes Eigentumstheorie alles andere als witzlos. Nachdem TToG II Kapitel 5 erst einmal erklärt hat, wie Eigentum an sich entstehen kann – ohne den Rückgriff früherer Theoretiker auf ausdrückliche Verständigung zu kopieren – kann Locke das Eigentum nutzen, um damit die legitime Autorität der Gemeinschaft bis zum heutigen Tag durchgehend aufrechtzuerhalten und vermeidet auf diesem Weg jeden zustand von Anarchie. Wir werden sehen, wirkmächtige rhetorische Zwecke werden durch die Gründung von Legitimität für Regierungen auf „Eigentum“ ebenso gefördert. Am wichtigsten von allem aber ist: Locke entwickelt das Kriterium legitimer Revolution von der Eigentumsargumentation aus.

Um diese Ziele zu erreichen, verneint Locke erst einmal die Annahme, irgendjemand hätte „ein ursprüngliches Recht auf persönliche Herrschaft (Sach-, Gebrauch-, -sgebiet) unter Ausschluss des Rests der Menschheit“, bezüglich die Früchte und Kreaturen der Welt. Hier liegt die direkte Antwort auf Filmers alternative gegenüber dem Konsens als Basis für jede Form von Regierung: Die Vorstellung es existiere eine innewohnende väterliche Autorität bei Fürsten, die allesamt als Erben der Gewähr Gottes gegenüber Adam, dem Stammvater aller Menschen, über sämtliche Eigentumsrechte in der Welt verfügten. „Die erste Regierung in der Welt“, schrieb Filmer „war monarchisch und lag beim Vater allen Fleisches. Adam, der die Anordnung hatte, sich zu vermehren, die Erde zu bevölkern, sie sich zu unterwerfen, und dem Sach- und Gebrauchsherrschaft über alle Kreaturen dieser Welt gewährt war, war dadurch der Monarch der gesamten Welt. Keiner seiner Nachkommen hatte irgendein recht irgendetwas zu besitzen, außer durch seine Gewähr oder Erlaubnis, oder durch seine Nachfolge: Die Erde (verkündete der Psalmist) hatte er den Kindern der Menschheit gegeben: Das beweist, der Titel stammt von der Vaterschaft. Es gab niemals jemals so etwas wie eine unabhängige Vielzahl, die anfangs ein natürliches Recht auf Vergesellschaftung hatte: Dies ist lediglich Einbildung oder einer der zu vielen Phantasien dieser Tage, die sich selbst darin gefallen, den Meinungen von Philosophen und Poeten hinterherzulaufen, um eine solche originale Regierung zu entwickeln, als ob diese ihnen irgendeinen Anspruch auf Freiheit gewähren würde14.

Filmer setzt nicht nur die Autorität Adams über dessen Kinder mit der eines Königs über sein Volk gleich, sondern er entwickelt beide Arten Autorität aus der Schenkung Gottes an Adam in Form der Sach-, Gebrauchs-, und Gebietsherrschaft über die gesamte Welt. Adams Kinder leben auf dessen Landbesitz – was so ist, wenn sie irgendwo in der Welt leben – ausschließlich weil es diesem so gefällt. Adam, der universelle Vater, ist durch die Bedeutung dieser Position der universelle Landbesitzer und absolute Monarch.

Wie konnte Adams prähistorische Autorität in moderne politische Macht überführt werden? Filmer beantwortet das durch Übernahme einer Forderung, die er seinem Zeitgenossen John Selden (1585-1654) zuschreibt. „Mr. Selden lehrt uns in seinem Mare Clausum,“ schreibt Filmer, „dass Adam durch die Schenkung Gottes (Gen. I.28) zum generellen Herrn über alle Dinge, und nicht ohne eine derartige Herrschaft über sich selbst zu haben, wurde, was (ohne seine Gewähr) seine Kinder davon ausschloss. Durch Schenkung und Anerkennung, oder eine Art Zugeständnis (vor seinem Tod oder vor Hinterlassung irgendeines Erben, der ihm folgen könnte) erhielten seine Kinder ihre unterschiedlichen Gebiete als Recht dort Herrschaft auszuüben15. Auf diesem Weg kam die „natürliche und private Herrschaft Adams“ dazu, „Quelle aller Regentschaft und allen Eigentums „ zu werden. Während zum Beispiel Grotius „es so haben will, dass alle unsere Vorfahren, als allesamt freie Leute, eine Abtretung ihrer Macht an die Könige anerkannten,“ enthält Filmer „die andere Meinung,“ die, „unseren Vorfahren jegliche derartige Freiheit abspricht, aber die Macht der Könige von der ursprünglichen Herrschaft Adams ableitet.16“ (Hervorhebung des Ursprungs). Unter dem Strich: Zeitgenössische Monarchen haben ihre Autorität von Adam geerbt, der die gesamte Welt besaß. Jeder König nach Adam, bis zur Sintflut und ab da bis heute, verdient bedingungslosen Gehorsam auf der gleichen Basis, auf der jeder Vater den gehorsame seiner Familie einfordert: Könige und Väter sind Eigentümer des Besitzes, auf und von dem ihre Untergebenen und deren Familien leben.

Sehr viel von Lockes Erstem Band ist dem Nachweis geopfert, dass es keinerlei biblischen Beweis dafür gibt, dass Gott die Welt Adam allein geschenkt hat oder das zeitgenössische Könige (zu Locke’s Zeit) die Erben von Adams Vermächtnis sind. „Adam hatte weder durch das natürliche Recht der Vaterschaft, noch durch eine ausdrückliche Schenkung Gottes irgendeine solche Autorität über seine Kinder, oder gar eine absolute Herrschaft über die Welt“ wie durch Filmer behauptet wird.“ Selbst wenn er solche Autorität gehabt hätte, „wäre es unmöglich, dass die aktuellen Regenten auf der Welt heute irgendeinen Nutzen oder auch nur den leichtesten Schatten von Autorität aus dem ziehen könnten, was für die Quelle aller Macht gehalten wird, aus der angeblichen privaten Herrschaft und der väterlichen Rechtssprechungsbefugnis“, (Originalton). Locke musste daher in Band II seine eigene Begründung für die Ursprünge von Macht und Besitz konstruieren, um die Filmers zu ersetzen.

Denkt man wie Grotius – dem Ziel von Filmers Attacke – beschreibt Locke einen Naturzustand, in welchem Menschen, gleichen Standes in den Augen Gottes, frei von jeglicher „Unterordnung oder Unterwerfung“ untereinander sind. Doch an Stelle der Übertragung des Besitzes an Adam allein, gewährt Gott diesen an „alle gemeinsam“. Damit ist indes kein gemeinschaftlich zu verwaltender Besitz gemeint, sondern vielmehr, dass im Naturzustand jede Person das gleiche Recht zur freien Inbesitznahme (und damit privaten Verfügung) einzelner Teile des gemeinsamen Besitzes durch Bearbeiten hat und damit in Besitz nimmt, was auch immer er benötigt (zumindest so lange als er es nicht verderben lässt). Um einen „Schiedsrichter“ in eine geeignete Position zu bringen, um im Falle von Streitigkeiten über den Besitz zu entscheiden, gehen die Menschen (aus unerklärten Gründen) soweit, dass sie ihren Besitz an die Gemeinschaft abtreten, die sie durch einhelliges Einvernehmen geschaffen haben. Im Gegenzug wählt die Mehrheit in der Gemeinschaft eine Regierungsform aus, um die Gemeinschaft und die, die in ihr den Besitz erben, zum Gehorsam anzuhalten, bis die Regierung ihre Legitimation verliert.

Locke’s Vorschlag ist unübersehbar keineswegs ein Vorschlag um eine zutreffende Theorie der Besitzrechte vorzulegen, als vielmehr einer, um die politische Autorität zu beerdigen, die Filmer von seiner unzutreffenden Theorie her entwickelt. Abgesehen von Filmers Forderung, Gott habe die Welt an Adamübergeben und dadurch absolute Autorität für Könige geschaffen, kann man sich fragen, wozu Locke es dann nötig gehabt hätte, den Besitz überhaupt zu diskutieren, vor allem in einem politischen Werk, das das Recht auf Revolution bestätigen sollte. Locke’s Rückgriff auf unausgesprochene Zustimmung, um beides sicherzustellen, die Akzeptanz der Nutzung des Geldes ebenso wie den individuellen Gehorsam gegenüber den zeitgenössischen Regierungen, zeigt uns wie schwierig es war, Filmers Behauptung zu widerlegen, dass weder Eigentum noch die Regierung an sich als gesichert gelten könnten, als bis sie auf der Garantie einer absoluten Autorität gegründet wären. In einem sehr konkreten Sinn verfehlt Locke tatsächlich Filmers Herausforderung. Soweit es den Besitz selbst betrifft bewirkt Locke’s egalitärer Ausganspunkt, genau wie Filmer befürchtet hatte, unbeabsichtigt die Etablierung eines Impulses in Richtung von Gleichverteilungsforderungen betreffend Besitzrechte, die im 19. Jahrhundert in Sozialismus, Marxismus und Kommunismus gipfelten und im 20. Jahrhundert in einem egalitären Liberalismus. Bezüglich der Autorität von Regierungen, liefert uns der Gedanke, wir stimmten solcher Autorität bereits dadurch stillschweigend zu, indem wir lediglich auf dem Land leben, über das diese Autorität die Rechtsprechungsbefugnis behauptet, kein Stück mehr tatsächliche Freiheit als wir hätten, falls, wie Filmer es vorstellt, ein König faktisch Besitzer seines Königreichs wäre.

Allerdings war individuelle Freiheit für Locke nicht weniger nebensächlich für Locke’s politische Absichten als Verteilungsgleichheit. Die einzige Freiheit, zu deren Übertragung die Individuen im Zug der Zeit Lockes nicht zugestimmt haben, ist ihr Recht, als Gemeinschaft zu beurteilen, ob ihre Regierung rechtmäßige Ziele verfolgt. Indem er mit freien und gleichen Individuen beginnt, ist Locke in der Lage an die Entstehung staatlicher Macht eine jede Bedingung zu knüpfen, von der wir annehmen können, solche Individuen hätten sie übereinstimmend einer Regierung auferlegt. Diese Bedingung besteht, mit dem Begriff Locke’s, dass die Regierung das „Gemeinwohl“ zu verfolgen habe. Sobald diese Bedingung die Grundlage für zukünftige Revolutionen gegen tyrannische Regierungen gelegt hat, unternimmt es Locke, Filmer’s Befürchtungen bezüglich wirtschaftlicher und politischer Stabilität konsensualer Regierungen zu verscheuchen, indem er unausgesprochenes Einvernehmen nutzt, um materielle und politische Ungleichheit zu legitimieren.

Locke definiert nirgends genau, worin das Gemeinwohl besteht, geschweige denn was „Wohlstand, Fortschritt und Sicherheit der Gesellschaft erfordern“. Wir können lediglich sicher sein, dass Streitereien, Übergriffe und Rechtsverletzungen des Naturzustands gegen das öffentliche Wohl stark eingeschränkt werden. Locke ist bezüglich des Gegenteils zum „öffentlichen Wohl“ eindeutig mitteilsamer: „absolut willkürliche“ Regentschaft, die er als eine Regentschaft beschreit, die „unterscheidbare Interessen“ und „Erhebung der eigenen privaten Vorteile der Regenten“ über das „Gute für das Ganze“ – so wie im Fall der absoluten Monarchen, die „fähig sind, ihren eigenen Reichtum und ihre Macht zu vergrößern, indem sie sich von der Bevölkerung nehmen, was ihnen passend erscheint. Locke stellt einige spezielle Tatbestände dar, wie absolute Regierungen das öffentliche Wohl hintergehen, aber der Gehalt dessen Wohls bleibt mehrdeutig.

Setzen wir diese Mehrdeutigkeit voraus, ist es allzu einfach das öffentliche Wohl mit einer wörtlichen Interpretation der oft wiederholten Phrase Locke „Erhalt des Eigentums“ gleichzusetzen. „Der Erhalt des Eigentums ist der Zweck von Regierung, und damit Menschen einer Gesellschaft beitreten ist es notwendigerweise Voraussetzung und Anforderung, dass Menschen Eigentum besitzen, ohne welches von Ihnen der Verlust dessen angenommen werden müsste, weswegen sie in eine Gesellschaft eintraten, was eine zu große Absurdität für einen Menschen darstellen würde, um sie sich zu eigen zu machen.“ Da aber realer Besitz schon längst an die Gemeinschaft übertragen worden war, kann Locke nicht gemeint haben, der Zweck einer Regierung sei der Schutz des Besitzes, den Individuen im Naturzustand in Besitz genommen hatten. Daher ist es keine Überraschung, wenn Locke im nächsten Satz bestätigt, dass der von der Regierung zu beschützende Besitz aus „den Gütern, die die nach Recht der Gemeinschaft die Ihrigen sind“ besteht. Mit demselben Schlüssel schließt Locke die Reichweite des individuellen Besitzes ein, in Form der Besteuerung, solange diese auf „dem Einvernehmen der Mehrheit, erteilt entweder durch sie selbst oder durch von ihnen gewählten Repräsentanten“ beruht. Wenn Lockes verkündet, die Bevölkerung sollte Eigentum haben, muss er die Bevölkerung meinen, die als Gemeinschaft sich nach dem Gesetz richten, welches die Regierung erlässt, deren Form von der Mehrheit bestimmt wird. Das lässt nun das Gemeinwohl weiterhin undefiniert, solange die Kriterien, nach denen der Besitz der Bevölkerung geregelt wird nicht abgesprochen sind.

Es ist für Locke zweifellos in rhetorischem Sinne nützlich darlegen zu können, dass das Kriterium, ob eine Revolution gerechtfertigt ist, entweder darin besteht, ob die Regierung das „Eigentum“ erhält – ein Standard den wenige seiner angedachten Zuhörer bestritten hätten. Schließlich hat Locke ja klar gemacht, dass die Regierung jede Freiheit hat den Besitz eines jeden Individuums an sich zu nehmen oder zu regulieren, dessen Vorfahren es am Ende der Gemeinschaft angetragen hatten. Dasselbe gilt von Lockes Begriff der Freiheit. Er definiert manchmal „Eigentum“ tatsächlich als „Life, Liberty and Estate“ (Leben, Freiheit und Vermögen). Im selben Paragraphen kann er beides ausrechterhalten. Dass die Menschen der Gesellschaft ausschließlich beitreten „mit der Absicht eines jeden seine Freiheit sowie sein Eigentum besser zu erhalten“ und andererseits, dass, wenn „Menschen…einer Gesellschaft beitreten“ sie „die Gleichheit, Freiheit und exekutive Macht, die sie im Naturzustand hatten in die Hände der Gesellschaft abgeben, damit diese weiterhin durch die Legislative verwaltet werden, so wie es das Gemeinwohl erfordern sollte“.
Die Lösung dieses Paradoxons erfolgt auf der nächsten Seite: Die Macht der Regierung kann nicht „als weiterreichend angenommen werden, als das Gemeinwohl reicht“, so dass die Abgabe persönliche Freiheit diese bewahrt und die Übergabe persönlichen Besitzes an die Gemeinschaft diesen in gleichem Sinne schützt. Was Locke hier zu meinen scheint, besteht darin, dass das Gemeinwohl verlangt, die Freiheit und den Besitz, die wir unter der Herrschaft des Gesetzes innehaben, gesichert sein solle, im Gegensatz zum Naturzustand, indem das nicht der Fall ist. Wir tauschen unsichere Formen von Freiheit und Besitz gegen sichere Versionen ein. Denn Locke garantiert nirgends Sicherheit im Sinne von Verboten gegen Aufhebung individueller Freiheit oder Beschlagnahme individuellen Besitzes. Tatsächlich beauftragt er nur (1) die Regentschaft durch Gesetz, was dessen Auslegung und Exekution durch „aufrechte Richter“ und „festgeschriebene, bestehende Gesetze“ statt „spontaner, willkürlicher Dekrete“ und (2) unsere Zustimmung bei der Besteuerung, genau genommen das Einvernehmen der Mehrheit – genau wie eine durch Mehrheit berufene Regierung die Gesetze zur Regulierung von Besitz erlässt.

Locke kann unmöglich meinen die Verringerung die Verringerung individueller Freiheitsrechte und Besitzrechte zu verbieten, wie eine buchstäbliche Interpretation der Formel „Erhalt des Eigentums“ weiszumachen versucht, denn das würde jegliche Besteuerung und koordinierte Aktivität von Regierungshandeln unmöglich machen. Die Sicherheit an der wir uns in einer bürgerlichen Gesellschaft erfreuen, ist deshalb ausschließlich eine kollektive Sicherheit für unsere Freiheit und unseren Besitz. Die Freiheit zu jeglicher Betätigung und zum Besitz von Gütern die wir hatten, wie unsicher auch immer, als Individuen im Naturzustand wurde ausgetauscht, durch den Übergang in die Gesellschaft, um unter Gesetzen zu leben die nicht einfach par ordre du Mufti und ohne Mitteilung verändert werden und die „keinen anderen Zweck beinhalten, als Frieden, Sicherheit und das öffentliche Wohl der Bevölkerung“. Noch einmal, Locke hat versäumt uns über die Bedeutung letzteren Satzes aufzuklären.
Das sollte indes nicht überraschen, setzt man Lockes Slalom zwischen Eigeninteresse und Konsens voraus. Eigeninteresse ist, wie das „Gemeinwohl“ oder das „Öffentliche Interesse“ von Natur aus eine substantielle Idee: Bestimmter Inhalt wird erst dann damit verbunden, wenn wir die Frage beantwortet habe, was ein gutes Leben ausmacht. Konsens, im Gegensatz dazu, ist eine formelle Idee: Er signalisiert die Validierung, egal welcher Vorschlag gemacht wurde. Im Falle Locke’s bestehen die zustimmenden Autoritäten aus Individuen im Naturzustand. Wozu auch immer sie Einvernehmen erzielen, es ist aus sich selbst heraus legitim. Statt sich nachher lange mit der Frage der Natur des Guten aufzuhalten, hatte der Liberalismus nach Locke die Tendenz sich damit zu plagen, wie man Menschen deren gleichwertige Autorität garantieren könne, sich selbst für das zu entscheiden was gut sein könnte.

Wenn Locke zum Beispiel in den Kapiteln 40-44 darlegt, wie partikulare Vorteile durch Inbesitznahme oder durch Übergabe an die bürgerliche Gesellschaft entstehen, liefert er substantielle Gründe für seine Schlussfolgerungen. Wenn er davon spricht, wie Menschen übereinstimmen oder sich vertraglich binden (wie in § 45), sorgt er für formelle Gründe. Die substantiellen Vorteile die er anscheinend im Auge hat, entsprechen dem Typus weltlicher Vorteile die bereits von früheren Gesellschaftsvertragstheoretikern wie Hobbes genannt wurden, die in ihren klaren Zugeständnissen zu Frieden und Fortschritt ausdrücklich wurden. In seinem „Brief betreffend die Toleranz“ hat Locke eine scharfe Unterscheidung zwischen „bürgerlichen Interessen“, um die sich Regierungen legitimer Weise zu kümmern haben und den spirituellen Angelegenheiten, aus denen sie sich heraushalten sollten. Locke definiert bürgerliche Interessen als „Leben, Freiheit, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit, und den Besitz äußerlicher Dinge, wie Geld, Land, Häuser, Möbel, und Ählichem18.“ Durch die Befassung mit diesen Gütern, und vor allem mit dem gesellschaftlichen Frieden, teilte Locke die substantiellen Zusagen – die weltliche Definition von Interessen – seiner unmittelbaren Vorläufer und die von Shaftesbury.

Die anhaltende Bedeutung der Two Treatises beruht, mag sein Locke selbst verweigert sich darin, bei weitem und weithin, auf derartigen Voraussetzungen. Noch deutlicher, er erhebt das formelle Prinzip individuellen Einvernehmens auf eine Position der Überlegenheit die sie noch dreihundert Jahre später behält. Die Ironie der Geschichte: Er tut das mit der Absicht das ausdrückliche, individuelle Einvernehmen zu einem nichtigen Akt zu machen indem er den Weg eines gegenseitigen Schweigens als Zustimmung einschlägt. Was bleibt ist „das öffentliche Interesse“, eingebracht durch die ursprünglichen Vertragspartner in den vorzeitlichen Gesellschaftsvertrag, dessen Verletzung das Recht auf Revolution gewährleistet. Vielleicht denkt Locke, sie müsse wegen des inhärenten Konflikts zwischen einem derart substantiellen Kriterium und dem Einvernehmen legitimiert sein. Wie auch immer, er verfehlt drin, klar zu machen, worin das Kriterium besteht. Folgerichtig liefert das ein weit weniger bekanntes Erbstück Lockes als es das Prinzip des Einvernehmens war. Unter demselben Zeichen, verbleiben moderne Aufrufe zu Gunsten des öffentlichen Interesses ziemlich vage, doch in der Anwendung scheinen sie unverändert Verbesserungen entweder von „äußerlichen Dingen“ oder bei Lockes anderen „bürgerlichen Interessen“ – Leben, Gesundheit und natürlich Freiheit zu betreffen. Was verschwunden ist, ist die Fähigkeit zu diskutieren, ob diese Interessen tatsächlich, die Summe allen guten Lebens ausmachen. Der Grund für diese Lücke mag in der Tatsache bestehen, dass der Ort um derart substantielle Auswüchse zu diskutieren durch die Konflikte betreffend die materiellen Ressourcen eingenommen wurde, die eine gleichwertige Freiheit für alle ermöglichen, mittels derer jeder von uns „für uns selbst auswählen kann“, was gut ist.

Zu unterstellen, Locke habe sich einen ähnlichen Kontext vorgenommen, wie ihn die revisionistischen Scholastiker bevorzugten, bedeutet die Tatsache zu übersehen, dass Locke seinen Kontext an allererster Stelle zunächst eigens konstruiert hat. Die größte Bedeutung der klar früheren Datierung der Treatises mag ganz einfach darin liegen, dass durch die Antwort auf Filmer im Kontext der frühen 1680er Jahre Locke versehentlich das substantielle Kriterium des „öffentlichen Wohls“ eines jeden bestimmten Inhalts beraubt hat, denn er ertappte sich selbst dabei, es auf den Fundamenten eines Gesellschaftsvertrags zu rechtfertigen. Ironischer Weise, hat er geschrieben, als Volkssouveränität kein Problem mehr war, hätte er womöglich genau das hervorbringen können, was frühere Interpreten als seine Absicht betrachteten: Eine Verteidigung der aktuellen Folgen der Revolution für das Leben des Volkes.
Fußnoten:
1Jeffrey Friedman, Herausgeber, der Critical Review: An Interdisciplinary Journal, ein Magazin für politische Theorie, vierteljährlich aufgelegt, in New Haven, Connecticut
https://de.wikipedia.org/wiki/Critical_Review
http://www.criticalreview.com/crf/
2https://de.wikipedia.org/wiki/Levellers
3https://de.wikipedia.org/wiki/Diggers
4eine Behauptung die aus dem Text der Two Tracts weder explizit noch implizit hervorgeht. Er verteidigt lediglich die Oberhoheit der Regierung auch äußerliche und unwesentliche Fragen der Religionsausübung nach eigenem Ermessen zu regeln, um die übergeordneten Ziele der Gesamtgesellschaft sicherzustellen: Religion geht niemals über Grundrechte.
5https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Dover
6 A Letter from a Person of Quality to his Friend in the Country,” quoted in Richard Ashcroft, revolutionary Politics and Locke’s Two Treatises of Government (Princeton, 1986), p. 188

7Woran sich jetzt in 2017 nichts geändert hat, im Gegenteil. Sie hat sich verschärft.
8 David Wooton, “Introduction” to idem, ed. Political Writings of John Locke (New York, 1993), p. 15
9 Peter Laslett, ed. Patriarcha and other works of Sir Robert Filmer (Oxford, 1949), p. 273.
10Michel de Montaigne, Essays quoted in Richard Tuck, “The ‘modern’ theory of natural law”, in Anthony Pagden, ed. The Language of Political Theory in early Modern Europe (Cambridge, 1987), p. 110.
11Locke, Two Tracts on Government, ed. Philip Abrams (Cambridge, 1967), p. 146.
12 Grotius quoted in Tuck, p. 116
13https://en.wikipedia.org/wiki/Putney_Debates
14 Rainborough quoted in Thomas A. Horne, Property rights and Poverty: Political argument in Britain, 1605 – 1834 (Chapel Hill, 1990) p. 23.

15Laslett, ed. Pp. 187-188
16Ibid. pp.63-64
17 Ibid. p. 71

18John Locke, A Letter Concerning Toleration, ed. Patrick Romanell (Indianapolis, 1955), p. 17

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Introduction by Jeffrey Friedman TToG

Two Treatises of Government

Introduction

by Jeffrey Friedman*

It used to be easy to pigeonhole the Two Treatises of Government. Everyone from conservatives to Marxists agreed that John Locke’s political theory was a foundation stone of individualistic liberalism that furthered the interests of private property. This is still the conventional view about Locke and, therefore, about the Constitution and the political culture of the United States, on which Locke exercised such a great influence.

In several respects, as we shall see, the Two Treatises directly contradict this view. What explains its persistence is in part that the theory of property presented in the Treatises was interpreted in the light of an incorrect dating of when Locke wrote them. They were published in 1689, the year after England’s „Glorious“ or „Bloodless“ Revolution, which replaced the Stuart King, James II, with his daughter, Mary, and her Dutch husband, William of Orange. The Revolution decisively shifted the center of power to­ward the propertied in Parliament. Locke’s declaration on the first page of his Preface to the Two Treatises that his work provided a justification for the Revolution suggested to generations of historians that Locke not only published but wrote the Treatises after the new order had been established, so as to defend it.

In 1960, however, it was discovered that the Treatises were actually written eight or nine years before being published (the precise date is still in dispute). Instead of being an apologist for a completed and, to modern eyes, rather conservative revolution, Locke now emerged as a subversive agitating for a rebellion whose conservative out­come could not yet be known. The earlier dating of the Treatises puts Locke in the company less of the moneyed great than of radical egalitarians many of whom were holdovers from the civil wars and experiments in republicanism that had occurred between 1640 and 1660. These radicals congregated, it is true, around Locke’s patron, the first Earl of Shaftesbury, and few in England were as moneyed or as great as he. Nonetheless, Shaftesbury was the Leader of what became virtually a mass political party, the Whigs, whose appeal was largely to urban artisans and opponents of the aristocracy, and whose opinions and rhetoric reminded their Tory opponents, at least, of the excesses of Cromwell, the Levellers, and such radical egalitarians as the Diggers.

Shaftesbury had at one point been Lord Chancellor ­ the highest appointed official in the land. But after 1673 he went into increasingly pronounced opposition to the policies of the Restoration Stuarts, Charles II and then James II, being implicated in an assassination scheme in 1683 and a conspiracy to usurp the throne through armed Rebellion in 1685. Locke, who was not only a man of letters but Shaftesbury’s physician and propagandist, seems to have followed Shaftesbury into these treacherous waters, and für long periods had to live abroad so as to avoid jail or worse in England.

What was it that drove Shaftesbury and Locke to these extremes? Locke had, before meeting Shaftesbury, been anything but an advocate of toleration and constitutionalism. In his Two Tracts on Government (1661), for instance, he defended the then-standard view that government must impose religious conformity to prevent society from disintegrating into warring religious factions. By the 1670s Locke had reversed himself and shared with Shaftesbury a fear that exactly the religious orthodoxy Locke had previously advocated was about to be imposed on England with the exception that the orthodox religion was to be Roman Catholic, not Protestant. Conceivably Shaftesbury, whose wealth came largely from his successful participation in the burgeoning commercial economy, had influenced Locke to see the prosperity of the great success story of the day, Holland – the seventeenth-century version of contemporary Japan – as flowing from its toleration is, slightly democratic government Locke’s Essay Concerning Toleration (1667) heavily emphasized the peace and prosperity toleration brought, a theme that is still evident in his more famous Letter Concerning Toleration of 1685.

In any event, Shaftesbury and presumably Locke suspected that secret provisions of the 1670 “Treaty of Dover” threatened England with the evils the Wars of Religion had taught Protestants to fear: Royal absolutism and the religion that was thought inevitably to depend on and lead to it, Catholicism. They believed that in the treaty, Charles II had promised to convert to Catholicism in exchange for subsidies from Louis XIV that might free Charles of the need to ask Parliament for money – the perennial source of royal weakness and parliamentary power. Through a Catholic alliance with France, Charles might gain the ability to govern England without consulting the representatives of the people in Parliament. Suspicions along these lines were not alleviated by Charles’s war against Protestant Holland or his accumulation of a standing army that might crush resistance to his authority.

Among the broader populace, perfidy by the king himself was difficult to contemplate. Rather than suspect Charles of plotting to impose Catholic absolutism, by the end of the 1670s many in the public at large were ready to believe in a „Popish Plot“ to murder Charles so that his Brother James, Duke of York, who clearly was Catholic, would inherit the throne. The 1680s thus began with the Exclusion Crisis, which saw the Whigs in Parliament attempt to bar James from the throne. It is now accepted that at least the First Treatise was written to defend this effort, which was stymied in 1681 by Charles’s refusal to call further Parliaments. Like Charles I, whose attempt at „personal rule“ had led to the Civil War of the 1640s, Charles II seemed bent on governing without a legislature.

The Whigs‘ concerns were expressed in an anonymous tract that charged that there was a conspiracy to „declare the government absolute and arbitrary; to allow monarchy, as well as episcopacy, to be jure divino, and not to be bounded or limited by any human laws1.“ The pamphlet in which these words appeared was publicly burned in 1675 and the House of Lords began seeking out its author. Three days later, Locke hurriedly departed on an un­scheduled, three-year-long trip abroad. It is from actions such as this, which suggest Locke’s deep involvement in resistance politics, that a new understanding of Locke’s views has been constructed to replace the old view of Locke as an apologist for privilege. If Locke associated with democrats, scholars now reason, then he, too, must have been a democrat. If he was not a conservative, then he must have been a radical. If he was a revolutionary, perhaps he was even a proto-socialist.

Just as the older view’s assimilation of the Treatises to their (incorrect) historical context depended crucially on the role of private property in Locke’s theory, so does the new view. In this respect both theories are probably the result of imposing nineteenth- and twentieth-century preoccupations on seventeenth-century politics. The debate over distributive justice that polarizes our politics makes it difficult to contemplate dispassionately a theory that seems to rest so heavily on private property. Thus, to those on the left, the earlier view of Locke made him a relic of bourgeois hegemony; to those in the liberal center, Locke was an embarrassing reminder of early liberals‘ naivete about capitalism; and to many on the right, Locke became the inspiration for a classical liberal revival. Locke’s property theory was either attacked as reactionary, bypassed in favor of his defenses of toleration and popular sovereignty, or made the object of libertarian veneration.

Now that the old picture of Locke has been overturned, so has the old understanding of Locke’s theory of property. The brief „Lockean proviso“, which holds – Or is seen as holding – that individuals in the state of nature could appropriate property only so long as „there was still enough, and as good left“ for others [Two Treatises if Government, p. 189], has, in the hands of some scholars, become the opening wedge for reinterpreting Locke as a critic of private property. For, they ask, does not this proviso suggest that, after all of God’s bounty has been privately appropriated, the result should be a distribution that leaves nobody worse off than anyone else?
This is as good a question as any with which to begin a more balanced assessment of the „new“ Locke. We should notice, first of all, that despite suggesting Locke’s involvement with „radical“ politics, the historical setting of the early 1680s is hardly conducive to the new view of his property theory. If anything, the ghosts of Civil War radicalism stirred up by Whig agitation would have made people fear for their property rights if Shaftesbury’s forces should triumph; why Locke would fan such fears by grounding Whig political theory on a radical theory of property is far from clear.

When Locke wrote the Treatises he was participating in an increasingly desperate political struggle to establish the right of the people either to exert some control over their government, or to replace an unresponsive government with a new one. Any adequate understanding of the Two Treatises should show how Locke’s property argument contributed to this project. The distribution of property was not itself at issue and cannot, unless linked convincingly to the larger political battle, be assumed to provide the context in which Locke’s discussion was framed.

If we try to free ourselves of contemporary preoccupations, the Lockean proviso hardly comes across as a clarion call for property redistribution. It is, instead, a rejoinder to a possible objection, raised on the previous page of the Second Treatise, to Locke’s claim that in the state of nature one owns whatever property one mixes one’s Labor with. If this is all that is necessary to establish one’s property rights, Locke writes, then it might be wondered whether „any one may engross as much as he will“ [p. 188], such that some people would come to own a great deal of property while others were left with little. Far from emphasizing the importance of such questions of distributive justice, Locke labels them „Quarrels or Contentions about Property“ [ibid.]. He disposes of this particular quarrel by banning not inequality, but waste. Since „nothing was made by God for Man to spoil or destroy,“ private appropriation should be limited to the amount one can use „before it spoils“ [ibid.]. „Exceeding of the bounds of [one’s] just Property“ does not consist in „the largeness of one’s Possession, but the perishing of anything uselessly in it“ [p. 200].

This injunction against spoilage makes it „impossible“ in the state of nature „for any Man, this way, to entrench upon the right of another, or acquire, to himself, a Property, to the Prejudice of his Neighbor, who would still have room, for as good, and as large a Possession (after the other had taken out his) as before it was appropriated“ [p. 191]. Thus, the „Lockean proviso“ only grudgingly averts inequalities of distribution: Locke does not prohibit inequality per se, but that result is indirectly achieved through his ban on acquiring more property than one can use before it spoils.

Locke withdraws even this oblique concession to the „Quarrelsome and Contentious“ [p. 190] once the invention of money allows people to store up more than they can immediately use without their accumulated wealth spoiling. A „disproportionate and unequal Possession of the Earth“ is made possible by the „consent“ embodied in people’s use of money [p. 202]. In a later edition of the Second Treatise, Locke calls inequality a matter of „tacit and voluntary consent.“ So much for Locke, the Leftist.

Yet if we are tempted to revert to the previously dominant view that Locke was an apologist for laissez-faire capitalism, we should note that he repeatedly mentions that ever since the invention of money, communities have legally „regulated the Properties of the private Men of their Society“ [p. 198]. Indeed, Locke maintains, „every Man, when he, at first, incorporates himself into any Commonwealth, he, by his uniting himself thereunto, annexed also, and submits to the Community those Possessions, which he has, or shall acquire,“ after which his property, „which was before free,“ is now „to be regulated by the Laws of the Society“ [p. 258].

From the standpoint of distributive justice, then, Locke’s property argument accomplishes little. No sooner does he advance the „right-wing“ theory of property appropriation by mixing one’s Labor with nature than he Limits it with the prohibition against spoilage; then this Limitation is undone by the invention of money, returning us to a condition of unlimited and unequal property accumulation. But this condition is overturned upon the advent of civil society, which gives government „Dominion“ [ibid.] over the private property originally appropriated by the individuals who mixed their Labor with it. Although there is no evidence that Locke favored using this dominion to create equality of possessions, like his contemporaries he did favor some form of compulsory poor relief and many other forms of property redistribution through the agency of the state, particularly through its power to tax. On the other hand, the power to redistribute property accorded governments by Locke’s theory is no greater than that already possessed by the parliaments of Locke’s day, which could tax whatever they chose to tax. Locke thus seems to leave us just where we started – with private property that can be taken or regulated by the state-raising the question of why he chose to discuss private property in the first place.

