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Eine faire Bepreisung von CO2 – Modell und Plädoyer

Eine faire Bepreisung von CO2 – Modell und Plädoyer

Vorwort – Motivation

Wenn der alte Johannes der Evangelist das gewußt hätte: Eine unerwartete Version der Apokalypse wird immer greifbarer: Der Klimawandel. Die Beschreibungen des Phänomens werden Jahr für Jahr detaillierter und präsziser, die Dokumentationen der Symptome umfassender und die meßbaren Indikatoren nehmen zu. Politisch wird mit dem Thema gespielt, als gehe es ums Kirschkernweitspucken.

Die Einen schüren Angst, die Anderen steigern ihre Ignoranz gegenüber dem Phänomen.

An dieser Stelle verabschiede ich mich auch schon aus der Diskussion um wie, wo und was, Volumen etc. des Klimawandels und wende mich einer Betrachtung aus einer vollkommen anderen Warte zu. Warum ich das tue ist irrelevant. Relevant ist nur, dass ich mich an greifbaren Fakten orientiere um zu einer eigenständigen, unabhängigen und hoffentlich weniger spekulativen Betrachtung zu kommen, als ich gemeinhin aus den Kontroversen der Klimawandel-Kassandrae und der Klimawandel-Leugner zu hören gewohnt bin.

Emotional betrachtet ist mir der Klimawandel vollkommen gleichgültig, Ich habe keine Kinder und glaube nicht an Wiedergeburt. Was nach mir eintritt, betrifft mich also nicht mehr. Also, damit meine ich: Dann nicht mehr. Zudem hat das Leben auf diesem Planeten nachweisbar eine sehr, sehr lange Tradition, sich auch unter vollkommen anderen Umweltbedingungen zu entfalten. Ob das auch für menschliches Leben gelten wird, weiß ich nicht. Ich nehme mal an, Ja. Der Mensch hat sich – als Art – bisher seit seinem Auftauchen an alles gewöhnt und angepasst und damit Darwins Satz vom „Survival of the fittest“ vollständig entsprochen.

An der Stelle halte ich allerdings den Hinweis für angebracht, dass sich hinter diesem Satz die Fähigkeit zur weitgehenden Anpassung entweder des Lebewesens oder eben der Umstände bzw. eine Mischung aus beidem verbirgt, und nicht etwa das Recht des Stärkeren, des „Fitteren“, Potenteren, Mächtigeren oder Durchsetzungsfähigeren, wie mehrheitlich geglaubt wird.

Für mich persönlich ist Im Augenblick alles noch anders. Denn ich bin – auch wenn ich nicht weiß, warum – in irgendeiner Form mit den Geschehnissen in der menschlichen Gesellschaft, der so genannten Zivilisation, verknüpft und muss das aktuelle Geschehen mit tragen. Irgendwie damit umgehen. Und daher auch mit verantworten.

Ein Beispiel: Ich muss Krankenversicherung bezahlen. Das ist einfach eine Realität. Ob ich will oder nicht. Ich kann zwar Ausweichstrategien fahren, wie Auswandern in ein Land ohne Krankenversicherung, aber selbst dort gibt es medizinische Versorgung, und sei sie auch noch so minimalistisch: Sie wird dann eben über Steuern von der Gesellschaft getragen. Und ich zahle dann eben über die Steuern dafür.

Und selbst wenn ich noch so sicher bin, niemals eine medizinische Versorgung in Anspruch nehmen zu müssen, kann ich die Wahrscheinlichkeit nicht ausschließen, dass ich sie doch einmal benötige.

Der langen Rede kurzer Sinn: Dem Heute kann ich mich nicht entziehen und werde in irgendeiner Form an den Entscheidungen und Maßnahmen der Zeit zumindest passiv beteiligt: Ich muss dafür Gegenwert erwirtschaften und bezahlen.

Wenn ich also ohnehin nicht ausweichen kann, dann möchte ich, das mein Beitrag den besten Nutzen einbringt. Und zwar nicht nur den naheliegenden für mich oder andere in Form möglichst hohen Profits, sondern auch in anderer Hinsicht. Dazu gehört, dass es jedem anderen in gleicher Weise gelingen möge, dass auch sein Beitrag für ihn so sinnvoll und nützlich ist, wie für mich. Und nicht etwa sein persönliches Ergebnis ihn auf den Gedanken bringt, im Fall einer Benachteiligung – sei sie nun gefühlt oder real – direkt bei mir Ausgleich zu suchen. Mein Engagement ist in diesem Sinne eine Sicherheitsmaßnahme.

Einleitung – Womit haben wir es zu tun?

Feststellung 1:

CO2 entsteht chemisch gesehen durch Oxidation, was wir Menschen als Verbrennung bezeichnen. Es entsteht dabei nicht nur durch tatsächliches Feuer, sondern auch durch die Verwertung energiehaltiger Nahrungsmittel durch Lebewesen – wir alle „verbrennen Kalorien“ wie die landläufige Stimme der Bevölkerung sich auszudrücken pflegt. Die drei Grundkategorien unserer Lebensmittel bestehen allesamt aus Kohlenstoffverbindungen, die vom jeweiligen Körper unterschiedlich schnell und zweckgebunden verwertet werden. Genau wie Holz, Öl, Gas und Kohle bei ihrer Verbrennung. Auch das sind nichts als Kohlenstoffverbindungen, die wir energetisch nutzen. CO2 entsteht also so oder so.

CO2 ist unter den Bedingungen unserer Atmosphäre ein Gas und vermischt sich locker mit unserer Atemluft. Wir sehen es nicht, wir riechen es nicht, wir hören es nicht, wir schmecken es nicht und wir ertasten es nicht.

Feststellung 2:

Es hat aber Wirkungen: Es absorbiert Strahlungsenergie und kann so tendenziell die Atmosphäre aufheizen. Eine besondere Eigenschaft ist die von Svante Arrhenius endeckte Fähigkeit, kurzwelligeres Licht zu resorbieren und als langwelligere Wärmestrahlung wieder abzugeben. Grundsätzlich können das sehr viele Materialien – und wir nutzen das für Wärmestrahlanwendungen, allerdings nicht in der Intensität und vor allem nicht mit direkter Wirkung in der Atmosphäre. Selbst wenn der genaue Effekt noch immer nicht detailliert erforscht und nachgewiesen ist, so sind die statistischen Zahlen jedoch beeindruckend genug, den Effekt mindestens als stark klimarelevant zu beurteilen und schon rein vorsorglich aus Gründen der Existenzssicherheit für Fauna (inklusive Mensch) und Flora den weiteren Anstieg von CO2 in der Atmosphäre nicht nur zu reduzieren oder zu verhindern, sondern gezielt auf eine Verringerung der aktuell in der Atmosphäre vorhandenen Gesamtmenge hinzuarbeiten. Gerade den konservativsten aller Politiker sollte das Sicherheitsargument Grund genug sein, effektiv und wirkungsvoll zu handeln. Statt die Dinge weiterhin der freiwilligen Selbstregulierung der Wirtschaft zu überlassen. Die mittlerweile überdimensionierten Freigehege für „Big Business Alphatiere“ werden spätestens dann überflüssig, wenn es keine Arbeitsbienen und keine Käufer derer Produkte mehr gibt.

Für den Menschen ist CO2 in geringer Konzentration nicht giftig, es behindert aber die Sauerstoffaufnahme. Eine erhöhte Konzentration von CO2 in der Umgebungsluft führt bei Menschen zu Kopfschmerzen und kann letztlich Bewußtlosigkeit auslösen. Eine Konzentration von 8 % oder mehr kann nach 30 bis 60 Minuten sogar zum Tod führen.

Nun könnte jeder verständlicher Weise denken, die derzeitigen 0,4 % in der Atmospähre, von denen wir auf Grund der statischen Daten nahezu sicher annehmen dürfen, sie würden den Klimawandel auslösen, diese gerade mal 0,4 % können uns ja nichts anhaben. Die Atmen wir locker wieder weg und fahren im Zweifel öfter mal in die Natur, wo die Atemluft weniger CO2 hat, oder kaufen uns ein Sauerstoffzelt. An der Stelle sei erwähnt: Michael Jackson ist übrigens trotz Schlafens im Sauerstoffzelt recht jung gestorben. Oder vielleicht gerade deshalb.

Zusammenhang 1: Wir sind direkt betroffen!

Die soeben berschriebene Vorstellung ist zwar naheliegend, hat aber zwei Haken:

1. Ist 0,4% der weltweite Durchschnittswert von CO2 in der Atmosphäre und sein Anwachsen geht rein zu Lasten des in der Atmosphäre enthaltenen O2, also Sauerstoffs, den wir problematischer Weise zum Atmen brauchen…

2. Ist die chemische Bindungsnergie von CO2 ca. 200 Mal höher als die von O2. Das heißt, je mehr CO2 in der Atmosphäre, die wir einatmen, vorhanden ist, desto weniger O2 können wir bei jedem Atemzug aufnehmen und gegen CO2 austauschen. Hinzu kommt, dass die Austauschrate der Membranen unserer Lungenbläschen von der Differenz der Konzentration an CO2 Innen zu Außen abhängt. Mit anderen Worten, die Aufnahmerate von O2 sinkt auch dadurch. Wenn auch nur leicht und noch kaum messbar, so ist der Effekt beider Faktoren der einer tendenziellen Anreicherung von dauerhaft präsentem CO2 im Blut.

Natürlich wird unser Körper, der über die besten derzeit verfügbaren Sensoren verfügt, das nicht zulassen wollen. Denn eine höhere CO2-Konzentration bedeutet für ihn, dass er für Ausgleich sorgen muss. Er „denkt“ die aktuell abgerufene Leistung des Körpers sei höher z. B. durch Sport, Arbeit oder Stress und erhöht daher Atemfrequenz, Blutdruck, Puls. Kurz: Er zieht alle Register, steuert gegen und wir werden den Anstieg von CO2 im Blut kaum messen können. Zumindest solange er im Veränderungsbereich eines normalen Lebens bleibt.

Was wir aber bemerken, ist ein steigender Regenerationsbedarf, oder eine abnehmende Leistungsfähigkeit, eine Zunahme von Kreislauf- und Atmungsrelevanten Krankheiten, mehr Phasen von Müdigkeit und ab einer bestimmten Anreicherung des Bluts mit CO2: Häufiger Kopfschmerzen oder Konzentrationsschwächen.

Ausgleichen können wir das nur durch mehr Sport, mehr Spazierengehen und mehr Ruhe bei ausreichend unverbrauchter Luft. Was zu Lasten der Arbeitseffizienz geht.

Und nicht vergessen: Auf Grund der 200 mal stärkeren Bindungsenergie von CO2 ans Hämoglobin reichert sich ein Mehr an CO2 in sich selbst verstärkender Weise stärker im Blut an. Der Ausgleichsaufwand steigt also weiter- die Zunahme körperlicher Folgen allerdings auch.

Unter dem Strich: Steigendes CO2 in der Atmosphäre verursacht bereits jetzt exponentiell steigende indirekte Kosten, welche über kurz oder lang vor allem die Wirtschaft betreffen, die sich aktuell noch an dem kostenlosen Abfalllager für CO2 – der Atmosphäre – schadlos hält. Hört man den herausgehobenen Vertretern der Wirtschaft, der Verbände und der von ihnen unterstützen politischen Kräfte zu, hat man keineswegs den Eindruck, als wären sich die Betreffenden dieser nun wirklich sehr einfachen Zusammenhänge auch nur im Ansatz bewußt. Und gerade bei sich selbst verstärkenden Effekten greift jede lineare Betrachtungsweise der Entwicklung zu kurz. Die einzige Linearität besteht in der dynamischen Verkürzungrate der verbleibenden Restzeit, um die Katastrophe aufzuhalten.

Zusammenhang 2: Der Vorrat an natürlichen Ressourcen gehört allen Menschen gemeinsam. Vor allem den nachfolgenden Generationen!

Diese These mag den meisten Apologeten und Elegikern einer rendite- und profitorientierten als „frei“ oder auch „sozial“ apostrophierten, aber in Wahrheit der Willkür großer Kriegskassen unterworfenen Marktwirtschaft gegen den Strich gehen, droht sie doch mit der Konsequenz, die Ausbeutung natürlicher Ressourcen begründet zu verteuern. Manche würden sogar sofort behaupten, das sei Kommunismus pur. Das stimmt allerdings nicht. Es ist Liberalismus pur.

Das derzeit geltende Paradigma der Wirtschaft lautet: „Höhere Preise bedeuten höhere Kosten und das kostet Arbeitsplätze!“ Weil ja Arbeitsplätze der Dreh- und Angelpunkt allen Lebens sind. Es scheint, als wäre es vollkommen irrelvant, wie es Menschen in ihrem Leben geht; wie sie mit den Herausforderungen zu recht kommen, mit denen Sie konfrontiert sind. Egal ob Gesundheit, Naturkatastrophen, steigende Lebenshaltungskosten: Hauptsache sie haben Arbeit. Dann ist alles gut, lautet die einfache Formel. Eingängig und leicht zu Glauben, aber zu 0% belastbar. Ob Menschen nun von der Arbeit leben können oder durch die Arbeit Schaden erleiden, oder sich buchstäblich arm arbeiten oder arm sparen, ist ohne Bedeutung.

Da verwundert es nicht, wenn bei jeder Diskussion immer ein Vertreter der Wirtschaft oder irgendein der Wirtschaft sich verpflichtet fühlenden Politiker aufsteht und kurzatmige Sätze sagt, wie: Wenn der Strompreis auch nur um einen Cent steigt, dann ist die XXX-Industrie weg und produziert bei Trump. Und damit jede Veränderung aus einem leicht erkennbar komplett kurzsichtigen Argument heraus zu unterbinden versucht. Selbst wenn das Argument noch so weit an jeglicher Lösung des Problems vorbei geht.

Dabei sollte doch klar sein: CO2-Emissionen verursachen bereits jetzt enorme Kosten, die sich nirgendwo abbilden. Die derzeitge Bewirtschaftung natürlicher Resourcen stellt spätestens nachfolgende Generationen vor das Problem, dass ihnen nichts hinterlassen wurde. Da bekommt die Idee der „Schwarzen Null“ doch gleich eine völlig andere Bedeutung.

Wir verhalten uns wie ein Mietwagenfahrer, der mit der goldenen Kreditkarte in der Hand Fahrzeuge mietet und sie dann bei leergefahrenem Tank am Strassenrand stehen läßt, während die Kreditkarte entweder nicht gedeckt oder gefälscht ist.

Feststellung 3:

Die nächsten Generationen werden kein Erdöl, Gas oder keine Kohle mehr verbrennen können.

Einmal, weil ihnen buchstäblich die Luft ausgeht und weil schlicht keine natürlichen Ressourcen mehr da sind, die man mit realiserbarem Aufwand ausbeuten könnte. Selbst wenn man so töricht wäre, so wie bisher weitermachen zu wollen.

Dabei ist es seit je her konstituierendes Grundprinzip der menschlichen Zivilisation, für die privilegierte Inanspruchnahme allgemein verfügbarer Leistungen, Produkte oder Ressourcen einen angemessenen Gegenwert zu bezahlen.

Gerade die Sichtweise der liberalen politischen und wirtschaftlichen Theorie, die faktisch weltweit Grundlage unserer Wirtschaftsform und Lebensweise ist – schließlich wurde sie ja aus den Phänomenen des realen Lebens abgeleitet – geht davon aus, dass alles, was – zumindest auf diesem Planeten – existiert, gemeinschaftlicher Besitz der gesamten Menschheit ist und erst durch Urbarmachung zu individuellem Besitz wird.

Wobei der hinzutretende demokratische Gedanke es erforderlich macht, dass alle anderen der Inbesitznahme von egal welchem Teil des gemeinschaftlichen Besitzes durch einen oder mehrere Individuen formell zustimmen müßten. Die Diskussion über das wie und wo und wann ist an dieser Stelle jedoch müßig. In der Praxis geht es so vor sich, dass der Nutzer an die Repräsentation bzw. Administration der Gemeinschaft einen Ausgleich bezahlt.

Feststellung 4: Die Emission von „Green House Gases“ wie CO2 beruht auf der physischen Verwendung in Form von Zerstörung gemeinsamen Besitzes der Menschheit und muss daher so vergütet werden, dass nachfolgende Generationen trotz der fehlenden Ressourcen weiter auf dem Planeten leben können. Wie bei jeder ganz normalen Inanspruchnahme für Aufwandsentschädigung oder Schadenersatz auf Grund persönlichen Verhaltens muss der Verursacher also so viel für seine Aktivität bezahlen, als nötig ist, um den Ursprungszustand oder ein Äquivalent desselben wieder herzustellen.

Das bedeutet: Ein fairer Preis für CO2 muss mindestens so hoch sein, wie es die Kosten für das recyceln und die Umwandlung in einen anderen, verwertbaren Stoff erforderlich machen. Mit anderen Worten, CO2 hat einen fixierbaren Mindestpreis und die Regierungen der Welt sind gehalten, diesen zur Kompensation der Folgen für ihre heutigen Staatsbürger oder in weniger demokratisch entwickelten Ländern für ihre Staatsangehörigen einzufordern.

Das Klimaschutzabkommen COP 21 von Paris bietet dazu einen idealen Ansatzpunkt, da sich hier eine überwältigende Mehrheit von Staaten zum Handeln verpflichtet hat.

Festestellung 4:

Das Thema verlagert sich also von der Zulässigkeit von Ressourcenverwendung – die eindeutig mit Ja zu beantworten ist – auf die Bezahlung eines angemessenen Preises durch den Entnehmer.

Herausforderung 1:

Nationale Alleingänge – sinnvoll oder nicht?

Darüber läßt sich trefflich streiten und jede Menge weitere Zeit vergeuden. Schweden hat seit 1991 eine CO2-Steuer und derzeit einen Preis von 150 € je Tonne oder 1,5 ct je 100 g.

Schweden ist dennoch eine gut aufgestellte und erfolgreiche Industrienation.

Es geht offenkundig also auch im nationalen Alleingang. Der „Abfärbeeffekt“ durch Vorbildwirkung bleibt allerdings nach nun 26 Jahren Besteuerung auf der Strecke. Ist also kein starkes Argument mehr für nationale Alleingänge.

Dazu kommt, dass nationale Alleingänge in der Regel bereits eher im Vorfeld an einheimischen Widerständen scheitern, als internationale Vereinbarungen.

Drittes und wesentliches Argument gegen nationale Alleingänge ist die damit unweigerlich verbundene Schlechterstellung im internationalen Wettbewerb. Ob diese dann jeweils im durch die Gegner eine effektiven CO2-Bepreisung aufgebauschten Umfang auch tatsächlich auftreten würde, sei dahingestellt.

Tatsache ist, das eine wirksam umgesetzte internationale Vereinbarung dieses Argument zuverlässig und vollständig entkräftet.

Zudem betrifft das Problemfeld via die gemeinsame und unteilbare Ressource „Atmosphäre“ schlicht alle Länder.

Daher bietet das Pariser Klimaprotokoll den geeigneten Ansatzpunkt für ein weltweites CO2– oder GHG-Regime.

Herausforderung 2:

Eine CO2-Bepreisung führt direkt zum Anstieg der laufenden Energiekosten für jeden Bewohner des Planeten und indirekt zum Anstieg seiner weiteren Lebenshaltungskosten.

Bereits geringe Zusatzkosten haben dabei spürbare Effekte. Stellen wir uns folgendes vor:

Ein durchschnittlicher Mensch in einem durchschnittlichen Land braucht 1.000 kWh Strom Jahr und 2.000 kWh Heizwärme. Wir sprechen hier von der Nutzenergie. Also das, was für den beabsichtigten Zweck tatsächlich genutzt wird!

Beides wird überwiegend aus fossilen Ressourcen bereit gestellt, wobei wir beim Strom Steinkohle ansetzen, beim Heizen Erdgas. Die Stromerzeugung habe eine Effizienz von 30%, die Gasheizung von 90%.

Der gegebene Gaspreis ohne Steuern, Abgaben und Transport sei 2,5 ct / kWh, der für die Steinkohle 2 ct / kWh.

Eine kWh aus Erdgas emittiert bei der Verbrennung 220 g, eine kWh aus Steinkohle 340 g.

Das Recycling einer Tonne CO2 nehmen wir mit Kosten von 150,00 € oder 1,5 ct./ 100 g an.

Da wir beim Bedarf von Endenergie ausgehen, müssen wir nachher (2. Schritt) noch um den Primärenergiefaktor ergänzen, um den Gesamtaufwand ab Kohletagebau oder Gasfeld abzubilden.

Der soll für beides bei 1,1 liegen.

Erstens gilt es die Effizienz zu betrachten, um von der Nutzenergie auf die Endenergie zu kommen: In Schritt 1 ergeben sich beim Strom 3.330 kWh und beim Gas 2.220 kWh auf Endenergie.

PE-Faktor: Damit kämen wir in Schritt 2 auf 3.670 kWh Strom und 2.440 kWh Wärme bei der Primärenergie. Die Berechnung der Primärenergie über den PE-Preis ist ihrer Natur nach virtuell. Man könnte genauso den Preis mittels PE-Faktor skalieren. Das Ergebnis wäre identisch.

Die Bereitstellungskosten am Erzeugungsort ohne CO2-Preis lägen damit bei

Strom: 3.670 kWh PE * 2,0 ct. Energiepreis Kohle = 7,4 ct / kWh ohne CO2-Preis.

Wärme: 2.440 kWh PE * 2,5 ct Energiepreis Gas = 6,1 ct / kWh ohne CO2-Preis.

Kommt eine CO2-Bepreisung hinzu und kosten 100 g CO2 1,5 ct, dann ergeben sich für jede kWh aus Kohle ein Aufschlag von 6,8 ct und für Gas von 3,3 ct.

Strom: 3.670 kWh PE * 2,0 ct. Energiepreis Kohle = 14,2 ct / kWh mit CO2-Preis.

Wärme: 2.440 kWh PE * 2,5 ct Energiepreis Gas = 9,4 ct / kWh mit CO2-Preis.

Mit diesen Handelspreisen ist Minimum zu rechnen. Dazu kämen Transport, Verteilung, Handelsmargen, Risikoprämien und Steuern. Während Transport und Verteilung nur indirekt steigen, steigen die preisabhängigen Zusatzkosten wie Steuern und Margen direkt als Prozentsätze.

Im Ergebnis verteuert sich Energie massiv und alle weiteren Produkte verteuern sich ebenfalls stark. Da dies zu spürbaren Kaufkraftverlusten speziell der einkommensseitig schlechter gestellen Menschen führt – für jeden steigt der Warenkorb um den gleichen Betrag, unabhängig von seinem Einkommen, muss daher ein gut definierter Teil der generierten Einnahmen zur gleichmäßigen Kompensation jedem einzelnen Bewohner des Planeten zurückgegeben werden.

Die Dringlichkeit dieser Umverteilung ergibt sich zudem bereits aus der Tatsache, dass die gesamten Ressourcen des Planeten per se zunächst einmal gemeinsamer Besitz aller Menschen sind und jede individualisierte und exklusive Verfügung darüber folglich allen anderen gleichermaßen zu Gute kommen muss, wie auch der Nutzungsaufwand über Marktpreise abgebildet wird. Allein deshalb sind weltweit in etwa gleiche Energiepreise schon eine logische Schlussfolgerung.

Dieses Set-Up würde zwar im Prinzip kein einziges Land und keinen Menschen benachteiligen und könnte daher von allen Unterzeichnern des Pariser Protokolls direkt umgesetzt und getragen werden. Doch wird jedes Land reklamieren, dass für eine Defossilierung (nicht Dekarbonisierung) ein Infrastrukturausbau erforderlich ist, der auch eingepreist werden muss.

Um hier ebenfalls Chancengleichheit zu wahren, müßte eine weltweite Emissionbepreisung eine Preiskomponente für denStaat enthalten. Wie z. B. den Grundtarif einer Energiesteuer von 2 ct / kWh.

Herausforderung 3:

Da es weltweit überwiegend nur Staaten gibt, in denen auf Grund der früheren Politiken massiver staatlicher Energieversorgung und des Mißbrauchs künstlich erzeugter, billiger Energiepreise zur politischen Lenkung sich die Erzeuger-Energiepreise im Grund auf dem ganzen Planeten weit unter den realen volkswirtschaftlichen Kosten befinden, hätte eine sofortige weltweite Erhöhung massive Folgen in jedem Land. Millionen Menschen und Unternehmen könnten sich die neuen Preise nicht leisten.

Vor allem da die politisch gesteuerte Unterbepreisung ja innerhalb der unvermeidlichen Marktfunktionen in jeder Gesellschaft dazu führt, dass Menschen auf eine zu angemessenen Energiepreisen passende Entlohnung ihrer Arbeitskraft zu verzichten geneigt sind, um den Arbeitsplatz nicht zu gefährden.

Das Mantra des Glaubens an „Billiger = Effizienter = Fortschritt“, welches im „Geiz ist Geil“ Marketing gipfelt, erweist sich hier als fataler Trugschluss.

Nichts desto trotz ist es notendig allen Betroffenen Zeit zu geben, sich an die neue volkswirtschaftlich sinnvolle Bewertung der Energiepreise anzupassen. Von daher ist es notwendig, nach der grundsätzlichen internationalen Einführung eine gestaffelte Steigerung der CO2-Bepreisung vorzunehmen.

Herangehensweise:

Eine wesentliche Grundlage meiner Überlegungen zu einer CO2-Bepreisung beruht folglich auf einem ähnlichen Gedanken wie ihn auch der Verband VKI jüngst geäußert hat:

Ein etappenweises Vorgehen.

Würde man die aktuellen Kosten für ein potentielles CO2-Recycling sofort auf das kWh umlegen, kämen wir tatsächlich auf ca. 1,5 ct / 100 g.

Die Tonne CO2 zu Methan zu verwandeln kostet laut Recherchen von Prof. Michael Sterner 80 €, andere Quellen geben 70 € oder sogar 90 € an. Es ist unter Strich aber erst mal Tofu, wie viel es ist. Schlicht, weil jede exakte Preisbenennung spekulativ ist, derzeit die zugehörigen Technologien zwar verfügbar, aber weder in Landes-, Bundes- oder gar Globalem Maßstab sofort nutzbar vorhanden sind und sich allein deshalb zunächst eine Abschätzung der potentiellen Kosten an Hand dieser vorläufigen Meinungen empfiehlt, deren Validierung im Lauf des Ausbauprozesses efolgen wird.

Hinzu kämen für einen Teil des gewonnen H2 und des synthetisierten CH4 deren Verflüssigung als einzig handelbare mobile Transportmöglichkeit. Allein deshalb empfiehlt sich auch hier schon eine weitgehend kleinteilige, dezentrale Aufstellung von Elektrolyseuren und anderen Anlagen, vor allem Verflüssigern, um die entstehende Abwärme direkt vor Ort nutzen zu können. Sehr lohnenswert wäre wohl die Planung und Realisierung eines eigenen CO2-Netzes parallel zum Erdgasnetz, an Stelle der typischen und letzlich irreführenden Endlagerungs-Strategie bzw. „Endlösung“-Strategie des unverändert umjubelten CCS.

Also, CCS ist inzwischen vor allem die Abkürzung für das in der BRD entwickelte „Combined Charching System“ für Elektrofahrzeuge und nicht mehr so sehr „Captured Carbon Storage“….

Das Einfangen des freien, atmosphärischen CO2, welches verschiedentlich mit Kosten von um die 35 € plus minus 5 € je Tonnen angegeben wird, ist ein weiterer Faktor. Für dessen Umsetzung sind allerdings noch längst nicht alle denkbaren Technologien entwickelt oder gar ausgedacht worden. Es ist bereits möglich, steckt aber noch in den Kinderschuhen.

Dazu kämen sicher noch Kosten für Handel und Verwaltung.

Deshalb würde ich für den Start mit 150 € / to kalkulieren. Was übrigens dem derzeit gültigen C02-Preis in Schweden entspricht. Schweden hat wie bereits erwähnt seit 1991 eine CO2-Steuer und gehört trotzdem zu den führenden Wirtschaftsnationen. Was also können die Schweden, was wir nicht auch könnten.?

Die verursachergerechte Verteilung kann sich indessen nur an der Masse des freigesetzten orientieren CO2 orientieren. Zudem ist es ein natürliches Bedürfnis jedes Staats, sich für seine Funktion verläßliche Einnahmequellen aufzubauen.

Wie kann man so eine faire Bepreisung also angehen?

Ich schlage also vor, dass jedem zum Einsatz kommenden Energieträger an Hand seiner spezifischen CO2-Emission pro kWh ein Faktor zu gewiesen wird.

Die spezifischen CO2-Emissionen jedes Energieträgers pro kWh sind bekannt und liegen zwischen 0 und bis zu 500 g CO2 pro genutzter kWh.

Ebenfalls klar dürfte geworden sein, dass 150 € / to. ein angemessener Prognosepreis sind, aus dem sich 1,5 ct. für 100 g CO2 ableiten lassen.

Für 100 g gilt deshalb als Bezugsgröße der Faktor 1. Sobald ein primärer Energieträger eine kWh Endenergie bereit stellt, dann soll der jeweils allgemein gültige CO2-Preis pro 100 g mit diesem Faktor multipliziert werden und als Aufschlag auf eine Energiesteuer von 2 ct / kWh bezahlt werden.

Wenn die Verbrennung von Erdgas 220 g CO2 pro kWh erzeugt, dann lautet der Faktor 2,2, bei Steinkohle mit 340 g CO2 /kWh = 3,4; für alle anderen Primärenergieträger gilt entsprechendes. .

Zusätzlich ist jeder Energieträger wie im Beispiel gezeigt mit einem so genannten Primärenergie-Faktor behaftet, der den Zusatzaufwand für die Beschaffung (Abbau, Exploration, Transport) adressiert.

Für Erdgas, Erdöl, Steinkohle und Braunkohle ist das derzeit 1,1; für Strom im deutschen Strommix ist der Wert inzwischen 1,8, für Biomasse 0,2 und für PV-Strom 0

Die Formel für die Steuer lautet also:

CO2-Tax = (Q * PE-Faktor * Emissionsfaktor +Energiesteuer) * 1 ct.

Die Energiesteuer bekommt der jeweilige Staat, den Aufschlag soll der IWF verwalten und z. B. an jeden Erdenbürger als eCash auszahlen.

Zur Nachprüfung: 150 € angenommener Recyclingkosten pro Tonne sind, wenn ich mich nicht irre, 15.000 ct. / 1.000.000 g. Oder 15 ct / 1.000 g oder 1,5 ct. 100 g.

Jede kWh importierte Steinkohle würde dann mit (1 * 1,1 * 3,4 + 2) ct. beaufschlagt. Was ungefähr 5,75 ct. / kWh ausmacht. Das wäre schon deutlich spürbarer.

Allerdings ist für die Stromerzeugung noch die Effizienz der Kraftwerke zu berücksichtigen. Da diese vorab nicht genau bestimmt werden kann, bleiben an dieser Stelle nur der Wirkungsgrad des Kraftwerks oder die durchschnittlichen Effizienzen der vergangenen Jahre. 0,3 bzw. 30% für den Wirkungsgrad wären angemessen. Für die Erhebung der Steuer wäre das allerdings uninteressant, weil die Steuer ja bereits bei Import / Förderung / Gewinnung erhoben wird. Den Grundtarif von 2 ct./kWh erhält das Land, in dem der Ort des Verbrauchs liegt. Der Emissionszuschlag geht an jeden Menschen direkt, also auch an die Bewohner des Landes, in dem die fossile Ressoruce ursrünglich gefördert wurde.

Der Effekt wirkt sich nur bei den Betriebskosten aus. Der Steuerzuschlag käme im Fall der Steinkohle mit 19,17 ct. beim Verbraucher als Kosten an. Was nicht nur für private, sondern vor allem auch für die Industrie zu viel auf einmal wäre.

Deshalb noch mal der Vorschlag in iterativen Schritten – also etappenweise – vorzugehen und bei 0,15 ct / kWh PE-Energie nach der Klammer zu beginnen und diesen Betrag jedes Jahr um 0,15 ct zu erhöhen.

Die wesentlichen Vorteile sind die konstante Umstrukturierungsgeschwindigkeit, der stetig wachsende Anreiz auf RES zu setzen und die machbare Gewöhnung. Löhne und Preise können langsam nachziehen und ein bewußteres Verhalten fördern.

Unternehmen können sicher sein, dass ihre Kostenerhöhungen alle Mitbewerber weltweit gleichermaßen betreffen.

Verweigerer-Staaten, wie derzeit die USA, müssen nicht teilnehmen, werden aber dann mit Exportzöllen auf eingesetzte Energie und keinem Erlass der Energiesteuer bei Import aus einem Teilnehmerland konfrontiert. Darüberhinaus bekommen ihre Bürger keine Ertragszuweisung aus dem internationalen Klimasteuer-Fonds, der durch die Abgabe automatisch beim IMF entsteht.

Vor allem ist es möglich während des gesamten Prozesses die Wirkungen beobachten und korrgierend eingreifen.

Wichtig ist, bei der Energie aus dem Circulus Vitiosus des Erhalts der Wettbewerbsfähigkeit zu kommen und dabei die Verweigererstaaten unter Druck zu setzen.

Letzlich bewirkt dieses System einen massiven und nachhaltigen Anstoss für alle bei der sinnvollen Verringerung der Emissionen und verändert das Lohn- und Preisgefüge hin zu einer realitischen und in die Zukunft weisenden Bepreisung von Energie.

Es ist nahezu aufkommensneutral, bedeutet keinerlei Kosten für die teilnehmenden Staaten, sondern vergrößert sogar deren Einnahmebasis, schafft damit Spielräume an anderen Stellen und ermöglicht, alle Arten der Förderung und Subventionen für die Energiebereitstellung aus RES vollständig zu beenden, da die sachgerechte Einpreisung der Emissionen die derzeit noch immer wirksamen Nachteile der RES und der verknüpfbaren Speichertechnologien endgültig aufhebt.

Der dadurch zu erwartende Investitionsboom beruht auf energetischer und ökologischer Effizenz, vergrößert das Wachstum automatisch und sorgt für Nachhaltigkeit.

Hierzu Nein zu sagen, kann mit rationalem Verstand nicht begründet werden. Nur mit Glauben, Meinen oder Größenwahn.

Plädoyer:

Wir können es. Wir dürfen es. Wir sind gut beraten, es anzupacken.

Machen wir es!

Konsultation des Entwurfs „Leitfaden zur Eigenversorgung“ der BNetzA 10/11.2015

Konsultation des Entwurfs „Leitfaden zur Eigenversorgung“.

Sehr geehrte Damen und Herren der BNetzA:

Zum veröffentlichten Leitfaden nehme ich als Energiemanager gern Stellung:

1. Da eine Klage gegen die Verpflichtung zur Zahlung der ganzen oder anteiligen EEG-Umlage für selbst erzeugten Eigenverbrauch anhängig ist, halte ich den Entwurf für einen überflüssigen Vorgriff. Als würde versucht, Fakten zu schaffen, an denen sich die Rechtsfindungsorgane orientieren sollten. Ebenso die umfangreichen Regelungen dazu im EEG.

2. Politisch gesehen verursacht das Vorgehen sowohl durch die Vorzeitigkeit als auch die Komplexität enormen Aufwand an Informationsbedarf für Berater, Installateure und Nutzer, gleichermaßen für gewerbliche als auch nicht-gewerbliche Investoren. Dieser gesamte Aufwand wird sich schließlich als unnütz erweisen. Zudem hindern diese „Regelungen“ zu Investitionen bereite Menschen und Unternehmen an der Vornahme eben von Investitionen. In dieser Hinsicht wirkt das Regelwerk als Wachstumsbremse. Mit Fug und Recht richtet sich eine juristische Bewertung mit der Begründung dagegen, dieses massive Verhinderungspolitik verstoße gegen § 2 Grundgesetz. Wirtschaftliche Betätigung nur noch für Privilegierte? Jürgen Habermas hatte recht, als er diese Entwicklung mit der Refeudalisierungsthese präzise vorhergesagt hat.

3. Nach wie vor unglaublich willkürlich ist die Begründung aus dem BMWi – besonders in Person des Staatssekretärs Baake, die vom Bundeswirtschaftsminister aufgegriffen wurde – dies geschehe aus Gründen der Solidarität, bzw., um der Entsolidarisierung durch Eigenerzeuger für den persönlichen Bedarf zu begegnen.
Diesen Satz
„wurde der Abkopplung der privilegierten Eigenerzeugung von den Marktsignalen und der Entsolidarisierung durch Vermeidung von Umlagen und Netzentgelten in vorsichtigem Umfang begegnet. Insbesondere bei Umlagen und Netzentgelten müssen die Preisvorteile der privilegierten „Prosumer“ (Eigenversorger) durch höhere Zahlungen der übrigen Stromkunden ausgeglichen werden.“


empfinden auch Bürger, die (noch) keine Eigenerzeugung betreiben, als Verhöhnung angesichts des Umstands, dass diese Argumentation gegenüber privilegierten Großverbrauchern nicht zur Anwendung kommt. Die „übrigen“ Stromkunden müssen deren Privilegierungen längst und weiterhin ausgleichen und werden zusätzlich von Investitionen in eigene Anlagen abgeschreckt. Immerhin – und das wird leider weder politisch noch medial noch administrativ kommuniziert oder ins Kalkül einbezogen – profitieren diese Großverbraucher erheblich von den extrem niedrigen Börsenpreisen, die wiederum nur durch die seinerzeitige Steuerfinanzierung der Kraftwerke überhaupt erst möglich sind.

Zudem kann von „Abkopplung von angeblichen Preissignalen des Marktes“ keine Rede sein. Sind es doch gerade die regenerativen und rein generativen, brennstofffreien Erzeugungsanlagen, die durch ihre Einspeisung in den Markt zu Null Cent/kWh die bisherigen Großkraftwerke erst zu mehr Wettbewerb und Preissenkungen gezwungen haben. Ohne den Erfolg von PV und Wind wären wir heute bei deutlich höheren Strompreisen (siehe Studie der Uni Erlangen FAU Uni Erlangen ).

Doch die Ernte des Aufwands der ersten knapp 38 GW PV kommt erst noch. Das sind gerade mal 5 % dessen, was an Potential vorhanden ist. Dieses gewaltige Potential wird offenbar gerade mit allen Mitteln für die bisherigen großen Player reserviert. Dieser Leitfaden erweckt den klaren Eindruck, die kleinen und mittleren Stromverbraucher und Gebäudebesitzer sollen davon möglichst nicht profitieren können und es wird über möglichst komplexe und umfangreiche Auflagen alles unternommen, das private Aufmerksamkeitspotential der Bürger so intensiv zu überfordern, dass sie sich die Mühe einfach nicht machen wollen. Es handelt sich um eine asymmetrische Demobilisierung von Innovationsbereitschaft, um auch die wenigen noch aktiven und interessierten Bürger zu reinen Konsumfaktoren zu machen und in ein geschlossenes, wenigen Playern vorbehaltenes Wertschöpfungssystem zu drängen, welches die Spitzenkräfte der sterbenden Strukturen der Energiewirtschaft mit neuen, klandestinen und lukrativen Geschäftsmodellen versorgt. Es geht um nicht mehr oder weniger als das Erneuern alt bekannter Feudalstrukturen.

Mit Marktwirtschaft und Demokratie hat es nichts zu tun, wenn Rechtsgültigkeit solcher Verordnungen und Richtlinien über drei bis fünf Ecken von der Mehrheit in einem Parlament hergeleitet wird, das noch nicht einmal diese Rechtsverordnungen überprüft, sondern sich wahrscheinlich nur noch am persönlichen Statuserhalt durch Aufstellung bei der nächsten Wahl orientiert.

Abgesehen davon, dass diese zusätzliche Bürokratisierung einen enormen zusätzlichen Verwaltungsaufwand verursacht, der um ein vielfaches höher ist als der Nutzen: Was ist denn mit der Entsolidarisierung durch energieintensive Unternehmen, oder durch die Verringerung der zu zahlenden EEG-Umlage durch Einsparungen, durch den Einsatz effizienter Technologien? Ist es nicht so, dass sich private Gärtner durch den Anbau eigenen Obst und Gemüses oder die Zucht eigener Nutztiere und den Eigenverzehr ebenfalls entsolidarisieren? Oder dass ein Haushalt mittels Umstellung auf LED-Beleuchtung seinen Stromverbrauch reduziert und damit auch weniger EEG-Umlage beiträgt?

Abgesehen davon: Wie sinnvoll ist es, dann ein Elektrofahrzeug anzuschaffen oder einen Akku-Speicher, um zukünftig mehr selbst erzeugten Strom zu verbrauchen und dadurch die Energiewende voranzutreiben? Der Ansatz der Bundesregierung 1 Million Elektrofahrzeuge bis 2020 auf den Straßen der BRD zu haben wird dadurch ebenfalls konterkariert.

Wie steht es um rechtliche die Gleichbehandlung der bestehenden Anlagen mit den möglichen Neuinstallationen?
Allein deswegen sollte vernünftigerweise das Gerichtsurteil zu der Sonderabgabe abgewartet werden.

4. Fair wäre es, die Grenze mindestens dort festzulegen, wo auf das Nutzen der wirtschaftlichen Sicherheit durch EEG-Vergütung, Marktprämie oder Ausfallvergütung verzichtet wird. Wer RES erzeugt und dies auf eigenes Risiko ohne Absicherung tut, muss fairer und vernünftiger Weise von der Umlage befreit sein.

Erst recht fair wäre es, die Nutzer von Akku-Speichern schon mal grundlegend durch Befreiung von der EEG-Umlage zu motivieren, wenn schon keine neutrale Förderung der Technologie und Gleichstellung mit den Netzen in Sicht ist. Dabei sollte die Bagatellgrenze sich auf die eingestellte Einspeiseleistung des Wechselrichter am Speicher beziehen. Ein RES-Erzeuger mit DC-Einspeisung hinter dem Akku-Speicher ist physikalisch weder unmittelbar noch mittelbar mit dem Netz verbunden, da der eingespeiste Strom vom Akku komplett verbraucht wird. So gesehen eine verinselte Erzeugung. Wie würde denn die Situation einer Power-to-Gas-Anlage bewertet, die komplett ohne Netzanschluss ausgeführt ist und lediglich Gas in Tanks verkauft? Erst die umgekehrte elektrochemische Realität eines Akkus erzeugt wieder Strom. Eine direkte oder indirekte Durchleitung findet nicht statt. Wäre das EEG ein unter Energieaspekten konsequentes Gesetz, dann fiele die EEG-Umlage auf jeden fossilen Brennstoff an, der zur Stromerzeugung genutzt wird. In voller Höhe und bezogen auf den Primärenergiegehalt, statt nur auf den erzeugten Strom. Dabei stellt sich auch die Frage: Wie ist es zu rechtfertigen, dass die Nutzung eines Akku-Speicher außerhalb der Ausnahmeregelungen dazu führt, dass die EEG-Umlage möglicherweise doppelt anfällt – einmal durch die Erzeugungsanlage beim Einspeisen in die Batterie und ein weiteres Mal nach dem Ausspeisen durch die Eigennutzung? In der „falschen“ Konstellation wäre das der Fall, während hemmungsloser Gebrauch fossiler Brennstoffe im Grundsatz weitgehend ungeschoren davonkommt? Es muss der Grundsatz gelten, dass endgültig letztverbrauchter Strom nur einmal mit der EEG-Umlage belastet wird. Zum Zwecke der Zwischenspeicherung vorläufig letztverbrauchten Strom mit Abgaben doppelt zu belasten, konterkariert alle Zielsetzungen der Energiewende.

Ein geladener Akku – vulgo Batteriespeicher genannt – ist zwar nichts anderes als ein sehr flexibel nutzbarer Stromerzeuger. Wie ein Gasgenerator oder ein Kohlekraftwerk. Dennoch nutzt er als Energiequelle bereits erzeugten Strom, in der Regel RES-Strom.

PV-Strom in Akku-Speicher ist deshalb nicht automatisch gleich Betriebsstrom aus Akku-Speicher, sondern neuer und emissionsfrei erzeugter Strom Strom aus einer erneuerbaren Quelle.

Deswegen muss konsequent gelten, dass solcher Strom entsprechend dem §60 EEG von der EEG-Umlage befreit wird. Selbst – ja sogar erst recht – wenn er vom Betreiber der ursprünglich liefernden PV verbraucht wird.

5. Eine Befreiung aller Verbraucher eigenerzeugten Stroms von der EEG-Umlage, sofern diese einen Speicher nutzen, wäre der ideale Trigger um den weiteren Ausbau an erneuerbarer Erzeugung dauerhaft anzureizen ohne das EEG-Volumen und dessen Wälzung weiter zu erhöhen. Dieses EEG 2014 für 2016 wirkt eher wie die Hefe für ein selbstreferentielles System zur Selbstaufblähung. Ein Hefeteiggesetz, das zwar Volumen, aber keine Substanz schafft.

6. Die Einbeziehung der degenerativen Primärenergieträger in die EEG-Umlage wäre dabei das geeignete Mittel, um die Kostenlage auf eine breitere und vor allem dem Ziel der Energiewende dienliche statt verhindernde Basis zu stellen.

7. Technisch verändern Akku-Speicher die Lastgänge sämtlicher Lastprofile deutlich und ermöglichen eine enorme Flexibilisierung auf der Niederspannungsebene und der Mittelspannungsebene. Was wiederum dem Bedarf an Netzausbau auf der Zeitschiene deutlich entgegen kommen und ihn entlasten bzw. reduzieren müßte, wäre er denn tatsächlich der zuverlässigen Versorgung, „Preisgünstigkeit“, angeblich bedrohter Versorgungssicherheit, oder der „Daseinsvorsorge“ der Bürger gewidmet.

In Wahrheit hat ader der Netzausbau auf den Netzebenen 3 (HS) und 4 (HöS) so gut wie gar nichts mit der Versorgungssituation der Haushalte und der Mehrheit alle Gewerbetreibenden Dienstleister, Händler undB ehörden, ja sogar der mittelständischen Industrie zu tun. Der Zusammenhang besteht mit allergrößter Wahrscheinlichkeit im Wesentlichen in genau einem Punkt: Der Ermöglichung einer kompletten Kostenwälzung auf die Genannten – die ca.1/3 des Stroms verursachen bei weitgehender Befreigung der überschaubaren Minderheit,die 2/3 des verfügbaren Stroms verbraucht.

Und deshalb muss mit allen Mitteln eine technische Aufrüstung der Zahler verhindert werden? Diese größtenteils privatwirtschaftlich sich selbst organisierenden Strukturen werden durch dieses Gesetz respektive seine obrigkeitsstaatlich restriktiven Überregulierungsanspruch schlicht an effelktiveren Lösungen gehindert. Danke, begrüßen wir die Wiederauferstehung der DDR? Oder die Renaissance des obrigkeitsstaatlichen Deutschlands vor 1945?

8. In diesem Sinne wäre es klug, die Förderung weiterer Zubauten nach dem EEG durch diese Anreize schnellstens und vorzeitig zu einem Ende zu bringen, als das System durch eine sich verstärkende interne Kostenwälzung weiter aufzublähen. Dann sind wir auch bei einem vernünftigen und absehbaren Exit aus dem EEG-Regime, statt einer weiteren Bürokratisierung und dessen Verlängerung auf einen St.-Nimmerleinstag (ein faktischer Zubaustopp bedeutet: Ziel wird nie erreicht), der mit dem Erreichen einer willkürlichen Zubaugrenze erreicht werden könnte, die sich am Ende sowieso als viel zu niedrig erweist, um die gesteckten Ziele zu erreichen.

Ein Staat, der seine Bürger daran hindert, innovative Technologie zum Einsatz zu bringen, kann seinen Anspruch auf einen der Spitzenplätze in der weltweiten Industrie noch so lautstark verkünden. Es wird nichts daran ändern, dass er diese Stellung verliert. Genau auf diesen Weg bringt uns diese aggressive und rigide Politik der Besitzstandswahrung für überkommene Strukturen.

9. Die Regelungen für die unterschiedlichen Befreiungs- und Ermäßigungstatbestände sind hochkomplex und steigern den Bürokratieaufwand enorm. Darunter leidet die Praxistauglichkeit erheblich. Auch das ist ein Grund, diese Regelungen im Sinne der Förderung des Zubaus an generativen Erzeugern und Akku-Speichern zu vereinfachen. Statt weiter rein auf den kümmerlichen Rest an Wirkung durch die Fördersystematik des EEG zu setzen und die Wehklagen einiger Kreise über den teuren EE-Strom weiter zu pflegen.

10. Zudem ist es im Sinne des weiteren Ausbaus generativer Stromerzeugung zur Umsetzung der Energiewende sinnvoll, auch solche Anlagen als Eigenversorgungsanlagen zu definieren, bei denen personelle Identität zwischen Betreiber und Letztverbraucher besteht. Es muss jedem Bürger möglich sein, sich eine generative Erzeugungsanlage oder eine Beteiligung an einer gemeinschaftliche betriebenen zu beschaffen, in der er den Strom den er verbraucht in gleicher Menge anderen Orts herstellt und dafür die EEG-Umlage erlassen zu bekommen sofern er auf Einspeisevergütung verzichtet. Das entlastet das EEG-Konto per Saldo mehr als die widersinnige Umlage auf Eigenverbrauch und vermeidet bürokratischen Aufwand. Zusätzlich muss es darauf ankommen, das EEG-Volumen nicht noch weiter zu erhöhen, sondern durch gezieltes Anreizen des Verzichts auf geförderten Zubau zu verringern.

11. Das rigorose Kriterium der lückenlosen Versorgung mit selbst erzeugtem Strom aus EE-Anlagen über alle 35.040 Viertelstundenzeiträume eines Kalenderjahres spricht den Zielen der Energiewende Hohn. Noch nicht einmal die koventionelle Stromwortschaft schafft eine garantiert lückenlose Versorgung 24/7 für jeden Verbraucher, da die statistische Ausfallzeit bei knapp unter 15 Minuten pro Jahr liegt. Hier zeigt sich ein Schwarz-Weiß-Denken, welches die wirkmächtigen Stakeholder der Industrie für ihren Bereich und ihre Verantwortlichkeit bei der eigenen Effizienzsteigerung niemals akzeptieren würden.

Gegenüber den „Interessen“ der Wirtschaft gilt allenthalben durchaus eine Angemessenheit, die hier vollkommen fehlt. Diese Rigidität ist vollkommen übertrieben und bestärkt nur Privatpersonen und KMU weiterhin darin, sich der Installation von EE-Anlagen zu verweigern. Das NEIN-Sagen zu unterstützen ist erfahrungsgemäß die wirkungsvollste politische Strategie. Somit bereitet dieses EEG 2014 den Boden für die erneute Schaffung zentralisierter Großstrukturen, die gerade erst durch die Liberalisierungsbemühungen der EU zu Gunsten einer nutzbringenden Wettbewerbs aufgelöst werden sollten. Da die Anforderungen an die messtechnischen Installationen ohnehin schon sehr detailliert sind und jedwede Zuordnung erzeugter und verbrauchter Mengen ohnehin problemlos möglich ist, wäre es kein Problem, selbst erzeugten und verbrauchten Strom von der EEG-Umlage komplett freizustellen und zugekauften Strom mit der Umlage zu belasten, statt komplizierte Modelle zu kreieren.

Nach diesem Verständis es zwar verständlich, nichtsdestotrotz inakzeptabel, dass Sätze wie „Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich die EEG-Ausnahme allein an einem Kraftwerkseigenverbrauch in Neben- und Hilfsanlagen ähnlich zu §12 Abs.1 Nr.1 StromStV orientiert. Die im Stromsteuerrecht in der gleichen Regelung zusätzlich unter §12 Abs.1 Nr.2 StromStV geregelte Behandlung des Stromverbrauchs in Stromspeichern bzw. Pumpspeicherkraftwerken ist in §61 Abs.2 Nr.1 EEG hingegen nicht vorgesehen.“ dazu führen, dass die Verlustenergie bei Ein- und Ausspeicherung ebenfalls EEG-umlagepflichtig ist, während dies für Verlustenergie bei konventionellen Kraftwerken nicht gilt. Das Abstellen auf die unterschiedliche technische Natur der Verlustenergie ist geradezu hanebüchen. Wäre diese Regelung konsequent, müsste die EEG-Umlage auf die gesamt zur Stromerzeugung eingesetzte Primärenergie umgelegt werden. Vom atomphysikalischen Energiegehalt von Kernbrennstoffen bis hinzu Stadtgas.

12. Die Regelung – so wie sie gewollt ist – minimiert nebenbei das Potential für den Einsatz hocheffizienter elektrischer Wärmepumpen zur Gebäudebeheizung und Klimatisierung, da diese ihre Hauptarbeit im Winter verrichten, während in dieser Jahreszeit die Verfügbarkeit von Strom aus EE-Anlagen noch deutlich hinter dem Bedarf zurückhängt und Akku-Speichertechnologie für die Abdeckung des Winterbedarfs noch sehr kapitalintensiv ist.

Dadurch hält die Regelung bei ganzheitlicher Betrachtung die Bauherren auch davon ab, in diese umweltfreundliche Technologie zu investieren. Statt dessen werden weiterhin überwiegend fossile Heizsysteme verbaut. Den Anforderungen einer echten Energiewende steht diese Regelung somit deutlich entgegen.

13. Abbildung S. 53 zeigt eine systematisch mangelhafte Logik. Ein etwas ungeschickter und technisch undurchdachter Passus, der wiederum nur der wilden Entschlossenheit eines Staatssekretärs und einiger Einfluss nehmender Akteure entsprungen scheint, die große Mehrheit der die Energiewende realisierenden Privatmenschen an ihrer Verselbständigung zu hindern. Offenbar gibt es in dieser Vorstellungswelt keine privaten oder gewerblichen Investoren außerhalb eines staatlich kontrollierten Fördersystems. Denn genau so fühlt sich dieses Machwerk leider an. Eine primäre generative Erzeugungsanlage kleiner gleich 10 KWpeak kann einen Akku-Speicher mit einer Leistung vom max. 10 KW füttern, der dann allerdings bauartbedingt in der Regel eine deutlich größere Ausspeiseleistung haben wird und somit die Bagatellgrenze deutlich überschreitet. Umgekehrt bedeutet das, ein Akku-Speicher mit 10 KW Ausspeiseleistung hat nicht ausreichend Aufnahmeleistung, um den Strom eines 10 KW RES-Generators aufzunehmen. Es bedarf dazu zusätzlicher Technologie in Form von Superkondensatoren, was die Systeme deutlich verteuert. Und das nur, um eine willkürlich festgelegte Bagatellgrenze zu erfüllen. Ein typisches Beispiel für: Gesetzgebung missachtet technische Realität und ignoriert volkswirtschaftliche Rentabilität.

Beispiel: Stationäre Li-Ion Technologie hat in der Regel ein 1:1 Leistungsverhältnis. Ein- und Ausspeiseleistung sind gleich groß. In PKW wird derzeit bis 1:2 realisiert. LiFePo – die derzeit am Markt stärkste Technologie hat ein Verhältnis von 1:2, kann aber je nach Anforderung auch bis auf 1:8 aufgebaut werden. Bei Redox-Flow Batterien sind es relativ frei skalierbare Größen, bei klassischen Blei-Säure-Akkus wiederum kann das Verhältnis 1:30 betragen. Deshalb – und um den Netzbetreibern den Zugriff auf Reserveleistung vieler Akku-Speicher zu ermöglichen – darf es bei allen EE-Anlagen keine fixen Bagatellgrenzen für die Leistung geben. Statt dessen wäre ein Abstellen auf eine eingestellte maximal dauerhaft einspeisende Regelleistung angebracht, die der Anlagenbetreiber nicht überschreiten kann. Der Netzbetreiber sollte aber in der Lage sein, bei Bedarf kurzfristig höhere Leistungen abzurufen, wenn der die entnommene Energie anschließend wieder im Normalbetrieb zurückspeist.
Damit können EE-Anlagen mit Akku-Speichern ihre systemdienliche Nutzung entfalten. Zum Nutzen aller.

14. Es sollten in diesem Sinne nur diejenigen Anlagen überhaupt betrachtet und vom EEG erfasst werden, die unmittelbar oder mittelbar als ein- oder mehrphasige Verbraucher oder Lieferanten von Leistung und/oder Energie direkt physikalisch mit dem Netz verbunden sind.

Generatoren die über einen Akku-Speicher galvanisch vom Netz getrennt sind gehören nicht dazu. Die sollten so groß sein dürfen, wie es dem Betreiber für die Nutzung der vollen Akku-Kapazität opportun erscheint.

Dies alles entfiele aber bei der dringend gebotenen Aufgabe der fixen Idee der „Entsolidarisierung“ und dem Übermaß an nutzlosem Aufwand, der damit verbunden ist.

15. Der Punkt 10.2 zur Beweislast schließlich hat das Potential in kürzester Zeit Karriere als Willkürparagraph zu machen, eröffnet er doch speziell den Verteilnetzbetreibern, die nach wie vor auf vielen Ebene mit den lokalen Grundversorgern verflochten sind unsäglich weitreichende Möglichkeiten, in generative Erzeugungsanlagen investierende Letztverbraucher zu gängeln, behindern und mit Auflagen zum Aufgeben zu zwingen. Die Rückkehr der faktischen Macht ehemaliger Monopole wird hier gesetzlich gesichert. Zudem entstehen hier üppige Weidegründe für spezialisierte Anwälte.

Volkswirtschaftlich vollkommen nutzlos und die Betätigungsfreiheit privater Bürger und KMU massiv beschränkend. Eine Verhöhnung des Geistes des Grundgesetzes, der sich in den Artikeln 2 und 3 widerspiegelt.

FAZIT: Inkonsistent, Willkürlich, Kontraproduktiv gegenüber den Zielen der Energiewende, planwirtschaftlich, aufwandserhöhend, kostentreibend und Anti-Marktwirtschaftlich. Schlicht untauglich. Das Schlimmste aber: Dieses Gesetz wird Klagen wegen rechtlicher Ungleichbehandlung auslösen und somit einen weiteren Zustand permanenter Rechtsunsicherheit schaffen, der den Fortgang der Energiewende noch stärker behindert als die bisherigen Unwägbarkeiten und stetigen volatilen Rechtsänderungen. Als warnendes Beispiel sei nur die kurzzeitige Förderung des Eigenverbrauchs aus dem EEG genannt.

