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John Locke, Two Tracts on Government, Tract I, Section 86, Absatz 86,

John Locke: Two Tracts on Government

John Locke, Two Tracts on Government,

Tract I, Section 86, Absatz 86,

“1. That it is no absurdity at all that Princes should have no more power in ordering the things of God than God himself hath allowed them. And if God nowhere hath given them such an imposing power they must be content to go without it.”
(Quotation Bagshaw)

If they have no imposing power till God by a positive express commission somewhere hath given it them, they will be found to have as little in civil as religious indifferent things and no right of tying up our liberty in either. But that they have a power in both and how they came by it I have shown above.

“But in this case where will the Christian magistrate find his warrant?”
(Quotation Bagshaw)

In whatever text of Scripture the magistrate’s charter for jurisdiction in civil indifferent things is to be found, in the very same or next verse is his warrant for impositions in religious.

“The Scriptures being utterly silent that he is now to take such authority upon him which because the things concern not man but the worship of God had it been thought necessary and fit would certainly not have been omitted.”
(Quotation Bagshaw)

The Scripture speaks very little of polities anywhere (except only the government of the Jews constituted by God himself over which he had a particular care) and God doth nowhere by distinct and particular prescriptions set down rules of governments and bounds to the magistrate’s authority, since one form of government was not like to fit all people, and mankind was by the light of nature and their own conveniences sufficiently instructed in the necessity of laws and government and a magistrate with power over them, who is no more to expect a commission from Scripture which shall be the foundation and bounds of his authority in every particular and beyond which he shall have none at all, than a master is to examine by Scripture what power he hath over his servant, the light of reason and nature of government itself making evident that in all societies it is unavoidably necessary that the supreme power (wherever seated in one or more) must be still supreme, i.e. have a full and unlimited power over all indifferent things and actions within the bounds of that society.

Whatever our author saith there ‚tis certain there be many particular things necessary and fit now, that are yet omitted in Scripture and are left to be determined by more general rules. Had the questions of paedo­-baptism, church government, ordination, excommunication etc. been as hotly disputed in the days of the Apostles as in ours, ‚tis very probable we should have had as clear resolutions of those doubts and as positive rules as about eating thing strangled and blood.

But the Scripture is very silent in particular questions, the discourses of Christ and his Apostles seldom going beyond the general doctrines of the Messiah or the duties of the moral law, but where either the condition of the persons or their enquiry made it necessary to descend to particulars and possibly had there not some miscarriages sprung up in the Church of Corinth we had never received that command of decency and order, and ‚twas their enquiry that occasioned Paul’s resolution of those their private doubts, I.Cor.c.7.,c. 8.

It was not therefore requisite that we should look for the magistrate’s commission to be renewed in Scripture who was before even by the law of nature and the very condition of government sufficiently invested with a power over all indifferent actions. Nor can we rationally conclude he hath none because we cannot find it in the Bible.

“1. Dass es alles andere als eine Absurdität ist anzunehmen, Fürsten hätten kein Stück mehr Macht, über Gottes Angelegenheiten zu verfügen als Gott persönlich ihnen gestattet hat. Und weil Gott ihnen an keiner Stelle eine derartige Verfügungsbefugnis gewährt hat, müssen sie sich damit zufrieden geben, ohne auszukommen.“
(Zitat Bagshaw)

Sofern sie keinerlei Verfügungsbefugnis innehaben, als bis Gott ihnen eine solche expressis verbis zugestanden hat, wird man ihnen geradewegs eben so wenig bezüglich bürgerlicher wie religiöser unbestimmter und unbedeutender Gegebenheiten zubilligen und jedes Recht, unsere Freiheit in der einen wie der anderen Kategorie an die Leine zu legen, abstreiten. Allerdings habe ich ja bereits weiter oben bewiesen, dass sie betreffend beide Kategorien Macht haben und wie sie dazu gekommen sind.

“Doch wo will eine christliche Obrigkeit unter dieser Voraussetzung ihre Berechtigung finden?”
(Zitat Bagshaw)

An welcher Stelle der Heiligen Schrift auch immer jeweils auf die Verbriefung der Rechtsprechung der Obrigkeit in bürgerlichen Angelegenheiten verwiesen wird, ebenda oder in benachbarten Zeilen findet sich ihre Berechtigung zur Verfügung auch über religiöse Belange.