Seen as part of a Whig political tract of tl1e early 1680s, however, the property argument serves several important purposes. Consider that the entire First Treatise is, as any reader will find demonstrated at intolerable length, a rebuttal of biblical arguments for absolutism made by the late Sir Robert Filmer (1588-1653). Until it became clear that Locke wrote the Treatises nearly a decade before they were published, it was something of a mystery why he had devoted so much attention to an obscure and long-dead pamphleteer. But in the early 1680s Filmer’s pamphlets, rushed into print by supporters of King Charles II, had an impact that was anything but minor. They were immediately popular and came to define the extreme absolutist position during the Exclusion Crisis. Any opponent of absolutism had to take Filmer seriously. And it must be ad­ mitted that by extending social-contract doctrines to their logical conclusions, Filmer hit on key weaknesses in the liberal tendencies Locke articulated. In the words of one recent Writer „Filmer, not Locke, invented liberalism2“ – if only in order to refute it.

Prior to Locke, most social contract theories – including these of Thomas Hobbes, Hugo Grotius, and Samuel Pufendorf – had been designed to defend absolutism.

Filmer’s genius was to anticipate the logical conflict between the consensual basis of these theories and their authoritarian policy recommendations. For instance, he wondered why, if the basis of government is agreement, people should not be free to leave civil society „when they please, and be free again3.“ Why doesn’t a political theory based on contract sanction anarchy?

Social contractarianism was a reaction to the pervasive intellectual skepticism that had been fueled, at the end of the sixteenth century, by such writers as Montaigne (1533-1592), and that took on added salience during the Wars of Religion that began in 1618. This skepticism questioned our knowledge of natural, religious, and ethical truths because of the variability in human perceptions and culturally generated beliefs. Montaigne famously asked „what truth is that, which these mountains bound, and is a lie in the world beyond4?“ In a reaction against skepticism that retained its premises, such writers as; Descartes (1596-1650), Grotius (1583-1645), Hobbes (1588-1679), and Pufendorf (1632-1694) sought to reconstruct knowledge – whether of nature or of religious, ethical, and political norms – by appealing to bedrock, scientific principles that transcended cultural vicissitudes. In Descartes‘ case the ultimate ground of appeal was the certainty of one’s own existence; in the case of the political philosophers, the starting point was, similarly, the legitimacy of pursuing one’s self-interest, which was given the status of „natural law“ and which issued in individual „rights.“ Usually, however, the pursuit of self-interest was thought to require the creation of an absolute and, therefore, undisputed political sovereign that could spare people from the violence and political disorder endemic to the seventeenth century.

One way to understand Locke (1632-1704) is as launching a mild counter-reaction against the anti-skeptical movement, a reaction that, while accepting the need to discover principles that could overcome relativism, was dissatisfied with the use of rationalist and natural-law devices by the likes of Descartes, Hobbes, and Grotius. Locke was born to a lawyer and small landowner who had fought for Parliament against Charles I in the Civil War, and was brought up as a Puritan. He was educated at Oxford in traditional Aristotelian philosophy. But Locke’s attachment to these received truths may well have been challenged at Oxford by John Owen, an advocate of religious toleration, and by Locke’s participation there in a circle of experimental scientists. For whatever reason, he was strongly drawn to skepticism, echoing Montaigne in an aperçu of 1660, for example: „Our deformity is others‘ beauty, our rudeness others‘ civility, and there is nothing so uncouth and unhandsome to us which doth not some­ where or other find applause and approbation5.“

Unlike Descartes and Hobbes, however, who answered epistemological skepticism with the certainties of the mathematical method, Locke was much taken with empirical knowledge of the sort physicians rely on. No innate ideas proven by mathematical deduction can be of much help in deciding how to operate on a diseased liver. (Locke’s successful performance of such an operation in 1668 saved Shaftesbury’s life and cemented their personal and political alliance.) In the book for which Locke first became famous, his Essay Concerning Human Understanding (1689) – the fountainhead of the eighteenth-century French Enlightenment – Locke rejected innate ideas in favor of empirical evidence as the source of knowledge, while acknowledging and sorting out the relativistic difficulties of even empirical knowledge. In his political philosophy, similarly, Locke retreated from the assumption, common to Grotius, Hobbes, and Pufendorf, that self-interest was the basis of ethical obligation and political society. Without abandoning self-interest, Locke de-emphasized it in favor of a political foundation of even broader applicability, one that was consistent with a greater degree of relativistic skepticism: consent.

Implicit in Locke’s narrative of how we get from the state of nature to a money economy, then to the creation of civil society, then to a specific form of government, and finally to the right to revolution, is the assumption that each step can be legitimated only by consent. To be sure, the writings of the post-skeptical natural-law theorists are shot through with this assumption, as is the thought of the skeptics themselves. After all, Montaigne assumed that mere disagreement somehow cast doubt on the validity of moral or political doctrines, as if unanimous consent to a proposition guarantees that it is true. His opponents, by searching for truths that could command universal agreement, took the same assumption on board. This may explain why natural-law theorists combined appeals to self-interest with stories of social contracts. In demonstrating that, say, the creation of a sovereign authority must have commanded unanimous consent, one not only shows that the sovereign serves the universally valid goal of the putative consenters – self-interest; one also confers legitimacy on the sovereign by virtue of the fact that his authority was established consensually.

In twentieth-century liberalism, it should be noted, the transition from self-interest to consent has been completed. Such political and legal theorists as John Rawls and Ronald Dworkin defend not self-interest, but individual freedom: The individual’s right, in the words of Grotius, to „choose what he pleases“ from among the „several ways of living, some better than others6.“ Even Robert Nozick’s libertarianism does not recommend unabashed self-interest. After all, liberalism – even libertarian liberalism – is a doctrine of equal rights; any one individual’s self-interest must be limited by the equally important interests of others. Nobody has the right to aggrandize himself at the expense of another’s rights. But if this limitation is respected, there is no reason to assume a priori that everyone’s self-interest can be well served: What constitutes one’s interests depends on the answer to the question of what constitutes a good life, and it is at least conceivable that the answer will not allow everyone to lead such a life. (Aristotle, for example, arguably held that the contemplation of eternal truths constitutes our highest interest, but he assumed that this required a life of leisure that is incompatible with labor or commerce. A good life for some may therefore depend on the material abundance others are compelled to provide.)

This is not true, however, of freedom, which, however defined, is a quality that lends itself to being divided up equally. My measure of freedom is compatible with an equal measure of yours, even though might need a larger measure – or, if I’m immature and use it unwisely, a smaller one – to fulfill my interests. While liberalism affords us all the equal right to choose what ends to pursue with our property (which in non libertarian liberalism tends to be distributed equally), it cannot necessarily afford us all the ability to attain those ends – i.e., to achieve our self-interest liberalism, having been founded in Locke’s rejection of Filmer’s claim for fundamental inequalities in political power, has been much more comfortable with egalitarian appeals to freedom than with the appeals to self-interest made by the first generation of social-contract theorists.

How did Locke move from self-interest to consent? It is easy to assume that people will only consent to what serves their interests: in Locke’s words, „no rational Creature can be supposed to change his condition with an intention to be worse“ [p. 264]. Thus, even in social contract theories prior to Locke, consent operated as a proxy for self-interest: In Grotius, Hobbes, and Pufendorf, consent sanctioned both the private property and the political authority that eventually emerged from the primitive self-interestedness of the presocial state. Given the easy identification of self-interest and consent, if self-interest is the remedy for skepticism – if it is the universally accepted moral fundamental-then consent, or universal acceptance itself, takes on the aura of fundamental legitimacy as well.

This can be seen in how easily Locke equates the view that political authority was instituted by the original contractors „only for their own good“ [p. 252] with the view, that „the beginning of “Politic Society depends upon the consent of the Individuals“ [p. 245], who are free to „go and make distinct Commonwealths and other Governments as they thought fit“ [p. 254]. Surely some argument is required before we conclude that whatever one thinks fit is what is, in fact, for one’s own good? But had Locke seen a junction between consent and interest, he might have realized the cleanest solution to Filmerian absolutism: Rather than defend constitutional government on the grounds that it accords with consent, Locke might simply have maintained that it is better for people to live under representative government and the rule of law than to be subjected to the fear, religious conflict, and relative impoverishment that Locke seems to have believed follow from absolutism. In sections 40-44 of the Second Treatise, Locke gives us a model of what such an argument might have looked like when he tries to show that everyone benefits from the introduction of private property. But this is only another of Locke’s responses to the „Quarrelsome and Contentious“ objections against private property, and therefore plays no further role in Locke’s argument.

Locke could have attempted to demonstrate the beneficial consequences of the form of government he favored, just as Grotius, Hobbes, and Pufendorf sought to prove the desirability of absolutism. But since these authors, too, cultivated the equation of consent and interest, and since Locke’s opponent, Filmer, argued primarily from the intrinsic justice of princely authority rather than from its beneficial effects, Locke appears to have seen no alternative but to uphold the intrinsic justice of individual authority, momentously steering subsequent liberal thought toward prizing government by individual consent, regardless of its beneficial consequences.

Not only consent but its presupposition, equality, tends to become an end in itself in Locke’s argument. The connection between consent and equality was already evident in the Putney Debates of 1647, when factions in the Parliamentarian army disputed the nature of the new order they were fighting for. The Leveller spokesman, Colonel Thomas Rainborough, argued that „every man that is to live under a government ought first by his own consent to put himself under that government7.“ This is precisely the sentiment Filmer charged would sanction anarchy. How does Locke escape Filmer’s charge, having already accepted Rainborough’s egalitarian imperative?

Locke contends that by living on land that is inherited from those who originally contracted together; and who „annexed“ their property to the community, we tacitly consent to subject ourselves to the government chosen by that community. If the descendants of the original contractors wish to „enjoy the inheritance of their Ancestors, they must take it on the same terms their Ancestors had it, and submit to all the Conditions annexed to such a Possession“ [p. 219]. There is „always annexed to the Enjoyment of Land a submission to the Government of the Country of which that Land is a part“ [p. 218]. Thus, each individual is legitimately subjected to government even when he or she does not formally consent to it „The Power that every individual gave the Society, when he entered into it, can never revert to the Individuals again, so long as the Society lasts, but will always remain in the Community“ to which the original contractors property was annexed p. 357]. The dissatisfaction of a few individuals with their government does not warrant a revolution, and even the dissolution of a government by revolution does not entail the dissolution of the community and a return to the state of nature. Yet only in the natural state must restrictions on one’s freedom be sanctioned by one’s explicit consent. Therefore, only the direct consent of the community as a whole, not that of its individual components, is needed to legitimate governmental restrictions on our freedom. The judge of whether a government is failing to pursue its proper end and may be rebelled against is not the individual, but „the Body of the People“ [ibid.].

To thus defuse the anarchistic implications of consent theory, Locke has had to rely on a number of dubious assumptions: that all the land in a given country was, in fact, originally the private property of people who freely contracted to leave the state of nature; that this prehistoric contract was so unconditional that it can be said to have „annexed“ the contractors‘ property to the newly formed community; and that the contract also contained provisions that bound the contractors‘ estates to the community in perpetuity. The prerequisite for all of these steps toward individuals‘ tacit consent to government is Locke’s establishment of the initial legitimacy of the contractors‘ property.

Now Locke’s theory of property may not seem so pointless. Once chapter V. of the Second Treatise explains how private property can emerge – without imitating the earlier theorists’ recourse to explicit agreements, whose plausibility Filmer criticized-Locke is able to use private property to transmit the authority of the community to the present day and so avoid anarchy. Important rhetorical purposes, as we shall see, are also served by grounding the legitimacy of government in „property.“ And most important of all, Locke derives the criterion of revolution from the property argument.

To achieve these purposes, Locke first denies the notion that anybody „has originally a private Dominion, exclusive of the rest of Mankind,“ in the fruits and beasts of the world [p. 185]. This is a direct reply to Filmer’s alternative to consent as the basis for government the notion that a paternal authority resides in kings, who are heirs of God’s grant of property rights in the world to the father of all humanity, Adam. „The first government in the world,“ Filmer writes, was monarchical, in the father of all flesh.

Adam being commanded to multiply, and people the earth, and to subdue it, and having dominion, given him over all creatures, was thereby the monarch of the whole world; none of his posterity had any right to possess anything, but by his grant or permission, or by succession from him: the earth (saith the Psalmist), hath he given to the children of men: Which shows, the title comes from the fatherhood. There never was any such thing as an independent multitude, who at first had a natural right to a community: This is but a fiction, or fancy of too many these days, who please themselves in running after the opinions of philosophers and poets, to find out such an original of government, as might promise them some title to liberty8.

Filmer not only equates the authority of Adam over his children with that of a king over his people, but he derives both types of authority from God’s gift of dominion over the world to Adam. His children live on Adam’s property ­ that is, they live anywhere in the world – only at his pleasure. Adam, the universal father, is by virtue of that position the universal Landlord and absolute Monarch.

How is Adam’s prehistoric authority transformed into modern political power? Filmer answers by endorsing a claim he attributes to his contemporary, John Selden (1585-1654). „Mr. Selden teacheth us in his Mare Clausum,“ Filmer writes, „that Adam ‚by donation from God,‘ Genesis I.28, ‚was made the general Lord of all things, not without such a private dominion to himself, as (without his grant) did exclude his children. And by donation and assignation, or some kind of cession (before he was dead or left any heir to succeed him) his children had their distinct territories by right of private dominion9.‘ „Thus, „the Natural and private dominion of Adam“ is „the fountain of all government and propriety.“So while Grotius, for instance, „will have it that our forefathers, being all free, made an assignment of their power to Kings,“ Filmer endorses „the other opinion,“ which „denies any such general freedom to our forefathers, but derives the power of Kings from the original dominion of Adam10″ emphasis in original). In sum, contemporary monarchs have inherited their authority from Adam, who owned the world.

Every King after Adam, down to the Flood and then to the present, deserves unconditional obedience on the same basis by which every father commands the obedience of his family: Kings and fathers own the property on which their subjects and families live.

Much of Locke’s First Treatise is devoted to showing that there is no biblical evidence that God donated the world to Adam or that contemporary kings are the inheritors of Adam’s legacy. According to Locke, “Adam had not either by natural Right of Fatherhood, or by positive Donation from God, any such Authority over his Children, nor Dominion over the World as is pretended“ by Filmer [p. 165]; and even if he had such authority, „it is impossible that the Rulers now on Earth, should make any benefit, or derive any of the least shadow of Authority from that, which is held to be the Fountain of all Power, Adam’s Private Dominion and Paternal jurisdiction“ [pp. 165-166, emphasis in original]. Locke must then, in the Second Treatise, propose his own account of the origins of government and property to replace Filmer’s.

Following Grotius – Filmer’s target – Locke describes a state of nature in which human beings, equal in the eyes of God, are free from „Subordination or Subjection“ to one another [p. 167]. Rather than giving the world to Adam alone, God gave ownership rights to these equals „in common“ [p. 185]. This does not mean collective ownership; rather, each person in the state of nature is equally free to use Labor to attach his ownership of „his own Person“ [ibid.] to pieces of the common stock, thereby appropriating whatever property he needs (as long as it does not spoil). To place an „umpire“ in a position to adjudicate disputes over property, people (for unexplained reasons) go so far as to annex their property to the community they form by unanimous consent, and in turn the majority in the community selects a form of government that the community, and those who inherit its property, are bound to obey until the government sacrifices its legitimacy Locke’s purpose is, evidently, not so much to propose.

The correct theory of property rights as to deny the political authority Filmer derived from his incorrect theory. Absent Filmer’s claim that God gave the world to Adam and hence unlimited authority to kings, one may doubt whether Locke would have needed to discuss property at all in a political tract aimed at establishing a right of revolution. Locke’s resort to tacit consent, to secure both the acceptance of money and individual obedience to contemporary governments, shows how difficult it was to refute Filmer’s charge that neither property nor government could be secure unless they rested on a grant of absolute authority. In a very real sense, in fact, Locke does not meet Filmer’s challenge. As far as property itself is concerned, Locke’s egalitarian starring point did, as Filmer feared, unintentionally establish a momentum toward equal claim rights to property that culminated in socialism in the nineteenth century and egalitarian liberalism in the twentieth. As for the authority of government, the idea that we tacitly consent to such authority merely by living on property over which it claims jurisdiction gives us no more real freedom than we would have if, as Filmer held, the monarch literally owns his kingdom.

But individual freedom was no less than distributive equality, peripheral to Locke’s political purpose. The only freedom individuals have not tacitly consented to part with, by the time Locke is through, is their right, as a community, to judge whether their government is pursuing its legitimate purpose. By starting with free and equal individuals, Locke is able to bind into the origin of state power what­ ever condition we can assume such individuals would have consented to impose on government. This condition is, in Locke’s terms, that the government pursues the „common good.“ Once this condition establishes the basis for future revolutions against tyrannical governments, Locke tries to dismiss Filmer’s concerns about the economic and political stability of consensual politics by using tacit consent to legitimize material and political inequalities.

Locke never defines precisely what the public good is, save what „the good, prosperity and safety of the Society shall require“ [p. 264]. We can be certain only that the controversies and injuries experienced in the state of nature detracted from the public good. Locke is slightly more forthcoming about the opposite of the public good: „absolute Arbitrary“ rule [p. 269], which he describes as rule that serves a „distinct interest,“ elevating the rulers‘ „own private advantage“ above „the good of the whole“ [p. 278] – as in the case of absolute monarchs, who „will be apt to increase their own Riches and Power by taking what they think fit from the People“ [p. 274]. Locke does provide several specific instances of how absolutist government violates the public good, but the content of these good remains ambiguous.

Given this ambiguity, it is all too easy to equate the public good with a literal interpretation of Locke’s oft-repeated phrase, „the preservation of property.“ „The preservation of Property being the end of Government, and that for which Men enter into Society, it necessarily supposes and requires, that the People should have Property, without which they must be supposed to lose that by entering into Society, which was the end for which they entered into it, too gross an absurdity for any Man to own“ [p. 273]. But since real property has long since been „annexed“ to the community, Locke cannot mean that the purpose of government is to preserve the property individuals appropriate in the state of nature. Not surprisingly, then, Locke’s next sentence affirms that the property government protects consists in „the goods, which by the Law of the Community are theirs“ [ibid.]. By the same token, Locke endorses the seizure of individuals’ real property, in the form of taxation, as long as this receives „the Consent of the Majority, giving it either by themselves, or their Representatives chosen by them“ [p. 275]. When Locke says that „the people should have property,“ he must mean the people considered as a community obedient to the laws laid down by the government whose form was chosen by the majority. This continues to leave the public good undefined, however, since the criteria by which the people’s property is to be regulated, not discussed.

Undoubtedly it is useful rhetorically for Locke to be able to say that the criterion of whether revolution is justified is whether government is preserving „property“ – a Standard few in his intended audience would have quarreled with. Yet Locke has already made it clear that the government is free to take or regulate the real property held by any individual, whose ancestors, after all, „annexed“ it to the community. The same is true of Locke’s use of the term „liberty.“ (He sometimes defines „property“ in fact as „Life, Liberty and Estate“ [p. 229].) In the same paragraph he can maintain both that people enter society only „with an intention in everyone the better to preserve himself his Liberty and Property,“ and, on the other hand, that when „Men … enter into Society“ they „give up the Equality, Liberty, and Executive Power they had in the State of Nature, into the hands of Society, to be so far disposed of by the Legislative, as the good of the Society shall require“ [p. 264].

The solution to this paradox is given on the next page:

The power of government cannot „be supposed to extend farther than the common good,“ such that giving up one’s liberty preserves it and annexing one’s property to the community protects it in the same sense. What Locke seems to mean here is that the common good demands that the liberty and property we possess under the rule of law be secure, unlike that in the state of nature. We trade insecure forms of liberty and property for safer versions. Yet Locke nowhere guarantees security in the sense of prohibitions against the abrogation of individual liberty or the seizure of individuals‘ property. Rather, he mandates only (1) the rule of law, which means the promulgation by „up­right judges“ of „established standing laws“ rather than „ex­temporary decrees,“ and (2) our consent to taxation, which means the consent of the majority – just as majority-sanctioned government makes laws regulating property. Locke cannot mean to prohibit the diminution of individual liberty or property rights, as a literal interpretation of „the preservation of property“ would suggest, for that would make taxation and the other coercive activities of government impossible. The security we receive in civil society, then, is only collectively the security of our liberty and property. The freedom of action and possession of goods we had, however insecurely, as individuals in the state of nature is exchanged, with the transition to society, for living under laws that do not change peremptorily or without notice and are „directed to no other end, but the Peace, Safety, and public good of the People“ [ibid.]. Once again, Locke fails to inform us about the meaning of the latter phrase.

Perhaps this should not be surprising, given Locke’s oscillation between self-interest and consent. Self-interest is, like the „common good“ or the „public interest,“ inherently a substantive idea: Specific content is attached to it, depending on our answer to the question of what makes for a good life. Consent, by contrast, is a formal idea: It marks the approval of whatever proposition has been mooted. In Locke’s case, the consenting authorities are the individuals in a state of nature; whatever they agree to is, ipso facto, legitimate. Rather than concerning itself with the nature of the good, post-Lockean liberalism has tended to worry about guaranteeing people the equal authority to decide for themselves what is good.

When Locke argues, for instance in sections 40-44, that particular benefits flow from private appropriation or from the transition to civil society, he is providing substantive reasons to favor his conclusions; when he speaks of people consenting or contracting (e.g., section 45), he is providing formal reasons. The substantive benefits he seems to have in mind are the types of worldly advantage that had been cited by earlier social contractarians like Hobbes, who were explicit in their commitments to peace and prosperity. In his Letter Concerning Toleration Locke makes a sharp distinction between the „civil interests“ in which governments are legitimately concerned and the spiritual affairs with which they should be uninvolved. Locke defines civil interests as „life, liberty, health, and indolence of body; and the possession of outward things, such as money, lands, houses, furniture, and the like11.“ In being concerned for these goods, and most of all for civil peace, Locke shared the substantive commitments – the worldly definition of interests – of his immediate predecessors, and of Shaftesbury.

The lasting importance of the Two Treatises, though, may be that in them Locke refuses, by and large, to argue from such premises. Rather; he elevates the formal principle of individual consent to a position of superiority it retains three hundred years later. Ironically, he does so only in order to render individual consent nugatory by way of its „tacit“ mutation; what remains is „the public interest“ inserted by the original consenters into the primordial social contract, the violation of which warrants revolution. Perhaps because of the inherent conflict between such a substantive criterion and the consent Locke thinks must legitimize it, however, he fails to specify what the criterion consists in. Consequently it has been a much less prominent legacy from Locke than has been the principle of consent. By the same token, modern appeals to the public interest remain rather vague, but in operation they seem invariably to concern improvements in either „outward things“ or in Locke’s other „civil interests'“ – life, health, and of course liberty. What has vanished is the ability to discuss whether these interests are, in fact, the sum total of the good life; the reason for this lacuna may be the fact that the place for disputing such substantive issues has been taken up by conflicts over the material resources that can enhance the equal liberty of each of us to „choose for ourselves“ what is good.

To assume that Locke faced a similar context, as the revisionist scholars tend to do, means overlooking the fact that Locke created this context in the first place. The greatest significance of the earlier dating of the Treatises may be simply that, in replying to Filmer in the context of the early 1680s, Locke inadvertently emptied the substantive criterion of the public good of any determinate content, because he found himself justifying it on the grounds of a social contract. Ironically, had he written when popular sovereignty was no longer at issue, he might have produced precisely what earlier interpreters assumed was his intention: A defense of the actual consequences of the Revolution for the lives of the people.

*Jeffrey Friedman is the editor of Critical Review: An Interdisciplinary Journal, a political theory quarterly published in New Haven, CT.

©1994 The Legal Classics Library, Division of Gryphon Editions, P.O. Box 6003, Delran, New Jersey 08075. All rights reserved. Printed in the United States of America

NOTES

1. A Letter from a Person of Quality to his Friend in the Country,” quoted in Richard Ashcroft, revolutionary Politics and Locke’s Two Treatises of Government (Princeton, 1986), p. 188
2. David Wooten, “Introduction” to idem, ed. Political Writings of John Locke (New York, 1993), p. 15
3. Peter Laslett, ed. Patriarcha and other works of Sir Robert Filmer (Oxford, 1949), p. 273.
4. Michel de Montaigne, Essays quoted in Richard Tuck, “The ‘modern’ theory of natural law”, in Anthony Pagden, ed. The Language of Political Theory in early Modern Europe (Cambridge, 1987), p. 110.
5. Locke, Two Tracts on Government, ed. Philip Abrams (Cambridge, 1967), p. 146.
6. Grotius quoted in Tuck, p. 116
7. Rainborough quoted in Thomas A. Horne, Property rights and Poverty: Political argument in Britain, 1605 – 1834 (Chapel Hill, 1990) p. 23.
8. Laslett, ed. Pp. 187-188
9. Ibid. pp.63-64
10. Ibid. p. 71
11. John Locke, A Letter Concerning Toleration, ed. Patrick Romanell (Indianapolis, 1955), p. 17

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Introduction / Einführung by Jeffrey Friedman TToG

Two Treatises of Government

Introduction / Einführung

by Jeffrey Friedman*

It used to be easy to pigeonhole the Two Treatises of Government. Everyone from conservatives to Marxists agreed that John Locke’s political theory was a foundation stone of individualistic liberalism that furthered the interests of private property. This is still the conventional view about Locke and, therefore, about the Constitution and the political culture of the United States, on which Locke exercised such a great influence.

Es war lange Zeit so bequem die “Two Treatises of Government” in eine Schublade zu stecken. Ein jeder, vom Konservativen bis zum Marxisten glaubte übereinstimmend an die Legende von der Grundsteinlegung eines individualistischen Liberalismus durch John Lockes politische Theorie, welche die Interessen des „Privateigentums“ gefördert habe. Darin besteht nach wie vor die konventionelle Sichtweise auf Locke, und eben genau deshalb auf die Verfassung und die politische Kultur der Vereinigten Staaten, auf die Locke’s Ideen eine derart große Wirkung hatten.

In several respects, as we shall see, the Two Treatises directly contradict this view. What explains its persistence is in part that the theory of property presented in the Treatises was interpreted in the light of an incorrect dating of when Locke wrote them. They were published in 1689, the year after England’s „Glorious“ or „Bloodless“ Revolution, which replaced the Stuart King, James II, with his daughter, Mary, and her Dutch husband, William of Orange. The Revolution decisively shifted the center of power to­ward the propertied in Parliament. Locke’s declaration on the first page of his Preface to the Two Treatises that his work provided a justification for the Revolution suggested to generations of historians that Locke not only published but wrote the Treatises after the new order had been established, so as to defend it.

Unter verschiedenen Aspekten, wir werden das betrachten, widersprechen die Two Treatises dieser Sicht unmittelbar. Die Erklärung für ihre hartnäckige Durchsetzungsfähigkeit liegt zum Teil darin begründet, dass die in den Treatises vorgestellte Eigentumstheorie im Licht einer zeitlichen Fehleinordnung ihrer Entstehung interpretiert wurde. Veröffentlicht wurden sie 1689, im Jahr nach der „Glorious“ oder „unblutigen Revolution“ in England, durch die der Stuartkönig James II durch seine Tochter Mary und deren Gemahl Wilhelm von Oranien ersetzt wurde. Diese Revolution verschob den Machtschwerpunkt definitiv in Richtung der Besitzbürger im Parlament. Lockes eigene Erklärung auf der ersten Seite seines Vorworts zu den Two Treatises, sein Werk enthalte die Rechtfertigung dieser Revolution verführte Generationen von Historikern zu der Annahme, Locke habe die Treatises nicht nur nach Etablierung der neuen Ordnung publiziert, sondern auch geschrieben, um selbige zu verteidigen.

In 1960, however, it was discovered that the Treatises were actually written eight or nine years before being published (the precise date is still in dispute). Instead of being an apologist for a completed and, to modern eyes, rather conservative revolution, Locke now emerged as a subversive agitating for a rebellion whose conservative out­come could not yet be known. The earlier dating of the Treatises puts Locke in the company less of the moneyed great than of radical egalitarians many of whom were holdovers from the civil wars and experiments in republicanism that had occurred between 1640 and 1660. These radicals congregated, it is true, around Locke’s patron, the first Earl of Shaftesbury, and few in England were as moneyed or as great as he. Nonetheless, Shaftesbury was the Leader of what became virtually a mass political party, the Whigs, whose appeal was largely to urban artisans and opponents of the aristocracy, and whose opinions and rhetoric reminded their Tory opponents, at least, of the excesses of Cromwell, the Levellers, and such radical egalitarians as the Diggers.

Wie auch immer. 1960 wurde entdeckt, dass die Treatises tatsächlich Acht oder Neun Jahre vor der Veröffentlichung geschrieben worden waren (das genaue Datum ist noch immer Gegenstand der Diskussion). Statt des Apologeten einer erfolgreich abgeschlossenen und, nach heutigen Maßstäben, durchaus konservativen Revolution, entpuppt sich Locke nun als subversiver Agitator einer Rebellion deren konservativer Ausgang noch nicht fest stehen konnte. Die frühere Datierung bringt Locke deutlich weniger in die Gesellschaft weniger äußerst Wohlhabender als in die radikaler Egalitärer, von denen viele Überlebende der Bürgerkriege und der republikanischen Experimente zwischen 1640 und 1660 waren. Diese Radikalen versammelten sich, das entspricht den Tatsachen, um Lockes Dienstherrn, den ersten Earl of Shaftesbury, und nur wenige in England waren derart vermögend oder bedeutend wie er. Ohne jeden Zweifel war Shaftesbury der führende Kopf einer Bewegung, die praktisch zu einer politischen Massenpartei wurde, den Whigs, deren Ansprache sich überwiegend an die städtischen Handwerker und Gegner der Aristokratie wandte und deren Ansichten und Rhetorik die gegnerischen Torys mindestens an die Exzesse Cromwells, die Leveller und derart Radikale wie die Diggers, erninnerte.

Shaftesbury had at one point been Lord Chancellor ­ the highest appointed official in the land. But after 1673 he went into increasingly pronounced opposition to the policies of the Restoration Stuarts, Charles II and then James II, being implicated in an assassination scheme in 1683 and a conspiracy to usurp the throne through armed Rebellion in 1685. Locke, who was not only a man of letters but Shaftesbury’s physician and propagandist, seems to have followed Shaftesbury into these treacherous waters, and für long periods had to live abroad so as to avoid jail or worse in England.

Shaftesbury hatte es an einem bestimmten Punkt bis zum Lordkanzler gebracht – der höchsten offiziell anerkannten Position des ganzen Landes. Doch nach 1673 wurde er zunehmend deutlicher zum Gegner der restaurativen Politik der Stuarts, zunächst Charles II und anschließend James II, schließlich wurde er 1683 mit einem Mordszenario und einer Verschwörung zur Usurpation des Throns durch eine bewaffnete Rebellion 1685 in Verbindung gebracht. Locke, der nicht nur ein Mann des geschriebenen Wortes, sondern auch Shaftesburys Arzt und Propagandist war, erweckte den Anschein, jenem in diese tückischen Gewässer zu folgen und musste lange Zeit außerhalb Englands leben um Gefängnis oder Schlimmeres zu vermeiden.

What was it that drove Shaftesbury and Locke to these extremes? Locke had, before meeting Shaftesbury, been anything but an advocate of toleration and constitutionalism. In his Two Tracts on Government (1661), for instance, he defended the then-standard view that government must impose religious conformity to prevent society from disintegrating into warring religious factions. By the 1670s Locke had reversed himself and shared with Shaftesbury a fear that exactly the religious orthodoxy Locke had previously advocated was about to be imposed on England with the exception that the orthodox religion was to be Roman Catholic, not Protestant. Conceivably Shaftesbury, whose wealth came largely from his successful participation in the burgeoning commercial economy, had influenced Locke to see the prosperity of the great success story of the day, Holland – the seventeenth-century version of contemporary Japan – as flowing from its toleration is, slightly democratic government Locke’s Essay Concerning Toleration (1667) heavily emphasized the peace and prosperity toleration brought, a theme that is still evident in his more famous Letter Concerning Toleration of 1685.

Was aber hat Shaftesbury und Locke zu diesen Extremen getrieben? Locke war, bevor er auf Shaftesbury traf, alles andere als ein Anwalt für Toleranz und Verfassungsmäßigkeit. In seinen Two Tracts on Goverment (1661) verteidigte er zum Beispiel die Mainstream-Sichtweise, dass eine Regierung religiöse Konformität vorschreiben muss, um gesellschaftliche Auflösung durch sich bekämpfende religiöse Gruppen zu verhindern4. 1670 hatte sich Locke selbst revidiert und teilte mit Shaftesbury die Befürchtung, dass genau die religiöse Orthodoxie, die Locke kurz zuvor angeklagt hatte, dabei war in ganz England zur verbindlichen Vorschrift zu werden – wobei der Ausnahmezustand darin bestand, dass die orthodoxe Religion die der Katholiken werden sollte, nicht die der Protestanten. Man darf den Schluss ziehen, Shaftesbury, dessen Vermögen weitgehend von seinen erfolgreichen Investitionen in die bürgerlichen Wirtschaftsstrukturen herrührte, habe Locke dahingehen beeinflusst, den Fortschritt des damaligen Tiger-Staats Holland, eine Art Japan der damaligen Zeit, als Ausfluss dessen toleranter, weitgehend demokratischer Regierungsform zu betrachten. Lockes „Essay Concerning Toleration (1667)“ stellte Frieden und fortschreitenden Wohlstand, den diese Toleranz einbrachte, jubelnd heraus. Ein Thema das ihn in den besser bekannten „Letter of Toleration“ von 1685 noch deutlich beherrschte.

In any event, Shaftesbury and presumably Locke suspected that secret provisions of the 1670 “Treaty of Dover” threatened England with the evils the Wars of Religion had taught Protestants to fear: Royal absolutism and the religion that was thought inevitably to depend on and lead to it, Catholicism. They believed that in the treaty, Charles II had promised to convert to Catholicism in exchange for subsidies from Louis XIV that might free Charles of the need to ask Parliament for money – the perennial source of royal weakness and parliamentary power. Through a Catholic alliance with France, Charles might gain the ability to govern England without consulting the representatives of the people in Parliament. Suspicions along these lines were not alleviated by Charles’s war against Protestant Holland or his accumulation of a standing army that might crush resistance to his authority.

Bei allen Gegebenheiten, hatten Shaftesbury und Locke den Verdacht, die geheimen Vereinbarungen des Vertrags von Dover5 (1670) bedrohten England mit dem Elend und den Nachteilen der Religionskriege, die die Protestanten das Fürchten gelehrt hatten: Königlicher Absolutismus und die Religion, die man als unvermeidbar davon abhängig und dazu führend betrachtete, der Katholizismus. Sie glaubten, Charles II habe sich im Vertrag verpflichtet, zum Katholizismus überzutreten und erhielte dafür Subventionen von Ludwig XIV., die ihn von der Notwendigkeit befreiten, das Parlament um Geldmittel zu bitten – die unendliche Quelle königlicher Schwäche und parlamentarische Macht. Durch eine katholische Allianz würde Charles II die Fähigkeit erlangen, England ohne Abstimmung mit den Repräsentanten der Bevölkerung im Parlament zu regieren. Diese Verdachtsmomente wurden kaum durch Charles II Krieg gegen das protestantische Holland oder seinen Aufbau eines stehenden Heeres vermindert, der ihm ermöglichte jeden Widerstand gegen seine Autorität zu brechen.