Wann werden derart weitreichende und umfassende Auflagen für die Besitzer eigener Brennholzwälder geschaffen, um deren Eigenverbrauch zu erfassen und mit Abgaben zu belegen? Dieses Gesetz und seine Auslegung sind ein Meilenstein auf dem Weg in eine technokratische Entmündigung und interessengeleitete Vereinnahmung der Bürger als Produktions- und Konsumfaktoren. Es zerstört Eigeninitiative, Zukunftszugewandtheit und privater Lebenssphäre.

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Thesen des „Bayerischen Energiedialogs“ Teil 1: Speichertechnologie:

Thesen des „Bayerischen Energiedialogs“

Teil 1: Speichertechnologie:

„Ausreichende Speichertechnologie steht bis 2013 nicht zur Verfügung!“, so ist in den Veröffentlichungen zum „Bayerischen Energiedialog zu Lesen.

Das reizt an, der Sache nachzugehen: – Die Genese einer These – der Versuch des gedanklichen Nachvollzugs

Steine des Anstoßes:

Betrachtet man das Hin- und Her, die Wendungen und Umstrukturierungen bei den Aussagen, Feststellungen und Vorhabensankündigungen zur Umsetzung der „Energiewende“ in Bayern, so scheint seit 01. Juli irgendwie der Punkt erreicht, an dem man sich verwundert die Augen reiben könnte.

Gaskraftwerke, die zuerst gebraucht, deren Planung dann aber wieder verworfen wurde, Stromtrassen, die unabdingbar für die Versorgung einer Region – z. B. Schwaben sind, enden jetzt in Niederbayern bei Landshut, dringend benötigte Leitungen werden nun an bestehenden Masten mit aufgehängt oder eben weitgehend als Erdkabel verlegt. Was noch vor einem Jahr als unbezahlbar abgelehnt wurde. Ganz offenbar stecken in den Entwicklungsmöglichkeiten der Industrie doch ganz ordentliche Potentiale, man muss halt nur am Ball bleiben.

Und warum hat noch niemand daran gedacht, diese Kabel am besten gleich unter den Autobahnen A7 und A9 zu verlegen? Dann wäre der Strom für die Elektromobilität auch gleich da verfügbar, wo er künftig gebraucht wird.

Hier hat jemand ab Seite 19 einen Vorschlag:

Induktive Stromversorgung auf Strassen

oder Schorr Power net

Ob das dann auch funktioniert, wird man sehen. Interessant ist der gedankliche Ansatz, vom Eselsskarren wegzukommen. Was nichts daran ändert, dass auch in Zukunft noch so mancher Esel ein Fahrzeug steuern wollen wird. Sollte es aber funktionieren, dann stehen Fahrzeuge nicht als Speicher zur Verfügung!

Alles, was nun als „Beschluss“ vom 01. Juli verkündet wurde, entpuppt sich im Kern nun doch als Planungsvorschlag. Wird also in einigen Monaten schon wieder anders aussehen und spätestens ab Jahreswechsel den Wahlkämpfen geopfert.

Warum nur fällt mir an der Stelle unerwartet und spontan ein, dass die letzte gesamtdeutsche Regierung, die eine Kapitulation unterschrieben hat, die von „Großadmiral“ Karl Dönitz war? Wie komme ich denn jetzt zu diesem Gedanken? Das verstehe ich selbst nicht.

Egal, für welchen Aspekt auch man sich interessiert, es scheint, als würde die Halbwertszeit politischer Gestaltung von Jahreszeit zu Jahreszeit kürzer und kürzer.

Doch zunächst möchte ich zum Thema zurückkehren und die Ausgangslage betrachten, die jetzt wieder nicht direkt mit Energiespeichern zu tun hat. Nein, die dreht sich unvermeidbarerweise um den Trassenbau. Nicht um den gesamten, möglicherweise notwendigen Netzausbau, sondern um den Trassenbau der „höchsten“ Netzebene 4.

Ganz offenbar bleibt die Behauptung in Kraft, dass der Bau von Stromtrassen unbedingt notwendig wäre, um die Versorgungssicherheit in Bayern aufrecht zu erhalten. 2-X hat nach dem „Gipfel“ der Koalitionäre die Lösung X = 0. Damit waren die gesamten Überlegungen der CSU / Staatsregierung offenbar einmal mehr auf Nichtwissen (Ahnungslosigkeit) oder Nicht-Können (Unfähigkeit) gebaut. Denn genau diese Lösung der Formel bedeutet, die Formel war überflüssig. Meine persönliche Erkenntnis war und ist: X = 2.

Was aber hätten wir zur Hand um uns selbst ein Bild zu machen? Die Beurteilung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), die auf den Webseiten zum Energiedialog und auch direkt beim DIW einsehbar sind

Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung

Ebenso die am 21.04.2015 bei der Informationsveranstaltung der BnetzA in München durch verschiedene Teilnehmer und Bürgerinitiativen vorgetragene Feststellung, dass für die Versorgungssicherheit Bayerns über die „Thüringer Strombrücke“ – auch den Südlink genannt – hinaus keinerlei Trassen notwendig sind. Im Gegenteil: Sogar dieser Südlink wäre eigentlich nicht notwendig, um die Versorgungssicherheit Bayerns auch mit den heute vorhandenen Erzeugern ohne die Kernkraft zu gewährleisten.

Diesen beiden Behauptungen hat die BnetzA dort vor Ort in merkwürdiger Weise nicht widersprochen. Sie hat kein einziges Argument dagegen genannt, noch nicht mal ein vorgeschobenes.

Die einzige vor Ort vorgetragene Äußerung dazu war bestenfalls der apodiktische Satz des Präsidenten Homann: „Den Bedarf an Stromtrassen in Frage zu stellen ist abwegig!“ Wie aber soll man wissen, ob der Bedarf wirklich existiert, wenn man ihn nicht selbst nachvollziehen kann?

Homann nennt Zweifel am Trassenbedarf abwegig

Dabei wollten doch etliche Anwesende nichts, als die Ermittlung des Ausbaubedarfs an Hand der erhobenen Daten nachvollziehen können. Und natürlich die Rechenwege transparent und nachprüfbar dargelegt bekommen. Das allerdings wird „aus Datenschutzgründen“ wegen der wirtschaftlichen Verwertbarkeit, der Wahrung von Betriebsgeheimnissen und der Konkurrenzsituation verweigert. Wie eigentlich soll ein Kraftwerk unter Konkurrenzdruck kommen, wenn es weit und breit das einzige ist und war es nicht angeblich Sinn und Zweck der Liberalisierung, Konkurrenzdruck zu schaffen?

Innenminister wie Joachim Herrmann und Thomas de Maizière können umfangreiche Überwachung und Vorratsdatenspeicherung von Millionen Privatleuten ungeniert und in vollem Umfang einfordern und werden dazu noch über ein umfassendes Mautsystem mit millionenfacher Kennzeichenerfassung zu jeder Zeit durch einen ideologisch in ähnlicher Weise die Freiheit und persönliche Integrität ignorierenden Verkehrsminister unterstützt. Die rechnerische Auswertung von anonymisierten Stromflüssen aber ist geheim?

Oder gar auf Grund des Datenvolumens nicht darstellbar, weil die BnetzA angeblich nicht in der Lage ist, ca. 700.000 einzelne Messpunkte zu erfassen, die Daten zu speichern und die Lastgänge in Diagrammen fortlaufend darstellbar zu machen bzw. als Datensätze anonymisiert zur Verfügung zu stellen?

Genau das gleiche aber bei ca.1,1 Mio. PV-Anlagen im Anlagenstammdatentregister und den jährlichen Meldepflichten bis 28.02. für EE-Anlagenbetreiber fertigbringt?

Warum fühle ich mich jetzt veralbert?

Nun, zumindest konnte man bei der Veranstaltung am 21.04.2015 wenigstens die Information mitnehmen, dass die Berechnungen für den Netzausbau „knotenscharf“ erfolgten. Aber bezogen auf welche Knoten? Die Auskunft darüber war wie nicht anders zu erwarten:

Nicht für die Öffentlichkeit, aber pauschal, die Antwort: Es sind die ca. 550 Knoten an den Einspeisepunkten der Erzeuger und den Grenzkuppelstellen. Wer nun darüber etwas wissen will und Lastgänge etc. einsehen will, kann sich an die ca. 40 Wissenschaftler und Ingenieure wenden, die aus berechtigtem Interesse Zugang zu den Daten haben und nachgewiesen haben, dass sie damit umzugehen in der Lage sind. Oder man wendet sich an die BnetzA und weist Berechtigung und Sachkunde nach. In beiden Fällen ist dafür ein bestimmter Betrag fällig. Interessant. Ein Bürger, der sich in die Materie einarbeiten und die Festlegungen für Maßnahmen, die er mit seinem Steuergeld und seinem Netzentgelt bezahlen muss, muss für die erhobenen Daten und das Wissen um deren Verwendung auch erst Mal Geld bezahlen. Dieses Staatsverständnis erinnert womöglich an Kaiserzeit, Drittes Reich und DDR. Aber wird es einer Demokratie gerecht?

Zumindest eine bedeutende qualitative Information konnten die Teilnehmer erhalten:

– Eine Grundlage des Netzausbaus sind die bekannten Erzeugungsleistungen der vorhandenen Kraftwerke (Kraftwerkspark / Kraftwerksliste)

– eine zweite Grundlage sind deren Laufleistungen in Stunden

– eine dritte Grundlage sind die Zeitpunkte, zu denen die Kraftwerke laufen. Zumindest in etwa.

– Gemessene und damit empirische verwertbare Daten liegen deshalb lediglich an den Einspeisepunkten der Kraftwerke in das Höchstspannungsnetz (HöS) und das Hochspannungsnetz (HS) vor.

Was niemand weiß oder betrachtet:

– Wo entsteht die der Erzeugung entsprechende Nachfrage konkret?
– Wann entsteht die der Erzeugung entsprechende Nachfrage ortsbezogen?
– Wie viel Strom wird auf den Ebenen NS, MS bis hin HS wann von wo nach wo verschoben?

– wie viel PV-Leistung wird direkt verwendet? Zur Information: Die Photovoltaik zählt bei der Simulation des Netzausbaus überhaupt nicht mit. Obwohl es Augenblicke gibt, zu denen der Strombedarf in allen deutschen Ländern tatsächlich zu 100% aus PV gedeckt wird.

– Windkraftleistung zählt zu einem kleinen Teil pauschal mit, nicht aber zu den Zeiten, an denen die Windkraft den gesamten Strombedarf deckt. Und auch hier: Obwohl es Augenblicke gibt, zu denen der Strombedarf in allen deutschen Ländern tatsächlich zu 100% aus Windkraft gedeckt wird.

– Niemand erfasst und bezieht die Leistungsverteilung bzw. den Leistungsabruf auf den beiden „unteren“ Netzebenen der „Mittelspannung“ (MS) und „Niederspannung“ (NS) ein. Dabei sind das die beiden Ebenen, von denen beinahe alle Stromverbraucher ihren Strom beziehen und auch die meisten generativen Erzeuger einspeisen. Welche der vier Netzebenen sind demnach die wichtigeren für die Verbraucher? Auf welchen Ebenen wird man den Einsatz von Speichertechnologie wohl am sinnvollsten beurteilen können? Und was bedeutet das somit für die Bewertung der Speichertechnologien?

– Speicher werden ihre Wirkung doch vernünftigerweise genau an den Einspeisepunkten der kleinen, dezentralen Erzeuger, den Ortsnetztrafos, den Entnahmepunkten der gewerblichen und industriellen Verbraucher und auch der Privatverbraucher entfalten. Speicher haben mit der Betrachtung der HöS und der HS-Ebene nicht direkt etwas zu tun.

– Indirekt aber sehr wohl, denn sie kappen überall sowohl die Einspeise- als auch vor allem die Bedarfsspitzen.

Da letztere aber kumuliert über die Leistungsverschiebungen auf den oberen Ebenen die Grundlage für den Netzausbaubedarf bilden müssten, wenn die These von der nur über Netzausbau garantierbaren Versorgungssicherhheit und Qualitöt für ganz D stimmen soll, entziehen Speicher dem Netzausbau schlicht die Grundlage. Denn der massenhaft Einsatz von Speichern verändert die ohnehin schon als ungenügend erkannten Standardlastprofile.

– Die Standardlastprofile werden zwar im Grünbuch als dringend überarbeitungsbedürftig, weil nicht mehr zutreffend bezeichnet, bilden aber angeblich nach wie vor einen wesentlichen, direkt dimensionierenden Teil der Netzbedarfsberechnung.

Der von BnetzA und ÜNB ermittelte Bedarf beruht also – aus dem Grünbuch des BMWi nachweisbar – direkt auf mindestens einer fragwürdigen Größe.

– Mit der aktuellen Methode werden auch die Stromverluste zwischen Erzeuger und Verbraucher nicht dort und dann erfasst, wo und wann sie stattfinden. Der nächste einigermaßen zugängliche Messpunkt nach dem Erzeuger ist der Endverbraucher. Der aber wird überwiegend nur einmal im Jahr in Summe erfasst: Bei der Zählerablesung.

Dafür gibt es lediglich eine pauschale Erfassung über die Summen bei Erzeugung und Verbrauch: Bruttostromerzeugung und Nettostromverbrauch. Dazwischen liegt der Verlust. Hier drängt sich eine Frage auf: Wie passt es zum immer wieder gestellten Ziel der Effizienzverbesserung, wenn Verluste lediglich pauschal einmal im Jahr erfasst werden und niemand weiß, wann und wo sie entstehen? Jeder Einfamilienhaus-Neubauerbauer oder Sanierer muss eine umfassende Energiebedarfsberechnung bis auf zwei Nachkommastellen samt Berücksichtigung kleinster Wärmebrücken erstellen lassen, aber beim bundesweiten Stromverbrauch begnügen wir uns mit einer pauschalen Darstellung auf ungültiger Grundlage, die in der Auseinandersetzung noch nicht mal thematisiert wird?

Fazit:

Es sollte an Hand dieser faktisch nachprüfbaren Konstellation deutlich erkennbar sein, dass bereits das Setup der Analyse eine eindeutig noch zentralisiertere Bewirtschaftung als bisher voraussetzt und damit auch das Ergebnis auf diesen zentralisierten Markt zugeschnitten wird. Deshalb kann das Ergebnis auch nichts anderes erreichen, als die Existenz der Großstrukturen, die es voraussetzt zu bestätigen und muss auch konsequent jede Form dezentraler Erzeugung und Verteilung oder Speicherung ausklammern. Sonst würde das vorausgesetzte Setup nicht mehr funktionieren und ein alternativer Ansatz, der auch den Einsatz von Speichertechnik umfasst, müsste erst mal geschaffen werden.

Damit wäre ich endlich bei der Frage nach der Speichertechnik. Im Grünbuch des Bundeswirtschaftsministeriums war zumindest der Hinweis zu finden, dass Speichertechnologien in die Entwicklung der Energiewende einbezogen werden sollen. In der politischen Realität wird dagegen alles getan, um das zu verhindern oder wenigstens zu vermeiden.

Der bayerische Energiedialog hatte dazu tatsächlich eine Arbeitsgruppe „Beitrag der Speichertechnologien“ eingerichtet, die ihre Ergebnisse veröffentlicht hat.

Dialogpapier 2 „bayerischer Energiedialog“!

Das positive Ergebnis der Arbeitsgruppe zum Thema Stromspeicher findet sich in diesem Statement. Vor allem in dem Satz:

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe sind sich einig, dass die Marktbedingungen für den Einsatz von Stromspeichern zu verbessern sind. Hierzu ist insbesondere eine Anpassung der geltenden regulatorischen Rahmenbedingungen notwendig.

Interessant sind vor allem die gelisteten Ergebnisse:

Ergebnisse und Handlungsempfehlungen

1. Im Rahmen der Energiewende leisten Speicher einen großen Beitrag:

• Speicher stellen Systemdienstleistungen zur Verfügung.
• Die Speicherung von EE-Strom reduziert den CO2 -Ausstoß.
• Speicher können Strommengen zeitlich verschieben und damit Stromerzeugung und Stromverbrauch zeitlich in Einklang bringen.

2. Die Teilnehmer der Arbeitsgruppe halten es nicht für möglich, dass Speichertechnologien unter den aktuellen Rahmenbedingungen in 2023 schon substanziell einen Beitrag leisten können, um eine Dunkelflaute zu überbrücken. Die Speicher können keinen großen Beitrag zur Schließung der Deckungslücke bei der erzeugten Strommenge von ca. 40 TWh leisten. Speicher können nur etwas speichern, was bereits erzeugt wurde!

3. Nach Aussage von Experten sind Speicher kein vollständiger Ersatz für den in der Diskussion befindlichen Übertragungsnetzausbau.

4. Das Stromsystem hat aufgrund des Zubaus an EE einen wachsenden Bedarf an Flexibilisierung. Speicher stellen dafür eine Option unter mehreren dar. Ziel muss eine technologieneutrale und kostenoptimierte Erschließung dieser Potentiale im gegenseitigen Wettbewerb sein.

5. Insbesondere zusätzliche Langzeitspeicher werden nach verschiedenen Gutachten jedoch erst ab einem Anteil von etwa 60 % bis 80 % Erneuerbarer Energien eine wesentliche Komponente. Diese EE-Anteile werden nach heutigem Stand erst nach ca. 2035 erreicht, ggf. teilweise regional früher. Kurzzeitspeicher werden schon deutlich früher benötigt bzw. werden bereits heute eingesetzt.

6. Die Bedeutung der Speicher (zentral und dezentral) nimmt mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien zu:

• Dies gilt für die in stärkerem Maße erforderlichen Systemdienstleistungen. Zur Aufrechterhaltung der Netzstabilität sind sie zwingend erforderlich.
• Im Weiteren sind Speicher notwendig, um ggf. die regional bzw. innerhalb Bayerns erzeugten Produktionsspitzen aufzunehmen und bei Zeiten höheren Bedarfs zur Verfügung zu stellen. Dabei können Speicher einen Beitrag zur Entlastung des elektrischen Verteilnetzes leisten; ggfs. eine zeitweilige Reduzierung des Umfangs des erforderlichen Verteilnetzausbaus bewirken.
• Speicher sind grundsätzlich auch geeignet, anderen Verbrauchssektoren Energie aus heimischer Stromerzeugung zur Verfügung zu stellen.

7. Die Wirkungsgrade, Kapazitäten und Kosten sowie die „Marktreife“ der vorgestellten Technologien sind sehr unterschiedlich, die Technologien daher auch nur spezifisch einsetzbar.

8. Soweit Limitierungen durch Regularien und staatliche Vorgaben zu Hemmnissen in einem technologieneutralen Wettbewerb der Flexibilitätsoptionen führen, sind sie kritisch zu überprüfen, u.a. das EnWG.

9. Schwerpunkt des nächsten Jahrzehnts muss die Forschungsförderung sowie die Förderung von Demovorhaben für die Entwicklung neuer Speichertechnologien sein.

Das ist an sich schon sehr beachtlich. Beim Faktencheck in den veröffentlichten Quellen aber stolpert man über etliche Aussagen, die einem Realitätstest nicht standhalten. Betrachtet man lediglich den Abschnitt über die Batteriespeicher, so fällt dem informierten Leser auf:

– Kosten sollen sehr hoch sein und werden z. B. bei den derzeit favorisierten Lithium-Ionen-Speichern mit 1.200 Euro / kWh angegeben, die laut Experten im System aber noch höher sein sollen.

Wer sich die Mühe gemacht hat auf die INTERSOLAR zu gehen, der hätte die Chance gehabt festzustellen, dass komplette Systeme, die nur noch vom Elektrofachbetrieb angeschlossen (Kosten ca. 500 Euro) werden müssen, bereits ab 5.000 Euro / 5 kWh Endkundenpreis erworben werden können: Batterien + Leistungselektronik (Wechselrichter, Lade/Entladeregler und Batteriemanagementsystem) für 1.000 Euro / kWh Systemkosten. Hier handelt es sich in der Regel um Li-Ion-Technologie.

Verwandte und gut vergleichbare Technologien auf Lithium-Eisen-Phosphat Basis sind ab 700 Euro / kWh Komplettpreis verfügbar. Es gibt alternative Anbieter mit Blei-Gel-Batterien, sehr, sehr fortgeschrittenen Blei-Säure-Batterien und – für Interessenten mit sehr viel Platz zum Aufstellen ein Batteriesystem auf Salzwasserbasis, das zu deutlich niedrigeren Kosten (< 100 Euro/kWh) verfügbar sein soll und praktisch unbegrenzt haltbar ist.

Der Hersteller TESLA als Technologieführer bietet die reine Batterie für 350 Euro / kWh bei 10 kWh (3.500 Euro) an, überlässt die beschriebene Peripherie Leistungselektronik aber der Wahl des Kunden. Die Leistungselektronik dazu ist bei verschiedenen deutschen Herstellern verfügbar und kostet zwischen 700 Euro und 1.000 Euro für Leistungen bis 25 KW. Damit liegt der Preis bereits um 450 Euro / kWh und tiefer. Ein 100 kWh Speicher ohne Leistungselektronik ist bei TESLA sogar für 25.000 Euro erhältlich: 250 Euro/kWh mit weitreichender Leistungsgarantie.

Demgegenüber behauptet der Vortrag, Batterietechnologien in Bayern dass Systemkosten von unter 300 Euro / kWh erst ab 2023 möglich sind. In deutlichem Kontrast stehen die auf der INTERSOLAR 2015 vorgestellten Systeme und Angebote, die ich Interessenten gern im Rahmen einer unabhängigen, entgeltlichen Beratung näher erläutere.

Der Aussage,„Im Fahrzeugbereich gibt es schon deutlich niedrigere Kosten. Hier werden bis 2020 etwa 200€/kWh erwartet…“ steht die Preisangabe von TESLA von ca. 17.000 US-Dollar für die 85 kWh-Batterie des Model S im Austausch bereits jetzt gegenüber. Fünf Jahre vor der Prognose! Leider sind diese Fakten im Energiedialog nicht berücksichtigt. Wir wollen doch nicht annehmen, dass die Fakten absichtlich ignoriert werden.

Damit steht fest, dass die Aussage, „Grad der Einsatzreife als Serienprodukt 2023“ schlicht falsch ist.

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Bewertung der Haltbarkeit der Li-Ion-Technologie. Während die „Experten“ in Dialog fordern:

„Problematisch ist bisher die eingeschränkte Zyklenzahl (bei Lithium-Ionen-Batterien werden bis 2023 mindestens 5000 –
7000 Zyklen als Ziel angestrebt), die die Betriebszeit bzw. Lebensdauer im Vergleich zu anderen Speichertechnologien deutlich einschränken.“
bieten die Hersteller bereits heute diese Zyklenfestigkeiten an und geben dafür sogar eine Gewährleistung (TESLA, PACADU, ESS, andere).

In wie weit kann man also den Aussagen eines Gremiums von „Experten“ vertrauen, wenn diese so einfach widerlegbar sind, bzw. die Mitglieder des Gremiums nirgendwo explizit namentlich genannt werden. Meiner Auffassung nach wird es einer Demokratie nicht gerecht, wenn die Erarbeitung von Grundlagen, Ergebnissen und Beschlüssen zu Problemlösungen durch Delegation an so genannte „Experten“ bei gleichzeitiger Verweigerung transparenter Einsichtnahme in die Grundlagen dem demokratishen Diskurs entzogen werden. Es sollte einem jeden einleuchten, dass sowohl gezielte Einflussnahmen, Manipulationen als auch Fehlerquellen um so größer sind, je überschaubarer die mit der Aufgabe betraute Gruppe ist. Hier, bei Entscheidungen mit Auswirkungen auf die nächsten 50 Jahre, fehlt es deutlich mindestens an Transparenz, an externen demokratischen Prüfungsmöglichkeiten als auch sichtbar an der vom politischen Initiator eingeforderten Technologieoffenheit.

Ähnlich verhält es sich bei der genannten Redox-Flow-Technologie.

In der Zusammenfassung wird diese nur pauschal als mit „Systemkosten hoch“ und „Wirkungsgrad niedrig“ geradezu abgekanzelt. Sie wird eher beiläufig in die Betrachtungen eingebaut. Indiziert wird zwar der im Vergleich zu Li-Ion (85%) niedrige Wirkungsgrad von 70%, der aber immer noch besser als der von Power-to-Gas (25%), LOHC 35%), Brennstoffzellen (35%), BHKW (30%) oder Verbrennungsmotoren (25%% – 30%) ist. Wobei Wirkungsgradbetrachtumngen ohnehin wegen ihrer Bezogenheit auf standardisierte Bedinungen für jede Betrachtung der Wirtschaftlichkeit wertlos sind. Sie dienen vielmehr der Vergleichbarkeit der jeweiligen Anlagen an sich.

In ein und dem selben Dokument Energiespeicher – Technik… heißt es, Redox-Flow sei wie Natrium-Schwefel ein Großspeicher, während in einer Tabelle die maximale Größe mit 10 MWh angegeben wird. Die von Natrium-Schwefel-Batterien mit 450 MWh. Tatsache ist, dass beide Technologien im Grund beliebig skalierbar sind.

Sofern man das tatsächlich braucht. In der Realität werden in einem dezentralen Stromversorgungsystem die Leistungen eines einzelnen Batterieparks kaum über 200 MW bei 1 GWh Speicherkapazität hinausgehen. Selbst wenn jemals eine Dunkelflautenzeit mit 200 TWh Speicherkapazität abgedeckt werden sollte, dann wären Speicher mit z. B. 1 TWh Kapazität technisch bedingt mit einer Leistung von wengistens 250 GW bis 1 TW ausgestattet. Dieser Aufwand erscheint bei einer angeblich in der BRD abgerufenen Jahreshöchstlast von knapp 84 GW etwas übertrieben. Derartige Be- und Entladeleistungen an einem Ort zu bündeln ist mit Sicherheit detailliert zu hinterfragen.

Gänzlich inakzeptabel ist indes die Angabe der Zyklenzahl von Redox-Flow-Batterien mit 1.510 bis 2.780 in dem Dokument.

Energiespeicher – Technik…

Hersteller geben 20.000 Zyklen und mehr an und geben dafür sogar Gewähr. Darüber hinaus gibt es andere „Experten“ die bereits lange vor den Verlautbarungen des „Bayerischen Energiedialogs“ öffentlich einsehbare Untersuchungen erstellt haben: Bundesn.gesellschaft: Elektrochemische Energiespeicher (S. 34).

Angesichts solcher Fehler oder Nachlässigkeiten wird überdeutlich klar, dass die nirgendwo genannten „Experten“ die Chancen vorhandener Technologien gering schätzen oder gar gezielt vernachlässigen.

Weiter bewerten die Unterlagen mehrfach die Redox-Flow-Technologie als Kurz- oder Mittelfristspeicher, obwohl z. B. die Selbstentladungsrate über ein Jahr mit unter 1% sehr niedrig ist. Ebenfalls unberücksichtigt bzw. falsch dargestellt bleibt die tatsächliche Langlebigkeit der Technologie, die die spezifischen Kosten pro kWh ein und ausgespeicherter Energie bereits heute nahe an einen sinnvollen Zielwert von 5 ct./kWh rücken lässt, der die Technologie wirtschaftlich konkurrenzfähig zu Stromnetzen macht.

Darüber hinaus stimmen auch hier die Preisangaben nicht wirklich. Auf der INTERSOLAR wurde z. B. Von einem Anbieter ein Redox-Flow-System bei 250 KW Leistung und 1 MWh Kapazität mit ca. 700.000 Euro beziffert. Das sind 700 Euro / kWh bei ca. 80 Jahren Lebensdauer. Die Datenerhebung der Bunsengesellschaft stammt von 2011!

Bereits jetzt sollte sich ein Anwender die Frage stellen, ob es ihm nicht mehr nützt, einen Speicher zu errichten, um mehr selbst erzeugten Strom zu nutzen, statt Netzstrom zu beziehen und dafür Netzentgelt zu bezahlen. Bei dieser Fragestellung hat die Lebensdauer des betrachteten Speichers grundsätzliche Bedeutung.

Ebenso die Betriebsstrategie, die die Häufigkeit der Be- und Entladungsvorgänge definiert. In den Ergebnissen der Arbeitsgruppe fällt auf, dass die verschiedene denkbaren Betriebsstrategien nicht berücksichtigt werden. Eben die denkbaren Betriebsstrategien haben jedoch einen massiven Einfluss auf den anliegenden Netzbedarf. Allein deshalb ist die Fortsetzung der Bedarfsermittlung zum Netzausbau über die Kumulierung der Kraftwerkleistungen systematisch der falsche Ansatz. Entscheidet sich eine hinreichend große Menge privatwirtschaflticher Nutzer für den Einsatz von Speichern, fällt die gesamte Netzausbauplanung zusammen wie ein Kartenhaus. Dann hätten wir Netze, die wir bezahlen, ohne sie zu brauchen.

Für die Bevölkerung in Bayern gilt: Jede EEG-freie PV-Anlage mit Speicher verringert den Netzausbau. Ebenso jede Kleinwindanlage, jedes Mini-BHKW oder Nano-BHKW wie z. B. die Viessmann Brennstoffzelle oder der Viessmann Vitodens-Stirling.

Denken wir nur folgendes Beispiel durch:

3,5 Millionen Einfamilienhausbesitzer in Bayern bauen eine PV-Anlage (soweit sie nicht schon eine haben) mit 10 KW auf ihr Dach und erzeugen damit ca. 28 MRD kWh Strom im Jahr (28 TWh). Damit ist die angebliche „Stromlücke“ von 30 TWh (laut BnetzA) rechnerisch bereits weitgehend geschlossen. Eine Stromlücke, die übrigens nur auf dem Wegfall der Kernenergie beruht und die ungenutzen Laufzeiten der übrigen vorhandenen Kraftwerke nicht berücksichtigt.

Dazu kaufen sich die Eigentümer einen Stromspeicher mit 10 kWh bei ca. 10 KW (dreiphasig 3 mal 3,7 KW = ca. 230 V x 16 A) für teure 10.000 Euro (Nein,wir nehmen absichtlich nicht den Speicher von TESLA) inklusive Leistungselektronik und Installation, der zwischen Netz und Haus mit PV steht.

Das Ergebnis wären allein in Bayern 35 GW ständig zur Verfügung stehende Regelenergie auf der Niederspannungsebene mit 0,4 KV.
10 mal so viel wie die gesamte BRD inklusive Österreich benötigt.

Für den einzelnen Nutzer würde das bedeuten, einerseits bis zu 10 kWh vom tagsüber erzeugten Strom zusätzlich selbst nutzen zu können und gleichzeitig z. B, durch einen Nachttarif, nachts günstigeren Strom zu beziehen (Was die Netzbetriebr aber nicht zulasen. Verboten! So viel zum Thema flexible Strompreise anbieten!)

Die Rentabilität hängt dabei wie gesagt von der Betriebsstrategie ab und somit davon, was man wann mit dem Strom macht. Dies kann jeweils allerdings nur mit einem beträchtlichen Aufwand von einem tatsächlich sachkundigen Energieberater eingeschätzt werden. An der Stelle liegt aktuell eines der Hindernisse, da es in Deutschland typischerweise üblich ist, Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, aber nicht persönlich und direkt dafür zu bezahlen.

Es sei denn man ist rechtlich dazu verpflichtet (TÜV, Kaminkehrer, Steuerberater, Anwalt, Wirtschaftsprüfer,…). Aus diesem Grund werden z. B. Energieberater nur konsultiert, wenn es dafür Zuschüsse gibt und es gesetzlich unvermeidlich ist. Konsequent im Sinne der Energiewende wäre es, wenn die Energieberater im statlichen Auftrag handeln, nach einer Gebührenordnung bezahlt werden und keinerlei wirtschaftliche Interessen bei der Beratung verfolgen oder gar für ausführende Unternehmen handeln, was allerdings aktuell meistens der Fall ist.

Dies geschieht dadurch, dass die weitaus meisten Energieberater mit Berechtigung zur Zuschussbestätigung gleichzeitig Handwerker, Kaminkehrer, Ingenieure oder Architekten sind, die gleichzeitig andere Dienstleistungen im Baugewerbe erbringen oder bei den ausführenden Firmen direkt fest angestellt sind..

Fertige Energiemanagementlösungen, die individuell vom Nutzer selbst und einfach angepasst werden können, sind aber bereits erhältlich.

Politik muss hier an drei Stellen entgegenkommen:

– Die angeblich zur Entsolidarisierung führende Erhebung der EEG-Umlage auf Eigenverbrauch sofort wieder abschaffen. Die, die seit Jahren keine oder nur reduzierte EEG-Umlage bezahlen oder gar netzentgeltbefreit sind, entsolidarisieren sich nach dieser verdrehten Logik schließlich auch.

– Speicherbetreibern eine feste Vergütung bezahlen, die mindestens dem vermiedenen Netzentgelt entspricht

– Speicherbeschaffung unabhängig von Erzeugern direkt durch Darlehen oder Garantien fördern

Ansonsten ist die Abteilung Speichertechnologien im „bayerischen Energiedialog“ eher eine Enttäuschung. Will man detailliert und transparent Bescheid wissen, muss man deutlich tiefer in die veröffentlichten Dokumente gehen. Was auffällt: Alle angesprochen Technologien werden als geeignet für Kurzzeitspeicherung (Tag/Woche) oder Mittelfristspeicherung (Woche/Monat) qualifiziert. Sogar Redox-Flow-Batterien sind in dem Einleitungsvortrag Energiespeicher – Technik… als Tages- und Monatsspeicher bezeichnet, während sie auf Grund der extrem niedrigen Selbstentladung und ihrer verhältnismäßig geringeren Leistung technisch zur Langzeitspeicherung dienen.

Das schlimmste aber ist: Aus allen Dokumenten wird lediglich der Satz Dialogpapier 2 „bayerischer Energiedialog“! und Statement Hering „Die Teilnehmer der Arbeitsgruppe halten es nicht für möglich, dass Speichertechnologien unter den aktuellen Rahmenbedingungen in 2023 schon substanziell einen Beitrag leisten können, um eine Dunkelflaute zu überbrücken“ begierig aufgegriffen und von verschiedenen Medien (Augsburger Allgemeine am 27.06.2015, IHK Schwaben-Zeitschrift “Wirtschaft“ Juni 2015) signifikant verkürzt und als Faktum (und Fatum) kommuniziert: „Speichertechnologie ist bis 2023 nicht verfügbar!“

Bereits der originale Satz aber hat selbst durch die ungenannten Experten lediglich den Charakter einer Einschätzung, die vollkommen unveränderte Bedingungen bis 2023 voraussetzt.

Damit wird klar: Was nicht gewollt wird, kann nicht werden, wenn man es nicht werden lässt. Oder: Speichertechnologie wird nicht gewollt. Warum, das mag sich jeder selbst Denken. In sämtlichen Dokumenten gibt es keine einzige durch Fakten verknüpfte Nachweisführung dazu. Die Aussage ist somit schlicht eine apodiktische Behauptung ohne jeden aktuellen Wahrheitsgehalt.

Und sie trägt dazu bei, dass mangels besserem Wissen bei bedeutenden „Energiegipfeln“ wieder nur die gleichen alten Konzepte auf den Tisch kommen, die keinesfalls eine „Energiewende“ befördern und für die ganz selbstverständlich Steuergeld locker gemacht wird, welches Alternativen wie Elektromobilität und Speichertechnologie verwehrt wird.

Grundsätzlich steht das Projekt „Energiewende“ derzeit still und leidet politisch eigentlich nur an der unsäglichen Festlegung auf ein „energiepolitisches Zieldreieck“, welches aktuell existierende Rahmenbedingungen (Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit) zu Zielen umdefiniert (Sauberkeit/Nachhaltigkeit),  bzw. grob missachtet und das eigentlich nur eine Wirkung hat:

Den Status Quo vor das eigentliche Ziel einer echten Energie-Wende zu stellen. Denn eine Wende bedeutet eine klare Kursänderung: In diesem Fall den Ausstieg aus allen fossilen und nuklearen, besser gesagt degenerativen Energiequellen.

An dieser Stelle ist offenbar eine überaus geschickte Manipulation gelungen.

Selbst die „Experten“ sehen in diesem einzelnen Satz des gesamten Statements lediglich ein wahrscheinliches Ergebnis unter den gegenwärtigen Bedingungen, von denen einige wie gezeigt auf falschen Annahmen beruhen.

Dieses Statement wird sich genau dann bewahrheiten, wenn es bis 2023

– keinen nennenswerten Zubau an generativen Erzeugern gibt
– Speichertechnologien egal welcher Art nicht die von den „Experten“ geforderte Förderung erfahren
– Speicher weiterhin gesetzlich als „Endverbraucher“ eingestuft werden und somit netzentgeltpflichtig sind, statt an den Netzentgeltumlagen in gleichberechtigter Weise zu partizipieren. Denn nur dadurch könnten sie ihren Nutzen für die Volkswirtschaft wirklich entfalten.

Ich sehe den Energiedialog in der Frage als unvollständig und irreführend an. Die Wirkung: Wir verpassen einmal mehr eine Gelegenheit, eine zukunftswirksame Technologie hier bei uns zu produzieren und zu entwickeln. So wie einst Haushaltsgeräte, die Unterhaltungselektronik, Computerindustrie und sogar klassische Produktion wie Textil lassen wir ein neues Feld fahrlässig links liegen und setzen stur auf fossile Technologien.

Die Frage aber lautet: Was, wenn sich z. B., die Elektromobilität über die Entwicklungen in anderen Ländern über kurz oder lang zur Leittechnologie bei der Mobilität wird? China hat das Ziel ausgerufen, Leitmarkt für Elektromobilität werden zu wollen. Das will Frau Merkel aber für die BRD. Welches Land hat wohl derzeit die besseren Ausgangsbedinungen? China, das bereits im Zweiradsektor nur noch elektrisch betriebene Fahrtzeug zuläßt? China, das bereits jetzt über eine funktionierende Produktion für batterieelektrisch betriebene Busse verfügt? China, das die größten Produktionskapazitäten für Batterietechnologie bereits geschaffen hat? China, das mehr elektrisch betriebene Fahrzeugmodelle hat als die BRD? Oder die BRD, in der die einzige Fabrik für Batterieproduktion in Kamenz stillgelegt wird? Die BRD, in der Hersteller lieber auf Hybridfahrzeuge mit einen zusätzlichen Elektromotor setzen und ernsthaft einen „TESLA-Jäger“ mit Verbrennungsmotor entwickeln, der halt noch einen E-Motor zur Steigerung der reinen Antriebsleistung hat (BMWi5)?

Wer im Ausland kauft dann noch die hochtechnologischen Fahrzeuge aus Bayern oder Baden-Württemberg? Von welchen Erlösen soll die gewaltige, hochspezialisierte Zulieferindustrie für Fahrzeuge auf Verbrennungstechnologie dann noch leben?

Die Kanzlerin redet, ihre Regierungsmitglieder und Parteifreunde handeln gegenläufig, während Chinesen und Amerikaner machen und vorlegen. Ein rein elektrisch betriebenes Fahrzeug zu bauen ist keine besondere Herausforderung. Es sei denn man legt Wert auf alles, was mit dem Antrieb nicht direkt zu tun hat, aber nicht auf den Antrieb selbst. Von Fahrerassistenzsystemen und teuren Carbonfaserkarosserien allein kann man aber nicht leben und auch ein edler Markenname verbraucht sich, wenn er nicht Anschluss mit der Zeit hält.

Wer nicht mit der Zeit geht, wird mit der Zeit gehen.

Thomas Blechschmidt

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Kommentar, Kritik und Fragen zur „Stromdatenerhebung der Industrie- und Handelskammern “

Kommentar, Kritik und Fragen zur

„Stromdatenerhebung der Industrie- und Handelskammern Bodensee-Oberschwaben, Ostwürttemberg, Schwaben und Ulm“

von Thomas Blechschmidt

„Das war aber auch Zeit“, so mein erster Gedanke, als ich die Veröffentlichung in der IHK Zeitschrift „Wirtschaft“ der IHK Schwaben zu Lesen begann. Endlich mal ein Ansatz, der – zumindest – in der Fläche beginnt und einen deutlich dezentralere Ausgangsposition einnimmt, als die immer wiederkehrenden Wiederholungen der zentralistischen Ansätze von Bundesnetzagentur und den derzeit amtierenden Politikern. Als ob es sich noch nicht herumgesprochen hätte: Ständige Wiederholung verbessert zwar die Fähigkeit zur Ausführung, aber niemals das Produkt selbst. Falls systematische Fehler vorliegen, werden diese nicht dadurch beseitigt, dass man sie ständig wiederholt.

Denken wir an den geübten Schützen, der mit der Zeit immer besser trifft. Erschießt er mit der Waffe seine Mitmenschen, so mag er zwar effizient wie Andres Breivik sein, nichtsdestotrotz kann man sein Tun nicht gutheißen.

Für das Studium des Papiers selbst hatte mich aber bereits eine unbezähmbare Neugier erfasst. Am Lesen der gesamten Erhebung konnte mich dann auch nicht hindern, dass die „zentralen Ergebnisse“ bereits am Anfang stehen.

Erstaunlich. Die Überschrift verspricht eine Datenerhebung und sogleich werden Ergebnisse präsentiert. Noch bevor überhaupt Daten veröffentlicht werden. Sollte es sich also um eine Studie handeln und nicht etwa um eine Datensammlung, die Interessierten zur eigenen Bewertung zur Verfügung gestellt werden?

Der Soziologe in mir wird wach. Um was geht es hier? Taktische Apodiktion um das Denken, die Erwartungshaltung und die Zielsetzung der „Beweisführung“ gleich von Anfang an in vorgegebene Richtungen zu Lenken? Wunschergebnisse – in wessen Interesse auch immer – vorwegzunehmen? Oder um den Rezipienten die Mühe des Lesens, die kritische Auseinandersetzung mit der Studie oder schlicht Zeit zu sparen?

Die Erinnerung an die Jahre des Studiums und der Gymnasialzeit zumindest hält mich nach wie vor in der Überzeugung, dass am Anfang einer Studie womöglich einige Thesen stehen, die geprüft werden sollen, Ergebnisse aber gewöhnlich am Schluss zu finden sind. Sogar bei Kaufleuten stehen die Ergebnisse am Ende unter dem Strich der Rechnung.

Da mich das Voranstellen der Ergebnisse hier schon einmal mehr ziemlich ärgert, beschließe ich, die „zentralen Ergebnisse“ für mich als Thesen zu betrachten, die durch die Erhebung der Daten und deren Interpretation „bewiesen“ werden sollen.

Die Thesen lauten also:

1. Das Kernkraftwerk Gundremmingen ist das einzige grundlastfähige Großkraftwerk in der Region, welches den regionalen Jahresstrombedarf in Höhe von 21 TWh nahezu decken kann.

2. Bereits mit der Abschaltung des ersten Blocks des Kernkraftwerks Gundremmingen im Jahr 2018 wird die Region zur Stromsenke, d. h. Vom Stromexporteur zum -importeur. Diese Situation wird sich bis zum Jahr 2022 deutlich verschärfen.

3. Erneuerbare Energieträger können die entstehende Versorgungslücke nicht schließen. Sie decken den Strombedarf grundlastfähig zu einem Fünftel bzw. inklusive der volatilen Erzeugung zu einem Drittel.

4. Der Netzausbau und/oder die Errichtung von grundlastfähigen Ersatzkapazitäten ist zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit dringend notwendig.

OK, das will ich mir mal genauer ansehen. Meine Zusatzqualifikation zum Energiemanager habe ich schließlich bei der IHK erworben, also gehe ich mal davon aus, dass ich am Ende zu ziemlich ähnlichen Schlüssen komme. Auch wenn es mich ein wenig verwundert, dass die IHKn Energiemanager qualifizieren – also Menschen die sich mit dem Einsatz, dem Nutzen, dem Transport, der Speicherung, der Effizienzsteigerung und der Bilanzierung von Energie in jeglicher Form befassen (und sich nicht etwa nur wegen ihrer kaufmännischen Tätigkeit als Ver- und Einkäufer oder Trader von Energieträgern als Energiemanager bezeichnen –) und dass die IHKn dann die gemeinsame Kompetenz dieser Energiemanager nicht nutzen, um solche Datenerhebungen und Studien vor Veröffentlichung einem Bestandstest der eigenen Fachleute zu unterziehen.

Dementsprechend sehe ich mir einzelne Paradigmen der „zentralen Ergebnisse“ erst mal an und stelle ein paar Fragen.

Grundlastfähigkeit: Dieser Begriff bezieht sich auf eine zuverlässige und zu jeder Zeit verfügbare Leistung in einem bestimmten geographischen Bereich, die den mindestens erforderlichen Bedarf in diesem Gebiet zu jeder Stunde des Jahres, noch besser zu jeder 1/4-Stunde, abdecken soll.  Für das betrachtete Gebiet ist diese notwendige Grundlast in dieser Erhebung schon mal nicht angegeben. Was also soll das?

Die Höhe dieser Leistung hängt davon ab, welche Verbraucher in dem betreffenden Gebiet ansässig sind. Leistung ist sinnvollerweise als das zu bezeichnen, was eine Energiequelle jeweils zu einem bestimmten Zeitpunkt bereitstellen kann. Das, was ein Verbraucher an Leistung abruft, bezeichnet man als Last. Dazu kommen noch ziemlich genau bestimmbare Verluste, die bei der Verschiebung von Leistung und beim Transport der Energie zwischen Energiequelle und Verbraucher aus physikalischen Gründen auftreten. Diese Zusammenhänge sind in der Erhebung leider nicht betrachtet.

Von was genau ist hier also die Rede?

Jetzt könnte man natürlich hingehen und einfach die maximal möglichen Lasten aller Verbraucher plus einen pauschalen Verlustzuschlag addieren, um die benötigte Grundlast auszurechnen. Zu Beginn der Elektrifizierung wurde das auch mehr oder weniger so gehandhabt, doch heute käme dabei eine Zahl heraus, die um ein vielfaches höher liegt, als die zur Verfügung stehende Summe der Leistung aller Kraftwerke:

Betrachtzen wir von diesem Ansatz aus einfach nur mal alle privaten Haushalte, die sich per zugehörigem Zähleranschluss identifizieren lassen: Das sind ca. 43 Millionen Anschlüsse (siehe Monitoringberichte der Bundesnetzagentur).

Jeder Haushalt hat mindestens einen dreiphasigen Anschluss bei 230 Volt (V) mit je 16 Ampère (A) Absicherung. Das ergäbe pro Phase eine Anschlussleitung von wenigstens 3,6 kW mal 3 Phasen, also ca. 11 KW abrufbare Leistung.

43 Millionen Haushaltsanschlüsse würden daher in der Lage sein, 473 GW Leistung auf einmal abzurufen. Wobei dier große Anteil an Haushalten mit 25 A oder gar 32 A je Phase nicht berücksichtigt sind. In der Realität wären es mit Sicherheit noch mehr. Die ca. 84 GW „Jahreshöchstlast“ der BNetzA werfen dabei die Frage auf, worauf genau die sich denn eigentlich beziehen? Immerhin sind es ja vor allem die 43 Mio-Haushalte,die das Netzentgelt dafür bezahlen.

Ein Bild drängt sich auf:

Stellen Sie sich jetzt mal einen Zapfhahn für Bier vor, der in einer einzigen Minute die 10.000 Maßkrüge eines großen Bierzelts füllt. Das wäre die Entsprechung. Macht niemand, nein, man lässt die Besucher besser ein wenig warten oder zapft vor. Niemand würde die gesamte Zapfleistung zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort zur Verfügung stellen. Der Aufwand wäre enorm. An jedem Sitzplatz müsste ein eigener Zapfhahn verfügbar sein und die Querschnitte der Zuleitungen wären gigantisch.

Deshalb ist zur Bestimmung der Grundlast von Bedeutung, zu welchen Zeitpunkten diese Lasten auftreten. Das würde eine Reihe von graphisch darstellbaren Lastganglinien ergeben, die übereinandergelegt und geordnet werden können. Dann ließe sich eine Grundlast ziemlich gut abbilden. An der Stelle würde ich nun als Energiemanager so vorgehen, dass ich die abgerufenen Lasten messen möchte, um möglichst genaue Lastgänge zu erhalten und vor allem zu wissen, wann diese Nachfragespitzen (Lastpeaks) bestehen.

Nun, im Bierzelt ist das aus Erfahrung klar und die Schankkellner zapfen meist ordentlich vor, damit es für die Gäste schnell geht. Allerdings würde kein Mensch auf die Idee kommen, für all die Bierzelte eine Großbrauerei zu errichten in der dann die Maßkrüge vorgezapft und zu den Bierzelten gefahren werden, damit das Bier bei Bierzeltöffnung rechtzeitig eingeschenkt bereit steht.

Ebenso wenig würde irgendwer auf die Idee kommen, alle Bierzelte mit direkten Bierleitungen von der Großbrauerei zu den Sitzplätzen zu versehen. Mal abgesehen davon, dass heimisches Bier sowieso das bevorzugte Produkt sein sollte, verfügt die Infrastruktur der bayerischen Bierversorgung über ein gut organisiertes System aus Speichern (Biertanks, Tankwagen, Fässer, Maßkrüge) und Transport (Fahrzeuge), um den Bedarf dann zu decken, wenn er gebraucht wird.

Eben durch diese noch immer weitgehend dezentrale Erzeugungskapazität wird die Grundlast an Bier bei uns zuverlässig gedeckt. Naheliegend wäre es, dies mit Strom genau so zu machen. Schließlich sind Speicher in jeglicher Form (Korn, Getreide, Holz, Pellets, Öltank, Geldspeicher, Bank, Tresor, Fässer,…) wie bereits in der Bibel erwähnt, seit den Sumerern und Ägyptern in Gebrauch.

Gleichzeitig hängt genau diese Grundlast auch davon ab, wo sie auftritt. So gehört zur Darstellung der Grundlastfähigkeit in der BRD das Kernkraftwerk Gundremmingen genauso wie zur Darstellung der Grundlastfähigkeit in Bayern, in Europa im Bereich der vier IHKn oder nur in Schwaben. Die sicher verfügbare Leistung des Kernkraftwerk Gundremmingen wird auf jeder Ebene einen anderen Anteil an Grundlast decken und bei Abschalten auf jeder Ebene einen andere theoretische Stromsenke verursachen. Und diese gesichert bereit stehende Leistung hat mit dem benötigten Bedarf direkt rein gar nichts zu tun: Laut LEW lag der höchste Lastabruf – also der Peak und nicht etwa die „Grundlast“ – in deren Netzgebiet bisher bei 1.972 MW. Diesem Wert müsste korrekterweise die gesamte Erzeugungsleistung im gleichen Gebiet aufgeteilt auf die einzelnen Erzeuger gegenüber gestellt werden, um erkennen zu können, ob tatsächlich eine Grundlastlücke besteht. Die Angabe möglicherweise fehlenden Stroms TWh liefert an der Stelle den falschen Bezug.

Nicht zu vergessen: Es gibt vier Netzebenen, auf denen Strom direkt örtlich verschoben wird. Für Grundlastbestimmungen bedeutet das, das diese umso aussagekräftiger sind, je dezentraler die Betrachtung vorgenommen wird.

Bei der Bestimmung der Höhe einer Grundlast kommt es deshalb einerseits auf den Zeitpunkt an, andererseits auch auf den Ort und drittens vor allem auch auf den Bestand an Erzeugungsanlagen. Deshalb erstaunt es nicht, wenn eine integrierte Betrachtung aller Möglichkeiten zu dem Schluss kommt, dass die Grundlast verschwinden wird, je größer der Anteil von Wind- und Solarstrom an der Deckung des Stromverbrauchs wird:

Das Ende der Grundlast

Warum ist das so? Nun, schlicht deshalb, eben weil Grundlast ein Begriff ist, der lediglich zeitlich kaum und örtlich gar nicht bestimmte Lasten als statistische Summe unspezifisch zusammenfasst und deshalb nichts ist als eine indirekte Hilfsgröße zur Bestimmung der Rentabilität von Großkraftwerken in einem zumeist nicht näher definierten geographischen Gebiet. Mit anderen Worten: Physikalisch und technisch existiert überhaupt keine Grundlast. Sie ist ein kaufmännisch geprägtes, unpräzises Gedankenmodell und in etwa so aussagekräftig, wie die mittlere Niederschlagsmenge das Auftreten von Überschwemmungen und Trockenheiten vorhersagen kann.

Für mich heißt das: Ich bin gespannt auf die Messergebnisse und Lastganglinien der Verbraucher im betrachteten Gebiet. Ansonsten ist diese Erhebung eine Fingerübung ohne Aussagekraft, die lediglich zu unsachgemäßen Schlüssen führt.

Die notwendigen Daten aber finde ich in der Erhebung nicht.

Betrachte ich also These 1

1. „Das Kernkraftwerk Gundremmingen ist das einzige grundlastfähige Großkraftwerk in der Region, welches den regionalen Jahresstrombedarf in Höhe von 21 TWh nahezu decken kann.“,

dann sehe ich nichts als die Feststellung, dass mit diesem Kraftwerk derzeit aller Strom in der Region erzeugt wird. Mit der Aussage kann ich als Energiemanager in Richtung Zukunft rein gar nichts anfangen. Und nach dieser etwas umfangreicheren Betrachtung fällt mir dann auch noch auf, was ich zunächst übersehen hatte: Der Satz verknüpft den Begriff der Last, also auf der Erzeugerseite der Leistung, mit der Strommenge, die erzeugt wird. Grundlast bezieht sich aber auf das Abdecken von sicher benötigter Leistung zu jedem Zeitpunkt (die Leistung von Gundremmingen liegt bei 2.688 MW) und nicht auf den gesamten Strombedarf eines Jahres.

These oder Ergebnis 1 ist in meinen Augen vollkommen invalide. Die erwarteten Daten sind in der Erhebung nicht zu finden.

Nun, es gibt ja noch drei weitere Ergebnisse. Nummer 2

2. „Bereits mit der Abschaltung des ersten Blocks des Kernkraftwerks Gundremmingen im Jahr 2018 wird die Region zur Stromsenke, d. h. Vom Stromexporteur zum -importeur. Diese Situation wird sich bis zum Jahr 2022 deutlich verschärfen.“

Das klingt erst mal plausibel, könnte also möglicherweise stimmen.
Ergo gehe ich davon aus, dass zumindest die Erzeugungsdaten und die Leistungsdaten aller vorhandenen Kraftwerke erfasst sind. Da mich die Thematisierung der Grundlast aus beschriebenen Gründen nicht wirklich überzeugt, hätte ich mich also auf eine umfassende Liste aller vorhandenen Erzeugungsanlagen und deren jeweiliger Stromerzeugung gefreut. Dann wäre es möglich festzustellen, wie viel Strom diese Anlagen erzeugen und auch wie viel Reserve an Erzeugungskapazität vorhanden ist. Wenn schon keine zeitliche Erfassung, dann wenigstens eine vollständige Kraftwerksliste nach Kraftwerkstyp geordnet.

Dem gegenüber finden sich allerdings bereits auf den ersten Seiten der Erhebung deutlich mehr Erläuterungen, was alles nicht erfasst werden konnte, als was eigentlich an Daten vorhanden ist.

Im Lauf der Studie stellt sich sogar heraus, dass der Bestand an degenerativen Erzeugern nur unvollständig und der Bestand an regenerativen und generativen Anlagen als potentielle Erzeuger zwar hinreichend genau erwähnt, aber ohne jegliche Betrachtung ihreserschlosenen und noch unerschlossenen Potentials vorgenommen wurde. Stillschweigend geht die Erhebung davon aus, dass bis 2022 keine nennenswerten Mengen an PV oder Windkraftanlagen neu errichtet werden. Ist es jetzt bereits sichere Gewissheit der Autoren, dass der momentan politisch durchgesetzte Ausbaustopp von PV und Windkraft in Bayern Bestand haben wird?

Dabei wäre es zumindest bei der PV ziemlich einfach, die Verfügbarkeit immer noch unbelegter Dachflächen zu erfassen. Bereits ein Spaziergang durch verschiedene Ortschaften lässt für jedermann den subjektiven Eindruck zu, dass noch keine 20 % der Dachflächen genutzt sind. Eine Software zur Erfassung von Potentialen via Internet über satellitengestützte System gibt es hierzu bereits.

Argumentativ wird meist gern auf den enormen Flächenbedarf von PV als Freiflächenanlagen hingewiesen.

Dazu einige Bemerkungen:

– Die CSU – sie ist nun mal der bestimmende Faktor in unserem Land – stilisiert den Freistaat gern als Spitzenreiter für alles, was gerade opportun sein könnte. Doch obwohl gesicherte Erkenntnisse über die Vorteile der Verbindung von PV und Ackerbau auf der gleichen Fläche seit mehr als 5 Jahren vorliegen, laufen die ersten Projekte dafür in Südwestdeutschland, nicht in Bayern, und das erste Patent dafür kommt aus Südtirol.

– Trotz der seit Jahren mehrfach angekündigten Begrenzung des extremen Flächenverbrauchs in Bayern (da sind wir hier tatsächlich Spitzenreiter), hat bisher kein politisch Verantwortlicher sich dafür stark gemacht, dass diese Flächen, die ja jedem landwirtschaftlichen oder naturnahen Nutzen dauerhaft entzogen werden, zumindest verpflichtend der energetischen Zusatznutzung unterworfen werden. Wie viele Millionen Quadratmeter Handelsflächen, Gewerbegebäude und vor allem Parkplätze sind entstanden, die allesamt problemlos auch zur Stromerzeugung genutzt werden könnten. An der Stelle wäre ein negativer Anreiz angebracht, der eine Abgabe für die Nichtnutzung erhebt. Schließlich werden die Flächen ja dem bereits vorher vorhandenen allgemeinen Nutzen (CO2-Abbau, Sauerstoffanreicherung der Atemluft) entzogen.