“Da sämtliche Kapitel der Bibel sich vollkommen darüber ausschweigen, dass sie plötzlich eine derartige Autorität an sich ziehen könnte, wo es doch nicht um Angelegenheiten der Menschen sondern um die Huldigung Gottes geht, wäre dies wohl kaum übersehen worden, wenn es für notwendig und passend gehalten worden wäre.“
(Zitat Bagshaw)

Die Heilige Schrift spricht allenthalben sehr spärlich über politische Ordnungen (abgesehen von den Regierungsformen der Juden, die Gott persönlich verfasst hatte und um die er sich in besonderer Weise kümmerte). Dabei legt Gott nirgends mittels gezielter und besonderer Vorschriften für Regierungsformen und Beschränkungen der Autorität für Obrigkeiten fest, seit klar ist, dass lediglich eine Form der Regentschaft unmöglich genügt, um zu allen Völkerschaften zu passen. Die Menschheit lernte mittels Aufklärung der Naturgegebenheiten und Erkenntnis der eigenen Annehmbarkeiten so ausreichend viel über die Notwendigkeit von Recht und Gesetz, Regierung und Obrigkeit dazu, wobei letztere auch über Macht über sie verfügen sollte, dass sie fürderhin auf keinen Auftrag seitens der Bibel mehr zu warten brauchte, welcher als Grundlage und Begrenzung der Autorität des Magistrats für jede Kleinigkeit gelten und über den hinaus die Obrigkeit keinerlei weitere Autorität haben sollte, als beispielsweise ein Herr über seinen Sklaven aus der Heiligen Schrift ableiten könnte. Die Erleuchtung durch Vernunft und das Wesen des Regierens selbst verdeutlichen klar, dass in allen Gesellschaften unabwendbar die höchste Macht (ob sie nun bei einem oder mehreren liegt), in jeder Hinsicht die höchste Macht bleibt, womit gemeint ist, dass die Obrigkeit stets volle und unbeschränkte Macht über alle ansonsten unbestimmten Angelegenheiten, Gegebenheiten, Belange, Dinge und Handlungen hat, die innerhalb der betreffenden Gesellschaft auftreten.

Was auch immer unser Autor hier angesprochen haben mag, es existieren mittlerweile unzählige individuelle Gegebenheiten, die notwendig und passend wären, aber dennoch in der Bibel unbeachtet geblieben sind und daher der Bestimmung durch allgemeine Regeln überlassen sind. Wären Fragen wie Kindstaufe, kirchliche Herrschaft, Ordination, Weihe, Exkommunikation usw. zur Zeit der Apostel ebenso heiß diskutiert worden wie heute, dann hätten wir sehr wahrscheinlich ebenso eindeutige Antworten und festgesetze Regeln auf diese Zweifel erhalten, als sie einst für den Verzehr erwürgter Tiere und von Blut galten.

Die Heilige Schrift aber schweigt sich sehr laut bezüglicher dieser speziellen Fragen aus. Die Vorträge von Jesus Christus oder seinen Aposteln gehen selten über die generelle Lehre des Messias oder sich ergebende Pflichten aus dem Gesetz der Moral hinaus. Doch weil weder die akute Situation der Leute oder deren hartnäckiges Nachfragen es erforderlich machten, in die Details zu gehen, und wären womöglich nicht einige Fälle von missbräuchlichem Verhalten in der Kirche von Korinth aufgetreten, dann hätten wir wohl niemals diese Anordnung zu Schicklichkeit und Ordnung erhalten. Schließlich war das hartnäckige Insistieren jener der Anlass für Paulus Beschluss bezüglich ihres persönlichen Zweifels. I.Cor.c.7.,c.8.

Dessentwegen war es nicht erforderlich, uns wegen der Erneuerung der Beauftragung für die Obrigkeit in der Heiligen Schrift umzutun, wo sie doch bereits zuvor schon durch das Naturrecht gegeben war. Die tatsächlichen Bedingungen für Regentschaft waren bereits ausreichend mit einer Macht über alle unbestimmten Handlungen ausgestattet. Deshalb können wir vernünftigerweise keinesfalls schlussfolgern, die Obrigkeit hätte keine Macht, weil wir darüber nichts in der Bibel lesen können.