Among the broader populace, perfidy by the king himself was difficult to contemplate. Rather than suspect Charles of plotting to impose Catholic absolutism, by the end of the 1670s many in the public at large were ready to believe in a „Popish Plot“ to murder Charles so that his Brother James, Duke of York, who clearly was Catholic, would inherit the throne. The 1680s thus began with the Exclusion Crisis, which saw the Whigs in Parliament attempt to bar James from the throne. It is now accepted that at least the First Treatise was written to defend this effort, which was stymied in 1681 by Charles’s refusal to call further Parliaments. Like Charles I, whose attempt at „personal rule“ had led to the Civil War of the 1640s, Charles II seemed bent on governing without a legislature.

Die breite Mehrheit der Bevölkerung konnte sich einen Verrat durch den König selbst gar nicht vorstellen. Oder gar Charles II zu verdächtigen, er wolle den katholischen Absolutismus einführen. Im Gegenteil, Ende der 1670er Jahre waren sehr viele empfänglich für das Gerücht, an eine „papistische Verschwörung“ zu glauben, die Charles II umzubringen und seinen Bruder James, Duke of York, einen bekennenden Katholiken als Erbberechtigen auf den Thron zu bringen. So begannen die 1680 mit der „Ausschließungs-Krise“, in der die Whigs im Parlament mit dem Versuch auftraten, James vom Thron fernzuhalten. Mittlerweile ist allgemein anerkannt, dass wenigstens Band I der Two Treatises geschrieben wurde, um diese Bemühungen zu rechtfertigen, die 1681 durch Charles Weigerung gestört wurden, weitere Parlamente einzuberufen. Genau wie Charles I, dessen Versuch der direkten persönlichen Herrschaft zum Bürgerkrieg von 1640 geführt hatte, schien Charles II auf Regentschaft ohne rechtmäßigen Gesetzgeber abzuzielen.

The Whigs‘ concerns were expressed in an anonymous tract that charged that there was a conspiracy to „declare the government absolute and arbitrary; to allow monarchy, as well as episcopacy, to be jure divino, and not to be bounded or limited by any human laws1.“ The pamphlet in which these words appeared was publicly burned in 1675 and the House of Lords began seeking out its author. Three days later, Locke hurriedly departed on an un­scheduled, three-year-long trip abroad. It is from actions such as this, which suggest Locke’s deep involvement in resistance politics, that a new understanding of Locke’s views has been constructed to replace the old view of Locke as an apologist for privilege. If Locke associated with democrats, scholars now reason, then he, too, must have been a democrat. If he was not a conservative, then he must have been a radical. If he was a revolutionary, perhaps he was even a proto-socialist.

Die Befürchtungen der Whigs kamen in einem Traktat zum Ausdruck, welches die Klage einer Verschwörung erhob, „die Regentschaft für absolut und willkürlich zu erklären; der Monarchie wie dem Episkopat die Legitimität „jure divino“ zuzusprechen und durch keinerlei menschliche Gesetze Gebunden oder beschränkt zu sein6.“ Das Schriftstück, in dem diese Worte auftauchten, wurde 1675 öffentlich verbrannt und das Oberhaus begann nach dessen Urheber zu forschen. Drei Tage später entfleuchte John Locke eiligst durch eine unvorhergesehene dreijährige Reise. Derlei Handlungen und Aktivitäten legen Lockes tiefe Verstrickungen Widerstandspolitik nahe und dieses neue Verständnis hat damit begonnen, die alte Sicht Lockes als Verteidiger von Hierarchie und Privilegierung zu ersetzen. Wenn Locke mit Demokraten im Bund stand, dann erkennen Adepten heute an, dass er auch ein Demokrat war. Wenn er kein konservativer war, dann muss er ein Radikaler gewesen sein. Wenn er ein revolutionär war, war er womöglich ein Proto-Sozialist.

Just as the older view’s assimilation of the Treatises to their (incorrect) historical context depended crucially on the role of private property in Locke’s theory, so does the new view. In this respect both theories are probably the result of imposing nineteenth- and twentieth-century preoccupations on seventeenth-century politics. The debate over distributive justice that polarizes our politics makes it difficult to contemplate dispassionately a theory that seems to rest so heavily on private property. Thus, to those on the left, the earlier view of Locke made him a relic of bourgeois hegemony; to those in the liberal center, Locke was an embarrassing reminder of early liberals‘ naivete about capitalism; and to many on the right, Locke became the inspiration for a classical liberal revival. Locke’s property theory was either attacked as reactionary, bypassed in favor of his defenses of toleration and popular sovereignty, or made the object of libertarian veneration.

Genau wie die älteren Sichtweisen der Verinnerlichung der Two Treatises in ihrem falschen historischen Kontext unabdingbar von der Rolle des „privaten Eigentums“ in Lockes Theorie abhängen, so gilt das für die neue Sichtweise gleichermaßen. Diesbezüglich sind beide Interpretationen womöglich das Ergebnis der Projektion von Problemstellungen des 19. und 20. Jahrhunderts auf politische Lösungsansätze des 17. Jahrhunderts. Die Debatte zur Verteilungsgerechtigkeit7 die unsere Politik (1986!) polarisiert erschwert es ungemein, eine Theorie, die derart schwerwiegend an den Begriff „Privateigentum“ gekettet ist, mit kühlem Kopf und zu betrachten. Denn, für die auf der linken Seite, verdreht die frühe Sicht Locke zu einem Relikt bourgeoiser Vorherrschaft, für die in der liberalen Mitte, war Locke der peinliche Erinnerungspunkt an die Naivität des frühen Liberalismus bezüglich des so genannten „Kapitalismus“; und für viel auf der rechten Seite wurde Locke zur Inspiration der Wiederbelebung einer liberalen Klassik. Lockes Theorie des Eigentums wurde entweder als reaktionär angegriffen, durchgewunken Dank seiner Verteidigung der Toleranz und der Volkssouveränität, oder sie wurde zum Objekt libertärer Verehrung.

Now that the old picture of Locke has been overturned, so has the old understanding of Locke’s theory of property. The brief „Lockean proviso“, which holds – Or is seen as holding – that individuals in the state of nature could appropriate property only so long as „there was still enough, and as good left“ for others [Two Treatises if Government, p. 189], has, in the hands of some scholars, become the opening wedge for reinterpreting Locke as a critic of private property. For, they ask, does not this proviso suggest that, after all of God’s bounty has been privately appropriated, the result should be a distribution that leaves nobody worse off than anyone else?

Mittlerweile ist das alte Bild Lockes überholt, genau wie das alte Verständnis der Eigentumstheorie Lockes. Der kurzlebige Lock‘sche Vorbehalt, das garantiert – oder als Garantie betrachtet wird – dass Individuen im Naturzustand sich Eigentum nur so lange aneignen können als „immer noch ausreichend genauso Gutes für alle anderen übrig bleibt“(TToG II, §27), hat sich in den Händen einiger Adepten zum bevorzugten Hebel bei der Neuinterpretation Lockes als Kritiker privaten Eigentums entwickelt. Ihre diesbezügliche Frage lautet, ob denn dieser Vorbehalt nicht erforderte, nach der Verteilung aller Gaben Gottes durch private Aneignung, hätte niemand schlechter gestellt sein dürfen als irgendein anderer?

This is as good a question as any with which to begin a more balanced assessment of the „new“ Locke. We should notice, first of all, that despite suggesting Locke’s involvement with „radical“ politics, the historical setting of the early 1680s is hardly conducive to the new view of his property theory. If anything, the ghosts of Civil War radicalism stirred up by Whig agitation would have made people fear for their property rights if Shaftesbury’s forces should triumph; why Locke would fan such fears by grounding Whig political theory on a radical theory of property is far from clear.

Das ist eine wie jede andere gut geeignete Frage um mit einer deutlich ausgewogeneren Beurteilung des „neuen“ Locke zu beginnen. Wir sollten zuallererst zur Kenntnis nehmen, dass, abgesehen von einer möglichen Verstrickung Locke’s in die Politischen Bestrebungen der Radikalen, das historische unmittelbare Zeitgeschehen der frühen 1680er für eine neue Sicht seiner Eigentumstheorie kaum zielführend ist. Falls die Agitationen der Whigs überhaupt irgendetwas als die Geister des Radikalismus der Bürgerkriegszeit aufgescheucht haben, dann die Furcht der Menschen um ihre Eigentumsrechte falls Shaftesburys Kräfte gewinnen sollten. Warum Locke derartige Ängste dadurch angefacht haben sollte, indem er die politische Theorie der Whigs auf einer radikalen Eigentumstheorie aufbaut, ist vollkommen unklar.

When Locke wrote the Treatises he was participating in an increasingly desperate political struggle to establish the right of the people either to exert some control over their government, or to replace an unresponsive government with a new one. Any adequate understanding of the Two Treatises should show how Locke’s property argument contributed to this project. The distribution of property was not itself at issue and cannot, unless linked convincingly to the larger political battle, be assumed to provide the context in which Locke’s discussion was framed.

Als Locke die Two Treatises geschrieben hat, war er Teil einer zunehmend hoffnungsloseren politischen Auseinandersetzung darum, das Recht der Bevölkerung entweder einige Kontrolle über ihre Regierung zu erhalten oder eine unverständige Regierung durch eine neue zu ersetzen, endgültig zu etablieren. Eine jede stichhaltige Interpretation der Two Treatises sollte zeigen, auf welche Weise Lockes Argumentation zur Eigentumstheorie diesem Vorhaben entspricht. Die Verteilung des Eigentums erfolgte nicht aus sich selbst heraus und kann, ohne überzeugend zur größeren politischen Schlacht gezählt zu werden, dafür herhalten, den Kontext zu liefern, in dem Locke Diskussion stattfindet.

If we try to free ourselves of contemporary preoccupations, the Lockean proviso hardly comes across as a clarion call for property redistribution. It is, instead, a rejoinder to a possible objection, raised on the previous page of the Second Treatise, to Locke’s claim that in the state of nature one owns whatever property one mixes one’s Labor with. If this is all that is necessary to establish one’s property rights, Locke writes, then it might be wondered whether „any one may engross as much as he will“ [p. 188], such that some people would come to own a great deal of property while others were left with little. Far from emphasizing the importance of such questions of distributive justice, Locke labels them „Quarrels or Contentions about Property“ [ibid.]. He disposes of this particular quarrel by banning not inequality, but waste. Since „nothing was made by God for Man to spoil or destroy,“ private appropriation should be limited to the amount one can use „before it spoils“ [ibid.]. „Exceeding of the bounds of [one’s] just Property“ does not consist in „the largeness of one’s Possession, but the perishing of anything uselessly in it“ [p. 200].

Sobald wir versuchen uns selbst von zeitgenössischen Sorgen freizumachen kommt der Locke’sche Vorbehalt kaum als klare laute Stimme herüber, die nach Neuverteilung des Eigentums ruft. Stattdessen wirkt er als Gegenerwiderung jedes möglichen Einwands, der auf der vorhergehenden Seite der Two Treatises gegen Locke’s Forderung, dass im Naturzustand jedermann das Eigentum besitzt, mit dem er seine Arbeit gemischt hat, erhoben werden könnte. Wäre das alles, was notwendig wäre um Eigentumsrechte zu etablieren, schreibt Locke, dann wäre zu fragen, ob „irgendjemand so viel vereinnahmen könne wie er will“ (TToG II, §27), so dass einige Leute zu einem großen Anteil am Eigentum gelangten während andere sich mit sehr wenig begnügen müssten. Weit davon entfernt, die Bedeutung solcher Fragen von Verteilungsgerechtigkeit zu betonen, etikettiert Locke diese als „Streit und Auseinandersetzungen über Eigentum“. Er beseitigt einen einzelnen Streitpunkt, indem er nicht etwa Ungleichheit verbannt, sondern Verschwendung. Da nämlich „nichts von Gott der Menschheit zum Verschwenden oder Zerstören bereit gestellt wurde“ soll private Aneignung dort ihre Grenze haben, wo die Nutzbarkeit durch einen Menschen endet, bevor es vergeht.“ „ Die Grenzen rechtmäßigen Eigentums zu Überschreiten“ besteht nicht „in enormem Umfang eines Besitzes, sondern im Verfallen lassen ohne es zu nutzen“.

This injunction against spoilage makes it „impossible“ in the state of nature „for any Man, this way, to entrench upon the right of another, or acquire, to himself, a Property, to the Prejudice of his Neighbor, who would still have room, for as good, and as large a Possession (after the other had taken out his) as before it was appropriated“ [p. 191]. Thus, the „Lockean proviso“ only grudgingly averts inequalities of distribution: Locke does not prohibit inequality per se, but that result is indirectly achieved through his ban on acquiring more property than one can use before it spoils.

Diese Barriere gegen Vergeudung macht es im Naturzustand „für jeden Menschen auf diese Art unmöglich, in das Recht eines anderen einzudringen, sich selbst zum Nachteil des Nachbarn Eigentum zu verschaffen, dem immer noch genug Raum bliebe einen ebenso guten wie großen Besitz (nachdem der andere sich seins genommen hat) zu nehmen zu können als vor der Aneignung.“ Dergestalt verhindert der Locke’sche Vorbehalt nur sehr widerwillig die Ungleichheit der Verteilung. Locke verbietet keine Ungleichheit per se, aber dieses Ergebnis ist indirekt vorgegeben, indem er untersagt, mehr Eigentum anzuhäufen, bevor es ungenutzt verrottet.

Locke withdraws even this oblique concession to the „Quarrelsome and Contentious“ [p. 190] once the invention of money allows people to store up more than they can immediately use without their accumulated wealth spoiling. A „disproportionate and unequal Possession of the Earth“ is made possible by the „consent“ embodied in people’s use of money [p. 202]. In a later edition of the Second Treatise, Locke calls inequality a matter of „tacit and voluntary consent.“ So much for Locke, the Leftist.

Locke zieht auch dieses Obligate Zugeständnis an die Streit- und Händelsüchtigen zurück, sobald die Erfindung des Geldes den Menschen erlaubt, mehr anzuhäufen als sie unmittelbar verwenden können ohne das angehäufte Vermögen durch Verschwendung zu vernichten. Ein „unangemessener und ungleicher Besitz der Erde“ wurde durch das Einvernehmen der Menschen zum Gebrauch des Geldes ermöglicht. In einer späteren Ausgabe des zweiten Bands nennt Locke Ungleichheit die Folge eines „stillschweigenden und freiwilligen Einvernehmens“. So viel zu Locke, dem Linken.

Yet if we are tempted to revert to the previously dominant view that Locke was an apologist for laissez-faire capitalism, we should note that he repeatedly mentions that ever since the invention of money, communities have legally „regulated the Properties of the private Men of their Society“ [p. 198]. Indeed, Locke maintains, „every Man, when he, at first, incorporates himself into any Commonwealth, he, by his uniting himself thereunto, annexed also, and submits to the Community those Possessions, which he has, or shall acquire,“ after which his property, „which was before free,“ is now „to be regulated by the Laws of the Society“ [p. 258].

Doch wenn wir versucht sind, zur althergebrachten, herrschenden Sichtweise zurückzukehren, Locke sei ein Verfechter des Laissez-Faire-Kapitalismus gewesen, sollten wir zur Kenntnis nehmen, dass er immer wieder ein ums andere Mal darauf hinweist, dass seit der Erfindung des Geldes Gesellschaften rechtmäßig „die Besitztümer der Mitglieder ihrer Gesellschaften geregelt“ haben. Tatsächlich, Locke fordert, „jedermann, der erstmals irgendeiner Gesellschaft beitritt, übergibt und übereignet durch seinen Beitritt ebenso seinen aktuellen Besitz sowie jenen, den er erwerben wird.“ Ab dann wird sein Eigentum „welches zuvor frei war, durch die Gesetze der Gesellschaft geregelt.“

From the standpoint of distributive justice, then, Locke’s property argument accomplishes little. No sooner does he advance the „right-wing“ theory of property appropriation by mixing one’s Labor with nature than he Limits it with the prohibition against spoilage; then this Limitation is undone by the invention of money, returning us to a condition of unlimited and unequal property accumulation. But this condition is overturned upon the advent of civil society, which gives government „Dominion“ [ibid.] over the private property originally appropriated by the individuals who mixed their Labor with it. Although there is no evidence that Locke favored using this dominion to create equality of possessions, like his contemporaries he did favor some form of compulsory poor relief and many other forms of property redistribution through the agency of the state, particularly through its power to tax. On the other hand, the power to redistribute property accorded governments by Locke’s theory is no greater than that already possessed by the parliaments of Locke’s day, which could tax whatever they chose to tax. Locke thus seems to leave us just where we started – with private property that can be taken or regulated by the state-raising the question of why he chose to discuss private property in the first place.

Vom Standpunkt der Verteilungsgerechtigkeit, bewirkt Lockes Eigentumsargumentation dadurch wenig. Noch um vieles weniger fördert er die Theorie des rechten Flügels zum Eigentumserwerb eines Menschen durch die Vermischung mit seiner Arbeit, als er dieses durch das Verbot der Verschwendung begrenzt. Schließlich wurde diese Begrenzung durch die Erfindung des Geldes aufgehoben und hat uns auf die Bedingungen unbegrenzter und ungleicher Eigentumsanhäufung zurückgeworfen. Doch diese Bedingung wurde mit dem Auftreten der bürgerlichen Gesellschaft überwunden, die der Regierung „Herrschaft (Sach-)“ über das ursprünglich durch Vermischung der Natur mit Arbeit geschaffene Eigentum durch die Individuen gewährt. Auch wen es keinerlei Hinweis darauf gibt, dass Locke es gern gesehen hätte, wenn diese Herrschaft genutzt würde, um eine Gleichheit beim Besitz zu verwirklichen, wie seine Zeitgenossen bevorzugte er eine Art Verpflichtung, Armut zu lindern, sowie viele andere Formen der Eigentumsumverteilung durch die Agenturtätigkeit des Staates, speziell durch dessen Macht, Steuern zu erheben. Andererseits, die den Regierungen zustehende Macht Eigentum umzuverteilen ist in Lockes Theorie nicht umfassender als die bereits bestehende, die die Parlamente zu Lockes Zeit bereits besaßen, die besteuern konnten was auch immer sie besteuern wollten. Da Locke uns daher genau dort stehen zu lassen scheint, wo wir gestartet waren – bei privatem Eigentum, dass durch den Staat reguliert oder entzogen werden kann – erhebt sich die Frage warum er sich entscheiden hat, das private Eigentum an erster Stelle zu diskutieren.

Seen as part of a Whig political tract of tl1e early 1680s, however, the property argument serves several important purposes. Consider that the entire First Treatise is, as any reader will find demonstrated at intolerable length, a rebuttal of biblical arguments for absolutism made by the late Sir Robert Filmer (1588-1653). Until it became clear that Locke wrote the Treatises nearly a decade before they were published, it was something of a mystery why he had devoted so much attention to an obscure and long-dead pamphleteer. But in the early 1680s Filmer’s pamphlets, rushed into print by supporters of King Charles II, had an impact that was anything but minor. They were immediately popular and came to define the extreme absolutist position during the Exclusion Crisis. Any opponent of absolutism had to take Filmer seriously. And it must be ad­ mitted that by extending social-contract doctrines to their logical conclusions, Filmer hit on key weaknesses in the liberal tendencies Locke articulated. In the words of one recent Writer „Filmer, not Locke, invented liberalism2“ – if only in order to refute it.

Solange die Argumentation zum Eigentum als Teil eines politischen Werks der Whigs aus den frühen 1680ern gesehen wird, dient sie verschiedenen bedeutenden Zwecken. Zu Bedenken ist, dass der gesamte erste Band, den jeder Leser als ein Musterbeispiel unerträglicher Länge empfinden wird, ein Gegenangriff auf die biblischen Argumente zu Gunsten des Absolutismus, die zuletzt von Sir Robert Filmer entwickelt wurden (1588 – 1653). Als bis klar wurde, dass Locke die Two Treatises beinahe ein ganzes Jahrzehnt früher als angenommen geschrieben hat, war es ein Mysterium, warum er so viel Aufmerksamkeit auf einen Fragwürdigen und längst verstorbenen Autor verschwendet hat. Doch Anfang der 1680er wurden Filmers Schriften von Unterstützern Charles II in Druck gegeben undhatten eine Wirkung, die alles andere als nebensächlich war. Sie wurden augenblicklich populär und führten während der Ausschließungs-Krise zur Festlegung der extremistischsten absolutistischen Position. Ein jeder Gegner des Absolutismus musste Filmer äußerst ernst nehmen. Es muss ebenfalls zugestanden werden, dass Filmer durch die Ausdehnung seiner Lehre auf gesellschaftsvertragliche Lehren zu deren logischer Untermauerung genau die Schwächen der liberalen Bestrebungen getroffen hat, die Locke formulierte. Mit den Worten eines der jüngsten Autoren: „Filmer, nicht Locke, erfand den Liberalismus8“ – und sei es nur geschehen, um ihn zu widerlegen.

Prior to Locke, most social contract theories – including these of Thomas Hobbes, Hugo Grotius, and Samuel Pufendorf – had been designed to defend absolutism.
Filmer’s genius was to anticipate the logical conflict between the consensual basis of these theories and their authoritarian policy recommendations. For instance, he wondered why, if the basis of government is agreement, people should not be free to leave civil society „when they please, and be free again3.“ Why doesn’t a political theory based on contract sanction anarchy?

Vor Locke wurden die meisten Sozialvertragstheorien – einschließlich derer von Thomas Hobbes, Hugo Grotius und Samuel Pufendorf – entwickelt, um den Absolutismus zu verteidigen. Filmers Geistesblitz bestand darin, den logischen Konflikt zwischen der Grundlage dieser Theorien, dem gesellschaftlichen Einvernehmen von Individuen, und den Vorgaben autoritärer Politik vorherzusehen. Er fragte sich zum Beispiel, warum auf Basis einer auf Einvernehmen beruhenden Regierungsform die Bevölkerung nicht die Freiheit haben sollte, die Gesellschaft zu verlassen und erneut frei zu sein9. „Warum genehmigt eine politische Theorie auf Vertragsbasis keine Anarchie?“

Social contractarianism was a reaction to the pervasive intellectual skepticism that had been fueled, at the end of the sixteenth century, by such writers as Montaigne (1533-1592), and that took on added salience during the Wars of Religion that began in 1618. This skepticism questioned our knowledge of natural, religious, and ethical truths because of the variability in human perceptions and culturally generated beliefs. Montaigne famously asked „what truth is that, which these mountains bound, and is a lie in the world beyond4?“ In a reaction against skepticism that retained its premises, such writers as; Descartes (1596-1650), Grotius (1583-1645), Hobbes (1588-1679), and Pufendorf (1632-1694) sought to reconstruct knowledge – whether of nature or of religious, ethical, and political norms – by appealing to bedrock, scientific principles that transcended cultural vicissitudes. In Descartes‘ case the ultimate ground of appeal was the certainty of one’s own existence; in the case of the political philosophers, the starting point was, similarly, the legitimacy of pursuing one’s self-interest, which was given the status of „natural law“ and which issued in individual „rights.“ Usually, however, the pursuit of self-interest was thought to require the creation of an absolute and, therefore, undisputed political sovereign that could spare people from the violence and political disorder endemic to the seventeenth century.

Die Sozialvertragslehre war eine Reaktion auf den um sich greifenden intellektuellen Skeptizismus, der Ende des 16. Jahrhunderts von Autoren wie Montaigne (1533-1592) in Fluss gebracht wurde und der sich während der 1618 beginnenden Religionskriege zunehmend an Ausprägung gewann. Dieser Skeptizismus stellte unser gesamtes Wissen über natürliche, religiöse und ethische Wahrheiten wegen der Vielfalt menschlicher Wahrnehmung und kulturgeprägter Glaubenssätze in Frage. Montaigne fragte bekanntlich: „Was für eine Wahrheit ist es, die von diesen Bergen begrenzt wird und liegt in der Welt dahinter etwa eine Lüge? 10“ Als Reaktion auf einen Skeptizismus, der sein Gebiet nicht verließ, haben Autoren wie Descartes (1596-1650), Grotius (1583-1645), Hobbes (1588-1679) und Pufendorf (1632-1694) angestrebt, das Wissen zu rekonstruieren – sei es aus der Natur heraus oder aus religiösen, ethischen oder politischen Normen – indem sie die Transzendierung kultureller Wechselfälle auf dem Grundstock wissenschaftlicher Prinzipien aufbauten. Im Falle Descartes bestand der ultimative, grundlegendste Grundstein, auf den man sich berufen konnte die eigene Existenz. Im Fall der politischen Philosophen bestand, ganz ähnlich (oder besser analog) in der Rechtmäßigkeit bei der Verfolgung persönlicher Interessen durch jeden Einzelnen, bereitgestellt und aufgebaut auf dem Status des „Naturrechts“, der sich in individuellen „Rechten“ manifestierte. Wie auch immer: Übelicherweise ging man davon aus, dass das Recht zur Verfolgung individueller Interessen die Schaffung eines absoluten und unabdingbaren politischen Souveräns, der die Bevölkerung vor der Gewalt und dem endemischen politischen Chaos des 17. Jahrhunderts definitiv beschützen konnte.

One way to understand Locke (1632-1704) is as launching a mild counter-reaction against the anti-skeptical movement, a reaction that, while accepting the need to discover principles that could overcome relativism, was dissatisfied with the use of rationalist and natural-law devices by the likes of Descartes, Hobbes, and Grotius. Locke was born to a lawyer and small landowner who had fought for Parliament against Charles I in the Civil War, and was brought up as a Puritan. He was educated at Oxford in traditional Aristotelian philosophy. But Locke’s attachment to these received truths may well have been challenged at Oxford by John Owen, an advocate of religious toleration, and by Locke’s participation there in a circle of experimental scientists. For whatever reason, he was strongly drawn to skepticism, echoing Montaigne in an aperçu of 1660, for example: „Our deformity is others‘ beauty, our rudeness others‘ civility, and there is nothing so uncouth and unhandsome to us which doth not some­ where or other find applause and approbation5.“

Eine Option Locke (1632-1704) zu verstehen besteht darin, ihn als Auslöser einer sanften Gegenreaktion gegen die Anti-Skeptische Bewegung zu betrachten, eine Reaktion der, während sie die Notwendigkeit akzeptierte, Prinzipien aufzudecken, die wiederum den Relativismus überwinden konnten, gleichzeitig der Gebrauch rationaler und naturrechtlicher Werkzeuge durch Descartes, Hobbes und Grotius unzureichend erschien. Locke war Sohn eines Anwalts und kleinen Gutsbesitzers, der im Bürgerkrieg für das Parlament gegen Charles I gekämpft hatte und wurde als Puritaner großgezogen. Er wurde in Oxford in aristotelischer Philosophie ausgebildet. Doch Locke’s Prägung durch diese empfangenen Wahrheiten mag in Oxford durchaus durch John Owen herausgefordert worden sein, einen Anwalt religiöser Toleranz, und durch Locke‘s Engagement in einem Kreis experimenteller Wissenschaftler. Warum auch immer, er wurde heftig vom Skeptizismus angezogen, was zum Beispiel in einem Aufsatz von 1660 seinen Widerhall fand: „Unsere Missbildung ist für andere Schönheit, unsere Grobheit für andere Zivilisation, und es gibt bei uns nichts ungehobeltes und unansehnliches, das nicht irgendwo anders Applaus und Anerkennung fände11“.

Unlike Descartes and Hobbes, however, who answered epistemological skepticism with the certainties of the mathematical method, Locke was much taken with empirical knowledge of the sort physicians rely on. No innate ideas proven by mathematical deduction can be of much help in deciding how to operate on a diseased liver. (Locke’s successful performance of such an operation in 1668 saved Shaftesbury’s life and cemented their personal and political alliance.) In the book for which Locke first became famous, his Essay Concerning Human Understanding (1689) – the fountainhead of the eighteenth-century French Enlightenment – Locke rejected innate ideas in favor of empirical evidence as the source of knowledge, while acknowledging and sorting out the relativistic difficulties of even empirical knowledge. In his political philosophy, similarly, Locke retreated from the assumption, common to Grotius, Hobbes, and Pufendorf, that self-interest was the basis of ethical obligation and political society. Without abandoning self-interest, Locke de-emphasized it in favor of a political foundation of even broader applicability, one that was consistent with a greater degree of relativistic skepticism: consent.

Anders als Descartes und Hobbes, die erkenntnistheoretischen Skeptizismus mit der Sicherheit der mathematischen Methode beantworteten, war Locke mehr vom Wissen auf empirischer Grundlage in der Art der Mediziner überzeugt. Keine angeborenen Ideen, die mathematisch überprüft wurden, können bei der Operation einer kranken Leber recht viel helfen. (Locke’s erfolgreiche Leistung bei einer solchen Operation hatte 1668 Shaftesburys Leben gerettet und deren persönliche und politische Allianz geschmiedet.) In seinem Werk, für das er erstmals bekannt wurde, sein „Versuch betreffend das menschliche Verständnis“ – der Hauptquelle der französischen Aufklärung des 18. Jahrhunderts – lehnte Locke angeborene Ideen zu Gunsten empirischer Beweise als Quelle von wissen ab, während er empirisch basiertes Wissen anerkannte und relativierende Schwierigkeiten aussortierte. Ganz ähnlich, zog sich Locke in seiner politischen Philosophie von der bei Grotius, Hobbes und Pufendorf gängigen Annahme zurück, Eigeninteresse wäre die Grundlage ethischer Verpflichtung und politischer Gesellschaft. Ohne das Eigeninteresse zu verdammen, reduzierte er dessen Bedeutung, zu Gunsten einer breiter anwendbaren politischen Fundamentierung, einer, die bei einem größeren Ausmaß relativistischen Skeptizismus bestehen konnte: Konsens.

Implicit in Locke’s narrative of how we get from the state of nature to a money economy, then to the creation of civil society, then to a specific form of government, and finally to the right to revolution, is the assumption that each step can be legitimated only by consent. To be sure, the writings of the post-skeptical natural-law theorists are shot through with this assumption, as is the thought of the skeptics themselves. After all, Montaigne assumed that mere disagreement somehow cast doubt on the validity of moral or political doctrines, as if unanimous consent to a proposition guarantees that it is true. His opponents, by searching for truths that could command universal agreement, took the same assumption on board. This may explain why natural-law theorists combined appeals to self-interest with stories of social contracts. In demonstrating that, say, the creation of a sovereign authority must have commanded unanimous consent, one not only shows that the sovereign serves the universally valid goal of the putative consenters – self-interest; one also confers legitimacy on the sovereign by virtue of the fact that his authority was established consensually.

Unterschwellig wirksam in Locke’s Erzählung, wie wir vom Naturzustand zu einer Geldwirtschaft, dann zu einer bürgerlichen Gesellschaft, weiter zu einer bestimmten Regierungsform und schlussendlich zum Grundrecht auf Revolution gelangen ist die Annahme, dass jeder einzelne Schritt ausschließlich mit und durch Konsens gegangen werden kann. Um sicherzugehen wurden alle post-skeptizistischen Theoretiker des Naturrechts unter dieser Annahme durchgesehen, als wäre dies ein Gedanke der Skeptiker selbst. Schlussendlich, nahm Montaigne selbst an, bloße unbestimmte Ablehnung werfe ebenso Zweifel bezüglich der Gültigkeit moralischer oder politischer Lehren ab, als wie einstimmiger Konsens bezüglich eines Vorschlags garantieren würde, er wäre folgerichtig. Seine Gegner, stetig auf der Suche nach Wahrheiten die universelle Zustimmung bestimmen können, nahmen eben diese Annahme mit an Bord. Daraus könnte sich erklären, warum Theoretiker des Naturrechts Bekräftigungen des Eigeninteresses mit der Konstruktion von Gesellschaftsverträgen kombiniert haben. Indem man das vorführt, sprich, die Erschaffung einer Souveränität muss einstimmigen Konsens erfordern, zeigt man nicht nur auf, dass der Souverän dem universellen Ziel der vermeintlich Übereinstimmenden – dem Eigeninteresse – dient; man verschafft dem Souverän zudem Legitimität durch die Zierde der Tatsache, dass seine Autorität auf Konsens gründet.

In twentieth-century liberalism, it should be noted, the transition from self-interest to consent has been completed. Such political and legal theorists as John Rawls and Ronald Dworkin defend not self-interest, but individual freedom: The individual’s right, in the words of Grotius, to „choose what he pleases“ from among the „several ways of living, some better than others6.“ Even Robert Nozick’s libertarianism does not recommend unabashed self-interest. After all, liberalism – even libertarian liberalism – is a doctrine of equal rights; any one individual’s self-interest must be limited by the equally important interests of others. Nobody has the right to aggrandize himself at the expense of another’s rights. But if this limitation is respected, there is no reason to assume a priori that everyone’s self-interest can be well served: What constitutes one’s interests depends on the answer to the question of what constitutes a good life, and it is at least conceivable that the answer will not allow everyone to lead such a life. (Aristotle, for example, arguably held that the contemplation of eternal truths constitutes our highest interest, but he assumed that this required a life of leisure that is incompatible with labor or commerce. A good life for some may therefore depend on the material abundance others are compelled to provide.)

Es muss angemerkt werden, im Liberalismus des 20. Jahrhunderts wurde der Übergang vom Eigeninteresse auf den Konsens vollendet. Politische Theoretiker wie John Rawls und Ronald Dworkin haben keineswegs das Eigeninteresse verteidigt, sondern die individuelle Freiheit: Das Recht des Individuums, mit Grotius Worten, „unter den verschiedenen Möglichkeiten zu leben, eine besser als die andere, die auszuwählen, die ihm gefällt“12. Noch nicht einmal Robert Nozicks Libertarianismus empfiehlt unverschämt übersteigertes Eigeninteresse. Unter dem Strich ist der Liberalismus – sogar der libertäre Liberalismus – eine Lehre der rechtlichen Gleichheit. Eine jedes individuelle Eigeninteresse muss unabdingbar durch die gleichermaßen bedeutenden Interessen anderer begrenzt sein. Niemand hat irgendein Recht sich selbst und seine Existenz zu Lasten der Rechte anderer zu vergrößern. Sobald aber diese Grenze respektiert wird, gibt es keinen vernünftigen Grund mehr für die vorausliegende Annahme, die Eigeninteressen eines jeden würden perfekt erfüllt: Was die Interessen eines Menschen konstituiert, hängt von der Antwort auf die Frage ab, was genau ein gutes Leben konstituiert, und schlussendlich ist vorstellbar, dass die diese Antwort nicht jedem ermöglichen wird, solch ein Leben zu führen. (Aristoteles zum Beispiel hielt wohl die Erforschung ewiger Wahrheiten für unser höchstes Interesse, aber er nahm an, dass dies ein Leben im Müßiggang voraussetzen würde, unvereinbar mit einem Arbeits- oder Geschäftsleben. Ein gutes Leben mag daher für die einen materiellen Überfluss bedeuten, den andere bereitzustellen gezwungen sind).

This is not true, however, of freedom, which, however defined, is a quality that lends itself to being divided up equally. My measure of freedom is compatible with an equal measure of yours, even though might need a larger measure – or, if I’m immature and use it unwisely, a smaller one – to fulfill my interests. While liberalism affords us all the equal right to choose what ends to pursue with our property (which in non libertarian liberalism tends to be distributed equally), it cannot necessarily afford us all the ability to attain those ends – i.e., to achieve our self-interest liberalism, having been founded in Locke’s rejection of Filmer’s claim for fundamental inequalities in political power, has been much more comfortable with egalitarian appeals to freedom than with the appeals to self-interest made by the first generation of social-contract theorists.