Die vorgenommene postleitzahlenscharfe Zuordnung von Daten in der Studie ist begrüßenswert, spiegelt aber keineswegs die reale Aufteilung der Netzebene und die realen Stromflüsse wieder. Schon gar nicht zeitlich. Aussagekräftiger wären Karten mit den Versorgungsreichweiten der Kraftwerke und verschiedenen Umständen.

Besonders ins Auge sticht, dass die Erzeugung aus Wasserkraft entlang des Lech, die nahezu vollständig im Netzgebiet der LEW liegt und dort selbstverständlich in die Analysen einbezogen wird, da sie für Schwaben sehr wohl relevant ist, in der Erhebung vollständig außen vor gelassen wird, soweit sie in Oberbayern und Österreich liegt. Auch dort liegen übrigens Ortschaften in den PLZ-Gebieten 86… und 87…

Der letzte Satz zur Methodologie enttäuscht vollständig: „Mit Blick auf die skizzierte Datenverfügbarkeit kann keine Gewähr auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der Daten gegeben werden“

Für mich heißt das: Auswertung und Aussagen sind invalide. Die eingangs beschworene Neutralität dieses Beitrags ist leider in keinster Weise gegeben.

Damit komme ich zu „zentralem Ergebnis“ Nummer 3:

„3. Erneuerbare Energieträger können die entstehende Versorgungslücke nicht schließen. Sie decken den Strombedarf grundlastfähig zu einem Fünftel bzw. inklusive der volatilen Erzeugung zu einem Drittel“

Diese Aussage stützt sich in wesentlichen auf die Betrachtung des aktuellen Bestands an regenerativer (aus nachwachsenden Brennstoffen) und generativer (brennstofffrei aus vorhandenen physikalischen Gegebenheiten) Stromerzeugung. Diese erzeugen laut Erhebung knapp unter 21 TWh, während in 2018 knapp 10,35 TWh Atomstrom wegfallen. Richtigerweise problematisiert – wenn auch in unzutreffenden Zusammenhang gestellt – wird der Umstand der Volatilität generativer Stromerzeugung aus Sonne und Wind.

Untermauert wird diese These durch die Behauptung, dass Speichertechnologien in großtechnischem Maßstab angeblich nicht verfügbar sind. Ganz offenbar sind die Autoren der Erhebung beim Entwicklungsstand und der Marktreife der Technologien alles andere als auf dem Laufenden. Die INTERSOLAR 2015 hätte hier reichlich Gelegenheit zum Update eigenen Wissensstands gegeben. Die Realität ist allerings längst weiter als der Wissensstand der hier veröffentlicht wird. Vor allem in anderen Ländern, denenein vorbidlicher Leitmarkt zu sein sich die deutsche Wirtschaft und Politk noch mehr einbilden als wirklich anstreben. Selbst die dreifache Wiederholung einer Behauptung macht diese auch nicht wahrer.

Pilotprojekte sind außerhalb unseres Tellerrands längst abgeschlossen. Großanlagen geplant. Gerade Bayern und auch Schwaben sind hinten dran und es schockiert tatsächlich, dass der Wissensstand bei den IHKn trotz erstklassiger IHK-Mitglieder wie z. B. der Fa. Actensys in Ellzee noch immer nicht weiter vorangeschritten ist.

Batterie-Großspeicher in Friesland

nur um einen Hinweis zu geben. Großspeicher in Betrieb gibt es in den USA (6 MW & 6 MWh in Texas; 32 MW in Kalifornien, in China (34 MWh bei 30 MW; 20 MWh bei 40 MW in Bau). Die Kosten sind mittlerweile darstellbar (Li-Ion Technologie ab 200 € / kWh & KW bei Garantie auf 7.000 Zyklen, Redox-Flow-Technologie ab 300 € / KWh bei 0,25 KW und 20.000 Zyklen). Bei Wien ist auf Grundlage von in 2013 abgeschlossenen Studien eine Speicheranlage für 200 Mio. Euro in Planung.

Europas größer Ökostrom-Akku:
Mecklenburg als Leitstandort
Batteriespeicher mit 32 MWh geht in Kalifornien in Betrieb
http://www.elektronikpraxis.vogel.de/energieeffizienz/articles/460612/?cmp=nl-95
HSBC Bericht:
HSBC setzt auf Speicher
Energie: Windräder mit Batterien liefern stabilen Strom
Wind mit Akku
Enercon baut mit am größten Batteriespeicher Deutschlands
http://www.iwr.de/news.php?id=26609

Und weiter Beispiele gibt es viele. Niemand hatte ein ernsthaftes Problem damit 500 Mio. Euro Forschungsmittel an Siemens für die Entwicklung der Turbine des GuD-Kraftwerks in Irsching locker zu machen, die nun still steht. Und niemand sollte sich der Illusion hingeben, dass Kopien dieser Technologie wesentlich billiger und wirtschaftlicher werden.

Auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen: Nukleare und fossile Verbrennungskraftwerke im Neubau sind nicht unter 12 ct./kWh Stromgestehungskosten zu betreiben. Und das ohne die externen Kosten zu betrachten, die durch die Umweltfolgen und Rückbaukosten in der Zukunft auftreten werden.

Auch scheint es, als ob all die Experten und Fachleute noch immer nicht verstanden haben: Der aktuell sehr niedrige Börsenstrompreis ist nur möglich, weil:

1. laufende, nukleare und fossile Kraftwerke abgeschrieben sind
2. diese Kraftwerke ursprünglich alle aus Steuergeldern bezahlt wurden
3. Diese Kraftwerke zum Teil komplett veraltet sind und in absehbarer Zeit neu gebaut werden müssten
4. Keines der Betreiberunternehmen Geld für Rückbauten geschweige denn Neubauten zurücklegt

und folglich ganz offenbar niemand in der Industrie sich eingestehen will, dass die derzeit vor allem für die energieintensive Industrie verfügbaren Strompreise volks- oder gesamtwirtschaftlich gesehen viel zu niedrig und eine auf die Zukunft gezogenen Option ohne jede Rückvergütung sind.

So, wie die Atomkraftwerke seinerzeit mit Staatsmitteln gebaut, aus Steuergeldern refinanziert und gleichzeitig die Schulden der öffentlichen Hand immer nur gestiegen sind und es somit heute an uns ist, diese Optionen auf die Zukunft langsam einlösen zu müssen, so bedeuten jegliche lebensverlängernden Maßnahmen für die bessere Auslastung ostdeutscher Braunkohlekraftwerke, norddeutscher Steinkohlekraftwerke oder Subventionen, um die aktuell unrentablen Gaskraftwerke mit aller Gewalt rentabel zu machen, eine Wiederholung genau des gleichen politischen Setups.

Wirtschaftsverbände und Interessenvertreter, die davor die Augen verschließen, stellen sich nicht nur gegen die Gebote einer wirklich freien Marktwirtschaft, sondern handeln unverantwortlich gegen die eigenen Mitarbeiter und deren Kinder.

Es ist an der Zeit, diesen gordischen Knoten in Stücke zu hauen und es ist erst recht an der Zeit, alternativen Technologien auch in Bayern mit Offenheit, Neugier, Interesse und Wohlwollen zu begegnen.

Eine 10-H-Regelung für Windkraftanlagen nützt uns auf Dauer genauso viel, wie eine 10-H-Regelung für Raucher die den Mindestabstand vorschreibt, den Raucher von Nichtrauchern einhalten müssen, um deren Gesundheit zu schützen. Sich hinter prärogativen Behauptungen zu verstecken nützt nichts.

Auf der INTERSOLAR gab es Fachvorträge zur Speichern als Alternative zum Netzausbau und unter welchen Bedingungen diese bereits heute sinnvoll einsetzbar sind. Sogar in der Augsburger Allgemeinen und deren Kopfblättern, die wahrnehmbar einseitig gern und immer wieder Kommentare von vollkommen uninformierten oder einfach nur ignoranten Leserbriefschreibern gegen die generativen Stromerzeuger veröffentlicht und auch bei den eigenen Kommentaren erkennbar schlecht recherchierte Behauptungen rezitiert, inserieren bereits etliche Unternehmen und bieten Stromspeicher an. Die es angeblich nicht gibt.

Ein klein wenig mehr Gehirnschmalz als blankes Handeln nach bekanntem Muster oder Anweisung gehört freilich dazu, doch wie bereits geschrieben: Das Potential an kreativen Köpfen ist vorhanden, kann aber durch das Vorgeben von Denkweisen, Glaubenssätzen und Wunschergebnissen nicht genutzt werden.

Doch meine Hoffnung bleibt: Wer nicht mit der Zeit geht, wird trotzdem mit der Zeit gehen.

Leider ist es aktuell aber so: Statt den Fortschritt aufzugreifen – was auch Energieversorger tun können und teilweise bereits tun – gerät auch diese vorgeblich neutrale Untersuchung und Erhebung zu den Stromdaten zur Bestätigungsveranstaltung für liebgewonnene Gewohnheiten. Oder aber soll gezielt bestimmte Interessen fördern.

So auch das „zentrale Ergebnis“ Nr. 4.

„Der Netzausbau und/oder die Errichtung von grundlastfähigen Ersatzkapazitäten ist zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit dringend notwendig.“

Zumindest gibt es hier eine Alternative. Scheinbar. Entweder Netzausbau oder grundlastfähige Alternative. Gemeint sind damit große, zentrale Gaskraftwerke.

Doch wie bereits gezeigt: Grundlast ist eine Fiktion. Die statistische Summe zusammengefasster Einzelbedarfe auf einer Netzebene, die in der Regel weit weg von den Verbrauchern und den dezentralen Erzeugern ist. Deshalb nimmt es auch nicht Wunder, dass in der Fachzeitschrift „Gebäude Energieberater“ des Gentnerverlags jetzt im Juni eine Untersuchung zu dem Ergebnis kommt, dass viele dezentrale KWK deutlich wirtschaftlicher sind, als zentrale Großkraftwerke plus Netzausbau.

Meiner persönlichen Erkenntnis nach aber immer noch unwirtschaftlicher als Photovoltaik, Windkraft und Wasserkraft in Verbindung mit punktuell und klug gesetzten Batteriespeichern.

Erneuerbar und Nützlich

Sogar diese, in erster Linie am Wärmebedarf orientierten, KWK schlagen ebenfalls die von den meisten immer noch bevorzugten Kombinationen Gastherme mit Solarthermie. PV mit Sole-Wasser-Wärmepumpe ist sowieso als Heiztechnik weit überlegen. Dennoch ist das Mittel der Wahl bei den Heizungsbauern und dem „Fachberatenden Außendienst“ der meisten Hersteller immer noch die Gastherme. Ohne Rücksicht auf Klimafragen und vor allem politische Aspekte der Versorgung. Das gute Gewissen wird den Nutzern dabei mit dem Argument der Brennwerttechnik verkauft, ohne die Unbedarften unter den Bürgern überhaupt nur darauf hinzuweisen, dass Brennwerttechnik nur unter Vorausetzungen einen Mehrwert liefert, die bei der Mehrzahl der Gebäude gar nicht gegeben sind: Niedrige Vor- und Rücklauftemperaturen bei der Heizung.

Doch zurück zum Thema: Der Netzausbau wird uns immer wieder als Lösung aller Probleme angepriesen und verkauft. Vor allem da wegen der Volatilität unserer „Erneuerbaren“ für die „Versorgungssicherheit“ durch Sicherstellung der „Grundlastfähigkeit“ gesorgt würde. Das soll vor allem durch den Import von Windstrom aus Ost- oder Norddeutschland nach Bayern geschehen. Warum der Windstrom in Ost- oder Norddeutschland wesentlich grundlastfähig ist, Wind und Sonne hier aber nicht, muss man gar nicht fragen. Der Präsident der BNetzA hat ja in München freimütig erklärt, das niemals jemand behauptet hätte, es gehe um die Versorgung Bayerns mit Windstrom. (Jochen Homann, BNetzA Veranstaltung im Lehel-Karrée in München). Es handele sich natürlich überwiegend um Braunkohlestrom, denn auch ostdeutschen Windstrom kann man nur nach Bayern schicken, wenn in Ostdeutschland der Wind weht.

Ja, auch beim Thema Netzausbau gab es eine unschlagbare Gelegenheit, sich eingehend an einer der aktuell wichtigsten Quellen zu orientieren: Die Bundesnetzagentur hatte zum 21.04 nach München geladen, um über den Netzausbau zu informieren. Natürlich geriet das Format „Informationsveranstaltung“ zur Bühne für Diskussion und Auseinandersetzung. Einer der bemerkenswertesten Momente war jedoch, dass Gegner der Stromtrassen behaupteten und Fakten vorlegten, dass der Bau weiterer Stromtrassen nach Bayern über die „Thüringer Strombrücke“ hinaus zum Erhalt der Versorgungssicherheit Bayerns gar nicht notwendig seien. Selbst dann nicht, wenn alle Kernkraftwerke abgeschaltet sind. Eigentlich hatte ich, wenn schon keine Gegenargumente auf Basis nachprüfbarer Fakten, dann zumindest heftige Gegenrede seitens der Anwesenden Elite der BnetzA erwartet. Statt dessen hat keiner der Anwesenden von der BNetzA auf gezielte Nachfrage dieser Feststellung widersprochen.

Deshalb komme ich noch immer nicht umhin, davon auszugehen, dass die Versorgung unserer Regionen auch ohne Leitungsbau möglich ist. Die Seehofer-Formel 2-X hat die Lösung X = 2. Das Ergebnis lautet 0.

Die vorgelegte Untersuchung der IHKn fordert nun zu Recht zwei (in Wahrheit drei) Voraussetzungen, um die Versorgung aus „volatiler Erzeugung“ sicherzustellen.

1. a. Speichertechnologien müssen marktreif zur Verfügung stehen.

Wie auf der INTERSOLAR zu sehen, zum Anfassen vorhanden und käuflich zu erwerben, ist das der Fall. Sogar Großprojekte sind bereits in der Welt auf dem Weg. Natürlich nicht hier. Aber wir wollen ja immer vorn sein. Und wie erklärten es einst umsichtige und zukunftsorientierte Spieße ihren Rekturen bei der Bundeswehr gern: Wo wir sind ist vorne, und wenn wir hinten sein sollten, ist hinten vorne.

1. b. Oder genauer gesagt 2: Die Speicher müssen gebaut sein.

Das liegt auf der Hand. Wenn also 2018 10,5 TWh Strom aus Gundremmingen fehlen, dann braucht es dafür im Bereich der 4 IHKn naheliegender Weise 12,5 GW Photovoltaik zusätzlich zu den vorhandenen ca. 2,5. Inklusive der Speicherverluste. Um die Schattenzeiten zu decken gehen die meisten der Installateure und Planer, die bereits heute erfolgreich vermarkten, von notwendigen Kapazitäten von 20 % bis 30 % der Strommenge aus. (Ja, Kapazität bezieht sich auf Mengen nicht auf Erzeugerleistung. Bei Leistung nennt man das besser Reserve). Das wären dann ca. 3 TWh. Was eine ziemlich Menge Speicher bedeutet und mit Sicherheit genauer zu hinterfragen wäre.

Die Realität bei Speichern ist aber, dass wir noch zu wenig Erfahrung und belastbare Zahlen auf Basis gemessener Daten haben, um die „richtige“ Größe zu bestimmen. Im Grund kämen wir mit einem Tagesbedarf in den allermeisten Fällen aus. Das wären dann eher 30 GWh statt 3 TWh. Also ein Zehntel. 30 GWh Speicher bis 2018 zubauen ist aufwändig, aber nicht unmöglich. Es würde sogar erlauben, über Ausschreibungen den Marktpreis bereits jetzt zu senken, auf lange Zeit stabil niedrig zu halten und hier in Bayern eine bedeutende Fertigung zu etablieren.

Die strukturellen Fehler, die Wirtschaft und Politik bei der PV gemacht haben und den sie gerade bei der Elektromobilität womöglich wiederholen, müssen wir nicht wiederholen.

Doch auch die Stromtrassen müssen erst noch gebaut werden. Und das dauert nach derzeitigen Erkenntnissen wenigstens zehn Jahre, eher mehr. Von daher ist Voraussetzung 1.b. oder 2. kein wirkliches Argument.

Und aus marktwirtschaftlicher Sicht ist eines zu Beachten: Für den Ausbau und den Betrieb von Stromnetzen gibt es über die Anreizregulierung ein attraktives Geschäftsmodell für Investoren.

Je länger ich mit Akteuren spreche und je mehr Veranstaltungen ich besuche, desto mehr erkenne ich, dass der Stromtrassenbau seine Berechtigung im wirtschaftlichen Interesse der Zulieferer und der Betreiber liegt und keineswegs in der technischen Notwendigkeit. Im Gegenteil. Speicher können deutlich mehr als Leitungen oder Kabel.

Für Speicher gibt es diese Form von garantiertem Grundeinkommen nicht. Für die Implementierung von Speichertechnologien bedeutet das einen echten Wettbewerbsnachteil. Und für die Volkswirtschaft das Problem, dass sich der Netzbetrieb als Quasimonopol ebenfalls keinem wirklichen Konkurrenzdruck ausgesetzt sieht. Wie nun, wenn Speicher unter dem Strich den größeren volkswirtschaftlichen nutzen bringen und wir einmal mehr den Anschluss verpassen?

Das mindeste aus marktwirtschaftlicher Sicht wäre die Schaffung von Wettbewerbsgleichheit zwischen Speichern und Netzen:

Speichernutzung sollte mindestens wie Netzentgelt vergütet werden. Wer einen Speicher kauft und betreibt, soll für jede eingespeicherte kWh so viel bekommen, wie Netzentgelt vermieden wird.

Natürlich würde ein stärkerer Ausbau der PV theoretisch sofort die EEG-Umlage anheizen. Allerdings nimmt die PV-Branche für sich in Anspruch, inzwischen nahezu zu Marktpreisen Strom produzieren zu können.

Das ist gut. Dann sollte es sich eigentlich rechnen, mit einer deutlich veränderten Förderung zurecht zu kommen. Der Staat streicht die „Sonnensteuer“ auf Eigenstrom, Speicher werden mit der gleichen Renditegarantie wie Netzentgelte gefördert und das, was übrig bleibt verkauft der Betreiber an die Netzbetreiber. Keine EEG-Vergütung mehr für Neuanlagen.

Dafür ein Strommarktdesign, das allen Erzeugern die gleichen Zugangsbedingungen zum Markt zu Verfügung stellt. Die Anreizregulierung für Stromnetze bietet dafür ein ausgezeichnetes Modell, da sie Erstellungskosten, Abschreibungen, Betriebskosten und unternehmerische Verantwortung gleichermaßen berücksichtigt, wie eine gesicherte Rentabilität. Über die Notwendigkeit von 9.05 % wäre allerdings zu diskutieren. Diese Größenordnung erscheint übertrieben, da in der Realität kaum Betriebsrisiken bestehen.

Ein geeignetes Strommarktdesign habe ich vorgeschlagen

Kommentar zum Grünbuch

In Kurzfassung: Drei Marktsegmente je nach Rolle.

– Produktion, Erzeugung: Erzeuger erhalten eine feste Einspeisevergütung entsprechend Ihrem wirtschaftlichen Aufwand

– Speicherung & Transport: Speicher und Netze werden über Anreizregulierung gleichberechtigt vergütet

– Verbrauch, Abnahme: Verbraucher bezahlen einen Arbeitspreis, der auf die Gestehungskosten der Gesamtinvestitionen in die Erzeugungsanlagen und die externen Kosten referenziert

– Die Energiesteuer wird auf alle importierten oder im Inland geförderten bzw. erzeugten Primärenergieträger erhoben. Es gilt der aktuelle Satz von 2,05 ct./kWh

– Die Energiesteuer wird durch Multiplikation mit dem PE-Faktor und dem Emissionsgrad an Treibhausgasen im Vergleich zu klimaneutralen, re-generativen Brennstoffen gewichtet.

– Aus den Einnahmen durch Energiesteuer und dem Delta zwischen Erzeugung und Verbrauch werden ansonsten unrentable Effizienzmaßnahmen für die Wirtschaft – z. B. Wärmerückgewinnung, Elektrifizierung, Ladesäulenausbau etc. – finanziert.

3. oder auch 2. müssen die Erzeugungskapazitäten erst noch gebaut werden.

Ja, stimmt. 2,5 GW haben wir ungefähr an PV. Im letzten Jahr wurde der Ausbau durch ein geändertes EEG abgewürgt. Rund 80.000 Arbeitsplätze im Bereich Photovoltaik gingen verloren oder wurden umstrukturiert.

Wo waren denn da eigentlich die IHKn, die HWKn undvor allem die CSU? Wegen ein paar tausend Baggerführern bei der Braunkohle gehen ganze Gewerkschaften auf die Barrikaden und eine vergangenheitsbehaftete Ministerpräsidentin stellt sich wider vernunftbasierter Erkenntnis und des inzwischen allgemein anerkannten 2-Grad Ziels an die Spitze des Protests.

Die Installation wäre im Prinzip kein Problem, doch die politischen Rahmenbedingungen passen nicht. Mit der EEG-Umlage auf Eigenverbauch zur Bekämpfung der schleichenden Entsolidarisierung der PV-Besitzer vom Rest der kleinen und mittleren Endverbraucher wurde der letzte Anreiz für Zubau beerdigt. Fair wäre es gewesen, die sich gleichermaßen entsolidarisierenden „energieintensiven Unternehmen“ ebenfalls in gleicher Höhe zu beteiligen. Unter dem Strich bedeutet die Änderung jedoch den Stopp des Zubaus und damit den Stopp dessen, was wir als „Energiewende“ bezeichnen.

Die aber hat angesichts der Zahlen eigentlich noch gar nicht angefangen.

Schauen wir uns zum Schluss noch ein paar Dinge an:

Politiker, vermeintliche „Experten“ und viele Verbandsfunktionäre stellen uns alle als „Staats-Angehörige“ der BRD gern in den sonnenigen Glanz der Rolle der BRD als Leitmarkt der Energiewende und hier im „Freistaat“ (von welcher Freiheit ist dennda genau die Rede?) wird Bayern noch obendrein als die Führungsnation innerhalb der BRD und der effektivste Treiber für Fortschritt gepriesen.

Hier ein paar Gedanken und Dinge, die uns zu Denken geben sollten:

Führungsrolle bei „Erneuerbaren“:

Wer hat den größten Anteil an regenerativ und generativ betriebenen Kraftwerken?

Nun, wir Deutschen oder Bayern sind es nicht.

Das ist der aktuelle Stand in Zahlen. Hier geholt:

Erneuerbare International

Die nächste Graphik zeigt das Investitionsvolumen in die „Erneuerbaren“. Die BRD geschweige denn Bayern wird schon nicht mehr eigens genannt. Die INTERSOLAR ist zwar noch die „Leitmesse“, weil größte Messe. Das liegt aber mehr an der Gewohnheit und weil man sich halt irgendwo treffen muss.
München ist da nun mal ein sehr angenehmer Standort.
Die Pace setzen aber längst andere.

Noch vor zwei Jahren standen mit knapp 38 GW 50 % der PV-Anlagen in der BRD, davon wiederum 50 % in Bayern. Die nächsten und übernächste Grafik zeigen die Veränderung in kürzester Zeit.

Jetzt sind wir mit unseren 38 GW bereits unter 25 % insgesamt. Wir verlieren den Anschluss. Von wegen Vorreiter der Energiewende. Statt dessen orientieren wir uns nur noch an denen, die weitermachen wie bisher und Denken ernsthaft über Fracking nach. Sogar Ratingagenturen und die weltgrößten Pensionsfonds ziehen sich aus Öl, Kohle und Gas zurück. Und wir versuchen uns daran festzuhalten?

Elektromobilität:

Die Bundeskanzlerin hat 1 Million Elektroautos als Ziel für 2020 auf Deutschlands Straßen ausgegeben. Ich habe im vergangenen Jahr darauf hingewiesen, dass dieses Ziel nur erreicht werden kann, wenn in 2020 alle Elektroautofahrer Europas sich in Deutschland treffen. Die Regierung wird an diesem Ziel scheitern.

Leitmarkt BRD – Träumereien einer Kanzlerin

Inzwischen wurde dieses Scheiternauch eingestanden.

Die Bundesrepublik soll der Leitmarkt für Elektromobilität werden. China strebt das gleiche Ziel an und wird 2020 5 Millionen Elektroautos (ohne hybride Feigenblätter) auf den Straßen haben.

In der BRD werden nach wie vor nur Forschungsprojekte gefördert, während verfügbare Modelle aus heimischer Produktion keinen höheren technischen Standard aufweisen, als importierte Fahrzeuge.

Wo stehen wir bei der Elektromobilität?

Nachfolgend eine Graphik zur Batterieproduktion:

Wie die BRD angesichts der Schließung der einzigen industriellen Batteriefabrik in Kamenz zum Leitmarkt werden soll, ist ein Rätsel.

Auch auf dem Feld der Forschung, in das nach wie vor Millionen gepumpt werden sieht es eher so aus:

Batterien der nächsten Jahre – Die Cracks sind in den USA

und

Batterietechnik aus Naturstoffen

dass wir hinten dran sind.

Nutzung der Kraftwärmekopplung: Versorgungsgrad KWK: In Dänemark 60 %, in Deutschland unter 20 %.

Beendigung fossiler Heizungssysteme: In Skandinavien umgesetzt. Verbrennungsanlagen fossiler Ressourcen werden dort nicht mehr zugelassen.

Ausstieg aus der Verbrennungstechnologie

Energieeffizientes Bauen:

Südtirol ab 2016: Klimahaus mit 5 kWh / m² a Primärenergie Standard für Neubau und Sanierung, keine Umstände wegen des U-Werts (Ht‘) für die Gebäudehülle.

Ähnliches in Österreich und anderen Ländern. Wir diskutieren um Nachweise für Wärmebrücken und Luftdichtheiten, deren Validität nachher kein Mensch kontrolliert.

Fazit:

Statt unseren angeblich vorhandenen technischen und wissenschaftlichen Fähigkeiten entsprechend mutig voranzuschreiten und unser enormes Potential zu nutzen, setzen wir weiterhin auf massive Subventionen von 40 Mrd. Euro im Jahr für fossile und nukleare Brennstoffe

Der wahre Nutzen der „Erneuerbaren“

und das, nachdem wir insgesamt bereits 400 Mrd. Euro in Braun- und Steinkohle sowie 230 Mrd. Euro in Kernenergie gesteckt haben. Wir ignorieren offenbar auch die Erkenntnisse des IWF, der inzwischen nachgerechnet hat und es deutlich zum Ausdruck bringt:

Das Problem der Energiesubventionen weltweit

und wollen es offenbar immer noch nicht wahrhaben:

Energiesubventionen in Europa

Wir sind der Subventionseuropameister! Nur weil Verbraucher und Einkomensbezieher es indirekt über Umlagen, Abgaben, Steuern und steigende Staatsverschuldung ermöglichen, sind die Strompreise niedriger als sie sein müßten. Ein permanentes Draufzahlgeschäft.

Doch niemand wagt es zu hinterfragen, welche und wie viele Arbeitsplätze in den Bereichen der Ressourcenausbeutung und der energieintensiven Industrie nur existieren, weil es diese Subventionierung und Bevorzugung gibt. Das Argument Arbeitskräfte kann angesichts der Jobverluste im Bereich „Erneuerbare“ wohl nicht so schwer wiegen.

Es wird Zeit, mit Veröffentlichungen dieser Art aufzuhören und die Energiewirtschaft in einem Zusammenhang zu betrachten, der über den betriebswirtschaftlichen Fokus hinausgeht.

Es wird auch Zeit, nicht mehr länger auf die eigenen Potentiale zu verzichten. Dass es sich rechnet, ist für jeden mit ein wenig Mühe erkennbar.

Was aber nicht geht, ist weiter Leuten wie dem Staatssekretär der CSU in bayerischen Wirtschaftministerium das Handeln zu überlassen, der auf seiner Website behauptet, die Zukunft der Gebäudeheizung läge bei der Biomasse, die Versorgung mit Solar. Und Windstrom aber sen Träumerei.

Ein Mann, der öffentlich nicht müde wird, zu betonen, dass er sich gern überzeugen ließe, wenn die Diskutanten dazu in der Lage wären, der aber bei jeder öffentlichen Veranstaltung nach genau diesen Worten jedesmal schnellstmöglich das Weite sucht.

Glaubt er denn wirklich, dass er in 90 Minuten, von denen er selbst 60 mit Schlagworten und Sprüchen in Anspruch nimmt, begreifen wird, was sich andere in jahrelanger intensiver Arbeit erst erarbeiten müssen?

Wir können zweifellos so weitermachen. Die Suppe werden die nächsten Generationen so oder so auslöffeln. Mir persönlich könnte das egal sein, denn ich habe keine Kinder. Und frage mich, warum ich mir überhaupt einen Kopf um das Ganze mache, wenn ich doch nichts davon habe.

Aber so verlieren wir nur den Anschluss:

Laptop, Lederhose, Leitungsfrei

Statt dessen sollten wir folgendes tun:

Möglichst nahe bei Meitingen einen Großsspeicher mit 250 MW Leistung und 1 GWh Kapazität auf Basis von Redox-Flow-Batterien bauen.

An diesen Speicher neue PV-Anlagen mit einer Leistung von 150 MW anschließen. Diese PV-Anlagen sollten sinnvollerweise als Überdachung der Bahnlinie Augsburg Donauwörth und der B17 ausgeführt werden.

Die Anlagen sollten als Genossenschaftsmodelle für Bürger mit 2,5% garantierter Rendite finanziert werden.

Damit können wir zeigen, wie ernst wir dieses Zukunftsthema nehmen.

Fragen, Wünsche, Informationen?

Nehmen Sie einfach Kontakt zu mir auf!

Meinen und Glauben sind meine Sache nicht. Ich will alles selbst nachprüfen können.

Ich erstelle Expertisen, berate, erstelle Konzepte für Kommunen, Unternehmen, Privatleute und beantworte Fragen.

Auch spezifische, technische, politische.

Frei von jeder Verkaufsabsicht. Wer meine Arbeit gut findet, kann gern spenden und meine Arbeit unterstützen.

Ich arbeite soweit als möglich auf Basis von Fakten, logischen Deduktionen, evidenzbasierten Zusammenhängen.

https://www.paypal.me/ThomasBlechschmidt

Thomas Blechschmidt

Kommentiertes Grünbuch 2014/5 zu Strommarkt der Zukunft

Von Thomas Blechschmidt 01.05.2015

Kommentare und Anmerkungen des Autors sind kursiv dargestellt.

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Vorwort des aktuellen Bundesministers für Energie

Ein Strommarkt für die Energiewende
Liebe Leserinnen und Leser,

die Energiewende ist eine große Chance für die Modernisierung unserer Industriegesellschaft. Davon gehen Impulse für Innovationen und neue Technologien aus,

Das ist richtig. Umso unverständlicher, warum die GroKo der bisherigen Parteien die neuen Technologien mit hochkomplexen Mitteln der direkten Bestrafung ihres Einsatzes ausbremst. So richtig die stetige Kürzung der EEG-Umlage auf die Erzeugung ist, so falsch ist die Beaufschlagung des Eigenverbrauchs selbst erzeugten Stroms und umso unverständlicher sind die mangelnde Förderung von Speichertechnologien (Minimum mit Netzentgeltäquivalent) sowie der Elektromobilität.

insbesondere für die Verknüpfung der klassischen Industrie mit der IT-basierten Steuerung einer komplexen Stromversorgung. Hier wird die Digitale Agenda der Bundesregierung konkret.

So konkret wie Nebel eben sein kann.

Im Hinblick auf die fluktuierende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien muss es zu jedem Zeitpunkt zu einem Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch kommen.

Das ist eine technisch sicherzustellende Systembedingung, die für alle Erzeugungsarten gilt, egal ob konventionell oder generativ.

Wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht bläst, müssen Kraftwerke einspringen und – wo wirtschaftlich vernünftig – muss sich die Nachfrage anpassen oder Speicher müssen zum Einsatz kommen.

Notwendige Konsequenz 1 ist obsolet, weil auf fossilen oder nukleare Ressourcen beruhend. Für beide gilt jedoch, dass es Ziel und sicheres Ereignis ist, aus ihnen auszusteigen. Doch: „Was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. Konsequenz 2 ist intelligent aber nur begrenzt umsetzbar und Konsequenz 3 das logische Mittel der Wahl. Politik sollte sich in erster Linie am naheliegenden und innovativen Mittel der Wahl orientieren und nicht versuchen, überkommene Zustände mit allen Mitteln zu erhalten.

Es gibt viele solcher Flexibilitätsoptionen, mit denen wir dies gewährleisten können. Ich bin sicher, dass sich hier ein ganz neuer Markt entwickeln wird, wenn das künftige Design für den Strommarkt dafür die richtigen Signale setzt. Die große Herausforderung eines künftigen Strommarktes besteht darin, auch in Zukunft umweltverträglich und zu möglichst niedrigen Kosten ein hohes Maß an Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Dann sollte die GroKo mal bei den Kosten anfangen und endlich alle Subventionen stoppen, egal für welche Technologie. Dann für transparente und aufwandsentschädigende, den realen, volkswirtschaftlichen Kosten entsprechende Strompreise sorgen. Der Königsweg besteht in einer aufwandsgerechten Vergütung der Stromeinspeisung.
http://priceofoil.org/fossil-fuel-subsidies/Strompreissubventionen im europäischen Vergleich

Versorgungssicherheit und die Entwicklung der Energiepreise sind zentrale Herausforderungen für die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Deutschland.

Die Orientierung am „Energiepreis“ ist das zentrale Problem. Denn die teilweise extrem günstigen wie auch allgemein durch Subventionen künstlich niedrigen Strompreise – Es geht hier um Strompreise und eben nicht um Energiepreise – gleichen der Grube, die wir dabei sind, uns selbst zu graben. Hier wird künstlich Wettbewerbsfähigkeit für wenige erzeugt, die darauf beruht, dass Erträge aus anderen Wirtschaftssektoren in erheblichem Umfang in die Stromwirtschaft transferiert werden. Das mag im Augenblick zwar funktionieren und das Herz etlicher kurzsichtiger Apologeten einer so genannten „freien Marktwirtschaft“ erfreuen, doch an dem Punkt, an dem konkurrierende Volkswirtschaften einen größeren Anteil an Strom aus generativen Quellen erzeugen, kippt der Vorteil schlagartig in einen Nachteil um. Da dieser Prozess dynamisch und schnell von statten geht, bleibt kein Spielraum für „Brückentechnologien“ mit 10 oder mehr Jahren Planung und Laufzeiten. Der Zug ist dann weg und wir rennen nur noch hinterher.

Das vorgelegte Grünbuch ist noch keine Entscheidung, sondern es soll für die im Jahr 2015 anstehenden Entscheidungen die Grundlagen schaffen. Es kommt nicht auf die Schnelligkeit von Entscheidungen an, sondern auf deren gründliche Vorbereitung.

Das Grünbuch soll diese gründliche Vorbereitung ermöglichen. Es baut auf wissenschaftlichen Gutachten und intensiven Diskussionen mit allen Akteuren in der Plattform Strommarkt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) auf. Mit Hilfe dieser Diskussionsgrundlage soll die entscheidende Frage in den kommenden Wochen beraten werden:

Reicht die Weiterentwicklung des Strommarktes aus oder brauchen wir einen so genannten Kapazitätsmarkt, um langfristig die Versorgungssicherheit zu gewährleisten?

Nein, den brauchen wir nicht. Wir sollten nur dem Vorbild der Natur folgen und so viele dezentrale Kraftwerke wie möglich bauen. Der menschliche Körper besteht aus 80 bis 100 mal 10 hoch 12 Zellen und in jeder stecken mehrere Dutzend Mitochondrien, die Kraftwerke, die uns am Leben erhalten. Nur der Mensch glaubt an die gegenteilige Idee, seine Energieversorgung mit zentralen Großkraftwerken zu realisieren.

Das ist die Kernfrage, die zu entscheiden ist. Dabei kann Versorgungssicherheit in einem europäischen Strommarkt nicht nur national buchstabiert werden. Es besteht sonst die Gefahr, dass nationale Regelungen zu einer Zersplitterung des europäischen Strommarktes führen.

Ein „zersplitterter“ Markt ist aktuell Realität und die wird mit Einspeisevergütungen für Kernenergie auch noch verstärkt. Um einen vermeintlich einheitlichen Markt zu zersplittern müsste man erst mal einen haben.

Das BMWi hat deshalb parallel zu den Arbeiten am Grünbuch die Nachbarländer und die Europäische Kommission eingeladen, darüber nachzudenken, wie eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit organisiert werden kann, um kostengünstig die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dieses Anliegen wird von allen Beteiligten unterstützt. Die eingesetzte Arbeitsgruppe wird helfen, damit sich
das zukünftige Strommarktdesign in den europäischen Zusammenhang einfügt.

Das Grünbuch fügt sich ein in die 10-Punkte-Agenda, mit der wir in dieser Legislaturperiode Schritt für Schritt die Energiewende systematisch umsetzen. Das erste große Vorhaben war die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Mit der Reform ist es gelungen, beim Ausbau der erneuerbaren Energien die Kostendynamik zu brechen.

Das stimmt leider so nicht. Gelungen ist es, die Ausbaudynamik zu brechen. Im Bereich PV sofort, im Bereich Wind gab es 2014 Vorzieheffekte. Der Bruch wird dieses Jahr kommen. Das Märchen der Kostendynamik ist durch die Forschung längst widerlegt. Eine Untersuchung an der Uni Nürnberg-Erlangen zeigt deutlich:

Die „Erneuerbaren“ sparten den deutschen Verbrauchern in 2013 11,2 Mrd. Euro ein, da sie den Anstieg der Strompreise deutlich mehr bremsen, als die EEG-Umlage diese steigert. Problematisch sind allenfalls die Mechanismen der Verteilung die Endverbraucher, KMU und Mittelstand gegenüber einzelnen Großverbrauchern benachteiligt.
Erfolg in Sachen Energiewende

Die EEG-Reform war ein industriepolitischer Fehlschuss mit lediglich kurzfristigen Auswirkungen. Wenn überhaupt. Richtig gewesen wäre, von einer spezifischen Regelung der Einspeisevergütung für „erneuerbare“ auf eine allgemeine Regulierung der Vergütung für Erzeugung, Speicherung, Transport und Verteilung umzustellen und mit Hilfe dieser dann ein konsequentes Phasing Out der Kernenergie, der Ölverbrennung, der Kohlekraft und schließlich der Gaskraftwerke zu beginnen.

Außerdem besteht nun Klarheit, mit welchem Tempo der Ausbau erfolgt. Damit gibt es erstmals Planungssicherheit für den anstehenden Strukturwandel in der konventionellen Stromversorgung und für die Rolle der erneuerbaren Energien in einem zukünftigen Strommarkt. Weitere Schritte, wie die Pilotausschreibung für erneuerbare Energien, die zukünftige Entwicklung der Kraft-Wärme-Kopplung und der Rollout bei Smart Metern für Konsumenten mit hohem Stromverbrauch, werden zeitnah folgen.

Das Tempo ist tatsächlich qualifizierbar: Viel zu langsam!

Der Erfolg der Energiewende hängt maßgeblich davon ab, dass die vielen Maßnahmen optimal ineinandergreifen, die Versorgungssicherheit auf hohem Niveau gewährleistet bleibt und wir im Interesse bezahlbarer Strompreise die Kosten im Griff behalten. Diese wichtige Aufgabe kann die Bundesregierung nicht allein bewältigen. Ich danke für die vielen Beiträge, die in die Erarbeitung des Grünbuchs eingeflossen sind, und ermuntere alle Beteiligten, sich in der Diskussion über den Strommarkt der Zukunft intensiv zu engagieren.

Ihr

Sigmar Gabriel
Bundesminister für Wirtschaft und Energie

4 Zusammenfassung

Der Strommarkt durchläuft eine Phase des Übergangs.

Erneuerbare Energien werden mehr Verantwortung in der Stromversorgung übernehmen, die Nutzung der Kernenergie in Deutschland endet 2022 und die europäischen Märkte für Strom wachsen weiter zusammen.

Die Aufgabe des Strommarkts bleibt identisch.

Er muss auch bei steigenden Anteilen von Wind- und Sonnenenergie Erzeugung und Verbrauch synchronisieren. Hierfür muss er zwei Funktionen erfüllen: zum einen dafür sorgen, dass ausreichend Kapazitäten vorhanden sind (Vorhaltefunktion), und zum anderen, dass diese Kapazitäten zur richtigen Zeit und im erforderlichen Umfang eingesetzt werden (Einsatzfunktion).

Das Grünbuch beschäftigt sich damit, wie diese Funktionen zukünftig erfüllt werden.

Dabei steht im Fokus, das zukünftige Marktdesign und den Ordnungsrahmen für den Stromsektor so zu gestalten, dass die Stromversorgung sicher, kosteneffizient und umweltverträglich ist. Für die zwei Funktionen des Strommarktes besteht vor diesem Hintergrund unterschiedlicher Handlungsbedarf.

Der Einsatz verfügbarer Kapazitäten muss optimiert werden.

Das Grünbuch enthält eine Reihe von Maßnahmen, um die Einsatzfunktion des Strommarktes sicherer und effizienter zu erfüllen. Hierzu zählen insbesondere die Verbesserung der Bilanzkreisbewirtschaftung, der Netzausbau und die Weiterentwicklung der Regelleistungsmärkte. Diese verstehen sich als „Sowieso-Maßnahmen“, d. h. sie sind in jedem Fall sinnvoll und wichtig für den sich wandelnden Strommarkt.

Die Vorhaltung ausreichender Kapazitäten erfordert eine Grundsatzentscheidung.

Für die langfristige Entwicklung des Strommarktes stehen zwei grundsätzliche Lösungsansätze zur Verfügung: Wollen wir einen optimierten Strommarkt (Strommarkt 2.0) mit einem glaubwürdigen rechtlichen Rahmen, auf den Investoren vertrauen können, und in dem Stromkunden in eigener Verantwortung über ihre Nachfrage bestimmen, wie viele Kapazitäten vorgehalten werden – oder wollen wir neben dem Strommarkt einen zweiten Markt für die Vorhaltung von Kapazitäten einführen (Kapazitätsmarkt)?

Die Unsicherheiten der Übergangsphase sollten in jedem Fall mit einer Kapazitätsreserve als zusätzlicher Absicherung adressiert werden.

Dies gilt sowohl für den Fall, dass der Strommarkt optimiert, aber in seiner heutigen Grundstruktur beibehalten wird, als auch bei Ein- führung eines Kapazitätsmarktes. Internationale Erfahrungen zeigen, dass die Schaffung von Kapazitätsmärkten von der Grundsatzentscheidung bis zur vollen Funktionsfähigkeit mehrere Jahre in Anspruch nimmt. Es ist daher in jedem Fall geboten, für die Übergangsphase ein Sicherheitsnetz in Form einer Kapazitätsreserve einzuziehen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie konsultiert das Grünbuch.

Der Konsultation wird Ende Mai 2015 ein Weißbuch folgen. Auch das Weißbuch wird öffentlich konsultiert werden (bis September 2015). Daran wird sich die notwendige Gesetzgebung anschließen.

The electricity market is undergoing a period of transition.

Renewable energy will take on a greater role in the power supply as the use of nuclear energy in Germany will end in 2022 and the European markets for electricity will continue to grow together.

The role of the electricity market will remain the same.

It must maintain a balance between power generation and consumption, especially in view of the fact that the shares of wind and solar energy in the power supply mix increase. To achieve this, it has to fulfil two tasks: Firstly, it must ensure that sufficient capacity is available (i.e. the maintaining of reserve capacity) and secondly, that this capacity is used at the right time and to the extent necessary (i.e. appropriate use of capacity).

The Green Paper is concerned with how these two tasks will be fulfilled in the future.

It focusses on how to develop a future market design and regulatory framework for the electricity sector that ensures that the power supply is secure, costefficient and environmentally friendly.

Against this background, various actions must be taken to accomplish the two tasks.

The use of available capacity must be optimised.

The Green Paper contains a number of measures that seek to fulfil the task of appropriate use of capacity in a more secure and efficient way. They include improving the balancing group management, expanding the network and further developing the balancing energy markets. These measures are deemed to be “no regret” measures, i.e. they make good sense in every scenario and are important for the changing electricity market.

The maintaining of sufficient capacity requires a decision of principle.

Two basic approaches are available for the longterm development of the electricity market: Do we want an optimised electricity market (electricity market 2.0) with a credible legal framework that investors can rely on and which allows electricity consumers to independently determine through their demand how much capacity is maintained – or do we want to set up a further market alongside the electricity market for the maintaining of reserve capacity (capacity market)?

The uncertainties of the transition period should be addressed in each case by maintaining reserve capacity as an additional safeguard.

This applies both in the case that the electricity market is optimised while its current fundamental structure is maintained and in the case that a capacity market is introduced. International experience shows that the creation of capacity markets takes several years from the fundamental decision until the time that they become fully operational. It is therefore necessary in any case to build a safeguard into the system in the form of reserve capacity for the transition phase.

The Federal Ministry for Economic Affairs and Energy shall consult the Green Paper.

The consultation will be followed by a White Paper at the end of May 2015. The White Paper will also be publicly consulted (until September 2015). This will be followed by the drafting of the necessary legislation.

6 Einleitung

Das energiepolitische Zieldreieck aus Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit gibt die Richtung der deutschen Energiepolitik vor.

Die Energieversorgung soll umweltverträglicher werden und dabei sicher und kosteneffizient bleiben. Der konkrete Umbau der Energieversorgung erfolgt auf der Grundlage des Energiekonzeptes der Bundesregierung von 2010 und der Energiewendebeschlüsse des Deutschen Bundestages von 2011. Alle Parteien im Deutschen Bundestag befürworten die Energiewende. Die Bundesregierung hat die Ziele des Energiekonzepts zuletzt im zweiten Monitoringbericht „Energie der Zukunft“ vom 8. April 2014 ausdrücklich bekräftigt. Die Wirtschaftlichkeit bei der Umsetzung der Energiewende wird ein stärkeres Gewicht erhalten, um die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft des Industrie- und Produktionsstandortes Deutschland zu erhalten und bezahlbare Preise für die Endkunden zu gewährleisten. Dadurch kann die Energiewende zu einem ökologischen und ökonomischen Erfolgsprojekt werden.

Quantitative Ziele leiten den mittel- und langfristigen Umbau des Stromsektors.

Bis 2020 sollen die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 und der Primärenergieverbrauch um 20 Prozent gegenüber 2008 sinken. Die erneuerbaren Energien sollen bis 2025 40 bis 45 Prozent und bis 2035 55 bis 60 Prozent zum Stromverbrauch beitragen. Für 2050 hat die Bundesregierung weitere Ziele gesetzt: Die Treibhausgasemissionen sollen um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 und der Primärenergieverbrauch um 50 Prozent gegenüber 2008 zurückgehen, wozu auch eine Verringerung des Stromverbrauchs beitragen soll. Gleichzeitig soll der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch auf mindestens 80 Prozent steigen.

In den kommenden Jahren durchläuft der Strommarkt eine Phase des Übergangs.

Die Liberalisierung und der europäische Binnenmarkt steigern die Effizienz des Stromversorgungssystems und verringern durch Ausgleichseffekte den Bedarf an Erzeugungskapazitäten im europäischen Verbund. Der Zubau von Erzeugungskapazitäten, insbesondere von erneuerbaren Energien, und der Abbau von Überkapazitäten, der heute zu beobachten ist, werden in den kommenden Jahren anhalten. Bis zum Ende des Jahres 2022 werden darüber hinaus rund 12 Gigawatt Kernkraftwerksleistung in Deutschland vom Netz gehen. Gleichzeitig bewegen wir uns von einem Stromsystem, in dem regelbare Kraftwerke der Stromnachfrage folgen, zu einem insgesamt effizienten Stromsystem, in dem flexible Erzeuger, flexible Verbraucher und Speicher auf das fluktuierende Dargebot aus Wind und Sonne reagieren. Neue erneuerbare Energien-Anlagen müssen dabei dieselbe Verantwortung für das Gesamtsystem übernehmen wie konventionelle Kraftwerke.

Der Strommarkt soll Erzeugung und Verbrauch weiterhin effizient synchronisieren.

Er soll dafür sorgen, dass ausreichend Kapazitäten – d. h. Erzeuger oder flexible Verbraucher – vorhanden sind, damit jederzeit ein Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage möglich ist (Vorhaltefunktion). Gleichzeitig muss er dafür sorgen, dass diese Kapazitäten so eingesetzt werden, dass Erzeugung und Verbrauch jederzeit im Gleichgewicht sind (Einsatzfunktion).

Heute gilt es, die beste Architektur für den Strommarkt der Zukunft zu finden.

Um so größer ist deshalb das Fragezeichen hinter all den Vorschlägen, die allesamt ein weiter so mit den Prämissen und Denkweisen der Vergangenheit bedeuten!

Im Kern geht es um folgende Frage: Wie sollen das zukünftige Marktdesign und der Ordnungsrahmen für den Stromsektor ausehen, um bei steigenden Anteilen von Wind- und Sonnenenergie eine sichere, kosteneffiziente und umweltverträgliche Stromversorgung zu gewährleisten?

EINLEITUNG 7

Mit dem Grünbuch „Ein Strommarkt für die Energiewende“ will das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) eine strukturierte Diskussion und eine informierte politische Entscheidung über das zukünftige Strommarktdesign ermöglichen:

Teil I analysiert die Funktionsweise und die Herausforderungen des Strommarktes (Kapitel 1 – 3).

Teil II stellt Maßnahmen zur Diskussion, die für einen sicheren, kosteneffizienten und umweltverträglichen Einsatz der Erzeuger und flexiblen Verbraucher sorgen. Diese Maßnahmen sind unabhängig von der Grundsatzentscheidung in Teil III sinnvoll („Sowieso-Maßnahmen“).

Neben dem Strommarktdesign sind dabei auch die regulatorischen Rahmenbedingungen und flankierende Instrumente, d. h. der gesamte Ordnungsrahmen für den Stromsektor, relevant. Im Einzelnen betrifft das die Stärkung der Preissignale auf dem Strommarkt (Kapitel 4), den Netzausbau und -betrieb (Kapitel 5) sowie die Erhaltung einer einheitlichen Preiszone (Kapitel 6), die europäische Integration des Strommarktes (Kapitel 7) und Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele (Kapitel 8).

Teil III diskutiert Lösungsansätze, die dafür sorgen, dass jederzeit ausreichend Kapazitäten verfügbar sind. Dabei geht es um eine Grundsatzentscheidung: Vertrauen wir auf einen optimierten Strommarkt (Strommarkt 2.0) oder führen wir zusätzlich einen zweiten Markt (Kapazitätsmarkt) für die Vorhaltung von Kapazität ein (Kapitel 9)?

In beiden Fällen ist die Zusammenarbeit mit den europäischen Nachbarländern wichtig (Kapitel 10). Die derzeitige Übergangsphase ist zudem mit Unsicherheit verbunden. Daher sollte die Stromversorgung mittels einer Kapazitätsreserve abgesichert werden (Kapitel 11).

Nein. Nicht notwendig. Besser ist ein stringenter Ausbau mit Vermaschung der Verteilnetze und der Mittelspannungsebene sowie vor allem die Errichtung dezentraler Speicherkapazitäten. Ein Speicherförderungsgesetz ist dazu sinnvoller als totes Kapital in stehende konventionelle Kraftwerke zu pumpen. Auch wenn es einigen Industriekonzernen weh tun wird: Viele dezentrale Speicher, z. B. 30 kWh an jeder Ladesäule plus 25 kWh bidirektional nutzbar als Mindestbatteriegröße für neue E-Fahrzeuge, dazu 20 kWh in jedes EFH mit PV-Anlage liefert alles, was das Netz benötigt: Reserve, Regelenergie, Spannungshaltung, Frequenzstabilisierung und Schattenzeitdeckung.

Dieses Grünbuch eröffnet eine öffentliche Konsultation.

Diese wird im März 2015 abgeschlossen. Der Konsultation wird Ende Mai 2015 ein Weißbuch mit konkreten Maßnahmen folgen. Auch das Weißbuch wird öffentlich konsultiert werden (bis September 2015). Daran wird sich die notwendige Gesetzgebung anschließen. Parallel führt das BMWi Gespräche mit unseren Nachbarstaaten und der Europäischen Kommission, da gemeinsame Lösungen im Rahmen des europäischen Binnenmarktes Kostenvorteile aufweisen.

Die Stellungnahmen zum Grünbuch können bis zum

1. März 2015 an folgende E-Mail-Adresse geschickt werden: gruenbuch-strommarkt@bmwi.bund.de.
Teil I:
9 Kapitel 1:

Funktionsweise des Strommarktes

Der Strommarkt besteht aus verschiedenen Teilmärkten (1.1), die das Preissignal erzeugen, an dem sich Erzeugung und Verbrauch ausrichten (1.2).

Die Übertragungsnetzbetreiber gleichen unvorhersehbare Abweichungen mit Regelleistung aus (1.3).

Das Bilanzkreis- und Ausgleichsenergiesystem steuert die Synchronisierung (1.4).

Das Zusammenspiel dieser Mechanismen führt dazu, dass der Strommarkt Arbeit und Leistung vergütet (1.5).

Die Übertragungsnetzbetreiber beheben Netzengpässe mittels Netzausbau und übergangsweise mit Hilfe von Redispatch-Maßnahmen (1.6).

1.1 Die Teilmärkte ermöglichen einen effizienten Stromhandel

Strom wird an der Börse und außerbörslich gehandelt.

An der Strombörse – für Deutschland der European Energy Exchange EEX in Leipzig und der European Energy Exchange EPEX SPOT in Paris – werden standardisierte Produkte in einem transparenten Verfahren ge- und verkauft. Überwiegend schließen Unternehmen aber weiterhin direkte Lieferverträge mit Stromerzeugern ab. Der Handel mit diesen außerbörslichen Lieferverträgen wird „Over the Counter“ (OTC) genannt.

Der Handel erfolgt am Termin-, Day-Ahead- und Intraday-Markt.

Auf dem Terminmarkt können Unternehmen Lieferungen bis zu sechs Jahre im Voraus vereinbaren, wobei insbesondere die jeweils drei nächsten Jahre sehr liquide gehandelt werden. Die entsprechenden Produkte heißen an der Börse „Futures“, im OTC-Handel wird von „Forwards“ gesprochen. Der Spotmarkt besteht aus dem Day-Ahead und dem Intraday-Markt. Auf dem Day-Ahead-Markt werden die Stromlieferungen für den kommenden Tag auktioniert. Anbieter und Nachfrager müssen ihre Gebote jeweils am Vortag bis 12 Uhr abgeben. Je näher der Zeitpunkt der vereinbarten Stromlieferung heranrückt, umso besser können die Marktteilnehmer die tatsächliche Einspeisung und den realen Verbrauch abschätzen. Um Fehlmengen oder Überschüsse so gering wie möglich zu halten und die verfügbaren Erzeugungsanlagen kosteneffizient einzusetzen, können die Marktteilnehmer daher nach Abschluss der Day-Ahead-Auktion auf dem Intraday-Markt sehr kurzfristig mit Strommengen für Zeitspannen von Viertelstunden bis Stundenblöcken handeln. An der Börse endet der Intraday-Handel 45 Minuten vor der Lieferung („Gate Closure“). OTC können Unternehmen bis 15 Minuten vor der Lieferung handeln.

Abbildung 1: Zeitliche Darstellung der Teilmärkte in Deutschland
Marktteilnehme ÜNB
Gate Closure

Kontrahierung von Regelleistung
Terminverträge Intraday-Handel
Day-Ahead-Handel

Lieferzeitpunkt
Einsatz von Regelenergie
Abrechnung über Ausgleichsenergie

Quelle: Eigene Darstellung nach Frontier

Handel Lieferung Abrechnung

10 KAPITEL 1: FUNKTIONSWEISE DES STROMMARKTES

Der deutsche Strommarkt ist mit den Strommärkten von 15 Nachbarstaaten gekoppelt.

Deutschland und Österreich verfügen über eine gemeinsame Gebotszone. Direkt gekoppelt über einen gemeinsamen Market Clearing Algorithmus ist Deutschland mit den nordischen Staaten (Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden), mit Großbritannien und den anderen Staaten Zentralwesteuropas (Belgien, Frankreich, Luxemburg, Niederlande) sowie indirekt mit den baltischen Staaten und Polen, die über einen gemeinsamen Market Coupling Algorithmus mit dem nordischen Markt gekoppelt sind. Der Börsenpreis am Day-Ahead-Markt wird für die gekoppelten Märkte gemeinsam ermittelt. Dabei geben Stromanbieter und -nachfrager ihre Gebote in Ihren jeweiligen nationalen Day-Ahead-Marktzonen – auch Preis- bzw. Gebotszone genannt – ab. In einem iterativen Prozess wird dann die Stromnachfrage in der Marktzone durch die günstigsten Stromangebote aus allen Marktgebieten bedient, bis die Verbindungen zwischen den Marktzonen (Grenzkuppelstellen) ausgelastet sind. Solange die Grenzkuppelstellen von ihrer Kapazität her – Engpässe sollen möglichst effizient bewirtschaftet werden – ausreichen, gleichen sich die Preise in den Marktgebieten an. Durch die Marktkopplung wird die nationale Stromnachfrage durch das international günstigste Angebot gedeckt. Dies führt dazu, dass insgesamt weniger Kapazitäten zur Deckung der Nachfrage nötig sind (siehe Kapitel 2.1).

1.2 Die Strompreissignale steuern Erzeuger und Verbraucher

Der Börsenpreis ergibt sich als Schnittpunkt von Angebot und Nachfrage.

Am Strommarkt kommen zuerst die Erzeugungsanlagen mit den geringsten variablen Kosten zum Zug („Merit-Order“). So werden die Kosten der Stromversorgung minimiert. In der Regel entspricht der Börsenpreis für Strom den variablen Kosten der teuersten Erzeugungsanlage im Einsatz. Diese Anlage wird als „Grenzkraftwerk“ bezeichnet. Der Börsenpreis wird dann auch Grenzkostenpreis genannt.