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John Locke, Two Tracts on Government, Tract I, Section 34, Absatz 34,

John Locke: Two Tracts on Government

John Locke, Two Tracts on Government,

Tract I, Section 34, Absatz 34,

The texts produced inform Christians in general of the liberty purchased them by our Savior, and there appears not in one of them any precept to magistrates to forbid their imposing indifferent things. But whether that liberty be to be understood as an exemption from the magistrate’s injunctions in religious worship, the word being used indefinitely without application to things either religious or civil and so not to be limited by the fancy of every interpreter unless the scope of the place shall favor it, we shall see in their particular examination.

Diese Schriften und Texte informieren Christen ganz allgemein über die Freiheit, die Ihnen unser Heiland bereitet hat. Und in nicht einer einzigen erscheint irgendeine Regel für Obrigkeiten, die ihnen die Regelung unbestimmter Gegebenheiten verbietet. Ob aber diese Freiheit überhaupt als Ausnahme von der Regelungsbefugnis eines Magistrats in Fragen religiöser Huldigung und deren Formen verstanden werden kann: Der Begriff wird unbeschränkt ohne jede Bezugnahme auf Angelegenheiten benutzt, seien es nun religiöse oder staatsbürgerliche. Er kann daher nicht durch die Phantasterei eines x-beliebigen Interpreten definiert werden. Zumindest nicht solange bis der Anwendungsbereich dies zulässt, wie wir in seiner spezifischen Untersuchung sehen werden.

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John Locke, Two Tracts on Government, Tract I, Section 18, Absatz 18,

John Locke, Two Tracts on Government,

Tract I, Section 18, Absatz 18,

V. That supposing man naturally owner of an entire liberty, and so much master of himself as to owe no subjection to any other but God alone (which is the freest condition we can fancy him in), it is yet the unalterable condition of society and government that every particular man must unavoidably part with this right to his liberty and entrust the magistrate* with as full a power over all his actions as he himself hath, it being otherwise impossible that anyone should be subject to the commands of another who retains the free disposure of himself, and is master of an equal liberty.

Nor do men, as some fondly conceive, enjoy any greater share of this freedom in a pure commonwealth, if anywhere to be found, than in an absolute monarchy, the same arbitrary power being there in the assembly (which acts like one person) as in a monarch, wherein each particular man hath no more power (bating the inconsiderable addition of his single vote) of himself to make new or dispute old laws than in a monarchy; all he can do (which is no more than Kings allow petitioners) is to persuade the majority which is the monarch.

V. Vorauszusetzen, der Mensch sei Inhaber einer umfassenden Freiheit und dabei so sehr Herr seiner selbst, dass er niemandem sonst Unterordnung schuldet als Gott allein (worin der allfreieste Zustand besteht, den wir uns für ihn vorstellen können), ist dabei die unabänderliche Vorbedingung von Gesellschaft und Regentschaft, dass jeder einzelne Mensch sich unvermeidbar dieses Rechts auf seine Freiheit begeben musste und die Obrigkeit vollumfänglich mit all der Macht über seinen Handlungsweise ausstatten musste, die er selbst hatte. Ansonsten wäre es geradewegs unmöglich, dass irgendjemand den Anordnungen eines anderen untergeordnet wäre, solange er die freie Verfügung über sich selbst zurückbehält und Herr einer ebenso umfassenden Freiheit bleibt. Genauso wenig genießen Menschen, wie manche sich inniglich vorstellen, keineswegs ein größeres Maß an verbleibender Freiheit in einer reinen Republik, sofern überhaupt irgendwo eine solche existiert, als in einer absoluten Monarchie. Die identische willkürliche Macht liegt dort bei der Versammlung (die nach außen wie eine Person handelt), wie hier bei einem Monarchen. Innerhalb dieses Gebildes hat kein einzelner Mensch (bereinigt um die unbedeutende Anrechnung seiner einzelnen Stimme) noch irgendwelche verbliebene Macht aus sich selbst heraus, neue Vorschriften und Gesetze zu erlassen oder alte zu abzustreiten, als er sie in einer Monarchie hätte. Alles was er tun kann (was weitaus mehr ist, als Könige Petenten zugestehen) besteht darin, die Mehrheit davon zu überzeugen, die in diesem Fall der Monarch ist.