Es entspricht nicht der Wahrheit, egal wie immer, Freiheit, wie auch immer definiert, als eine Qualität die automatisch zu gleichwertiger Verteilung führt, zu verkaufen. Mein Maß an Freiheit ist mit einem gleichem Maß Deiner Freiheit vereinbar, selbst wenn ich einen größeren Maßstab benötige – oder, wenn ich unreif bin und ohne ausreichende Kenntnis – einen kleineren nutze, um meinen Interessen gerecht zu werden. Während der Liberalismus uns all das gleichwertige Recht bereit stellt, selbst auszuwählen, welche Zwecke und Ziele wir mit unserem Besitz anstreben (die in nicht-libertären Systemen zur Gleichverteilung tendieren), kann er uns nicht notwendigerweise mit all den Fähigkeiten ausstatten, diese Zwecke und Ziele zu erreichen – damit meine ich unsere Eigeninteressen zu verwirklichen. Der Liberalismus, begründet in Locke’s grundsätzlicher Abwehr der Forderungen Filmers nach fundamentaler Ungleichheit politischer Macht, war und ist deutlich einfacher und angenehmer unter den Lauten Forderungen nach Freiheit als denen nach Anerkennung des individuellen Eigeninteresses zu sehen, welches die erste Generation der Sozialvertragstheoretiker erhoben haben.

How did Locke move from self-interest to consent? It is easy to assume that people will only consent to what serves their interests: in Locke’s words, „no rational Creature can be supposed to change his condition with an intention to be worse“ [p. 264]. Thus, even in social contract theories prior to Locke, consent operated as a proxy for self-interest: In Grotius, Hobbes, and Pufendorf, consent sanctioned both the private property and the political authority that eventually emerged from the primitive self-interestedness of the presocial state. Given the easy identification of self-interest and consent, if self-interest is the remedy for skepticism – if it is the universally accepted moral fundamental-then consent, or universal acceptance itself, takes on the aura of fundamental legitimacy as well.

Wie kommt Locke vom Eigeninteresse zum Konsens? Es ist einfach davon auszugehen, die Menschen würden nur dem zustimmen, was ihren Interessen nützt: In Locke’s Worten, „keinem vernünftigen Wesen kann unterstellt werden, es würde seine Lage in der Absicht verändern, in eine schlechtere zu geraten.“ Dergestalt wirkt Konsens, auch in Gesellschaftsvertragstheorien vor Locke, als Proxy für das Eigeninteresse: Bei Grotius, Hobbes und Pufendorf gewährte Konsens beides, den privaten Besitz ebenso wie die politische Autorität, wie sie womöglich dem Verhaftet sein in einer primitiven Eigennützigkeit im vorgesellschaftlichen Zustands entstiegen sein mögen. Setzen wir die vereinfachende Übereinstimmung von Eigeninteresse und Konsens voraus, wobei das Eigeninteresse als Heilmittel für den Skeptizismus gilt, – falls dies das universell akzeptierte moralische Fundament bildet – dann nimmt Konsens. Oder die universelle Akzeptanz selbst, die Aura fundamentaler Legitimität an.

This can be seen in how easily Locke equates the view that political authority was instituted by the original contractors „only for their own good“ [p. 252] with the view, that „the beginning of “Politic Society depends upon the consent of the Individuals“ [p. 245], who are free to „go and make distinct Commonwealths and other Governments as they thought fit“ [p. 254]. Surely some argument is required before we conclude that whatever one thinks fit is what is, in fact, for one’s own good? But had Locke seen a junction between consent and interest, he might have realized the cleanest solution to Filmerian absolutism: Rather than defend constitutional government on the grounds that it accords with consent, Locke might simply have maintained that it is better for people to live under representative government and the rule of law than to be subjected to the fear, religious conflict, and relative impoverishment that Locke seems to have believed follow from absolutism. In sections 40-44 of the Second Treatise, Locke gives us a model of what such an argument might have looked like when he tries to show that everyone benefits from the introduction of private property. But this is only another of Locke’s responses to the „Quarrelsome and Contentious“ objections against private property, and therefore plays no further role in Locke’s argument.

Das kann erklären, wie einfach es für Locke war, die Deutung, politische Autorität wäre durch die ursprünglichen Vertragspartner „lediglich zu deren eigenem Besten“, mit der Deutung zu vereinen, „der Anfang politischer Gesellschaft hänge vom Konsens der Individuen ab“, die frei waren, „loszuziehen und andere Gemeinwesen mit anderen Regierungsformen zu begründen, so wie sie dachten es sei passend.“ Mit Sicherheit bedarf es einiger Argumente, bevor wir schlüssig zeigen können, dass was auch immer von jemandem für passend gehalten wird auch gut für ihn selbst ist. Doch hätte Locke eine Ungereimtheit zwischen Konsens und Eigeninteresse gesehen, dann hätte er die sauberste Lösung gegen Filmers Absolutismus zur Hand gehabt: Viel einfacher wäre es gewesen, statt eine verfassungsmäßige Regierung auf Basis der Einvernehmlichkeit und des Konsenses zu verteidigen, hätte Locke sich ganz einfach auf den Standpunkt stellen können, es wäre besser für die Bevölkerung unter einer repräsentativen Regierung und der Geltung des Gesetzes zu leben, als Angst, religiösen Konflikten und relativer Verarmung ausgesetzt zu sein, von denen Locke annahm, sie folgten aus dem Absolutismus. In den Kapiteln 40-44 des Band II präsentiert uns Locke ein Beispiel, wie so eine Argumentation aussehen könnte, indem er versucht zu zeigen, dass jedermann von der Einführung des Privateigentums profitiert. Doch dabei handelt es sich nur um eine weitere der Antworten Locke’s auf die „Streit- und Händelsüchtigen“ und deren Einwände gegen das Privateigentum und spielt daher keine weitere Rolle in Locke‘s Argumentation.

Locke could have attempted to demonstrate the beneficial consequences of the form of government he favored, just as Grotius, Hobbes, and Pufendorf sought to prove the desirability of absolutism. But since these authors, too, cultivated the equation of consent and interest, and since Locke’s opponent, Filmer, argued primarily from the intrinsic justice of princely authority rather than from its beneficial effects, Locke appears to have seen no alternative but to uphold the intrinsic justice of individual authority, momentously steering subsequent liberal thought toward prizing government by individual consent, regardless of its beneficial consequences.

Locke hätte versuchen können die vorteilhaften Folgen seiner bevorzugten Regierungsform zu zeigen, so wie Grotius, Hobbes und Pufendorf erreichen wollten, ihre deutliche Bevorzugung des Absolutismus zu beweisen. Da aber auch diese Autoren die Übereinstimmung von Konsens und Eigeninteresse betrieben haben und da Locke’s Feindbild, Filmer, vorwiegend über die dem fürstlichen Prinzip innewohnende und dessen nach außen wirkende Rechtmäßigkeit an Stelle über dessen vorteilhafte Folgen argumentierte, hat Locke anscheinend keine Alternative gesehen, als diesen Behauptungen die dem individualistischen Autoritätsprinzip innewohnende Rechtmäßigkeit entgegenzuhalten, dabei für den Augenblick das liberale Denken in Richtung Lobpreisung einer Regierungsform auf Basis individuellen Einvernehmens zu lenken, ungeachtet möglicher vorteilhafter Konsequenzen.

Not only consent but its presupposition, equality, tends to become an end in itself in Locke’s argument. The connection between consent and equality was already evident in the Putney Debates of 1647, when factions in the Parliamentarian army disputed the nature of the new order they were fighting for. The Leveller spokesman, Colonel Thomas Rainborough, argued that „every man that is to live under a government ought first by his own consent to put himself under that government7.“ This is precisely the sentiment Filmer charged would sanction anarchy. How does Locke escape Filmer’s charge, having already accepted Rainborough’s egalitarian imperative?

Doch nicht nur Einvernehmen, sondern auch seine Vorbedingung, Gleichheit, tendieren dahin, zu einem Abschluss in Lockes Argumentation zu gelangen. Der Zusammenhang zwischen Einvernehmen und Gleichheit war bereits in den „Putney Debates13“ von 1647 deutlich sichtbar, als unterschiedliche Fraktionen in der parlamentarischen Armee die Natur der neuen Ordnung diskutierten, für die sie kämpften. Der Sprecher der Leveller, Colonel Thomas Rainborough, behauptete, jeder Mensch der als unter einer Regierung lebend betrachtet werden soll, muss sich zuerst durch seine eigene Zustimmung dieser Regierung unterordnen14“. Genau diese Meinung hätte Filmer als Anarchie bezeichnet. Wie also entkam Locke Filmers Beurteilung, wenn er Rainboroughs egalitäre Mindestanforderung bereits akzeptiert hatte?

Locke contends that by living on land that is inherited from those who originally contracted together; and who „annexed“ their property to the community, we tacitly consent to subject ourselves to the government chosen by that community. If the descendants of the original contractors wish to „enjoy the inheritance of their Ancestors, they must take it on the same terms their Ancestors had it, and submit to all the Conditions annexed to such a Possession“ [p. 219]. There is „always annexed to the Enjoyment of Land a submission to the Government of the Country of which that Land is a part“ [p. 218]. Thus, each individual is legitimately subjected to government even when he or she does not formally consent to it „The Power that every individual gave the Society, when he entered into it, can never revert to the Individuals again, so long as the Society lasts, but will always remain in the Community“ to which the original contractors property was annexed p. 357]. The dissatisfaction of a few individuals with their government does not warrant a revolution, and even the dissolution of a government by revolution does not entail the dissolution of the community and a return to the state of nature. Yet only in the natural state must restrictions on one’s freedom be sanctioned by one’s explicit consent. Therefore, only the direct consent of the community as a whole, not that of its individual components, is needed to legitimate governmental restrictions on our freedom. The judge of whether a government is failing to pursue its proper end and may be rebelled against is not the individual, but „the Body of the People“ [ibid.].

Locke behauptet, dadurch dass wir auf ererbtem Land derer leben, welche sich ursprünglich vertraglich vereinigt und ihr Eigentum in die Gemeinschaft eingebracht hatten, wobei wir unausgesprochen unser Einvernehmen bekunden, uns unter die Regierungsform einzuordnen, die von dieser Gemeinschaft ausgewählt wurde. Fall die Nachfahren der ursprünglichen Vertragspartner den Wunsch hätten, „die Vorteile des Erbes ihrer Ahnen in Anspruch zu nehmen, hätten sie auch die gleichen Bedingungen zu akzeptieren, zu denen ihre Ahnen diese in Anspruch nehmen konnten und sich allen an derartigem Besitz hängenden Bedingungen unterzuordnen.“ Zum „Erhalt des Ertrags eines Stückes Boden gehört auch die Unterordnung unter die Regierung des Landes, zu dem dieses Stück Boden gehört.“ Auf diese Weise ist jedes Individuum legitim einer Regierung untergeordnet, ob es nun formal zugestimmt hat oder nicht. „Diese Macht die jedes Individuum der Gesellschaft übertragen hat, als es beitrat, kann den Individuen niemals zurückgegeben werden, so lange als die Gesellschaft besteht, sondern sie wird stets bei der Gemeinschaft verbleiben“, der die ursprünglichen Vertragspartner den Besitz zugeschlagen hatten. Unzufriedenheit einiger weniger Individuen mit ihrer Regierung gewährt kein Recht auf Revolution und selbst die Auslösung der Regierung zieht keine Auslösung der Gemeinschaft nach sich oder führt gar den Naturzustand wieder ein. Denn nur im Naturzustand bedürfen Beschränkungen individueller Freiheit der expliziten Zustimmung des Betroffenen. Deshalb wird lediglich die Zustimmung der Gemeinschaft als Ganzer und nicht die ihrer einzelnen Glieder benötigt, um administrative Beschränkungen unserer Freiheiten zu legitimieren. Der zuständige „Richter“ ob eine Regierung darin versagt, seine Aufgabe und ihre eigentlichen Ziele zu verfolgen und ob gegen sei rebelliert werden kann ist kein Individuum für sich sonder der gesamte „politische Körper“ (Wahlberechtigte Bevölkerung, Anmerkung des Übersetzers).

To thus defuse the anarchistic implications of consent theory, Locke has had to rely on a number of dubious assumptions: that all the land in a given country was, in fact, originally the private property of people who freely contracted to leave the state of nature; that this prehistoric contract was so unconditional that it can be said to have „annexed“ the contractors‘ property to the newly formed community; and that the contract also contained provisions that bound the contractors‘ estates to the community in perpetuity. The prerequisite for all of these steps toward individuals‘ tacit consent to government is Locke’s establishment of the initial legitimacy of the contractors‘ property.

Um auf diesem Weg die anarchistischen Implikationen der Konsens-Theorie zu zerstreuen, blieb Locke nur der Rückgriff auf eine Reihe undurchsichtiger Annahmen: Aller Grund und Boden innerhalb eines bestimmten Landes war ursprünglich Privatbesitz von Leuten, die sich freiwillig vertraglich verpflichteten den Naturzustand zu verlassen. Dieser prähistorische Vertrag war so bedingungslos, dass behauptet werden kann, die Vertragspartner selbst hätten als neu gegründete Gemeinschaft ihren vorherigen Privatbesitz quasi selbst „annektiert“ und der Gemeinschaft zugeschlagen. Darüber hinaus sorgte der Vertrag dafür, dass dieses Band das Vermögen der Vertragspartner auf ewig an die Gemeinschaft gebunden hat. Die ursprüngliche Vorbedingung aller dieser einzelnen Schritte hin zum stillschweigenden Einvernehmen aller Individuen gegenüber der Regierung besteht in Lockes Konstruktion der anfänglichen Legitimität des Eigentums der Vertragspartner.

Now Locke’s theory of property may not seem so pointless. Once chapter V. of the Second Treatise explains how private property can emerge – without imitating the earlier theorists’ recourse to explicit agreements, whose plausibility Filmer criticized-Locke is able to use private property to transmit the authority of the community to the present day and so avoid anarchy. Important rhetorical purposes, as we shall see, are also served by grounding the legitimacy of government in „property.“ And most important of all, Locke derives the criterion of revolution from the property argument.

Unter diesem Aspekt erscheint Lockes Eigentumstheorie alles andere als witzlos. Nachdem TToG II Kapitel 5 erst einmal erklärt hat, wie Eigentum an sich entstehen kann – ohne den Rückgriff früherer Theoretiker auf ausdrückliche Verständigung zu kopieren – kann Locke das Eigentum nutzen, um damit die legitime Autorität der Gemeinschaft bis zum heutigen Tag durchgehend aufrechtzuerhalten und vermeidet auf diesem Weg jeden zustand von Anarchie. Wir werden sehen, wirkmächtige rhetorische Zwecke werden durch die Gründung von Legitimität für Regierungen auf „Eigentum“ ebenso gefördert. Am wichtigsten von allem aber ist: Locke entwickelt das Kriterium legitimer Revolution von der Eigentumsargumentation aus.

To achieve these purposes, Locke first denies the notion that anybody „has originally a private Dominion, exclusive of the rest of Mankind,“ in the fruits and beasts of the world [p. 185]. This is a direct reply to Filmer’s alternative to consent as the basis for government the notion that a paternal authority resides in kings, who are heirs of God’s grant of property rights in the world to the father of all humanity, Adam. „The first government in the world,“ Filmer writes, was monarchical, in the father of all flesh.
Um diese Ziele zu erreichen, verneint Locke erst einmal die Annahme, irgendjemand hätte „ein ursprüngliches Recht auf persönliche Herrschaft (Sach-, Gebrauch-, -sgebiet) unter Ausschluss des Rests der Menschheit“, bezüglich die Früchte und Kreaturen der Welt. Hier liegt die direkte Antwort auf Filmers alternative gegenüber dem Konsens als Basis für jede Form von Regierung: Die Vorstellung es existiere eine innewohnende väterliche Autorität bei Fürsten, die allesamt als Erben der Gewähr Gottes gegenüber Adam, dem Stammvater aller Menschen, über sämtliche Eigentumsrechte in der Welt verfügten. „Die erste Regierung in der Welt“, schrieb Filmer „war monarchisch und lag beim Vater allen Fleisches.

Adam being commanded to multiply, and people the earth, and to subdue it, and having dominion, given him over all creatures, was thereby the monarch of the whole world; none of his posterity had any right to possess anything, but by his grant or permission, or by succession from him: the earth (saith the Psalmist), hath he given to the children of men: Which shows, the title comes from the fatherhood. There never was any such thing as an independent multitude, who at first had a natural right to a community: This is but a fiction, or fancy of too many these days, who please themselves in running after the opinions of philosophers and poets, to find out such an original of government, as might promise them some title to liberty8.

Adam, der die Anordnung hatte, sich zu vermehren, die Erde zu bevölkern, sie sich zu unterwerfen, und dem Sach- und Gebrauchsherrschaft über alle Kreaturen dieser Welt gewährt war, war dadurch der Monarch der gesamten Welt. Keiner seiner Nachkommen hatte irgendein recht irgendetwas zu besitzen, außer durch seine Gewähr oder Erlaubnis, oder durch seine Nachfolge: Die Erde (verkündete der Psalmist) hatte er den Kindern der Menschheit gegeben: Das beweist, der Titel stammt von der Vaterschaft. Es gab niemals jemals so etwas wie eine unabhängige Vielzahl, die anfangs ein natürliches Recht auf Vergesellschaftung hatte: Dies ist lediglich Einbildung oder einer der zu vielen Phantasien dieser Tage, die sich selbst darin gefallen, den Meinungen von Philosophen und Poeten hinterherzulaufen, um eine solche originale Regierung zu entwickeln, als ob diese ihnen irgendeinen Anspruch auf Freiheit gewähren würde14.
Filmer not only equates the authority of Adam over his children with that of a king over his people, but he derives both types of authority from God’s gift of dominion over the world to Adam. His children live on Adam’s property ­ that is, they live anywhere in the world – only at his pleasure. Adam, the universal father, is by virtue of that position the universal Landlord and absolute Monarch.

Filmer setzt nicht nur die Autorität Adams über dessen Kinder mit der eines Königs über sein Volk gleich, sondern er entwickelt beide Arten Autorität aus der Schenkung Gottes an Adam in Form der Sach-, Gebrauchs-, und Gebietsherrschaft über die gesamte Welt. Adams Kinder leben auf dessen Landbesitz – was so ist, wenn sie irgendwo in der Welt leben – ausschließlich weil es diesem so gefällt. Adam, der universelle Vater, ist durch die Bedeutung dieser Position der universelle Landbesitzer und absolute Monarch.

How is Adam’s prehistoric authority transformed into modern political power? Filmer answers by endorsing a claim he attributes to his contemporary, John Selden (1585-1654). „Mr. Selden teacheth us in his Mare Clausum,“ Filmer writes, „that Adam ‚by donation from God,‘ Genesis I.28, ‚was made the general Lord of all things, not without such a private dominion to himself, as (without his grant) did exclude his children. And by donation and assignation, or some kind of cession (before he was dead or left any heir to succeed him) his children had their distinct territories by right of private dominion9.‘ „Thus, „the Natural and private dominion of Adam“ is „the fountain of all government and propriety.“So while Grotius, for instance, „will have it that our forefathers, being all free, made an assignment of their power to Kings,“ Filmer endorses „the other opinion,“ which „denies any such general freedom to our forefathers, but derives the power of Kings from the original dominion of Adam10″ emphasis in original). In sum, contemporary monarchs have inherited their authority from Adam, who owned the world. Every King after Adam, down to the Flood and then to the present, deserves unconditional obedience on the same basis by which every father commands the obedience of his family: Kings and fathers own the property on which their subjects and families live.

Wie konnte Adams prähistorische Autorität in moderne politische Macht überführt werden? Filmer beantwortet das durch Übernahme einer Forderung, die er seinem Zeitgenossen John Selden (1585-1654) zuschreibt. „Mr. Selden lehrt uns in seinem Mare Clausum,“ schreibt Filmer, „dass Adam durch die Schenkung Gottes (Gen. I.28) zum generellen Herrn über alle Dinge, und nicht ohne eine derartige Herrschaft über sich selbst zu haben, wurde, was (ohne seine Gewähr) seine Kinder davon ausschloss. Durch Schenkung und Anerkennung, oder eine Art Zugeständnis (vor seinem Tod oder vor Hinterlassung irgendeines Erben, der ihm folgen könnte) erhielten seine Kinder ihre unterschiedlichen Gebiete als Recht dort Herrschaft auszuüben15. Auf diesem Weg kam die „natürliche und private Herrschaft Adams“ dazu, „Quelle aller Regentschaft und allen Eigentums „ zu werden. Während zum Beispiel Grotius „es so haben will, dass alle unsere Vorfahren, als allesamt freie Leute, eine Abtretung ihrer Macht an die Könige anerkannten,“ enthält Filmer „die andere Meinung,“ die, „unseren Vorfahren jegliche derartige Freiheit abspricht, aber die Macht der Könige von der ursprünglichen Herrschaft Adams ableitet.16“ (Hervorhebung des Ursprungs). Unter dem Strich: Zeitgenössische Monarchen haben ihre Autorität von Adam geerbt, der die gesamte Welt besaß. Jeder König nach Adam, bis zur Sintflut und ab da bis heute, verdient bedingungslosen Gehorsam auf der gleichen Basis, auf der jeder Vater den gehorsame seiner Familie einfordert: Könige und Väter sind Eigentümer des Besitzes, auf und von dem ihre Untergebenen und deren Familien leben.

Much of Locke’s First Treatise is devoted to showing that there is no biblical evidence that God donated the world to Adam or that contemporary kings are the inheritors of Adam’s legacy. According to Locke, “Adam had not either by natural Right of Fatherhood, or by positive Donation from God, any such Authority over his Children, nor Dominion over the World as is pretended“ by Filmer [p. 165]; and even if he had such authority, „it is impossible that the Rulers now on Earth, should make any benefit, or derive any of the least shadow of Authority from that, which is held to be the Fountain of all Power, Adam’s Private Dominion and Paternal jurisdiction“ [pp. 165-166, emphasis in original]. Locke must then, in the Second Treatise, propose his own account of the origins of government and property to replace Filmer’s.

Sehr viel von Lockes Erstem Band ist dem Nachweis geopfert, dass es keinerlei biblischen Beweis dafür gibt, dass Gott die Welt Adam allein geschenkt hat oder das zeitgenössische Könige (zu Locke’s Zeit) die Erben von Adams Vermächtnis sind. „Adam hatte weder durch das natürliche Recht der Vaterschaft, noch durch eine ausdrückliche Schenkung Gottes irgendeine solche Autorität über seine Kinder, oder gar eine absolute Herrschaft über die Welt“ wie durch Filmer behauptet wird.“ Selbst wenn er solche Autorität gehabt hätte, „wäre es unmöglich, dass die aktuellen Regenten auf der Welt heute irgendeinen Nutzen oder auch nur den leichtesten Schatten von Autorität aus dem ziehen könnten, was für die Quelle aller Macht gehalten wird, aus der angeblichen privaten Herrschaft und der väterlichen Rechtssprechungsbefugnis“, (Originalton). Locke musste daher in Band II seine eigene Begründung für die Ursprünge von Macht und Besitz konstruieren, um die Filmers zu ersetzen.

Following Grotius – Filmer’s target – Locke describes a state of nature in which human beings, equal in the eyes of God, are free from „Subordination or Subjection“ to one another [p. 167]. Rather than giving the world to Adam alone, God gave ownership rights to these equals „in common“ [p. 185]. This does not mean collective ownership; rather, each person in the state of nature is equally free to use Labor to attach his ownership of „his own Person“ [ibid.] to pieces of the common stock, thereby appropriating whatever property he needs (as long as it does not spoil). To place an „umpire“ in a position to adjudicate disputes over property, people (for unexplained reasons) go so far as to annex their property to the community they form by unanimous consent, and in turn the majority in the community selects a form of government that the community, and those who inherit its property, are bound to obey until the government sacrifices its legitimacy Locke’s purpose is, evidently, not so much to propose.

Denkt man wie Grotius – dem Ziel von Filmers Attacke – beschreibt Locke einen Naturzustand, in welchem Menschen, gleichen Standes in den Augen Gottes, frei von jeglicher „Unterordnung oder Unterwerfung“ untereinander sind. Doch an Stelle der Übertragung des Besitzes an Adam allein, gewährt Gott diesen an „alle gemeinsam“. Damit ist indes kein gemeinschaftlich zu verwaltender Besitz gemeint, sondern vielmehr, dass im Naturzustand jede Person das gleiche Recht zur freien Inbesitznahme (und damit privaten Verfügung) einzelner Teile des gemeinsamen Besitzes durch Bearbeiten hat und damit in Besitz nimmt, was auch immer er benötigt (zumindest so lange als er es nicht verderben lässt). Um einen „Schiedsrichter“ in eine geeignete Position zu bringen, um im Falle von Streitigkeiten über den Besitz zu entscheiden, gehen die Menschen (aus unerklärten Gründen) soweit, dass sie ihren Besitz an die Gemeinschaft abtreten, die sie durch einhelliges Einvernehmen geschaffen haben. Im Gegenzug wählt die Mehrheit in der Gemeinschaft eine Regierungsform aus, um die Gemeinschaft und die, die in ihr den Besitz erben, zum Gehorsam anzuhalten, bis die Regierung ihre Legitimation verliert.

The correct theory of property rights as to deny the political authority Filmer derived from his incorrect theory. Absent Filmer’s claim that God gave the world to Adam and hence unlimited authority to kings, one may doubt whether Locke would have needed to discuss property at all in a political tract aimed at establishing a right of revolution. Locke’s resort to tacit consent, to secure both the acceptance of money and individual obedience to contemporary governments, shows how difficult it was to refute Filmer’s charge that neither property nor government could be secure unless they rested on a grant of absolute authority. In a very real sense, in fact, Locke does not meet Filmer’s challenge. As far as property itself is concerned, Locke’s egalitarian starring point did, as Filmer feared, unintentionally establish a momentum toward equal claim rights to property that culminated in socialism in the nineteenth century and egalitarian liberalism in the twentieth. As for the authority of government, the idea that we tacitly consent to such authority merely by living on property over which it claims jurisdiction gives us no more real freedom than we would have if, as Filmer held, the monarch literally owns his kingdom.

Locke’s Vorschlag ist unübersehbar keineswegs ein Vorschlag um eine zutreffende Theorie der Besitzrechte vorzulegen, als vielmehr einer, um die politische Autorität zu beerdigen, die Filmer von seiner unzutreffenden Theorie her entwickelt. Abgesehen von Filmers Forderung, Gott habe die Welt an Adamübergeben und dadurch absolute Autorität für Könige geschaffen, kann man sich fragen, wozu Locke es dann nötig gehabt hätte, den Besitz überhaupt zu diskutieren, vor allem in einem politischen Werk, das das Recht auf Revolution bestätigen sollte. Locke’s Rückgriff auf unausgesprochene Zustimmung, um beides sicherzustellen, die Akzeptanz der Nutzung des Geldes ebenso wie den individuellen Gehorsam gegenüber den zeitgenössischen Regierungen, zeigt uns wie schwierig es war, Filmers Behauptung zu widerlegen, dass weder Eigentum noch die Regierung an sich als gesichert gelten könnten, als bis sie auf der Garantie einer absoluten Autorität gegründet wären. In einem sehr konkreten Sinn verfehlt Locke tatsächlich Filmers Herausforderung. Soweit es den Besitz selbst betrifft bewirkt Locke’s egalitärer Ausganspunkt, genau wie Filmer befürchtet hatte, unbeabsichtigt die Etablierung eines Impulses in Richtung von Gleichverteilungsforderungen betreffend Besitzrechte, die im 19. Jahrhundert in Sozialismus, Marxismus und Kommunismus gipfelten und im 20. Jahrhundert in einem egalitären Liberalismus. Bezüglich der Autorität von Regierungen, liefert uns der Gedanke, wir stimmten solcher Autorität bereits dadurch stillschweigend zu, indem wir lediglich auf dem Land leben, über das diese Autorität die Rechtsprechungsbefugnis behauptet, kein Stück mehr tatsächliche Freiheit als wir hätten, falls, wie Filmer es vorstellt, ein König faktisch Besitzer seines Königreichs wäre.

But individual freedom was no less than distributive equality, peripheral to Locke’s political purpose. The only freedom individuals have not tacitly consented to part with, by the time Locke is through, is their right, as a community, to judge whether their government is pursuing its legitimate purpose. By starting with free and equal individuals, Locke is able to bind into the origin of state power what­ ever condition we can assume such individuals would have consented to impose on government. This condition is, in Locke’s terms, that the government pursues the „common good.“ Once this condition establishes the basis for future revolutions against tyrannical governments, Locke tries to dismiss Filmer’s concerns about the economic and political stability of consensual politics by using tacit consent to legitimize material and political inequalities.

Allerdings war individuelle Freiheit für Locke nicht weniger nebensächlich für Locke’s politische Absichten als Verteilungsgleichheit. Die einzige Freiheit, zu deren Übertragung die Individuen im Zug der Zeit Lockes nicht zugestimmt haben, ist ihr Recht, als Gemeinschaft zu beurteilen, ob ihre Regierung rechtmäßige Ziele verfolgt. Indem er mit freien und gleichen Individuen beginnt, ist Locke in der Lage an die Entstehung staatlicher Macht eine jede Bedingung zu knüpfen, von der wir annehmen können, solche Individuen hätten sie übereinstimmend einer Regierung auferlegt. Diese Bedingung besteht, mit dem Begriff Locke’s, dass die Regierung das „Gemeinwohl“ zu verfolgen habe. Sobald diese Bedingung die Grundlage für zukünftige Revolutionen gegen tyrannische Regierungen gelegt hat, unternimmt es Locke, Filmer’s Befürchtungen bezüglich wirtschaftlicher und politischer Stabilität konsensualer Regierungen zu verscheuchen, indem er unausgesprochenes Einvernehmen nutzt, um materielle und politische Ungleichheit zu legitimieren.

Locke never defines precisely what the public good is, save what „the good, prosperity and safety of the Society shall require“ [p. 264]. We can be certain only that the controversies and injuries experienced in the state of nature detracted from the public good. Locke is slightly more forthcoming about the opposite of the public good: „absolute Arbitrary“ rule [p. 269], which he describes as rule that serves a „distinct interest,“ elevating the rulers‘ „own private advantage“ above „the good of the whole“ [p. 278] – as in the case of absolute monarchs, who „will be apt to increase their own Riches and Power by taking what they think fit from the People“ [p. 274]. Locke does provide several specific instances of how absolutist government violates the public good, but the content of these good remains ambiguous.

Locke definiert nirgends genau, worin das Gemeinwohl besteht, geschweige denn was „Wohlstand, Fortschritt und Sicherheit der Gesellschaft erfordern“. Wir können lediglich sicher sein, dass Streitereien, Übergriffe und Rechtsverletzungen des Naturzustands gegen das öffentliche Wohl stark eingeschränkt werden. Locke ist bezüglich des Gegenteils zum „öffentlichen Wohl“ eindeutig mitteilsamer: „absolut willkürliche“ Regentschaft, die er als eine Regentschaft beschreit, die „unterscheidbare Interessen“ und „Erhebung der eigenen privaten Vorteile der Regenten“ über das „Gute für das Ganze“ – so wie im Fall der absoluten Monarchen, die „fähig sind, ihren eigenen Reichtum und ihre Macht zu vergrößern, indem sie sich von der Bevölkerung nehmen, was ihnen passend erscheint. Locke stellt einige spezielle Tatbestände dar, wie absolute Regierungen das öffentliche Wohl hintergehen, aber der Gehalt dessen Wohls bleibt mehrdeutig.

Given this ambiguity, it is all too easy to equate the public good with a literal interpretation of Locke’s oft-repeated phrase, „the preservation of property.“ „The preservation of Property being the end of Government, and that for which Men enter into Society, it necessarily supposes and requires, that the People should have Property, without which they must be supposed to lose that by entering into Society, which was the end for which they entered into it, too gross an absurdity for any Man to own“ [p. 273]. But since real property has long since been „annexed“ to the community, Locke cannot mean that the purpose of government is to preserve the property individuals appropriate in the state of nature. Not surprisingly, then, Locke’s next sentence affirms that the property government protects consists in „the goods, which by the Law of the Community are theirs“ [ibid.]. By the same token, Locke endorses the seizure of individuals’ real property, in the form of taxation, as long as this receives „the Consent of the Majority, giving it either by themselves, or their Representatives chosen by them“ [p. 275]. When Locke says that „the people should have property,“ he must mean the people considered as a community obedient to the laws laid down by the government whose form was chosen by the majority. This continues to leave the public good undefined, however, since the criteria by which the people’s property is to be regulated, not discussed.

Setzen wir diese Mehrdeutigkeit voraus, ist es allzu einfach das öffentliche Wohl mit einer wörtlichen Interpretation der oft wiederholten Phrase Locke „Erhalt des Eigentums“ gleichzusetzen. „Der Erhalt des Eigentums ist der Zweck von Regierung, und damit Menschen einer Gesellschaft beitreten ist es notwendigerweise Voraussetzung und Anforderung, dass Menschen Eigentum besitzen, ohne welches von Ihnen der Verlust dessen angenommen werden müsste, weswegen sie in eine Gesellschaft eintraten, was eine zu große Absurdität für einen Menschen darstellen würde, um sie sich zu eigen zu machen.“ Da aber realer Besitz schon längst an die Gemeinschaft übertragen worden war, kann Locke nicht gemeint haben, der Zweck einer Regierung sei der Schutz des Besitzes, den Individuen im Naturzustand in Besitz genommen hatten. Daher ist es keine Überraschung, wenn Locke im nächsten Satz bestätigt, dass der von der Regierung zu beschützende Besitz aus „den Gütern, die die nach Recht der Gemeinschaft die Ihrigen sind“ besteht. Mit demselben Schlüssel schließt Locke die Reichweite des individuellen Besitzes ein, in Form der Besteuerung, solange diese auf „dem Einvernehmen der Mehrheit, erteilt entweder durch sie selbst oder durch von ihnen gewählten Repräsentanten“ beruht. Wenn Lockes verkündet, die Bevölkerung sollte Eigentum haben, muss er die Bevölkerung meinen, die als Gemeinschaft sich nach dem Gesetz richten, welches die Regierung erlässt, deren Form von der Mehrheit bestimmt wird. Das lässt nun das Gemeinwohl weiterhin undefiniert, solange die Kriterien, nach denen der Besitz der Bevölkerung geregelt wird nicht abgesprochen sind.

Undoubtedly it is useful rhetorically for Locke to be able to say that the criterion of whether revolution is justified is whether government is preserving „property“ – a Standard few in his intended audience would have quarreled with. Yet Locke has already made it clear that the government is free to take or regulate the real property held by any individual, whose ancestors, after all, „annexed“ it to the community. The same is true of Locke’s use of the term „liberty.“ (He sometimes defines „property“ in fact as „Life, Liberty and Estate“ [p. 229].) In the same paragraph he can maintain both that people enter society only „with an intention in everyone the better to preserve himself his Liberty and Property,“ and, on the other hand, that when „Men … enter into Society“ they „give up the Equality, Liberty, and Executive Power they had in the State of Nature, into the hands of Society, to be so far disposed of by the Legislative, as the good of the Society shall require“ [p. 264].