Erzeugungsanlagen, deren variable Kosten geringer sind als die variablen Kosten des Grenzkraftwerks, können Deckungsbeiträge erzielen.

Liegen die variablen Kosten eines Kraftwerks unterhalb der Kosten des Grenzkraftwerks, erwirtschaftet dieses Kraftwerk eine Marge. Aus dieser Marge können Fixkosten der Anlage (wie Personal- und Kapitalkosten) bedient werden (Deckungsbeitrag). Die variablen Kosten eines Kraftwerks hängen hauptsächlich von den Brennstoffkosten, dem Wirkungsgrad der Anlage oder den CO2-Kosten ab. Derzeit erwirtschaften in Deutschland Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen (Grenzkosten nahe null), Kern- und Kohlekraftwerke sowie die Mehrzahl der Gaskraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung in vielen Stunden des Jahres Deckungsbeiträge.

Setzen die Stromnachfrage oder Erzeuger, die ihre Fixkosten einpreisen, den Strommarktpreis, können auch sehr teure Grenzkraftwerke Deckungsbeiträge erzielen.

Wenn die Grenzen der verfügbaren Erzeugungskapazitäten erreicht werden, kann der Ausgleich von Angebot und Nachfrage entweder durch Lastmanagement (d. h. Lastreduktion durch flexible Verbraucher) oder die letzte Erzeugungseinheit erfolgen. Dann kann der Preis am Strommarkt über die variablen Kosten der teuersten Erzeugungsanlage steigen. In diesen Situationen erfolgt die Preisbildung auf Basis der Zahlungsbereitschaft der Verbraucher (Lastmanagement) oder durch Erzeuger, die ihre Fixkosten einpreisen. So sind Verbraucher, die aus dem Strom einen hohen Nutzen ziehen, bereit, in einzelnen Stunden hohe Preise zu zahlen. Diese Preise können über den variablen Kosten des Grenzkraftwerks liegen. Wenn der Preis den Nutzen übersteigt, können Verbraucher ihren Strombezug freiwillig reduzieren. Bereits am Terminmarkt gekaufter Strom könnte in diesem Fall gewinnbringend weiterverkauft werden. Diese Preissetzung wird auch als „peak-load pricing“ bezeichnet.

1.3 Die Regelleistung gleicht unvorhersehbare Abweichungen kurzfristig aus

Es muss zwischen dem kommerziellen Marktergebnis, d. h. dem Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage, und dem physikalischen Gleichgewicht von Erzeugung und Verbrauch unterschieden werden.

Wenn der Stromhandel ein Marktergebnis erzielt, bei dem Angebot und Nachfrage an den Stromteilmärkten ausgeglichen sind, bedeutet dies nicht automatisch, dass auch die physikalische Stromerzeugung und der Stromverbrauch im Gleichgewicht sind. Eine Abweichung zum kommerziellen Marktergebnis kann beispielsweise auftreten, wenn die tatsächliche Einspeisung oder der tatsächliche Verbrauch durch unvorhersehbare Ereignisse (wie Kraftwerksausfälle, veränderte Witterungsbedingungen oder einen kurzfristig veränderten Verbrauch) von den Prognosen, die dem Stromhandel zu Grunde lagen, abweichen.

KAPITEL 1: FUNKTIONSWEISE DES STROMMARKTES 11

Regelleistung gleicht unvorhersehbare Abweichungen aus.

Um das physikalische Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch zu sichern, beschaffen die Übertragungsnetzbetreiber Regelleistung. Sie berechnen, welche Leistung sie für die Systemsicherheit benötigen. Über Ausschreibungen am Regelleistungsmarkt erwerben sie die entsprechenden Kapazitäten und damit die Möglichkeit, Erzeugung oder Verbrauch kurzfristig anzupassen. Dabei unterscheiden Übertragungsnetzbetreiber zwischen drei Arten von Regelleistung: Primärregelleistung muss innerhalb von 30 Sekunden nach Anforderung vollständig zur Verfügung stehen, Sekundärregelleistung innerhalb von fünf Minuten und Minutenreserve (Tertiärregelleistung) innerhalb einer Viertelstunde. Die Übertragungsnetzbetreiber unterscheiden außerdem positive und negative Regelleistung. Positive Regelleistung wird durch höhere Erzeugung oder geringeren Verbrauch erbracht. Negative Regelleistung wird hingegen durch geringere Erzeugung oder höheren Verbrauch erbracht.

1.4 Das Bilanzkreis- und Ausgleichsenergiesystem steuert die Synchronisierung

Das Bilanzkreis- und Ausgleichsenergiesystem ist das zentrale Instrument für die Synchronisierung.

Zusammen mit der Regelleistung sorgt das Bilanzkreis- und Ausgleichsenergiesystem dafür, dass genau so viel Strom in das Stromnetz eingespeist wird, wie gleichzeitig aus diesem entnommen wird. Es umfasst insbesondere die Pflichten, alle Erzeuger und Verbraucher in Bilanzkreisen zu erfassen (Bilanzkreispflicht), auf Basis von Last- und Erzeugungsprognosen ausgeglichene Fahrpläne anzumelden und einzuhalten (Pflicht zur Bilanzkreistreue) sowie unvorhergesehene Fahrplanabweichungen durch Ausgleichsenergie abzurechnen (Ausgleichsenergiesystem).

Der Ausgleich zwischen Erzeugung und Verbrauch wird über Bilanzkreise abgerechnet.

Ein Bilanzkreis ist ein virtuelles Energiemengenkonto, geführt von einem Bilanzkreisverantwortlichen. Ein Bilanzkreis umfasst beispielsweise die Kraftwerke eines Kraftwerksbetreibers oder die gesamte Erzeugung und Gesamtnachfrage eines Energieversorgers.
Es gibt zudem reine Handelsbilanzkreise, die nur gehandelte Strommengen umfassen. Jeder Erzeuger und jeder Verbraucher in Deutschland ist in einem Bilanzkreis erfasst. Die Bilanzkreisverantwortlichen melden im Rahmen der Fahrplananmeldung für jede Viertelstunde des Folgetages an, wie viel Strom sie mit welcher Erzeugungsanlage in das Netz einspeisen oder an welchem Netzanschlusspunkt sie Strom aus dem Netz entnehmen wollen. Die Fahrpläne umfassen auch den geplanten Stromaustausch mit anderen Bilanzkreisen gemäß den Ergebnissen des Strommarktes.

Der zentrale Anreiz dafür, Erzeugung und Verbrauch zu synchronisieren, sind die Ausgleichsenergiekosten.

Der Einsatz von Regelleistung zum Ausgleich physikalischer Abweichungen zwischen Erzeugung und Verbrauch stellt sicher, dass die Differenzen zwischen Fahrplananmeldung und Ist-Zustand im Saldo über die gesamte Regelzone ausgeglichen werden. Diese Kosten für den Einsatz der Regelleistung werden über das Ausgleichsenergiesystem abgerechnet. D. h. weicht ein Bilanzkreis im Saldo von seinem Fahrplan ab, muss er die Kosten für den Einsatz der Regelleistung tragen. Die Ausgleichsenergiekosten sollen so wie eine Strafzahlung für Abweichungen vom angemeldeten Fahrplan wirken. Sie sind der zentrale Anreiz dafür, Bilanzkreise auszugleichen (siehe zur Weiterentwicklung Kapitel 4.2).

Ein ziemlich großer bürokratischer Aufwand, der sich durch ausreichend Speicherkapazität ebenfalls einsparen lässt. Noch weit wichtiger ist der Zugewinn an Transparenz, der damit einhergeht.

1.5 Der Strommarkt vergütet Arbeit und Leistung

Der Strommarkt vergütet neben der Arbeit auch Leistung.

Arbeit umfasst die bereitgestellte Energie (man spricht dann von Kilowatt- oder Megawattstunde). Leistung beschreibt die Erzeugungs-kapazität und damit die Möglichkeit zur Energiebereitstellung (man spricht dann von Kilo- oder Megawatt). An den Spotmärkten wird explizit nur elektrische Arbeit gehandelt. Daher wird oft vom „Energy only Markt“ (EOM) gesprochen. Implizit vergütet der Strommarkt Leistung auf Terminmärkten, Spotmärkten (insbesondere in Form der in Kapitel 1.2 beschriebenen Deckungsbeiträge) und in Strombezugsverträgen. Explizit vergütet der Strommarkt Leistung beispielsweise auf dem Regelleistungsmarkt, in Optionsverträgen oder Absicherungsverträgen.

Mit der elektrischen Arbeit wird implizit immer auch die dafür erforderliche Leistung gehandelt und vergütet.

Die impliziten Vergütungen von Leistung resultieren aus dem Bilanzkreis- und Ausgleichsenergiesystem (siehe Kapitel 1.4) sowie den unbedingten Lieferverpflichtungen für die gehandelte Arbeit. Die Versorger sind verpflichtet, ihre Lieferverpflichtungen für die gehandelte Arbeit zu erfüllen. Dafür müssen sie entsprechende Kapazitäten vorhalten oder kontrahieren. Bei Abweichungen müssen sie Ausgleichsenergiekosten zahlen. So entstehen bereits im heutigen Bilanzkreis- und Ausgleichsenergiesystem Anreize, ausreichend Kapazitäten von Erzeugungsanlagen oder flexible Leistung von Verbrauchern für die Erfüllung der Lieferverpflichtungen vorzuhalten (siehe Frontier/Formaet 2014 und r2b 2014) sowie die Preis- und Mengenrisiken abzusichern (r2b 2014). In Zeiten von Überkapazitäten ist diese implizite Vergütung von Leistung gering. Sie steigt, je knapper die Kapazitäten am Strommarkt sind.

1.6 Redispatch ist die Antwort auf vorübergehende Netzengpässe

Netzengpässe behindern den Stromtransport zwischen Erzeugern und Verbrauchern.

Innerhalb Deutschlands wird Strom zunehmend in Windkraftanlagen im Norden und Osten der Republik erzeugt. Zahlreiche Lastzentren aber liegen überwiegend im Süden und Westen Deutschlands. Ohne ausreichenden Netzausbau können sich die existierenden Netzengpässe zwischen Norden und Süden weiter verschärfen (siehe auch Kapitel 5 und 6).

Können ist nicht werden, sondern der verdeckte Konjunktiv. Der Süden hat ausreichend ungenutztes Potential, um sich selbst rein generativ zu versorgen und Überschuss für die Nachbarn zu produzieren. Deshalb ist der gewünschte Netzausbau nur eine Variante, die gestaltet werden kann. Aus Sicht Bayerns ist der massive Zubau von 7 mal den Ist-Bestand an PV plus landesweit 4.000 WKA mit 140 Metern Nabenhöhe und max. 2,4 MW Leistung bei maximaler Rotorenlänge der weitaus klügere, nachhaltigere und effizientere Weg. Keine versiegelte Fläche, die geeignet für PV ist, darf in Zukunft ungenutzt bleiben.

Bei Netzengpässen passen die Übertragungsnetzbetreiber die Fahrweise von Kraftwerken an.

Die Übertragungsnetzbetreiber errechnen unter anderem auf Basis der Fahrplananmeldungen die voraussichtlichen Stromflüsse durch die Leitungen des Übertragungsnetzes. Erwarten sie auf der Grundlage dieser Lastflussberechnung Netzengpässe oder netzkritische Situationen, können sie Kraftwerke, Wind und Solaranlagen anweisen, ihre geplante Stromproduktion anzupassen, um diese Engpässe gezielt zu vermeiden. Dieses Verfahren wird Redispatch genannt (siehe Kapitel 5).

Das ist der Widersinn, der durch einen hinreichend großen Speicherpark massiv verringert werden kann. Das Vorhalten von Reservekraftwerken ist dann unnötig.

Redispatch kann auch bei Netzengpässen einen sicheren Netzbetrieb gewährleisten.

Übertragungsnetzbetreiber weisen Stromerzeuger vor dem erwarteten Netzengpass an, die Erzeugung in ihren Anlagen zu drosseln. Es werden zunächst konventionelle Anlagen angewiesen. Wenn dies nicht ausreicht, werden auch die Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien abgeregelt. Hinter dem Netzengpass werden Kraftwerke hochgefahren, um die gedrosselte Stromproduktion in gleicher Leistung zu ersetzen. Die Anlagenbetreiber vor und hinter dem Netzengpass erhalten dafür eine finanzielle Kompensation. Die Kosten des Redispatches werden über die Netzentgelte auf die Stromkunden umgelegt. Im Jahr 2013 betrugen sie in Deutschland 115 Millionen Euro (BMWi 2014).

Für 115 Millionen kann man aktuell das EK für die Finanzierung von 2 GW Batterieleistung mit 2 GWh Speicherkapazität stellen. Die benötigte Regelleistung für das Netz steht dann in 2 Jahren bereit. Während die Trassenerrichtung eher 15 Jahre in Anspruch nehmen werden.

Kapitel 2: Herausforderungen

In den kommenden Jahren durchläuft der Strommarkt eine Phase des Übergangs (2.1).

Zentrale Aufgabe des Strommarktes ist es dabei, Versorgungssicherheit kosteneffizient zu gewährleisten und dafür Stromerzeugung und -verbrauch zu synchronisieren (2.2).

Mindesterzeugung im System kann eine sichere, kosteneffiziente und umweltverträgliche Synchronisierung von Erzeugung und Verbrauch erschweren (2.3).

2.1 Der Strommarkt befindet sich in den kommenden Jahren in einer Phase des Übergangs

Der Strommarkt ist liberalisiert.

Bis 1998 hatten Stromversorger feste Versorgungsgebiete. Stromversorgung und Netze waren zumeist in einer Hand. Diese Monopole wurden aufgelöst. Wettbewerb sorgte dafür, dass die Stromerzeugung und der Stromvertrieb effizienter wurden.

Die Netze sind nach wie vor faktische Monopole. Die „Liberalisierung“ ist eine Farce der gleichen Art, wie die Tromp l’loeuil Technik im ausgehenden Jugendstil. Statt anzuerkennen, dass Netze aus physikalischen Gründen eben Monopolstrukturen sind und sie darum konsequent wieder in die allgemeine Daseinsvorsorge und die öffentliche Hand zurückzuführen, erfinden wir lieber komplizierte Vergütungsmechanismen wie die Anreizregulierung mit gesicherte Renditen, um Finanzkonzerne als Investoren zu gewinnen. Leider reicht dieses System die Kosten für die Befriedigung dieser Kapitalinteressen ungebremst an die Verbraucher durch. Die haben also nichts davon. Die Folge sind über das Netzentgelt steigende Strompreise wegen Renditegarantien statt freier Markt, und echter Wettbewerb.

Die europäischen Märkte sind weitgehend gekoppelt und wachsen weiter zusammen.

Die Kopplung der nationalen Strommärkte ist ein zentrales Element zur Vollendung des europäischen Binnenmarktes. In gekoppelten Märkten wird Strom unter Berücksichtigung der verfügbaren Übertragungskapazitäten gleichzeitig gehandelt. Damit können Erzeugungskapazitäten und Netze besser ausgenutzt werden (siehe Kapitel 1.1).

Und genau das geschieht eben nicht. Im Gegenteil: Die Investorenklasse fordert finanzielle Schutzgebiete und exklusive Weidegründe für noch mehr redundante Kapazitäten bei Erzeugung und Transport. Das ist gegenüber den Verbrauchern nicht verantwortbar. Parteien die derlei Begehrlichkeiten und Bedürfnisse befriedigen gehören weg von den Schalthebeln der Macht.

Die Liberalisierung der Strommärkte und der EU-Binnenmarkt für Elektrizität tragen zu den derzeit vorhandenen Überkapazitäten bei.

Der Wettbewerb und die Kopplung nationaler Märkte haben dazu geführt, dass Strom heute effizienter erzeugt und gehandelt wird und weniger Kraftwerke benötigt werden. Damit sind Überkapazitäten entstanden. Diese wurden durch den Zubau von erneuerbaren Energien, die Inbetriebnahme neuer fossiler Kraftwerke und die Wirtschaftskrise in Europa, die zu einer unerwartet niedrigen Nachfrage geführt hat (CEPS 2014), verstärkt. Die Überkapazitäten summieren sich gegenwärtig auf rund 60 Gigawatt in dem für Deutschland relevanten Strommarktgebiet (siehe Kapitel 7).

Ein klares Argument dafür, von zusätzlichen Kraftwerken und Kapazitätsmärkten abzusehen. Ein Zubau weiterer konventioneller Kraftwerke kann nur im Ersatzgeschäft für die Stilllegung von Kohlekraftwerken erfolgen. Und nur so weit, als keine generativen Potentiale erschließbar sind.

Die Überkapazitäten und die niedrigen CO2-Preise führen gegenwärtig zu niedrigen Großhandelspreisen.

Diese entlasten einerseits die Stromverbraucher, die am Großhandelsmarkt einkaufen; andererseits verringern sie die Wirtschaftlichkeit von Bestands- und Neubaukraftwerken und erhöhen den Förderbedarf für erneuerbare Energien. Derzeit werden zahlreiche Kraftwerke von ihren Betreibern stillgelegt. Dieser erforderliche Marktbereinigungsprozess wird in den kommenden Jahren anhalten.

Viele Studien gehen davon aus, dass sich die Wirtschaftlichkeit der Kraftwerke mittelfristig verbessert.

Durch den Abbau von Überkapazitäten wird sich das Preisniveau voraussichtlich stabilisieren (Frontier et al. 2014, r2b 2014). Damit wird sich die Wirtschaftlichkeit von Bestands- und Neubaukraftwerken, erneuerbaren Energien und Speichern verbessern. Dies gilt insbesondere, wenn zukünftig die Stromnachfrage gelegentlich den Strommarktpreis setzt (siehe „peak-load pricing“ in Kapitel 1.2). Die Frage, ob ein optimierter Strommarkt dafür sorgt, dass eine sichere Versorgung der Verbraucher stets gewährleistet ist, oder ob zusätzlich ein Kapazitätsmarkt eingeführt werden soll, wird in Teil III diskutiert.

In der ersten Phase der Energiewende hat sich der derzeitige Strommarkt grundsätzlich bewährt.

In dieser Phase sind die erneuerbaren Energien auf einen Anteil von rund 25 Prozent an der Stromerzeugung angewachsen. 2011 wurden acht Kernkraftwerke mit einer Erzeugungskapazität von insgesamt rund acht Gigawatt endgültig stillgelegt. Der Markt hat dabei bemerkenswerte Anpassungsleistungen gezeigt. So haben beispielsweise Betreiber von konventionellen Kraftwerken aufgrund entsprechender Preissignale ihre Betriebsweise in einem Umfang an die zunehmend volatilere Residuallast angepasst, der vor wenigen Jahren für technisch unmöglich gehalten wurde. Gleichzeitig wurden Innovationen im Lastmanagement erprobt.

Bis 2022 steigt Deutschland aus der Kernenergie aus.

Bis 2022 werden hierdurch weitere Erzeugungskapazitäten in Höhe von rund 12 Gigawatt stillgelegt.

Erneuerbare Energien werden weiterhin im Rahmen des vom Erneuerbare-Energien-Gesetz definierten Ausbaukorridors stark ausgebaut.

Hierbei nehmen Windenergie und Photovoltaik die tragende Rolle ein. Wind und Sonne sind die Energiequellen mit den größten Poentialen und den geringsten Kosten. Sie sind jedoch dargebotsabhängig, das heißt, die Stromproduktion hängt vom Wetter ab. Diese kann saisonal und tageszeitlich stark schwanken.

Ob dieser Ausbaukorridor einen starken Ausbau bewirkt, kommt auf die Betrachtungsweise an. Die Zubauzahlen an PV in 2014 beweisen eindeutig das Gegenteil. Vom Ziel 100 % generativ her gesehen ist das Ergebnis eine glatte 6 im Zeugnis der Bundesregierung. Die Qualifizierung der generativen Erzeuger Wind und PV als „dargebotsabhängig“ greift entschieden zu kurz. Solche zu Glaubenssätzen hochstilisierten Pauschalierungen helfen nicht bei der Bewältigung der Herausforderung, sondern bremsen diese aus. Frei nach dem Motto: Augen zu und durch, irgendwann rufen die Leute schon wieder nach neuen Kern- und Kohlekraftwerken. An der Stelle kommen Speicher ins Spiel, die bereits heute als elektrochemische Speicher technisch in der Lage sind, sowohl saisonale als auch tägliche oder wöchentliche Schwankungen auszugleichen. In Verbindung mit einer geänderten Auslegung der PV- und WK-Anlagen auf Grundlast hin sind diese Technologien in der Lage, den gesamten Bedarf in Zukunft zu decken. Autark und Autonom.(Vgl. Willenbacher, „Mein unmoralisches Angebot an die Kanzlerin“)

Der Bedarf an Grund- und Mittellastkraftwerken sinkt.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien verändert die Anforderungen an den thermischen Kraftwerkspark. Der Gesamtbedarf an fossilen Kraftwerken und insbesondere der Bedarf an Grund- und Mittellastkraftwerken sinkt, während der Bedarf an flexiblen Spitzen-lasttechnologien und Lastmanagement steigt.

Und genau deshalb gehören Speicher vor Netzausbau auf die Tagesordnung. Dezentrale Erzeugung meets dezentrale Speicherung. Die vernünftigste Strategie lautet:

– Vergütungssystem für Erzeuger nach effektivem Aufwand plus Energiesteuer (Modell EEG und Anreizregulierung), gewichtet nach realem PE-Faktor und realem C02-Verhältnis-Faktor. Regenerative Energiebereitstellung aus biogenen Primärenergieträgern stehen für Faktor 1, generative wie PV und Wind für Faktor z. B. 0,1, abhängig vom Verhältnis Herstellungsenergiebedarf zur Ertrag über die Lebenszeit. Herstellungsenergie für Kupfer, Aluminium etc. wird als graue Energie nicht mitgezählt da das Material erhalten bleibt.

– Vergütungssystem für Netze und Speicher nach realem Aufwand (Anlehnung an EEG und Anreizregulierung. Abschlag und Abrechnung nach realer Erfassung)

Der Strommarkt reagiert zunehmend flexibler auf die fluktuierende Stromerzeugung der erneuerbaren Energien; größere Verbraucher nehmen zunehmend aktiv am Strommarkt teil, wenn sie dadurch ihre Wirtschaftlichkeit stärken können (Lastmanagement).

Wir bewegen uns von einem Stromsystem, in dem regelbare Kraftwerke der Stromnachfrage folgen, zu einem insgesamt effizienten Stromsystem, in dem flexible Erzeuger, flexible Verbraucher und Speicher zunehmend auf das fluktuierende Dargebot aus Wind und Sonne reagieren. Dieser Übergang wird in den nächsten Jahren stattfinden.

2.2 Synchronisierung: Eine Aufgabe, zwei Funktionen

Der Strommarkt hat im Kern eine Synchronisierungsaufgabe.

Elektrische Energie kann im Stromnetz nicht gespeichert werden. Der Strommarkt muss dafür sorgen, dass jederzeit genau so viel Strom in das Stromnetz eingespeist wird, wie gleichzeitig aus diesem entnommen wird. Um diese Synchronisierungsaufgabe zu erfüllen, hat der Strommarkt zwei zentrale Funktionen: eine Vorhalte- und eine Einsatzfunktion.

Es ist eine Banalität, dass das Stromnetz nicht Speichern kann. Selbst wenn das nicht so ganz stimmt. Es ist auch kein Leitungsnetz für Flüssigkeiten oder Gase. Daraus eine Regel abzuleiten, dass Speichern deshalb nicht sinnvoll sei, ist ungefähr so, als würde man zukünftig ohne Tank Auto fahren wollen. Selbst in einem Gas- oder Flüssigkeitsnetz wäre jede Lastveränderung direkt wirksam. Deswegen planen Ingenieure Ausgleichsbehälter und bauen Heizungsbauer diese ein. Und auch das bedeutet, dass es sinnvoll ist, das Stromsystem um Speicher zu ergänzen, statt jede Lastspitze über 600 km oder mehr zu überbrücken.

Der Strommarkt hat zum einen eine Vorhaltefunktion (ausreichende Kapazitäten):

Damit jederzeit ein Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage möglich ist, müssen ausreichend Kapazitäten – d. h. Erzeuger oder flexible Verbraucher – am Markt vorhanden sein. Preissignale müssen dafür sorgen, dass die Marktakteure den entsprechenden effizienten Technologiemix aus flexiblen Erzeugern und flexiblen Verbrauchern bereitstellen und rechtzeitig in neue Kapazitäten auf der Erzeugungs- oder Verbrauchsseite (Lastmanagement) investieren. Die Marktakteure nutzen für ihre Investitionsentscheidungen in die Zukunft gerichtete Marktpreisprognosen und Preisnotierungen im Terminmarkt. Lassen diese erwarten, dass sich Investitionen rentieren, liegt eine wesentliche Voraussetzung für eine positive Investitionsentscheidung vor.

Speicher sind beides. Flexible Erzeuger und Verbraucher. Sie dienen neben der Stabilisierung des Systems vor allem auch zur Glättung von Bedarfs/Last/Leistungsspitzen. Was den Kapazitätsbedarf der Netze deutlich senkt.

Kurz- bis mittelfristig sind ausreichend Kapazitäten vorhanden.

Die bestehenden Kapazitäten können in den kommenden Jahren eine sichere Versorgung der Verbraucher mit Strom gewährleisten (ÜNB 2013; r2b 2014; Frontier et al. 2014; siehe auch Kapitel 9). Die derzeit zu beobachtenden niedrigen Großhandelspreise unterstreichen die Tatsache, dass es gegenwärtig erhebliche Überkapazitäten gibt. Die teilweise angekündigten oder bereits realisierten Stilllegungen von Kraftwerken sind ein Zeichen dafür, dass der Strommarkt die richtigen Signale aussendet. Überkapazitäten müssen abgebaut werden.

Wie der Strommarkt auch langfristig für ausreichende Kapazitäten sorgen soll, um die Vorhaltefunktion zu erfüllen, wird gegenwärtig diskutiert.

Die Frage, ob der Strommarkt ausreichend Kapazitäten anreizt, um eine sichere Versorgung der Verbraucher zu gewährleisten, oder ob zusätzlich ein Kapazitätsmarkt nötig ist, wird in Teil III diskutiert.

Der Strommarkt hat zum anderen eine Einsatzfunktion.

Stromerzeugung und -verbrauch müssen jederzeit im Gleichgewicht sein. Es reicht daher nicht, dass technisch ausreichend Kapazitäten (installierte Leistung von Erzeugungsanlagen und flexible Leistung von Verbrauchern) vorhanden sind. Für eine sichere Versorgung muss der Strommarkt durch Preissignale auch jederzeit dafür sorgen, dass die vorhandenen Kapazitäten im erforderlichen Umfang (d. h. in Höhe des zu erwartenden Verbrauchs) kontrahiert und tatsächlich eingesetzt werden. Die Frage, welche Maßnahmen für einen sicheren, kosteneffizienten und umweltfreundlichen Einsatz der Erzeuger und flexiblen Verbraucher nötig sind, wird in Teil II diskutiert.

Kapazitäten sind eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Versorgungssicherheit.

Weder noch. Oder beides. Die Diskussion um Kapazitätsmärkte folgt der Philosophie von Henry Ford. Hubraum lässt sich nur durch eines ersetzen: Noch mehr Hubraum. Mit dem Ergebnis der Vergrößerung von Automobilen über die Grenze jeglicher Effizienz hinaus. Kapazitäten, noch dazu höchst flexible können durch die Leistungselektronik elektrochemischer Speicher spielend abgebildet werden. Zunächst sollte der Aufbau an Leistungskapazitäten mit kurzfristig ausgelegten Speichern wie Li-Ion-Batterien fokussiert unterstützt und gefördert werden. Zielpunkte wären neben der Förderung privater Speicher zur Eigenverbrauchsoptimierung vor allem Ortsnetztrafos, generative Erzeugungsanlagen, größere Verbraucher mit hohen Lastspitzen und ausgewählte Umspannwerke zwischen den Netzebenen mit hohen Lastwechseln. Anschließend, sobald ausreichend dezentral verfügbare Regelenergie vorhanden ist, der Zubau an langfristigen Speicherkapazitäten auf Red-OX-Flow Basis. Diese schließen sich dann vor allem an den Netzknoten und Ortsnetztrafos an. Das ideale Investorenmodell wäre hier die Genossenschaft, um Bürgerbeteiligung zu ermöglichen und Kapital zu aktivieren.

Beispiel 1: Februar 2012 in Deutschland.

Die Versorgungssituation war stundenlang angespannt, obwohl technisch ausreichend Kapazitäten vorhanden waren. Über mehrere Stunden konnte das System nur mit Hilfe eines hohen Regelleistungseinsatzes und weiterer kurzfristig aktivierbarer Reserven stabil gehalten werden. Die Ursache hierfür waren systematisch unterdeckte Bilanzkreise: Eine große Zahl von Bilanzkreisverantwortlichen hatte zu wenig Strom am Markt beschafft, um den tatsächlichen Verbrauch in ihren Bilanzkreisen zu decken. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie wichtig die Einsatzfunktion des Strommarktes, insbesondere die richtigen Anreize des Bilanzkreis- und Ausgleichsenergiesystems und der Abbau von möglichen Hemmnissen, für die Versorgungssicherheit ist.

Genau damit ergibt sich ein weiteres Argument für den sofortigen Start des Ausbaus einer Speicherinfrastruktur, statt eines Kapazitätsmarktes oder der Idee, das System schwerpunktmäßig auf P2G umzurüsten. Auf die Aufmerksamkeit und das Urteilsvermögen menschlicher Marktakteure, in dem Fall Trader, ist kein Verlass. Die Bedeutung der Stromversorgung ist zu groß, als dass sie der Marktwillkür von BWL-konformen Spekulationsmechanismen ausgesetzt werden könnte. Falls die Bundesregierung und die Ministerien das nicht glauben wollen, mögen sie sich bitte freiwillig samt Reichstag, Ministerien, Kanzleramt und Abgeordnetenbüros auf Platz 1 der Liste im Notfall abzuschaltender Verbraucher setzen lassen.

Beispiel 2: 7. Januar 2014 in den USA.

Es gab an der Ostküste der USA im Stromnetz von PJM5. PJM5 ist ein regionales Übertragungsnetz in den USA. Es umfasst die US- Bundesstaaten Delaware, Illinois, Indiana, Kentucky, Maryland, Michigan, New Jersey, North Carolina, Ohio, Pennsylvania, Tennessee, Virginia, West Virginia und District of Columbia, eine sehr kritische Versorgungssituation, obwohl durch den dortigen Kapazitätsmarkt mehr als genug Erzeugungskapazitäten vorgehalten wurden. An diesem Tag standen mehr als 40 Gigawatt oder 22 Prozent der Erzeugungskapazität dem Großhandelsmarkt nicht zur Verfügung, als sie dringend gebraucht wurden. Der Grund dafür war, dass diese Anlagen keinen ausreichenden Anreiz hatten, auch einsatzbereit zu sein und tatsächlich eingesetzt zu werden. PJM hat daher angekündigt, das Regelwerk für den Strommarkt zu überarbeiten (PJM 2014).

Und damit haben wir ein weiteres schlagendes Argument, warum ein Schwarm von vielfältigen Speichern sinnvoller ist, als das Vorhalten von Reservekapazitäten in Form von Stand-By Kraftwerken. Dazu kommt der technische Faktor: Die Laderegler von Batteriespeichern reagieren in Millisekunden, Gaskraftwerke brauchen bei Kaltstart 30 Minuten. Sogar Pumpspeicherkraftwerke reagieren schneller, Brennstoffzellen erst Recht.

Die Synchronisierung von Erzeugung und Verbrauch muss auch in den zwei Extremsituationen, hohe und niedrige Residuallast, funktionieren.

Die Residuallast ist der Stromverbrauch, der nicht durch erneuerbare Energien gedeckt werden kann, sondern durch konventionelle Kraftwerke, Stromimporte oder Speicher gedeckt werden muss. Es können zwei Extremsituationen auftreten:

1. Maximale Residuallast: Die Stromnachfrage ist hoch und es wird gleichzeitig wenig Wind- und Sonnenstrom produziert. Dies kann an einem kalten, windstillen Winterabend vorkommen.

2. Minimale Residuallast: Die Stromnachfrage ist gering und es wird gleichzeitig viel Wind- und Sonnenstrom produziert. Dies kann an einem windigen und/oder sonnigen Wochenend- oder Feiertag vorkommen.

Beide Extremsituationen stellen den Strommarkt vor Herausforderungen, die er sicher und kosteneffizient bewältigen muss.

In Zeiten hoher Residuallast (hohe Stromnachfrage, wenig Wind- und Sonnenstrom) müssen flexible konventionelle Kraftwerke, Speicher oder Stromimporte aus dem Ausland die Nachfrage decken. Alternativ können flexible Verbraucher ihre Stromnachfrage reduzieren und z. B. bereits eingekauften Strom am Markt gewinnbringend verkaufen. Bei geringer Residuallast (geringe Stromnachfrage, viel Wind- und Sonnenstrom) sollen thermische Erzeuger herunterfahren, Speicher- sowie Exportmöglichkeiten genutzt oder flexible Verbraucher zugeschaltet werden. Auf diese Weise kann der zu niedrigen Grenzkosten angebotene Strom aus Wind- und Sonnenenergie effizient und sicher in das System integriert werden. Nur selten auftretende extreme Einspeisespitzen von Wind- und Sonnenenergie („letzte kWh“) sollten abgeregelt werden (siehe Kapitel 5).

Der Ansatz, vorzugsweise mit elektrochemischen Speichern (Akkus, Batterien) statt überdimensionierten Netzen zu arbeiten, beginnt genau an der Stelle der Last-und Leistungsspitzen. Speicher sind nichts anderes als flexible Stromverbraucher mit Rückvergütung. Sie können Lasten und Leistungen flexibel eintauschen und rechnen sich bereits genau dort, wo bisher Überschüsse abgeregelt wurden.

Das Speichern von Energie, Produkten, Dienstleistungen und Waren ist seit Jahrtausenden elementarer Bestandteil der menschlichen Zivilisation. Und ausgerechnet beim Strom beharren einige „Experten“, Wissenschaftler, Politiker und Gläubige auf der Idee, Strom Just in Time über beliebige Entfernungen zu transportieren, ihn anderswo möglicherweise zeitgleich zu verwenden, wenn er am Produktionsort nicht gebraucht wird. Das ist in etwa so, als würden Menschen jedes Mal eine Reise von mehreren Dutzend Kilometern unternehmen, um Nahrungsmittel und andere Waren möglichst frisch dort einzukaufen, wo sie gerade hergestellt werden. Oder als wäre der Steinzeitjägerclan wanderndem Wild nicht mehr gefolgt, sondern tagelang gelaufen, um es zu erlegen und hätte es dann tagelang zur Höhle zurückgetragen.

Der systematische Aufbau eines Speichersystems vorwiegend mit Batterien verschiedener Bauart (Li-Ion, Natrium-Schwefel für große Leistungen und mittlere Speicherdauer und Redox—Flow für geringere Leistungen aber als Langzeitspeicher) wird

1. Lastspitzen abfangen und die Abrufe im Netz glätten
2. Leistungsspitzen abfangen und die Überschüsse speichern statt abregeln
3. Spannung und Frequenz automatisch scannen und synchron gegensteuern und ausgleichen
4. Dynamisch wachsen und dadurch die Kosten für Batteriesysteme deutlich senken
5. Versorgungssicherheit auf dem bestehenden Niveau stabilisieren und sogar noch erhöhen
6. Potential für den Umstieg auf Elektromobilität eröffnen
7. Potential für den weiteren Zubau an generativer Stromerzeugung erhöhen
8. die Grundlage für das konsequente Phasing Out aller fossilen und nuklearen Stromerzeugung in deutlich kürzerer Zeit erstellen, als bisher gedacht
9. Durch den Leverageeffekt von Speichern die Strompreise nivellieren
10. Den Bau von Stromautobahnen weitgehend überflüssig
machen. Und somit den Bürgern weniger zur Last fallen.

Denn so gut wie alle Regionen Europas haben ausreichend lokales Potential für PV auf bereits versiegelten Flächen, das bisher lediglich nicht genutzt ist.

Die Herausforderung der minimalen Residuallast wird mit steigenden Anteilen erneuerbarer Energien größer.

Heute, bei einem Anteil erneuerbarer Energien von rund 25 Prozent am Stromverbrauch, beträgt die minimale Residuallast ca. 15 Gigawatt. Der Strommarkt ist damit weit entfernt von einem „Überschuss“ erneuerbarer Energien. 2035 könnte die minimale Residuallast minus 25 Gigawatt betragen (Fraunhofer ISI 2014, siehe Abbildung 3). In solchen Situationen reichen die Exportmöglichkeiten für Strom in Nachbarmärkte voraussichtlich nicht mehr aus. Es ist deshalb wichtig, dass thermische konventionelle Erzeuger im Inland ihre Erzeugungsleistung weitestgehend reduzieren (siehe 2.3) und flexible Stromverbraucher in solchen Stunden ihre Nachfrage erhöhen können. Zukünftig werden diese flexiblen Verbraucher voraussichtlich auch aus anderen Sektoren wie dem Wärme- und dem Verkehrssektor kommen (Sektorenkopplung, siehe Kapitel 3). Ferner können Stromspeicher, z. B. in Form von Pumpspeicherkraftwerken, einen Beitrag zur Verstetigung der Residuallast leisten, indem sie in Zeiten hoher Stromeinspeisung Strom entnehmen.

Ein wenig zu kurz gesprungen. Die flexibel einsetzbaren „Stromverbraucher“ der Zukunft, die sogar einen Großteil der hineingesteckten Energie wieder zurückgeben, sind Speicher aller Art und Größe. An der Stelle kann und wird uns nur ein vollkommen technologieoffener Ansatz eine Lösung bringen. Dieser Ansatz darf selbstverständlich die eingesetzten Technologien marktkonform fördern. Einen Ansatz zur Fördermethodik bieten die Vergütungsmodelle EEG und Anreizregulierung.

Essentielle Voraussetzungen ist die ökonomischen Dreiteilung des Strommarkts in einen Erzeugermarkt, einen Speichermarkt und einen Verbrauchermarkt.

Dabei ist es logisch und konsequent, eine allgemein und für alle Erzeuger gleichermaßen gültige Vergütungsmethode für deren erzeugten Strom zu schaffen.

Der Erzeugermarkt liefert seinen Strom in den Markt. Ein Erzeuger erhält eine Vergütung die seine Investitionskosten / Abschreibungen nach TLCC, Brennstoffkosten, Wartung und Personalkosten sowie nach der typischen Betriebsdauer in VBH vergütet. Damit wird wie bei der Anreizregulierung für Investitionssicherheit und begrenzte, aber gesicherte Rendite gesorgt. Somit erhalten alte Kraftwerke entsprechend ihres Restwerts weniger Vergütung, neue Kraftwerke erhalten mehr. Den Stromeinkauf regeln wie bisher die Bilanzkreisbetreiber über Preisermittlung an der Börse. Damit behält die Merit Order des besten Preises ihre Wirksamkeit zum Nutzen aller.

Der Speichermarkt nimmt den gesamten Strom virtuell auf und schlägt eine dynamisch veränderbare Speichergebühr auf jede kWh auf. Diese Gebühr vergütet den Einsatz von Speichern zu den jeweils günstigsten Speicherkosten, die am Markt verfügbar sind und wird laufend angepasst. Aus diesem Ertrag wird der Aufbau einer umfassenden Speichertechnologie so lange finanziert, bis der vollständige Umstieg auf rein generative Stromerzeugung (ohne jede CO2-Nutzung) erreicht ist. Ab dann wird jeder weitere Zubau erst mit dem Anwachsen des Stromverbrauchs genehmigt. Jeder am Betrieb eines Speichers interessierte Investor – privat, öffentlich oder gewerblich – kann für den Betrieb eines Speichers bieten, der höchstens die Gesamtjahresproduktion eines in Betrieb befindlichen Kraftwerks / Generators umfassen darf. Für die Begrenzung der Speicherkapazität ist eine Bruchteilregelung der zulässigen Speichergröße in Abhängigkeit von der Leistungsklasse vorzusehen, die Oligopolisierungen bzw. der Schaffung unangemessener Abhängigkeiten entgegenwirken soll. (Z. B. für kleine Erzeugungsanlagen bis 100 KW 100 %, ab 100 KW bis 1 MW 40 %, 1 MW bis 10 MW 10 %, > 10 MW < 5%).

Speicher dürfen auch von Stromverbrauchern errichtet werden, die ihren Lastfluss durch die Vorschaltung von Speichern vor ihre Verbrauchsprozesse glätten wollen und so einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung des unbeliebten Netzausbaubedarfs leisten können. Deren Speicher sind allerdings höchstens bis zum Jahreseigenbedarf förderfähig.

Alle Speicher müssen zu netzdienlichen Systemdienstleistungen fähig sein und dies nachweisen. Aus dem Speicherkostenaufschlag werden bis zum Erreichen des Ziels 100 % generative Stromerzeugung die Netzentgelte und die Netzerneuerung, sowie der Netzzubau, soweit er auf Grund real gemessener Lastgänge und transparent öffentlich nachvollziehbar als notwendig nachgewiesen ist, finanziert.

Auf der Stromverbraucherseite künftig wird der Strom zu einer festen Preisuntergrenze durch die Bilanzkreisbetreiber verkauft. Die fixe Preisuntergrenze bilden die teuerste, generative Form der Stromerzeugung (PV oder Wind) plus der Speicherkostenaufschlag.

Auf den Strompreis wird eine gewichtete Energiesteuer aufgeschlagen. Diese Energiesteuer beträgt 2 ct. / kWh multipliziert mit dem PE-Faktor multipliziert mit einem CO2-Faktor, der gesetzlich noch festzulegen ist. Aktuell existieren CO2-Kennwerte, die als CO2-Faktoren bezeichnet werden, jedoch nicht die mathematische Funktion eines Faktors haben, sondern eben nur Kennwerte bezogen auf den Ausstoß sind. Für einen zur Berechnung tauglichen Faktor wird der C02-Kennwert eines klimaneutralen Energieträgers benötigt. Für regenerative Energieträger aus Biomasse gilt CO2-Neutralität. Deren Ausstoß hat daher den Faktor 1.

Am Ende kommt auf den dann gebildeten Strompreis noch die gesetzliche Mehrwertsteuer. Die Fortführung der EEG-Umlage auf neu errichtete Anlagen entfällt, da ja eine kostendeckende Vergütung bereits gesichert ist.

Die Stromkontingente rufen die Kunden je nach Verfügbarkeit ab. Auf diesem Weg steht der Markt weiterhin jedem offen, der Strom produzieren möchte, verlangt aber jedem Erzeuger gleichberechtigt maximale Anstrengungen in Bezug auf Effizienz und Nachhaltigkeit ab.

2.3 Konventionelle Mindesterzeugung kann die Synchronisierung erschweren

Bei geringer Residuallast (geringe Stromnachfrage, viel Wind- und Sonnenstrom) besteht derzeit noch eine sehr hohe konventionelle Mindesterzeugung.

Als Mindesterzeugung wird hier die Stromproduktion bestimmter thermischer konventioneller Kraftwerke bezeichnet, die auch noch bei geringer Residuallast und Börsenpreisen von null oder darunter erfolgt, insbesondere weil sie für die Systemsicherheit im Netzbetrieb (Regelleistung, Blindleistung, Redispatch oder andere Systemdienstleistungen) erforderlich ist. Die Mindesterzeugung beträgt heute situationsabhängig bis zu 25 Gigawatt, was mehr als einem Drittel der durchschnittlichen Last entspricht. Um die Versorgungssicherheit bei geringer Residuallast auch langfristig zu gewährleisten, sollte einerseits die Mindesterzeugung gesenkt werden und andererseits sollten Erneuerbaren-Anlagen technisch weitgehend abregelbar sein, damit ein „Zuviel“ an Strom (Überspeisung) vermieden werden kann (Ecofys/Consentec 2013).

Die Abregelung vor allem von generativen EE-Anlagen ist wirtschaftspolitisch widersinnig. Und technisch unnötig. Das Problem wird sich mit der Schaffung einer Speicherinfrastruktur zügig nach und nach erledigen. Damit sind die Begriffe Grundlast und Residuallast über kurz oder lang Geschichte.Das Ende der Grundlast

Es gibt verschiedene Gründe, warum es derzeit zu Mindesterzeugung kommt.

Mindesterzeugung entsteht, wenn ein Kraftwerk Regelleistung (siehe Kapitel 4), Blindleistung (siehe Kapitel 5) oder Wärme (siehe Kapitel 8) bereitstellen muss. Wie Mindesterzeugung kann auch die hohe Stromproduktion aus Braunkohle- und Kernkraftwerken bei
geringer Residuallast wirken; Ursache dafür sind unter anderem hohe An- und Abfahrtkosten und lange Anfahrdauer von Braunkohle- und Kernkraftwerken. Auch fossile Eigenerzeugung kann wie Mindesterzeugung wirken, wenn sie etwa wegen Privilegierungen bei der EEG-Umlage, den Netzentgelten oder der Konzessionsabgabe nicht oder nur eingeschränkt auf das Preissignal reagiert.

Auch dieses Problem erledigt sich mit dem Konzept eines dreigeteilten Strommarkts, der Umstellung auf 100 % generativ und dem umfassenden Ausbau von Speicherkapazitäten.

Die Mindesterzeugung kann bei hohen Anteilen von erneuerbaren Energien eine kosteneffiziente und umweltverträgliche Synchronisierung von Erzeugung und Verbrauch bei niedriger Residuallast erschweren.

Eine weiterhin hohe Mindesterzeugung würde dann zu größeren Abregelungen von Erneuerbaren-Strom und häufigeren niedrigen bzw. sogar negativen Strompreisen führen. Daher ist es sinnvoll, die Mindesterzeugung schrittweise zu senken.

Richtig, und der Weg über die technische Kombination dezentraler Erzeugung von generativem Strom in Kombination mit Speichern und der damit in zunehmendem Umfang möglichen zielgenauen Bereitstellung von Regelenergie, Blindleistung, Frequenz- und Spannungsstabilisierung ermöglicht genau das.

Die Abregelung von Erneuerbaren-Anlagen ist keine sinnvolle Alternative zur Absenkung der Mindesterzeugung.

Eine maßvolle Abregelung von Erneuerbaren-Anlagen in seltenen Extremsituationen kann volkswirtschaftlich sinnvoll sein, beispielsweise weil Netzkapazität und Speicher für seltene Einspeisespitzen eingespart werden (siehe Kapitel 5). Die Abregelung ist jedoch keine sinnvolle Alternative zur Absenkung der Mindesterzeugung. Bei umfangreicher Abregelung können höhere Kosten entstehen, als durch die Mindesterzeugung kraftwerkseitig eingespart würden. Die untenstehende Graphik verdeutlicht die Zusammenhänge an einem Beispiel für das deutsche Stromerzeugungssystem (ohne weitere Flexibilisierung von Erzeugung und Nachfrage): Bei gleichbleibender Mindesterzeugung müssten bei 60 Prozent Anteil erneuerbarer Energien 15 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien exportiert oder bei mangelnden Exportmöglichkeiten abgeregelt werden (Fraunhofer ISI 2014).

An Stelle der Abregelung erneuerbarer, schlimmer noch generativer Stromerzeuger, ist es generell sinnvoller, durch die jeweils passende Speichertechnologie die Leistungsspitzen zu glätten. Das beginnt beim Einsatz von Superkondensatoren zur Verstetigung direkter Einspeisung oder der Befüllung von Speichern, die wiederum netzdienliche Zusatzeffekte bieten.

Die Rolle der Energieeffizienz:

Die steigende Energieeffizienz reduziert zugleich den Strombedarf „klassischer“ strombetriebener Geräte und Anlagen weiter, während „neue“ Verbraucher wie Elektrofahrzeuge und Wärmepumpen hinzukommen, deren Batterien oder Wärmespeicher flexibel geladen sind und zur Flexibilisierung des Stromsystems beitragen können.

Können ist das Stichwort. Es ist jetzt dringend an der Zeit, diese Technologien endlich systematisch und systemisch zu fördern. So wäre es zum Beispiel konsequent, die Förderung der Elektromobilität in der Form durchzuführen, dass jeder Käufer eines echten Elektrofahrzeugs (keine Hybriden) mit 25 kWh Batteriekapazität einen festen Zuschuss von z. B. 7.500 Euro zur Errichtung einer Ladesäule an einem öffentlich zugänglichen Ort seiner Wahl erhält. Die Ladesäule ist dann bedingungsgemäß mit einer Batterie mit einer Kapazität von 30 kWh auszustatten.

Bei einer Million Elektrofahrzeuge wären dann bis 2020 bereits 30 GWh Speicherkapazität installiert. Die Refinanzierung erfolgt über Gebühren für Systemdienstleistungen und Ladesäulennutzer.

Auf lange Sicht sinkt der erzielbare Strompreis immer weiter, weil der Zubau an generativer Erzeugung die Grenzkosten des gesamten Strommarkts gegen Null treibt. Ein Geschäftsmodell „Ladeinfrastruktur“ kann deshalb bereits mittelfristig ohnehin nur über Systemdienstleistungen und feste Nutzgebühren funktionieren und eben nicht über die Abrechnung der bezogenen Kilowattstunden.

Stromsparen ist eine besonders kostengünstige Möglichkeit zur Senkung der Systemkosten.

Diese werden durch geringere Kosten für fossile und erneuerbare Kraftwerke sowie durch geringere Ausgaben für Brennstoffe erreicht. Seit dem Allzeithoch 2007 (622 TWh) ist der deutsche Stromverbrauch rückläufig und stetig gesunken (2013: 598 TWh; BMWi 2014a). Setzt sich dieser Trend fort und schreitet die Bundesrepublik weiter voran bei der Erreichung ihrer gesetzten Stromsparziele, senkt das die Systemkosten erheblich. Durch Stromeinsparungen könnten im Jahr 2035 Kostensenkungen zwischen 10 und 20 Mrd. Euro erreicht werden (Agora 2014).

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Stromeffizienz und Stromeinsparungen durch effizientere Geräte und Anlagen können die Residuallast dauerhaft reduzieren, da die Steigerung der Stromeffizienz besonders in Zeiten hoher Residuallast wirkt.

Diese Logik verweigert sich jeglicher Erschließbarkeit. Positive wie negative Residuallasten ergeben sich aus de Divergenz von Erzeugung und Abruf. Die jeweilige Residuallast kann deshalb nur durch punktgenaue Bereitstellung des jeweiligen Bedarfs reduziert werden. Die Mittel der Wahl dazu sind Speicher und Flexibilisierung der Lasten.

Kapitel 3:

Flexibilität als eine Antwort

Dem Strommarkt stehen aus technischer Sicht ausreichend Optionen, sog. Flexibilitätsoptionen, zur Verfügung, um Erzeugung und Verbrauch jederzeit zu synchronisieren (3.1).

Falls das stimmt, ist das ein deutliches Argument gegen den gewünschten und propagierten Netzausbau.

Aus Gründen der Kosteneffizienz ist es erforderlich, Hemmnisse abzubauen und einen technologieneutralen Wettbewerb der Flexibilitätsoptionen untereinander möglich zu machen (3.2).

Dieser Forderung kann man uneingeschränkt zustimmen. Dazu gehören dann aber auch der Verzicht auf jegliche Subvention.

3.1 Flexibilitätsoptionen

Das technische Potential der Flexibilitätsoptionen ist weit größer als der tatsächliche Bedarf.

Es bestehen zahlreiche Optionen, um Erzeugung und Verbrauch jederzeit sicher, kosteneffizient und umweltverträglich zu synchronisieren. Dies gilt auch für Zeiten maximaler und minimaler Residuallast. Aus dem großen bestehenden Angebot für Flexibilität im Strommarkt können daher vorrangig die günstigsten Optionen genutzt werden. Der Markt entwickelt zudem kontinuierlich weitere Lösungen. Die Optionen lassen sich wie folgt gruppieren (AG Interaktion 2012):

Flexible konventionelle und erneuerbare Erzeugung:

Thermische konventionelle und Bioenergie-Kraftwerke können ihre Stromproduktion an die Schwankungen des Verbrauchs und der Erzeugung von Windenergie und Solaranlagen anpassen. Windenergie- und Solaranlagen wiederum können bei sehr geringer Residuallast oder begrenzter Netzkapazität ihre Erzeugung verringern (Abregelung).

Diesen Optionen ist eine Speicherung in jedem Fall vorzuziehen. Für Verbrennungstechnologien schon allein wegen des besseren Wirkungsgrads, für Wind und PV bedeutet es, den für im Durchschnitt 8 Cent produzierten Strom einfach wegzuwerfen, statt mit dem Gegenwert die Rentabilität von z. B. Batteriespeichern an Ortsnetztrafos zu verbessern.

Flexible Nachfrage:

Industrie, Gewerbe und Haushalte können teilweise ihren Stromverbrauch in Zeiten hoher Residuallast reduzieren und in Zeiten mit geringer Residuallast verlagern, wenn sie dadurch ihre Wirtschaftlichkeit stärken können. Es ist möglich, beispielsweise Wärme, Kälte oder Zwischenprodukte zu speichern oder Produktionsprozesse anzupassen. Bei geringer Residuallast kann mit Strom auch direkt Wärme erzeugt und damit Heizöl bzw. Gas eingespart werden. Auch Batterien von Elektroautos können verstärkt in Situationen mit niedriger Residuallast geladen werden.

Die Voraussetzung dafür wäre ein sich hochdynamisch anpassender gleitender Strompreis. Dann wäre das Ganze wirtschaftlich. Allerdings wäre es vollkommen kontraproduktiv, jegliche Art elektrischer Maschinen, vor allem Wärmepumpen und Kälteaggregate ständig zu starten und wieder abzuregeln, nur weil er Strompreis gerade tief ist oder das Angebot an Strom gerade hoch. Die ersten acht Minuten eines Kälte/Wärmeaggregats sind ineffizient, weswegen sich taktende Wärmepumpen/Kältemaschinen von selbst verbieten. Auch beim Prozess der Batterieaufladung ist eine ständige Taktung schädlich für die Lebensdauer der Batterie, da 1. die Batterie erst mal auf Betriebstemperatur kommen muss und 2. die Ladeeffizienz und die Lebensdauer unter ständiger, kurzzeitiger Taktung leiden. Das übliche Zeitfenster von 115 Minuten ist dafür ungeeignet, ein gleitender Strompreis würde die Situation noch verschlimmern.

Speicher:

wie Pumpspeicher und Batteriespeicher können ebenfalls zum Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch beitragen, insbesondere zum Ausgleich der Schwankungen der Residuallast. Zusätzliche neuartige Speicher sind bislang in der Regel teurer als andere Flexibilitätsoptionen. Ein erstes wirtschaftliches Anwendungsfeld von neuartigen Speichern könnte bei Systemdienstleistungen liegen. Zusätzliche neuartige Langzeitspeicher, die saisonale Schwankungen ausgleichen können, sind erst bei hohen Anteilen erneuerbarer Energien erforderlich.

Erneut zu kurz gesprungen. Sicher sind die Systemdienstleistungen (SDL) eine wichtige Anwendungsmöglichkeit vor allem für die kurz- und mittelfristig arbeitende Speicher, doch ganz wesentlich sind Speicher sinnvoll und direkt kostensenkend bei der Kappung von Leistungsspitzen bei der Erzeugung oder Lastspitzen beim Strombezug. Denn Sie sorgen dafür, dass speziell auf den Netzebene 0,4 KV (Verteilnetz, Niederspannung) und 20 KV (Mittelspannung) der Bedarf an Netzausbau auf einen längeren Zeitraum verteilt werden kann. Dabei lassen sich die Lastanforderungen speziell für Unternehmen mit kurzen hohe Spitzenlasten dadurch bestens nivellieren. Spart bares Geld. Entsprechend werden die Spitzen bei der photovoltaischen Stromerzeugung dadurch ausgeglichen. Das können weder Pumpspeicher noch Power to Gas Anlagen sinnvoll leisten.

Leistungsfähige Netze:

Gut ausgebaute Stromnetze ermöglichen den überregionalen Ausgleich der Schwankungen von Nachfrage, Wind und Sonne. Darüber hinaus können bei gekoppelten Märkten auch die unterschiedlich verfügbaren Technologien effizienter genutzt werden (z. B. Wind und Sonne in Deutschland, Wasserkraftspeicher in den Alpen und in Skandinavien). Netzausbau verringert auch den erforderlichen Umfang von Redispatch-Maßnahmen und den Bedarf an netzstützenden Systemdienstleistungen.

Zweifellos können gut ausgebaute Stromnetze überregionalen Ausgleich ermöglichen. Dazu müsste allerdings jedem Netzausbau eine Reallastanalyse auf Basis von Messergebnissen vorangehen und das gesamte Potential an generativer Stromerzeugung lokal und regional gegengerechnet und mit einer Simulation des notwendigen und wirtschaftliche sinnvollen Speicherzubaus ergänzt werden. Ansonsten erfolgt der Netzausbau nach Hochrechnungen und Wunsch der Investoren, statt dem realen Bedarf. Das Ergebnis wären Soda-Leitungen, die kaum Strom transportieren und das würde Fehlinvestitionen plus mindestens 40 Jahre Folgekosten für die Endverbraucher bedeuten. Speicher dagegen sind keine Fehlinvestition, da für sie immer Bedarf besteht.

Beispiel: Eine 600 km lange 380 KV-Leitung mit 600 MW Übertra-gungskapazität für einen Herstellungspreis von 1.200 Euro / Meter verursacht bei Übertragung von durchschnittlich 1 MWh und 40 Jahren Haltbarkeit eben 30 € / m a Kosten, bei Übertragung des Maximums von 600 x 8.760 MWh sind es ca. 5 ct/kWh a.

Genau deshalb bekommen die Netzbetreiber – sprich private Investoren – auch eine Ertrags- und Renditegarantie, die sich an mittleren erwarteten Nutzung orientiert, aber nach unten abgesichert ist. Die gleichen Bedingungen müssen für Speicherbetreiber gelten.