*By magistrate I understand the supreme legislative power of any society not considering the form of government or number of persons wherein it is placed. Only give me leave to say that the indelible memory of our late miseries and the happy return of our ancient freedom and felicity, are proofs sufficient to convince us where the supreme power of these nations is most advantageously placed, without the assistance of any other arguments.

* Unter Obrigkeit verstehe ich die oberste legislative Macht in einer jeden Gesellschaft, ungeachtet der Regierungsform oder der Anzahl an Personen, denen sie anvertraut wurde. Gewährt mir an dieser Stelle Raum für die Anmerkung, dass die unauslöschliche Erinnerung an unsere jüngsten Qualen und die glücklicherweise erfolgte Rückkehr unserer alten Freiheiten und Glücksumstände ein hinreichender Beweis sind, um uns zu überzeugen, wo diese oberste Macht dieser Nationen am chancenreichsten anzusiedeln ist. Dazu bedarf es dann keiner weiteren Hilfe durch irgendwelche zusätzlichen Argumente mehr.

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TToG II § 240

John Locke: Two Treatises of Government

§ 240. Here, it is like, the common question will be made: Who shall be judge, whether the Prince or legislative act contrary to their trust? This, perhaps ill-affected and factious men may spread amongst the people, when the Prince only makes use of his due prerogative.

To this I reply: The people shall be judge; for who shall be judge whether his trustee or deputy acts well and according to the trust reposed in him, but he who deputes him and must, by having deputed him, have still a power to discard him, when he fails in his trust? If this be reasonable in particular cases of private
men, why should it be otherwise in that of the greatest moment, where the welfare of millions is concerned, and also where the evil, if not prevented, is greater, and the redress very difficult, dear, and dangerous?

§ 240. Hier wird womöglich eine ganz normale Frage gestellt werden:

Wer soll Richter sein, ob der Fürst oder die Legislative gegen das ihnen gegebene Vertrauen handeln? Diese Frage könnten manierierte und händelsüchtige Menschen unters Volk verbreiten, während der Fürst nur von seiner gebührenden Prärogative Gebrauch macht.

Darauf antworte ich: Das Volk soll Richter sein. Wer anders soll richten, ob seine Vertrauensperson oder Beauftragter gut und dem in ihn gesetzten Vertrauen gemäß handelt als der, der ihn bevollmächtigt und genau dadurch noch Macht zurückbehalten muss ihn abzusetzen, wenn sein Vertrauen getäuscht sieht?

Soweit dies bei den Fällen des Privatlebens folgerichtig ist, weshalb sollte es im Fall höchster Bedeutung anders sein, wo das Wohl von Millionen betroffen wird, und wo auch das Übel, sofern nicht verhütet, größer, die Abhilfe aber sehr schwierig, teuer und gefährlich wäre?

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TToG II § 230

John Locke: Two Treatises of Government

§ 230. Nor let anyone say, that mischief can arise from hence as often as it shall please a busy head or turbulent spirit, to desire the alteration of the government. It is true, such men may stir, whenever they please; but it will be only to their own just ruin and perdition: For till the mischief be grown general and the ill designs of the rulers become visible or their attempts sensible to the greater part, the people, who are more disposed to suffer than right themselves by resistance, are not apt to stir.

The examples of particular injustice or oppression of here and there an unfortunate man moves them not. But if they universally have a persuasion, grounded upon manifest evidence that designs are carrying on against their liberties and the general course and tendency of things cannot but give them strong suspicions of the evil intention of their governors, who is to be blamed for it? Who can help it, if they, who might avoid it, bring themselves into this suspicion?

Are the people to be blamed, if they have the sense of rational creatures and can think of things no otherwise than as they find and feel them? And is it not rather their fault, who put things into such a posture, that they would not have them thought to be as they are?

I grant, that the pride, ambition, and turbulence of private men have sometimes caused great disorders in commonwealths and factions have been fatal to states
and kingdoms. But whether the mischief hath oftener begun in the people’s wantonness and a desire to cast off the lawful authority of their rulers or in the rulers insolence and endeavors to get and exercise an arbitrary power over their people; whether oppression or disobedience gave the first rise to the disorder, I leave it to impartial history to determine.