Es ist für Locke zweifellos in rhetorischem Sinne nützlich darlegen zu können, dass das Kriterium, ob eine Revolution gerechtfertigt ist, entweder darin besteht, ob die Regierung das „Eigentum“ erhält – ein Standard den wenige seiner angedachten Zuhörer bestritten hätten. Schließlich hat Locke ja klar gemacht, dass die Regierung jede Freiheit hat den Besitz eines jeden Individuums an sich zu nehmen oder zu regulieren, dessen Vorfahren es am Ende der Gemeinschaft angetragen hatten. Dasselbe gilt von Lockes Begriff der Freiheit. Er definiert manchmal „Eigentum“ tatsächlich als „Life, Liberty and Estate“ (Leben, Freiheit und Vermögen). Im selben Paragraphen kann er beides ausrechterhalten. Dass die Menschen der Gesellschaft ausschließlich beitreten „mit der Absicht eines jeden seine Freiheit sowie sein Eigentum besser zu erhalten“ und andererseits, dass, wenn „Menschen…einer Gesellschaft beitreten“ sie „die Gleichheit, Freiheit und exekutive Macht, die sie im Naturzustand hatten in die Hände der Gesellschaft abgeben, damit diese weiterhin durch die Legislative verwaltet werden, so wie es das Gemeinwohl erfordern sollte“.

Die Lösung dieses Paradoxons erfolgt auf der nächsten Seite: Die Macht der Regierung kann nicht „als weiterreichend angenommen werden, als das Gemeinwohl reicht“, so dass die Abgabe persönliche Freiheit diese bewahrt und die Übergabe persönlichen Besitzes an die Gemeinschaft diesen in gleichem Sinne schützt. Was Locke hier zu meinen scheint, besteht darin, dass das Gemeinwohl verlangt, die Freiheit und den Besitz, die wir unter der Herrschaft des Gesetzes innehaben, gesichert sein solle, im Gegensatz zum Naturzustand, indem das nicht der Fall ist. Wir tauschen unsichere Formen von Freiheit und Besitz gegen sichere Versionen ein. Denn Locke garantiert nirgends Sicherheit im Sinne von Verboten gegen Aufhebung individueller Freiheit oder Beschlagnahme individuellen Besitzes. Tatsächlich beauftragt er nur (1) die Regentschaft durch Gesetz, was dessen Auslegung und Exekution durch „aufrechte Richter“ und „festgeschriebene, bestehende Gesetze“ statt „spontaner, willkürlicher Dekrete“ und (2) unsere Zustimmung bei der Besteuerung, genau genommen das Einvernehmen der Mehrheit – genau wie eine durch Mehrheit berufene Regierung die Gesetze zur Regulierung von Besitz erlässt. Locke kann unmöglich meinen die Verringerung die Verringerung individueller Freiheitsrechte und Besitzrechte zu verbieten, wie eine buchstäbliche Interpretation der Formel „Erhalt des Eigentums“ weiszumachen versucht, denn das würde jegliche Besteuerung und koordinierte Aktivität von Regierungshandeln unmöglich machen. Die Sicherheit an der wir uns in einer bürgerlichen Gesellschaft erfreuen, ist deshalb ausschließlich eine kollektive Sicherheit für unsere Freiheit und unseren Besitz. Die Freiheit zu jeglicher Betätigung und zum Besitz von Gütern die wir hatten, wie unsicher auch immer, als Individuen im Naturzustand wurde ausgetauscht, durch den Übergang in die Gesellschaft, um unter Gesetzen zu leben die nicht einfach par ordre du Mufti und ohne Mitteilung verändert werden und die „keinen anderen Zweck beinhalten, als Frieden, Sicherheit und das öffentliche Wohl der Bevölkerung“. Noch einmal, Locke hat versäumt uns über die Bedeutung letzteren Satzes aufzuklären.

The solution to this paradox is given on the next page:

The power of government cannot „be supposed to extend farther than the common good,“ such that giving up one’s liberty preserves it and annexing one’s property to the community protects it in the same sense. What Locke seems to mean here is that the common good demands that the liberty and property we possess under the rule of law be secure, unlike that in the state of nature. We trade insecure forms of liberty and property for safer versions. Yet Locke nowhere guarantees security in the sense of prohibitions against the abrogation of individual liberty or the seizure of individuals‘ property. Rather, he mandates only (1) the rule of law, which means the promulgation by „up­right judges“ of „established standing laws“ rather than „ex­temporary decrees,“ and (2) our consent to taxation, which means the consent of the majority – just as majority-sanctioned government makes laws regulating property. Locke cannot mean to prohibit the diminution of individual liberty or property rights, as a literal interpretation of „the preservation of property“ would suggest, for that would make taxation and the other coercive activities of government impossible. The security we receive in civil society, then, is only collectively the security of our liberty and property. The freedom of action and possession of goods we had, however insecurely, as individuals in the state of nature is exchanged, with the transition to society, for living under laws that do not change peremptorily or without notice and are „directed to no other end, but the Peace, Safety, and public good of the People“ [ibid.]. Once again, Locke fails to inform us about the meaning of the latter phrase.

Perhaps this should not be surprising, given Locke’s oscillation between self-interest and consent. Self-interest is, like the „common good“ or the „public interest,“ inherently a substantive idea: Specific content is attached to it, depending on our answer to the question of what makes for a good life. Consent, by contrast, is a formal idea: It marks the approval of whatever proposition has been mooted. In Locke’s case, the consenting authorities are the individuals in a state of nature; whatever they agree to is, ipso facto, legitimate. Rather than concerning itself with the nature of the good, post-Lockean liberalism has tended to worry about guaranteeing people the equal authority to decide for themselves what is good.

Das sollte indes nicht überraschen, setzt man Lockes Slalom zwischen Eigeninteresse und Konsens voraus. Eigeninteresse ist, wie das „Gemeinwohl“ oder das „Öffentliche Interesse“ von Natur aus eine substantielle Idee: Bestimmter Inhalt wird erst dann damit verbunden, wenn wir die Frage beantwortet habe, was ein gutes Leben ausmacht. Konsens, im Gegensatz dazu, ist eine formelle Idee: Er signalisiert die Validierung, egal welcher Vorschlag gemacht wurde. Im Falle Locke’s bestehen die zustimmenden Autoritäten aus Individuen im Naturzustand. Wozu auch immer sie Einvernehmen erzielen, es ist aus sich selbst heraus legitim. Statt sich nachher lange mit der Frage der Natur des Guten aufzuhalten, hatte der Liberalismus nach Locke die Tendenz sich damit zu plagen, wie man Menschen deren gleichwertige Autorität garantieren könne, sich selbst für das zu entscheiden was gut sein könnte.

When Locke argues, for instance in sections 40-44, that particular benefits flow from private appropriation or from the transition to civil society, he is providing substantive reasons to favor his conclusions; when he speaks of people consenting or contracting (e.g., section 45), he is providing formal reasons. The substantive benefits he seems to have in mind are the types of worldly advantage that had been cited by earlier social contractarians like Hobbes, who were explicit in their commitments to peace and prosperity. In his Letter Concerning Toleration Locke makes a sharp distinction between the „civil interests“ in which governments are legitimately concerned and the spiritual affairs with which they should be uninvolved. Locke defines civil interests as „life, liberty, health, and indolence of body; and the possession of outward things, such as money, lands, houses, furniture, and the like11.“ In being concerned for these goods, and most of all for civil peace, Locke shared the substantive commitments – the worldly definition of interests – of his immediate predecessors, and of Shaftesbury.

Wenn Locke zum Beispiel in den Kapiteln 40-44 darlegt, wie partikulare Vorteile durch Inbesitznahme oder durch Übergabe an die bürgerliche Gesellschaft entstehen, liefert er substantielle Gründe für seine Schlussfolgerungen. Wenn er davon spricht, wie Menschen übereinstimmen oder sich vertraglich binden (wie in § 45), sorgt er für formelle Gründe. Die substantiellen Vorteile die er anscheinend im Auge hat, entsprechen dem Typus weltlicher Vorteile die bereits von früheren Gesellschaftsvertragstheoretikern wie Hobbes genannt wurden, die in ihren klaren Zugeständnissen zu Frieden und Fortschritt ausdrücklich wurden. In seinem „Brief betreffend die Toleranz“ hat Locke eine scharfe Unterscheidung zwischen „bürgerlichen Interessen“, um die sich Regierungen legitimer Weise zu kümmern haben und den spirituellen Angelegenheiten, aus denen sie sich heraushalten sollten. Locke definiert bürgerliche Interessen als „Leben, Freiheit, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit, und den Besitz äußerlicher Dinge, wie Geld, Land, Häuser, Möbel, und Ählichem18.“ Durch die Befassung mit diesen Gütern, und vor allem mit dem gesellschaftlichen Frieden, teilte Locke die substantiellen Zusagen – die weltliche Definition von Interessen – seiner unmittelbaren Vorläufer und die von Shaftesbury.

The lasting importance of the Two Treatises, though, may be that in them Locke refuses, by and large, to argue from such premises. Rather; he elevates the formal principle of individual consent to a position of superiority it retains three hundred years later. Ironically, he does so only in order to render individual consent nugatory by way of its „tacit“ mutation; what remains is „the public interest“ inserted by the original consenters into the primordial social contract, the violation of which warrants revolution. Perhaps because of the inherent conflict between such a substantive criterion and the consent Locke thinks must legitimize it, however, he fails to specify what the criterion consists in. Consequently it has been a much less prominent legacy from Locke than has been the principle of consent. By the same token, modern appeals to the public interest remain rather vague, but in operation they seem invariably to concern improvements in either „outward things“ or in Locke’s other „civil interests'“ – life, health, and of course liberty. What has vanished is the ability to discuss whether these interests are, in fact, the sum total of the good life; the reason for this lacuna may be the fact that the place for disputing such substantive issues has been taken up by conflicts over the material resources that can enhance the equal liberty of each of us to „choose for ourselves“ what is good.

Die anhaltende Bedeutung der Two Treatises beruht, mag sein Locke selbst verweigert sich darin, bei weitem und weithin, auf derartigen Voraussetzungen. Noch deutlicher, er erhebt das formelle Prinzip individuellen Einvernehmens auf eine Position der Überlegenheit die sie noch dreihundert Jahre später behält. Die Ironie der Geschichte: Er tut das mit der Absicht das ausdrückliche, individuelle Einvernehmen zu einem nichtigen Akt zu machen indem er den Weg eines gegenseitigen Schweigens als Zustimmung einschlägt. Was bleibt ist „das öffentliche Interesse“, eingebracht durch die ursprünglichen Vertragspartner in den vorzeitlichen Gesellschaftsvertrag, dessen Verletzung das Recht auf Revolution gewährleistet. Vielleicht denkt Locke, sie müsse wegen des inhärenten Konflikts zwischen einem derart substantiellen Kriterium und dem Einvernehmen legitimiert sein. Wie auch immer, er verfehlt drin, klar zu machen, worin das Kriterium besteht. Folgerichtig liefert das ein weit weniger bekanntes Erbstück Lockes als es das Prinzip des Einvernehmens war. Unter demselben Zeichen, verbleiben moderne Aufrufe zu Gunsten des öffentlichen Interesses ziemlich vage, doch in der Anwendung scheinen sie unverändert Verbesserungen entweder von „äußerlichen Dingen“ oder bei Lockes anderen „bürgerlichen Interessen“ – Leben, Gesundheit und natürlich Freiheit zu betreffen. Was verschwunden ist, ist die Fähigkeit zu diskutieren, ob diese Interessen tatsächlich, die Summe allen guten Lebens ausmachen. Der Grund für diese Lücke mag in der Tatsache bestehen, dass der Ort um derart substantielle Auswüchse zu diskutieren durch die Konflikte betreffend die materiellen Ressourcen eingenommen wurde, die eine gleichwertige Freiheit für alle ermöglichen, mittels derer jeder von uns „für uns selbst auswählen kann“, was gut ist.

To assume that Locke faced a similar context, as the revisionist scholars tend to do, means overlooking the fact that Locke created this context in the first place. The greatest significance of the earlier dating of the Treatises may be simply that, in replying to Filmer in the context of the early 1680s, Locke inadvertently emptied the substantive criterion of the public good of any determinate content, because he found himself justifying it on the grounds of a social contract. Ironically, had he written when popular sovereignty was no longer at issue, he might have produced precisely what earlier interpreters assumed was his intention: A defense of the actual consequences of the Revolution for the lives of the people.

Zu unterstellen, Locke habe sich einen ähnlichen Kontext vorgenommen, wie ihn die revisionistischen Scholastiker bevorzugten, bedeutet die Tatsache zu übersehen, dass Locke seinen Kontext an allererster Stelle zunächst eigens konstruiert hat. Die größte Bedeutung der klar früheren Datierung der Treatises mag ganz einfach darin liegen, dass durch die Antwort auf Filmer im Kontext der frühen 1680er Jahre Locke versehentlich das substantielle Kriterium des „öffentlichen Wohls“ eines jeden bestimmten Inhalts beraubt hat, denn er ertappte sich selbst dabei, es auf den Fundamenten eines Gesellschaftsvertrags zu rechtfertigen. Ironischer Weise, hat er geschrieben, als Volkssouveränität kein Problem mehr war, hätte er womöglich genau das hervorbringen können, was frühere Interpreten als seine Absicht betrachteten: Eine Verteidigung der aktuellen Folgen der Revolution für das Leben des Volkes.
*Jeffrey Friedman is the editor of Critical Review: An Interdisciplinary Journal, a political theory quarterly published in New Haven, CT.

©1994 The Legal Classics Library, Division of Gryphon Editions, P.O. Box 6003, Delran, New Jersey 08075. All rights reserved. Printed in the United States of America

NOTES

1. A Letter from a Person of Quality to his Friend in the Country,” quoted in Richard Ashcroft, revolutionary Politics and Locke’s Two Treatises of Government (Princeton, 1986), p. 188
2. David Wooten, “Introduction” to idem, ed. Political Writings of John Locke (New York, 1993), p. 15
3. Peter Laslett, ed. Patriarcha and other works of Sir Robert Filmer (Oxford, 1949), p. 273.
4. Michel de Montaigne, Essays quoted in Richard Tuck, “The ‘modern’ theory of natural law”, in Anthony Pagden, ed. The Language of Political Theory in early Modern Europe (Cambridge, 1987), p. 110.
5. Locke, Two Tracts on Government, ed. Philip Abrams (Cambridge, 1967), p. 146.
6. Grotius quoted in Tuck, p. 116
7. Rainborough quoted in Thomas A. Horne, Property rights and Poverty: Political argument in Britain, 1605 – 1834 (Chapel Hill, 1990) p. 23.
8. Laslett, ed. Pp. 187-188
9. Ibid. pp.63-64
10. Ibid. p. 71
11. John Locke, A Letter Concerning Toleration, ed. Patrick Romanell (Indianapolis, 1955), p. 17

Fußnoten:
1Jeffrey Friedman, Herausgeber, der Critical Review: An Interdisciplinary Journal, ein Magazin für politische Theorie, vierteljährlich aufgelegt, in New Haven, Connecticut
https://de.wikipedia.org/wiki/Critical_Review
http://www.criticalreview.com/crf/
2https://de.wikipedia.org/wiki/Levellers
3https://de.wikipedia.org/wiki/Diggers
4eine Behauptung die aus dem Text der Two Tracts weder explizit noch implizit hervorgeht. Er verteidigt lediglich die Oberhoheit der Regierung auch äußerliche und unwesentliche Fragen der Religionsausübung nach eigenem Ermessen zu regeln, um die übergeordneten Ziele der Gesamtgesellschaft sicherzustellen: Religion geht niemals über Grundrechte.
5https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Dover
6 A Letter from a Person of Quality to his Friend in the Country,” quoted in Richard Ashcroft, revolutionary Politics and Locke’s Two Treatises of Government (Princeton, 1986), p. 188

7Woran sich jetzt in 2017 nichts geändert hat, im Gegenteil. Sie hat sich verschärft.
8 David Wooton, “Introduction” to idem, ed. Political Writings of John Locke (New York, 1993), p. 15
9 Peter Laslett, ed. Patriarcha and other works of Sir Robert Filmer (Oxford, 1949), p. 273.
10Michel de Montaigne, Essays quoted in Richard Tuck, “The ‘modern’ theory of natural law”, in Anthony Pagden, ed. The Language of Political Theory in early Modern Europe (Cambridge, 1987), p. 110.
11Locke, Two Tracts on Government, ed. Philip Abrams (Cambridge, 1967), p. 146.
12 Grotius quoted in Tuck, p. 116
13https://en.wikipedia.org/wiki/Putney_Debates
14 Rainborough quoted in Thomas A. Horne, Property rights and Poverty: Political argument in Britain, 1605 – 1834 (Chapel Hill, 1990) p. 23.

15Laslett, ed. Pp. 187-188
16Ibid. pp.63-64
17 Ibid. p. 71

18John Locke, A Letter Concerning Toleration, ed. Patrick Romanell (Indianapolis, 1955), p. 17

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John Lockes Two Tracts anarchy religious Conscience – anarchisches Potential religiösen Gewissens

Locke’s Tracts and the anarchy of the religious Conscience

John Lockes Two Tracts und das anarchische Potential religiösen Gewissens

Paul Bou-Habib, University of Essex, UK

Deusche Übersetzung: Thomas Blechschmidt

Paul Bou-Habib, Universität von Essex, GB

Abstract / Zusammenfassung

This article reconstructs the main arguments in John Locke’s first political writings, the highly rhetorical, and often obscure, Two Tracts on Government (1660–1662). The Tracts support the government’s right to impose religious ceremonies on its people, an astonishing fact given Locke’s famous defense of toleration in his later works. The reconstruction of the Tracts developed here allows us to see that rather than a pessimistic view of the prospects for peace under religious diversity, what mainly animates the young Locke is a desire to defend the rule of law against an anarchical conception of religious freedom. The article also argues that the evolution of Locke’s thinking on religious freedom was in large part governed by Locke’s attempt to interpret religious freedom in a way that avoids its having anarchical implications.

Dieser Artikel rekonstruiert die wesentlichen Argumente in John Locke’s ersten politischen Schriften:

Die „Two Tracts of Government (1660 – 1662)“ sind überaus auf Vortrag ausgerichtet, pflegen einen in diesem Sinne rhetorischen Stil und sind an sehr vielen Stellen schleierhaft. Die Tracts haben den Zweck, das Recht der Regierung zu festigen, der eigenen Bevölkerung Vorschriften betreffend deren öffentlicher Religionsausübung zu machen. Eine durchaus erstaunliche Feststellung, angesichts Locke’s weltberühmter Verteidigung religiöser Toleranz in seinen späteren Schriften. Die Rekonstruktion der beiden Tracts, die hier vorgenommen wird, ermöglichst uns eine andere Sichtweise. Es war vielmehr eine klar pessimistische Erwartung bezüglich Fortschritt und Frieden unter der Voraussetzung umfassender religiöser Toleranz, die den jungen Locke (damals 28 bis 30 Jahre alt) veranlasst, einem drängenden Bedürfnis nachzugehen, welches in der Verteidigung des obersten Vorrangs staatlichen Rechts gegen jegliche anarchische Konzeption religiöser Freiräume besteht. Der vorliegende Artikel betont die Entwicklung von Locke’s Denken bezüglich religiöser Freiräume, welches Recht weitgehend durch Locke’s Versuch gesteuert wurde, religiösen Freiraum grundsätzlich dahingehend auszulegen, dass dessen anarchische Implikationen vermieden würden.

Keywords / Schlagworte

Locke, religious freedom, anarchy, Two Tracts on Government, religiöse Freiheit, Anarchie, Zwei Aufsätze über das Regieren, Quäker, rekonstruiert, Authority, sovereignty, Autorität, Souveränität, souverän, sovereign, magistrate, Obrigkeit, liberty, Freiheit, Freedom, Freiraum,

Introduction / Einführung

In 1656, when Locke was still a young man, he wrote a letter from London to his father in which he recounted ‘the most remarkable thing I have met with since I came hither’. Locke had witnessed a Quaker seeking redress in the law courts in Westminster Hall for having had his hat struck off his head, some months earlier, when he had been brought in to give testimony in court. On that earlier occasion, the man had refused to remove his hat in court, as was the custom of many Quakers who believed that all persons are equal under Christ. Locke observed to his father how, in protest against his earlier treatment, the man now no longer wore his hat. Locke continued: ‘The rest of his brethren may do well to imitate him, the keeping of the head too hot being dangerous for mad folks’1.

1656, als Locke noch ein sehr junger Mann war, schrieb er aus London einen Brief an seinen Vater, deren Bericht er so begann: „Die augenfälligste Begebenheit, die ich erlebte, seit ich hierher kam“. Locke war Prozessbeobachter, als ein Quäker vor dem Gerichtshof in Westminster Hall auf Entschädigung klagte, weil man ihm einige Monate zuvor den Hut vom Kopf geschlagen hatte, als er als Zeuge vor dieses Gericht geladen wurde. Bei dieser früheren Begebenheit hatte der Mann sich geweigert, vor Gericht seinen Hut abzunehmen, was der Sitte der Quäker entsprach, die überzeugt waren, dass seit Christus alle Menschen gleich seien. Locke fällt auf und schilderte seinem Vater, dass der Mann aus Protest gegen die vorherige Misshandlung seinen Hut gar nicht mehr trug. Locke fährt fort: „Der Rest seiner Glaubensbrüder täte gut daran, ihn nachzuahmen, weil den Kopf zu heiß zu halten ist für Verrückte1 gefährlich.“

Locke’s attitude toward the Quakers may well reflect the prejudices of an unworldly young man when confronted with people from a different religious background to his own. But it might also reflect anxiety about the anarchy that is threatened by religious groups who defer to their own religious consciences without, as Locke might have thought, the restraint of reason. Locke might have seen the Quakers as not only mad, but dangerously mad. This article proposes that it is this anxiety about the anarchy of the religious conscience that animates Locke’s first political writings, composed four years after his aforementioned letter to his father, entitled Two Tracts on Government (1660–1662). Locke wrote the Tracts in response to The Great Question Concerning Things Indifferent (1660), a pamphlet by one of his student colleagues at Oxford, Edward Bagshaw2.

Locke’s Haltung gegenüber den Quäkern mag klar die Vorurteile eines hinterwäldlerischen jungen Mannes widerspiegeln, der mit Leuten aus einem anderen religiösen Umfeld als seinem eigenen konfrontiert wird. Sie könnte aber auch das mulmige Gefühl wegen der Anarchie reflektieren, die seitens religiöser Gruppierungen drohte, welche sich ausschließlich auf ihr religiöses Gewissen berufen, ohne, wie Locke es voraussetzte, der Verstand zum Maßstab zu machen. Locke dürfte die Quäker nicht einfach nur als Spinner betrachtet haben, sondern als gefährliche Spinner. Dieser Artikel geht der These nach, dass es die Befürchtung anarchischer Zustände wegen der Berufung auf die religiösen Gewissen war, die Locke zu seinen ersten politischen Schriften veranlasst hat, welche er vier Jahre nach seinem zuvor genannten Brief an seinen Vater unter dem Titel „Two Tracts on Government (1660 – 1662)“ verfasste. Locke schrieb die Tracts als Antwort auf „Die große Frage betreffend die unbestimmten Angelegenheiten (die Religion betreffend) (1660)“, ein Pamphlet eines seiner Kommilitonen in Oxford, Edward Bagshaw2.

Bagshaw maintains in his pamphlet that the government has no right to impose religious worship on people. The imposition of religious worship at issue consisted of the government’s enforcing the form that particular religious ceremonies should take within the church, the garments that should be worn by the clergy and other circumstantial features of religious worship. Although Locke would famously come to reject the government’s right to impose religious worship in his later works, in the Tracts, he defends that right3.

Bagshaw vertritt in seinem Pamphlet, dass eine Regierung keinerlei Recht hat, der Bevölkerung bezüglich der Ausübung religiöser Huldigung irgendwelche Vorschriften zu machen. Die in Frage stehende Verfügung über religiöse Huldigung bestand bezüglich der Form, der die Regierung bei einzelnen religiösen Zeremonien Geltung innerhalb der Kirche verschaffen wollte: Die Kleidung, die der Klerus zu tragen habe und andere Begleitumstände und Attribute religiöser Huldigung. Selbst wenn Locke bekanntlich in seinen späteren Schriftgen zu dem Ergebnis kommt, das Recht der Regierung, über religiöse Huldigung Verfolgungen zu treffen, zu verneinen: In den Tracts verteidigt er dieses Recht3.

In proposing this reading of the Tracts, the article aims to make three distinct contributions to our understanding of Locke’s political thought. The first is to extract clear arguments from what is, in many places, a highly rhetorical, fragmentary and obscure text. The approach of this article is thus different from, though complementary to, a more historical approach to the interpretation of a political text, where the aim is to reconstruct the intentions of its author through careful contextual elucidation of the text’s meaning. The emphasis in this article is to fill the gaps in Locke’s own presentation of his arguments by supplying the missing premises in a way that enables us to see the precise nature of those arguments.

Unterstellt man die vorgeschlagene Lesart der Tracts, so zielt dieser Artikel darauf ab, drei unterschiedliche Beiträge zu unserem Verständnis von John Lockes politischem Denken zu leisten. Der erste besteht darin, klare Argumente aus einer Schrift zu gewinnen, der sich an vielen Stellen als hochgradig rhetorischer, bruchstückhafter und rätselhafter Text präsentiert. Die Herangehensweise des Artikels weicht daher, obwohl ergänzend, von einer mehr historischen der Interpretation eines politischen Textes ab, da das Ziel darin besteht, die Absichten des Autors auf dem Wege einer sorgfältigen Ausleuchtung der Bedeutung des Textes aus dem Kontext zu erhellen. Der Schwerpunkt liegt in diesem Artikel liegt darin, die Lücken in Locke’s eigener Präsentation seiner Argumente zu füllen, indem die fehlenden Prämissen so ergänzt werden, dass wir in die Lage versetzt werden, die eindeutige Natur dieser Argumente zu erkennen.

Secondly, the article affirms a more categorical attribution of one of two closely related arguments one might interpret Locke as making in the Tracts. One might read the Tracts as reflecting a distinctively politique position, one that defends the government’s right to impose religious uniformity because it assumes that religious uniformity is necessary for public order. While this interpretation of the Tracts is sometimes suggested in works by Robert Kraynak, Kirstie McClure and David Wootton, these rich accounts of Locke’s developing views on religious toleration do also suggest the contrasting interpretation of the Tracts proposed in this article4.

Zum zweiten bekräftigt dieser Artikel eine deutlich stärker kategorisierende Zuordnung von einer der beiden eng verknüpften Argumentationen, von denen man behaupten könnte, Locke habe sie in den Tracts verfolgt. Einerseits könnte man die Tracts als Spiegelung einer entschiedenen politischen Position lesen, einer, die das Recht der Regierung verteidigt, religiöse Einheitlichkeit vorzuschreiben, weil sie zu dem Schluss kommt, religiöse Uniformität sei unerlässlich für die öffentliche Ordnung. Während diese Interpretation der Tracts hin und wieder in den Arbeiten von Robert Kraynak, Kirstie McLure und David Wootton nahegelegt wird, regt ebenjene reichhaltige Quelle der Entwicklung von Locke’s Sichtweise religiöser Toleranz ebenfalls eine sich deutlich abhebende Ausdeutung der Tracts an, wie sie in diesem Artikel vorgeschlagen wird4.

According to this latter interpretation, Locke is mainly preoccupied by what he believes Bagshaw implies when he rejects the government’s right to impose religious worship, namely that the conscience of the religious dissenter stands above the authority of the sovereign. Locke wants to defend the government’s right to impose, in other words, not because he favors imposition as such, but because he denies that the religious conscience of individual dissenters could have authority to limit the authority of the sovereign.

Gemäß dieser jüngeren Deutung, ist Locke in erster Linie vor allem besorgt darüber, was Bagshaw, wie Locke glaubt, impliziert, indem er das Recht der Regierung zurückweist, über die Formen religiöser Huldigung zu verfügen: Nämlich, dass die Gewissensentscheidung eines jeden Sektierers über der Autorität des Souveräns steht. Mit anderen Worten: Locke will das Recht der Regierung zu Verfügungen (in religiösen Angelegenheiten) nicht deshalb verteidigen, weil er die Verfügungsbefugnis an sich für prinzipiell höherrangig hielt, sondern weil er strikt verneint, dass das religiöse Gewissen von Abweichlern irgend eine Autorität haben könnte, die die Autorität des Souveräns beschränken könnte.

The second aim of this article is to encourage the secondary literature to push this latter argument, which is focused on the need to preserve sovereign authority, to the forefront of Locke’s concerns in the Tracts. Finally, in proposing that we shift the emphasis in how we interpret Locke’s first writings on religious freedom, this article also supports a particular view of the overall trajectory of Locke’s thinking on the subject.

Das zweite Ziel dieses Artikels besteht darin, die Sekundärliteratur zu ermutigen diese jüngere Argumentation, welche sich auf die Notwendigkeit des Erhalts der Autorität des Souveräns fokussiert, gegenüber der Vordergründigkeit von Locke’s in den Tracts formulierten Bedenken zu fördern. Schlussendlich unterstützt dieser Artikel ebenfalls eine eigenständige Sichtweise über die über allem schwebenden Gedanken Locke’s über das Subjekt, indem er vorschlägt, dass wir den Schwerpunkt unserer Interpretation der frühen Schriften Locke’s verlagern.

If Locke’s early work is Hobbesian in character, emphasizing the need for sovereign authority, then a key turning point in his route to the famously anti-Hobbesian political thought of his later works must have been the following: he must, in his later works, have developed a different conception of religious freedom from Bagshaw’s, one that is not anarchical but that allows a religiously diverse society to be regulated by the rule of law. The article concludes with a brief proposal about the nature of Locke’s alternative conception of religious freedom.

Sollte Lockes Frühwerk tatsächlich Hobbessche Charakterzüge aufweisen, da es den Schwerpunkt auf die Notwendigkeit einer souveränen Autorität legt, dann müsste ein markanter Wendepunkt seiner Entwicklung zu dem berühmten anti-hobbesschen politischen Denken in seinem späteren Werk folgendermaßen aussehen: Er muss dann in seinem späteren Werk eine deutlich andere Konzeption des religiösen Freiraums entwickelt haben als die Bagshaws, eine solche, die nicht anarchisch geprägt war und die eine Gesellschaft mit verschiedenen Religionen erlaubt hat, die durch Recht und Gesetz geregelt werden konnte. Der Artikel schließt deshalb mit einem kurzen Vorschlag, über die Beschaffenheit von  Locke‘s alternativer Konzeption religiöser Freiräume.

The great Question / Die große Frage

To properly understand Locke’s argument in favor of the government’s right to impose religious worship, we must begin by clarifying the question addressed by his and Bagshaw’s texts. The question Locke places as a heading to his Tracts is identical to the one Bagshaw raises in the pamphlet to which Locke responds:

Um Locke’s Argumentation für das Recht der Regierung über religiöse Huldigung Verfügungen zu treffen korrekt zu verstehen, haben wir im Vorfeld die Frage zu klären, um die es in seinem und in Bagshaws Texten geht. Die Fragestellung, die Locke seinen Tracts als Titel voranstellt, ist identisch mit dem Aufmacher des Pamphlets, auf das Locke antwortet:

Whether the civil magistrate may lawfully impose and determine the use of indifferent things in reference to religious worship.

Darf eine bürgerliche Obrigkeit rechtmäßig Verfügungen und Entscheidungen bezüglich der Ausübung unbestimmter Gegebenheiten betreffend religiöse Huldigung treffen?

Indifferent things are those actions that God has left to human discretion. Whether the magistrate may lawfully impose and determine such actions is a question about whether he may require, prohibit or otherwise regulate them without breaching his political mandate5.

Bei unbestimmten Angelegenheiten handelt es sich um jene Handlungen, die Gott menschlichem Ermessen überlassen hat. Ob eine Obrigkeit rechtmäßiger weise über derlei Aktivitäten verfügen oder sie festlegen darf, ist im Kern die Frage, ob er Forderungen stellen, verbieten oder anderweitig Regelungen darüber treffen darf, ohne sein politisches Mandat zu überschreiten5.

The question at issue between Locke and Bagshaw, then, is whether the government acts consistently with its mandate when it requires, prohibits or otherwise regulates actions in religious worship that God has not already regulated in some way.

Gegenstand der Fragestellung zwischen Locke und Bagshaw ist also, ob die Regierung sich innerhalb ihres Mandats bewegt, wenn sie Forderungen stellt, Verbote erlässt oder gar direkt Handlungen zur religiösen Huldigung bestimmt, die Gott nicht bereits in irgend einer Weise festgelegt hat.

For the sake of exposition, let us call this the question of whether the government has a right to impose. Locke’s defense of the view that the government has the right to impose comes in two parts. First, he holds that public order requires that individuals transfer all of their liberty within the sphere of indifferent action to the authority of the sovereign.

Der besseren Übersichtlichkeit zuliebe wollen wir das die “Frage, ob die Regierung ein Recht auf Verfügungen hat”, nennen. Locke’s Verteidigung der Ansicht, dass eine Regierung das Recht auf Verfügungen hat, erfolgt in zwei Abschnitten. Zuerst vertritt er das Erfordernis, dass die öffentliche Ordnung die Übertragung aller Freiheit im Bereich der unbestimmten Handlungen durch die Individuen zu Gunsten der Autorität des Souveräns erfolgen muss.

Since indifferent actions in religious worship are no less indifferent for being performed in religious worship, these fall under the sovereign’s authority as much as do indifferent actions performed outside of religious worship. Hence the government may lawfully, that is, it has the authority to, regulate indifferent actions in religious worship.

Da unbestimmte Handlungen bei der religiösen Huldigung keineswegs mehr unbestimmt sind, sobald sie zum Zwecke der religiösen Huldigung durchgeführt werden, müssen diese genauso unter die Autorität des Souveräns fallen, als das bei unbestimmten Handlungen der Fall ist, die außerhalb einer religiösen Huldigung durchgeführt werden. Daher darf die Regierung rechtmäßig, das bedeutet, sie hat die Autorität dazu, unbestimmte Handlungen zur religiösen Huldigung festlegen.

The second part of Locke’s defense is a series of rebuttals of various arguments for the contrary view put forward by Bagshaw. All of Bagshaw’s arguments aim to show that, while individuals may not have a right to be free from the government’s regulation of indifferent actions in the civil sphere, they do have a right to be free of such regulation within the religious sphere. Locke rejects this attempt at drawing a line between civil and religious indifferent action.

Teil der Locke’schen Argumentation besteht in einer Reihe von Widerlegungen verschiedener einzelner Argumente der Gegenseite, die Bagshaw vorträgt. Alle Argumente Bagshaws zielen darauf ab zu zeigen, dass Individuen, während sie kein Recht haben mögen, frei von der Regulierung bislang unbestimmter Handlungen in der bürgerlichen Sphäre zu sein, indessen sehr wohl ein Recht haben, von jeglicher solcher Bevormundung im religiösen Bereich frei zu sein. Locke weist diesen Ansatz zurück, eine Trennlinie zwischen bürgerlichen und religiösen unbestimmten Handlungen zu ziehen.

We can distinguish two possible readings of Locke’s affirmative answer to the question he poses in the Tracts. Both readings agree that the ultimate foundation of Locke’s argument is that individuals have a duty to maintain public order. As he writes, ‘God wished there to be order, society and government among men’6, and we can assume that Locke believes God’s wishes are duties for all individuals to fulfill.