3.2 Wettbewerb der Flexibilitätsoptionen

Die verschiedenen Flexibilitätsoptionen sollten auch in Zukunft im Wettbewerb gegeneinander antreten.

Da das Potential an Flexibilitätsoptionen so vielfältig ist und weit größer als der tatsächliche Bedarf, und die Technologien zudem ständig weiterentwickelt werden, ist es nicht nötig, einzelne Technologien über die Forschungsförderung hinaus gezielt zu fördern. Aus ökonomischer Sicht sollten sich die kostengünstigen Lösungen in einem technologieoffenen Wettbewerb ergeben. Der Markt muss dabei – sowohl in statischer als auch in dynamischer Sicht – die richtigen Anreize zur Entwicklung und Nutzung der Flexibilitätsoptionen setzen.

Es ist ein sehr begrüßenswerter Ansatz, die verschiedenen Flexibilitätsoptionen, und somit die Flexibilisierungstechnologien, förder-rechtlich gleich zu stellen. Um hier wettbewerbsrechtliche Chancengleichheit für Speicher gegenüber Stromtrassen herzustellen, bedeutet das in der Konsequenz, die Anreizregulierung für den Netzausbau, die ja nichts als eine Förderung über die Renditegarantie ist, entweder einzustellen oder auf Speicher und andere Technologien auszudehnen. Die Forschungsförderung für die Alternativen zur Stromtrasse darf dabei erst enden, wenn der Skalareffekt die Preissenkungspotentiale über Großserienproduktion ausgereizt hat und ein echter Markt existieren kann.

Je breiter und direkter die Preissignale, desto geringer die Kosten.

Die Kosten für die Erschließung der notwendigen technischen Potentiale sind umso geringer, je breiter und direkter die Preissignale wirken. Die Preissignale aus den Strommärkten (Höhe und Volatilität der Großhandelspreise, Preise am Regelleistungsmarkt, Oppor-tunitätskosten im Wärme- und im Verkehrssektor) können auf diese Weise automatisch die jeweils kostengünstigste Option anreizen.

Aufgrund verschiedener Hemmnisse im Energiemarktdesign erreicht das Preissignal des Strommarkts derzeit jedoch einige Stromerzeuger und -verbraucher teilweise verzerrt, z. B. innerhalb des Stromsektors durch die Struktur der festen Bestandteile der Strompreise und an der Schnittstelle zum Wärme- und Verkehrssektor. Diese Flexibilitätshemmnisse müssen überprüft und adressiert werden, damit das Marktpreissignal gestärkt wird (siehe Kapitel 4.3).

KAPITEL 3: FLEXIBILITÄT ALS EINE ANTWORT

Beispiel für verstärkte Marktpreissignale: Direktvermarktung erneuerbarer Energien

Das 2014 novellierte EEG verpflichtet Neuanlagen zur Direktvermarktung von Strom aus erneuerbaren Energien.

Anders als unter der festen Einspeisevergütung wirken sich bei der gleitenden Marktprämie die schwankenden Marktpreise auf das Erzeugungs- und Einspeiseverhalten der Erneuerbaren-Erzeuger aus.

Nur so lange die Marktlogik die gleiche bleibt wie bisher und unterschiedliche Erzeugungstechnologien (fossil, nachwachsend, generativ) sowie unterschiedliche Flexibilitätsoptionen (räumlich vs. zeitlich) aus Gewohnheit, mangels Umdenken oder aus Opportunitätsgründen weiterhin unterschiedlichst fördert oder gar bestraft. Ein nach klaren Teilbereichen neu strukturierter Markt aus den drei Teilmärkten Erzeugung – Transport & Speicherung (Flexibilisierung & Stabilisierung) – Verbrauch erlaubt es, die sinnvollsten, nachhaltigsten, günstigsten und zukunftsfähigsten Technologien gezielt voran zu bringen. Dass Windkraft, Wasserkraft und Photovoltaik die günstigsten Erzeugungstechnologien sind, sollte mittlerweile gesicherte Erkenntnis sein.

Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen in der Marktprämie sind selbst für die kurzfristige Prognose ihrer Produktion und den Ausgleich bei Abweichungen verantwortlich. Damit übernehmen sie dieselbe Verantwortung wie konventionelle Kraftwerke. Sie haben den Anreiz, die Methodik und Datengrund-lage der Prognosen zu verbessern und somit Abweichungen zu verringern bzw. möglichst effizient auszugleichen.

Das ist zwar richtig, jedoch gleicht das ihren natürlichen Wettbewerbsnachteil, die zeitlich nicht gesicherte Verfügbarkeit, nicht aus, während ihre schärfsten Konkurrenten nach wie vor gegen jede ökologische Vernunft gefördert und von der Einpreisung ihrer Folgekosten freigestellt sind. Den einen volle Marktfähigkeit abzuverlangen, während andere von althergebrachten Privilegien und der Verweigerung ihrer Verantwortungsübernahme für langfristige Folgen profitieren, hat mit einer volkswirtschaftlich und politisch verantwortlichen Regulierung von Marktwirtschaft nichts zu tun. Eine freie Marktwirtschaft braucht Regulierung, um die Entscheidungs- und Handlungsfreiheit aller Teilnehmer zu gewährleisten.

Erneuerbare-Energien-Anlagen in der Marktprämie schalten bei moderat negativen Preisen ab, sofern die technischen Voraussetzungen bereits gegeben sind.

Sie tragen damit zur Systemsicherheit bei und entlasten die EEG-Umlage im Vergleich zu Anlagen, die in der festen Einspeisevergütung sind. Bei statischer Betrachtung erhöht sich die EEG-Umlage bei einer Abregelung bei moderat negativen Preisen in einem stärkeren Maße als bei Abregelung bei einem Preis von Null. Bei dynamischer Betrachtung hingegen erweist sich die Abregelung bei moderaten negativen Preisen als kosteneffizient. Denn geringe negative Preise bieten ein Investitionssignal für die Flexibilisierung von konventioneller Erzeugung und der Nachfrage.

Das ist richtig. Und sie bieten auch einen Anreiz zum Bau von Speichern. Dieser genügt aber so lange noch nicht, bis Speicher durch Skalareffekte an einem marktkonformen Preis angekommen sind.

Wenn die technischen Voraussetzungen erfüllt sind, können Betreiber ihre Erneuerbare-Energien-Anlagen in der Marktprämie zusätzlich am Regelleistungsmarkt vermarkten

(siehe Kapitel 4.1). Insbesondere Biomasseanlagen erbringen zunehmend Regelleistung. Zukünftig sollte die Teilnahme am Markt für (negative) Regelleistung auch für Wind- und Photovoltaik-anlagen möglich sein. Dadurch könnte die Mindesterzeugung fossiler Kraftwerke verringert werden.

Das klare Ziel auch eines neu designten Strommarkts muss das komplette Phasing Out aller fossilen Anlagen sein. Das bedeutet eine klare politische Entscheidung zu treffen und konsequent umzusetzen. Eine Bestandserhaltungsgarantie für fossile Kraftwerke ist bereits bei Betrachtung der realen Vollkosten ohne die externen Folgekosten volkswirtschaftlich und politisch nicht mehr vertretbar.

Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen erhalten durch die Markt- und Flexibilitätsprämie einen Anreiz, ihre Anlagen möglichst bedarfsgerecht auszulegen. Biomasseanlagen haben mit der Flexibilitätsprämie einen Anreiz, ihre Anlagen flexibel auszulegen und zukünftig vor allem bei hohen Strompreisen einzuspeisen. Auch Wind- und Photovoltaik-Anlagen können z. B. durch Schwachwindturbinen oder Ost-West-Ausrichtung eine gleichmäßigere Einspeisung erzielen und in Zeiten hoher Strompreise die hohe Nachfrage besser decken.

Genau das wird bereits zunehmend umgesetzt. Durch die fallenden Preise für PV-Module erhöhen sich deren Einsatzmöglichkeiten und damit die mögliche Stromproduktion enorm. Diese Entwicklung sollte nicht weiter durch kontraproduktive Gesetzesänderungen wie die EEG-Umlage auf Eigenstromverbrauch verhindert werden.

Kapitel 4: Marktpreissignale für Erzeuger und Verbraucher stärken

Erzeuger und Verbraucher sollten auf das fluktuierende Angebot von Strom aus Wind und Sonne zunehmend flexibel reagieren. Die Marktpreise signalisieren, welche Art von Flexibilität in welchem Umfang benötigt wird. Für einen sicheren, kosteneffizienten und umweltverträglichen Einsatz der Flexibilitätsoptionen sollten die Marktpreissignale möglichst unverzerrt die Erzeuger und Verbraucher erreichen und neue Marktteilnehmer ungehinderten Zugang zum Markt erhalten (siehe Kapitel 3). Dieses Kapitel stellt Maßnahmen für eine Stärkung der Marktpreissignale vor. Hierzu gehören die Weiterentwicklung der Spot- und Regelleistungsmärkte (4.1), die Stärkung der Anreize zur Bilanzkreistreue (4.2) und die Weiterentwicklung der Struktur der Entgelte, Umlagen und Abgaben (4.3).

Das Theorem „unverzerrtes Erreichen der Erzeuger und Verbraucher“ ist nachvollziehbar, übersieht jedoch, dass zwischen Erzeuger und Verbraucher eine faktische physikalische Barriere liegt: Das Netz. Alle Implikationen dieses Netzes tragen zu den unerwünschten Verzerrungen bei. Allein deshalb ist das Theorem eine Illusion. Im Gegenteil: Im Lauf der Zeit ist ein so komplexes und undurchschaubares System eben dieser Spot- und Regelleistungsmärkte, an Subventionen, Beihilfen, Umlagen, Steuervergünstigungen, Befreiungen, Entgelten und Abgaben entstanden, dass der Wunsch nach einer Weiterentwicklung nüchtern betrachtet nicht wünschenswert sein kann. Wo bleiben da Fairness, Gleichberechtigung aller Teilnehmer und Transparenz? Deshalb auch hier die Forderung, einen dreigeteilten Markt nach Erzeugung – Flexibilisierung (Speicher und Transport) – Verbrauch zu schaffen.

4.1 Spot- und Regelleistungsmärkte weiterentwickeln

Kapitel 4.1 umfasst mögliche Verbesserungen bei den Spotmärkten und den Regelleistungsmärkten. Beide Teilmärkte wurden in der Vergangenheit bereits sinnvoll weiterentwickelt. Dennoch besteht weiterhin Verbesserungspotential.

Speicher nivellieren Preise. Dadurch entfallen spekulative Anreize und beide Teilmärkte werden sich stark verändern. Spekulation bei Dienstleistungen der Daseinsvorsorge zu vermeiden, ist verantwortungsvolle Politik.

Den Wettbewerb auf den Day-Ahead- und Intraday-Märkten stärken

Der Wettbewerb an den Spotmärkten ist bereits stark ausgeprägt.

Beim Handel am Day-Ahead- und Intradaymarkt der Börse EPEX SPOT trifft eine große Anzahl von Nachfragern auf eine große Anzahl von Anbietern. In einem transparenten Verfahren sorgt die Börse dafür, dass jeweils die günstigsten Angebote zuerst berücksichtigt werden. Der Spotmarkt unterstützt so eine kosteneffiziente Synchronisation von Angebot und Nachfrage. Die Börse hat das Produktdesign in den vergangenen Jahren erheblich weiter entwickelt und an die Bedürfnisse von Anbietern und Nachfragern angepasst.

Viertelstundenprodukte erleichtern die Integration erneuerbarer Energien.

Seit 2011 bietet die Börse am Intradaymarkt die Möglichkeit, viertelstündliche Stromlieferungen zu handeln. Zuvor war die kleinste Einheit eine Stunde. Diese Änderung hat den Wettbewerb gestärkt und die Möglichkeiten zur Vermarktung und Integration von erneuerbaren Energien sowie zur Bewirtschaftung der Bilanzkreise verbessert. Erstens können neue Anbieter wie beispielsweise Speicher und Lasten diese kürzeren Produkte leichter bereitstellen. Zweitens ändert sich insbesondere die Einspeisung von Solarstrom morgens und abends innerhalb einer Stunde erheblich. Viertelstundenprodukte können diese Änderungen besser nachbilden. Drittens können Bilanzkreisverantwortliche ihre Fahrpläne genauer einhalten, wenn sie Fahrplanabweichungen im Viertelstunden anstatt im Stundentakt ausgleichen. Damit sinken auch Bedarf und Kosten für die Regelleistungsbereitstellung. Es ist daher sehr zu begrüßen, dass die EPEX SPOT ab Herbst 2014 eine weitere Handelsmöglichkeit für Viertelstundenprodukte einführt: In einer Eröffnungsauktion vor Beginn des Intraday-handels sollen die 96 Viertelstunden des Folgetages simultan gehandelt werden können.

Negative Preise senden wichtige Signale an die Marktakteure.

Seit September 2008 lässt die Strombörse auf dem deutsch-österreichischen Day-Ahead-Markt und seit 2007 auf dem deutschen Intradaymarkt negative Preise zu (EPEX SPOT 2014). Negative und niedrige Preise ermöglichen Kraftwerksbetreibern, in ihren Angeboten nicht nur die kurzfristigen Kosten der Stromerzeugung, sondern auch die Abschaltkosten ihrer Kraftwerke zu berücksichtigen. Bei negativen Preisen entstehen für Strom produzierende Kraftwerksbetreiber Kosten (oder zumindest entgangene Gewinne). Verbraucher wiederum erhalten Anreize, ihren Stromverbrauch in Zeiten negativer Preise zu verlagern. Negative Preise steigern somit den Anreiz, nicht notwendige Erzeugungskapazitäten tatsächlich vom Netz zu nehmen und den Stromverbrauch an das Stromangebot anzupassen. Sie geben so wichtige Investitionssignale für die Flexibilisierung von Erzeugern und Nachfragern (Energy Brainpool 2014a, siehe auch Kapitel 3.2).

Die negativen Preise sind zwar auch ein Anreiz und Treiber, um Speicher rentabler zu betreiben, doch Speicher haben den Effekt, Preise auf positivem Niveau zu nivellieren. Das bedeutet: Die Wahrscheinlichkeit, dass negative Preise auftreten, sinkt mit der zunehmenden Verfügbarkeit von Speichern. Von daher verbietet sich, negative Preise in Rentabilitätsberechnungen für Speicher aufzunehmen. Es sind allenfalls Zusatzeffekte und zusätzliche Anreize.

Die Börse prüft weitere Verbesserungen des Produktdesigns.

Das Preissignal für Flexibilität kann weiter gestärkt werden, wenn der kurzfristige Handel ausgeweitet oder das Marktgebiet über die EU-Marktkopplung vergrößert wird. Beispielsweise könnte der Handelsschluss am Intradaymarkt näher an den Lieferzeitpunkt gerückt werden:

Kurzfristige Prognosen der Last und der Produktion erneuerbarer Energien sind besser als Prognosen mit längerer Vorlaufzeit. Liegt der Handelsschluss näher am Lieferzeitpunkt, könnte dies den Regelleistungsbedarf verringern. Allerdings benötigen gleichzeitig die Netzbetreiber nach Handelsschluss ausreichend Reaktionszeit, um die Systemstabilität zu prüfen und gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen rechtzeitig einzuleiten. Die Marktkopplung zwischen Deutschland und seinen Nachbarmärkten beruht bislang auf Stundenprodukten. Eine Ausweitung auf Viertelstundenprodukte könnte weitere Flexibilitätspotentiale heben. Alle Weiterentwicklungen müssen dabei im Einklang mit der EU-Binnenmarktintegration stehen und die Systemstabilität gewährleisten.

Das Marktgebiet zu vergrößern, würde bedeuten, unter Umständen hochsubventionierten Kohle- oder Atomstrom aus Nachbarländern in Deutschland zuzulassen. Dies könnte den Ausstieg aus beiden Technologien langfristig zu verhindern. Die notwendigen Prüfungen der Systemstabilität entfallen, sobald ausreichend Speicherkapazität aufgebaut ist. Ein vergrößertes Marktgebiet bedeutet wie bei der Währung auch einheitliche Marktregelungen, um Schwierigkeiten wie bei der Währung zu vermeiden. Denn anders als eine Währung ist Elektrizität eine in der Realität direkt wirkende Dienstleistung.

Nächster Schritt

Das BMWi wird die Marktkopplung der Spotmärkte auch im Rahmen der Netzkodizes (siehe Kapitel 7) vorantreiben. Das umfasst auch die Prüfung neuer Methoden zur Engpassbewirtschaftung.

Mindesterzeugung und Kosten der Regelleistung senken

Die Regelleistungsmärkte müssen weiterentwickelt werden.

Regelleistung gleicht unvorhersehbare Abweichungen zwischen kommerziellem Marktergebnis sowie tatsächlicher Erzeugung und Verbrauch aus. Damit sie auch in Zukunft die Versorgung kosteneffizient und umweltverträglich sichert, müssen die Regelleistungsmärkte weiterentwickelt werden. Der Strommarkt steht in diesem Zusammenhang vor drei Herausforderungen: Erstens steigt der Regelleistungsbedarf mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien voraussichtlich an. Dies betrifft insbesondere Situationen mit hoher Einspeisung aus Wind und Sonne und geringer Last. Zweitens soll die aktuell benötigte Mindesterzeugung konventioneller Kraftwerke gesenkt werden (siehe Kapitel 3.2). Zu dieser trägt die Regelleistungsvorhaltung derzeit bei. Drittens werden Regelleistungsmärkte stärker auf europäischer Ebene harmonisiert und gekoppelt.

Erstens ist keine Herausforderung, sondern eine Mutmaßung. Dass diese zutrifft, stellt die hier Penta Markt Design publizierte Graphik auf Seite 13 in Frage. Der Strombedarf in der BRD wäre ohne Wind und PV im Dezember 2013 weniger ausgeglichen gewesen als mit. Eine entschlossene Politik zum sinnvollen Ausbau der Speicherkapazitäten (an Lastschwerpunkten, an Leistungsschwerpunkten, an Ortsnetztrafos, an Umspannwerken und in jedem Wohngebäude sowie durch Elektroladesäulen mit Speichereinheit) wird die Regelleistungen reduzieren und kann ohne viel Aufwand so gestaltet werden, dass aktive Überwachung der Netze und manuelle Gegenmaßnahmen entfallen. Elektronik kann dies alles automatisch bereit stellen.

Zweitens wird dadurch der Ausbau an generativer Erzeugung wieder begünstigt und der Abbau fossiler Kapazitäten sichergestellt.

Drittens ist eine conditio sine conditio. Es ist schlicht durch die technische Realität nicht mehr notwendig, vermeintliche Regelleistungsmärkte zu koppeln. Denn Regelleistungsmärkte existieren nur weil und solange es konventionell laufende Erzeugungsstrukturen gibt. Je mehr Speicher gebaut werden, desto weniger Regelleistungsbedarf und damit auch kein Markt mehr. Es ist dabei sehr wichtig, dafür zu sorgen, dass der einmal beschrittene Weg nicht wieder und weiter durch kurzsichtige Politik blockiert wird.

Technisch können viele Anbieter Regelleistung bereitstellen.

Neben den konventionellen Kraftwerken und Pumpspeicherkraftwerken sind heute bereits teilweise Blockheizkraftwerke, Netzersatzanlagen, Großbatterien und flexible Verbraucher an den Regelleistungsmärkten aktiv. Auch fernsteuerbare Wind- und PV-Anlagen sind technisch grundsätzlich in der Lage, Regelleistung bereitzustellen.

Und genau für diese ist es wichtig, wirtschaftliche Chancengleichheit mit den Netzbetreibern herzustellen. Netze dienen neben dem Transport der räumlichen Flexibilisierung von Lasten und Leistungen. Speicher dienen dem Verhindern von Transport und der zeitlichen Flexibilisierung. Entscheidend ist, was unter dem Strich günstiger kommt und was in den vor- und nachgelagerten Bereichen noch an Zusatz- oder Folgekosten verursacht wird. Netze sind ausgereifte Technologie, Speicher brauchen noch Hilfe, um ihren Entwicklungsprozess für Großserienpreise zu bewältigen. Genau das gilt es jetzt unbedingt intensiv zu fördern.

Regelleistungsmärkte sollen Anbieter nicht diskriminieren.

Alle Anbieter, die Regelleistung zuverlässig anbieten können, sollen am Wettbewerb teilnehmen können. Alternative Anbieter sollten konventionelle Kraftwerke vor allem ersetzen können, wenn diese wegen hoher Einspeisung erneuerbarer Energien nicht mehr zur Lastdeckung am Strommarkt benötigt werden (BDEW, BEE, VKU et al. 2013). Die Systemstabilität bleibt dabei oberstes Ziel.

Korrekt wäre es zu sagen, der Erhalt der Systemstabilität ist oberste Bedingung.

Die Bundesnetzagentur hat viele Hemmnisse bereits abgebaut.

Bereits im Jahr 2011 hat die Bundesnetzagentur die Ausschreibungsbedingungen der Regelleistungsmärkte überarbeitet. Sie hat die Ausschreibungszeiträume von Primär- und Sekundärregelleistung verkürzt, die Mindestangebotsgröße bei allen drei Regelleistungsprodukten verkleinert und die Möglichkeiten für Blockgebote bei der Minutenreserveleistung verbessert. Diese Maßnahmen haben den Wettbewerb erhöht. Die Zahl der präqualifizierten Anbieter stieg zwischen 2007 und 2014 bei der Primärregelung von 5 auf 20, bei der Sekundärregelung von 5 auf 27 und im Minutenreserve-markt von 20 auf 38 (50Hertz et al., 2014).

Weitere Anpassungen sollen den Wettbewerb und die Flexibilität auf den Regelleistungsmärkten stärken.

So können beispielsweise Speicher, erneuerbare Energien und Verbraucher Regelleistung generell leichter über kürzere Zeiträume und mit kurzer Vorlaufzeit bereitstellen. Primärregelleistung wird bislang nur wöchentlich und jeweils für einen ganzen Tag ausgeschrieben. Die Sekundärregelleistung wird aktuell ebenfalls wöchentlich für Peak- und Off-Peak-Zeiten ausgeschrieben. Off-Peak-Zeiten sind dabei am Wochenende sogar bis zu 60 Stunden lang. Die Minutenreserve wird im Gegensatz dazu bereits arbeitstäglich in 4-Stunden-Blöcken ausgeschrieben. Die Übertragungsnetzbetreiber bestimmen den Bedarf für Sekundärregelleistung und Minutenreserve bislang quartalsweise. Sie legen auch die Präqualifikationsbedingungen fest.

Redox-Flow-Speicher sind durchaus in der Lage, als Langzeitspeicher zu fungieren, da ihre Verlustrate über ein Jahr sehr gering ist. Von daher wird sich Sekundärregelleistung über kurz oder lang erledigen. Thema ist derzeit lediglich der immer noch enorme Invest. Am Thema arbeitende Wissenschaftler und Techniker gehen aber von einem erreichbaren Kostenniveau von unter 100 €/kWh Kapazität bei praktisch unbegrenzter Zyklenzahl aus, was die Kosten pro kWh Nutzenergie marginalisiert. Wichtiger und sinnvoller als aufwändige Ausschreibungsverfahren wäre es, die Aufnahme und Abgabe von Leistungsspitzen und Lastspitzen gezielt in lokale Speicher an den Orten der Erzeugung und des Verbrauchs aufzubauen. Denn gleichzeitig mit der Entlastung der Netze von Last- und Leistungsspitzen schaffen wir damit erste Kapazitäten, je nach Art der eingesetzten Batterien für Kurz-, Mittel oder Langzeit. Auf diesem Weg eröffnen wir der generativen Stromerzeugung neues und verzichtfreies Potential zum weiteren Ausbau.

Es existieren konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Ausschreibungs- und Präqualifikationsbedingungen.

Experten und Marktakteure schlagen häufig vor, die Produktlänge und Vorlaufzeiten zu verkürzen. Insbesondere sollen Sekundärregelleistung und Minutenreserve kalendertäglich ausgeschrieben werden. Alternativ beziehungsweise zusätzlich könnte ein kurzfristiger Regelarbeitsmarkt oder ein Sekundärmarkt für die Bereitstellung von Regelleistung eingeführt werden. Die Präqualifikationsbedingungen sollten so angepasst werden, dass insbesondere Windenergieanlagen in Zukunft negative Regelleistung bereitstellen können. Experten und Marktakteure schlagen zudem vor, positive und negative Primärregelleistung separat auszuschreiben. Auch könnte in Zukunft die ausgeschriebene Menge für Regelleistung an die jeweilige Einspeisung von Wind- und Sonnenenergie angepasst werden (adaptive Bedarfsdimensionierung).

Das wäre nur die Schaffung einer zusätzlichen Bürokratie, die auch nicht besser ist, nur weil sie privatwirtschaftlich betrieben wird. Diese Bürokratie wird dann in wenigen Jahren politisch fordern, ihre Existenz zu sichern. Elektronik und Elektrotechnik können das technische in Verbindung mit Speichern alles voll automatisch regeln, Speicher nivellieren und verstetigen die Kosten und Preise und der gesamte kaufmännische Aufwand ist überflüssig.

KAPITEL 4: MARKTPREISSIGNALE FÜR ERZEUGER UND VERBRAUCHER STÄRKEN

Nächste Schritte

Das BMWi unterstützt die Harmonisierung der Regelleistungsmärkte auf europäischer Ebene im Rahmen der Netzkodizes (siehe auch Kapitel 6). Die Bundesnetzagentur überprüft die Ausschreibungsbedingungen der Regelleistungsmärkte, um den Wettbewerb zu stärken und „neue Stromverbraucher“ zu integrieren. Dabei bleibt die Systemstabilität oberstes Ziel.

Die Bundesnetzagentur überprüft zusammen mit den Übertragungsnetzbetreibern die Möglichkeit einer situationsbasierten Ausschreibung von Regelleistung in Abhängigkeit der Einspeisung von Wind- und Sonnenenergie. Zudem begleitet sie die Gespräche zwischen Übertragungsnetzbetreibern und Anlagenbetreibern zur Anpassung der Präqualifikationsbedingungen.

Auch um vor allem den Übertragungsnetzbetreibern ein alternatives Betätigungsfeld zu eröffnen, ist es sinnvoll, den dreiteiligen Markt Erzeugung – Speicherung & Transport – Verbrauch zu schaffen. Wichtig dabei ist, private Speicherbetreiber nicht schlechter zu stellen.

4.2 Bilanzkreisverantwortung stärken

Das Bilanzkreis- und Ausgleichsenergiesystem spielt eine zentrale Rolle für die Synchronisierung von Erzeugung und Verbrauch.

Die Bilanzkreisverantwortlichen sind verpflichtet, jederzeit einen ausgeglichenen Bilanzkreis zu führen (siehe Kapitel 1.4).

Besonders für die Bilanzkreisverantwortlichen bedeuten Batteriegroßspeicher eine enorme Erleichterung für deren Tätigkeit, da sie damit jederzeit eine kurzfristige Bezugs- oder Abnahmequelle für Strom zur Hand haben, die aus dem Markt für Speicher und Transport finanziert ist. Dadurch sind gleichzeitig die zwangsweise Abschaltung von Erzeugern oder Abnehmern und die damit verbundene Diskriminierung kein Thema mehr.

Unzureichende Anreize im Bilanzkreis- und Ausgleichsenergiesystem gefährden die Systemsicherheit.

Schätzungen gehen davon aus, dass nur 30 – 50 Prozent der Bilanzkreisverantwortlichen ihren Bilanzkreis aktiv am Intradaymarkt bewirtschaften (Energy Brainpool 2014a). In der Folge wird der Systembetrieb unsicherer, weil strukturell zu viel Regelleistung abgerufen wird. Damit besteht die Gefahr, dass die vorgehaltene Regelleistung nicht zum Ausgleich zwischen Erzeugung und Verbrauch ausreicht. Zudem wird bei unzureichender Bewirtschaftung von Bilanzkreisen relativ teure Regelenergie anstatt des relativ günstigen Stroms der Spotmärkte zum Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch genutzt.

Auch diese Frage erledigt sich durch konsequente Speicherung.

Die Bundesnetzagentur hat die Anreize zur Bilanzkreistreue bereits verbessert.

Die Ausgleichsenergiekosten für die über- oder unterdeckten Bilanzkreise wirken grundsätzlich wie eine Strafzahlung. Die Bundesnetzagentur hat das Ausgleichsenergiesystem zuletzt Ende 2012 bereits erheblich überarbeitet, um die Anreize zur Bilanzkreistreue zu erhöhen. Seitdem ist der Ausgleichsenergiepreis (reBAP) an den Börsenpreis am Intradaymarkt gekoppelt. Dies soll verhindern, dass es für
einen Bilanzkreisverantwortlichen günstiger ist, Ausgleichsenergie zu zahlen, als die entsprechenden Strommengen am Intradaymarkt zu verkaufen oder zu kaufen. Wenn mehr als 80 Prozent der in Deutschland kontrahierten Regelleistung eingesetzt wird, müssen Bilanzkreisverantwortliche zudem bei regelzonen- belastenden Bilanzkreisabweichungen ihrer Fahrpläne eine Strafe zahlen. Diese Pönale beträgt mindestens das 1,5-Fache des Intraday-Preises. Da der maximale Intraday-Preis bei 10.000 Euro/MWh liegt, kann der Ausgleichsenergiepreis somit schon heute mehr als 15.000 Euro / MWh betragen.

Allein das sollte an Batterie-Speicher im MWh-Bereich denken lassen.

Wissenschaftler empfehlen, die Anreize für Bilanzkreistreue zu prüfen und zu stärken

(vgl. Frontier et al. (2014a), r2b (2014a), Connect (2014)). Ein zentraler Aspekt ist die Höhe der Pönale für Situationen, in denen bereits ein Großteil der Regelleistung zum Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch eingesetzt wurde. Auch könnten die Regelarbeitspreise in Zukunft über ein Einheitspreisverfahren ermittelt werden. Bisher bekommen die Regelleistungsanbieter bei Abruf ihrer Leistung eine Zahlung, die von ihrem jeweiligen Angebot abhängt (Pay-As-Bid-Verfahren). Da die Ausgleichsenergiepreise auf Basis der Regelarbeitspreise berechnet werden, könnten damit auch die Anreize zur Bilanzkreistreue gestärkt werden. Zur Diskussion steht weiterhin die Modernisierung der Standardlastprofile. Über diese Profile wird die Nachfrage der Kunden geschätzt, deren Verbrauch nicht stündlich gemessen wird.

Die Modernisierung der Standardlastprofile ist längst überfällig, da sie durch ihren pauschalen Ansatz wesentliche Ursache für einen überdimensionierten Kraftwerkspark und den viel zu großzügig angesetzten Stromtrassenausbau sind. Speicher bieten den Betroffenen auch hier die Möglichkeit, zu überschaubaren Kosten vor allem Leistung aber auch Strom zu verschieben.

Nächste Schritte

Die Bundesnetzagentur wird verstärkt die Einhaltung einer aktiven und ausgeglichenen Bewirtschaftung aller Bilanzkreise durchsetzen. Sie wird die Wirkung des Bilanzkreis- und Ausgleichsenergiesystems überwachen und es bei Bedarf anpassen. Sie wird es insbesondere auf seine Anreizwirkung hin untersuchen.

4.3 Netzentgelte und staatlich veranlasste Preisbestandteile optimieren

Der Großhandelspreis ist nur ein Teil der Stromkosten für Endverbraucher.

Für den Stromverbrauch müssen Endverbraucher verschiedene weitere Kosten als fixe Preisbestandteile tragen. Dazu gehören unter anderem die EEG-Umlage, die Konzessionsabgabe sowie die Mehrwert- und Stromsteuer. Zu den größeren Bestandteilen für die Endverbraucher gehören außerdem die Netzentgelte, die für den Transport von Strom erhoben werden. Die Struktur und Höhe dieser strombezogenen Preisbestandteile ist unterschiedlich begründet. Derzeit werden die Netzentgelte vollständig von den Stromkunden gezahlt. Stromerzeuger werden nicht an den Netzentgelten beteiligt.

Bei diesen Preisbestandteilen soll diskutiert werden, inwieweit eine flexible Reaktion von Erzeugern und Verbrauchern ermöglicht werden kann. Hierfür soll ihre Struktur auf Fehlanreize geprüft und bei Bedarf optimiert werden, wobei die bestehenden Begünstigungen erhalten bleiben.

Es soll geprüft werden, inwieweit die derzeitige Struktur der Netzentgelte und ggf. weiterer staatlich veranlasster Preisbestandteile die Signale des Großhandelsmarktes für Erzeuger und Verbraucher schwächen. Einerseits ist ein Großteil der Zahlungen für die Marktteilnehmer nicht beeinflussbar. Dies schwächt generell das Marktpreissignal, das bei Erzeugern und Verbrauchern ankommt. Anderseits kann die Struktur einiger Preisbestandteile auch direkte Fehlanreize hinsichtlich der Flexibilisierung von Erzeugern und Verbrauchern setzen. Vor diesem Hintergrund sind im Stromsektor etwa die Nutzung von Lastmanagement, Speichern und insbesondere der flexible Betrieb von regelbaren Eigenerzeugungsanlagen zu beleuchten. Zudem gilt es, die Auswirkungen auf die flexible Nutzung von Strom im Verkehrs- und Wärmesektor zu betrachten. Änderungen könnten zusätzliche Flexibilität ermöglichen:

Die direkte Vernetzung von Verbrauchern und Erzeugern im großen Stil erfordert einen ungeheuren Aufwand an Datentransportkapazität, mit dem ein entsprechend vervielfachtes Potential zum Abgreifen oder Manipulieren einhergeht. Allein schon aus Datenschutzgründen ist es deutlich einfacher zwischen die Erzeuger und die Verbraucher eine datenneutrale Schnittstelle zu setzen, mithilfe derer auch die vielen für das bisherige System notwendigen Preissignale nivelliert werden und entfallen. Das macht das Handling für Verbraucher wie Erzeuger um ein vielfaches einfacher. Zudem ist es faktisch schlicht unmöglich, alle Eventualitäten vorherzusehen, geschweige denn alle möglicherweise in einem engen Zeitrahmen auftretenden Abweichungen vom standardisierten Durchschnittsverhalten gleichzeitig auszubalancieren. Im Ergebnis würden auftretende Abweichungen dokumentiert, in die Risikovorsorge eingeplant und am Ende würde der Kraftwerkspark noch weiter aufge-bläht, als er es jetzt schon ist. Diese Vorhaltung muss wiederum von Endverbraucher bezahlt werden. Die Forderungen nach Kapazitätsmärkten deuten jetzt schon darauf hin, dass wir bereits daran sind, diese Schwelle zu beschreiten und uns einen Kraftwerkspark auf Halde zu stellen, der mit großen Aufwand ohne wirklichen Zusatznutzen unterhalten wird.

Beispiel 1: Einige Industrieunternehmen könnten durch Lastmanagement ihre Stromkosten senken.

Großverbraucher betreiben heute schon in unterschiedlichem Umfang Lastmanagement. Derzeit richten sie ihre Aufmerksamkeit jedoch überwiegend auf die Minimierung der Netzentgelte oder die Teilnahme an Regelleistungsmärkten (r2b 2014). Die Struktur der Netzentgelte verhindert heute teilweise, dass sich Lastmanagement für Industrieunternehmen lohnt. Aspekte, die im Bereich der Netzentgelte der Flexibilität entgegenstehen, umfassen:

Nicht nur. Gerade für Großverbraucher ist es interessant, die Anschlusskosten für abgerufene Leistung zu reduzieren. Um zum Beispiel 1 TWh / a in einem Stahlwerk mit einer Spitzenlast von 150 MW abzurufen oder mit durchschnittlich 110 MW, ist ein gewaltiger Unterschied. Es sei denn, der Anschlusspreis wird gesetzlich erlassen und auf alle anderen Verbraucher umgelegt. Allein deshalb sind Vergünstigungen für Netzentgelte, Anschlusspreise, EEG, Stromsteuer, Handelsabgaben etc. ein echtes Hindernis für die Steigerung der Effizienz. Gerade bei diesem Beispiel wären Konzepte zur Nutzung der Abwärme, die dem Stahlwerk dann eine Rückvergütung auf den gekauften Strom beschert, deutlich sinnvoller als die direkte Senkung der Betriebskosten aus Steuermitteln oder Verbraucherumlagen. Denn im bisherigen Modus, der mit den Vorschlägen des Grünbuchs unverändert bleibt, finanzieren wir Ineffizienz und Verschwendung.

Die Leistungskomponente bezogen auf die individuelle Jahreshöchstlast kann der Lasterhöhung bei niedriger Residuallast entgegenstehen:

Für leistungsgemessene Kunden sind die Netzentgelte in eine Arbeits- und eine Leistungskomponente aufgeteilt (§ 17 Stromnetzentgeltverordnung, StromNEV). Die Netzentgelte von Großverbrauchern mit mehr als 2.500 Benutzungsstunden pro Jahr enthalten eine hohe Leistungskomponente. Das Jahresleistungsentgelt bestimmt sich über die individuelle Jahreshöchstlast (= individuelle Nachfragespitze), selbst wenn diese nur einmal im Jahr und nicht im Zeitpunkt der Spitze der systemweiten Residuallast auftritt. Dies kann eine gesamtwirtschaftlich sinnvolle Lasterhöhung in bestimmten Situationen verhindern: Der betroffene Verbraucher handelt gewinnmaximierend. Wenn ein zusätzlicher Verbrauch die individuelle Jahreslastspitze anhebt, steigt das Jahresleistungsentgelt. Diese Netzentgelterhöhung kann dann mögliche Kostenvorteile durch eine flexible Stromnachfrage kompensieren.

Oder aber sie ist der entscheidende Trigger für den Einsatz eines Batteriespeichers am Ort des Verbrauchs. Denn auch eine Verschiebung des Abrufzeitraums verhindert nicht das Auftreten der Lastspitze und führt auch nicht dazu, dass Leitungskapazität frei wird. Ein Batteriespeicher dagegen kann für eine selten oder gelegentlich auftretende Lastspitze in der übrigen Zeit in Ruhe mit niedrigerer Leistung aufgeladen werden. Die Lastspitze dann bei Bedarf aus der Batterie abzurufen, ist eine Sache der Leistungselektronik und nicht mehr des Netzes.

Genau das gleiche Verfahren bewährt sich seit Jahrzehnten bei der Bereitstellung von Wärmeenergie. Nur im Strombereich muss für jede mögliche Situation ein möglichst dickes Kabel verlegt werden.

Die derzeitige Ausgestaltung der Sondernetzentgelte kann Großverbraucher von Lastmanagement abhalten:

Nach § 19 Absatz 2 Satz 2 StromNEV erhalten Großverbraucher mit mind. 7000 Benutzungsstunden (Quotient aus Jahresstromverbrauch und Lastspitze) pro Jahr und einem Stromverbrauch von mind. 10 Gigawattstunden im Jahr ein verringertes individuelles Netzentgelt. Dies führt zu zwei Effekten:

Erhöht ein Großverbraucher seine Last, können durch die höhere Lastspitze die Netzentgelte steigen, da die Benutzungsstunden nicht erreicht werden.

Reduziert ein Großverbraucher seine Last, verliert er gegebenenfalls seine Netzentgeltreduzierung durch Unterschreiten der notwendigen Benutzungsstundenzahl.

Und auch das ist ein Grund, warum endlich dazu übergegangen werden sollte, die Last über einen Batteriespeicher am Ort des Verbrauchs zu glätten und zu flexibilisieren. Dann ist jedes Szenario individuell und ohne Rückwirkung auf andere Teilnehmer steuerbar. Gleichzeitig entstehen dadurch überall Redundanzen und Kapazitäten, um generative Erzeugung zeitlich zu verschieben und es entstehen Stabilisierungskapazitäten für das gesamte Netz. Und das bei hoher Effizienz.

Hoch- und Niedertarife bei reduzierten Netzentgelten setzen gegenläufige Anreize zu den Spotmarktpreisen:

Bei atypischer Netznutzung sind Netzbetreiber verpflichtet, ihren Kunden reduzierte Netzentgelte anzubieten. Dies betrifft Unternehmen, deren individuelle Höchstlast zu anderen Zeiten als die Gesamthöchstlast auftritt. Die Regelung wird allgemein über Hoch- und Niedertarife (HT-NT) umgesetzt. Damit sollten Netzbedürfnisse in einer von Grundlastkraftwerken geprägten Stromversorgung abgebildet werden. Der Wandel der Stromversorgung führt jedoch dazu, dass die Zeitfenster für HT-NT-Tarife nicht mehr unbedingt mit den tatsächlichen Netzerfordernissen und den jeweiligen Spotmarktpreisen zusammenpassen.

Das trifft zu. Die Konsequenz daraus wird sein, dass es zunehmend frei floatende Tarife geben müsste. Doch genau der Aufwand, durch Demand Site Management auf unterschiedliche Preise zu reagieren, würde zu einer laufenden, dynamischen Verschiebung der Zeitfenster mit günstigeren Strompreisen führen. Damit wird der zu treibende Aufwand immer weniger rentabel. Die Lösung heißt auch hier: Batteriespeicher. Denn nichts kann so flexibel und schnell auf unterschiedliche Bedarfe reagieren. Allein daraus ergeben sich zwei Bedürfnisse und Konsequenzen:

– erstens brauchen Erzeuger verlässliche Abnehmer, generative Erzeuger darüber hinaus auch noch Abnehmer, die sich an ihrer nur kurzfristig vorhersagbaren Erzeugung orientieren können. Und diese Eigenschaften haben nur Batteriespeicher, da nur sie beliebig skalierbar sind.

– zweitens brauchen Verbraucher zuverlässig verfügbare Stromquellen, da die Möglichkeiten für Demand Site Management trotz aller Vorteile durch etliche andere Faktoren begrenzt sind. Und genau das bieten Batteriespeicher und sind dabei eben in der Lage auch auf kleinste Schwankungen flexibel zu reagieren.

Die Konsequenz ist, dass Batteriespeicher das Mittel der Wahl sind, Brennstoffzellen sind ähnlich skalierbar, nur nicht so effizient. Und das ist am Ende entscheidend. P2G ist neben der geringen Effizienz der Prozesskette doch nur wieder eine Verbrennungstechnologie, mit grober Skalierbarkeit, relativ langsamen Reaktionszeiten und lediglich CO2-neutral.

Da nun die Batterien dadurch zum intermediären Zwitter werden, indem sie die Rollen des Erzeugers und Abnehmers gleichzeitig übernehmen können, wäre es für Batteriebetreiber sinnvoll, Strom günstig einzukaufen zu versuchen und ihn hochpreisig bei großer Nachfrage wieder zu verkaufen. Dadurch würde der Markt allerdings zunehmend hochspekulativ, was sich am Ende auf die Preise für die schwächsten Teilnehmer = private Endverbraucher durchschlägt.

Deshalb sollten wir konsequent Speicherung und Transport in einem eigenen Marktsegment vereinen, indem die Kosten auf alle erzeugten kWh gleichmäßig umgelegt werden. Eine interne Kostenbewertung innerhalb dieses Segments dient dann zur Evaluierung und Implementierung des vorteilhafteren Systems. Die sinnvollste Förderung für Speicherinfrastruktur besteht in zuverlässigen Erlösen für die Bereitstellung. So wie eben auch für Netze.

Beispiel 2: Eigenerzeugungsanlagen könnten direkt auf Preissignale reagieren.

Eigenerzeugung deckt derzeit etwa zehn Prozent des Stromverbrauchs, mit steigender Tendenz (Energy Brainpool 2014b). Davon entfallen 94 Prozent des Stromverbrauchs auf Kraftwerke von Industriekunden und sechs Prozent auf Photovoltaik-Anlagen in Haushalten und Gewerbe (Energy Brainpool 2014b). Gegenwärtig richten Betreiber von Eigenerzeugungsanlagen ihre Erzeugung vielfach nach dem eigenem Verbrauch aus. Der Bedarf nach Stromerzeugungskapazitäten im Gesamtsystem ist hingegen von nachgeordneter Bedeutung.

Und genau an der Stelle sind Speicher das Mittel der Wahl um die dezentralen Erzeugungsanlagen sinnvoll in das Gesamtsystem einzubinden, Redundanzen gezielt nach ökologischen Kriterien abzubauen und das System insgesamt umzustellen.

Auch der Marktpreis für Strom ist oftmals kein maßgeblicher Faktor, insbesondere wenn es sich um eine KWK-Anlage handelt, die wärmegeführt betrieben ist und Strom nur ein Nebenprodukt herstellt.

Wärmegeführte KWK-Anlagen sind allerdings nicht netzdienlich, da nicht einfach so mal regelbar. Abgesehen von der fraglichen Wirtschaftlichkeit. Die ist zwar aktuell mit niedrigen Brennstoffkosten gegeben, ihre Nutzung hängt aber zu stark genau davon ab. Gerade bei wohnwirtschaftlichen Projekten und im Falle großer Wärmebedarfe auf lange Lebensdauer hin ist Vorsicht geboten.

Durch die Art der Begünstigung kann ein Anreiz bestehen, die Stromerzeugung weitgehend unabhängig vom Bedarf im System zu optimieren. Die Betreiber der Anlagen richten die Erzeugung dann auf den eigenen Verbrauch aus, statt sich am Marktpreis zu orientieren. Selbst bei leicht negativen Börsenstrompreisen kann es für einen industriellen Eigenerzeuger günstiger sein, Strom selbst zu erzeugen, als seine Anlage herunterzufahren und Strom am Markt zu kaufen, da er für den eingekauften Strom Netzentgelte und staatlich verursachte Preisbestandteile entrichten müsste. Die Frage ist, wie die Eigenerzeugung und der Strommarkt insgesamt besser aufeinander abgestimmt werden können.

Diese Frage ist nun bereits mehrfach beantwortet worden: Durch Speicher am Ort des Verbrauchs. Da sich solche Speicher auf Grund der relativ hohen Investition nur langsam rechnen, empfiehlt es sich, im ersten Schritt eine ausreichend große Leistungselektronik für den gesamten abzufangenden Bedarf zu installieren und den zugehörigen Speicher so klein wie möglich auszulegen. Für ein Mittagspeak von z. B. 350 KW bei 120 KW Normallast sollte dann die Elektronik z. B. 400 KW Lieferleistung abfahren können, während 150 KWh Speicherkapazität angeschlossen werden und mit max. 120 KW geladen wird. Stellt es sich später als wirtschaftlich heraus, so kann der Betreiber den Speicher dann eben nach Bedarf vergrößern.

An der Stelle sei darauf hingewiesen: Die Rentabilität von Speichern an der Aufnahme und Abgabe von generativem Überschussstrom festzumachen, wird ihren Fähigkeiten nicht gerecht. Schließlich werden auch Netzbetreiber nicht an Hand der tatsächlich transportierten Strommengen vergütet, sondern haben garantierte Mindesterträge.

Beispiel 3: Perspektivisch könnten die Sektoren Strom, Wärme und Verkehr stärker gekoppelt werden.

Im zukünftigen Energiesystem wird der Energieverbrauch im Strom-, Wärme- und Verkehrssektor viel stärker als heute technisch und ökonomisch gekoppelt sein. Zusätzlicher Stromverbrauch im Wärme- und Transportsektor erleichtert die Integration von Wind- und Solarstrom bei hoher Stromproduktion. Er erhöht den bisher geringen Anteil erneuerbarer Energien im Wärme- und Verkehrssektor und kann gleichzeitig den Strompreis bei geringer Residuallast stabilisieren. Neue zuschaltbare Verbraucher sollten den Strom möglichst effizient nutzen und die residuale Höchstlast am Strommarkt nicht erhöhen. Als zuschaltbare Verbraucher eignen sich daher beispielsweise Wärmepumpen und bivalente Elektroheizer, die mit einem zweiten Heizsystem wie beispielsweise einem Erdgaskessel kombiniert sind. Diese können ihren Betrieb flexibel an die Preissignale des Strommarktes anpassen. Im Vergleich zu den genannten Technologien reagieren monovalente Nachtspeicherheizungen derzeit häufig noch inflexibel. Tatsächlich können sie im Winter tagsüber Strom zur Zeit der Höchstlast verbrauchen und damit den Kraftwerksbedarf und die fossile Stromerzeugung erhöhen (IZES 2013). Eine Kopplung der Sektoren wird bisher doppelt gehemmt: Zum einen ist Strom durchschnittlich höher belastet als Heizöl oder Erdgas, zum anderen schwächen die genannten Preisbestandteile die Marktpreissignale ab.

Bevor generativer Strom aus Überschussgründen per Elektroheizer buchstäblich verheizt wird, stellt sich die Frage, ob das für die Infrastruktur notwendige Geld dafür nicht in einem Batteriespeicher besser aufgehoben ist, der das Hausnetz galvanisch vom öffentlichen Netz trennt. Auch wenn der Strom dann als Wärme in einem Pufferspeicher aufbewahrt wird, wäre er mit einer Wärmepumpe deutlich besser genutzt. Denn privater oder auch gewerblicher Stromverbrauch und die zugehörigen Lastkurven sind Teil der Privatsphäre und des Datenschutzes. Dazu kommt, dass alle möglichen Geräte neu angeschafft und Smart-gridfähig werden müssen. Darüberhinaus alle entsprechenden Geräte damit Funkdaten senden und empfangen und dadurch manipulierbar sind.

Gerade an der Stelle zeigen sich Batteriespeicher mit ihren besten Eigenschaften: Sie sind technisch von der Erzeugerseite her gesehen Verbraucher. Nur geben sie den größten Teil des Stroms bei Bedarf wieder zurück. Sie können auch unregelmäßige Erzeugung spielend aufnehmen. Sie dienen als Trennstelle vom öffentlichen Netz zum privaten dem Datenschutz, da keine Leistungsdaten an Netzbetreiber übermittelt werden. Daten, die nicht übermittelt werden, können nicht abgegriffen werden. Geräte hinter der „galvanischen Firewall“ nicht manipuliert werden.

Hier eröffnet sich bei der notwendigen Koppelung der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität die Möglichkeit, auch die Elektromobilität sinnvoll zu fördern. Statt rein nur die Fahrzeuge zu fördern, wie in Norwegen, Niederlande, Frankreich, Kalifornien und jetzt auch in Florida Florida fördert Emobility bietet sich hier an, den Käufern reiner Elektrofahrzeuge je Fahrzeug einen einmaligen Zuschuss von z. B. 10.000 Euro für die Errichtung einer Ladesäule mit Batteriespeicher zu bezahlen. Dieser Zuschuss darf sowohl für eine eigene Säule vor der Haustür oder für eine Ladesäule an einem anderen Ort (Parkhaus, Einkaufscenter, etc.), als auch als Beteiligung verwendet werden. Bedingung sind öffentliche Nutzbarkeit, mindestens 30 kWh Batteriekapazität, mindestens zwei genormte Anschlüsse pro Zuschuss (Mennekes, ChadDemo, CCS). Reichweite des Fahrzeugs mindestens 100 km. Dadurch würde die Elektromobilität enorm gefördert und gleichzeitig mit einem Zuschuss auch die Systemstabilität und die Regelleistungen erhöht.

Mögliche Ansätze zur Optimierung der Struktur der Netzentgelte und staatlich verursachten Preisbestandteile – unter Beibehaltung bestehender Begünstigungen – umfassen:

1. Sonderregelungen optimieren: Sonderregelungen bei Netzentgelten und staatlich veranlassten Preisbestandteilen werden bei-behalten. Das BMWi prüft, inwiefern und inwieweit diese Sonderre-gelungen optimiert werden können, damit die Begünstigten flexibel auf das Preissignal reagieren können, ohne dabei die bestehenden Begünstigungen zu verlieren.

Die adressierten Sonderregelungen finden derzeit ihre Begründung allesamt in dem Argument „Erhalt von Arbeitsplätzen“ und „Wett-bewerbsfähigkeit der deutschen Industrie“. Mindestens ein volkswirtschaftlicher Kosten-Nutzenvergleich ist notwendig, wenn schon die komplette Abschaffung aller Förderregeln und eine mindestens ebenso zielorientiert an den Zielen der Energiewende und am ökologischen Nutzen ausgerichtete Neuordnung nicht durchsetzbar scheint.

Die Fördersummen gehören in Höhe der Lohnkosten gedeckelt. Es ist volkswirtschaftlich unsinnig, dass ein Unternehmen mehr Vergünstigungen erhält, als es Lohnkosten hat. Denn damit ist der volkswirtschaftliche Nutzwert des Unternehmens negativ.

Sinnvoll ist dagegen, die betroffenen Unternehmen mit den Erträgen aus der Differenz zwischen Erzeugermarkt und Verbrauchermarkt auf Effizienz und Energierecycling (intensive Abwärmenutzung) zu trimmen. Mit den Geldern sind kalte Nahwärmenetze und Latentwärmespeicher zu bauen, um Wohngebäude künftig mit kalter Nahwärme und Wärmepumpen effizient zu beheizen, statt für die Wärme weiter fossile Brennstoffe zu importieren oder mit enormen finanziellen Aufwand Tiefengeothermie und teure, hoch gedämmte heiße Nahwärmenetze zu schaffen.

2. Leistungspreise stärken (kW statt kWh belasten):

Netzentgelte und staatlich verursachte Preisbestandteile könnten, wo sinnvoll und möglich, stärker auf Basis von Leistung (kW) an stelle von Arbeit (kWh) erhoben werden. Die Leistung kann am Netzanschluss oder an der individuellen Jahreshöchstlast gemessen werden. Wenn sich die Preise an der Größe des Netzanschlusses orientieren, müssten Verbraucher keine höheren Entgelte fürchten, wenn sie kurzzeitig ihre Nachfrage erhöhen.

Ein Ansatz der sich durch Batterien erledigt, so lange Verbrennungstechnologien im Spiel sind. Allerdings sind Leistungspreise das bestimmende Merkmal alle generativen Erzeuger und der allermeisten Verbraucher. Sie bestimmen durch den einmaligen Invest in eine PV-Anlage, ein Windrad, eine Batterie oder ein Elektroauto und die Lebensdauer des Geräts den Preis völlig unabhängig von der Nutzung. Konsequent eröffnen sie den Weg zur simplen Wahrheit, dass Energie nicht verbraucht werden kann und daher wirtschaftlich gesehen kostenlos sein müsste. Während für die Infrastruktur zu Ihrer Bereitstellung sehr wohl bestimmte Kosten aufgerufen werden können, die aber monatlich gleich bleibend sind. Von dem Ansatz ausgehend, sollte Strom nichts kosten außer einer Nutzungsgebühr für den Anschluss. Das würde auch die Abrechnung vereinfachen.

3. Dynamisierung (Aufschläge prozentual statt fix ausgestalten):

Bisher sind die Aufschläge auf Arbeit (kWh) als fixe Tarife festge- legt. Prozentuale Aufschläge auf Arbeit könnten, dort wo es recht- lich zulässig ist, Marktsignale verstärken. Beispielsweise könnte eine Dynamisierung der EEG-Umlage ein Ansatz sein, um Lastmanagementpotentiale zu heben, Eigenverbrauch systemdienlicher auszugestalten und die Sektorkopplung zu erleichtern (Ecofys / RAP 2014). Vor- und Nachteile solcher Ansätze sind zu prüfen.

Das ist in einem „Markt“ mit einer Regelungsdichte von über 75 % der Kosten und definitiver Überlebensabhängigkeit der zentralen Akteure nur schwer vorstellbar. Faktisch wäre es intelligent und konsequent, die Vergütung für jeden Erzeuger auf die gleiche rechtliche Grundlage zu stellen: Aufwandsgerechte Vergütung für jede produzierte und verkaufte kWh. Mit Abschlagszahlung auf Grund Prognose und Abrechnung nach dem Produktionsjahr, so wie für EE-Anlagen. Das EEG kann dann für Neuanlagen weg. Direkter Handel entfällt. Überschusserträge werden dadurch dem gesamten System zur Verfügung gestellt und Spekulationen samt gezielten Manipulationen verhindert.

Die einzelnen gekauften Kontingente werden dann am Markt je nach Erzeugungsart zu Stromgestehungskosten nach Vollkostenrechnung einer Neuanlage mit einer nach PE-Faktor und CO2-Emission gewichteten Energiesteuer sowie einer Infrastrukturabgabe für Speicher und Netze beaufschlagt und an die Verbraucherversorger abgegeben. Dort kommt dann nur noch die Mehrwertsteuer oben drauf. Alle Erzeugungsarten nehmen dadurch gleichberechtigt unter Berücksichtigung ihrer Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit am Markt teil. Der Markt kauft dann so lange zum günstigsten Preis, bis die generativ erzeugten Strommengen verkauft sind, danach kommen die weiteren Erzeugungsarten, und die schlechtesten sortieren sich von selbst aus.

Dazwischen liegt das Marktsegment für Speicher und Netze, die ebenfalls unter gleichberechtigten Bedingungen vergütet werden. Jeder Betreiber eines Speichers erhält in jedem Fall eine Vergütung, die dem vermiedenen Netzentgelt bzw. der vermiedenen Gebühr für die Anschlussleistung entspricht.

Nächste Schritte

Das BMWi wird die Struktur der Netzentgelte überprüfen und unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterentwickeln, um ein flexibles Verhalten von Ver- brauchern attraktiver zu machen. Unter anderem sollen folgende Schritte geprüft werden:

– Öffnung der Sondernetzentgelte für mehr Lastflexibilität
– Prüfung des Arbeits- und Leistungspreissystems nach § 17 StromNEV
– Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung bestehender HT-NT-Zeitfenster
– Ein sicherer und verlässlicher Netzbetrieb bleibt bei diesen Prüfungen handlungsleitend und bildet den äußeren Rahmen für jede Optimierung.

Nur sinnvoll, falls das aufgeblasene, komplizierte Modell, besser der Dschungel, der derzeit den „Markt“ beherrscht bestehen bleibt.