This I am sure, whoever, either ruler or subject, by force goes about to invade the rights of either Prince or people, and lays the foundation for overturning the constitution and frame of any just government, is highly guilty of the greatest crime, I think, a man is capable of, being to answer for all those mischiefs of blood, rapine, and desolation, which the breaking to pieces of governments bring on a country. And he who does it, is justly to be esteemed the common enemy and pest of mankind, and is to be treated accordingly.

§ 230. Niemand soll behaupten, es entstünde jedes Mal ein Unheil, wenn es einem umtriebigen Kopf oder unsteten Geist beliebt, eine Änderung der Regierung zu verlangen. Es trifft zu, solche Menschen können sich erregen, so oft sie wollen, es wird aber nur zu ihrem eigenen Verderben und Untergang sein. Bis der Missstand die Allgemeinheit erreicht, die perversen Absichten der Herrscher sichtbar und ihre Versuche für eine Mehrheit spürbar werden, ist die Bevölkerung, die stets mehr zur Duldung bereit ist als sich durch Widerstand Recht zu verschaffen, zu Aufruhr unfähig.

Beispiele einzelnen Unrechts und Unterdrückung oder hier und da eines unglückseligen Menschen berühren sie nicht. Wenn die Bevölkerung aber durchweg die auf klare Beweise begründete Überzeugung hat, es seien Anschläge gegen seine Freiheiten im Gang und der allgemeine Lauf sowie der Trend der Gegebenheiten ihm starken Verdacht gegen schlimme Absichten der Regierung einflössen, wer wäre dafür zu kritisieren? Wer könnte es verhindern, wenn jene, die es vermeiden könnten, sich selbst in diesen Verdacht bringen?

Ist einer Bevölkerung als Vorwurf zu machen, es habe den Verstand vernünftiger Wesen und könne von Gegebenheiten nicht anders denken kann, als es sie sieht und fühlt? Ist es nicht vielmehr Schuld derer, welche die Dinge so präsentiert haben, dass die Bevölkerung sie nicht als das erkennt, was sie in Wirklichkeit sind?

Ich gebe zu: Stolz, Ehrgeiz und Unstetigkeit einzelner Menschen haben oft großes Chaos in Gemeinwesen angerichtet und Aufruhr war für Staaten und Königreiche verhängnisvoll. Ob das Unglück häufiger aus Mutwilligkeit der Bevölkerung und dem Verlangen, die rechtmäßige Autorität seiner Regenten abzuwerfen begonnen hat oder durch Anmaßung der Regenten und den Versuchen willkürliche Macht über die Bevölkerung zu erlangen und auszuüben; ob Unterdrückung oder Ungehorsam Anstoß für Unordnung gegeben haben, überlasse ich der unparteiischen Geschichte zu entscheiden.

Dessen aber bin ich sicher: Wer auch immer, ob Regent oder Bürger, es unternimmt mit physischer Gewalt in die Rechte des anderen, Fürst oder Volk, einzugreifen und den Grund für Umsturz der Verfassung und des gesamten Aufbaus einer rechtmäßigen Regierung zu legen, sich in hohem Grad des größten Verbrechens schuldig macht, dessen, nach meinem Gefühl ein Mensch fähig ist. Er hat all das Unglück, Blutvergießen, Raub und Verwüstung zu verantworten, die Zerstörung der Regierung über ein Land bringt. Wer so handelt, ist mit Recht als gemeinsamer Feind, als Plage der Menschheit zu betrachten und demgemäß zu behandeln.

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TToG II § 205

John Locke: Two Treatises of Government

§ 205. First: As, in some countries, the person of the Prince by the law is sacred; and so, whatever he commands or does, his person is still free from all question or violence, not liable to force, or any judicial censure or condemnation. But yet opposition may be made to the illegal acts of any inferior officer, or other commissioned by him; unless he will, by actually putting himself into a state of war with his people, dissolve the government, and leave them to that defense which belongs to everyone in the state of nature:

For of such things who can tell what the end will be? And a neighbor kingdom has showed the world an odd example. In all other cases the sacredness of the person exempts him from all inconveniences, whereby he is secure, whilst the government stands, from all violence and harm, whatsoever; than which there cannot be a wiser constitution:

For the harm he can do in his own person not being likely to happen often, nor to extend itself far; nor being able by his single strength to subvert the laws, nor oppress the body of the people, should any Prince have so much weakness, and ill-nature, as to be willing to do it, the inconveniency of some particular mischiefs, that may happen sometimes, when a heady Prince comes to the throne, are well recompensed by the peace of the public, and security of the government, in the person of the chief magistrate, thus set out of the reach of danger: It being safer for the body, that some few private men should be sometimes in danger to suffer, than that the head of the republic should be easily, and upon slight occasions, exposed.