Wir können zwei mögliche Lesarten der bejahenden Antwort auf die Frage unterscheiden, die Locke in den Tracts aufwirft. Beide Lesarten stimmen dahingehend überein, dass die ultimative Grundlage Locke’s Argumentation darin besteht, dass Individuen eine Pflicht haben, die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Wenn er schreibt ‘Gott wünschte, dass Ordnung, Gesellschaft und Regierung sei zwischen den Menschen’6, dürfen wir davon ausgehen, dass Locke fest daran glaubt, Gottes Wünsche seien Pflichten, die alle Individuen erfüllen müssen.

Where the two readings differ, is over the intermediate idea that connects this foundational duty to maintain public order with the conclusion that individuals have no right against religious imposition. According to one reading, the reason Locke believes that the duty to maintain public order entails that the sovereign has a right to impose is that he believes public order requires that individuals practice a uniform mode of religious worship. On this reading, the Tracts rely heavily on a sociological thesis about the social consequences of religious diversity, specifically, that religious diversity necessarily produces social conflict.

Der Punkt an dem die beiden Lesarten sich unterscheiden, besteht in der zwischengelagerten Idee, die diese grundlegende Pflicht die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten mit der Schlussfolgerung verbindet, dass die Individuen keinerlei Rechte gegen Verfügungen bezüglich der Religionsausübung haben. Gemäß der einen Lesart läge der Grund, warum Locke überzeugt sei, dass die Pflicht die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten ein Verfügungsrecht des Souveräns nach sich ziehen müsse, darin, dass er glaubt, öffentliche Ordnung erfordere, dass Individuen auch eine einheitliche Form, der religiösen Huldigung praktizieren. Nach dieser Lesart fallen die Tracts schwer auf eine soziologische Hypothese über die gesellschaftlichen Konsequenzen religiöser Vielfalt zurück, nach der religiöse Vielfalt notwendigerweise soziale Konflikte herbeiführt.

According to a second reading, Locke believes public order justifies the sovereign’s right to impose because public order requires sovereign authority, and sovereign authority is not possible if individuals have a right against religious imposition, at least as Bagshaw understands that right. A full statement of the second reading is provided later, once Bagshaw’s understanding of the right against religious imposition has been made clear. For now, we should note that what is essential to the second reading of the Tracts is that it attributes to Locke an insistence on rejecting a particular conception of religious freedom in the name of preserving sovereign authority.

Gemäß einer zweiten Lesart, glaubt Locke dass bereits die öffentliche Ordnung selbst das Verfügungsrecht des Souveräns rechtfertigt, da öffentliche Ordnung unbedingt Autorität des Souveräns erfordert, wobei Autorität des Souveräns unmöglich ist, wenn Individuen das Recht haben Verfügungen über religiöse Belange zurückzuweisen, zumindest in der Form wie Bagshaw dieses Recht versteht. Eine umfassende Stellungnahme zu dieser zweiten Lesart erfolgt später, sobald Bagshaw’s Verständnis des Widerstandsrechts gegen Vorschriften in religiösen Angelegenheiten erläutert wurde. Für den Moment wollen wir notieren, was für die zweite Lesart der Tracts wesentlich ist: Nämlich, dass es Locke eine gewisse Beharrlichkeit dabei zuschreibt, eine eigenständige Konzeption religiöser Freiheit im Namen des Erhalts der Autorität des Souveräns zurückzuweisen.

These two readings thus discern different routes from the foundational duty to preserve public order to the sovereign’s right of imposition, the first via the need for religious uniformity, the second via the need for sovereign authority. Those two routes are plainly distinct: it is one thing for the Tracts to argue that individuals ought to establish religious uniformity, and quite another for them to argue that individuals ought to establish sovereign authority. The next two sections discuss the plausibility of each reading of the Tracts.

Diese beiden Lesarten lassen verschiedene Wege von der grundlegenden Pflicht, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten hin zu einem Verfügungsrecht des Souveräns erkennen. Den ersten via Notwendigkeit religiöser Einheitlichkeit, den zweiten via Notwendigkeit der Autorität des Souveräns. Diese beiden Pfade sind klar verschieden: Es schreibt den Tracts einen eigenen Zweck zu, zu behaupten, die Individuen müssten eine religiöse Uniformität verwirklichen und einen völlig anderen, zu behaupten, die Individuen müssten für die Bewahrung der Autorität des Souveräns sorgen. Die nächsten beiden Abschnitte diskutieren die Wahrscheinlichkeit einer jeden Lesart der Tracts.

The argument from uniformity / Argumentation via Uniformität

There is a tendency in the secondary literature to present’s Locke’s concern in the Tracts as focused on the need for religious uniformity. The interpretative idea is that Locke believes that religious diversity in public life must be prevented since it is bound to spark off violent confrontations between different religious groups. I shall refer to this as the argument from uniformity as summarized in the following schema:

Es besteht eine Tendenz in der Sekundärliteratur, Locke’s Bedenklichkeit in den Tracts so darzustellen, als wäre sie auf die Notwendigkeit religiöser Einheitlichkeit fokussiert. Die interpretatorische Idee dahinter besteht darin, dass Locke glaubte, religiöse Vielfalt in der Öffentlichkeit müsse verhindert werden, da sie mit dem Entfachen gewaltsamer Konfrontationen zwischen verschiedenen religiösen Gruppen verknüpft ist. Ich werde mich darauf als Argumentation via Uniformität nach dem nachfolgenden, zusammenfassenden Schema beziehen:

  1. God commands that there be public order;
  2. Public order requires religious uniformity;
  3. Therefore, the sovereign must have a right to impose.
  1. Gott ordnet an, dass öffentliche Ordnung zu bestehen hat.
  2. Deshalb muss der Souverän ein Verfügungsrecht haben.
  3. Öffentliche Ordnung erfordert religiöse Einheitlichkeit.

That Locke is propounding this argument from uniformity is a view that is put forward sometimes more, sometimes less explicitly in the secondary literature on the Tracts. Robert Kraynak, for example, defends the thesis that Locke ‘takes a definite practical position in favor of absolutist imposition’. By ‘absolutist imposition’, Kraynak means the policy whereby the state ‘imposes an arbitrary uniformity on warring sectarians for the sake of peace’7.

Dass Locke diese Argumentation via Uniformität vorbringt, ist eine Sichtweise, die manchmal mehr, manchmal weniger ausdrücklich in der Sekundärliteratur zu den Tracts vorgetragen wird. Robert Kraynak zum Beispiel verteidigt die These, Locke nehme ‘eine definitive pragmatische Position zu Gunsten eines absolutistischen Verfügungsrechts ein’, Kraynak meint damit die Politik, durch die der Staat ‘willkürliche Einheitlichkeit verfügt, als Waffe gegen Sektierer um des Friedens willen’7.

David Wootton, who rejects other parts of Kraynak’s analysis of the Tracts, concurs with him on this point:

David Wootton, der andere Bestandteile der Analyse der Tracts durch Kraynaks zurückweist, stimmt mit ihm in diesem Punkt überein.

‘One had to disappoint either those who wanted religious freedom and diversity, or those who wanted religious uniformity’, and for Locke, Wootton continues, ‘a sensible magistrate would opt for uniformity’8.

‘Man hatte die Wahl: Entweder die zu enttäuschen, die religiöse Freiheit und Vielfalt wollten, oder die, die religiöse Einheitlichkeit wollten’, und nach Locke, fährt Wooton fort, ‘würde eine einfühlsame Obrigkeit sich für Uniformität entscheiden’8.

Kirstie McClure points out that there is a difference between religious imposition as an exercise of ‘rightful civil power’ and as ‘one policy option among others’. She then argues that Locke considered imposition ‘prudent as a matter of policy’9.

Kirstie McClure führt aus, dass ein Unterschied zwischen ‘Verfügung über religiöse Gegebenheiten in Ausübung einer rechtmäßigen, bürgerlichen Macht’ und ‘einer politischen Option von mehreren’ besteht. Sie betont weiter, das Locke Verfügung als ‘kluge Handlungsweise politische Sachverhalte betreffend’9 Erwogen hat.

Although the argument from uniformity is attributed to Locke in a good deal of the secondary literature, the difficulty facing this interpretation is that Locke does not make any explicit statements in the Tracts in favor of the second step in the above schema, which distinguishes the argument form uniformity from the argument from authority, namely, that public order requires religious uniformity.

Selbst wenn also die Argumentation via Uniformität Locke als gutes Geschäft Dreh in der Sekundärliteratur untergeschoben wird, bleibt die Schwierigkeit dieser Ausdeutung nach wie vor die, dass Locke nirgends auch nur eine ausdrückliche Aussage in den Tracts tätigt, die für den zweiten Schritt in obigem Schema sprechen würde, welche die Argumentation via Einheitlichkeit von der Argumentation via Autorität unterscheiden würde, also dem Wortsinn getreu, dass öffentliche Ordnung religiöse Einheitlichkeit erfordert.

Furthermore, the evidence that has been adduced in favor of his endorsing that second step is inconclusive. One set of statements that might suggest such an endorsement on Locke’s part all point out, in various ways, that there ought to exist in society a supreme authority over indifferent action, an authority, that is, that decides which of the actions God has left to human discretion ought to be regulated and how they ought to be regulated.

Ferner ist der angeführte Nachweis zu Gunsten einer „Einschlusstheorie“ für diesen zweiten Schritt durch Locke nicht überzeugend. Ein ganzer Satz von Aussagen, die einen derartigen Einschluss auf Locke’s Seite suggerieren, weist vollständig und über verschiedene Pfade darauf hin, dass in einer Gesellschaft eine oberste Autorität über allen unbestimmten Handlungen existieren sollte, eine Autorität, die fest steht, die beschließt, welche aller denkbaren Handlungen, die Gott dem menschlichen Ermessen überlassen hat, geregelt werden sollten und wie sie geregelt werden sollten.

Robert Kraynak finds statements of this sort supportive of the reading that Locke endorses an argument from uniformity. He cites the following passage, for example:

Robert Kraynak hält aussagen dieser Art für eine Stütze der Lesart, nach der Locke die Argumentation via Einheitlichkeit unbewusst mitträgt. Er zitiert zum Beispiel die folgende Passage:

‘the disadvantages of government’, Locke says, ‘[are] far less than are to be found in its absence, as no peace, no security, no enjoyments, enmity with all men and safe possession of nothing’. By ‘absolutism’ Kraynak means the doctrine where by the government ‘imposes an arbitrary uniformity on warring sectarians’.

‘Die Nachteile einer Regierung’, sagt Locke, ‘sind deutlich geringer, als sie denn zu finden wären, falls eine solche fehlte, da dann kein Frieden, keine Sicherheit, keine Freude am Leben, Feindschaft unter allen Menschen und der sichere Besitz von gar nichts zu finden wären’. Mit ‘Absolutismus’ meint Kraynak die Lehre, mittels der die Regierung ‘willkürlich Einheitlichkeit als Waffe gegen Sektierer verfügt’.

In the passage just quoted, Locke does indeed seem to be endorsing the view that there ought to be in society a sovereign authority – but that he endorses this view does not imply that he endorses the further view that the sovereign ought to impose religious uniformity.

In dem soeben zitierten Absatz entsteht tatsächliche der Eindruck, Locke transportiere klammheimlich die Ansicht mit, dass in einer Gesellschaft eine souveräne Autorität existieren solle – doch dass er diese Sicht einschließt, impliziert nicht, er schließe damit auch die weitere Sicht ein, der Souverän solle religiöse Einheitlichkeit verfügen.

A second set of suggestive statements in the Tracts say that we ought not to recognize a ‘liberty of conscience’ or ‘right to toleration’ since these privileges are likely to have dangerous social consequences. Locke writes, for instance, that a liberty to perform one’s own actions in religious worship will prove to be a ‘liberty for contention, censure and persecution and will turn us loose to the tyranny of a religious rage’10.

Ein zweiter Satz suggestiver Statements in den Tracts sagt aus, wir sollten weder ‘Gewissensfreiheit’ noch ‘Recht auf Toleranz’ anerkennen, da sich solche Privilegien hervorragend für das Entstehen gefährlicher gesellschaftlicher Folgeerscheinungen eignen. Locke beschreibt, als Beispiel, dass eine Freiheit zur Ausführung vollkommen eigener Handlungen im Rahmen religiöser Huldigung sich als eine ‘Freiheit zu Streit, Redeverbot und Verfolgung erweise und uns der Tyrannei religiöser Raserei aussetze’.

One’s immediate reaction to such statements is puzzlement: it is difficult to see why Locke should think that religious liberty will inevitably lead to religious tyranny. Why exactly does Locke think such consequences would transpire if the government were to grant individuals a freedom to worship as they please? According to Kraynak, Locke’s reason for this view is that sectarian leaders appeal to liberty of conscience in order to incite their followers to attack religious rivals and to reform the state religion. Even if we assume that Kraynak is right about this, these statements by Locke would still not conclusively support the reading that Locke endorses the argument from uniformity. If Locke were worried that a liberty of conscience would prove to be a liberty of sectarian warfare, this need not imply that he endorses religious uniformity as an alternative to the liberty of conscience.

Eine unmittelbare Reaktion auf solche Aussagen ist Verblüffung: Es ist extrem schwierig zu erkennen, warum Locke denken könnte, dass Religionsfreiheit unvermeidbar zu religiöser Tyrannei führt. Weshalb genau denkt Locke, solche Konsequenzen würden sich durchsetzen, falls die Regierung den Individuen den Freiraum garantiert, nach eigenem Dafürhalten zu huldigen? Folgt man Kraynak, besteht Locke’s Begründung für diese Sichtweise darin, sich Sektenführer in der Absicht auf Gewissensfreiheit berufen würden, ihre Anhänger zum Angriff auf religiöse Rivalen anzustacheln und die offizielle Religion des Staates zu reformieren. Selbst wenn wir als gegeben betrachten, dass Kraynak damit Recht hat, können solche Aussagen noch immer nicht schlüssig die These stützen, Locke transportiere die Argumentation via Uniformität unbewusst mit. Wäre Locke wirklich besorgt, Gewissensfreiheit erwiese sich als Freiheit, die zu sektiererischem Bürgerkrieg führe, muss das nicht implizieren, dass religiöse Einheitlichkeit als Alternative zur Gewissensfreiheit in seinen Thesen mitschwingt.

It might instead imply that he endorses sovereign authority as the alternative.

Es könnte stattdessen implizieren, dass er die Autorität des Souveräns als Alternative unbewusst mitbringt.

Finally, Locke makes statements to the effect that whichever way the magistrate decides – whether he imposes or tolerates – he is bound to offend someone. He writes that the magistrate ‘will find it impossible not to…burden a great part, some being as conscientiously earnest for conformity as others for liberty’11. According to McClure, this is a point Locke makes out a spirit of despair. She explains that, for Locke, ‘the neutrality of law was quite impossible’12.

Am Ende äußert sich Locke zu dem Effekt, dass die Obrigkeit, für welchen weg auch immer sie sich entscheidet – ob sie nun verfügt oder toleriert – sie wird unvermeidbar irgendwen beleidigen. Er schreibt, dass die Obrigkeit ‘feststellen wird, es sei unmöglich, einen großen Teil (der Bevölkerung) schwer zu belasten, da etliche mit ebensolcher Gewissenhaftigkeit ernsthaft für Konformität stehen, wie andere für Freiheit’11. Folgt man McClure, zieht Locke diesen Schluss aus einem Geist der Hoffnungslosigkeit. Sie erklärt das so, dass ‘die Neutralität des Gesetzes geradezu eine Unmöglichkeit darstellte’.

This explanation may be misleading, however, to the extent that it suggests that Locke opts for imposition because he deems it to be, in principle, as justifiable as toleration, and in the present circumstances, more prudent. There is an alternative way one could interpret Locke’s statement. His point might instead be the following: since the magistrate is always bound to offend someone’s conscience, we should not judge the legitimacy of the magistrate’s laws in terms of whether they offend people’s consciences, for, in that case, no law would ever be legitimate. In other words, the fact Locke might be lamenting is not that there is no possibility for neutral law, but that people insist upon determining the legitimacy of laws in terms of whether these agree with their consciences.

Diese Erklärung hat das Zeug, wie auch immer, insoweit irreführend zu sein, als sie suggeriert, dass Locke sich für die Verfügung entscheidet, da er sie für prinzipiell gleichermaßen rechtfertigungsfähig erachtet, wie Toleranz und unter den gegebenen Umständen für klüger. Doch es gibt einen alternativen Weg, Locke‘s Statement zu deuten. Sein Punkt könnte vielmehr folgender sein: Eben weil die Obrigkeit ohnehin stets mit der Tatsache verbunden ist, irgendjemandes Gewissen zu verletzen, dürfen wir die Legitimität der Gesetze der Obrigkeit keinesfalls unter dem Gesichtspunkt beurteilen, ob sie zufällig irgendjemandes Gewissen verletzen, schlicht, weil in dem Fall kein einziges Gesetz jemals rechtmäßig wäre. Mit anderen Worten, der Umstand, den Locke möglicherweise beklagt, besteht keineswegs darin, dass er keine Möglichkeit sieht, ein neutrales Recht zu schaffen, sondern darin, dass Menschen darauf bestehen, über die Rechtmäßigkeit von Gesetzen auf Basis von Kriterien zu entscheiden, ob diese gerade mit ihrem Gewissen vereinbar sind.

In summary, there is a lack of direct evidence in favor of the interpretation that Locke supports the argument from uniformity. Given the absence of conclusive evidence in its favor, one might wonder why there has been a tendency in the secondary literature to attribute the argument from uniformity to the Tracts. It may be the case that it has been too readily assumed that there is no other way of accounting for the suggestive statements we have seen Locke make. The following section questions that assumption.

Unter dem Strich besteht ein ziemlicher Mangel an direkten Beweisen zu Gunsten der Auslegung, Locke würde eine Argumentation via Uniformität vorantreiben. Stellt man das Fehlen schlüssiger Beweise zu deren Gunsten in Rechnung, darf man sich wundern warum in der Sekundärliteratur eine Tendenz entstand, diese Argumentation via Uniformität überhaupt den Tracts in die Schuhe zu schieben. Möglicherweise lag der Fall so, dass zu eilfertig angenommen wurde, es gäbe keinen anderen Weg, den suggestiven Aussagen Locke‘s Rechnung zu tragen. Der folgende Abschnitt geht dieser Annahme nach.

The argument from authority / Argumentation via Autorität

An alternative reading of the Tracts, and one that can be seen to be suggested by the statements from Locke just quoted, is a reading according to which Locke is making an argument from authority. This argument holds that public order requires that there be a sovereign authority that determines the mode of religious worship in society. The argument from authority adopts the same foundational premise and conclusion as the argument from uniformity. However, it connects that premise and conclusion with a different intermediate idea:

Eine alternative Lesart der Tracts, und zwar eine, die als von den soeben zitierten Aussagen Locke’s suggeriert betrachtet werden kann, besteht in einer Lesart, die all dem passt, bezüglich dessen Locke eine Argumentation über die Autorität entwickelt. Diese Argumentation behauptet, öffentliche Ordnung erfordere, dass eine souveräne Autorität vorhanden sein müsse, die die Ausgestaltung der religiösen Huldigung in einer Gesellschaft bestimmt. Die Argumentation via Autorität übernimmt die gleiche fundamentale Prämisse und Schlussfolgerung wie die Argumentation via Uniformität. Wie den auch sei, sie verbindet die Schlussfolgerung aber mit einer anderen zwischengelagerten Idee:

  1. God commands that there be public order;

2a. Public order requires sovereign authority;

  1. Therefore, there is no right against religious imposition.
  1. Gott ordnet an, dass öffentliche Ordnung zu bestehen hat.

2a. Öffentliche Ordnung erfordert souveräne Autorität.

  1. Deshalb gibt es kein Widerstandsrecht gegen Verfügung über religiöse Belange.

A ‘sovereign authority’ is an authority whose laws no other person or institution can overturn as illegitimate, and that are, in that sense, final. The bearer of sovereign authority can be one person or an assembly of persons, and is in either case termed the ‘sovereign’. Now, Locke is explicit that public order requires that there be sovereign authority. He writes:

‘Souveräne Autorität’ ist eine Autorität, deren Gesetze keine andere Perron oder Institution als unrechtmäßig überstimmen kann und die, in diesem Sinne, final sind. Der Träger souveräner Autorität kann eine Person oder eine Versammlung von Personen sein und wird in jedem Fall als der ‘Souverän’ bezeichnet. Hier jetzt, wird Locke ausdrücklich, dass öffentliche Ordnung das Vorhandensein souveräner Autorität erfordert. Er schreibt:

‘it is clear that no union could occur among men, that no common way of life would be possible, no law, nor any constitution by which men could, as it were unite themselves into a singly body unless each one first divests himself of that native liberty…and transfers it to some other…in whom a supreme power must necessarily reside13’.

‘Es ist klar, es kann keine Eintracht zwischen Menschen eintreten, keine gemeinsame Lebensweise wäre möglich, kein Gesetz, keinerlei Verfassung durch die Menschen eben das vermöchten, sich zu einem Körper zu vereinen, bevor sich nicht zuvor jeder einzelne eben jener angeborenen Freiheit begibt … und sie an jemand anderen überträgt … in dem notwendigerweise eine oberste Macht angelegt ist13’.

As summarized above, the argument from authority is not entirely clear. The question that needs answering is why Locke believes that public order requires that there be sovereign authority. We need to understand, in other words, what it is that justifies the second key step in the argument for authority. Locke does not explicitly tell us this, evidently believing that the answer to this question should be obvious (the above quotation begins with ‘it is clear that’). If we wish to unfold the argument from authority, we thus need to reconstruct the assumption Locke takes for granted from other materials in the Tracts.

Wie oben zusammengefasst, ist die Argumentation via Autorität nicht vollkommen klar. Die notwendigerweise zu beantwortende Frage lautet, warum glaubt Locke eigentlich dass öffentliche Ordnung das Vorhandensein einer souveränen Autorität erfordert. Wir müssen mit anderen Worten verstehen, was genau den zweiten Schritt bei der Argumentation via Autorität rechtfertigt. Locke teilt uns das nicht ausdrücklich mit, in dem auf der Hand liegenden Glauben, dass die Antwort auf diese Frage offen vorliegen muss (das obige Zitat beginnt mit ‘es ist klar, dass’). Sofern wir nun das Argument via Autorität entfalten wollen, müssen wir dessentwegen die Annahme, die Locke als gesichert vorlegt, aus anderen Inhalten der Tracts rekonstruieren.

The most plausible suggestion is that Locke follows the line adopted by Thomas Hobbes. Hobbes famously maintains that sovereign authority is necessary for public order because without the presence in society of a final arbiter over the limits of human action, people will endlessly fight with each other over this matter.

Die plausibelste Annahme wäre, dass Locke einer von Thomas Hobbes entnommen Linie folgt. Hobbes beharrt bekanntlich darauf, dass souveräne Autorität für die öffentliche Ordnung notwendig ist, weil ohne Anwesenheit eines obersten Schiedsrichters betreffend die Grenzen menschlicher Handlungen in der Gesellschaft, würden sich die Menschen unendlich wegen dieser Angelegenheit bekämpfen.

That the Tracts adopt a view of this sort is suggested by Locke’s many comments about the tendency of disputes over religious worship to turn violent. We can see Locke imagining, in other words, that people will always be prepared to fight over the issue of how God is to be properly worshipped, and that public order therefore depends upon individuals surrendering their authority to decide upon the proper mode of religious worship to the sovereign. In summary, then, we might unfold Locke’s argument from authority as follows:

Dass in den Tracts eine derartige Sicht integriert ist, wird durch die vielen Kommentare Locke’s suggeriert, die er bezüglich der Tendenz von Auseinandersetzungen über religiöse Huldigung beisteuert, in physische Gewalt umzuschlagen. Wir können mit anderen Worten direkt sehen, wie Locke sich vorstellt, dass Menschen stets bereit sind, einen Kampf über die Frage der korrekten Huldigung Gottes auszutragen und dass die öffentliche Ordnung eben deswegen von Individuen abhängt, die ihre persönliche Autorität über die eigentliche Weise der religiösen Huldigung zu entscheiden an den Souverän abtreten. Unter dem Strich wären wir dann in der Lage, Lockes Argumentation via Autorität folgendermaßen auszubreiten:

2a. Public order requires sovereign authority, because

(I) People disagree about the limits to action and are prepared to fight over this matter.

(II) To avoid war, they must therefore transfer their individual authority to decide the limits of their action to one person or persons, whose judgment on this matter will be final.

2a. Öffentliche Ordnung erfordert souveräne Autorität, weil

(I) Menschen sich über die Grenzen des Handelns uneins sind und deshalb bereit sich deswegen zu bekämpfen

(II) Um den Krieg zu vermeiden, müssen sie deshalb ihre individuelle Autorität, die Grenzen ihres Handelns selbst  zu bestimmen, an eine Person oder mehrere Personen übertragen, deren Urteil in der strittigen Angelegenheit endgültig ist.

A question now arises as to what evidence we have for endorsing the interpretation that Locke holds to this argument from authority, rather than to the argument from uniformity. Just as was the case with the argument from uniformity, there is no single passage in the Tracts that can be deemed to favor conclusively the interpretation that Locke is only concerned to make the argument from authority. All of the passages from Locke we considered in the previous section, when examining the evidence for the argument from uniformity, while compatible with attributing to him the argument from authority, do not settle the issue in favor of our doing so.

Nun ergibt sich die Frage, welchen Beweis wir dafür haben, die Deutung mit aufzunehmen, dass Locke eher auf Argumentation via Autorität baut, als auf Argumentation via Uniformität. Geradeso wie es bei der Argumentation via Uniformität der Fall war, gibt es keine einzige Passage in den Tracts, die erachtet werden könnte, schlüssig die Interpretation zu bevorzugen, Locke habe sich ausschließlich auf die Argumentation via Autorität gestützt. All die Passagen Locke’s, die wir im vorherigen Abschnitt betrachtet haben, als wir die Beweise für die Argumentation via Uniformität untersucht haben, ob sie passend wären, ihm die Argumentation via Autorität zuzuschreiben, richten das Problem leider nicht in einen Richtung aus, die unserem Tun diesen Gefallen erweisen würde.

For example, when Locke warns of the nasty consequences of recognizing a liberty of conscience, he may well be saying that he believes that the magistrate, as sovereign, and not the individual’s conscience, ought to be final judge of the laws we should have. But, on the other hand, it is also possible that Locke might be maintaining that it is unwise to allow people to practice different forms of religious worship in circumstances where their doing so is bound to spark off civil unrest. If we wish to find conclusive evidence as to the nature of Locke’s argument in the Tracts, we must consider the second part of his case in favor of the government’s right to impose religious worship, namely, the series of rebuttals he makes to Bagshaw’s various arguments.

Wenn Locke zum Beispiel vor den widerwärtigen Folgeerscheinungen der Anerkennung von Gewissensfreiheit warnt, könnte er damit ebenso gut zum Ausdruck bringen wollen, dass er davon überzeugt ist, die Obrigkeit müsse, als Souverän, der finale Richter darüber sein, welche Gesetze wir haben sollten und nicht etwa das Gewissen einzelner Individuen. Auf der anderen Hand aber ist es ebenso gut möglich, dass Locke behaupten will, es sei unklug der Bevölkerung unterschiedliche Formen religiöser Huldigung unter Umständen zu erlauben, unter welchen ihr Handeln mit dem Aufkommen bürgerlicher Unruhen verknüpft ist. Sofern wir schlüssige Beweise betreffend die Natur der Locke’schen Argumentation in den Tracts finden wollen, bleibt uns nichts anderes übrig, als den zweiten Teil seines Anliegens zu Gunsten des Rechts einer Regierung, Verfügungen zu erlassen, zu untersuchen. Namentlich die Reihe von Widerlegungen, die er Bagshaw‘s verschiedenen Argumenten entgegenstellt.

The Locke–Bagshaw exchange

Der Schlagabtausch Locke–Bagshaw

Bagshaw’s case against the government’s right to impose rests upon the claim that God commands individuals to give a sincere worship. By ‘sincere worship’, Bagshaw means not only the possession of sincere beliefs about God, but also the performance of only those outward actions one judges to be necessary for worship. He believes that if individuals have a duty of sincere worship, so understood, then it must be true that the government cannot have the right to impose worship upon them. Bagshaw’s main claim has a worrying implication, however, which Bagshaw himself overlooks. If individuals have a duty of sincere religious action, then they may not transfer their individual authority to decide the limits of their action to the sovereign. Bagshaw’s claim, then, has the implication that there can be no sovereign authority.

Bagshaw’s Anliegen gegen ein Verfügungsrecht der Regierung beruht auf dem Erfordernis, Gott habe den Individuen angeordnet, ihm eine ernsthafte Huldigung entgegenzubringen. Mit ‘ernsthafter Huldigung’ meint Bagshaw nicht einfach nur, einen ernsthaften Glauben an Gott zu besitzen, sondern auch die Erbringung ausschließlich der äußerlichen Handlungen, die der jeweilige als für die Huldigung notwendig erachtet. Er glaubt fest, falls, Individuen eine so verstandene Pflicht zur Huldigung haben, dann muss es sich wahrhaftig so verhalten, dass eine Regierung niemals ein Verfügungsrecht haben Ihnen die Huldigung (wie auch immer, was auch immer) vorzuschreiben. Bagshaws Hauptforderung bringt eine besorgniserregende Implikation mit sich, die, warum auch immer, Bagshaw selbst übersieht. Falls Individuen eine Pflicht zu ernsthaften, religiösen Handlungen haben, dann dürfen sie ihre individuelle Autorität deshalb an überhaupt keinen Souverän übertragen, um über ihren Handlungsspielraum zu bestimmen. Bagshaw’s Forderung enthält dadurch die Implikation, dass es überhaupt keine souveräne Autorität geben kann.

That this implication is what concerns Locke becomes apparent when we consider some of his disputes with Bagshaw. Consider first Bagshaw’s interpretation of a particular passage from scripture that supposedly supports the prohibition of the imposition of religious worship. The passage, which is from Paul’s letter to the Galatians, commands Christians to, ‘stand fast in the liberty wherewith Christ had made you free and be not again entangled with the yoke of bondage’ (Galatians 5:1).

Dass es eben diese Implikation ist, die Locke’s Besorgnis erregt wird klar und deutlich, wenn wir uns einige seiner Dispute mit Bagshaw ansehen. Zunächst zu erwägen ist die Deutung Bagshaw’s betreffend eine spezielle Passage der Heiligen Schrift, die angenommener weise die These des Verbots der Verfügung über religiöse Huldigung stützt. Die Passage aus dem Brief des Paulus an die Galater, ordnet den Christen an, ‘fest auf der Freiheit zu beharren, zu der Christus sie befreit hat und nicht erneut in das Joch der Knechtschaft verstrickt zu werden’ (Galater 5.1).

Bagshaw says that Paul’s reason for rejecting the imposition of ceremonies is also a reason for our rejecting the imposition of Christian ceremonies, namely, that individuals must enjoy a ‘Christian liberty’ to perform those ceremonies which they themselves believe to be necessary. It is thus a mistake, Bagshaw insists, to think that since ‘the yoke of bondage’ Paul here speaks of refers specifically to Jewish ceremonies, that he is urging freedom only from Jewish, and not Christian ceremonies. Paul is urging a freedom from all ceremonies.

Bagshaw stellt es so dar, als wäre Paulus Begründung die Verfügung von Zeremonien zurückzuweisen, ebenfalls eine Begründung für die uns beschäftigende aktuelle Zurückweisung der Verfügung über christliche Zeremonien, namentlich, dass Individuen eine ‘Christliche Freiheit’ zugestanden werden muss, eben genau die Zeremonien auszuführen, an die sie selbst als notwendig glauben. Bagshaw besteht darauf, es liege deshalb der Irrtum vor zu denken, dass, als Paulus damals jenes ‘Joch der Knechtschaft’ angesprochen hat, mit dem er sich spezifisch auf die Beibehaltung jüdischer Zeremonien bezog, er eben nicht nur auf den Verzicht auf jüdische Zeremonien, sondern auf den auf christliche drängte. Paulus drängte auf Freiheit von allen Zeremonien.

Locke levels a subtle objection to Bagshaw’s interpretation of Paul’s words. The ‘Christian liberty’ that Paul insists upon is, according to Locke, merely a ‘liberty of judgment’ and not, as Bagshaw thinks, a ‘liberty of action’. Contrary to what Bagshaw says, then, Paul’s words should not be taken to prohibit the imposition of all ceremonies, but only of those ceremonies that are imposed for the sake of making people judge in a certain way. When the government imposes ceremonies merely in order to get people to act in a certain way, it is not commanding people to endorse these ceremonies as necessary in themselves, and each person’s liberty to judge that question thus remains intact. In short, Locke believes that Bagshaw infers far too much religious liberty from Paul’s words.

Locke erhebt einen feinsinnigen Einwand gegen Bagshaw’s Interpretation der Worte des Paulus. Die ‘christliche Freiheit’ auf der Paulus besteht ist lediglich eine ‘Beurteilungsfreiheit’ und nicht, wie Bagshaw denkt, eine ‘Handlungsfreiheit’. Entgegen der Ansicht Bagshaw’s dürften daher Paulus Worte nicht verwendet werden, um die Verfügung über Zeremonien generell zu verbieten, sondern nur jene Zeremonien betreffend, die verfügt werden, um Menschen in einer bestimmten Art und Weise urteilen zu lassen. Sofern eine Regierung also Zeremonien vorschreibt, die lediglich die Menschen dazu bringen sollen, sich in einer bestimmten Weise zu verhalten, dann geht es nicht darum, den Menschen anzuordnen diese Zeremonien als aus sich selbst heraus notwendig einzubeziehen und auf diese Weise bleibt die Freiheit jeder Person, diese Frage für sich zu entscheiden, bleibt unberührt. Kurz gesagt: Locke glaubt, Bagshaw entnehme eine viel zu weit reichende Religionsfreiheit aus den Worten des Paulus.

A second dispute with Bagshaw that reflects Locke’s worries about Bagshaw’s insistence upon a duty of sincere religious action, concerns the ‘Golden Rule’, which commands that one ‘not do to others what one would not wish them to do to oneself’. Employing the Golden Rule, Bagshaw asks: ‘Who would have his conscience imposed upon?’ No one would, he answers, and therefore no one should impose on the consciences of others.

Ein zweiter Streitpunkt mit Bagshaw, der Locke’s Bedenken wegen Bagshaw’s Beharren auf einer Pflicht zu ernsthaften religiösen Handlungen wiederspiegelt, betrifft die ‘Goldene Regel’, die anordnet, dass ‘man nicht einem anderen antun solle, was man sich nichts selbst angetan wünscht’. Die Goldene Regel anwendend stellt Bagshaw die Frage: ‘Wer wollte, dass über sein Gewissen verfügt werde?’ Niemand will das, antwortet er gleich selbst, und deshalb darf niemand Verfügungen über das Gewissen eines anderen treffen.

We must notice what Bagshaw is assuming as he makes this argument. In order for his appeal to the Golden Rule to succeed as an argument against the imposition of religious ceremonies, he must be assuming that to impose a ceremony on someone is to impose on that person’s conscience – that is, that in order for a person’s conscience to be free, that person must be able to outwardly worship in a way he inwardly endorses.