Das BMWi diskutiert ein langfristiges Zielmodell für die Struktur der Netzentgelte und einige staatlich verursachte Preisbestandteile, um eine effiziente Flexibilisierung von Erzeugern und Nachfragern über die Sektoren Strom, Wärme, Verkehr verstärkt zu ermöglichen. Dieses Zielmodell soll Orientierung bei einzelnen Reformschritten bieten und die langfristige Konsistenz gewährleisten.
Das BMWi überprüft das System der Netzentgelte daraufhin, ob es den Anforderungen der Energiewende gerecht wird und eine faire Lastverteilung bei der Finanzierung der Netzinfrastruktur gewährleistet.

Mit dem nun mehrfach skizzierten Modell eines dreigeteilten Marktes ist all das bei deutlich geringerem Bürokratieaufwand erreicht.

Kapitel 5: Stromnetze ausbauen und optimieren

Die Netze müssen auf Übertragungs- und Verteilernetzebene ausgebaut werden.

Den Ausbau der Übertragungsnetze plant der Gesetzgeber vorausschauend mit Hilfe von Szenariorahmen, Netzentwicklungsplan und Bundesbedarfsplanung. Diese ergänzen die im Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) aus dem Jahr 2009 als vordringlich definierten
Vorhaben. Ebenso wichtig wie der Ausbau der Übertragungsnetze ist der Ausbau der Verteilernetze. Auch auf den unteren Netzebenen sind die Rahmenbedingungen an die zukünftigen Herausforderungen anzupassen. An die Verteilernetze sind neben den meisten Verbrauchern auch 98 Prozent der Erzeugungsanlagen für Strom aus erneuerbaren Energien sowie viele kleinere konventionelle Anlagen angeschlossen.

Dieses Vorhaben des Gesetzgebers steht und fällt mit der Ausgangsposition. Und die ist fragwürdig:

1. Die Szenariorahmen gehen von der weitgehenden Beibehaltung der derzeitigen Erzeugerstruktur aus. Diese Annahme führt zu der Annahme, dass es auch in Zukunft darum gehen wird, Kraftwerkskapazitäten zu verteilen. Eine Ebene abstrakter geht es um die Verteilung verfügbarer Leistung zu definierten Zeitpunkten. Und hier wird es klar: Batteriespeicher, Pumpspeicher, Brennstoffzellen, kleine KWK und spezielle Speicheranwendungen wie Schwungmassenspeicher stellen Leistungen deutlich flexibler und auf den Punkt bereit. In Verbindung mit generativen Erzeugern sind speziell Batteriespeicher bereits jetzt die volkswirtschaftlich kostengünstigere Variante der Strombereitstellung. Auch Brennstoffzellen sind preislich nicht weit entfernt, dort mitzuhalten.

Auf der anderen Seite beginnen etliche Stromnutzer bereits ihren Strombezug auf die Verfügbarkeit von Strom einzustellen. Auch wenn smart-grids im Bereich der Kleinverbraucher eher nicht überzeugend sind, so werden sie bei mittleren und größeren Verbrauchern ganz wesentlich zu einer graduellen Anpassung des Stromverbrauchs an die Erzeugung führen. Oder die Unternehmen rüsten sich mit Batterien und kleinen KWK aus. Beide Entwicklungen führen zur Auflösung der Struktur aus zentralen Großverbrauchern.

2. Beruhen die Berechnungen der Szenariorahmen auf statistischen Werten wie Standardlastprofilen, deren Überarbeitung sogar in diesem Grünbuch gefordert wird. Beschlussfassung auf Basis von Zahlen, denen die beschließenden nicht vertrauen sollten? Es liegen keinerlei belastbare Messwerte auf Basis einer breiten Erhebung vor. An der Stelle liegt auch der einzig sinnvolle Nutzen so genanter intelligenter Zähler: Der Übermittlung realer Lastprofile (natürlich ohne konkrete Rückverfolgbarkeit, wessen Lastprofil es ist) und laufende dynamische Hochrechnung der Lastabrufe als Planungsinstrument.

Unter dem Strich bedeutet das, dass der Plan der Bundesregierung auf den Kopf gestellt werden muss: Ein Netzausbau kann nur sinnvoll beim Verteilnetz und auf der Mittelspannungsebene beginnen. Dort muss bei den Gebäudeanschlüssen eine Speicherinfrastruktur – vorzugsweise Li-Ion oder ähnliche Technologie, Leistung 2 TW (ergibt sich technisch automatisch), Kapazität: ca. 2 TWh – installiert werden, die die Stromproduktion kleiner dezentraler Anlagen auffängt und zeitversetzt vor Ort nutzbar macht. Das Verteilnetz selbst ist dort, wo es noch Dachanschlüsse aufweist und wo die Leitungen zu schwach für z. B. Schnellladesäulen der Elektromo-bilität ausgelegt sind, durch Erdverlegung aufzurüsten, bei der Gelegenheit ist es angezeigt, schnelles Internet, Leitungen und Anschlüsse für kalte Nahwärmenetze und ggf. Gasanschlüsse zu verlegen.

Die Ortsnetztrafos sind im Zuge dessen mit Batteriespeichern aufzurüsten, um ggf. Lastschwankungen nach beiden Seiten hin auszugleichen, Regelleistung zu liefern und weiteren Strombedarf zur Überbrückung von Zeiten schwacher generativer Erzeugung auszugleichen. Technik: Kombination aus Lio-Ion oder NaS mit Redox Flow, Leistung: 600 GW, Kapazität: ca. 6 TWh

Dann erst sollten die Hochspannungsebene und die Höchstspannungsebene folgen und mit Speichern ausgerüstet werden, die in der Größenordnung ihrer Transportleistung Strom aufnehmen und nach und nach für 21 Tage ausgebaut werden. Auf dieser Netzebene bedarf es insgesamt eines Minimums von ca. 24 TWh.

Die so genannte Überbrückungszeit des Fehlens generativer Energie liegt aktuell bei ca. einem Drittel des Jahresbedarfs. Also ca. 200 TWh. Da dieser Bedarf jedoch nie an einem Stück auftritt, sondern maximal auf drei Wochen am Stück beziffert wird, werden dafür bei mittlerer Tageslast von 60 GW ca. 31,2 TWh benötigt.

Bei diesem Bedarf unberücksichtigt sind noch die Kapazitäten der Elektromobilität, da der Erfolg dieser Technologie derzeit auch noch nicht abwägbar ist. Ein elektrischer Fuhrpark von 80 % der PKW brächte langfristig eine Kapazität von ca. 760 Gwh, bei 20 kWh pro Fahrzeug. Elektromobilität und Wärmepumpe werden über den Mehrverbrauch an Strom kaum den Speicherbedarf erhöhen, da sie relativ flexibel einsetzbar sind.

Es ist wirtschaftlich sinnvoll, die Netze nicht für die „letzte erzeugte Kilowattstunde“ auszubauen.

Werden geringfügige Netzengpässe zugelassen, d. h. Netzbelastungsspitzen durch Erzeugungsmanagement gekappt, kann dies zusätzlich zu der Ergreifung unterschiedlicher Netzoptimierungsmaßnahmen (siehe unten) den erforderlichen Netzausbau reduzieren. Es soll deshalb zulässig sein, bei der Netzplanung auf Verteiler- und Übertragungsnetzebene eine Spitzenkappung von maximal drei Prozent der von Windkraft- und Photovoltaikanlagen erzeugbaren Jahresenergie zu berücksichtigen. Dabei soll an einer vollständigen Kompensation aller Anlagenbetreiber festgehalten werden. Bei der Netzausbauplanung des Übertragungsnetzes soll mindestens die in den Verteilernetzplanungen unterstellte Begrenzung von Einspeisespitzen zu Grunde gelegt werden. Für die netzbetriebliche Umsetzung müssen das Erzeugungsmanagement weiterentwickelt und die Konzepte für Verteiler- und Übertragungsnetze aufeinander abgestimmt werden.

Ein wesentliches Element des Managements von Erzeugungsspitzen sind Batterien, nur wurde das bisher in der Diskussion nie thematisiert. Das Thema Abregeln von PV und Wind ist damit keine sinnvolle Option mehr. Speicher werden so oder so gebraucht, sie können die Erzeugungsspitzen locker aufnehmen und zu Nutzen bringen, statt sie wegzuwerfen. Die Zulassung von drei Prozent Toleranz für PV und Wind ist dann obsolet. Allein dadurch und zusätzlich durch die zeitliche Verschiebung der Verfügbarkeit von Strom reduzieren die Speicher den Netzausbaubedarf deutlich.

Auf der Verteilernetzebene kann sich der Einsatz innovativer Betriebsmittel lohnen.

Spannungsprobleme sind der Hauptgrund für Netzausbaubedarf in der Niederspannungsebene. Neue Netztechnologien wie regelbare Ortsnetztransformatoren können den Umfang zusätzlich nötiger Leitungen in vielen Fällen reduzieren oder diese konventionellen Ausbaumaßnahmen vermeiden. Die „Regelbarkeit“ von Ortsnetzstationen ist mit zusätzlichen Investitionen verbunden. Diese sind jedoch häufig wirtschaftlicher als Investitionen in den rein konventionellen Netzausbau (BMWi 2014).

Investitionen in die Aufrüstung von Ortsnetztrafos (ONT) sind definitiv wirtschaftlicher als der Ausbau der jeweiligen Ebene. Allerdings nur, wenn sie konsequent durch die Erweiterung eines Trafos oder eines Umspannwerks um einen Batteriespeicher erfolgen. Die multiplen Leistungsmerkmale und systemischen Eigenschaften eines Batteriepeichers vervielfachen zusammen mit den deutlich niedrigeren Kosten so eines Systems gegenüber einem reinen „Regelbaren Ortsnetztrafos (RONT)“ den Nutzen außerordentlich. Der wichtigste Schlüssel bei der Technologie liegt allerdings in der Auswahl des Herstellers.

5.1 Stromnetze ausbauen

Der Netzausbau ist für einen kosteneffizienten und umweltverträglichen Einsatz der Erzeuger und Verbraucher erforderlich.

Gut ausgebaute Netze ermöglichen einen kosteneffizienten Strombezug in Deutschland und im Binnenmarkt. Überregionaler Stromaustausch gleicht die Schwankungen von Wind, Sonne und Nachfrage aus. Deutschland- und europaweite Ausgleichseffekte reduzieren die zeitgleich auftretende maximale Residuallast und erhöhen die minimale Residuallast im Vergleich zu der Summe der Maximal- und Minimalwerte in den einzelnen Regionen. Der überregionale Stromtransport hat kostensenkende Effekte:

1. Die Anlagen mit den geringsten Einsatzkosten werden überregional genutzt. Dadurch sinken die variablen Kosten des Gesamtsystems.

Dafür gehen die Fixkosten hoch, was aber egal zu sein scheint, weil diese ja sowieso nur von denen getragen werden, die sich dem System nicht so einfach entziehen können. Diese Betrachtung greift deutlich zu kurz, denn die variablen Kosten für Strom sind volks- wirtschaftlich nicht entscheidend. Sie laufen durch bis zum Endverbraucher, belasten die Systemteilnehmer zwischen Förderung der Ressource und Endverkauf des Stroms nicht und bedeuten nichts anderes als messbare Vernichtung von Ressourcen.

Es ist schon fast zynisch, dass die meisten Betrachter aus der Gemeinde der Wirtschaftsfachleute die Fixkosten durch Subventionen ersetzt sehen wollen und den Preis für Energie rein durch die variablen Kosten darstellen wollen. Das sind Renditefachleute, aber keine Wirtschaftsfachleute.

Die kostensenkenden Effekte treten gerade mal für die intermediären Nutzer des auf diese Art verbilligten Stroms aus. Doch die Bürger bezahlen die Fehlbeträge entweder direkt über Steuern oder geben diese Kosten letztlich als geraubte Ressourcen, Schulden und hinterlassene Umweltfolgen den nächsten Generationen auf.

2. Der Gesamtbedarf für Erzeugungskapazität, Lastmanagement und Speicher sinkt. Dies beschränkt auch die Investitions- und Instandhaltungskosten des Gesamtsystems. Im Vergleich zu den Einsparmöglichkeiten sind die Kosten für Netzausbau deutlich geringer.

Das Lastmanagement sinkt für die relevanten Verbraucher kein Stück, denn für das Managen der Lasten ist es egal, woher der Strom kommt. Im Gegenteil, diese werden höchstens durch den Wunsch nach Verfügbarkeit billigeren Stroms aus einer bestimmten Region mit besonders günstigen Erzeugungsbedingungen nur noch mehr Netzausbau provozieren, um den billigeren Strom auch in jedem Fall zu bekommen. Das derzeitige Preisregime jedoch sichert den Investoren in Netze Rendite und garantierten Ertrag. Den Betreibern von Speichern jedoch wird dieser Vorteil nicht gewährt. Konsequenterweise beurteilen die meisten Politiker in Unkenntnis der Zusammenhänge die Wirtschaftlichkeit rein über die Verwertung von generativem Überschussstrom. Was aber falsch ist, denn der systemdienliche Ansatz der Speicher und deren Beitrag zur Begrenzung des Netzausbaus wird dadurch ausgeblendet.

Nicht bedacht sind die sozialen Kosten, die ein maßloser Netzausbau bei den betroffenen Bewohnern verursachen wird. Ganz abgesehen von den Kosten zur Beseitigung der zu erwartenden Widerstände. Stromtrassen und Stromautobahnen sind komplett als erdgebundene Leitungen auf bundeseigenen Grundstücken zu führen. Nicht mehr querfeldein und den Himmel vernetzend. Existierende Leitungen gehören zu ihrem Lebensende auf öffentlichem Grund erdverlegt ersetzt.

Zunehmend dezentrale Stromerzeugung und gut ausgebaute Netze ergänzen sich.

Strom aus Wind und Sonne wird hauptsächlich dezentral und teilweise lastfern erzeugt. Um ausreichend Standorte erschließen und die Ausgleichseffekte nutzen zu können, ist eine gute nationale und europäische Vernetzung erforderlich. Weitgehend autarke dezentrale Systeme sind sehr viel teurer und nicht in der Lage, Verbrauchszentren wie Ballungsräume oder die energieintensive Industrie zu versorgen. Gleichzeitig ist auch beim Netzausbau auf Kosteneffizienz zu achten. Neben der Stärkung der Marktpreissignale für Erzeuger und Verbraucher sind vor allem Netzausbau (5.1) und Netzbetrieb (5.2 und 5.3) zentral für den sicheren, kosteneffizienten und umweltverträglichen Einsatz flexibler Erzeuger und Verbraucher.

Strom aus Sonne kann flächendeckend erzeugt werden, ganz besonders in Ballungsräumen. Entscheidend sind rechtliche Rahmenbedingungen, die Verhinderern nicht auch noch den Weg ebnen. So darf es nicht sein, das Gemeindräte durch Flächennutzungspläne und Bebauungspläne Solarparks oder gar Dachanlagen mutwillig verhindern, schon gar nicht auf Flächen, die ansonsten brachliegen. Kein Gemeinderat würde es wagen, den Einsatz von Verbrennungsheizungen in einem Neubaugebiet zu untersagen. Desgleichen ist es notwendig, dass bei Neubauten und Sanierungen die Nutzung der Dachflächen für Photovoltaik oder andere Energiegewinnung, wenn schon nicht vorgeschrieben, dann aber zumindest die Nichtnutzung negativ sanktioniert wird. Zum Beispiel durch Erhebung der Energiesteuer auf nicht erzeugten generativen Strom.

Zudem sind speziell in Ballungsräumen etliche versiegelte Flächen energetisch ungenutzt. Es gibt zum Beispiel keinen Grund, Bahnanlagen nicht mit PV zu überdachen, dafür aber viele Gründe, genau das zu tun.

Die Aussage „Weitgehend autarke dezentrale Systeme sind sehr viel teurer und nicht in der Lage, Verbrauchszentren wie Ballungsräume oder die energieintensive Industrie zu versorgen“ ist als Mythos zu bewerten und kaum belegbar. Gegebenenfalls mag es sein, dass einige Ballungsräume sich aus naheliegenden Regionen zusätzlich versorgen müssen. Dennoch ist der europaweite Ansatz mehr Wunschdenken für Investorenrenditen und hypothetisches Geschäftsmodell als tatsächlich notwendig. Erst sollten alle lokalen, regionalen und heimischen Potentiale ausgeschöpft sein, zumindest alle rechtlichen Hürden zur Ausschöpfung beseitigt werden, bevor die Endverbraucher in die Pflicht genommen werden, Investoren ihre Geschäftsmodelle zur weiteren Verwertung fossiler Ressourcen zu finanzieren. Denn der Netzausbau verlängert nachweislich am Beispiel Süd-Link und Süd-Ost-Trasse die Laufzeiten von Kohlekraftwerken, während der Ausbau generativer Stromerzeugung massiv ausgebremst wurde. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass neue Märkte für deutschen Braunkohlestrom auch in Südeuropa nicht selbstverständlich entstehen.

Auch bei Windkraft ist der technische Entwicklungsstand inzwischen so weit, dass Windräder die doppelte Zahl an Nutzungsstunden auch in windarmen Gegenden laufen können, wenn auch bei halber Leistung, das Entscheidende ist aber, dass die Verfügbarkeit von Strom dadurch verstetigt wird. Nicht der Netzausbau hilft den so genannten Erneuerbaren, sondern speziell diese machen ihn weniger notwendig. Und nicht die Speicher sind auf lange Sicht die teure Lösung, sondern sie eröffnen erst den Weg zum Verzicht auf Stromtrassen. Stromtrassen entspringen einer alten Denkweise. Ihr Bedarf steht und fällt mit der Existenz großer, zentraler Erzeuger.

28 KAPITEL 5: STROMNETZE AUSBAUEN UND OPTIMIEREN

Nächste Schritte

Die als erforderlich identifizierten und vom Gesetzgeber bestätigten Netzausbauvorhaben einschließlich Ausbau der Grenzkuppelstellen mit vorrangigem Bedarf (Energieleitungsausbaugesetz, Bundesbe- darfsplangesetz) werden realisiert.

Die Grenzkuppelstellen sind sinnvoll, der Netzausbaubedarf aber gehört auf den Prüfstand und muss von den regionalen gErzeuungspotentialen und real gemessenen Lastgängen aus Bottom-Up aufwärts neu erarbeitet werden. Dadurch entsteht eine Streichliste an Erzeugungskapazitäten, die das Laufzeitende der atomaren und der fossilen Kraftwerke sicherstellt. Parallel dazu ist eine integrierte Speicherstruktur aufzubauen, die dem lokalen Verbrauch, der Elektromobilität und der Umstellung der Wärmeerzeugung auf Wärmepumpen entgegenkommt.

Übertragungsnetzbetreiber und Bundesnetzagentur überprüfen regelmäßig den Netzausbaubedarf auf Übertragungsnetzebene (NEP 2014, NEP 2015 usw.).

Die Übertragungsnetzbetreiber sind als wirtschaftlich am Ausbau interessierte leider kein geeigneter Partner. Es sei denn, zur Kompensation werden gleich gute Rahmenbedingungen für den Bau von Speichern eingerichtet.

Grenzkuppelstellen und Leitungen mit überregionaler Bedeutung werden auf Grundlage des Ten-Year-Network-Development-Plans (TYNDP) 2014 der europäischen Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) und im Rahmen einer Realisierung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse weiter ausgebaut.

Soweit das einem Bedarf auf real gemessener Grundlage mit angemessen klein gehaltenen Zuschlägen entspricht, ist das tragbar. Generell aber sind 10-Jahresplanungen in einem sich derart rasant entwickelnden technischen Umfeld wie bei der Entwicklung von Speichern aller Art, der generativen Erzeugungstechnologie und der energetischen Migration von fossiler Verbrennung bis hin zum vermehrten Einsatz von Elektrizität verfehlt. Die sich innerhalb der nächsten fünf Jahre einstellenden Preisniveaus für Batterien und PV-Technik haben mehr als ausreichend Potential, den Stromferntransport so weit zu senken, dass der Bedarf aus Verbraucherperspektive daran sogar sinkt.

Das BMWi entwickelt die Rahmenbedingungen zur Modernisierung der Verteilernetze im Jahr 2015 weiter. Insbesondere prüft das Ministerium eine Verbesserung der Investitionsbedingungen auf Grundlage des Evaluierungsberichts der Bundesnetzagentur zur Anreizregulierung und der Ergebnisse der Netzplattform-Studie „Moderne Verteilernetze für Deutschland“ (u. a. Novelle ARegV und VO-Paket „Intelligente Netze“).

An der Stelle verbirgt sich jede Menge konjunkturell bedeutsames und für den ländlichen Raum sinnvolles Potential auf den beiden unteren Netzebenen. Die Verlegung aller Leitungen in verstärkter Form unter die Erde eröffnet weitere Potentiale zum Umbau der Energieversorgung und für Wachstum.

Das BMWi konkretisiert das Konzept zur Berücksichtigung der Spitzenkappung von maximal drei Prozent der von Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen erzeugbaren Jahresenergie („letzte kWh“) bei Netzbetrieb und Netzplanung auf Verteiler und Übertragungsnetzebene.

Ist nicht notwendig, falls ein integriertes, faires Marktsegment für Speichern und Transport geschaffen wird. Faktisch existiert ja bereits ein zweifacher Markt, bei dem Erzeugung und Verbrauch noch direkt gekoppelt sind. Und diese Struktur erzeugt viel Bürokratie auch auf privatwirtschaftlicher Ebene. Während sie die notwendige Umstrukturierung der Erzeugung ausbremst und die Lebenserwartung überholter Konzepte verlängert.

Die Bundesnetzagentur prüft, ob die Rahmenbedingungen der Regulierung angepasst werden müssen, damit effiziente Investitionen in regelbare Ortsnetzstationen für Netzbetreiber wirtschaftlich attraktiver werden.

5.2 Netze sicher betreiben – Redispatch ermöglicht einen sicheren Netzbetrieb bei Netzengpässen

Gegenwärtig bestehen in Deutschland Netzengpässe.

Ein großer Teil der Lastzentren befindet sich im Süden und Westen Deutschlands. Zudem exportiert Deutschland häufig marktgetrieben in die südlichen Nachbarländer. Als Folge des Kernenergieausstiegs werden in Süddeutschland Kernkraftwerke stillgelegt, während neue Windkraftanlagen überwiegend im Norden und Osten Deutschlands entstehen. Zudem werden voraussichtlich weitere fossile Kraftwerke in Süddeutschland stillgelegt. Dies erhöht in zahlreichen Stunden den Transportbedarf von Norden nach Süden. Weil der im EnLAG 2009 (Startnetz) als energiewirtschaftlich notwendig und vordringlich identifizierte Netzausbau sich um einige Jahre verzögert, werden die Netzengpässe in den nächsten Jahren noch zunehmen.

Von diesen Prämissen ausgehend bedeutet die Stilllegung der Kernkraftwerke in Bayern und in Süddeutschland zunächst Mal, dass weniger Strom in südliche Nachbarländer exportiert wird. In wie weit daraus ein Ersatzbedarf durch Strom aus Ostdeutschland oder Norddeutschland entsteht, wäre erst mal an Hand echter Daten zu veranschaulichen. Selbst wenn tatsächlich ein Defizit existieren sollte, das nicht durch bestehende Anlagen gedeckt werden kann, ist die Frage berechtigt, in wie weit Windräder in Ost- oder Norddeutschland zum jeweils fraglichen Zeitpunkt auch genug Wind produzieren um zusätzlich Strom nach Bayern und Süddeutschland liefern zu können. Doch noch vor allem steht jedoch die Prüfung, welche Potentiale an generativer Erzeugung in Bayern und Süddeutschland noch unerschlossen sind, um diese Bedarfe mit heimischer Erzeugung zu decken. Da im Zuge des Ausbaus der Elektromobilität, zur Netzstabilisierung, zur Last- und Leistungsspitzenkappung und für zeitliche Lastverschiebung sowieso Batteriespeicher gebaut werden müssen, sollten diese Defizite zunächst lokal gedeckt werden. Auch bestehende fossile Kraftwerke sollten dafür zum Einsatz kommen, falls tatsächlich Engpässe entstehen.

Schließlich gilt es zu Bedenken: 6 ct/kWh oder 7 ct/kWh Windstrom plus Netzentgelt für den Transport plus Verlustleistung sind mit PV und Speichern, die sich auch aus anderen Leistungen heraus finanzieren, fair zu vergleichen. Für die Umsetzung einer echten Energiewende ist dabei allein die Möglichkeit der Versorgung Bayerns oder Süddeutschlands mit Braunkohlestrom kontraindikativ und zu vermeiden.

Letztens ist es geboten, die behaupteten Engpässe auch mit transparenten Zahlen an Hand realer Lastgänge zu belegen und sie nicht einfach nur zu behaupten. Zumindest hat die Bundesnetzagentur der Feststellung, dass für die Versorgungssicherheit in Bayern über die Thüringer Strombrücke hinaus keine Stromautobahnen bis 2024 benötigt werden, nicht widersprochen.

Dazu ein paar Zahlen und Daten zum Nachdenken:

Lastabruf in Bayern 5,5 bis 12 GW

Vorhandene Leistung in Bayern: 27,6 GW

Wind und PV: 11,8 GW

Ohne PV und Wind: 15,8 GW

Davon AKW: 5,3 GW

Bedeutet 10,3 GW Erzeugungspotential und erzeugbarer Strom bei Volllast (8.000 VBH) 82.400 TWh

Stromverbrauch in Bayern 2014 92.400 TWh. (mit AKW, PV und Wind).

Die 10 TWH mehr schafft die PV mit über 1.000 kWh a / KW in etwa. Der erzeugte Windstrom und der gesamte Atomstrom können bilanziell derzeit exportiert werden.

(Quelle:http://www.energymap.info/energieregionen/DE/105/111.html)

Über die eigentliche Stromerzeugung im Land gibt es natürlich keine Zahlen, da die Erzeugung ja dem Verbrauch laufend angepasst wird. Dennoch zeigen die Zahlen, dass von einer Unterdeckung oder echten Engpässen derzeit nicht gesprochen werden kann, da das Erzeugungspotential auch ohne AKW ausreichend groß ist. Der Netzausbaubedarf ist insoweit für Bayern theoretisch und schlicht Wunschdenken von Finanzinvestoren und Politikern, die das Problem des notwendigen Kohleaustiegs verlagern wollen. Für Süddeutschland wäre das eigens zu betrachten. Das System ist ohne AKW ziemlich ausgereizt, die Devise kann für Bayern aber nur lauten: Forcierter Zubau der generativen Erzeugung plus Aufbau einer nennenswerten Speicherinfrastruktur statt Stromtrassen und unrentablen Gaskraftwerken.

Theoretische Leistungslücke Bayern: 1,7 GW. 12,2 GW Wind und PV bieten bei 1.000 VBH PV und 1.200 VBH Wind umgerechnet 1,4 GW PV-Dauerleistung und 0,3 GW Wind Dauerleistung, zusammen also 1,7 GW zählbare Leistung.

Bedeutet: Mindestens 1,7 GW Speicherleistung in Bayern errichten und das Problem der Versorgung aus Bestand ist geregelt. Diese Speicher sollten in der Lage sein, bis 2022 ca. 10 TWh Kapazität zu fassen. Insgesamt sollte Bayern 35 TWH Speicherkapazität aufbauen.

Das noch nicht erschlossene Potential an PV (ohne Freiflächen) und Windkraft in Bayern liegt aktuell geschätzt bei 120 GW PV und 35 GW Windkraft. Mehr als genug, um das Land vollständig zu versorgen. Ohne Trassen und Stromautobahnen.

(Quellen Bundesnetzagentur, Kraftwerksliste 2014 und Kraftwerksliste 2014)

Der Abschnitt adressiert korrekt, dass der Ausbau an Windkraft im Norden und Osten der BRD und nicht in Bayern oder Süddeutschland stattfindet. Deshalb sollte Bayern vordringlich auf den Ausbau von PV und Wind setzen.

Der Stromhandel unterstellt ein Netz ohne Engpässe.

Der Stromhandel geht innerhalb einer Preis- bzw. Gebotszone (z. B. Deutschland/Österreich) von einem engpassfreien Netz aus. Durch diese Annahme sollen möglichst viele Erzeuger und Verbraucher am selben Markt und mit einem einheitlichen Preis handeln können. Ziel ist eine hohe Liquidität und Transparenz des Handels. Gleichzeitig sollen große Anbieter weniger Macht über das Marktergebnis haben. Bei gekoppelten Märkten werden die Netzengpässe zwischen den Gebotszonen (z. B. zwischen Deutschland/Österreich und Frankreich) berücksichtigt (siehe Kapitel 1.1). Die Preisfindung über die Gebotszonen hinweg führt dazu, dass die verfügbaren Grenkuppelkapazitäten effizient genutzt werden.

Redispatch ermöglicht einen sicheren Netzbetrieb auch bei Netzengpässen, verursacht jedoch zusätzliche Kosten.

Bestehen Netzengpässe innerhalb eines Marktgebietes, wird Redispatch angewendet (siehe Kapitel 2). Dabei werden konventionelle und erneuerbare Erzeugungsanlagen vor dem Netzengpass abgeregelt und Anlagen hinter dem Netzengpass hochgefahren. 2012 waren 2,6 TWh konventionelle Erzeugung und 0,4 TWh erneuerbare Erzeugung von diesen Maßnahmen betroffen (Monitoringbericht BnetzA 2013). Da der Redispatch zu einem weniger effizienten Einsatz der Erzeugungsanlagen führt, kann er den Netzausbau nicht ersetzen.

Das probate Mittel des Redispatch wird auch weiterhin so lange notwendig bleiben, bis eine ausreichende und vollautomatisierte Speicherinfrastruktur geschaffen wurde. Den derzeit favorisierten Netzausbau kann der Redispatch natürlich nicht ersetzen, die Speicherinfrastruktur jedoch tut dies mit Sicherheit.

Entschädigungen für Erzeugungsmanagement vermeiden negative Auswirkungen der Netzengpässe auf den Strommarkt.

Die Betreiber der abgeregelten konventionellen und erneuerbaren Anlagen werden ebenso wie die der hochgefahrenen konventionellen Anlagen von den Netzbetreibern finanziell kompensiert. Die Kosten werden über die Netzentgelte an die Stromkunden weitergereicht. Dies ist beim Ansatz einer einheitlichen Preiszone wichtig, damit der Stromhandel nicht verzerrt wird. Anlagen an netztechnisch günstigen Standorten werden häufiger gedrosselt, andere selten oder nie. Ohne Kompensation würden Investoren das Risiko für Abschaltungen tragen. Dies würde die Kosten für konventionelle und erneuerbare Erzeugung erhöhen. Aus Sicht der Systemsicherheit ist es erforderlich, dass die Netzbetreiber weiterhin frei entscheiden können, welche Anlagen sie in welcher Reihenfolge abregeln oder hochfahren. Eine solche Ungleichbehandlung ist akzeptabel, wenn die wirtschaftlichen Folgen für alle Anlagen angemessen kompensiert werden.

Diese Entschädigungen sind richtig, da Verzicht immer auch einen Preis hat. Die Mittel sollten aber sinnvoller Weise ebenfalls zum Aufbau einer Speicherinfrastruktur genutzt werden.

Reservekraftwerke gewährleisten ausreichend Redispatch-Kapazitäten

Die Netzreserve stellt in der Übergangsphase bis zum erfolgreichen Netzausbau ein ausreichendes Potential für den Redispatch sicher.

In der Netzreserve werden Kraftwerke außerhalb des Strommarkts gebunden. Für den Redispatch bedarf es ausreichender Erzeugungskapazitäten, die im Bedarfsfall „hinter dem Engpass“ hoch gefahren werden können. Wenn hierfür regional nicht mehr ausreichend im Markt aktive Kraftwerke zur Verfügung stehen, müssen die benötigten Kapazitäten in Form von Reservekraftwerken gesichert werden. Diese stehen für Redispatch zur Verfügung und gewährleisten die Systemsicherheit. Dabei ist weiterhin die technische Verfügbarkeit der Reservekraftwerke selbst sowie der zur Strom- erzeugung notwendigen Brennstoffe – insbesondere Gas – mitzudenken.

Auch diese Rolle sollten Speicher übernehmen und keine Reservekraftwerke mehr. Damit kann mit dem Speicherausbau der Rückbau der schlechtesten Verbrennungstechnologien beginnen. Dreh- und Angelpunkt eines neuen Strommarktes ist das Marktsegment „Speicherung und Transport“. Die Notwendigkeit der technischen Verfügbarkeit von Reservekraftwerken und von Gas entfällt damit. Ein weiterer Schritt weg von fossiler Erzeugung und ein weiterer Schritt hin zu lokaler Wertschöpfung.

Erst der Netzausbau macht die Netzreserve überflüssig.

In den kommenden acht Jahren soll der gesetzlich festgelegte Netzausbau erfolgen. Dieser wird die Netzreserve überflüssig machen. Die Fertigstellung zentraler EnLAG-Projekte wird die Situation vorübergehend entspannen. Im genannten Zeitraum erfolgt aber auch die Stilllegung von weiteren Kernkraftwerken in Süddeutschland und der Ausbau von Windkraftanlagen nördlich der Netzengpässe wird voranschreiten. Zudem werden voraussichtlich weitere fossile Kraftwerke in Süddeutschland stillgelegt. Die jährlich durchzuführenden Systemanalysen der Übertragungsnetzbetreiber zeigen daher erwartungsgemäß für die kommenden Winter einen steigenden Redispatch-Bedarf, der nur mit Reservekraftwerken der Netzreserve gedeckt werden kann.

Die Reservekraftwerke sind noch da. Und bleiben so lange da, bis eine ausreichende Speicherinfrastruktur und ausreichend generative Stromerzeugung aufgebaut sind. Nur so lässt sich eine echte Energiewende erfolgreich beginnen und umsetzen. Die Netzreserve wird erst durch Speicher wirklich überflüssig, denn der Netzausbau kann zwei Dinge nicht sicherstellen:

1. Dass Bayern und Süddeutschland komplett mit Windstrom aus Ostdeutschland und Norddeutschland versorgt werden.

2. Dass dieser Strom immer dann zur Verfügung steht, wenn er gebraucht wird. Die Frage der zeitlichen Übereinstimmung wurde bisher nie angeschnitten.

Das bedeutet wiederum zwei Dinge:

1. dass nach dem Netzausbau der nächste Netzausbau kommen muss, um die zeitlichen Lücken zu schließen.

2. dass auf unabsehbare Zeit hinaus Kohlestrom gesetzter Player in der Stromerzeugung bleiben wird.

Und das kann niemand wollen der verantwortungsvolle Politik für die Bürger und die Nachwelt machen will.

Ebenso ist die „voraussichtliche Stilllegung“ weiterer fossiler Kraftwerk ein Bayern und Süddeutschland keine gesicherte Grundlage für den tatsächlichen Bedarf an Stromtrassen. Da stellt sich eher die Frage, welcher Umstand der Treiber für den anderen werden soll.

Weitere Redispatchpotentiale können den Bedarf an Netzreserve minimieren.

Um Redispatchpotentiale außerhalb der Netzreserve zu erschließen, könnten beispielsweise bestehende Netzersatzanlagen mit Steuer- ungstechnik ausgestattet werden. Dies hätte zugleich den Vorteil, dass die Anlagen zukünftig auch für die Regelleistung oder die Deckung der Spitzenlast zur Verfügung stünden. Schon heute erfüllen einige Netzersatzanlagen wie zum Beispiel Notstromaggregate die technischen Anforderungen der Regelleistungsmärkte und stellen zuverlässig Regelleistung bereit. Netzbetreiber und Bundesnetzagentur erfassen derzeit das verfügbare Potential.

Das sind dann immer noch fossile Verbrennertechnologien. Gerade diese Aufgabe können Batteriespeicher sinnvoller und insgesamt nutzbringender erfüllen. Trotzdem steht der Nachrüstung bestehender Generatoren nichts entgegen, solange dem Aufbau einer Speicherinfrastruktur dadurch keine Verzögerungen widerfährt.

Für den Zeitraum bis ca. 2022 sollte die Reservekraftwerksverordnung verlängert und gleichzeitig reformiert werden.

Bis Netze in ausreichendem Maße ausgebaut sind, ist die Netzreserve als Übergangsinstrument erforderlich. Sie kann Teil einer regional differenzierten Kapazitätsreserve werden (siehe Kapitel 9). Mit Blick auf den endgültigen Ausstieg aus der Kernenergie im Jahr 2022 sind weiter in die Zukunft gerichtete Netzberechnungen der Übertragungsnetzbetreiber notwendig, um bei einem möglichen Bedarf rechtzeitig erforderliche Maßnahmen einleiten zu können.

An Stelle weiterer in die Zukunft gerichteter Netzberechnungen auf Basis veralteter Ansätze und Prämissen wäre zunächst eine vollkommen neue Bedarfsermittlung an Hand real gemessener Lasten erforderlich. Bis 2022 sollte dagegen der Auf- und Ausbau einer umfassenden Speicherinfrastruktur bereits in geregelten, langfristig gesicherten Bahnen ablaufen, um den Ausbau auf 100 % generative heimische Stromerzeugung sicherzustellen. In 2022 bei Bedarf Maßnahmen einleiten zu können ist angesichts einer nahezu vollständigen Abhängigkeit von fossilen Ressourcen und Importen politisch fahrlässig. Es gibt keine Garantie, dass wir unseren hohen Lebensstandard über unsere Exportwirtschaft mittel- oder gar langfristig aufrecht erhalten können. Das bedeutet, wir wissen noch nicht, was uns Öl, Kohle und Gas in 2024 kost

Nächste Schritte

Das BMWi novelliert die Reservekraftwerksverordnung oder löst sie durch eine regional differenzierte Kapazitätsreserve ab (siehe Kapitel 9).

Das BMWi prüft, ob Netzersatzanlagen für den Redispatch aktivierbar sind, um den Netzreservebedarf zu verringern.

5.3 Systemdienstleistungen mit weniger Mindesterzeugung bereitstellen

Systemdienstleistungen müssen stets sicher zur Verfügung stehen.

Um eine hohe Zuverlässigkeit und Sicherheit bei der Stromübertragung und -verteilung zu gewährleisten, ist die permanente und ausreichende Bereitstellung von Systemdienstleistungen notwendig: Frequenzhaltung wird u. a. durch Regelleistung, Momentanreserve und abschaltbare Lasten gesichert. Für die Spannungshaltung wird Blindleistung benötigt. Um die Versorgung jederzeit wieder aufbauen zu können, sind schwarzstartfähige Erzeuger nötig, d. h. Erzeuger, die zum Beispiel nach einem Stromausfall ohne Unterstützung des Stromnetzes angefahren werden können. Zudem müssen die Netzbetreiber den Netzwiederaufbau koordinieren können. Die Netzbetriebsführung umschreibt unter anderem die Koordination und Durchführung von Erzeugungsmanagement und Systemdienstleistungen.

Bei den Systemdienstleistungen besteht Handlungsbedarf.

Bedarf und Bereitstellungsmöglichkeiten verändern sich. Grund dafür sind zukünftig kürzere marktbasierte Einsatzzeiten konventioneller Kraftwerke, zunehmende Netzauslastung und steigende Transportentfernungen. Alternative Lösungen gewinnen an Bedeutung. Die erforderlichen Umstellungen und Prozesse sind rechtzeitig anzustoßen, um die Mindesterzeugung effizient zu senken und die Systemstabilität zu wahren.

An der Stelle ist es wünschenswert, dass auch die BnetzA, das BMWi und die Politik sich dem umfassenden Einsatz von Speichern nicht länger verschließen. Kraftwerke auf Basis von Verbrennungstechnologie oder Kernkraft sind nicht die einzigen technischen Möglichkeiten, die erforderlichen Leistungen bereit zu stellen und erst recht nicht die effizientesten. Speichertechnologien verdienen mindestens eine gleichwertige Behandlung.

Systemdienstleistungen werden zunehmend durch alternative Techniken und erneuerbare Energien bereitgestellt.

Aktuell werden Systemdienstleistungen vor allem durch konventionelle Kraftwerke erbracht. Mittelfristig wird es insbesondere für die Situationen mit geringer Residuallast wichtiger, dass Systemdienstleistungen nicht von der Erzeugung in konventionellen Kraftwerken abhängen. Dies senkt die Mindesterzeugung und minimiert sowohl Kosten durch Abregelung erneuerbarer Energien als auch Emissionen durch Nutzung fossiler Brennstoffe (siehe Kapitel 1).

Richtig. Und genau dort ist eine der ersten sinnvollen und nützlichen Anwendungen für den Aufbau eines integrierten Speicherparks gegeben. Diesen Ansatz gilt es aufzugreifen und zu nutzen.

Technische Alternativen sind verfügbar oder befinden sich in der Erprobung.

Der Übergang muss stufenweise sowie technisch, regulatorisch und wirtschaftlich sinnvoll gestaltet werden. Systemdienstleistungen sind höchst relevant für die Systemsicherheit. Ihr Einsatz ist technisch komplex. Neue Systemdienstleistungstechniken müssen schrittweise und behutsam in die Netzbetriebsführung und in die technischen Regelwerke eingeführt werden.

Diese Darstellung entspricht einem Kenntnisstand, der aktuell zwei Jahre hinter der technischen Entwicklung her hängt. Die notwendigen Technologien vom Speicher über die Laderegelungen und Wechselrichter sind bereits vollständig verfügbar. Möglicherweise nicht von den großen, bekannten Playern am Markt, aber verfügbar, technisch ausgereift und sicher. Sie werden sogar bereits eingesetzt. Jetzt auf den althergebrachten Technologien und Strukturen zu beharren, würde Deutschland Bayern und Österreich auf Jahrzehnte hinaus in der Welt der fossilen Technologien einzementieren, da der Ausbau der generativen Stromerzeugung weiterhin ausgebremst werden müsste. Just in dem Moment, in dem jeder mit einem Minimum an Vernunft begabte Mensch die Chance hat, zu erkennen, dass die generativen Erzeuger PV und Wind die vernünftigste Erzeugungsmethode sind.

Herausforderungen bestehen dabei auf allen Feldern der Systemdienstleistungen. Die Herausforderungen der Regelleistungsmärkte
werden in Kapitel 4.1 beschrieben. Alle anderen Systemdienstleistungen werden bisher nicht auf Basis von Märkten bereitgestellt, sondern auf Basis regulatorischer Vorgaben und bilateraler Verträge der Netzbetreiber mit den Anlagenbetreibern. Dabei werden in den kommenden Jahren folgende Herausforderungen gesehen:

Dieses System sollte im Stile der Anreizregulierung beibehalten und auf den Betrieb von Speichern ausgedehnt werden, um der Speichertechnologie vergleichbare wirtschaftiche Sicherheit zu gewährleisten.

Frequenzstabilität: Für die Bereitstellung von Regelleistung bestehen technisch ausreichend Flexibilitätsoptionen (siehe dazu Kapitel 3.1 und 4.2). Zugleich müssen die Herausforderungen aus älteren Netzanschlussbedingungen gelöst werden. Derzeit trennen sich dezentrale Erzeugungsanlagen bei einer kritischen Netzfrequenz automatisch vom Netz („50,2 Hz“ und „49,5 Hz“). Da in einem solchen Fall eine Vielzahl von Anlagen gleichzeitig betroffen ist, kann es zu einem abrupten Leistungsausfall kommen, der die Systemstabilität erheblich gefährden kann. Aus diesem Grund müssen die betroffenen Bestandsanlagen nachgerüstet werden. In einem ersten Schritt wurde mit der am 26. Juni 2012 in Kraft getretenen Systemstabilitätsverordnung die Nachrüstung von Photovoltaikanlagen geregelt. In einem zweiten Schritt muss nun die Nachrüstung betroffener Windenergie, fester Biomasse-, Kraft-Wärme-Kopplungs-, EEG-Gas-, flüssiger Biobrennstoff- und kleiner Wasserkraftanlagen erfolgen. Es ist zu klären, inwieweit die bisher aus den rotierenden Massen der Generatoren erbrachte Momentanreserve durch Energiespeicher oder Photovoltaik-Anlagen mit Umrichtern ersetzt werden kann. Die entsprechenden Potentiale sowie der für die Systemstabilität erforderliche Umfang sollen in den nächsten Jahren ermittelt werden. Alternativ können auch Phasenschiebergeneratoren eingesetzt werden.

Dieser Schritt ist unverzüglich voranzustellen, konsequent anzugehen und darf keinesfalls auf die nächsten Jahre verschoben werden, denn er ist systemrelevant und entscheidet für Jahrzehnte über den Fortschritt beim der Energiewende und beim Beitrag zum Abbremsen des Klimawandels. Die Speicher gehören an erster Stelle direkt zwischen den Erzeugern und ihren Einspeisepunkten errichtet, um die Schwankungen bei der Erzeugung schon mal abzufangen. Die Technologien sind wie mitgeteilt bereits ausgereift und erhältlich.

Spannungshaltung:

Auf Übertragungsnetzebene können Umrichterstationen der geplanten HGÜ-Trassen Blindleistung einspeisen. Alternativ können Kompensationsanlagen (z. B. sog. FACTS) oder Phasenschiebergeneratoren eingesetzt werden. Aktives Blindleistungsmanagement in Verteilernetzen kann den Austausch zwischen Übertragungs- und Verteilernetz optimieren. Die europäischen Netzkodizes fordern ohnehin Blindleistungsaustausch zwischen den Netzebenen. Alternative Blindleistungsquellen aus dezentralen Erzeugungsanlagen, insbesondere durch größere Wind- und Solarparks, müssen verstärkt genutzt und weiterentwickelt werden. Für die technisch und wirtschaftlich sinnvolle Bereitstellung von Blindleistung müssen neue Konzepte erarbeitet und umgesetzt werden. Das BMWi unterstützt die Übertragungsnetzbetreiber bei der Entwicklung und Umsetzung neuer Konzepte.

Genau deshalb ist eine gleichberechtigte Implementierung aller Speichertechnologien in die Netzentgeltabrechnungen erforderlich. Auf diesem Weg werden Investoren und Anwender sich der Errichtung von Speichern mit der gleichen Aufmerksamkeit zuwenden, die bisher nur auf Netze und Stromtrassen fixiert sind. Deshalb sollte das BMWi auf einseitige Förderungen nur der Übertragungsnetzbetreiber verzichten und gleiche Bedingungen für alle schaffen.

Versorgungswiederaufbau:

Auch die bestehenden Konzepte für Systemwiederherstellung bei Versorgungsunterbrechungen müssen kontinuierlich angepasst werden. Dezentrale Erzeugungsanlagen müssen während des Wiederaufbaus ansteuerbar sein.

Ausreichend große Speicher an neuralgischen Versorgungspunkten und bei kritischen Endverbrauchern erfüllen diese Aufgabe ebenfalls.

Betriebsführung:

Konzepte zur Netzbetriebsführung müssen kontinuierlich an die ständig steigenden Steuerungs- und Koor-dinationsanforderungen angepasst werden.

Auch an dieser Stelle sind die elektronischen Komponenten von Batteriespeichern jederzeit in der Lage, diese Leistungen vollautomatisch zu erbringen. Durch scannen und automatisches reagieren auf Veränderungen reduziert sich der menschlich zu erbringende Aufwand enorm.

Nächste Schritte

Im Rahmen der Plattform Energienetze und der Plattform Strommarkt begleitet das BMWi die kontinuierliche Weiterentwicklung der Systemdienstleistungen.

Das BMWi begleitet den von der Deutschen Energie-Agentur (dena) unter Stakeholderbeteiligung geführten Prozess zur „Roadmap Systemdienstleistungen 2030“.

Auf Basis der Ergebnisse der oben genannten Prozesse passt das BMWi gemeinsam mit der Bundesnetzagentur kontinuierlich den regulatorischen Rahmen an.

Das BMWi und die Bundesnetzagentur begleiten das Forum Netztechnik / Netzbetrieb im VDE (FNN) bei der Umsetzung der europäischen Netzkodizes.

Das BMWi legt eine geänderte Systemstabilitätsverordnung vor, um die Systemgefährdung durch die Frequenzschutzeinstellungen dezentraler Erzeugungsanlagen zu beseitigen („49,5-Hertz-Problem“).

Kapitel 6:

Einheitliche Preiszone erhalten

Heute ermöglicht ein einheitliches Marktgebiet – auch „einheitliche Preiszone“ oder „einheitliche Gebotszone“ genannt – gleiche Groß- handelspreise für Strom in ganz Deutschland (6.1). Voraussetzung dafür, dass die einheitliche Preiszone erhalten bleibt, ist der Netzausbau (6.2).

Eine Fehlinterpretation: Der Netzausbau würde zwar eine einheitliche Preiszone erhalten und zementieren, aber nicht erst schaffen. Darüber hinaus behindert eine erzwungene Einheitlichkeit der Preise den Wettbewerb zwischen den verschiedenen Erzeugungsarten und den Ausstieg aus der fossilen Verbrennung, vor allem, wenn die fossilen Technologien weiterhin von den enormen Vergünstigungen und Subventionen profitieren, die sie aktuell genießen. Schlimmer noch: Kämen wunschgemäß z. B. der französische und belgische Markt bald hinzu, wäre die Tür für importierten Atomstrom offen, der auf Grund der massiven staatlichen Subventionen der Vergangenheit dort heute noch extrem günstig produziert wird. Außerdem ist der Blick auf die Großhandelspreise zu einseitig, da er die Realität der Verbraucher ausblendet, die heute mit Preisunterschieden von 30 % allein im Gebiet der BRD konfrontiert sind.

6.1 Heute sind einheitliche Großhandelspreise für Strom in ganz Deutschland möglich

Heute ist Deutschland gemeinsam mit Österreich für den
Stromhandel ein einheitliches Marktgebiet.

Dieses einheitliche Marktgebiet – auch „einheitliche Preiszone“ oder „einheitliche Gebotszone“ genannt –, ist die Grundlage dafür, dass sich deutschlandweit und in Österreich die gleichen Großhandelspreise für Strom bilden. Marktteilnehmer können Strom in ganz Deutschland zu einheitlichen Großhandelspreisen kaufen und verkaufen. Die Netze sollen dann die entsprechenden Strommengen von den Erzeugern zu den Verbrauchern transportieren.

Wobei eine Neuordnung der Netzentgelte mit Aufteilung auf Erzeuger und Kunde diese einheitliche Preiszone konterkarieren würde. Falls nicht, dann werden dadurch Investitionen in lokale Wertschöpfung und dezentrale Erzeugung durch verbilligten fossilen und atomaren Strom ausgebremst. Das Konzept und das Argument erweisen sich folglich als wenig stichhaltig. Wo liegt der Vorteil für den Endverbraucher?

Einheitliche Großhandelspreise in ganz Deutschland sind nur deswegen möglich, weil regionale Netzengpässe als Übergangsproblem angesehen werden.

Derzeit reichen die Netzkapazitäten in der Mitte Deutschlands zeitweise nicht aus, um den am Strommarkt gehandelten Strom aus den Erzeugungszentren im Norden und Osten zu den Lastzentren in den Süden Deutschlands oder nach Südeuropa zu transportieren. Es bestehen in diesen Situationen Netzengpässe (siehe Kapitel 1.6 und 5.2). Das heißt, das Netz ist ohne Ausbaumaßnahmen nicht in der Lage, den Strom in allen Stunden von den Erzeugungsanlagen dorthin zu bringen, wohin er verkauft wurde. Die einheitliche Preiszone unterstellt ein engpassfreies Netz. Die Stromhandelsgeschäfte werden abgewickelt, ohne die Netzengpässe abzubilden.

Dass die Netzengpässe lediglich mehr auf theoretischen Annahmen als auf realen Messergebnissen beruhen, wurde bereits gezeigt. Vor allem wurde weder der weitere Ausbau generativer Stromerzeugung noch der Aufbau von Speicherkapazitäten ins Kalkül einbezogen. Und eines übersieht diese These aus dem Reich der Krämerseelen: Eine unveränderbare technische Bedingung: Der Elektrizität ist vollkommen egal, wo sie erzeugt wurde und wer sie kauft. Strom interessiert sich nicht für Märkte und Handel. Er fließt den Weg des geringsten Widerstands, also der Regel den kürzesten Weg. Unter diesem Aspekt ist die Idee Ferntransport des jeweils billigsten Stroms absurd.

Netzengpässe lassen sich in begrenztem Umfang durch gezielte Eingriffe der Netzbetreiber (Redispatch) beheben, verursachen jedoch Kosten.

Damit den Stromhandelsgeschäften eine physikalische Stromlieferung folgen kann, müssen die Netzengpässe durch Ersatzmaßnahmen behoben werden. Man spricht hier von Redispatch-Maßnahmen (siehe Kapitel 1.6). Netzbetreiber weisen Stromerzeuger vor dem erwarteten Netzengpass an, die Erzeugung in ihren Anlagen zu drosseln. Hinter dem Netzengpass werden Kraftwerke hochgefahren, um die gedrosselte Stromproduktion in gleicher Leistung zu ersetzen. Dieses Verfahren gewährleistet derzeit einen sicheren Netzbetrieb, stößt aber bei sich verschärfenden Netzengpässen an Grenzen.

Wie bereits gezeigt, ist die Annahme einer Verschärfung von Netzengpässen auf unvollständiger Betrachtung aufgebaut. Sie berücksichtigt einen Ist-Zustand, der erstens bereits veraltet (bisher nicht überarbeitete Standardlastprofile) ist, die technologischen Entwicklungen (Speicher, WKA und PV mit höherer Volllaststundenzahl) nicht berücksichtigt und vor allem die Fähigkeit von Speichern zur Bereitstellung von Regelleistung nicht erfasst.

6.2 Der Netzausbau ist die Voraussetzung für den Erhalt der einheitlichen Preiszone

Bei umfangreichen Netzengpässen ist eine einheitliche Preiszone nicht möglich.

Ab einer bestimmten Intensität, d. h. Umfang und Häufigkeit, lassen sich Netzengpässe durch Redispatch-Maßnahmen nicht mehr versorgungssicher und effizient auflösen. Denn jeder Eingriff in den Netzbetrieb steigert das Risiko von Fehlern, insbesondere bei einer hohen Zahl von gleichzeitigen Redispatch-Maßnahmen. Eingriffe führen zudem zu Ineffizienzen und höheren Stromerzeugungskosten. Die zusätzlichen Kosten für die Redispatch-Maßnahmen werden über die Netzentgelte auf die Stromverbraucher umgelegt. Schließlich müssen stets ausreichend Kraftwerkskapazitäten hinter dem Engpass, d. h. im Süden Deutschlands, für den Redispatch zur Verfügung stehen.

Der Vorteil einer einheitlichen Preiszone ist nicht hinreichend erklärt oder begründet. Welchen Vorteil sollte eine einheitliche Preiszone auch haben, wenn sämtliche Erzeugungsarten zu äußerst unterschiedlichen Preisen produzieren und obendrein die verschiedenen Erzeugungsarten auch noch unterschiedlich von einer Vielzahl von Subventionen bzw. von Preisregulierungen abhängen, die jede faire und transparente Vergleichbarkeit verhindern?

Der Netzausbau ist die Voraussetzung dafür, dass die einheitliche Preiszone, das heißt das einheitliche Marktgebiet, erhalten bleibt.

Nur ein gut ausgebautes Netz kann den Strom, wie er innerhalb der einheitlichen Preiszone gekauft und verkauft worden ist, auch tatsächlich vom (verkaufenden) Erzeuger zum (kaufenden) Verbraucher übertragen. Die Möglichkeit, den Strom versorgungssicher und effizient im Netz zu transportieren, ist die Voraussetzung für den Erhalt der einheitlichen Preiszone.

Für Umsetzung einer echten Energiewende – wir erinnern uns, es begann mit der Klimadebatte und wurde um den Atomausstieg erweitert – spielt dies erst mal keine Rolle. Denn das Ziel kann und wird nur sein: 100 % Strom aus generativer Erzeugung: PV, Wind und Wasser. Biomasse und Geothermie sind eine Nische, inzwischen nachweisbar deutlich teurer und Wasserstoff sowie Power-to-Gas sind Derivate aus generativem Strom. Allein deshalb deutlich teurer. Auch ein Netz kostet Geld und muss sich endlich einem fairen Wettbewerb mit den verschiedenen Speichertechnologien stellen. Schon allein um die Landschaft nicht noch weiter mit Strommasten zuzubauen, während Speicher keinerlei Vorzüge wie Netzentgelte, zum Beispiel eine regulierte und ausreichende Vergütung genießen.

Mit einem aufgespaltenen Marktgebiet würden die Großhandelspreise innerhalb Deutschlands auseinanderdriften.

In der nördlichen Preiszone würden die Großhandelspreise tendenziell sinken, in der südlichen Zone müsste mit steigenden Großhandelspreisen gerechnet werden. Damit verbunden wäre auch eine unterschiedliche Berechnung der EEG-Umlage im Norden und im Süden Deutschlands, denn die EEG-Umlage hängt von den Großhandelspreisen ab. Eine Aufspaltung der einheitlichen Gebotszone würde schließlich die Liquidität des Strommarktes verringern, Herausforderungen bei der Ausübung von Marktmacht mit sich bringen und erhebliche Umstellungskosten verursachen.

Die These von einer Aufspaltung des Marktgebiets ist nicht nachvollziehbar. Der Norden und der Süden Deutschlands sind durch Leitungen gut verbunden, lediglich Bayern hat derzeit wenige Verbindungen nach Deutschland. Ein physischer Austausch vom Strom ist deshalb ohnehin nicht durchgehend möglich. Von daher existiert noch gar keine wirklich einheitliche Marktzone. Der Handel mit Strom erfolgt indessen großteils über direkte Verträge und nur zu einem geringen Teil über die Leipziger Börse, selbst wenn diese die Preise gut abbildet. Der aktuell einheitliche Preis beruht allein auf den in etwa gleich hohen Produktionskosten von Atomstrom in Bayern und Süddeutschland und Braunkohlestrom in Ostdeutschland und Westdeutschland. Eine physikalische Vernetzung würde deshalb zwar den bayerischen und österreichischen Markt stärker für Strom aus Nord- und Ostdeutschland öffnen, was aber nicht automatisch oder zwangsläufig bessere Preise für Endverbraucher bedeutet. Die Berechnung der EEG-Umlage erfolgt nur virtuell auf Grund des Durchschnitts der ermittelten Börsenpreise im gesamten Land. Mit der tatsächlichen Lieferung hat dies nichts zu tun. Tatsächlich jedoch bedeutet eine physische Öffnung Bayerns für Strom vor allem aus Ostdeutschland einen verstärkten Absatz von Kohlestrom, der gegenüber bayerischen Gaskraftwerken derzeit konkur- renzlos billig ist, sofern Bayern seine möglichen Deckungslücken nicht durch Speicher und Zubau von PV und Windkraft schließt.