§ 205. Erstens: In einigen Ländern ist die Person des Fürsten durch Gesetz sakrosankt. Ebenso alles, was er anordnet oder tut. Deshalb bleibt seine Person stets außer jeder Verantwortung oder roher Gewalt, keinem Zwang unterworfen, weder richterlicher Rüge noch Urteil. Trotzdem darf gesetzwidrigen Akten eines subalternen Beamten oder eines durch den Fürsten Beauftragten Widerstand entgegengesetzt werden. Es sei denn man will sich tatsächlich mit dem Volk in einen Kriegszustand versetzen, die Regierung auflösen und dem Volk jene Verteidigung überlassen, die einem jeden im Naturzustand gehört.

Wer könnte vorhersagen, wie das Ende solcher Spiele aussehen wird? Ein benachbartes Königreich hat der Welt ein übles Beispiel beschert.

In allen anderen Fällen nimmt die Heiligkeit der Person Fürsten von allen Unannehmbarkeiten aus, wodurch er solange die Regierung besteht, sicher ist vor Gewalttat und Verletzung, welcher Art sie auch sei. Es kann keine weisere Verfassung geben als diese. Der Schaden, den er in Person anrichten könnte, wird gewöhnlich weder sehr oft auftreten noch sich weit erstrecken. Er ist genauswenig im Stande, allein durch seinen Einfluss Gesetze zu untergraben oder die Gesamtheit des Volks zu unterdrücken. Sollte wirklich ein Fürst von einer solchen Schwäche oder Böswilligkeit auftauchen derlei tun zu wollen. Der Nachteil vereinzelten Unheils, das hin und wieder eintreten kann, wenn ein unbesonnener Fürst auf den Thron kommt, wird durch Frieden für die Bevölkerung und Sicherheit für die Regierung reichlich ausgeglichen. Dies erfolgt in der Person des höchsten Beamten, die auf diese Weise außerhalb aller Gefahr steht. Es ist besser für die Wohlfahrt der Gesamtheit,
wenn einige wenige Privatpersonen zuweilen Gefahr laufen, leiden zu müssen, als das Haupt der Republik leichthin und aus kleinen Anlässen preiszugeben.

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TToG II § 200

John Locke: Two Treatises of Government

§ 200. If one can doubt this to be truth, or reason, because it comes from the obscure hand of a subject, I hope the authority of a King will make it pass with him:

King James the First in his speech to the parliament, 1603, tells them thus: I will ever prefer the weal of the public and of the whole commonwealth, in making of good laws and constitutions to any particular and private ends of mine; thinking ever the wealth and weal of the commonwealth to be my greatest weal and worldly felicity; a point wherein a lawful King doth directly differ from a Tyrant: For I do acknowledge, that the special and greatest point of difference that is between a rightful King and an usurping Tyrant, is this, that whereas the proud and ambitious Tyrant doth think his kingdom and people are only ordained for satisfaction of his desires and unreasonable appetites, the righteous and just thing doth by the contrary acknowledge himself to be ordained for the procuring of the wealth and property39 of his people. And again, in his speech to the parliament 1609 he hath these words:

The King binds himself by a double oath, to the observation of the fundamental laws of his kingdom; tacitly, as by being a King, and so bound to protect as well the people, as the laws of his kingdom; and expressly, by his oath at his coronation; so as every just King, in a settled kingdom, is bound to observe that paction to his people, by his laws, in framing his government agreeable thereunto, according to that paction which God made with Noah after the deluge.