Wir kommen nicht umhin zur Kenntnis zu nehmen, dass Bagshaw mit diesem Argument Mutmaßungen anstellt. Damit seine Berufung auf die Goldene Regel als Argument gegen die Verfügung religiöser Zeremonien funktioniert, muss er unterstellen, dass die Verfügung einer Zeremonie für irgendjemand bereits eine Verfügung über dessen Gewissen darstellt – was bedeutet, um der Gewissensfreiheit einer Person zu genügen, muss diese Person jederzeit in der Lage sein, eine äußerliche Huldigung vornehmen zu können, die ihre innerliche Huldigung einschließt.

Only then will Bagshaw be correct to conclude that our desire not to have our conscience imposed upon commits us, via the Golden Rule, to refrain from imposing ceremonies on others. In short, Bagshaw must be assuming that a free conscience requires a liberty of sincere religious action14.

Nur dann könnte Bagshaw folgerichtig schließen, dass unser Verlangen, keine Verfügungen in unser Gewissen hinein hinnehmen zu müssen, uns via Goldener Regel verpflichtet, von der Verfügung von Zeremonien gegenüber anderen abzusehen. Kurz gesagt: Bagshaw muss unterstellen, dass eine vollkommene Freiheit des Gewissens auch die vollkommene Freiheit religiösen Handelns erfordert.

Locke replies to Bagshaw’s appeal to the Golden Rule with the following remark: ‘If private men’s judgments were the moulds where laws were to be cast ’tis a question whether we should have any at all’15.

Locke beantwortet Bagshaw’s Berufung auf die Goldene Regel mit folgender Anmerkung: ‘Wären die Beurteilungen irgendwelcher privaten Leute die Formen, in denen Gesetze gegossen werden, dann wäre die Frage, ob wir überhaupt welche haben sollten’15.

At first sight, it may seem unclear how Locke’s reply amounts to a refutation of Bagshaw’s Golden Rule argument, let alone how it is relevant. Why does Locke believe that Bagshaw’s appeal to the liberty of conscience necessarily commits Bagshaw to endorsing a limitless liberty to act on one’s own private judgment?

Auf den ersten Blick mag es unklar erscheinen, wie Locke’s Antwort sich als Widerlegung der Argumentation Bagshaw’s via Goldenen regel auszahlt, abgesehen davon ob das überhaupt relevant ist. Warum glaubt Locke eigentlich, dass Bagshaw’s auf die Gewissensfreiheit notwendigerweise Bagshaw dazu verdammt, eine unbeschränkte Handlungsfreiheit auf Grundlage eines jeden eigenen Urteils einzuschließen?

It may seem more natural to interpret Bagshaw’s point to be that individuals ought to enjoy a freedom from interference within a fixed space of religious conduct. Once we remember, however, that Bagshaw assumes that a free conscience implies a liberty of sincere religious action then Locke’s answer becomes clear. For once the liberty of conscience is interpreted in that way it effectively amounts to an extra-legal power, or, in other words, a personal prerogative to limit the law according to one’s own conscience.

Viel natürlicher erscheint es doch, Bagshaw’s Punkt wäre die Idee, Individuen sollten sich eines Freiraums bar jeglicher Einmischung innerhalb eines festgelegten Bereichs religiösen Verhaltens erfreuen. Erinner wir uns dabei erst einmal daran, wie auch immer, dass Bagshaw unterstellt, ein freies Gewissen impliziere das Vorhandensein einer umfassenden Freiheit zu ernsthaften religiösen Handlungen, dann wird Locke‘s Antwort klar. Erst dann, wenn die Gewissensfreiheit einmal auf diese Weise interpretiert wird, erhebt sie sich zu einer tatsächlichen Macht außerhalb von Recht und Gesetz, oder, mit anderen Worten: Zur persönlichen Prärogative, die jegliches Gesetz nach Gutdünken des eigenen Gewissens willkürlich begrenzen kann.

If laws could indeed be limited in this way, Locke would be correct to wonder ‘whether we should have any at all’. This point is repeated throughout the Tracts. Locke’s favorite illustration of it, which he uses more than once, is that of the Quaker. The Tracts thus return to the very issue that he had mentioned in the letter to his father some four years earlier, the Quaker’s refusal to remove his hat in front social superiors:

Sollten Gesetze tatsächlich auf diesem Weg beschränkt werden können, dann hätte Locke vollkommen Recht, wenn er spottet: ‘ob wir überhaupt welche haben sollten’. Dieser Punkt wird über die Tracts hinweg mehrfach wiederholt.  Locke’s bevorzugte Schilderung dazu, die er mehr als einmal gebraucht, ist die des Quäkers. Die Tracts greifen dergestalt auf das für ihn wichtige Problem zurück, welches er vier Jahre zuvor im Brief an seinen Vater beschrieben hat: Die Weigerung des Quäkers vor den gesellschaftlich höher Gestellten seinen Hut zu ziehen:

‘if the [act of] determining any indifferent outward action contrary to a man’s persuasion…be imposing on conscience and so unlawful, I know not how a Quaker should be compelled by hat or leg to pay a due respect to the magistrate16.’

‘wäre die Bestimmung irgendeiner äußerlichen Handlung entgegen der Überzeugung eines Menschen … wäre das eine Verfügung über sein Gewissen, dann wüsste ich nicht, wie man einen Quäker zwingen könnte, durch Ziehen des Huts oder höflichen Knicks der Obrigkeit den schuldigen Respekt zu zollen16.’

Only by endorsing the view that Locke embraces the argument from authority in the Tracts, can we make sense of this otherwise puzzling passage. Agreeing with Locke that Quakers should not be guaranteed a freedom to pursue just any religiously motivated conduct, one might initially be puzzled as to why Locke also refuses to allow Quakers the freedom to pursue religiously motivated conduct within the sphere of their religious worship. Matters become clear, however, once we understand that Locke is attempting to show in this passage what the implication is of assuming, as Bagshaw does, that the liberty of conscience includes liberty of sincere religious action. The implication would be that any legal restriction upon actions that the Quaker deems to be religious in nature is ipso facto an infringement on his liberty of conscience and that the Quaker would thus effectively be entitled to set the boundaries between then civil and the religious sphere.

Nur unter Einschluss der Sichtweise, dass Locke zur Argumentation via Autorität greift, können wir dieser ansonsten rätselhaften Passage in den Tracts irgendwelchen Sinn abgewinnen. Selbst wenn man mit Locke übereinstimmt, dass Quäkern keinesfalls der Freiraum garantiert werden darf, rechtmäßig jeglichem religiös motivierten Verhalten nachzugehen, könnte man anfänglich durchaus dessentwegen verblüfft sein, warum Locke es ebenfalls ablehnt, den Quäkern einen Freiraum zu gewähren, innerhalb der Sphäre ihrer religiösen Huldigung einem religiös motivierten Verhalten nachzugehen. Die Angelegenheit wird erst klar, wie auch immer, wenn wir verstehen, dass Locke ansetzt in diesem Abschnitt nachzuweisen, worin die Implikation der Unterstellung besteht, so wie sie Bagshaw vornimmt, nämlich dass Gewissensfreiheit ebenso viel Handlungsfreiheit bezüglich ernsthafter religiöser Handlungen beinhaltet. Die Implikation bestünde (um beim konkreten Beispiel zu bleiben) darin, dass eine jegliche gesetzmäßige Restriktion gegenüber Handlungen, die der Quäker als von Natur aus religiös erachtet, ipso facto ein Übergriff auf seine Gewissensfreiheit wäre und dass der Quäker genau damit effektiv den Anspruch hätte, die Grenzen zwischen bürgerlicher und religiöser Sphäre selbst festzulegen.

To insist upon the liberty of conscience, so understood, would in that case make it impossible for the government to lay a legal obligation upon an individual to act in ways prohibited by that individual’s conscience, and ultimately, then, to undermine the government’s sovereign authority. This point is reflected in Locke’s ‘if-then’ reasoning in the passage above.

Auf einer in dieser Weise verstandenen Gewissensfreiheit zu Beharren, würde es bei dieser Konstellation für eine jegliche Regierung verunmöglichen, irgendein Individuum gesetzlich zu Handlungen zu verpflichten, die dessen individuelles Gewissen verbietet und damit zu guter Letzt die souveräne Autorität der Regierung untergraben. Dieser Punkt spiegelt sich in Lockes ‘wenn-dann’ Überlegung im Abschnitt darüber wieder.

If we define the liberty of conscience as Bagshaw defines it, then it will be impossible to legally compel the Quaker to pay, as Locke says, a ‘due respect to the magistrate’. Indeed, it will be impossible to legally compel him to do anything with which he does not in conscience agree.

Definieren wir die Gewissensfreiheit so, wie sie Bagshaw definiert, dann wird es in der Tat unmöglich sein, den Quäker zu zwingen, wie Locke es nennt, einen ‘schuldigen Respekt zu zollen’. In der Tat wird es sogar  unmöglich sein, ihn zu irgendeiner Handlung zu zwingen, die er nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann.

Locke’s exchange with Bagshaw, then, is fundamentally concerned with the consequences for public order of including sincere action under the duty of sincere worship. Once sincere action is so included, religious liberty becomes an extra-legal power. If the subject must enjoy a ‘liberty of conscience’, in the sense that he must be free to act in accordance with his religious beliefs, then, no one sets limits to his rights but himself. In that case, religious liberty, as an extra-legal power, undermines sovereign authority, which requires that only one person or assembly of persons, and not every person, should set the limits to human action. And in the absence of sovereign authority, public order is impossible.

Demzufolge betrifft Locke’s Schlagabtausch mit Bagshaw die grundsätzliche Sorge um die Folgewirkungen für die öffentliche Ordnung, falls ernsthaftes Handeln unter die Pflicht ernsthafter Huldigung fällt. Ist ernsthaftes Handeln erst einmal dergestalt inbegriffen, wächst sich Religionsfreiheit zu einer außerhalb des Gesetzes stehenden Macht aus.  Erfreut sich ein Bürger einer ‘Gewissensfreiheit’ in dem Sinne, dass unbedingt frei bei seinen Aktivitäten gemäß seiner religiösen Überzeugung handeln darf, dann setzt niemand seinen Rechten irgendwelche Grenzen außer er selbst. In diesem Fall untergräbt Religionsfreiheit als Macht außerhalb des Rechts die souveräne Autorität, die erfordert, dass entweder nur eine Person oder eine Versammlung von Personen die Grenzen menschlichen Handelns bestimmt. Denn bei Abwesenheit einer souveränen Autorität ist öffentliche Ordnung nicht möglich.

Two key implications / Zwei innwendige Schlüsselbedeutungen

One significant implication of the fact that the Tracts make an argument from authority is that this places Locke’s early thinking on religious freedom in a far more flattering and interesting light than the one in which we would see it were we to attribute to it the argument from uniformity. This becomes evident if we consider two different reasons for why an individual ought not to insist upon retaining a right to religious freedom – each corresponding to the two different readings of the Tracts. The first reason is that retaining this right would provoke others to act violently.

Eine signifikante Implikation des Umstands, dass die Tracts eine Argumentation via Autorität herstellen, besteht darin, dass das Locke’s frühes Denken über religiöse Freiräume in ein deutlicher flackerndes und interessanteres Licht rückt, als wir sie in jenem betrachten könnten, würden wir ihnen die Argumentation via Einheitlichkeit zuschreiben. Das wird vollkommen klar, wenn wir über zwei verschiedene Gründe nachdenken, warum ein Individuum nicht darauf bestehen sollte, ein Recht auf umfassende Religionsfreiheit zurückzubehalten – eine jeder korrespondiert mit den zwei verschiedenen Lesarten der Tracts. Der erste Grund liegt darin, dass ein Vorbehaltsrecht andere provozieren würde, Gewalt anzuwenden.

One might suppose, for example that members of a powerful religion are likely to act violently if an individual dissenter openly expresses his dissent from their religion. The second reason an individual ought not to insist upon retaining a right to religious freedom is that this right undermines the possibility of a common legal framework for regulating his social interaction with others.

Man könnte zum Beispiel annehmen, dass Mitglieder einer mächtigen religiösen Gruppe dazu neigen, Gewalt anzuwenden, wenn ein einzelner Abweichler öffentlich sein Abweichen von deren Religion erklärt. Der zweite Grund, warum ein Individuum nicht auf einem Vorbehaltsrecht bezüglich umfassender religiöser Freiheit beharren sollte, liegt darin, dass ein derartiges Recht jede Möglichkeit, einen allgemeinen, gesetzlichen Rahmen zur Regelung sozialer Interaktion mit anderen torpediert.

Now, that there is a difference between these two reasons is relevant for understanding Locke’s concerns in the Tracts. If we attribute the first reason to Locke, then Locke is in effect asking religious dissenters to accept that they have a duty to forego their right to worship according to their own consciences in order to avoid more powerful groups disturbing the peace. This would appear to be an unjust concession on Locke’s part to the prejudices of the powerful at the expense of the rights of the powerless.

Nun, eben weil zwischen diesen beiden Gründen einen Unterschied besteht, sind sie relevant für Locke’s Besorgnis in den Tracts. Schreiben wir den ersten Grund Locke zu, dann fordert Locke im Endeffekt religiöse Abweichler dazu auf zu akzeptieren, dass sie aus Pflichtbewusstsein auf ihr Recht auf Huldigung in Übereinstimmung mit ihrem eigenen Gewissen verzichten müssen, um zu verhindern, dass mächtigere Gruppierungen den Frieden stören. Dies erschiene als unrechtmäßige Konzession seitens John Locke zu Gunsten der Vorurteile der Mächtigen und zu Lasten der Rechte der Ohnmächtigeren.

On the other hand, if we interpret Locke to be providing the second reason, then his conclusion in the Tracts appears more just. In effect, Locke would be asking dissenters to accept that they bear a duty that everyone else bears, namely, to forego rights that stand in the way of the establishment of a common legal framework with which to regulate their social life.

Andererseits, wenn wir es so auslegen, als würde Locke den zweiten Grund nutzen, dann erscheine sein Schlussfolgerung in den Tracts rechtmäßiger. Denn im Endeffekt würde Locke dann die Abweichler auffordern zu akzeptieren, sie eine Pflicht tragen, die ein jeder ander auch zu tragen hat. Nämlich die Rechte zu übertragen, die der Schaffung eines allgemeinen rechtlichen Rahmens im wegen, mit Hilfe dessen ihr aller gesellschaftliche Leben geregelt werden könnte.

Apart from presenting Locke’s thinking on religious freedom in a more flattering light, a second implication of the reading defended here is that it opens up a new perspective on the trajectory of Locke’s thinking on religious freedom after the Tracts. The new perspective is best introduced by way of contrast. Consider, first, what the trajectory of Locke’s thinking would look like if we assume Locke endorses the argument from uniformity in the Tracts.

Abgesehen davon, Locke’s Denken über Religionsfreiheit in einem stärker flackernden Licht zu präsentieren, besteht eine zweite Implikation der hier verteidigten Lesart darin, dass sie eine neue Perspektive auf die Lernkurve von Locke’s Denken über religiöse Freiräume nach den Tracts bietet. Diese neue Perspektive wird am Besten auf dem Weg der Kontrastierung eingeführt. Erwägen wir zunächst, wie die Lernkurve von Locke’s Denken aussähe, wenn wir annehmen, Locke verfolge die Argumentation via Uniformität in den Tracts.

If indeed it is the case that Locke is concerned to reject a right to religious freedom because it stands in the way of religious uniformity, then the question becomes why Locke would come to embrace a right to practice deviant worship just five years later, in a short piece entitled An Essay on Toleration (1667)17. Two answers have been given to this question. First, it has been proposed that Locke must have undergone a ‘radical break’ by the time of the An Essay on Toleration, a break that can be explained only by appeal to biographical evidence.

Wäre es tatsächlich der Fall, dass Locke darauf abzielt, ein Recht auf religiöse Freiräume zu verneinen, weil es der religiösen Uniformität im Wege stünde, dann wäre die logische Frage, wie Locke gerade mal fünf Jahre später dazu kommt, ein Recht auf Ausübung abweichender Huldigungsformen zuzulassen, wie in einem kurzen Werk mit dem Titel „An Essay on Toleration (1667)17.“ Auf diese Frage wurden zwei Antworten gegeben. Erstens wurde vorgeschlagen, Locke habe zur Zeit des Essay on Toleration einen radikalen Bruch vollzogen, ein Bruch, der ausschließlich unter Berufung auf Beweise aus seiner Biographie erklärt werden kann.

For example, it is suggested that a trip to Holland in 1665 helped Locke see the possibility of peace in a context of religious diversity, or it is suggested that Locke’s employment in the service of the liberal Earl of Shaftesbury in 1667 put pressure on him to alter his early views18. The problem with such biographical evidence, however, is that it is necessarily rather speculative in character and it may seem insufficient to explain a break as radical as one in which an author moves, in just a few years, from favoring a right of religious imposition to defending a right to toleration19.

Beispielsweise wurde angeführt, dass eine Reise nach Holland in 1665 Locke half, die Möglichkeit von Frieden in einem Umfeld religiöser Vielfalt zu beobachten, oder es wurde angeführt, dass Locke’s festes Engagement zu Diensten des liberalen Earl of Shaftesbury 1667 in unter Druck setzte, seine früheren Ansichten zu ändern18. Das Problem bei solchen biographischen Beweisen, wie auch immer, liegt in deren notwendigerweise ziemlich spekulativem Charakter (es sind eben Indizien, keine Beweise) und es dürfte ziemlich unzureichend anzusehen sein, damit einen derart radikalen Bruch zu erklären, wie einen Autor in nur wenigen Jahren vom Befürworter eines Verfügungsrechts in religiösen Belangen in einen Verteidiger des Rechts auf Toleranz zu verwandeln19.

In light of this problem, a second possibility has been defended, according to which An Essay on Toleration actually continues to reflect the underlying goals of the Tracts. Locke, it is claimed, has come to defend a right of toleration in the Essay for the same reason that he (supposedly) defended a policy of enforced religious uniformity in the Tracts.

Im Lichte dieses Problems wurde eine zweite Möglichkeit verteidigt, gemäß welcher An Essay on Toleration tatsächlich darin fortfährt, die unterschwelligen Ziele der Tracts fortzuführen. Das Postulat lautet, Locke sei dazu gekommen, in den Essay das Recht auf Toleranz aus denselben Gründen zu verteidigen aus denen er (angenommener Weise) eine Politik verstärkter religiöser Einheitlichkeit in den Tracts verteidigt hatte.

Underlying both the earlier and later view is Locke’s commitment to peace at all costs: he defends the right to toleration in An Essay on Toleration, in other words, only because he now believes it is toleration, rather than imposition, that is most conducive to civil peace20.

Beiden, der älteren wie der jüngeren Sicht, liegt Lockes Festlegung auf Frieden um jeden Preis zu Grunde: Er verteidigt das Recht auf Toleranz in An Essay on Toleration, mit anderen Worten nur weil er jetzt glaubt, es wäre die Toleranz, eher als die Verfügung, die bürgerlichem Frieden am zuträglichsten sei.

The problem with this second account of the Locke’s development is that it implies that his eventual endorsement of a right to religious freedom is a rather shallow endorsement. For if indeed Locke is prepared to endorse this right only when its deviant exercise is unlikely to spark off civil unrest, or only when such an endorsement is in other ways conducive to peace, then he does not have the kind of concern that one would normally associate with someone who takes rights seriously, namely a concern to protect the interests of the individual rights-bearer against more powerful groups in society.

Das Problem mit diesem zweiten Report über Locke’s Entwicklung liegt darin, dass es impliziert, sein möglicher Einschluss eines Rechts auf umfassende Religionsfreiheit sei ein ziemlich oberflächlicher Einschluss. Denn wäre Locke tatsächlich bereit, dieses Recht nur dann einzuschließen, wenn dessen abweichende Ausübung ungeeignet wäre, bürgerliche Unruhen zu entfachen, oder nur falls solch eine Inbegriffenheit auf anderen Wegen für Frieden sorgt, dann hat er keinesfalls die Art von Besorgnis, die man normalerweise mit jemandem verbindet, der Rechte ernst nimmt. Namentlich einen Belang die Interessen individueller Träger von Rechten gegen mächtigere Gruppen in der Gesellschaft zu schützen.

This assumption about Locke’s fundamental views on religious freedom is questionable because it cannot be reconciled with Locke’s language in his later writings, which reveals a deep concern on his part about the interests of the individual religious dissenter. In A Letter Concerning Toleration (1689), for example, Locke includes a passage that bears a striking resemblance to Bagshaw’s original arguments for religious freedom.

Diese Annahme über Locke’s fundamentale Sicht auf religiöse Freiräume ist fragwürdig, da sie sich nicht mit Locke’s Sprachgebrauch in seinen späteren Schriften versöhnen lässt, die seinerseits eine tiefe Besorgnis wegen der Interessen des individuellen religiösen Abweichlers offenbaren. In A Letter Concerning Toleration (1689) beispielsweise, verfasst Locke  einen Abschnitt, der eine auffallende Ähnlichkeit zu Bagshaw’s ursprünglichen Argumenten für Religiöse Freiheit aufweist.

‘To impose [outward worship]…upon any people, contrary to their own judgment, is, in effect to command them to offend God; which, considering that the end of all religion is to please him and, that liberty is essentially necessary to that end, appears to be absurd beyond expression21’.

‘Irgendwelchen Leuten äußerliche Huldigungsformen vorzuschreiben … entgegen deren eigener Beurteilung, ist am Ende wie ihnen zu befehlen, Gott zu beleidigen. Was, wenn man erwägt, dass der Zweck aller Religion darin besteht, ihn zu besänftigen, und dass Freiheit essentiell notwendig für diesen Zweck ist, noch absurder erscheint, als man es mit Worten ausdrücken könnte’21.

People have a duty to God to perform that worship which they, in their own judgment, believe to be the proper one, and liberty, Locke says, ‘is essentially necessary to that end’. Locke thus ends up grounding the right to religious freedom in the interests of every individual to perform a sincere worship.

Menschen hätten eine Pflicht gegenüber Gott jene Huldigung auszuführen, von der sie ihrem eigenen Urteil gemäß überzeugt sind, dass es die geeignete ist und Freiheit, so Locke, sei essentiell notwendig für diesen Zweck. Auf diesem Weg endete Locke schließlich an dem Punkt, das Recht auf Religionsfreiheit auf dem Interesse eines jeden Individuums zu begründen, eine ernsthafte Huldigung vornehmen zu dürfen.

In light of the fact that Locke takes the right to religious freedom seriously in his later work, and indeed comes to ground it in the very same concern with sincere religious worship that animated Bagshaw’s pamphlet, we have good reason for exploring alternative accounts of his developing views on religious freedom.

Im Lichte des Faktums, dass Locke in seinem späteren Werk das Recht auf religiösen Freiraum Ernst nimmt, und tatsächlich dahin gelangt, es in eben der gleichen Besorgnis um ernsthafte religiöse Huldigung zu begründen, die seinerzeit Bagshaw zu dessen Pamphlet trieb, erwachsen uns gute Gründe nach alternativen Erklärungen der Entwicklung seiner Sicht der Religionsfreiheit zu forschen.

Let us consider the picture that emerges once we attribute the argument form authority to the Tracts. If we assume that Locke’s first thoughts on this question revolved around the argument from authority, then, while his later writings on religious freedom might still be governed by a concern on his part to balance public order with the interests of religious dissenters, these writings would not necessarily reflect a tendency on Locke’s part to grant or withhold the right to religious freedom on the contingent basis of whether doing so would spark off sectarian violence.

Lasst uns daher das Bild betrachten, welches entsteht sobald wir die Argumentation via Autorität den Tracts zuschreiben. Wenn wir davon ausgehen, dass Locke’s erste Gedanken zu dieser Frage sich um die Argumentation via Autorität drehten, dann, während seine späteren Schriften über Religionsfreiheit nach wie vor von einer Besorgnis seinerseits gesteuert werden, öffentliche Ordnung und die Interessen religiöser Abweichler auszubalancieren, müssen diese Schriften nicht notwendigerweise aufseiten Locke’s irgendeine Tendenz wiederspiegeln, das Recht auf religiöse Freiräume leidglich auf der ausschließlichen Basis gewähren oder unterdrücken zu wollen, ob deren Inanspruchnahme zum Zündfunken sektiererischer Gewalt werden könnte.

Rather, by attributing the argument from authority to Locke – and so by viewing his initial posture as one in which he is troubled by a conception of religious freedom that is anarchical – his subsequent maneuvering can be presented as a search for an alternative conception of this right that would allow religious diversity without implying anarchy.

Es sieht viel eher danach aus, wenn man Locke die Argumentation via Autorität zuschreibt – und auf diesem Weg seine allererste Forderung als eine begreift, zu der er durch eine klar anarchische Konzeption religiöser Freiheit getrieben wurde – dass sein pausenloses Manövrieren sich als Suche nach einer alternativen Konzeption dieses Rechts darstellen lässt, die religiöse Vielfalt bringen könnte ohne Anarchie gleich mit auszuliefern.

Religious freedom without anarchy 

Religiöse Freiheit ohne Anarchie

Locke may have come to embrace the right to religious freedom a few years after the Tracts, in the Essay, because he found, by that time, a way in which to include sincere religious action under that right without its becoming an anarchical right.

Locke könnte dahin gelangt sein, das Recht auf religiösen Freiraum bereits wenige Jahre nach den Tracts in diesem Essay zu integrieren, weil er zu dieser Zeit bereits einen Weg gefunden hatte, auf welchem ernsthafte, religiöse Handlungen unter einemsolchen Recht zugelassen werden könnten, ohne dass es gleich zu einem anarchischen Recht wurde.

We have already noted how Locke’s main objection to Bagshaw is that Bagshaw’s inclusion of sincere action under the umbrella of the right to religious freedom renders that right anarchical – that is, it implies that the scope of this right will be authoritatively settled by the rights-bearer alone. While Locke objects to this particular conception of religious freedom, it seems evident, however, that he is already sympathetic in the Tracts to at least some conception of religious freedom.

Wir haben schon festellen können, wie Locke’s hauptsächlicher Einwand gegen Bagshaw darin besteht, dass Bagshaw’s Hereinnahme der ernsthaften Handlungen unter den Schirm des Rechts auf religiösen Freiraum dieses Recht zu einem anarchischen Recht ausufern lässt – der darin besteht, dass der Anwendungsbereich dieses Rechts in autoritärer Weise vom Inhaber allein festgelegt wird. Während Locke dieser speziellen Konzeption religiösen Freiraums widerspricht, scheint es wie auch immer, klar und deutlich, dass er in den Tracts längst Sympathie für zumindest irgendeine Konzeption religiöser Freiräume hegt.

If we revisit the passage in which he worries about Quakers refusing to remove their hats, this point is reflected in its opening statement:

Wenn wir den Abschnitt, in dem er sich über die Weigerung des Quäkers ärgert, das Ziehen des Huts zu verweigern, erneut betrachten, spiegelt sich das in seiner eröffnenden Aussage wieder:

‘grant all agree that conscience is tenderly to be dealt with, and not to be imposed on, but if the determining any indifferent outward action contrary to a man’s persuasion … be imposing on conscience and so unlawful, I know not how a Quaker should be compelled by hat or leg to pay due respect to the magistrate.’

‘Wir gewähren vollkommenes Einverständnis, dass mit dem Gewissen zartfühlend umzugehen ist und ihm nichts vorgeschrieben werden darf, wäre dann dennoch die Bestimmung irgend einer unbestimmten äußeren Handlung eine Verfügung aus das Gewissen und somit unrechtmäßig, Ich wüsste nicht wie ein Quäker gezwungen werden könnte, durch Ziehen des Huts oder höflichen Knicks der Obrigkeit den schuldigen Respekt zu zollen.’ 

If religious freedom cannot include sincere action, Locke goes on to conclude, then we are forced to interpret religious freedom as a liberty of judgment alone. It seems plausible to see Locke’s opening statement in the above passage as reflecting a sense of regret on his part about this result.

Wenn religiöser Freiraum ernsthafte Handlungen nicht beinhalten kann, so folgert Locke weiter, dann bleibt uns nichts, als religiöse Freiheit als ausschließlich eine Freiheit zur Beurteilung sein kann. Es scheint plausibel Locke’s eröffnende Aussage in der obigen Passage so zu betrachten. Dass sie ein spürbares Bedauern seinerseits über dieses Ergebnis reflektiert.

By the time of his Essay, a few years later, Locke has found a way in which to include religious action under the right to religious freedom, without this right’s becoming an anarchical right. This turning point in Locke’s thinking after the Tracts, and before An Essay on Toleration, occurs in his 1663–1664 Essays on the Law of Nature in which he reconstitutes his political thought in natural law. In appealing to natural law as the bounds to human action, Locke is able to improve upon his argument in the Tracts in two different ways.

Zur Zeit des Essay, ein paar Jahre später, hatte Locke einen weg gefunden, auf dem er in der Lage war, religiöse Handlungen unter das Dach des Rechts religiöser Freiheit aufzunehmen, ohne dieses recht zu einem anarchischen Recht ausufern zu lassen. Dieser Wendepunkt in Locke’s Denken nach dem Verfassen der Tracts und vor An Essay on Toleration ereignet sich in seinen 1663 – 1664 verfassten Essays on the Law of Nature, in denen er sein politisches Denken über das Naturrecht neu verfasst. Durch Berufung auf das Naturrecht als den Zügeln menschlichen Handelns, ist es Locke möglich, seine Argumentation in den Tracts auf zwei verschiedenen Pfaden weiter zu entwickeln.

First, he is able to hold that no person can sincerely believe that his religion should include actions that transgress natural law, since natural law is something all persons can apprehend by means of their natural reason alone23.

Erstens ist er in der Lage darauf zu Bauen, dass keine Person ernsthaft glauben kann, die Ausübung ihrer Religion könnte Handlungen einschließen, die das Naturrecht verletzen, weil nämlich das Naturrecht etwas ist, was alle Personen allein mit den Mitteln ihrer natürlichen Vernunft verstehen können23.

Locke is thus able to insist in An Essay on Toleration that religious freedom includes the liberty of action in worship, as well as the liberty of judgment. An Essay on Toleration puts this point rather emphatically:

Dergestalt ist Locke in der Lage in seinem An Essay on Toleration darauf zu bestehen, dass religiöser Freiraum die Freiheit zur Handlung in Sachen Huldigung einschließt, ebenso wie die Freiheit der Beurteilung. An Essay on Toleration setzt diesen Punkt ziemlich energisch:

‘purely speculative opinions and divine worship’ – a category that includes action as well as judgment –deserves ‘an absolute and universal right to toleration’24.

‘rein spekulative Meinungen und göttliche Huldigung’ – eine Kategorie, die Handlungen ebenso umfasst wie Beurteilungen – bedarf  ‘eines absoluten und universellen Rechts auf Toleranz’24.

Locke is able to include actions within the right to perform sincere religious worship because he assumes that sincere religious action is necessarily compliant with natural law.

Locke ist jetzt in der Lage, Handlungen in das Recht zur Ausübung ernsthafter religiöser Huldigung mit aufzunehmen, weil er davon ausgehen kann, dass ernsthafte religiöse Huldigung notwendigerweise mit dem Naturrecht vereinbar ist.

There is a second way in which the appeal to natural law enables Locke to improve upon his argument in the Tracts: it enables him to set bounds to the exercise of political authority. If political power exists in order to help individuals fulfill the duties they have in natural law, then its authority is always conditional upon its being effective to this end. Political authority may not, in that case, take the form of sovereignty: it may not be an unconditional authority.

Und es gibt einen zweiten Pfad auf dem die Berufung aus das Naturrecht Locke in die Lage versetzt, seine Argumentation aus den Tracts zu verbessern: Es ermöglicht ihm, der Ausübung politischer Autorität Grenzen zu setzen. Wenn nämlich politische Macht dazu existiert, den Individuen dabei zu helfen, ihre im Naturrecht begründeten Pflichten zu erfüllen, dann besteht ihre Autorität ausschließlich anhängig davon, wie wirksam sie diesen Zweck erfüllt. Politische Autorität kann in diesem Fall nicht in der Form von Souveränität auftreten: Sie kann keine unbedingte Autorität sein.

We see this line of argument most forcefully presented in Locke’s famous Letter. In a passage where Locke discusses a case in which the magistrate imposes a law ‘concerning things that lie not within the verge of the magistrate’s authority’, he asks, rhetorically, ‘what if the magistrate believe such a law as this to be for the public good?’

Wir können diese Argumentationslinie als am stärksten eingeführt in seinem berühmten Brief erkennen. In einem Abschnitt, in welchem Locke einen Fall diskutiert, in dem die Obrigkeit ein Gesetz verfügt, das ‘Die betrifft, die nicht innerhalb der Rabatten der Autorität der Obrigkeit’ liegen, so stellt er die rhetorische Frage, ‘was wäre, wenn die Obrigkeit glaubte, ein solches Gesetz wie dieses wäre für das öffentliche Wohl geschaffen?’

He answers: As the private judgment of any particular person, if erroneous, does not exempt him from the obligation of law, so the private judgment, as I may call it, of the magistrate, does not give him any new right of imposing laws upon his subjects25.

Er antwortet: Genau wie die private Beurteilung irgendeiner einzelnen Person, falls irrtümlich, diese nicht von der Verpflichtung des Gesetzes ausnimmt, so kann die private Beurteilung der Obrigkeit, falls ich das so nennen darf, dieser keinerlei weiteres Recht gewähren, Gesetze über die Bürger zu verfügen25.

The reply suggests that by the time of the Letter, sovereignty has fallen out of the picture of Locke’s political thought. Locke now believes that the legitimacy of all action – actions commanded by the dissenting conscience as well as by the magistrate – must be measured solely against the bounds and directives of natural law.

Diese Antwort erweckt den Eindruck dass zur Zeit des Briefes Souveränität vollkommen aus dem Gesamtbild von Lockes politischem Denken herausgefallen war. Mittlerweile denkt Locke, dass die Legitimität allen Handelns – Handlungen betreffend, die durch abweichendes Gewissen ebenso angeordnet werden wie durch die Obrigkeit –  ausschließlich an den Begrenzungen und Richtlinien des Naturrechts zu messen sind.

No person gains a right to impose by the authority of his own private judgment alone; no person, in other words, is sovereign. The trajectory of Locke’s thinking on religious freedom is one in which he searches for, and eventually finds, in the appeal to natural law, a settlement of the contending claims of religious freedom and political authority that is more appealing to him, philosophically and morally, than the settlement he had been able to conceive of in the Tracts.

Kein Mensch verschafft sich ein Recht zu verfügen auf Grund der Autorität seiner eigenen, privaten Beurteilung allein. Mit anderen Worten: Es existieren keine souveränen Personen. Die Lernkurve bei Locke’s Denken bezüglich religiösen Freiraums ist eine, in der er nach einer Vereinbarung sucht, und vielleicht in der Berufung auf das Naturrecht findet, die die widerstreitenden Forderungen zwischen religiösem Freiraum und politischer Autorität versöhnt, die ihm weitaus mehr zusagt, philosophisch wie moralisch, als die Vereinbarung, die er noch in den Tracts vorlegen konnte.

Having reconstituted his political philosophy in natural law, Locke is able to conclude that the claims to ‘religious freedom’ and to ‘political authority’, properly understood, are always in harmony. Political authority, which exists in order to prevent actions that transgress natural law, never needs to regulate an action that is protected by the right to religious freedom, because this right never includes an action that transgresses natural law26.