Kurz und Bündig. Bayern soll Atomstrom durch Braunkohlestrom ersetzen!

Eine auch physikalisch geschlossene Preiszone sollte daher erst angestrebt werden, sobald alle Potentiale für Windkraft und PV in allen am Markt teilnehmenden Ländern ausgeschöpft und die not-wendigen Bedarfe an Regelleistung, Spannungshaltung, Frequenz-haltung und Überbrückungszeiten ohne generative Erzeugung durch Speicher gesichert sind. Die politische Entscheidung, die jederzeit ansteht lautet: Weg von der Netzfixierung und statt dessen Aufbau einer Speicherinfrastruktur.

Nächster Schritt

Der Netzausbau einschließlich Ausbau der Grenzkuppelstellen mit vorrangigem Bedarf (Energieleitungsausbaugesetz, Bundesbe-darfsplangesetz) wird zügig realisiert.

Kapitel 7: Die europäische Kooperation intensivieren

Der Strommarkt ist europäisch. Schon lange wird Strom innerhalb des europäischen Verbunds intensiv gehandelt. Mittlerweile sind die europäischen Märkte sogar weitgehend miteinander gekoppelt (7.1).

Der Stromhandel macht das Stromsystem einerseits effizienter und verringert dabei den Bedarf an Erzeugungskapazitäten (7.2).

Anderseits erfordert er, Versorgungssicherheit nicht mehr als nationale Angelegenheit, sondern im europäischen Kontext zu denken (7.3).

7.1 Der Großhandelsmarkt für Strom ist europäisch

Der Stromhandel ist seit langem europäisch.

Die Integration der europäischen Strom- und Gasmärkte begann Mitte der 1990er Jahre mit dem ersten Binnenmarktpaket. Das zweite und das dritte Energiebinnenmarktpaket haben die Marktintegration verstärkt, die Aufgaben der nationalen Regulierungsbehörden spezifiziert und eine Agentur für die Zusammenarbeit der europäischen Energieregulierungsbehörden (ACER) geschaffen.

Der Stromaustausch innerhalb Europas besteht seit Beginn des europäischen Verbundsystems.

Schon vor der Liberalisierung der Strommärkte hatte der Stromaustausch eine ausgleichende Funktion zur Gewährleistung der Systemstabilität und damit der Versorgungssicherheit. Seitdem ist der marktgetriebene Stromaustausch kontinuierlich angestiegen.

Auch für den europäischen Strommarkt soll gelten, dass die Vernetzung durch Stromautobahnen, Trassen und Fernleitungen erst erfolgen soll, wenn alle Potentiale an generativer Erzeugung und Speicherung lokal und regional ausgebaut sind. Die Fixierung auf Netze als einzige technische Lösung wird ansonsten zu einer europaweiten Trassierungswelle führen um auch die letzte kWh hochsubventionierten Stroms aus fossiler Erzeugung möglichst lange in den letzten Winkel des Kontinents zu schicken.

Deutsche Unternehmen nehmen aktiv am Stromhandel teil.

Der Stromhandel in der zentral-westeuropäischen Region (CWE) ist stark ausgeprägt. Im Juni 2007 unterzeichneten Belgien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg und die Niederlande eine Absichtserklärung über die Kopplung ihrer Strommärkte. Im Jahr 2010 startete der gekoppelte Stromhandel („CWE Market Coupling“). Zu den Teilnehmern des Projektes gehören drei Strombörsen und sieben Netzbetreiber. Durch diese Marktkopplung kann die verfügbare grenzüberschreitende Kapazität effizienter genutzt werden. Dabei gleichen sich die Strompreise an, solange keine Netzengpässe vorliegen (siehe Kapitel 5).

Harmonisierungsmaßnahmen wie Netzkodizes europäisieren den Stromhandel.

Mit den europäisch definierten Netzkodizes sollen die Marktteilnehmer europaweit gleiche Rahmenbedingungen vorfinden. Die Netzkodizes schaffen insbesondere die Voraussetzungen für die alltägliche Durchführung des grenzüberschreitenden Stromhandels. Sie behandeln sowohl die Organisation des grenzüberschreitenden Kurzfristhandels als auch Fragen des langfristigen Handels und des grenzüberschreitenden Abrufs von Regelenergie.

Sobald eine ausreichend große Zahl dezentraler, lokal verteilter Speicher vorhanden ist, erledigt sich die Frage nach der Regelenergie. Gleichzeitig entsteht Kapazität für die Überbrückung sonnen- und windarmer Zeiten.

7.2 Der grenzüberschreitende Stromhandel senkt die Kosten im Gesamtsystem

Der europäische Stromhandel fördert den kosteneffizienten und umweltverträglichen Einsatz der Erzeuger und Verbraucher.

Mit dem europäischen Stromhandel können die großräumigen Aus-gleichseffekte und Effizienzgewinne bei der Last, bei erneuerbaren Energien und beim Einsatz von konventionellen Kraftwerken ge-nutzt werden. Beispielsweise tritt in Italien die jährliche Höchstlast im Sommer auf, da der Verbrauch von Klimaanlagen in diesen Mo-naten stark ansteigt. Die deutsche Höchstlast hingegen tritt in den Wintermonaten auf. Das bedeutet, dass die gemeinsame Höchstlast aufgrund dieser Ausgleichseffekte geringer ist als die Summe der nationalen Höchstlasten.

Das ist richtig, doch speziell in Ländern wie Italien ist Sommer wie Winter genug Sonnenenergie vorhanden, um mit geeigneter Technologie viel effektiver Kühlen und Heizen zu können, als zu diesem Zweck Braunkohlestrom von Ostdeutschland über Bayern nach Italien zu schicken.

Erste Analysen gehen von einer Größenordnung dieses Beitrags von elf bis 18 Gigawatt, allein zwischen Deutschland, seinen Nachbarländern und Italien, aus (r2b 2014).

Feuchte Träume von Großmachtsphantasien an Finanzmärkten

Der europäische Stromhandel wird jedoch durch die Verfügbarkeit der Übertragungskapazitäten zwischen den Märkten begrenzt.

Dezentrale Erzeugung braucht keinen Handel im Gigawattbereich. Auch für Nachbarländer und Italien gilt, dass das Ausschöpfen eigener generativer Potentiale plus Aufbau ausreichender Speichertechnologie zur Überbrückung der Ausfallzeiten vor Stromtrassen geht. Der Traum vom Verkauf von Braunkohlestrom aus Ostdeutschland nach Italien wird zum Alptraum der Bevölkerung aller Staaten, die den Strom durchleiten müssen.

Die europäische Vielfalt beim Ausbau erneuerbarer Energien verstärkt die Ausgleichseffekte.

Wenn fluktuierende erneuerbare Energien an verschiedenen Stand- orten und mit verschiedenen Technologien ausgebaut werden, glei-chen sich wetterbedingte Einspeiseschwankungen besser aus. Wenn an einem Standort wenig Wind weht, können Windanlagen oder auch andere Erneuerbare-Energien-Anlagen an anderen Standorten diese Flaute teilweise ausgleichen.

Teilweise. Was ist mit dem Rest? Auch deshalb ist es besser, den Bedarf über generative Erzeugung und Speicher zu decken und erst anschließend an den Aufbau eines Mega-Netzes zu gehen.

Davon profitieren alle EU-Staaten. Beispielsweise beträgt der Bei-trag von Windenergieanlagen zur gesicherten Leistung bei einer EU-weiten Berechnung rund 14 Prozent der gesamten installierten Windleistung (TradeWind 2009). Bei nationaler Berechnung für Deutschland liegt dieser Wert bei rund sieben Prozent. Durch die Ausgleichseffekte sinken der Bedarf für Kraftwerke und Speicher und damit die Kosten des Systems.

Soll das jetzt suggerieren, dass die Stromautobahnen nichts kosten? Um diese räumlichen Ausgleichseffekte mitzunehmen, soll also auf die zeitlichen Ausgleichseffekte von Speichern verzichtet werden, obwohl Speicher deutlich mehr systemdienliche Eigen-schaften aufweisen als Netze? Es ist unbedingt erforderlich, dass sich die Politik von diesem Denkansatz löst und das Ganze im rationalen Vergleich betrachtet. Dann wird klar: Erst Speicher, generative Erzeugung und Verteilnetz, dann Trassen. Auch die Speichertechnologien bieten genug Möglichkeiten für rentierliche Geschäftsmodelle.

Der Stromhandel beeinflusst sowohl die Kosten des Stromverbrauchs als auch die Einkommen der Erzeuger.

Strom wird dort produziert, wo gerade die niedrigsten Grenzkosten anfallen. Wenn Strom aus dem Ausland nach Deutschland importiert wird, profitieren die deutschen Stromverbraucher vom günstigen Strom im Ausland, während ein Teil der Stromerzeugung in Deutschland von der günstigen Konkurrenz im Ausland verdrängt wird.

Erst mal ist das falsch, denn es gilt nicht für generativen Strom. Weiter: Dieser Ansatz lässt vollkommen unerwähnt, dass auch Netze Geld kosten und die Investoren selbstverständlich daran verdienen wollen, vor allem seit Netze keine gesellschaftliche Hoheitsaufgabe mehr sind. Deshalb profitieren die Stromverbraucher in allen Teilnehmerländern nur scheinbar, denn die Kosten für Netze wachsen mit ihrer Komplexität und Reichweite immer weiter. Netzentgelte liegen heute schon zwischen 4 ct/kWh in der einen und 12 ct/kWh in anderen Regionen. Die verschiedenen Speichertechno-logien dagegen stehen erst am Anfang ihrer Entwicklung und ihre Kosten fallen. Abgesehen von dem Mehrfachnutzen, den Speicher zusätzlich haben: Reservekraftwerke sind nicht erforderlich, netzstabilisierende Systemdienstleistungen werden vollständig erbracht, die Versorgungssicherheit gewährleistet, die Abhängigkeit von Importen fossiler Ressourcen beendet und sie schaffen lokale Wertschöpfung vor Ort.

Wenn Strom in das Ausland exportiert wird, profitieren die ausländischen Stromverbraucher vom günstigen Strom in Deutschland, während deutsche Stromerzeuger zusätzliche Erlöse erzielen und dort teilweise die Konkurrenz verdrängen.

Dieser Ansatz klingt verlockend, doch stellt sich die Frage ob andere Länder auch bereit sind, sich deutschen Braunkohlestrom schicken zu lassen, wenn heimische Versorgung aus generativen Quellen möglich ist. Aus Sicht der Betroffenen: Wie würden wohl Deutsche es empfinden, wenn der Strom künftig aus französischen oder tschechischen Kernkraftwerken geliefert wird? Oder aus polnischen Kohlekraftwerken? Und wie empfinden es die „Deutschen“, wenn sie mit Ihren Netzentgelten auch noch die Trassen dafür bezahlen? Sicher kann der Wettbewerb mit Erzeugern im Ausland die Anstrengungen für effizientere Stromerzeugung fördern, doch inzwischen dürfte die Mehrheit verstanden haben, dass die bestimmende Größe beim Strompreis nicht mehr der Brennstoff sein wird, sondern der Preis und die Haltbarkeit der Technologie. Denn die generativen Erzeugungsarten haben offenbart, was die Hauptsätze der Thermodynamik wirtschaftlich bedeuten: Energie kann nicht verbraucht und auch nicht erzeugt werden, sie ist nicht endlich. Deshalb hat sie keinen Preis. Die Kosten sind stets nur umgelegter Aufwand zur Nutzbarmachung.

Deutschland hat zuletzt vom Stromaustausch profitiert.

Deutschland hat innerhalb der CWE-Region vergleichsweise niedrige Börsenstrompreise. 2013 lag der durchschnittliche Börsenpreis (Day-Ahead, Baseload) bei 37,8 Euro/MWh. In Frankreich lag der Vergleichspreis bei 43,2 Euro/MWh, in den Niederlanden bei 52,0 Euro/MWh.

Diese Aussage ist einerseits irreführend, da die besondere Konstellation des „Strommarkts“ in der BRD in keinem anderen Land existiert. Ein Vergleich der reinen Marktzahlen wäre nur zu gleichen Bedingungen statthaft. Dieser extrem niedrige Börsenpreis ist die direkte Folge des EEG. Denn das EEG hat erstens das Angebot an Strom vor allem tagsüber stark erhöht und zu Überschüssen geführt, zweitens die Anbieter fossiler und nuklearer Stromerzeugung durch seinen Einspeisevorrang und durch seinen faktischen Markteintrittspreis von 0 ct/kWh (EEG-Strom wird komplett außerhalb des Strommarkts durch eine Umlage On-Top finanziert, der „Markt“ bekommt ihn umsonst) in einen Preiswettbewerb gezwungen. Die anderen Erzeuger mussten nachziehen, um so viel wie möglich von ihrem Strom am Markt absetzen zu können. Strom hat als Produkt jedoch kein einziges zum Wettbewerb geeignetes Qualitätsmerkmal außer dem Preis. Die Folge war ein Preisverfall.

Bemerkenswert ist die hiermit amtliche Feststellung, dass der Strompreis unter dem des französischen Marktes liegt, während deutsche Wirtschaftsverbände nicht zu verkünden müde werden, dass die Konkurrenzsituation gerade mit Frankreich wegen des dort günstigeren Strompreises besonders herausfordernd wäre.

Die tatsächliche Problematik dieses Vergleichs liegt jedoch darin, dass diese niedrigen Strompreise ausschließlich auf Grund der üppigen Subventionen seit den 60er Jahren möglich sind. Diese rund 400 MRD Euro für Kohleverstromung und 220 MRD Euro für Kernenergieverstromung wirken sich bis heute preismindernd aus, wurden jedoch nie in die mit dem erzeugten Strom hergestellten Produkte eingepreist. Zusätzlich wurden diese Subventionen fortwährend in Phasen steigender öffentlicher Verschuldung gewährt, was den wirtschaftlichen Gegenwert dieser Subventionen nochmals deutlich erhöht. Mit anderen Worten: Den günstigen Strompreis – vor allem für ein paar hundert Industriebetriebe – bezahlt der Endverbraucher mit seinen Steuern und den Abgaben auf Strom, indem er über diese unwissentlich die fehlenden – um nicht zu sagen unterschlagenen – Anteile am Strompreis mit übernimmt. Das ist in anderen Ländern auch so, aber in der BRD besonders ausgeprägt. Wobei der Effekt im Vergleich zum Subventionsaufwand ziemlich gering ist. strompreise im Vergleich

Wie wird den Bürgern der BRD die Idee gefallen, nun auch noch den Strom für die Nachbarn zu subventionieren, nur um dort ein paar Mitbewerber zu verdrängen?

Das deutsche Stromangebot wird deshalb derzeit überdurchschnittlich stark zur Deckung der ausländischen Stromnachfrage herangezogen. Der Stromhandel eröffnet Erzeugern in Deutschland zusätzliche Absatzmöglichkeiten. Im Jahr 2013 flossen rund 72 TWh Strom aus Deutschland in die benachbarten Länder und rund 38 TWh von den Nachbarländern nach Deutschland. Die Stromexporte sind besonders hoch in Stunden mit geringer inländischer Nachfrage und hoher Stromproduktion aus Wind, Sonne, Braunkohle und Kernkraft. Ohne die Möglichkeit zum Stromexport müssten Kern- und Kohlekraftwerke und zukünftig auch Erneuerbare-Energien-Anlagen ihre Produktion stärker drosseln. Der Stromaustausch ist somit eine wichtige Flexibilitätsoption.

Der Stromaustausch mag eine Flexibilitätsoption sein, doch er ersetzt für die fossilen Erzeuger in erster Linie das an die EE-Erzeugung verloren gegangene Absatzpotential. EE-Anlagen, besonders Windkraftanlagen, werden trotz des Exports weiterhin abgeregelt. Mit dieser Argumentation soll lediglich die Lebensdauer der fossilen Erzeuger durch Vergrößerung des Absatzmarktes verlängert werden. Und bezahlen dürfen das die Endverbraucher im In- und Ausland über Netzentgelte, Steuern und Angaben. Genau deshalb ist es richtig und wichtig, den Auf- und Ausbau einer Speicherinfrastruktur den Vorrang vor den Netzphantasien der Investoren zu geben. Denn nur eine umfangreiche Speicherinfrastruktur ist in der Lage, der Umstellung auf 100% generative Stromerzeugung unumkehrbar den Weg zu bereiten.

Vergessen und verdrängt wird scheinbar immer, was der Fokus der Energiewende ursprünglich war: Ausstieg aus der Steinzeittechnologie fossiler Verbrennung. Der Atomausstieg kam erst mit Fukushima definitiv hinzu und hat die Herausforderung vergrößert. Das angebliche Zieldreieck, besser Zielquadrat mit den Schlagworten „Versorgungssicherheit“ und „Bezahlbarkeit“ wurde der Diskussion anschließend weitgehend unkritisch aufoktroyiert. Versorgungssicherheit besteht bereits zu einem zufriedenstellenden Grad. Sie kann also kein Ziel sein, sondern bestenfalls eine zu erhaltende Rahmenbedingung. Bezahlbarkeit als Ziel suggeriert, dass diese nicht möglich sein könnte oder derzeit nicht mehr gegeben ist. Fakt ist, dass die gesamte Erzeugung und Nutzung von Strom bereits seit langem bezahlbar ist und geleistet wird. Die Angst vor einer Verteuerung des Stroms ist verständlich, aber unbegründet. Denn die Endverbraucher und Steuerzahler bezahlen längst über ihre Steuern zusätzliche Summen für ihren bequem aus der Steckdose zu zapfenden Strom, die in der Größenordnung des Arbeitspreises liegen, den sie aus ihrer Rechnung ablesen können.

Eine grundlegende Markttransformation ist überfällig, denn das Modell der Markterweiterung des deutschen Modells auf andere europäische Länder wird an der Klugheit der europäischen Partner scheitern.

7.3 Versorgungssicherheit im europäischen Kontext stärken

Im europäischen Binnenmarkt für Strom sind in den kommenden Jahren ausreichend Erzeugungskapazitäten vorhanden.

Nach Angaben des aktuellen „Scenario Outlook and Adequacy Fore-cast“ (SOAF-Bericht) von ENTSO-E betragen die Überkapazitäten an gesicherter Leistung in Europa derzeit mindestens 100 Gigawatt (ENTSO-E 2014). Davon liegen rund 60 Gigawatt (sog. „RC-ARM“ und „spare capacity“) in dem für Deutschland relevanten Strom-marktgebiet, das näherungsweise als die Region bestehend aus Deutschland, seinen Nachbarn und Italien definiert werden kann. Auch für die nächsten Jahre sind hier erhebliche Überkapazitäten zu erwarten. Diese Kapazitäten können die regionale Versorgung ab-sichern und die Versorgungssicherheit in Deutschland erhöhen, so-weit Übertragungskapazitäten zur Verfügung stehen. Ebenso steht in einer (rein rechnerisch) nationalen Betrachtung in Deutschland mittelfristig mehr als ausreichend Kraftwerksleistung zur Verfüg-ung: Die Übertragungsnetzbetreiber weisen in ihrem aktuellen Bericht zur Leistungsbilanz für Deutschland für den Zeitraum 2014 bis 2017 eine „verbleibende Leistung“ von ca. 10 Gigawatt aus (ÜNB 2014). Diese Kapazität wird zur Lastdeckung in Deutschland nicht benötigt, sondern steht für Exporte zur Verfügung.

Versorgungssicherheit kann nur europäisch betrachtet werden.

Eine rein nationale Sicht auf Versorgungssicherheit ist mit dem Konzept eines europäischen Strommarktes nicht vereinbar (DIW 2014). Deutschland und andere EU-Mitgliedstaaten messen Versorgungssicherheit bislang vor allem anhand des statischen Ansatzes nationaler Leistungsbilanzen. Diese Vorgehensweise ist mit dem real existierenden Strombinnenmarkt wenig kompatibel und daher überarbeitungsbedürftig. Dies gilt auch, weil die Bedeutung dargebotsabhängiger erneuerbarer Energien und damit stochastisch verfügbarer Erzeugung wächst. Durch die großräumigen Ausgleichseffekte bei den Höchstlasten und dem Beitrag der erneuerbaren Energien zur gesicherten Leistung besteht im europäischen Binnenmarkt grundsätzlich ein geringerer Bedarf an Erzeugungskapazität, Lastmanagement und Speichern.

Nationale Konzepte sind genauso wenig zielführend wie ein zentralistisches Generalkonzept für ganz Europa. Einen europäischen Strommarkt mag es dereinst geben, aber besser nicht in der Form eines kontinentalen Handelssystems mit großen Akteuren und deren geballter Bestimmungsmacht. Statt dessen ist es nachhaltiger und für die Bevölkerung sinnvoller, den Strombedarf aus generativer Erzeugung in Kombination mit einem Speichersystem zu decken, statt den Strom weiträumig hin- und herzutransportieren. Generative Erzeugung ist dezentraler Natur. Konsequenterweise ist es nur logisch, die Last- und Leistungsveränderungen vor Ort ebenfalls mit Speichern vor Ort zu regulieren. Stromaustausch soll lokal und regional dort stattfinden, wo er notwendig und sinnvoll ist.

Das BMWi diskutiert mit Stakeholdern in Europa Verbesserungen beim Monitoring der Versorgungssicherheit.

Das Ministerium setzt sich für eine länderübergreifende Betrachtung der Versorgungssicherheit ein. Außerdem sollen die Regulierer neben konventionellen und erneuerbaren Erzeugungseinheiten zukünftig Flexibilitätsoptionen stärker berücksichtigen. Zu diesen Flexibilitätsoptionen gehören auch Lastmanagement und Netzersatzanlagen, welche einen Beitrag zur Synchronisierung leisten können.

Zusammenarbeit ist grundsätzlich sinnvoll. Doch für einen einheitlichen Markt ist es erforderlich, eine einheitliche Grundlage zu schaffen. Es können nur Länder zusammenarbeiten, die auch die gleichen Ziele haben. Und diese dürfen nur in dem konsequenten Umstieg auf generative Stromerzeugung bestehen. Den Vertretern der steinzeitlichen Verbrennungstechnologe muss klar gemacht werden, dass deren Zeit abgelaufen ist. Dieses Erbe unserer Vorfahren sollten wir mit gelegentlichen Kaminfeuern bewahren, aber nicht mehr in großtechnischem Maßstab anwenden. Dazu gehört auch auf die Tagesordnung der Bundesregierung, der atomaren Renaissance in manchen Ländern deren Unwirtschaftlichkeit lautstark entgegenzustellen.

Transnationale Effekte müssen berücksichtigt werden.

Deutschland, seine Nachbarstaaten und die Europäische Kommission haben erkannt, dass in einem europäischen Strombinnenmarkt gemeinsame Monitoringkonzepte nötig sind. Nur wenn transnationale Effekte berücksichtigt werden, kann die Versorgung langfristig kosteneffizient gesichert werden. Außer dem SOAF-Bericht bestehen bisher allerdings kaum grenzüberschreitende Herangehensweisen. Auf europäischer Ebene wird an einem gemeinsamen Vorgehen gearbeitet. Auf regionaler Ebene hat das BMWi einen Prozess angestoßen, dessen Ziel eine länderübergreifende Definition und mittelfristig ein gemeinsames Monitoring von Versorgungssicherheit mit den Nachbarländern ist. Dieser Prozess baut auf den Arbeiten des regionalen „Pentalateralen Energieforums“ auf. In diesem Forum sind neben Deutschland auch Österreich, die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Frankreich und als Beobachter die Schweiz vertreten.

Diese gemeinsamen Monitoringkonzepte sind nur nötig, solange an der Idee einer vernetzten, zentralistischen Struktur festgehalten wird. Eine dezentrale Struktur aus lokaler, generativer Erzeugung plus Speicherung erfordert deutlich weniger hierarchische Überwachung, mobilisiert mehr zivilgesellschaftliches Engagement und reduziert die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf lokale und regionale sinnvolle Projekte. Es gibt kein vernünftiges Argument für zentralisierte Großstrukturen und deshalb auch nicht für kontinentale Fernleitungsnetze und raumgreifenden Ausbau von Hochleistungsstromtrassen. Im Gegenteil brechen sich hier wohl eher Allmachtsphantasien und Gigantomanie Bahn.

Weitere Schritte sollen die Vollendung des Strombinnenmarktes vorantreiben.

Über ein gemeinsames Monitoringkonzept von Versorgungssicherheit hinaus bedarf es weiterer, zumindest regionaler Vereinbarungen. Unabhängig davon, für welches Strommarktdesign sich Deutschland, seine Nachbarländer oder andere EU-Mitgliedstaaten entscheiden, sollten beispielsweise gemeinsame Regeln geschaffen werden für Situationen, in denen in mehreren gekoppelten Strommärkten gleichzeitig relativ hohe Strompreise im Großhandel beobachtet werden.

Eine Rahmenvereinbarung zu regionaler und kommunaler Zusammenarbeit ist sicher eine vernünftige Idee. Dieses vorsichtige Zurückrudern des BMWi im Grünbuch bestätigt sämtliche weiter oben geäußerten Einschätzungen. Vor einem kontinentalen Markt steht eine gemeinsame Zielsetzung. Diese wird sehr wahrscheinlich daran scheitern, dass die letzten drei Bundesregierungen bei den Zielsetzungen und der Umsetzung der Energiewende mehrfach den Kurs gewechselt und vor den Interessen ihrer politischen Klientel kapituliert haben. Der Primat der Politik wurde in der Frage aufge-geben und die beiden Ziele der Energiewende verwässert und vorläufig aufgeschoben.

Wenn Kapazitätsmärkte eingeführt werden sollten, dann müssen sie zumindest europäisch koordiniert werden.

Dies ist besonders wichtig, wenn der Bedarf für zusätzliche natio-nale Erzeugungskapazitäten festgelegt wird. Es muss gemeinsam entschieden werden, wie ausländische Kapazitäten auf das nationale Versorgungssicherheitsniveau angerechnet werden und ob bzw. wie ausländische Kapazitäten Zugang zu den nationalen Mechanismen haben (siehe Kapitel 8.2).

Das wäre wichtig, wenn Kapazitätsmärkte sinnvoll wären. Dies ist jedoch nicht nachgewiesen und der Nachweis scheint auch nicht zu gelingen. Dazu gesellt sich die Frage, wie die Politik dazu kommt, Erzeugungskapazitäten festzulegen. Dieser Bedarf richtet sich nach Nachfrage und technischen Parametern, nicht nach dem Ermessen der Politik. Denn das wäre ein offenes Scheunentor für das leichtgemachte Abgreifen milliardenschwerer Subventionen und Renditegarantien für Finanzkonzerne.

Nächste Schritte

Das Pentalaterale Energieforum (DE, FR, AT, BENELUX, CH) vertieft die Zusammenarbeit der Länder im gemeinsamen Strommarkt, u. a. mittels eines Versorgungssicherheitsberichtes bis Ende 2014.

Das BMWi arbeitet beim Thema Versorgungssicherheit eng mit den Nachbarländern zusammen. Ein Follow-up zum ersten Treffen im Juli 2014 wird im November 2014 stattfinden. Ziele der Initiative sind: eine gemeinsame Definition von Versorgungssicherheit (einheitliche Methodik und Kenngröße), die Erstellung eines gemeinsamen Versorgungssicherheitsberichtes mit einem länderübergreifenden Monitoring und möglichst eine gemeinsame Gewährleistung von Versorgungssicherheit.

So lange es um den Erhalt der Versorgungssicherheit als Rahmenbedingung geht und der Aufbau einer Speicherinfrastruktur gleichberechtigt zum Netzausbau thematisiert wird, ist diese Zusammenarbeit sinnvoll.

Das BMWi unterstützt die Erarbeitung der Netzkodizes, z. B. im Rahmen von ENTSO-E und ACER Konsultationen sowie der mehrmals pro Jahr tagenden Electricity Coordination Group und des Ausschusses für den grenzüberschreitenden Stromhandel (Electricity Cross-Border Committee) der EU-Kommission.

Das BMWi und die Bundesnetzagentur passen den nationalen Rechtsrahmen an, um den deutschen Strommarkt weiter in den europäischen Strombinnenmarkt zu integrieren. Ein nächster Schritt ist die Umsetzung der Netzkodizes, z. B. durch Europäisierung der Intraday- und Regelenergiemärkte.

In Zusammenarbeit mit Nachbarländern erarbeitet das BMWi gemeinsame Regeln für den Umgang mit Situationen gleichzeitig hoher Strompreise.

Kapitel 8: Die Klimaschutzziele erreichen

Um mit steigenden Anteilen erneuerbarer Energien eine sichere, kosteneffiziente und umweltverträgliche Stromversorgung zu gewährleisten, sind für das Strommarktdesign die flankierenden Instrumente und regulatorischen Rahmenbedingungen von besonderer Bedeutung, die dazu beitragen, die Klimaschutzziele im Stromsektor zu erreichen. Denn umweltverträglicher Einsatz der Erzeuger und Verbraucher bedeutet insbesondere, die nationalen und europäischen Klimaziele zu erreichen. Hierfür müssen (auch) die CO2-Emissionen in der Stromerzeugung deutlich sinken. Die Reform des europäischen Emissionshandelssystems (ETS) soll stärkere Anreize zur Emissionsminderung in der Energiewirtschaft und Industrie setzen.

Ein deutlicher Grund mehr, um für den im Vergleich mit dem Netzausbau gleichberechtigten Aufbau einer angemessenen Speicherinfrastruktur europaweit einzutreten und den Zubau generativer Stromerzeugung auf diesem Weg zu stärken. Die CO2-Thematik müssen Bayern und Deutschland ähnlich wie Schweden und Großbritannien über einen eigenen Besteuerungsweg oder eine Abgabe eigenständig forcieren.

8.1 CO2-Emissionen in der Stromerzeugung reduzieren

Die Stromerzeugung muss bis 2050 weitgehend dekarbonisiert werden, um die nationalen und europäischen Klimaziele bis 2050 zu erreichen.

Der Ersatz fossiler Stromerzeugung durch erneuerbare Energien gemäß dem im EEG verankerten Ausbaukorridor leistet hierzu den größten Beitrag. Nach dem Energiekonzept der Bundesregierung soll der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch bis zu diesem Zeitpunkt auf mindestens 80 Prozent steigen. Der Bedarf an thermischer Kraftwerksleistung sinkt, bleibt aber signifikant. In 2050 sollen diese Kraftwerke sehr emissionsarm sein, Brennstoffe sehr effizient ausnutzen, sehr flexibel hoch- und herunterzufahren sein und nur noch vergleichsweise geringe Benutzungsstunden aufweisen.

Das EEG sollte endlich sinnvoll in ein für alle Erzeugungsarten gleichberechtigtes Vergütungssystem überführt werden, welches die primärenergetischen und klimaaktiven Faktoren angemessen einbezieht. Weiter oben wurden Vorschläge gemacht, wie dieses aussehen kann. Statt eines Ausbaukorridors, der den Ausbau im Grunde nur begrenzt, statt ihn zu 100 % zu führen, ist es sinnvoller, das oben beschriebene Vergütungssystem schnellstmöglich einzuführen.

Der Kraftwerkspark passt sich schrittweise an.

Der oben skizzierte Entwicklungspfad des fossilen Kraftwerksparks wird möglich durch die Nachrüstung von Bestandsanlagen, die Stilllegung bzw. den reduzierten Betrieb emissionsintensiver Altanlagen und den Neubau von Gaskraftwerken.

Statt auf den Neubau von Gaskraftwerken, die anschließend mangels Rentabilität still stehen, sollte die Bundesregierung endlich zu einer vernünftigen Förderung und Implementierung weiterer generativer Stromerzeuger und von Speichern finden. Denn sonst werden am Ende Subventionen oder Umlagen für Gaskraftwerke erfolgen, die den Zubau generativer Erzeugung weiter ausbremsen. Wer Probleme mit dem EEG hat, sollte sich klar machen, dass das EEG durch eine Ausweitung seines Regimes auf alle Erzeuger seine Wirkung am Markt ins Positive verbessert.

Maßnahmen sind erforderlich, um hierfür die richtigen Anreize zu setzen.

Die Emissionen des Stromerzeugungssektors verharrten in den letzten Jahren auf etwa gleichem Niveau. Um das nationale Klimaziel von -40 Prozent im Jahr 2020 gegenüber 1990 zu erreichen und auf den Zielpfad in Richtung langfristiger Klimaziele einzuschwenken, sind nach aktuellen Projektionen weitere Maßnahmen erforderlich. Auch der Stromerzeugungssektor wird hierbei aufgrund seines hohen Anteils an den nationalen Emissionen einen Beitrag leisten müssen.

8.2 Das Emissionshandelssystem reformieren

Der zentrale Beitrag zur Emissionsreduktion in der fossilen Stromerzeugung soll durch das europäische Emissionshandelssystem (ETS) und seine Reform erreicht werden.

Das aktuelle ETS setzt bei aktuell über zwei Milliarden überschüssigen Zertifikaten und einem Zertifikatspreis von fünf bis sechs Euro pro Tonne CO2 nur vergleichsweise geringe Anreize für Investitionen in eine emissionsarme Stromerzeugung. Da diese Überschüsse zum Ende der aktuellen Handelsperiode wegen der Rückführung der Backloading-Mengen vermutlich sogar auf 2,6 Mrd. Zertifikate ansteigen werden, ist bis weit in die 2020er Jahre mit hohen Überschüssen und sehr niedrigen CO2-Preisen zu rechnen.

Aus diesem Grund der dringende Vorschlag, eine nach PE-Faktor und CO2-Emission gewichtete Energiesteuer auf die geförderten oder importierten kWh von Primärenergieträgern zu erheben. Die Einnahmen dienen dann der Gegenfinanzierung der Zertifikate, von Speicherbau oder von Effizienzmaßnahmen.

Das ETS sollte wieder mehr Planungssicherheit für Investitionsentscheidungen bieten.

Befragungen von Unternehmen zeigen, dass der aktuelle CO2-Preis für Investitionsentscheidungen nur eine geringfügige Rolle spielt. Zum einen ist die Stromerzeugung gegenwärtig ohnehin durch das Preisverhältnis der Brennstoffe geprägt, das Emissionsminderungen durch Brennstoffwechsel nicht begünstigt (hohe Gas- und niedrige Kohlepreise). Zum anderen sind für Unternehmen angesichts langer Investitionszyklen ohnehin die mittel- bis langfristig zu erwartenden CO2-Preise maßgeblich, da sich die Anlagen auch bei diesen Preisen rechnen müssen. Die mittelfristigen Preiserwartungen sind allerdings gegenwärtig niedrig.

Die Bundesregierung setzt sich für eine rasche und nachhaltige Reform des ETS ein.

Sie strebt an, die von der Europäischen Kommission vorgeschla-gene Marktstabilitätsreserve bereits 2017 einzuführen und die 900 Millionen Backloading-Zertifikate in diese Reserve zu überführen. Darüber hinaus muss die Marktstabilitätsreserve insbesondere bei den Schwellenwerten und den Entnahmemengen so ausgestaltet sein, dass sie die Überschüsse auch tatsächlich zügig abbaut. Zugleich müssen zum Schutz energieintensiver Unternehmen effektive Carbon-Leakage-Regeln auch für die Zeit nach 2020 getroffen werden, die sowohl die direkte als auch die indirekte Kostenbelastung adressieren.

Die ETS-Reform ist von struktureller Bedeutung.

Zwar würden mit dem Reformvorschlag der Bundesregierung zirka die Hälfte der von der Europäischen Kommission bis 2020 projizierten Überschüsse abgebaut werden. Es verblieben jedoch bis 2020 immer noch signifikante Überschüsse im Markt. Dementsprechend dürfte es zum Ende dieser Handelsperiode zu einem Preisanstieg bei den Zertifikaten und damit sehr wichtigen Signalen für zukünftige Investitionen kommen.

Deshalb ist es notwendig, mit dem Vorschlag der gewichteten Energiesteuer voranzugehen und nicht weiter abzuwarten, bis sich der Berg nutzloser Zertifikate irgendwann in Wohlgefallen auflöst.

Nächster Schritt

Reform ETS: Weitere Konkretisierung der deutschen Position sowie Werben um Unterstützung. Die Erwähnung eines „Instruments zur Stabilisierung des Marktes“ sowie von Maßnahmen zur Wahrung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates sind ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung.

8.3 Die Rolle der KWK beim Umbau des Kraftwerksparks klären

Durch gekoppelte Erzeugung von Strom und Wärme können Brennstoffe und CO2-Emissionen eingespart werden.

KWK-Anlagen können energieeffizienter und – insbesondere wenn sie mit Gas betrieben werden – emissionsärmer sein als konventionelle Kondensationskraftwerke und eine gesonderte Bereitstellung von Wärme. Das ETS ist das zentrale Instrument für Klimaschutz in der Industrie und für eine emissionsarme Strom- und Wärmeerzeugung. Zusätzlich kann die KWK Beiträge zur Reduktion der nationalen CO2-Emissionen liefern.

KWK ist ein gutes Instrument, solange die Abwärme genutzt wird. Falls das nicht oder nur mit hohem Aufwand möglich ist, ist von ihrem Einsatz Abstand zu nehmen. KWK-Anlagen sind keine Heizungen und ersetzen auch keine Heizungen, außer man kombiniert sie mit Latentwärmespeichern auf niedrigem Temperaturniveau.

Dabei darf nicht übersehen werden, dass es bei der Abwärme aus industriellen, gewerblichen und wohnwirtschaftlichen Prozessen bereits einen gigantischen Wärmeüberschuss gibt. Der von der Fraunhofer Organisation in Angriff genommene Wärmeatlas wird das deutlich aufzeigen. Noch mehr Wärme zu produzieren ist kontraproduktiv. Es ist auch nicht akzeptabel, dass Hochtemperaturwärme aus Geothermie zum Betrieb von Adsorptionskälteanlagen missbraucht wird und so noch mehr Wärme ungenutzt in der Atmosphäre freigesetzt wird.

KWK kann zukünftig stärker flexibel betrieben werden und stärker zur Synchronisierung beitragen.

Investitionen in Wärmespeicher, Wärmenetze und perspektivisch Power-to-Heat-Anlagen (Wärmepumpen und Elektrokessel) bieten die Voraussetzung hierzu, weil sie die Stromerzeugung unabhängiger vom zeitgleichen Wärmebedarf machen. Daher sollten KWK-Anlagen Anreize haben, bei Netzengpässen oder negativen Preisen vor erneuerbaren Energien abzuregeln. Bisher werden eine Vielzahl von KWK-Anlagen in Industrie- und Objektversorgung aus betriebswirtschaftlichen und technischen Gründen mit hoher Effizienz wärmegeführt betrieben. Für den Strommarkt und den Netzbetrieb stellen sie eine Mindesterzeugung dar (siehe Kapitel 3).

Dabei ist die Sinnhaftigkeit der Investitionen sorgfältig zu prüfen, bevor Fehlinvestitionen und Subventionierung in nutzlose Wärmenetze auftreten.

Das KWK-Gesetz fördert Qualität statt Quantität.

Das KWK-Gesetz (KWKG) fördert Anlagen, die qualitativ kompatibel zur Energiewende sind, d. h. sehr flexibel und sehr emissionsarm. Daher fördert das KWKG auch Investitionen in Wärmenetze und -speicher. Das KWKG sollte insbesondere emissionsarme KWK fördern. Die Stabilisierung des heutigen KWK-Anteils erfordert den Neubau von KWK-Anlagen als Ersatz für Altanlagen im Umfang einiger Gigawatt. Im Rahmen der laufenden Evaluation ist zu klären, inwiefern es sinnvoll ist, über den Status quo hinaus die installierte KWK-Leistung stark zu erhöhen.

Diese Prüfung bedarf strenger Kriterien, Einzelfallprüfung jeder Investition und höchster Sorgfalt, da die Faszination der Technik sehr schnell zu übertriebenem Engagement führt.

Nächste Schritte

2014: Das BMWi konsultiert derzeit die vorgelegte Studie zur Potential- und Nutzenanalyse der KWK sowie zur Evaluierung des KWK-Gesetzes (KWKG). Das BMWi legt anschließend den Zwischenbericht nach § 12 KWKG vor.

2015: Das BMWi bereitet die Novelle des KWKG vor.

Kapitel 9: Grundsatzentscheidung: Strommarkt 2.0 oder Kapazitätsmarkt

Kapitel 9.1 beschreibt die Notwendigkeit einer Grundsatzent-scheidung.

Kapitel 9.2 fasst die Ergebnisse der vom BMWi in Auftrag gegebenen Gutachten zusammen.

9.1 Eine politische Grundsatzentscheidung ist nötig

In den kommenden Jahren durchläuft der Strommarkt eine Phase des Übergangs.

Der deutsche Strommarkt ist liberalisiert und mit den Strommärkten der Nachbarstaaten gekoppelt. Dies steigert die Effizienz des Stromversorgungssystems, trägt aber auch zu den aktuellen Überkapazitäten bei. Diese wurden durch den Zubau von erneuerbaren Energien und die Inbetriebnahme neuer fossiler Kraftwerke verstärkt. Aktuell kommt die temporär niedrigere Stromnachfrage infolge der Wirtschaftskrise in Europa hinzu. Daraus resultieren niedrige Strompreise an der Börse. Sie prägen derzeit den Markt und verringern die Wirtschaftlichkeit von Kraftwerken. Andererseits steigt Deutschland bis 2022 aus der Kernenergie aus. Hierdurch werden Erzeugungskapazitäten in Höhe von rund 12 Gigawatt schrittweise vom Netz genommen. Zudem übernehmen erneuerbare Energien zunehmend eine tragende Rolle und senken den Bedarf an Stromerzeugung aus fossilen Kraftwerken. Wir bewegen uns von einem Stromsystem, in dem regelbare Kraftwerke der Stromnachfrage folgen, zu einem Stromsystem, in dem flexible Erzeuger, flexible Verbraucher und Speicher auf das fluktuierende Stromangebot aus Wind und Sonne reagieren. Dieser Übergang wird den Strommarkt in den kommenden Jahren prägen (siehe Kapitel 2.1).

Und genau deshalb sollten wir unverzüglich dem Aufbau einer Speicherinfrastruktur und einer Wiederbelebung des Ausbaus generativer Stromerzeugung den Vorrang vor einem voreiligen Netzausbau geben.

Die „Sowieso-Maßnahmen“ (Teil II) sind für einen sicheren, kosteneffizienten und umweltverträglichen Einsatz der Kapazitäten (Erzeuger und flexible Verbraucher) unabhängig von der Grundsatzentscheidung sinnvoll.

Ausreichende Kapazitäten allein gewährleisten nicht, dass Erzeugung und Verbrauch zu jedem Zeitpunkt synchronisiert werden. Dies illustrieren die Beispiele in Kapitel 2.2 für Erzeugungssysteme mit Kapazitätsmarkt (Januar 2014 im amerikanischen PJM6) 6 PJM ist ein regionales Übertragungsnetz in den USA. Es umfasst die US-Bundesstaaten Delaware, Illinois, Indiana, Kentucky, Maryland, Michigan, New Jersey, North Carolina, Ohio, Pennsylvania, Tennessee, Virginia, West Virginia und District of Columbia. und ohne Kapazitätsmarkt (Februar 2012 in Deutschland). In beiden Fällen kam es zu angespannten Versorgungssituationen, obwohl ausreichend installierte Leistung im System zur Verfügung stand. Dies zeigt: Für eine sichere Versorgung muss der Strommarkt in jedem Fall durch Preissignale dafür sorgen, dass die vorhandenen Kapazitäten jederzeit im erforderlichen Umfang (d. h. in Höhe des zu erwartenden Verbrauchs) kontrahiert und eingesetzt werden. Kapazitätsmärkte können zwar dafür sorgen, dass ausreichend Kapazitäten vorgehalten werden. Sie können aber den sicheren Ausgleich von Verbrauch und Erzeugung nicht garantieren

7.7 In Kapazitätsmärkten bestehen grundsätzlich Verfügbarkeitsanreize für Erzeuger. Diese sind jedoch nicht hinreichend, um die
Einsatzfunktion vollständig zu gewährleisten.

Aus diesem Grund sollten Kapazitäten auf Basis von dezentral verteilten Speichern statt einzelner großer oder auch kleiner Kraftwerke aufgebaut werden.

Zur Diskussion steht, ob ein optimierter Strommarkt erwarten lässt, dass ausreichend Kapazitäten für eine sichere Versorgung vorgehalten werden, oder ob zusätzlich ein Kapazitätsmarkt erforderlich ist

Der Bericht des Kraftwerksforums beim BMWi an die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidentinnen und Präsidenten der Länder vom 28. Mai 2013 hat die Debatte strukturiert (BMWi 2013). Gutachten im Auftrag des BMWi haben die Leistungsfähigkeit des Strommarkts und die Auswirkungen von Kapazitätsmärkten vertieft untersucht (siehe Kapitel 9.2). Betroffene Akteure haben die Gutachten in der Plattform Strommarkt intensiv diskutiert.

Versorgungssicherheit ist gegeben, wenn jederzeit ein Ausgleich von Angebot und Nachfrage möglich ist.

Das heißt, es müssen auch in Zeiten der höchsten (nicht durch Windkraft und Photovoltaik gedeckten) Nachfrage ausreichend steuerbare Kapazitäten zur Verfügung stehen. Kapazitäten meint neben klassischen und erneuerbaren, mit Brennstoffen betriebenen Kraftwerken auch Nachfrageflexibilität (Lastmanagement) und Speicher. Einige dieser Kapazitäten, d. h. die mit den höchsten Grenzkosten, werden nur in wenigen Stunden des Jahres benötigt.

Auch hier wieder Hinweis, dass für Speicher die gleichen gesicherten Vergütungsbedingungen gelten müssen wie für Netze. Reservekraftwerke werden dann nicht gebraucht.

Im Kern geht es bei der Debatte um die Frage, ob ein optimierter Strommarkt erwarten lässt, dass Investitionen in die selten genutzten, aber dennoch erforderlichen Kapazitäten getätigt werden.

Dies setzt insbesondere voraus, dass Knappheitspreise bei den Marktteilnehmern ankommen und die Investoren darauf vertrauen, dass die Politik beim Auftreten von Knappheitspreisen nicht interveniert. Den Anbietern von Kapazitäten muss erlaubt sein, in Knappheitssituationen mit Preisen über ihren Grenzkosten am Strommarkt zu bieten. Wenn die Anbieter befürchten, dass die Politik Preisobergrenzen einführt und damit Investitionen im Nachhinein teilweise entwertet, werden kapitalintensive Investitionen ausbleiben. Stattdessen werden, angereizt durch die Pflicht zur Bilanzkreistreue, die unbedingten Lieferverpflichtungen und das Ausgleichsenergiesystem (siehe Kapitel 1.4 u. 1.5), tendenziell nur Kapazitäten mit niedrigeren Investitionskosten wie Lastmanagement oder Motorkraftwerke erschlossen. Gleichzeitig können insbesondere industrielle Stromkunden mit großer Nachfrage ihre Versor- gung am Terminmarkt, mit Options- oder Absicherungsverträgen kosteneffizient gegen Knappheitspreise absichern, ihren Strom selbst produzieren oder durch Lastmanagement mit einer flexiblen Nachfrage auf Knappheitspreise reagieren.

Ein auf Erzeugung – Speicherung & Transport – Verbrauch dreigeteilter Markt wird diese Unsicherheiten auch ohne Reservekapazitätskraftwerke auf Basis fossiler Brennstoffe beseitigen und gleichzeitig schädlicher Spekulation einen Riegel vorschieben.

Im kommenden Jahrzehnt werden die derzeitigen Überkapazitäten am Strommarkt abgebaut sein.

Knappheitspreise wird nur derjenige vermeiden, der sich mit Lieferverträgen vorausschauend absichert oder durch Lastmanagement mit einer flexiblen Nachfrage auf Knappheitspreise reagiert. Ein optimierter Strommarkt, der zulässt, dass Preissignale unverfälscht bei den Marktteilnehmern ankommen, abgesichert durch einen glaubwürdigen rechtlichen Rahmen, kommt nach wissenschaftlichen Untersuchungen ohne einen zusätzlichen Kapazitätsmarkt aus. Restrisiken kann mit einer „Kapazitätsreserve“ begegnet werden (siehe Kapitel 11). Diese muss aber so ausgestaltet werden, dass sie einerseits nicht wie eine Preisobergrenze am Strommarkt wirkt und andererseits den Marktakteuren nicht als bequeme Alternative zur Erfüllung ihrer Lieferverpflichtungen, d. h. der Beschaffung von Strommengen in Höhe des zu erwartenden Verbrauchs, dient (siehe Kapitel 1.1).

Wenn Preissignale in Knappheitssituationen bei Verbrauchern unverfälscht ankommen sollen, dann müssen die Verbraucher auch die Möglichkeit haben, auf Alternativen zurückzugreifen und dabei nicht trotzdem für die Vorhaltung der Reservekraftwerke bezahlen zu müssen.

Wenn Gesellschaft und Politik zu einer derartigen Weiterentwicklung des Strommarktes mit Knappheitspreisen nicht bereit sind, bedarf es eines Kapazitätsmarktes.

Allerdings bergen auch Kapazitätsmärkte Herausforderungen, Nachteile und Risiken, derer sich Gesellschaft und Politik bewusst sein müssen. Der Staat verändert das Strommarktdesign und greift regulatorisch in den Wettbewerb ein. Die Kosten des Kapazitätsmarktes müssen auf die Verbraucher umgelegt werden.

Oder der Staat ermöglicht erst einen fairen Wettbewerb durch regulatorischen Eingriff. Das Eingreifen der verfassten Gesellschaft in einen Markt, der außer dem finalen Preis kein einziges Wettbewerbsmerkmal kennt und gleichzeitig essentieller Bestandteil der Daseinsvorsorge ist, kann und sollte positiv gesehen werden. Die Verbraucher haben bei Umlage der Kosten auch das Recht, die für alle nützlichste Lösung zu bekommen und mitzubestimmen.

Wir müssen daher eine Grundsatzentscheidung treffen:

Wollen wir einen optimierten Strommarkt (Strommarkt 2.0) mit einem glaubwürdigen rechtlichen Rahmen, auf den Investoren vertrauen können, und in dem Stromkunden in eigener Verantwortung über ihre Nachfrage bestimmen, wie viele Kapazitäten vorgehalten werden – oder wollen wir neben dem Strommarkt einen Kapazitätsmarkt?

Die Entscheidung ist eindeutig und klar: Kein Kapazitätsmarkt. Vorher müssen wir aber eine andere Grundsatzentscheidung treffen: Raus auch aus der Kohlekraft oder weiter so auf Kosten der Zukunft?

Kapazitätsmärkte unterscheiden sich von bestehenden Strommärkten

Die Einführung eines Kapazitätsmarktes verändert das bestehende Strommarktdesign: Es wird ein zusätzlicher Markt neben dem bestehenden Strommarkt geschaffen. Auf Kapazitätsmärkten wird ausschließlich die Vorhaltung von Kapazität (Leistung) gehandelt und explizit vergütet. Für die Vergütung der Kapazitäten entstehen Kosten zusätzlich zu den Kosten der Beschaffung des Stroms am Strommarkt. Die Stromversorger tragen die Kosten und legen sie auf die Verbraucher um. Auf dem bestehenden Strommarkt wird Leistung auf Terminmärkten, Spotmärkten und in Strombezugsverträgen nur implizit durch unbedingte Lieferverpflichtungen vergütet. Explizit gehandelt und vergütet wird Leistung beispielsweise auf dem Regelleistungsmarkt, in Optionsverträgen oder in Lieferverträgen.

Option Strommarkt 2.0

Grundlegende Annahme dieser Option ist, dass der Strommarkt 2.0 das Vorhalten von Kapazitäten in ausreichendem Umfang anreizt und daher kein zusätzlicher Kapazitätsmarkt erforderlich ist. Die notwendige Vorhaltung von Kapazitäten refinanziert sich über den Strommarkt, der implizit und explizit auch Leistung vergütet (siehe Kapitel 1). Der Staat setzt die Marktregeln. Die Marktteilnehmer
müssen ihre Lieferverpflichtungen einhalten, sonst drohen ihnen hohe Strafzahlungen (Ausgleichsenergiesystem). Die Stromkunden bestimmen in eigener Verantwortung über ihre Nachfrage, wie viele Kapazitäten vorgehalten werden. In der Verantwortung der Regu-lierungsbehörde liegt es, die Einhaltung der Marktregeln sicherzu-stellen und die Kapazitätsentwicklung durch ein kontinuierliches Monitoring zu begleiten. Die Befürworter dieser Option gehen von normalen Marktmechanismen und (zumindest implizit) von folgenden Annahmen und Einschätzungen aus:

Das Kapazitätsniveau, das sich am Strommarkt einstellt, ist ausreichend, um die Nachfrage der Verbraucher zu decken.

Flexibilitätsoptionen, insbesondere Lastmanagement oder Netzersatzanlagen, sind ausreichend vorhanden sowie schnell und kostengünstig erschließbar.

Preisspitzen treten am Spotmarkt auf und werden akzeptiert. Sie werden sich nur geringfügig auf den durchschnittlichen Strompreis auswirken, weil sie nur in wenigen Stunden auftreten.

Der Strommarkt setzt u. a. durch Preisspitzen ausreichend Investitionsanreize, auch für Spitzenlastkraftwerke. Investoren sind in der Lage, mit den damit verbundenen Unsicherheiten für langlebige Investitionen umzugehen.

Private Verbraucher, die nicht leistungsgemessen sind, sind über ihre Verträge mit ihren Versorgern gegen kurzfristige Preisspitzen am Großhandelsmarkt abgesichert. Unternehmen können sich frei entscheiden, ob sie sich vertraglich absichern oder am kurzfristigen
Strommarkt teilnehmen.

Die Preisvolatilität ist der zentrale Anreiz für die Flexibilisierung des Gesamtsystems.

Falls zur Absicherung gegen Restrisiken ein höheres Kapazitätsniveau vorgehalten werden soll, als es sich aus dem Strommarkt heraus ergibt, ist dies mit einer Reserve kostengünstig möglich.

Für die Option Strommarkt 2.0 ist wichtig, dass die Preisbildung frei bleibt.

So lange die verschiedenen Ressourcen gleichberechtigt, fair und nach ihrer Nachhaltigkeit, Klimaverträglichkeit und Effizienz bewertet werden, ist dem zuzustimmen. Wirtschaftliche oder andere partikulare Interessen dürfen die beiden Ziele der Energiewende nicht mehr behindern.

Preisspitzen sind für die Wirtschaftlichkeit von Kraftwerksinvestitionen im Strommarkt erforderlich.

Durch den Einsatz von Lastmanagement und Netzersatzanlagen sind in der Regel nur gelegentliche Preisspitzen in moderater Höhe zu erwarten. Für Extremsituationen sollten jedoch temporär auch höhere Preise möglich sein. Extremsituationen treten beispielsweise
bei einem Ausfall größerer Erzeugungsleistungen bei gleichzeitig hoher Last und geringer Einspeisung von erneuerbaren Energien auf.

Das Auftreten von Preisspitzen darf nicht eingeschränkt werden.

Heute gibt es im Strommarkt keine regulatorischen Preisobergrenzen. Es existiert nur ein sehr hohes technisches Limit. Die Börse kann es bei Bedarf anpassen. Damit Investoren ausreichend Planungssicherheit darüber haben, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen hierzu unverändert bleiben, sollte gesetzlich klargestellt werden, dass staatliche Interventionen in Form von Preisobergrenzen unterbleiben.

Da die alten Kraftwerke aus Steuermitteln bezahlt wurden, die nie zurückgeflossen sind, ist es nur fair, wenn eine Kompensation dafür über das dreigeteilte Marktmodell Erzeugung – Speicherung & Transport – Verbrauch zur Entwicklung des Systems in dieses zurückfließt.

Preisspitzen werden durch das kartellrechtliche Miss-brauchsverbot weder ausgeschlossen noch abgemildert.

Alle Unternehmen sind bei der Abgabe ihrer Gebote grundsätzlich frei. Kraftwerke müssen die Möglichkeit haben, in Knappheitssituationen mit Preisen über ihren Grenzkosten am Strommarkt zu bieten; es darf kein de facto Mark-up-Verbot geben. Nach europäischem und deutschem Kartellrecht dürfen Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung allerdings ihre Marktmacht nicht missbräuchlich ausnutzen. Hierdurch soll u. a. verhindert werden, dass es zu künstlich überhöhten Preisen kommt.

Das kartellrechtliche Missbrauchsverbot setzt keine implizite Preisobergrenze.

Kommen Preisspitzen nicht marktmachtbedingt, sondern durch tatsächliche Knappheiten zustande, sind sie kartellrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit ein Anbieter nicht marktbeherrschend ist, ist das Missbrauchsverbot auf diesen Anbieter von vornherein nicht anwendbar. In Knappheitssituationen sind auch diese Anbieter in der Lage, höhere Preise durchzusetzen. Von diesen Preisen profitieren in der börslichen Einheitspreisauktion auch marktbeherrschende Anbieter. Die Funktionsfähigkeit des Strommarktes wird durch das kartellrechtliche Missbrauchsverbot daher nicht beeinträchtigt.

8.8 Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung droht jedoch, nachweisen zu müssen, dass sie bei ihren Angeboten am Strommarkt keine Marktmacht ausgeübt haben. Aus Vorsicht sehen sich marktbeherrschende Unternehmen einem de facto Mark-up-Verbot ausgesetzt.

Das kartellrechtliche Missbrauchsverbot hat in der aktuellen Marktsituation wenig praktische Bedeutung. Die Marktmachttendenzen sind in den letzten Jahren rückläufig.