Hereafter, seed-time and harvest, and cold and heat, and summer and winter, and day and night, shall not cease while the earth remaineth. And therefore a King governing in a settled kingdom, leaves to be a King, and degenerates into a Tyrant, as soon as he leaves off to rule according to his laws. And a little after:

Therefore all Kings that are not Tyrants, or perjured, will be glad to bound themselves within the limits of their laws; and they that persuade them the contrary, are vipers, and pests both against them and the commonwealth. Thus that learned King, who well understood the notion of things, makes the difference betwixt a King and a Tyrant to consist only in this, that one makes the laws the bounds of his power, and the good of the public, the end of his government; the other makes all give way to his own will and appetite.

§ 200. Sollte jemand bezweifeln dies sei Wahrheit oder Vernunft, weil es von der obskuren Hand eines Angehörigen kommt, so wird er es, hoffe ich, durch Autorität eines Königs akzeptieren.

König James I. verkündet in seiner Rede an das Parlament im Jahre 1603: Ich werde durch gute Gesetze und Verfassungen das Wohl des Volks und des ganzen Gemeinwesens stets meinen besonderen und privaten Interessen voranstellen. Ich werde Wohlstand und Wohlergehen des Gemeinwesens stets für mein größtes Heil und irdisches Glück halten. Ein Punkt, in dem ein rechtmäßiger König sich deutlich von einem Tyrannen unterscheidet.

Ich akzeptiere: Der besondere und wichtigste Unterschied zwischen einem rechtmäßigen König und einem usurpierenden Tyrann besteht darin: Während der hochmütige und ehrgeizige Tyrann glaubt, sein Königreich und sein Volk seien nur zur Befriedigung seiner Wünsche und irrationalen Begierden bestimmt, bekennt der rechtschaffene und gerechte König das Gegenteil: Er ist erhoben, um Wohlstand und Eigentum39 der Bevölkerung zu fördern.

Später gebraucht er in seiner Rede an das Parlament im Jahr 1609 folgende Worte: Der König verpflichtet sich durch zweifachen Eid zur Beachtung der grundlegenden Gesetze seines Reichs: Stillschweigend, insofern er ein König und dadurch verpflichtet ist, Volk und Recht seines Reichs zu schützen. Ausdrücklich durch seinen Krönungseid. Jeder gerechte König in einem stabilen Reich hat die Pflicht, den mit seinem Volk nach seinen Gesetzen geschlossenen Vertrag zu halten, indem er seine Regierung in annehmbarer Weise gestaltet, nach Vorlage des Vertrags, den Gott nach der Sintflut mit Noah einging: Solange die Erde besteht, sollen Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht nicht aufhören. Deshalb hört ein König, der ein geordnetes Reich regiert auf, König zu sein und entartet zu einem Tyrannen, sobald er aufhört, nach seinen Gesetzen zu regieren.

Und etwas später: Deshalb werden alle Könige, die nicht Tyrannen oder meineidig sind, sich damit zufrieden geben, innerhalb der Grenzen ihrer Gesetze zu bleiben. Wer sie vom Gegenteil überzeugen will, ist eine Giftschlange und eine ansteckende Seuche für den Fürsten gleichermaßen wie für das Gemeinwesen.

Deshalb besteht laut diesem gebildeten König, der die Bedeutung der Dinge gut verstand, der Unterschied zwischen König und Tyrann allein darin, dass der eine die Gesetze zu den Grenzen seiner Macht und das Wohl des Volks zum Ziel seiner Regierung bestimmt, der andere alles für Willkür und Begierde hintenanstellt.

39Property in Lockes wider definition: liberty, life, estate,… what we need to discuss of…

39Eigentum nach Lockes Definition, im Sinne des Staatszwecks: Freiheit, Leben und Vermögen (liberty, life and estate): Property by John Lockes own definition…for the mutual preservation of their lives, liberties and estates, which I call by the general name, property. II §123; §87; §127; §131; §134; §138; §139; §170; §171; §174; §199; §200; §201; §221; §222; §226; §227; §228; § 229; §231; §239;

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TToG II § 142

John Locke: Two Treatises of Government

§ 142. These are the bounds, which the trust that is put in them by the society and the law of God and nature, have set to the legislative power of every commonwealth, in all forms of government.

First, they are to govern by promulgated established laws, not to be varied in particular cases, but to have one rule for rich and poor, for the favorite at court, and the country man at plough.