Indem er seine politische Philosophie über das Naturrecht neu verfasst hat, ist Locke in der Lage den Schluss zu ziehen, dass die Forderungen nach ‘religiösem Freiraum’ und ‘politischer Autorität’, ordentlich verstanden, stets in Harmonie bestehen. Politische Autorität, die zu dem Zweck besteht, Handlungen zu verhindern, die das Naturrecht verletzen, muss niemals eine Handlung regulieren, die durch das Recht auf religiösen Freiraum geschützt wird, weil dieses Recht niemals irgendeine Handlung beinhaltet, die das Naturrecht verletzt26.

Conclusion / Schlussfolgerung

Where Locke ends up in the Letter, the place at which he insists that no person gains a right to act on the authority of his private judgment alone, brings us back, some thirty earlier, to the young Locke in Westminster Hall. It may seem that in the Letter Locke ends up catching himself in the tail, as it were: his later work appears sympathetic to the idea he had repudiated as a young man.

Dort wo Locke in dem Brief endet, der Ort an dem er darauf besteht, dass keine Person ein Recht erringen könne, auf Grund der Autorität seiner privaten Beurteilung allein zu handeln, bringt uns direkt zurück, auf gut 30 Jahre früher, zu dem jungen Locke in Westminster Hall. Es mag so erscheinen, als würde Locke sich in dem Brief am Ende selbst in den Schwanz beißen, wo es doch so aussieht: Sein späteres Werk erscheint als Hommage an die Idee, die er als junger Mann zum Teufel gewünscht hat.

If Locke believes in his later work that no person is sovereign, if he believes that every individual stands as an equal to others in retaining an ultimate authority to enforce natural law, then, in a fundamental sense, it seems that he believes there are no political superiors to whom Quakers ought to remove their hats.

Falls Locke in seinem späteren Werk überzeugt ist, dass keine Person souverän ist, falls er glaubt, dass jedes Individuum einem jeden anderen darin gleicht steht, eine allerletzte ultimative Autorität zurückzubehalten, dann, in einem fundamentalen Sinn, scheint es als wäre er überzeugt, dass es keine politisch Übergeordneten gäbe, vor denen Quäker den Hut zu ziehen hätten.

But, in fact, Locke has not caught himself in the tail. As a young man, Locke was unsympathetic with Quakers, not because he was against political equality, but because he was against the anarchy of the religious conscience. This is a constant in his thinking on religious freedom throughout this life. Locke never ceased in his hostility toward individuals who believed that their authority to act ultimately derived from a part of their soul that was inaccessible to others.

Tatsächlich aber hat sich Locke überhaupt nicht in den Schwanz gebissen. Als junger Mann missbilligte Locke das Verhalten der Quäker, nicht weil er gegen politische Gleichheit gewesen wäre, sondern weil er gegen die Anarchie des religiösen Gewissens war. Darin besteht eine Konstante in seinem Denken über die religiösen Freiräume, die sein gesamtes Leben durchzieht. Locke hat sich niemals von seiner Feindschaft einem jeden Individuum gegenüber verabschiedet, welches sich anmaßte, seine vermeintliche eigene Autorität zu Handeln letztendlich von einem Bereich der eigenen Seele abzuleiten, der anderen nicht zugänglich war.

In 1700, he would thus express the view about religious ‘enthusiasts’ that may have led to his feeling bemused and disturbed by the Quakers he observed in court in 1656: whatsoever odd action they find in themselves a strong inclination to do, that impulse is concluded to be a call or direction from heaven, and must be obeyed…This I take to be properly enthusiasm, which, though founded neither on reason nor divine revelation, but rising from the conceits of a warmed or over-weening brain, works yet, where it once gets footing, more powerfully on the persuasions and actions of men…and freed from all restraint of reason, and check of reflection, it is heightened into a divine authority, in concurrence with our own temper and inclination27.

Im Jahre 1700 vermochte er seine Sicht religiöse ‘Enthusiasten’ die ihn zu diesem Gefühl, welches durch die Quäker, die er noch 1656 vor Gericht beobachtet hatte, noch verwirrt und verstört wurde, geführt hatten, dergestalt Ausdruck zu verleihen: Für welche widerwärtige Handlung auch immer sie in sich selbst eine starke Neigung finden, sie zu vollziehen, von diesem Impuls wird angenommen, er sei ein Ruf oder eine Anweisung direkt aus dem Himmel, und muss befolgt werden… Das will ich für wahren Enthusiasmus halten, der, weder auf Vernunft noch Offenbarung gegründet, aber aus den Schlüssen eines heißen und anmaßenden Gehirns aufsteigend, dennoch wirkt er, wo er erstmals Fuß fasst, mächtiger auf die Überzeugungen und Handlungen von Menschen…und befreit von allen Beschränkungen durch die Vernunft, oder Hemmungen durch Nachdenklichkeit, wir er zur Höh göttlicher Autorität erhoben, in Übereinstimmung mit unser eigen Gemüt und Neigung27.

One sees not bigotry in such a passage, but weariness. The view on the basis of which Quakers refused to remove their hats may have been the egalitarian one that all are equal under Christ. But their insistence that this view gains its authority from their own conscience was, for Locke, ultimately anarchical.

Man vermag keinerlei Bigotterie in einer solchen Passage zu entdecken, sondern Müdigkeit. Die Sichtweise auf der Basis, auf der die Quäker sich weigerten, ihre Hüte zu ziehen, mag die egalitäre gewesen sein, dass alle unter Christus gleich sind. Doch deren Insistieren, dass diese Sicht ihre Autorität aus ihren Gewissen beziehe, war für Locke ultimativ anarchisch.

Notes

  1. John Locke, ‘Locke to Locke Sen., Westminster, 25 October 1656’ in M. Goldie (ed) (2002) Correspondence of John Locke, p. 5. Oxford: Oxford University Press.
  2. I shall refer to these early texts by Locke as the Tracts and use the editions reprinted in M. Goldie (ed) (1997) Locke: Political Essays, pp. 3–78. Cambridge, MA: Cambridge University Press. I shall refer to Bagshaw’s pamphlet as The Great Question. This pamphlet is available at Early English Books Online. ttp://eebo.chadwyck.com/ (25 July 2010).
  3. As Locke later insists in A Letter Concerning Toleration (1689): ‘the magistrate has no power to enforce by law, either in his own church, or much less in another, the use of any rites or ceremonies whatsoever in the worship of God’, reprinted in D. Wootton (ed) (1993) Political Writings of John Locke, p. 411. Indianapolis, IN: Hackett.
  4. See Robert Kraynak (1980) ‘John Locke: From Absolutism to Toleration’, American Political Science Review 74: 53–69; Kirstie McClure (1990) ‘Difference, Diversity, and the Limits of Toleration’, Political Theory 18: 361–91 and David Wootton, ‘Introduction’ in D. Wootton (ed) (1993) Political Writings of John Locke, pp. 7–122. Indianapolis, IN: Hackett.
  5. There is no significant disagreement over terminology between Locke and Bagshaw. Bagshaw writes that indifferent things are ‘those outward circumstances of our actions which the law of God has left free and arbitrary, giving us only general precepts for the use of them either way’. In Locke (n. 2), p. 62, Locke defines ‘indifferent things’ as ‘all things which are morally neither good nor evil’. Since Locke’s convention is to use ‘moral law’ and ‘divine law’ interchangeably, his definition of indifferent things chimes with Bagshaw’s.
  6. Locke (n. 2), p. 71.
  7. Kraynak (n. 4), p. 56.
  8. Wootton (n. 4), p. 36.
  9. McClure (n. 4), p. 368.
  10. Locke (n. 2), p. 7.
  11. Locke (n. 2), p. 24.
  12. McClure (n. 4) p. 374.
  13. Locke (n. 2), p. 70.
  14. The terms ‘liberty of conscience’ and ‘religious liberty’ are used interchangeably in this paragraph. This usage is justified in the rendering of Bagshaw’s (and indeed Locke’s) views, since the two authors viewed the pronouncements of conscience as a person’s internal religious pronouncements, i.e. as pronouncements regarding God’s will.
  15. Locke (n. 2). p. 21.
  16. As Mark Goldie, editor of Locke’s Political Essays, explains, ‘making a leg’ is a formal bow, which, along with removing one’s hat, was an act Quakers refused to undertake on religious grounds. See Locke (n. 2), p. 22.
  17. This text shall be referred to as the Essay.
  18. For a good account of the biographical evidence, see John Marshall (1994) John Locke: Resistance, Religion, and Responsibility. Cambridge, MA: Cambridge University Press.
  19. For the view that there is a radical break between the early and later Locke see Maurice Cranston (1957) John Locke: A Biography. London: Longmans, and Philip Abrams, ‘Introduction’ in P. Abrams (ed) (1967) Two Tracts on Government, pp. 1–114. Cambridge, MA: Cambridge University Press.
  20. For the view that A Letter Concerning Toleration shares the same underlying goal with Locke’s Tracts, namely that of managing religion for the sake of civil peace, see Kraynak (n. 4).
  21. Locke (n. 3), p. 411.
  22. Locke (n. 2), p. 22, italics added.
  23. For a similar line of interpretation see Ian Harris (1994) The Mind of John Locke. Cambridge, MA: Cambridge University Press.
  24. See John Locke ‘An Essay on Toleration’, reprinted in M. Goldie (ed) (1997) Locke: Political Essays, pp. 134–59. Cambridge, MA: Cambridge University Press.
  25. Locke (n. 3), p. 424.
  26. The claim I defend here, that natural law is for Locke the guide and limit to both political authority and religious freedom may show how the disagreement between Tim Stanton and John William Tate in a recent debate on the character of Locke’s mature political philosophy may be less stark than it appears to be. Stanton and Tate disagree about whether Locke removed God from the center of his political philosophy. In one sense of that contention, Stanton is right: God is always at the center of Locke’s political philosophy, namely in the sense that God’s wishes for mankind always ground and limit political authority when these wishes are identified by our natural reason as natural law. In another sense of that contention, however, Tate is right: Locke did indeed wish to remove God’s wishes from political philosophy as these wishes might allegedly be identified by means other than natural reason. See John William Tate (2012) ‘Locke, God, and Civil Society: Reply to Stanton’, Political Theory 40: 222–8 and Tim Stanton (2012) ‘Reply to Tate’, Political Theory 40: 229–36.
  27. John Locke, Essay Concerning Human Understanding, P. Nidditch (ed). Oxford: Oxford University Press. This passage is from the 1700 edition. The first edition was published in 1689.

Corresponding author:

Paul Bou-Habib, Department of Government, University of Essex, Wivenhoe Park, Colchester CO4 3, SQ, UK.

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John Locke, Two Tracts on Government, Tract I, Section 86, Absatz 86,

John Locke: Two Tracts on Government

John Locke, Two Tracts on Government,

Tract I, Section 86, Absatz 86,

“1. That it is no absurdity at all that Princes should have no more power in ordering the things of God than God himself hath allowed them. And if God nowhere hath given them such an imposing power they must be content to go without it.”
(Quotation Bagshaw)

If they have no imposing power till God by a positive express commission somewhere hath given it them, they will be found to have as little in civil as religious indifferent things and no right of tying up our liberty in either. But that they have a power in both and how they came by it I have shown above.

“But in this case where will the Christian magistrate find his warrant?”
(Quotation Bagshaw)

In whatever text of Scripture the magistrate’s charter for jurisdiction in civil indifferent things is to be found, in the very same or next verse is his warrant for impositions in religious.

“The Scriptures being utterly silent that he is now to take such authority upon him which because the things concern not man but the worship of God had it been thought necessary and fit would certainly not have been omitted.”
(Quotation Bagshaw)

The Scripture speaks very little of polities anywhere (except only the government of the Jews constituted by God himself over which he had a particular care) and God doth nowhere by distinct and particular prescriptions set down rules of governments and bounds to the magistrate’s authority, since one form of government was not like to fit all people, and mankind was by the light of nature and their own conveniences sufficiently instructed in the necessity of laws and government and a magistrate with power over them, who is no more to expect a commission from Scripture which shall be the foundation and bounds of his authority in every particular and beyond which he shall have none at all, than a master is to examine by Scripture what power he hath over his servant, the light of reason and nature of government itself making evident that in all societies it is unavoidably necessary that the supreme power (wherever seated in one or more) must be still supreme, i.e. have a full and unlimited power over all indifferent things and actions within the bounds of that society.

Whatever our author saith there ‚tis certain there be many particular things necessary and fit now, that are yet omitted in Scripture and are left to be determined by more general rules. Had the questions of paedo­-baptism, church government, ordination, excommunication etc. been as hotly disputed in the days of the Apostles as in ours, ‚tis very probable we should have had as clear resolutions of those doubts and as positive rules as about eating thing strangled and blood.

But the Scripture is very silent in particular questions, the discourses of Christ and his Apostles seldom going beyond the general doctrines of the Messiah or the duties of the moral law, but where either the condition of the persons or their enquiry made it necessary to descend to particulars and possibly had there not some miscarriages sprung up in the Church of Corinth we had never received that command of decency and order, and ‚twas their enquiry that occasioned Paul’s resolution of those their private doubts, I.Cor.c.7.,c. 8.

It was not therefore requisite that we should look for the magistrate’s commission to be renewed in Scripture who was before even by the law of nature and the very condition of government sufficiently invested with a power over all indifferent actions. Nor can we rationally conclude he hath none because we cannot find it in the Bible.

“1. Dass es alles andere als eine Absurdität ist anzunehmen, Fürsten hätten kein Stück mehr Macht, über Gottes Angelegenheiten zu verfügen als Gott persönlich ihnen gestattet hat. Und weil Gott ihnen an keiner Stelle eine derartige Verfügungsbefugnis gewährt hat, müssen sie sich damit zufrieden geben, ohne auszukommen.“
(Zitat Bagshaw)

Sofern sie keinerlei Verfügungsbefugnis innehaben, als bis Gott ihnen eine solche expressis verbis zugestanden hat, wird man ihnen geradewegs eben so wenig bezüglich bürgerlicher wie religiöser unbestimmter und unbedeutender Gegebenheiten zubilligen und jedes Recht, unsere Freiheit in der einen wie der anderen Kategorie an die Leine zu legen, abstreiten. Allerdings habe ich ja bereits weiter oben bewiesen, dass sie betreffend beide Kategorien Macht haben und wie sie dazu gekommen sind.

“Doch wo will eine christliche Obrigkeit unter dieser Voraussetzung ihre Berechtigung finden?”
(Zitat Bagshaw)

An welcher Stelle der Heiligen Schrift auch immer jeweils auf die Verbriefung der Rechtsprechung der Obrigkeit in bürgerlichen Angelegenheiten verwiesen wird, ebenda oder in benachbarten Zeilen findet sich ihre Berechtigung zur Verfügung auch über religiöse Belange.

“Da sämtliche Kapitel der Bibel sich vollkommen darüber ausschweigen, dass sie plötzlich eine derartige Autorität an sich ziehen könnte, wo es doch nicht um Angelegenheiten der Menschen sondern um die Huldigung Gottes geht, wäre dies wohl kaum übersehen worden, wenn es für notwendig und passend gehalten worden wäre.“
(Zitat Bagshaw)

Die Heilige Schrift spricht allenthalben sehr spärlich über politische Ordnungen (abgesehen von den Regierungsformen der Juden, die Gott persönlich verfasst hatte und um die er sich in besonderer Weise kümmerte). Dabei legt Gott nirgends mittels gezielter und besonderer Vorschriften für Regierungsformen und Beschränkungen der Autorität für Obrigkeiten fest, seit klar ist, dass lediglich eine Form der Regentschaft unmöglich genügt, um zu allen Völkerschaften zu passen. Die Menschheit lernte mittels Aufklärung der Naturgegebenheiten und Erkenntnis der eigenen Annehmbarkeiten so ausreichend viel über die Notwendigkeit von Recht und Gesetz, Regierung und Obrigkeit dazu, wobei letztere auch über Macht über sie verfügen sollte, dass sie fürderhin auf keinen Auftrag seitens der Bibel mehr zu warten brauchte, welcher als Grundlage und Begrenzung der Autorität des Magistrats für jede Kleinigkeit gelten und über den hinaus die Obrigkeit keinerlei weitere Autorität haben sollte, als beispielsweise ein Herr über seinen Sklaven aus der Heiligen Schrift ableiten könnte. Die Erleuchtung durch Vernunft und das Wesen des Regierens selbst verdeutlichen klar, dass in allen Gesellschaften unabwendbar die höchste Macht (ob sie nun bei einem oder mehreren liegt), in jeder Hinsicht die höchste Macht bleibt, womit gemeint ist, dass die Obrigkeit stets volle und unbeschränkte Macht über alle ansonsten unbestimmten Angelegenheiten, Gegebenheiten, Belange, Dinge und Handlungen hat, die innerhalb der betreffenden Gesellschaft auftreten.

Was auch immer unser Autor hier angesprochen haben mag, es existieren mittlerweile unzählige individuelle Gegebenheiten, die notwendig und passend wären, aber dennoch in der Bibel unbeachtet geblieben sind und daher der Bestimmung durch allgemeine Regeln überlassen sind. Wären Fragen wie Kindstaufe, kirchliche Herrschaft, Ordination, Weihe, Exkommunikation usw. zur Zeit der Apostel ebenso heiß diskutiert worden wie heute, dann hätten wir sehr wahrscheinlich ebenso eindeutige Antworten und festgesetze Regeln auf diese Zweifel erhalten, als sie einst für den Verzehr erwürgter Tiere und von Blut galten.

Die Heilige Schrift aber schweigt sich sehr laut bezüglicher dieser speziellen Fragen aus. Die Vorträge von Jesus Christus oder seinen Aposteln gehen selten über die generelle Lehre des Messias oder sich ergebende Pflichten aus dem Gesetz der Moral hinaus. Doch weil weder die akute Situation der Leute oder deren hartnäckiges Nachfragen es erforderlich machten, in die Details zu gehen, und wären womöglich nicht einige Fälle von missbräuchlichem Verhalten in der Kirche von Korinth aufgetreten, dann hätten wir wohl niemals diese Anordnung zu Schicklichkeit und Ordnung erhalten. Schließlich war das hartnäckige Insistieren jener der Anlass für Paulus Beschluss bezüglich ihres persönlichen Zweifels. I.Cor.c.7.,c.8.

Dessentwegen war es nicht erforderlich, uns wegen der Erneuerung der Beauftragung für die Obrigkeit in der Heiligen Schrift umzutun, wo sie doch bereits zuvor schon durch das Naturrecht gegeben war. Die tatsächlichen Bedingungen für Regentschaft waren bereits ausreichend mit einer Macht über alle unbestimmten Handlungen ausgestattet. Deshalb können wir vernünftigerweise keinesfalls schlussfolgern, die Obrigkeit hätte keine Macht, weil wir darüber nichts in der Bibel lesen können.

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John Locke, Two Tracts on Government, Tract I, Section 64, Absatz 64,

John Locke: Two Tracts on Government

John Locke, Two Tracts on Government,

Tract I, Section 64, Absatz 64,

All that the author says in his third instance from Paul’s opposing the false brethren is no more than hath been urged and answered above in the same case of the Galatians130, only there it is brought as a precept, here as an example. From whence in the close he comes to lay down a very strange position, viz.:

“When any shall take upon them to make a thing indifferent necessary, then the thing so imposed presently loses not its liberty only, but likewise its lawfulness. And we may not without breach of the Apostle’s precept resist to it.”

A conclusion that by no means can be drawn from his instance, Gal.2, where those the Apostle disputes against were not any that pretended a power to make laws, or imposed those as their own injunctions, but urged them as necessary doctrines and the laws of God which obliged their consciences.

The Scripture, that almost everywhere commands Submission though contrary to the whole bent of our inclinations, could never be thought to teach us disobedience and that too contrary to our wills; this is an opinion so monstrous that it cannot without a very great injury be fathered upon the Apostles.

Who can believe that the magistrate’s authority should make anything unlawful by enjoining it; that if in those things we are cheerfully doing ourselves his command should come and encourage us we ought presently to stop, to turn about and resist him and at once oppose his and our own wills too, alone, as if a child going to church of his own accord being by the way commanded by his father to go on ought straight to return back again?

If this doctrine be true, I know not how any law can be established by the magistrate or obeyed by the subject, indifferent things of civil as well as religious concernment being of the same nature, and will always be so, till our author can show where God hath put a distinction between them, this I’m sure that according to his own rule the observation of a fast enjoined by the magistrate must needs be a sin, it being an imposition relating to the worship of God in indifferent things.

An anniversary Thanksgiving Day will be but an anniversary provocation, and those that assemble in obedience to such a command instead of returning a praise to God for a blessing, would call down on their heads a curse. This is truly to ensnare the consciences of men and put them under a necessary of sinning, a doctrine which strikes at the very root and foundation of allows and government and opens a gap so wide to disobedience and disorder as will quickly ruin the best founded societies.

Let the people (whose ears are always open to complaints against their governors, who greedily swallow all pleas for liberty) but once hear that the magistrate hath no authority to enjoin things indifferent in matters of religion, they will all of an instant be converts, conscience and religion shall presently mingle itself with all their actions and be spread over their whole lives to protect them from the reach of the magistrate, and they will quickly find the large extent of inordine ad spiritualia.

Let but the ruler’s power be excluded out of the sanctuary and it will prove an asylum for the greatest enormities, tithes will be as unlawful as sacrifice, and civil respect to a man as impious as if it were divine adoration, the stubborn servant will beard his master with a charter of freedom under Paul’s hand, “Be ye not the servants of men.” Nor will our author’s interpretation be able to prevent it.

Magistracy itself will at last be concluded anti-Christian, (as the author himself confesses many do, p. 1). Let the multitude be once persuaded that obedience to impositions in indifferent things is sin and it will not be long ere they find it their duty to pull down the imposer.

Do but once arm their consciences against the magistrate and their hands will not be long idle or innocent.

But of inconveniencies I shall have more occasion to speak in his next argument.

Alles was der Autor bei diesem dritten Beispiel für den Widerstand des Paulus gegen die falschen Glaubensbrüder vorbringt, ist kein Stück mehr als bereits zuvor aufgedrängt und zur Antwort gegeben wurde. Es ging dabei um die Angelegenheit der Galater130, nur wurde es dort als Gebot zitiert, hier als Beispiel. Da er schon mal dabei ist, bezieht er eine äußert merkwürdige Position:

„Sobald es jemandem einfällt, eine bislang unbestimmte Gegebenheit zur Notwendigkeit zu erklären, dann verliert diese Angelegenheit nicht nur ihre bisherige Unverbindlichkeit, sondern gleichermaßen ihre Rechtmäßigkeit. Weshalb wir keine Chance haben, dabei ohne Verletzung des Gebots der Apostel Widerstand leisten zu dürfen.“

Diese Schlussfolgerung kann er mit keinem Mittel oder Trick aus seinem Beispiel in Galater 2 ziehen, in welchem diejenigen, gegen deren Vorstellungen der Apostel argumentiert, weder irgendeine Macht zur Gesetzgebung für sich in Anspruch nahmen, noch solche Regeln als ihre eigenen Verfügungen aufstellten, sondern hartnäckig darauf beharrten, es seien notwendige Lehren und es sei das Gesetz Gottes, das ihr Gewissen verpflichtete.

Die Heilige Schrift, die nahezu in jeder Hinsicht Unterordnung anordnet, selbst wenn dies bis in die letzte Verästelung unserer persönlichen Vorlieben reicht, kann man sich unmöglich jemals als Lehrbuch vorstellen, welches uns Ungehorsam lehrt, und dann auch noch gegen unseren Willen. Eine solche Meinung ist derart abartig, dass sie jedenfalls keinesfalls ohne allergrößtes Unrecht zu begehen als Erzeugnis der Apostel verkauft werden kann.

Wer käme den auf die absurde Idee, eine Obrigkeit könne irgendetwas Unrechtmäßiges verkünden, nur weil sie es beschließt? Das wir etwa, wenn eine ihrer Anordnungen uns ereilte und uns augenblicklich sofortigen Einhalt geböte, während wir gerade fröhlich wie gewohnt unseren eigenen Angelegenheiten nachgehen, auf dem Absatz gegen sie kehrt machten, ihr umgehend Widerstand entgegensetzten und dadurch auch unseren eigenen Willen verwerfen würden? Geradeso als ginge ein Kind aus eigenem Antrieb zur Kirche und würde unterdessen von seinem Vater angewiesen das Vorhaben fortzuführen, indem es auf direktem Wege zurückzukehrt?

Entspräche diese Lehre der Wahrheit, wüsste ich nicht wie irgendein Gesetz durch eine Obrigkeit in Kraft gesetzt werden könnte oder verlässlich mit dem Gehorsam der Untergeordneten zu rechnen wäre. Wären die unbestimmten Gegebenheiten sowohl bürgerliche als auch religiöse Dinge betreffend gleicher Natur und wäre das stets so, als bis unser Autor beweisen kann, an welcher Stelle Gott eine Möglichkeit zur Unterscheidung zwischen ihnen geschaffen hat, dann wäre ich sicher, dass gemäß seiner eigenen Regel die Beachtung einer Fastenzeit, welche die Obrigkeit bestimmt hat, notwendigerweise eine Sünde darstellen würde, da es sich um eine Bestimmung in einem Bereich handelt, bei dem es um durch Gott unbestimmte Angelegenheiten zu dessen eigener Huldigung geht.

Alljährlich z. B. das Erntedankfest zu begehen wäre eine alljährliche Provokation und alle, die sich einfinden, um eine diesbezügliche Anordnung gesammelt auszuführen anstatt Gott für jede Segnung extra ein Gebet zu entrichten, würden sich dessen Fluch aufs Haupt laden. Hier handelt es sich in Wahrheit um einen Versuch, das Gewissen der Menschen zu umgarnen und einzuwickeln, indem man ihnen die Unvermeidbarkeit des Sündigens einredet. Eine Lehre, die Hand und Schlag an die tiefsten Wurzeln und Grundlagen aller Freiräume sowie der Regierung selbst legt und die eine so breite Bresche für Ungehorsam und Chaos öffnet, dass sie auf kürzestem Wege selbst die am besten organisierten Gesellschaften ruinieren wird.

Versetzt die Bevölkerung (deren Ohren stets für allerlei Beschwerden gegen ihre Regenten offen sind und die gierig jede Art Ruf nach Freiheit in sich aufsaugen) nur einmal in den Glauben, die Obrigkeit habe keinerlei Autorität in irgendwelchen religiösen Angelegenheiten irgendetwas betreffend die (seitens Gott) unbestimmten Gegebenheiten vorzuschreiben, dann werden sie alle augenblicklich zu Bekehrten, Gewissen und Religion werden sich unversehens von selbst bei allen ihren Aktivitäten vermengen und jeden Lebensbereich durchdringen, nur um sich dem Arm der Obrigkeit zu entziehen. Und sehr bald werden sie die gewaltigen Auswirkungen von inordine ad spiritualia (Unordnung bei spirituellen Fragen) kennen lernen.

Setzt die Macht der Regenten nur ruhig vor die Türe der Heiligtümer und diese werden sich als Zuflucht für die allergrößten Ungeheuerlichkeiten erweisen. Der Zehnt wird als unrechtmäßige Opfergabe an den Staat deklariert, staatbürgerlicher Respekt vor Menschen als Mangel an Frömmigkeit, da er als göttliche Verehrung von Amtspersonen ausgegeben wird, ein jeder halsstarrige, störrische Sklave oder Knecht wird seinem Herrn eine von Paulus höchstpersönlich signierte Charta der Freiheit unter die Nase halten: „Macht Euch nicht zu Sklaven von Menschen.“ Und schon gar nicht wird die Interpretation unseres Autors in der Lage sein, davor zu schützen.

Selbst staatliche Verwaltung wird schließlich als antichristlich bezeichnet werden, (gerade da der Autor selbst auf Seite 1 zugibt, dass viele es bereits so halten). Überzeugt die Menge nur einmal davon, dass Gehorsam gegenüber staatlichen Verfügungen über (von Gott) unbestimmte Dinge Sünde sei, und es wird nicht lange brauchen, bis Ihr seht, dass jene Menge es als ihre Pflicht ansieht, die Verfügenden zu stürzen.

Rüstet ihr Gewissen nur ein einziges Mal weidlich gegen die Obrigkeit aus und ihre Hände werden nicht mehr lange untätig und unschuldig bleiben.

Über die Unannehmbarkeiten zu sprechen werde ich indes mehr Gelegenheit bei seinem nächsten Argument haben.

130https://en.wikipedia.org/wiki/Galatians_(people)

130https://de.wikipedia.org/wiki/Galater

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John Locke, Two Tracts on Government, Tract I, Section 47, Absatz 47,

John Locke: Two Tracts on Government

John Locke, Two Tracts on Government,

Tract I, Section 47, Absatz 47,

„To those Scriptures which deny all imposition may be added all those texts which consequently do it, such as are ‚do to others as you would have others do to you‘. And who is there would have his conscience imposed upon?” (Quotation Bagshaw). If private men’s judgments were the moulds wherein laws were to be cast ‚tis a question whether we should have any at all.

If this be the rule that must measure the equity and obligation of all edicts I doubt whether any can challenge an universal obedience, when it is impossible that any law should be by human prudence so contrived which whilst it minds the good of the whole will not be inconvenient to several of the members, and wherein many will not think themselves hardly and unequally dealt with. The magistrate in his constitutions regards the public concernment and not private opinions which, biased by their own interest, or misled by their ignorance and indiscretion, are like to make them but ill judges of reasons of state or the equity of laws; and when we find the greatest part of men usually complaining, we may easily conclude, that they think that precept of ‚do as thou wouldst be done unto‘ but ill observed by their superiors. Were magistrates to gratify the desires of men in all things to which by a partial interpretation they would extend this rule, they would quickly stand in need of a power not to make laws but worlds, and provide enlargements not restraints for the liberty of their subjects. And hence rises one of those necessities of government that since men were not like (being favorable judges in their own cause131) to be well satisfied with the equity of others, and would be ready to judge that others made use of their liberty, to their prejudice with neglect of this rule of equity, it was requisite to settle a peace and society amongst men that they should mutually agree to give up the exercise of their native liberty to the disposure and prudence of some select person or number of men who should make laws for them which should be the rule of their actions one towards another and the measure of their enjoyments; but this by the by.

„Allen Sequenzen der Heiligen Schrift, die jegliche Form der Verfügung verneinen, seien alle Texte hinzugefügt, die sich konsequent so ausdrücken, wie beispielsweise: ‚Behandle andere so wie Du behandelt zu werden wünscht‘. Und wer möchte schon seinem Gewissen Vorschriften gemacht wissen?“ (Zitat Bagshaw). Wären die Beurteilungen einzelner Privatleute die Gussformen, in denen Gesetze zu gießen wären, sollten wir uns fragen ob wir überhaupt welche haben sollten.
Wäre das die Regel, nach der die Rechtmäßigkeit und Verbindlichkeit aller Erlasse zu bewerten wäre hätte ich Zweifel ob überhaupt irgendeiner zu erwartbarem Gehorsam führen würde, wo sie es doch verunmöglicht, dass irgendein Gesetz auf Basis menschlicher Klugheit so aufstellbar wäre, welches, während es das Wohl aller im Sinn hätte, dennoch für verschiedene Mitglieder kein bisschen unpassend wäre und durch welches viele sich selbst nicht zu hart und ungleich behandelt sehen. Die Obrigkeit berücksichtigt bei ihrer Rechtssetzung die öffentlichen Belange und keine privaten Meinungen, die, vereinnahmt durch das eigene Interesse oder durch Mangel an Bildung und Unreife, zu nicht mehr taugen, als die Menschen zu sehr schlechten Beurteilern der Vernunft, des Staates oder der Rechtmäßigkeit von Gesetzen machen. Wenn wir also den Großteil der Menschen so wahrnehmen, dass sie sich gewöhnlich nur beschweren, dann können wir dabei leicht erkennen, dass sie denken, der Vorsatz ‚Behandle andere so wie Du behandelt zu werden wünscht‘ würde durch ihre Übergeordneten ausschließlich schlecht beachtet.

Wären Vertreter der Obrigkeit dazu da, den Begehren der Menschen in allen Angelegenheiten zu genügen, die deren spezifischer Interpretation entsprechen, fänden sie sich umgehend der Notwendigkeit ausgesetzt eine Macht zu benötigen, um Welten statt Gesetze zu erschaffen und für Ausweitungen statt Beschränkungen der Freiheit ihrer Untergeordneten zu sorgen. Und daraus entsteht eine dieser Notwendigkeiten für eine Regierung, zumal Menschen leider nicht derart beschaffen sind (da sie am liebsten in eigener Sache urteilen131), in gutem Einvernehmen mit der Rechtmäßigkeit anderer zufrieden zu sein, sondern stets bereit zu urteilen, andere hätten Gebrauch von der eigentlich ihnen selbst zustehenden Freiheit gemacht. Daher bestand das Erfordernis, für Frieden und Gesellschaft zwischen den Menschen zu sorgen, damit sie auf Gegenseitigkeit Einvernehmen darüber erzielen, die Ausübung ihrer angeborenen Freiheit der Verfügung und Klugheit einiger ausgewählter Personen abzutreten oder einer Anzahl Menschen, die Gesetze für sie schaffen würden, welche wiederum das Regelwerk ihrer Handlungen bildeten, des einen gegenüber dem anderen, sowie den Maßstab ihrer Genussrechte. Davon aber nach und nach mehr.

131Locke mentions here a little vers

131Locke zitiert hier einen kleinen Vers

131http://www.persee.fr/doc/anami_0003-4398_1903_num_15_60_6751

“Never give sentence in thy proper cause,
In our own cause we all err easily,
Our interest our proper judgment draws,
And ever makes the balance hang awry.”

Niemals fälle in eigener Sache Dein Urteil,
In eigener Sache zu irren ist wohlfeil,
Unser Begehr das eigene Urteil meist lenkt,
Und schon ist Justitias Waage schief aufgehängt.“

Deutsch: Thomas Blechschmidt, 17.02.2017

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John Locke, Two Tracts on Government, Tract I, Section 12, Absatz 12,

John Locke: Two Tracts on Government

John Locke, Two Tracts on Government,

Tract I, Section 12, Absatz 12,

But I shall not build upon this foundation, but allowing every man by nature as large a liberty as he himself can wish, shall yet make it appear that whilst there is society, government and order in the world, rulers still must have the power of all things indifferent which I hope (Reader) thou wilt find evident in the following pages whither I remit thee.

Only give me leave first to say that it would be a strange thing if anyone amongst us should question the obligation of those laws which are not ratified nor imposed on him but by his own consent in Parliament

(End of the Preface)

Dennoch werde ich nicht auf dieser Grundlage beharren, sondern jedem Menschen eine natürliche Freiheit zugestehen, weitreichend wie er sie sich nur wünschen kann, und trotzdem in Erscheinung treten lassen, dass, solange es Gesellschaft, Regierung und Ordnung auf der Welt gibt, weiterhin stets die Macht betreffend alle unbestimmten Dinge bei den Regenten liegen muss. Ein Umstand von dem ich hoffe, Ihr, lieber Leser, wolltet ihn nach Lektüre der folgenden Seiten, auf die ich nun verweise, als eindeutig beurteilen.

Gewährt mir vorab Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass es wohl sehr seltsam wäre, wenn irgendjemand unter uns die Verbindlichkeit von Gesetzen in Frage stellen würde, die ohne sein Einvernehmen über das Parlament als ihn verpflichtend weder ratifiziert noch erlassen wurden.

(Ende des Vorworts)

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