Secondly, these laws also ought to be designed for no other end ultimately, but the good of the people.

Thirdly, they must not raise taxes on the property of the people, without the consent of the people, given by themselves, or their deputies. And this properly concerns only such governments, where the legislative is always in being, or at least where the people have not reserved any part of the legislative to deputies, to be from time to time chosen by themselves.

Fourthly, the legislative neither must nor can transfer the power of making laws to anybody else, or place it anywhere, but where the people have.

§ 142. Folgendes sind die Bande, an die legislative Macht jedes Landes, allen Formen vom Regierung, durch das Vertrauen, das die Gesellschaft in sie setzt, durch das Gesetz Gottes und der Natur geknüpft sind:

Erstens: Sie darf nur nach veröffentlichten, fest stehenden Gesetzen regieren, für die es keine Ausnahme bei besonderen Fällen geben darf, sondern nur ein Maß für Reiche wie Arme, für Günstlinge des Hofes wie Bauern am Pflug.

Zweitens: Diese Gesetze haben das Ziel keinem anderen Zweck zu dienen als dem Wohl der Bevölkerung.

Drittens: Sie, die Legislative, darf keine Steuern auf das Eigentum39 der Bevölkerung ohne dessen Zustimmung erheben. Solche gewährt nur es selbst oder seine Abgeordneten. Dies betrifft eigentlich nur Regierungen, die vermittels einer ständigen Legislative bestehen oder wenigstens dort, wo das Volk keinen Teil der Legislative für Vertreter vorbehalten hat, die von Zeit zu Zeit von ihm selbst gewählt werden.

Viertens: Weder darf noch kann die Legislative die Macht der Gesetzgebung auf irgendeinen anderen übertragen oder sie einem anderen gewähren, als es durch das Volk geschehen ist.

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TTog II §128

John Locke: Two Treatises of Government

§ 128. For in the state of nature, to omit the liberty he has of innocent delights, a man has two powers. The first is to do whatsoever he thinks fit for the preservation of himself, and others within the permission of the law of nature: By which law, common to them all, he and all the rest of mankind are one community, make up one society, distinct from all other creatures. And were it not for the corruption and viciousness of degenerate men, there would be no need of any other; no necessity that men should separate from this great and natural community, and by positive agreements combine into smaller and divided associations. The other power a man has in the state of nature is the power to punish the crimes committed against that law. Both these he gives up, when he joins in a private, if I may so call it, or particular politic society, and incorporates into any commonwealth, separate from the rest of mankind.

§ 128. Im Naturzustand hat der Mensch, um die Freiheit unschuldigen Vergnügens auszulassen, zwei Typen Macht:

Die erste besteht darin, zu tun, was auch immer er mit Erlaubnis des Naturrechts für seinen und anderer Erhalt für passend hält. Durch dies gemeinsame Recht bildet er mit dem Rest der Menschheit eine Gemeinschaft, eine Gesellschaft, abgeschieden von allen anderen Geschöpfen. Gäbe es keine Verdorbenheit und Bösartigkeit degenerierter Menschen, wäre auch kein Bedürfnis für eine andere Gesellschaft vorhanden.
Keinerlei Notwendigkeit für Menschen, sich von dieser großartigen und natürlichen Gemeinschaft zu trennen und sich durch positive Vereinbarungen zu kleineren und getrennten Verbänden zu verbinden.

Die andere Macht, die ein Mensch im Naturzustand hat, besteht im Recht gegen jenes begangene Verbrechen zu bestrafen. Beide Typen Macht gibt er ab, sobald er einer privaten, wenn ich es so nennen darf, oder abgegrenzten politischen Gesellschaft beitritt und sich einem von der übrigen Menschheit getrennten Staatswesen anschließt.

53 Viciousness = Bösartigkeit und Vitiousness = Lebhaftigkeit. Im Originaltext der 1821er Ausgabe steht vitousness, was nur durch einen Drucksatzfehler erklärt werden kann. Oder eine noch an das Lateinische angelehnte Schreibweise. (vitium = Fehler, Mangel, Laster).

53The original script from 1821 offers the term Vitiousness, only explicable by offset error. Or to a writing still more originating in Latin. (Vitium = error, defect, vice)

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