Insbesondere die Kopplung des deutschen Strommarktes mit den Nachbarländern, der begonnene Ausstieg aus der Kernenergie und der Zubau erneuerbarer Energien haben den Wettbewerb gestärkt. Diese Wettbewerbsbelebung sowie die bestehenden Überkapazitäten führen dazu, dass das Missbrauchsverbot derzeit in der Praxis keine Rolle spielt.

Bei Wahl der Option Strommarkt 2.0 ergibt sich folgender Handlungsbedarf:

Der Strommarkt wird optimiert und zu einem Strommarkt 2.0 für die Energiewende weiterentwickelt.

Kernpunkte der Reform sind:

Die Umsetzung der Sowieso-Maßnahmen aus Teil II. Dabei kommt der Stärkung der Anreize zur Bilanzkreistreue (Bilanzkreis- und Ausgleichsenergiesystem) eine besondere Rolle zu.

Die Preisbildung muss frei bleiben; es sollte gesetzlich klargestellt werden, dass keine Preisobergrenzen eingeführt werden. Dadurch kann den Marktakteuren ein hohes Maß an Planungssicherheit gegeben werden.

Die in Kapitel 9 erläuterte Kapazitätsreserve wird eingeführt. Es erfolgt ein kontinuierliches Monitoring.

Die Kapazitätsreserve ist in Form einer umfassenden Speicherinfrastruktur einzuführen.

Option Kapazitätsmarkt

Grundlegende Annahme dieser Option ist, dass auch der optimierte Strommarkt das Vorhalten von Kapazitäten nicht im ausreichenden Umfang anreizt und ein zusätzlicher Markt für die Vorhaltung von Kapazitäten eingeführt werden muss. Die notwendige Vorhaltung von Kapazitäten refinanziert sich über einen zusätzlichen Kapazi-tätsmarkt, der Leistung explizit vergütet. Die Kosten werden auf die Stromkunden umgelegt. Der Staat sorgt damit für ein höheres Kapazitätsniveau, als es sich aus dem Strommarkt ergibt. Im zentralen und fokussierten Kapazitätsmarkt bestimmt der Staat direkt, wie viele Kapazitäten vorgehalten werden. Im dezentralen Kapazitätsmarkt steuert der Staat das Kapazitätsniveau indirekt durch die Höhe der Pönale (siehe Kasten). Auch mit einem Kapazi- tätsmarkt liegt es in der Verantwortung der Marktteilnehmer, aus- reichend Kapazitäten zu kontrahieren, um jederzeit ihre Lieferver-pflichtungen zu erfüllen. In der Verantwortung der Regulierungs-behörde liegt es, die Einhaltung der Marktregeln sicherzustellen und die Kapazitätsentwicklung durch ein kontinuierliches Monitoring zu begleiten.

Kapazitätsmärkte können verschiedene Ausgestaltungen annehmen

In Deutschland werden derzeit vor allem drei Ansätze für Kapazitätsmärkte intensiv diskutiert. Sie unterscheiden sich erheblich in den Details der Ausgestaltung, den erforderlichen regulatorischen Vorgaben und ihren Auswirkungen auf den Strommarkt:

Im „zentralen umfassenden Kapazitätsmarkt“ (EWI 2012) legt eine Behörde den Gesamtbedarf an Kapazität zentral fest. Diese Kapazität wird in Auktionen ausgeschrieben (Leistungsmarkt). Die Betreiber von Erzeugungsanlagen bieten Erzeugungsleistung auf diesem Kapazitätsmarkt an. Bei einem Zuschlag erhalten sie eine Vergütung für die angebotene Leistung in Form einer einheitlichen Leistungszahlung. Zugleich können Betreiber von Erzeugungsanlagen ihren erzeugten Strom am Strommarkt an andere Marktteilnehmer verkaufen. Die Kosten des Kapazitätsmarktes werden über eine Kapazitätsumlage auf den Strompreis umgelegt. Die Leistungszahlung verpflichtet die Kraftwerksbetreiber, ihre Erzeugungskapazität grundsätzlich technisch verfügbar zu halten. Steigt der Börsenpreis über einen zuvor definierten Auslösepreis, zahlen die Kraftwerksbetreiber die Differenz aus aktuellem Börsenpreis und Auslösepreis an die Behörde (Call-Option).

Im „zentralen fokussierten Kapazitätsmarkt“ (Öko-Institut/ LBD/Raue 2012) wird der Gesamtbedarf an Kapazität ebenfalls zentral von einer Behörde festgelegt. Auch weitere wesentliche Eigenschaften sind vergleichbar zum zentralen umfassenden Kapazitätsmarkt. Allerdings wird nur ein Teil des Gesamtbedarfs in Auktionen ausgeschrieben. Eine Behörde entscheidet, welche Anlagen an den Auktionen teilnehmen dürfen. Öko-Institut/LBD/Raue sehen zwei Marktsegmente vor: eines für Neuanlagen sowie eines für „stilllegungsbedrohte“ Bestandsanlagen und Lastmanagement. Durch die Ausschreibung des Kapazitätsbedarfs in zwei Teilmärkten ergibt sich keine einheitliche Leistungszahlung.

Im „dezentralen umfassenden Kapazitätsmarkt“ (Enervis/BET 2013, BDEW 2013) wird der Gesamtbedarf an Kapazität nicht direkt von einer Behörde vorgegeben und ausgeschrieben, sondern indirekt durch die Höhe einer Strafzahlung (Pönale). Vertriebe werden verpflichtet, für Knappheitssituationen nachzuweisen, dass sie für ihren Strombezug in ausreichendem Umfang Leistung kontrahiert haben. Die Nachweise können sie von Betreibern der Erzeugungsanlagen in Form von Leistungszertifikaten (Versorgungssicherheitszertifikaten) erwerben. Diese Zertifikate können bilateral zwischen Marktteilnehmern oder an der Börse gehandelt werden. Die Vertriebe entscheiden in Abhängigkeit von ihrem Verbrauch und der Nutzung von Lastmanagement selbst, mit wie viel Leistungszertifikaten sie sich eindecken. Wird in Knappheitssituationen ein definierter Auslösungspreis überschritten, müssen Vertriebe eine Pönale für die tatsächliche Verbrauchsleistung bezahlen, für die sie keine Leistungszertifikate vorweisen können. Erzeuger müssen eine Pönale zahlen, wenn ihre Erzeugungsleistung in dieser Situation nicht verfügbar ist. Eine Behörde legt die Höhe der Pönale und den Auslösungspreis fest. In anderen Modellen (z. B. in Frankreich) legt eine Behörde noch weitere Parameter fest, die determinieren, mit wie viel Erzeugungskapazität sich die Vertriebe einzu-decken haben. Die Kosten für die Leistungszertifikate legen die Vertriebe auf ihre Stromkunden um.

An der Stelle ist es entscheidend, das auch Speicherbetreiber Leistungszertifikate erhalten bzw. ausgeben dürfen.

Die Befürworter dieser Option gehen (zumindest implizit) von folgenden Annahmen und Einschätzungen aus:

Das Kapazitätsniveau, das sich am Strommarkt einstellt, ist nicht ausreichend.

Flexibilitätsoptionen (insbesondere Lastmanagement oder Netzer-satzanlagen) sind nicht ausreichend vorhanden oder können im Strommarkt nicht hinreichend erschlossen werden.

Eine strategische Reserve, die vorgehalten und bei einer bestim- mten Marktpreishöhe eingesetzt wird, sorgt nicht effizient für ein ausreichendes Kapazitätsniveau.

Zusätzliche regulatorische Eingriffe sind nötig: Ein Kapazitätsmarkt muss eingeführt werden.

Das höhere Kapazitätsniveau rechtfertigt zusätzliche Kosten (Umlage auf Stromkunden).

Preisspitzen am Spotmarkt sind skandalisierbar und werden daher nicht akzeptiert.

Preisspitzen sind als Investitionsanreiz zu unsicher für die Marktakteure; diese befürchten politische Interventionen (Preisobergrenzen). Unsicherheiten für Investoren müssen daher durch Kapazitätsmärkte verringert werden.

Kapazitätsmärkte verringern Preisspitzen am Spotmarkt durch das höhere Kapazitätsniveau.

Die verschiedenen Modelle für Kapazitätsmärkte haben spezifische Konsequenzen

In einem dezentralen oder zentralen umfassenden Kapazitätsmarkt erhalten auch inflexible und emissionsintensive Kraftwerke Zahlungen. Dies beeinflusst die notwendige Transformation des Kraftwerksparks hin zu mehr Flexibilität wie auch das Erreichen der nationalen Klimaziele.

Richtig, auch aus diesem Grund sind die verschiedenen Erzeugungsarten, abhängig vom Brennstoff, nach PE-Faktor und Grad der CO2-Emision mit einer gewichteten Energiesteuer zu beaufschlagen.

Dezentrale Kapazitätsmärkte erfordern die geringsten Regulierungseingriffe und verursachen von allen Kapazitätsmärkten die geringsten regulatorischen Risiken. Die Erschließung von Lastmanagement wird nicht erschwert.

In zentralen umfassenden oder fokussierten Kapazitätsmärkten besteht die besondere Herausforderung, das richtige Niveau der vorzuhaltenden Kapazitäten festzulegen, um eine sichere Versorgung zu gewährleisten. Dies trifft insbesondere auf zentrale fokussierte Kapazitätsmärkte zu, in denen nur Teile des Gesamtbedarfs an Leistung ausgeschrieben werden. Zudem muss sichergestellt werden, dass die ausgeschriebenen Kapazitäten auch tatsächlich gebaut bzw. weiterbetrieben werden.

Was bei der Entscheidung für Speicher als Kapazitätsreserve automatisch der Fall sein wird.

Zentrale fokussierte Kapazitätsmärkte können gezielt flexible und emissionsarme Kapazitäten fördern.

Können, werden sie aber nicht, so lange keine gleichberechtigten Bedingungen für Speicher statt Trassen und ein umfassendes, gleichberechtigtes Vergütungssystem ohne Subventionen für alle Stromerzeuger geschaffen wird.

Bei Wahl der Option Kapazitätsmarkt ergibt sich folgender Handlungsbedarf:

Die Sowieso-Maßnahmen aus Teil II werden umgesetzt.

Es ist zu entscheiden, welches Kapazitätsmarkt-Modell eingeführt werden soll.

Die gesetzlichen Voraussetzungen sind zu schaffen. Die Ausgestaltung des Kapazitätsmarktes ist regulatorisch festzulegen.

Da die EU-Kommission Kapazitätsmärkte als Beihilfe einstuft, sind die Regularien mit der Kommission abzustimmen.

Ein gewichtiger Grund mehr, die Kapazitäten über Speicher aufzubauen, die als neue Technologie noch uneingeschränkt förderbar sind.

Im Zuge der Umsetzung bestimmt eine staatliche Stelle direkt oder indirekt, wie viele Kapazitäten vorgehalten werden sollen

9.9 Im zentralen Kapazitätsmarkt bestimmt der Staat direkt, wie viele Kapazitäten vorgehalten werden. Im dezentralen Kapazitäts-markt steuert der Staat das Kapazitätsniveau indirekt durch die Höhe der Pönale.

Die in Kapitel 9 erläuterte Kapazitätsreserve wird eingeführt.

Ein kontinuierliches Monitoring der Versorgungssicherheit ist erforderlich

10.10 Derzeit monitoren unter anderem die Übertragungsnetzbe-treiber, die Bundesnetzagentur, das BMWi, das Pentalaterale Energieforum und der europäische Verband der Übertragungsnetz-betreiber ENTSO-E die Versorgungsicherheit. Auf dieser Grundlage
wird kontinuierlich überprüft, ob zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind.

Der französische Kapazitätsmarkt lässt die Grundsatzentscheidung
für oder gegen die Einführung eines Kapazitätsmarktes in Deutschland offen.

Der französische Kapazitätsmarkt hat keinen relevanten Einfluss auf die Leistungsfähigkeit des Strommarktes in Deutschland.

Der deutsche und der französische Strommarkt sind gekoppelt (siehe Kapitel 2 und 6). Durch die Einführung eines Kapazitätsmarktes werden voraussichtlich zusätzliche Kapazitäten in Frankreich angereizt. Diese Kapazitäten tragen zur Versorgungssicherheit in Deutschland bei. Die Kraftwerkskapazität in Deutschland kann in dem Umfang sinken, wie zusätzliche französische Kraftwerkskapazitäten über die vorhandenen Grenzkuppelstellen für den Strommarkt in Deutschland verfügbar sind. Die prinzipielle Fähigkeit des Strommarktes in Deutschland, ausreichend Kapazitäten anzureizen, bleibt jedoch unverändert, denn die zusätzliche Kapazität in Frankreich wirkt lediglich wie eine verringerte Nachfrage in Deutschland. Es besteht also kein Automatismus, nach dem der französische Kapazitätsmarkt auch die Einführung eines Kapazitätsmarktes in Deutschland erzwingt.

Der französische Kapazitätsmarkt kann Verteilungseffekte verursachen.

Investoren werden bei entsprechender Ausgestaltung des franzö-sischen Kapazitätsmarkts einen größeren Anreiz haben, Kraftwerke in Frankreich zu bauen und zu erhalten, als zuvor. Diese Kraftwerke werden von französischen Stromverbrauchern über die dortige Kapazitätsumlage unterstützt werden, stehen in Höhe der verfüg- baren Grenzkuppelkapazitäten aber auch Frankreichs Nachbarn zur Lastdeckung zur Verfügung.

OPTION Strommarkt 2.0

„Ein optimierter Strommarkt gewährleistet Versorgungssicherheit“

OPTION Kapazitätsmarkt

„Der Staat muss handeln, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten“

Funktionsweise

Der Strommarkt reizt die Vorhaltung von Kapazitäten an. Die notwendige Vorhaltung von Kapazitäten refinanziert sich über den Strommarkt.

Der Kapazitätsmarkt reizt die Vorhaltung von Kapazitäten an. Die notwendige Vorhaltung von Kapazitäten refinanziert sich über einen
zusätzlichen Kapazitätsmarkt.

Der Staat setzt die Marktregeln. Die Stromkunden bestimmen in eigener Verantwortung über ihre Nachfrage das Kapazitätsniveau.

Leistung wird implizit am Strommarkt und explizit z. B. am Regel-leistungsmarkt und in Options- und Lieferverträgen vergütet.

Der Staat sorgt für ein höheres Kapazitätsniveau als der Strommarkt.

Leistung wird explizit am Kapazitätsmarkt vergütet.

Annahmen und Einschätzungen der Befürworter: Annahmen und Einschätzungen der Befürworter:

Der Strommarkt sorgt für ausreichend Kapazitäten.

Der Strommarkt sorgt für zu wenige Kapazitäten.

Flexibilitätsoptionen (Lastmanagement, Netzersatzanlagen) sind ausreichend vorhanden sowie schnell und kostengünstig erschließbar.

Preisspitzen treten am Spotmarkt auf. Sie werden akzeptiert, weil sie sich wenig auf den durchschnittlichen Strompreis auswirken
und Preisvolatilität der zentrale Anreiz für Flexibilisierung ist.

Flexibilitätsoptionen (Lastmanagement, Netzersatzanlagen) sind nicht ausreichend oder können im Strommarkt nicht hinreichend
erschlossen werden.

Zusätzliche regulatorische Eingriffe sind erforderlich. Kapazitätsmarkt ist erforderlich.

Der Strommarkt setzt, u. a. durch Preisspitzen, ausreichend Inves-titionsanreize, auch für Spitzenlastkraftwerke.

Das höhere Kapazitätsniveau rechtfertigt zusätzliche Kosten (Umlage aus Stromkunden).

Private Verbraucher sind gegen Preisspitzen abgesichert. Unternehmen können frei entscheiden, ob sie sich absichern oder aktiv am Strommarkt teilnehmen.

Zur Absicherung gegen Restrisiken kann mit einer Reserve ein höheres Kapazitätsniveau kostengünstig vorgehalten werden.

Preisspitzen am Spotmarkt sind skandalisierbar und werden daher nicht akzeptiert.

Preisspitzen sind zu unsicher, um ausreichend Investitionen anzureizen.

Kapazitätsmärkte verringern Preisspitzen am Spotmarkt durch das höhere Kapazitätsniveau.

Handlungsbedarf

Die Sowieso-Maßnahmen aus Teil II werden umgesetzt. Es wird gesetzlich klargestellt, dass keine Preisobergrenze eingeführt wird.
Entscheidung über Kapazitätsmarkt-Modell, Ausgestaltung des Kapazitätsmarktes und Höhe der vorzuhaltenden Kapazitäten.
Es darf kein de facto Mark-up-Verbot geben. Eine Kapazitätsreserve wird eingeführt. Ein kontinuierliches Monitoring der Versorgungssicherheit wird durchgeführt. Kompatibilität mit dem europäischen Binnenmarkt muss hergestellt werden.
Eine Kapazitätsreserve wird eingeführt. Ein kontinuierliches Monitoring der Versorgungssicherheit wird durchgeführt.

9.2 Gutachter: Der Strommarkt gewährleistet eine sichere Versorgung mit und ohne Kapazitätsmarkt

Gutachten im Auftrag des BMWi haben untersucht, ob der Strommarkt ausreichend Kapazitäten anreizt, um eine sichere Versorgung der Verbraucher zu gewährleisten, oder ob zusätzlich ein Kapazitätsmarkt erforderlich ist.

Mit der Fragestellung wurden die Beratungsunternehmen Frontier Economics, Formaet und Consentec sowie Connect Energy Econo-mics und r2b energy consulting beauftragt. Sie haben zudem untersucht, welche Auswirkungen Kapazitätsmärkte hätten. Ziel war es, eine „Metastudie“ zu erstellen, welche die derzeit intensiv diskutierten Modelle für Kapazitätsmarkte untersucht und bewertet (siehe dazu Frontier 2014 a und Kapitel 9.1). Die Gutachten selbst entwickeln kein eigenes Modell für einen Kapazitätsmarkt. Sie können von der Internetseite des BMWi heruntergeladen werden.

11.11 Die verschiedenen Studien gehen auf einen Auftrag des Kraftwerksforums des BMWi vom Mai 2013 zurück (s. Bericht des Kraftwerksforums an die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsi-dentinnen und Ministerpräsidenten der Länder).

Wesentliche Ergebnisse der Strommarktgutachten

Die Gutachten kommen zu dem Ergebnis, dass Kapazi-tätsmärkte ebenso wie der Strommarkt in seiner heutigen Struktur ausreichend Kapazitäten anreizen können, um eine sichere Versorgung der Verbraucher zu gewährleisten.

Der Strommarkt in seiner heutigen Struktur führt zu einem Kapazitätsniveau gemäß den Präferenzen der Verbraucher. Mit Kapazitätsmärkten oder Reserven kann auch ein höheres Kapa-zitätsniveau vorgehalten werden, als es sich aus dem Strommarkt heraus ergibt.

Die Gutachter raten von Kapazitätsmärkten ab.

Diese bergen erhebliche Ausgestaltungsrisiken. Eine sichere Versorgung gewährleisten Kapazitätsmärkte nur, wenn sie richtig ausgestaltet sind. Die praktischen Erfahrungen beispielsweise in den USA zeigen, dass die richtige Ausgestaltung schwierig ist, viele Jahre dauert und ein großer Nachsteuerungsbedarf zum Beheben von Regulierungsfehlern bestehen kann. Kapazitätsmärkte führen zu höheren Systemkosten und bergen zudem erhebliche Gefahren für die Umsetzung der Energiewende (insbesondere Überkomplexität, Fehlsteuerungspotential, Ineffizienz, reduzierte Flexibilisierungsanreize, Irreversibilität, Pfadabhängigkeit).

Die Gutachten empfehlen daher die Optimierung des Strommarktes.

Hierzu identifizieren sie verschiedene Maßnahmen. Diese sind jedoch nicht nur für die Vorhaltefunktion erforderlich. Als „Sowieso-Maßnahmen“ müssen sie bereits für einen sicheren, kosteneffizienten und umweltverträglichen Einsatz der Erzeuger und flexiblen Verbraucher umgesetzt werden (siehe Kapitel 8.1). Zugleich stär-ken sie die Anreize der Marktakteure zur Kapazitätsvorhaltung und zur Absicherung von Preis- und Mengenrisiken. Für den Fall, dass eine zusätzliche Absicherung der Stromversorgung politisch gewünscht sei, d. h. ein höheres Kapazitätsniveau vorgehalten werden soll, als es sich aus dem Strommarkt heraus ergibt, empfehlen die Gutachten eine Reserve außerhalb des Strommarkts. Eine Reserve sei einfach umzusetzen, kostengünstig und bewahre die Funktionsfähigkeit des Strommarktes. Im Folgenden werden weitere zentrale Ergebnisse der Gutachten dargestellt:

Versorgungssicherheit auf dem Strommarkt bedeutet: Verbraucher können Strom beziehen, wenn ihre Zahlungsbereitschaft (Nutzen) höher ist als der Marktpreis (Kosten).

Bei der Bewertung der Versorgungssicherheit auf dem Strommarkt ist zudem eine europäische Sichtweise erforderlich. Der deutsche Strommarkt ist mit den Strommärkten der Nachbarländer gekoppelt, dadurch ergeben sich große Ausgleichseffekte – insbesondere bei der Last und der Einspeisung der erneuerbaren Energien. Zugleich müssen Flexibilitätsoptionen wie Lastmanagement und Netzersatzanlagen berücksichtigt werden.

Ordnungspolitische und beihilferechtliche Gründe erfordern eine sorgfältige Analyse.

Kapazitätsmärkte erfordern erhebliche regulatorische Eingriffe. Diese Eingriffe sollten aus ordnungspolitischer Perspektive nur erfolgen, wenn der Strommarkt strukturell (und nicht nur kurzzeitig infolge von Anpassungsprozessen in der Übergangsphase) zu wenig Kapazität vorhält und weniger tiefe Eingriffe nicht ausreichen.

Fehlende Deckungsbeiträge sind per se kein Indikator für den Bedarf an staatlichen Interventionen.

Derzeit können einige konventionelle Bestandskraftwerke ihre Vollkosten im Markt nicht oder kaum decken; Neuinvestitionen rentieren sich nur unter besonders günstigen Umständen. Diese Situation ist im Wesentlichen auf bestehende Überkapazitäten und die daraus resultierenden niedrigen Strompreise zurückzuführen (siehe Kapitel 1). Sie ist kein Indikator für die Notwendigkeit, in den Markt einzugreifen.

Es ist wirtschaftlich rational, dass Neuinvestitionen sich gegenwärtig nur unter besonders günstigen Umständen rechnen. Denn in den nächsten 10 Jahren werden voraus-sichtlich kaum neue Kraftwerke benötigt.

In den nächsten 10 Jahren werden über die im Bau befindlichen Kraftwerke und die Reaktivierung einiger nur vorübergehend stillgelegter Anlagen hinaus wenige Spitzenlastkapazitäten (z. B. Motorkraftwerke oder Gasturbinen) benötigt.

Eine Erkenntnis die hoffentlich nicht zu Einschränkungen beim weiteren Zubau generativer Erzeugung führt. Daher ist planvolles Stilllegen bestehender fossiler Kapazitäten umgehend anzugehen.

12.12 Diese Aussage wird auch durch andere aktuelle Gutachten gestützt, etwa die Studie von Öko-Institut und Fraunhofer ISI für das Bundesumweltministerium (Öko-Institut/Fraunhofer ISI 2014). Diese haben geringe Investitionskosten, können in kurzer Zeit gebaut werden, sind flexibel einsetzbar und können auch bei geringen Ausnutzungsdauern rentabel betrieben werden. Zugleich werden andere technische Optionen wie Lastmanagement und Netzersatzanlagen eine größere Bedeutung erlangen.

Tatsächlich rentieren sich Gaskraftwerke bei kurzen Laufzeiten genauso wenig wie bei hoher Laufzeit. Sie sind schlicht teurer als generative Erzeugung und zeihen mit dieser nur gleich, wenn die Abwärme weitgehend genutzt werden kann.

Die Gutachter haben sich mit den Befürchtungen und Argumenten auseinandergesetzt, der Strommarkt reize
nicht ausreichend Kapazitäten an.

Sie beschreiben, dass der heutige Strommarkt neben der Strom- produktion auch Leistungsvorhaltung entlohnt, die benötigten Kraft- werke zukünftig ausreichende Deckungsbeiträge erwirtschaften können, externe Effekte für Erzeuger gering und vermeidbar sind und weiterhin Investitionen getätigt werden können (r2b 2014 und Frontier et al. 2014).

Modellrechnungen ergeben, dass alle für die Versorgungssicherheit notwendigen Kraftwerke ihre Fixkosten decken können.

Dies so zu belassen, hieße vor der Herausforderung Energiewende zu kapitulieren.

Voraussetzung hierfür ist, dass die Preisbildung am Großhandels-markt (Spotmarkt) über das sog. „peakload pricing“ (siehe Kapitel 1.2) möglich ist. Dafür bedarf es gelegentlicher Preisspitzen. Die Nachfrage wird in diesen Situationen mit hoher Residuallast neben Spitzenlastkraftwerken durch weitere Flexibilitätsoptionen, wie beispielsweise Lastmanagement und Netzersatzanlagen, gedeckt.

Zudem ist es laut der Gutachten effizient, die Versorgung mit Last-management und Netzersatzanlagen abzusichern. Anderenfalls würden zusätzlich vorzuhaltende Kraftwerke nur in wenigen Stun-den oder gar nicht eingesetzt werden.

Wir sollten es vorziehen, uns diesem sich selbst auf- und abschaukelnden System zu entziehen und das System als ganzes von außen zu betrachten. Das bedeutet, all diese organisch gewa-chsenen Preisbildungsmechanismen nicht mehr als gegeben und unverrückbar zu betrachten, sonder als ersetzbar und nicht wirklich systemrelevant. Und von diesem neuen Ausgangspunkt aus in reguliertes Vergütungsmodell für Erzeuger, Speicher und Netze und ein Preismodell für Verbraucher zu schaffen, das den notwendigen Zielen der Energiewende konsequent Rechnung trägt.

Die Gutachter haben die Flexibilitätsoption Lastmanagement intensiv untersucht.

Die Analysen von r2b energy consulting ergeben mittel- bis langfristig ein verfügbares Potential für Lastreduktion in der Industrie von 10 bis 15 Gigawatt (r2b 2014). Die Analysen von Frontier ergeben für Teilbereiche der Industrie (mit hohem Stromverbrauch, geringer Wertschöpfung und hoher Flexibilität) mittel- bis langfristig ein Potential für Lastreduktion von 5 bis 10 GW (Frontier et al. 2014). Dieses Potential kann schnell und zu geringen Kosten erschlossen werden. Die Erschließbarkeit dieses Lastmanagementpotentials wird derzeit noch kontrovers diskutiert, insbesondere die Höhe der erforderlichen Investitionen. Der Strommarkt ist nach Einschätzung der Gutachter aber selbst in dem Fall funktionsfähig, in dem keine zusätzlichen Lastmanagementpotentiale erschlossen werden (r2b 2014).

Dieses Lastreduktionspotential geht von demand-site Management Maßnahmen aus, berücksichtigt aber noch nicht die Potentiale einer umfassenden Speicherinfrastruktur. Der Bestand an installierter Leistung kann noch deutlich weiter zurückgebaut werden, sobald elektrochemische Speicher als zentrales Element akzeptiert und berücksichtigt werden.

Eine weitere von den Gutachtern analysierte Flexibilität-option sind Netzersatzanlagen.

Viele Einrichtungen wie Flughäfen, Fußballstadien oder Rechenzentren sichern sich über Netzersatzanlagen gegen vorübergehende lokale Stromausfälle infolge von Netzstörungen ab. Diese Anlagen sind also bereits vorhanden und könnten schnell und kostengünstig für den Strommarkt genutzt werden. Während sie dem Strommarkt zur Verfügung stehen, sichern sie weiterhin ihre jeweilige Einrichtung ab und übernehmen bei lokalen Netzstörungen die Ersatzver-sorgung ihres Standorts. r2b energy consulting ermittelt bei konservativer Abschätzung ein Potential an Netzersatzanlagen von 5 bis 10 Gigawatt, das schnell und zu geringen Kosten erschließbar ist (r2b 2014). Diese Potentiale bestätigen auch andere in dieser Untersuchung berücksichtigte Studien. Das BMWi prüft, ob Netzersatzanlagen kurzfristig für den Redispatch aktivierbar sind, um die Netzreserve zu entlasten.

Lastmanagement und Netzersatzanlagen verringern die Preisausschläge am Spotmarkt.

Werden diese Kapazitäten in größerem Umfang erschlossen, dann verstetigen sie die Strompreise. Das heißt, wenn viel Lastmanagement nutzbar ist, dann stellen sich geringere Preisspitzen für den Ausgleich von Angebot und Nachfrage (Gleichgewichtssituation) am Strommarkt ein. Der europäische Stromhandel hat ebenfalls einen dämpfenden Effekt auf die Preisausschläge, weil er das potentielle Angebot an Erzeugungskapazitäten in Deutschland um Kapazitäten im Ausland ausweitet und Ausgleichseffekte bei der Last nutzbar macht. In den Modellrechnungen von r2b liegen die für die Refinanzierung der Investitionen erforderlichen Preisspitzen weit unter der technischen Preisgrenze des Day-Ahead-Marktes. Dabei liegen die zehn teuersten Stunden im Jahr 2020 im Durchschnitt unter 200 Euro/MWh und die teuerste Stunde bei rund 400 Euro/MWh. Im Jahr 2030 liegen die zehn teuersten Stunden unter 700 Euro/MWh und die teuerste bei rund 1200 Euro/MWh (r2b 2014). Sollten Last-management und Netzersatzanlagen in geringerem Umfang zur Verfügung stehen als im Gutachten angenommen, funktioniert der Strommarkt infolge des „peak-load pricing“ dennoch. Dann sind die Preisspitzen höher, aber gleichzeitig auch seltener (r2b 2014, Frontier et al. 2014).

Diese Einschätzung gilt natürlich besonders auch für Speicher. Insgesamt ist der ausgleichende Effekt zwischen Netzen selbstverständlich sinnvoll und es ist richtig, ihn zu nutzen. Nur spricht nichts dafür, dies in großtechnischem Maßstab zu tun, um nachher die elektrische Energie wieder fein zu verteilen. Eine dezentrale, rein generative Erzeugungsstruktur drängt in Verbindung mit Speichern geradezu auf, die Vermaschungen der Netzebenen vordringlich auf den bei 0,4 KV und 20 KV zu suchen und möglichst viele kleinere dezentrale Speicheranlagen dazwischen zu setzen.

Private Haushalte und viele Unternehmen können sich
gegen Preisspitzen des Spotmarktes absichern.

Stromanbieter bieten ihren Kunden Tarife auf Basis der durch-schnittlichen Strompreise. Durch die Trennung von Groß- und
Einzelhandel haben selbst deutliche Preisspitzen in wenigen Stunden für diese Kunden nur einen geringen Einfluss.

Private Haushalte und viele Unternehmen werden sich über kurz oder lang ohnehin mittels Batteriespeichern auf schwankende Strompreise einstellen und dadurch so oder so mit der Zeit eine dezentrale Speicherinfrastruktur schaffen. Die Fixierung auf Netzausbau statt Speicher wird deshalb unweigerlich zu einem Interessenkonflikt führen, der der nicht wieder einseitig zu Lasten der Privatverbraucher und kleinen und mittleren Privatunternehmen und zur nachhaltigen Reduktion des Ausbaus generativer Erzeugung führen darf, so wie das bei den Netzentgelten und der EEG-Umlage auf Eigenstromverbrauch bereits der Fall ist.

Industrielle Stromverbraucher können sich über den Terminmarkt gegen Preisspitzen am Spotmarkt absichern und von Lastmanagement profitieren.

Die Industrieverbraucher können sich beispielsweise anhand von Terminkontrakten Strom zu günstigen Preisen sichern („hedging“).
Bei Preisspitzen können sie durch Lastmanagement zusätzliche Erlöse erzielen, indem sie den bereits zu einem geringeren Preis beschafften Strom am Großhandelsmarkt wieder verkaufen.

Auch für Industrieverbaucher werden Speicher in wachsendem Umfang interessant, vor allem. Da sie bereits jetzt zur Kappung kurzfristiger Lastspitzen rentabel sind. Denn Speicher sind die flexibelsten „Verbraucher“ mit den wenigsten Nebenwirkungen.

Externe Effekte für Erzeuger sind gering und vermeidbar, sie haben keinen relevanten Einfluss auf die Versorgungssicherheit.

Die Gutachten haben die Auswirkung von externen Effekten auf die Versorgungssicherheit untersucht. Externe Effekte für Erzeuger können entstehen, wenn sie in Extremsituationen aufgrund von Systemstabilitäts-Maßnahmen nicht einspeisen können und ihnen dadurch Einnahmen entgehen. Die Gutachten kommen zu dem Ergebnis, dass diese externen Effekte für Erzeuger in der derzeitigen Praxis nicht vollständig auszuschließen sind. Sie haben jedoch keinen relevanten Einfluss auf Investitionen von Erzeugungsanlagen und damit auf die Versorgungssicherheit. Um einen Einfluss auf Investitionen sicher zu vermeiden, könnten Erzeuger analog zu den Regeln beim Redispatch und Einspeisemanagement für entgangene Einnahmen vollständig kompensiert werden, wenn sie vom Netzbetreiber infolge von Maßnahmen zum Erhalt der System-stabilität bei hoher Residuallast abgeschaltet werden.

An der Stelle sind Speicher zur zeitlichen Verschiebung und Glät-tung der Einspeisespitzen das bessere Mittel der Wahl als das Abregeln generativer Erzeuger.

Auswirkungen auf die Systemkosten.

Beide Gutachten haben die Gesamtkosten der verschiedenen Optio-nen modelliert. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Unterschie-de zwischen den Systemkosten (ausgefüllte Fläche) dann moderat sind, wenn in den Simulationen ein perfekter, gut informierter Sys-templaner unterstellt wird (Frontier Impact Assessment 2014, r2b 2014). Es bestehen jedoch erhebliche Kostenrisiken, wenn der Sys-templaner Fehler macht und bestimmte Parameter suboptimal einstellt. Wird beispielsweise fehlerhaft in einem Kapazitätsmarkt eine höhere Kapazitätsvorgabe gewählt, erhöhen sich die Systemkosten z.T. erheblich. Dies illustrieren die Simulationen von Frontier Economics (schraffierter Teil). Die Kostenrisiken sind dabei umso höher, je höher (wie bei umfassenden Kapazitätsmärkten) die Eingriffsintensität der Mechanismen ist. Weitere wesentliche Einflussgrößen mit Kostenrisiken sind insbesondere die Vielzahl der festzulegenden Parameter in den verschiedenen Mechanismen.

Auch aus diesem Grund sollten Speicher in einem eigenen Marktsegment mit den Netzen die Realisierung dieser Flexibilitätsoptionen übernehmen.

Auswirkungen auf die nationalen CO2-Emissionen.

Das Gutachten von r2b energy consulting hat im Rahmen der Impact-Analyse die Auswirkungen der verschiedenen Handlungsoptionen auf die nationalen CO2-Emissionen untersucht. Es kommt zu dem Ergebnis, dass bei kostenoptimaler Ausgestaltung sowohl dezentrale als auch zentrale umfassende oder fokussierte Kapazitätsmärkte im Vergleich zu einem optimierten Strommarkt ohne Kapazitätsmärkte zu einem leichten Anstieg der CO2-Emissionen in Deutschland führen können (r2b 2014).

Diese Erkenntnis ist ein weiterer Grund, weshalb der Kurs auf Ausbau der generativen Erzeugung plus Speicher gesetzt werden muss. P2G Anlagen helfen an der Stelle nicht, denn sie sind bestenfalls emissionsneutral und helfen deshalb nicht bei der Senkung des Gehalts an Klimagasen in der Atmosphäre.

Schlussfolgerungen aus den Gutachten: Die Akzeptanz von Preisspitzen am Großhandelsmarkt ist entscheidend.

Die Ausgangsfrage, ob der Strommarkt in der heutigen Struktur für ausreichend Kapazitäten sorgt oder ob zusätzlich ein Kapazitätsmarkt nötig ist, zielt im Kern darauf ab, ob das Auftreten von gelegentlichen Preisspitzen am Strommarkt akzeptiert wird. Mit beiden Optionen kann eine sichere Versorgung der Verbraucher gewährleistet werden. Mit Kapazitätsmärkten oder Reserven kann ein höheres Kapazitätsniveau vorgehalten werden, als es sich aus dem Strommarkt heraus ergibt. Kapazitätsmärkte können zudem Preisspitzen am Spotmarkt verringern. Dadurch kommt jedoch ein neuer Kostenbestandteil hinzu, der auf die Stromverbraucher umgelegt werden muss (Kapazitäts-Umlage).

Diese Kosten sind in der Investition in Speicher mit Blick auf das gesamte System und die Ziele der Energiewende besser angelegt.

Kapitel 10: Zusammenarbeit mit Nachbarländern

Deutschland arbeitet mit seinen Nachbarländern an einem gemeinsamen Konzept für Versorgungssicherheit.

Eine europäische Sicht auf Versorgungssicherheit bringt große Vorteile. Denn der Spitzenbedarf, für den Kapazitäten nötig sind, tritt in den Ländern zu unterschiedlichen Zeiten auf. Bei einer europäischen Betrachtung müssen daher national weniger Kapazitäten vorgehalten werden: Dies erhöht die Versorgungssicherheit und senkt die Kosten. Seit Juli 2014 führt das BMWi Gespräche zum Thema Versorgungssicherheit mit Deutschlands Nachbarstaaten (gemeinsame Definition und ein gemeinsames Monitoring von Versorgungssicherheit, siehe Kapitel 7).

Mag sein, dass national weniger Kapazitäten vorgehalten werden müssen. Doch so lange es sich um degenerative Kapazitäten handelt, die nukleare oder fossile Brennstoffe verbrauchen, wird dieses System unweigerlich zu einer Verfestigung des Erhalts degenerativer Kapazitäten auf dem heutigen Niveau führen. Vor allem, da die Energiepolitik in Deutschland und Bayern nur geringen Einfluss auf politische Entscheidungen in anderen Ländern hat.

Die Grundsatzentscheidung für einen optimierten Strommarkt oder die zusätzliche Einführung eines Kapazitätsmarktes wird Deutschland im Dialog mit den europäischen Partnern und der Europäischen Kommission treffen.

Die Diskussion um die Vorhaltung von Kapazitäten wird in vielen Ländern Europas geführt. Einige europäische Länder wie die Niederlande, Österreich, Norwegen, Schweden und Finnland setzen auf einen optimierten Strommarkt. Finnland und Schweden sowie neuerdings auch Belgien und Dänemark sichern ihn durch eine Reserve ab. Andere Länder haben sich für einen Kapazitätsmarkt oder Zahlungen an spezifische Kapazitäten entschieden. Derzeit implementiert beispielsweise Frankreich einen dezentralen Kapazitätsmarkt und Großbritannien steht kurz vor der ersten Ausschreibung seines zentralen Kapazitätsmarktes. Die Entscheidung für einen optimierten Strommarkt oder einen zusätzlichen Kapazitätsmarkt will Deutschland mit den anderen europäischen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission eng abstimmen. Dabei sollen mögliche Wechselwirkungen der jeweiligen Modelle, aber auch Wege einer besseren Koordinierung eine wesentliche Rolle spielen.

Die Europäische Kommission hat strenge Regeln für die Einführung eines Kapazitätsmarktes aufgestellt.

Kapazitätsmärkte werden von der Europäischen Kommission rechtlich als Beihilfe eingestuft; sie stellen einen erheblichen Regulierungseingriff dar. Aus Sicht der Europäischen Kommission sollten Regulierungseingriffe nur erfolgen, wenn der Strommarkt strukturell zu wenig Kapazität vorhält und weniger tiefe Eingriffe nicht ausreichen. Dabei unterscheidet die Kommission zwischen vorübergehenden Problemen in der Übergangsphase und strukturellen Problemen. In ihren aktuellen Umweltschutz- und Energiebeihilfeleitlinien
verlangt sie den Nachweis, dass der Markt ohne staatliche Intervention keine ausreichenden Kapazitäten hervorbringen kann (EU-Kom-mission 2014). Bedenken hat die Kommission insbesondere bei nicht koordinierten nationalen Kapazitätsmärkten, weil sie das mit den Binnenmarktpaketen angestrebte „level-playing-field“ verzerren und die Effizienzgewinne des europäischen Binnenmarktes verringern können.

Nationale Alleingänge können die Effektivität eines Kapazitätsmarktes verringern und Ineffizienzen innerhalb des Binnenmarktes verursachen.

Da die Strommärkte zwischen Deutschland und seinen Nachbarstaaten gekoppelt sind, könnten zusätzliche Kapazitäten, die in Deutschland durch einen Kapazitätsmarkt angereizt würden, Kapazitäten in anderen Ländern zum Teil substituieren (siehe Kasten in Kapitel 9). Würden in mehreren Ländern Kapazitätsmärkte unkoordiniert eingeführt, könnten zudem erhebliche Überkapazitäten entstehen.

Kapazitätsmärkte werden nicht gebraucht. Von daher sind diese Überlegungen müßig. Speziell Deutschland und Bayern haben nach wie vor die Chance – und sollten das in eigenem zukünftigen Interesse auch tun – wieder die Führungsrolle bei der Energiewende zu übernehmen. Und dabei die Fehler der Vergangenheit vermeiden.

Kapazitätsmärkte müssen zumindest unter den europäischen Mitgliedstaaten koordiniert werden.

Eine Voraussetzung für ein abgestimmtes Vorgehen ist ein gemein-sames Verständnis von Versorgungssicherheit unter den Nachbar-staaten sowie der EU-Kommission. Versorgungssicherheit sollte im Idealfall gemeinsam mit den Nachbarn definiert werden. Zudem sollte ein regionales Monitoring der Versorgungssicherheit durchge-führt werden (siehe oben und Kapitel 7). Darauf aufbauend sollte koordiniert werden, welche Kapazitäten insgesamt in der Region vorgehalten werden, damit die Ziele möglichst effizient erreicht werden. Schließlich sollte gemeinsam entschieden werden, wie ausländische Kapazitäten in den nationalen Mechanismen berück-sichtigt werden und an ihnen teilnehmen können.

Nächste Schritte

Das BMWi führt die Initiative zur Versorgungssicherheit mit den Nachbarstaaten fort. Ein Followup zum ersten Treffen im Juli 2014 findet im November 2014 statt. Ziele der Initiative sind: eine gemeinsame Definition von Versorgungssicherheit (einheitliche Methodik und Kenngröße), die Erstellung eines gemeinsamen Versorgungssicherheitsberichtes mit einem länderübergreifenden Monitoring und perspektivisch, soweit möglich und gewollt, eine gemeinsame Gewährleistung von Versorgungssicherheit.
Die Arbeiten des Pentalateralen Energieforums (DE, FR, AT, BENELUX, CH) werden in den Prozess eingebracht.

Kapitel 11: Kapazitätsreserve zur Absicherung

In den kommenden Jahren durchläuft der Strommarkt eine Übergangsphase.

Bis zur Mitte der 2020er Jahre wird sich der Strommarkt erheblich verändern. Die Herausforderungen dieser Übergangsphase sind insbesondere die fortschreitende Binnenmarktintegration, der Kernenergieausstieg bis 2022 und der Übergang zu einem insgesamt effizienten Stromsystem, in dem flexible Erzeuger und Verbraucher sowie Speicher auf das fluktuierende Dargebot aus Wind und Sonne reagieren (siehe Kapitel 2.1). Die Veränderungen können in den kommenden Jahren Unsicherheiten für Investoren bedeuten. Dies kann auch in einem grundsätzlich funktionierenden Strommarkt Investitionen verzögern. Zur Absicherung des Übergangs bedarf es eines zusätzlichen Instrumentes. Dies gilt sowohl für den Fall, dass der Strommarkt optimiert, aber in seiner heutigen Grundstruktur beibehalten wird, als auch bei Einführung eines Kapazitätsmarktes.

Eine Kapazitätsreserve soll die Stromversorgung zusätzlich zu den an den Strommärkten aktiven Erzeugungsanlagen absichern.

Sie ist so auszugestalten, dass sie diese Aufgabe zuverlässig erfüllen kann (Frontier/Consentec 2014 u. r2b 2014). Vergleichbare Absicherungskonzepte schlagen auch der BDEW (Einführung eines Übergangsinstruments, bis der dezentrale Kapazitätsmarkt umgesetzt ist), der VKU (parallele Einführung einer Sicherheitsreserve zur Absicherung des Kapazitätsmarktes) und ein gemeinsames Papier von Verbänden und Wissenschaft (BDEW/BEE/ VKU u. a. 2013) vor. Internationale Erfahrungen zeigen, dass die Schaffung von Kapazitätsmärkten von der Grundsatzentscheidung bis zur vollen Funktionsfähigkeit mehrere Jahre in Anspruch nimmt. Es ist daher in jedem Fall geboten, für die Übergangsphase ein Sicherheitsnetz in Form einer Kapazitätsreserve einzuziehen.

Die Kapazitätsreserve darf die Investitionssicherheit am Strommarkt nicht beeinträchtigen.

Die Kapazitätsreserve wird von den Übertragungsnetzbetreibern wettbewerblich beschafft und ausschließlich von ihnen eingesetzt. Anlagen, die in der Kapazitätsreserve kontrahiert werden, dürfen die Kraftwerksbetreiber nicht mehr am Strommarkt einsetzen. Dies stellt sicher, dass das Marktgeschehen unbeeinträchtigt bleibt. Die Kapazitätsreserve darf nur eingesetzt werden, wenn es am Strommarkt nicht zu einem Ausgleich von Angebot und Nachfrage kommt. Dies unterscheidet sie von der Netzreserve, welche unabhängig davon Kapazität für Redispatch zur Verfügung stellt, um die Netzengpässe zu überbrücken. Der Einsatz der Kapazitätsreserve ist somit vergleichbar mit der Regelleistung: Sie wird als System-dienstleistung erst nach Abschluss aller Marktgeschäfte eingesetzt, ähnlich dem Vorschlag der Bundesnetzagentur und der E-Bridge-Studie 2013 für TenneT (E-Bridge 2013). Damit lässt sie die Preisbildung und den Wettbewerb sowie das Investitionskalkül der Akteure am Strommarkt unberührt. Bilanzkreisverantwortliche, die ihre Lieferverpflichtungen nicht decken können und den Einsatz der Reserve verursachen, müssen verursachergerecht die vollen Kosten einschließlich der Vorhaltung hierfür tragen. Der Mechanismus ist schnell umsetzbar, mikroinvasiv und kompatibel mit dem euro-päischen Binnenmarkt.

Eine Kapazitätsreserve könnte auch die Netzengpässe in Süddeutschland adressieren.

Die Netzsituation in Süddeutschland bleibt voraussichtlich auch bis nach 2020 angespannt (siehe Kapitel 5). Daher ist ein Instrument wie die Netzreserve für diesen Zeitraum als Übergangsinstrument erforderlich. Die Kapazitätsreserve könnte auch eine Regionalkom-ponente beinhalten und so die Funktion der Netzreserve übernehmen.

Diese angespannte Netzsituation ist wie gezeigt Theorie und diese Theorie berücksichtigt den weiteren Ausbau an generativer Energie und den Aufbau von Speichern in keinster Weise. Genau dort und nur dort liegt der Schlüssel zur nachhaltigen Lösung des Problems.

Nächster Schritt

Das BMWi implementiert eine Kapazitätsreserve unter Berücksichti-gung der bereits bestehenden Netzreserve.

Kapitel 12: Weiteres Verfahren

Mit dem Grünbuch eröffnet das BMWi eine öffentliche
Konsultation.

Im Rahmen der Konsultation kann die Öffentlichkeit zum Grünbuch Stellung nehmen. Die Stellungnahmen können bis zum 1. März 2015 an folgende E-Mail-Adresse geschickt werden:

gruenbuch-strommarkt@bmwi.bund.de

Alle Stellungnahmen werden bei Einverständnis des jeweiligen Absenders auf der Internetseite des BMWi veröffentlicht.

Das BMWi wird das Grünbuch mit den Bundestagsfraktionen,
den Ländern und den gesellschaftlichen Gruppen erörtern.
Parallel führt das BMWi die Diskussion in der Plattform
Strommarkt weiter.

Die Plattform Strommarkt hat ihre Arbeit in der Vorbereitung auf dieses Grünbuch im Sommer 2014 begonnen. Sie umfasst vier fachspezifische Arbeitsgruppen und ein Plenum. Weiterführende Informationen sind auf der Internetseite des BMWi der Öffent-lichkeit zugänglich gemacht (http://bmwi.de/DE/Themen/Energie/Strommarktder-
Zukunft/plattform-strommarkt.html).

Das BMWi wird das Grünbuch auch im Rahmen seines Dialogs mit den Nachbarländern und der Europäischen Kommission beraten.

Denn gemeinsame Lösungen im Rahmen des europäischen Binnen-marktes weisen deutliche Kostenvorteile auf. Der Dialog mit den Nachbarländern wurde im Sommer 2014 in einer hochrangigen Arbeitsgruppe unter Leitung des zuständigen Staatssekretärs im BMWi begonnen. Die Arbeitsgruppe hat bislang vor allem Fragen der Versorgungssicherheit und der Förderung erneuerbarer Ener-gien behandelt (siehe Kapitel 7 und 10). Das BMWi wird den Dialog fortsetzen und weiter vertiefen.

Unter Berücksichtigung der Konsultationsbeiträge zum Grünbuch, der oben genannten Beratungen sowie des Dialogs mit den Nachbarländern wird das BMWi einen Regelungsvorschlag erarbeiten.

Dieser wird die Eckpunkte für das zukünftige Strommarktdesign enthalten und in Form eines Weißbuches veröffentlicht. Nach einer erneuten Konsultation wird auf dieser Basis ein Gesetzgebungsvorschlag erarbeitet.

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Meinen und Glauben sind meine Sache nicht. Ich will alles selbst nachprüfen können.

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Zu Besuch: Die Bundesnetzagentur in München

Teilnahmebericht und Kommentar zur

Veranstaltung der Bundesnetzagentur zum Netzausbaubedarf am 21.04.2015 in München, Lehel-Carrée, Gewürzmühlstrasse 11

Mal vorneweg: Wir reden hier über geschätzte 10 Mrd. Euro Investitionen im Segment „Energie“, welches ein jährliches Umsatzvolumen von 570 Mrd. Euro hat. Zum Vergleich: Die deutsche Automobilindustrie setzt 360 Mrd. Euro im Jahr um. Diese 10 Mrd. werden uns als kleine, private Endverbraucher ca. 2 Cent mehr pro kWh auf dem Strompreis kosten. Wir sollten beim Thema Energie aber immer an eines Denken: Die Kosten für den Import von Energieträgern lagen bei ca. 100 Mrd. Euro im Jahr.

Aktuell ist es etwas weniger, da der Ölpreis gefallen ist. In Zukunft werden es aber mit Sichehreit wieder mehr sein. Und je knapper, desto teurer. Nicht zu vergessen: der politische Aspekt. Wer hat Lust, mit seiner Gasrechnung – und auch der Rechnung für Steinkohlestrom – Wladimir Putin seine 40 neuen Atomraketen zu finanzieren?

Am 21.04.2015 war es soweit. Die Bundesnetzagentur hat Bürger und Interessierte eingeladen, mit ihr über den Netzausbaubedarf, den Szenariorahmen 2024 für die Stromversorgung Deutschlands und einige weitere Aspekte zu sprechen. Am 21.04.2015 habe ich mich deshalb überpünktlich an den Ort der Veranstaltung begeben.

Vom Grundgedanken her, die Bürger über solche Veranstaltungen an dem Geschehen teilhaben zu lassen, sind solche Events sehr zu begrüßen. Was mich als im Allgäu Lebenden auch besonders gefreut hat:

Der Veranstaltungsort war München und somit auch für einen nicht vom Stromtrassenbau durch Eingriffe vor Ort Betroffenen ohne größeren Aufwand in akzeptabler Zeit erreichbar. Betroffen bin ich dennoch, denn auch ich darf die Verspinnwebung unseres Landes mit noch mehr Stromleitungen über Netzentgelte mit bezahlen.

Um 14:00 Uhr ging es los. Die erste große Überraschung war, dass die Tagesordnung durch weitere Vorträge ergänzt wurde. Statt drei gab es fünf Vorträge. Dies, und der Bedarf an Auseinandersetzung durch heftige Einwände, Statements und Diskussionen haben am Ende zu weniger Diskussions- und Gesprächsmöglichkeiten geführt, als für den Themenkreis eigentlich erforderlich wäre.

Die Aufsplitterung in drei parallele Workshops (Bedarfsrechnung, Umweltauswirkungen und Technik) im zweiten Teil mit gemeinsamer Abschlussrunde mag zwar organisatorisch besser auf die Mittel der BnetzA zugeschnitten sein, führt jedoch dazu, dass sich die wenigsten wirklich ausführlich mit den Themen befassen können. Deshalb soviel als Ergebnis vorweg: Wir hätten locker bis Mitternacht weitermachen können.

Das Schlimmste an der Veranstaltung war das Desinteresse der Landespolitik. Auch wenn der ein oder andere Vertreter aus Landtag und Staatsregierung anwesend war: Gesagt hat keiner was, und auf die Idee, seine Bürger = Gäste mit ein wenig mehr als nur Kaffee und Wasser zu versorgen ist auch keiner aus der Politik gekommen. Immerhin dauerte das Event insgesamt nahezu sechs Stunden.

Es wäre auch besser gewesen, früher anzufangen, tatsächliche Pausen zu machen und die Fülle der Vorträge und Diskussionen auf einen ganzen Tag zu verteilen. Die Staatsregierung sollte sich bei solchen Events als Ausrichter und mit einem vernünftigen, energiereichen Catering beteiligen.

Doch nun zum Inhalt. Begonnen hat der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann. Was mir als Bayern sofort aufgefallen ist: Er hat eine sehr ähnliche Intonation und einen ähnlichen Redestil wie Sigmar Gabriel. Zumindest ich musste sofort an den aktuellen Bundeswirtschaftsministerversuch der SPD denken. Herr Homann begann entsprechend auch sofort mit einem Glaubensbekenntnis: „Die Entscheidung für die Energiewende ist eine Entscheidung für den Netzausbau!“ Und wie man seinen folgenden Ausführungen entnehmen konnte, ist dieser Satz nicht nur Schlussfolgerung als vermeintlich gesichert erkannter Notwendigkeiten, sondern zugleich auch Prämisse für die deshalb notwendigen Maßnahmen. Frei nach dem Prinzip: Ich beweise, was ich als Ziel anstrebe, indem ich es voraussetze, was ich als Ziel anstrebe. Der logische Zirkelsschluss als Argumentationsprinzip.

Mein Eindruck hat sich verstärkt: Wir haben es mit einer hermetisch geschlossenen Sicht- und Denkweise zu tun. Einem circulus vitiosus, dessen tragende Elemente nicht in Frage stehen dürfen.

Auch wenn Herr Homann mit seiner Mitteilung „Die BnetzA strebt nicht nach einem optimalen Netzausbau!“ diese These zu relativieren scheint, so erlebt der Zuhörer nach spätestens 20 Minuten die Heiligsprechung aller verkündeten, seligmachenden Maßnahmen durch einen Satz, der schon keine These mehr ist, sondern mehr eine Gesetzesverkündung: „Das Thema, bzw. die Forderung, der Bedarf müsse nachgewiesen werden, ist abwegig.“

Wortwörtlich zitiert aus dem Mund des Präsidenten der BNetzA.

Was soll ich als Bürger nun damit anfangen? Wie sich in der späteren Diskussion, in der es auch echte Anfeindungen seitens einiger teilnehmender BIs gab, herausstellte, versteht man bei der Bundesnetzagentur ein Grundproblem nicht, auch wenn zumindest der Moderator der Veranstaltung es benennen konnte:

Ein großer Teil der Bürger ist nicht mehr bereit, den Bekräftigungen und Aussagen von so genannten „Experten“ Glauben zu schenken, wenn diese den grundsätzlich gleichgerichteten Aussagen von Interessenvertretern – hier die Netzbetreiber – und einer Bundesbehörde – hier die BnetzA – zustimmen und diese Experten zwar als unabhängig bezeichnet werden, aber in keinem transparenten Verfahren ausgewählt wurden. Der Bürger denkt, die Expertise sei bestellt und gekauft im Sinne der Netzbetreiber und die BNetzA sei Erfüllungsgehilfe.

Was natürlich dadurch verstärkt – ja geradezu bewiesen wird – dass die Berechnungsmethoden und die den Berechnungen zu Grunde liegenden Rohdaten schlicht vertraulich sind. Diese Daten erhält nach §12 f EnWG nur ein handverlesener Personenkreis, der „ausreichende Fachkenntnis“ und „berechtigtes Interesse“ nachweisen kann.

Zudem wird darauf verwiesen, dass mit diesen Daten nur umgehen kann, wer die passende Software hat. Da es nun ca. 40 Personen bzw. fachkundige Gutachter und Ingenieurbüros gibt, die diese Daten bisher erhalten haben, könne man sich auch an diese wenden. Was nur keider keinen Fortschritt bringt, weil „diese“ einerseits Vertraulichkeitsvereinbarungenunterschrieben haben – also auch keine Daten herausgeben dürfen – und man für die statt dessen dort beauftragbaren Thesen ordentlich Geld auf den Tisch legen darf. Womit man wiederum irgendwem vertrauen muss,alsowieder nichts nachprüfen und verifizieren kann, und / oder gleichzeitig jedes Minimumn transparenter Information für den Normalbürger unerreichbar ist.

Mein Einwand war entsprechend sofort, es sei nicht akzeptabel, dass Bürger auch noch Geld dafür bezahlen und die fürstlichen Honorare einer kleinen Gruppe von Auserwählten bestreiten, um den Nachweis für die Notwendigkeit eines Netzausbaus, den sie mit ihren Netzentgelten sowieso bezahlen dürfen, lediglich wieder nur von Dritten bestätigt zu bekommen.

An der Stelle vorgezogen ein Einschub, der meine persönliche Diskussion mit Dr. Jochen Patt wiedergibt.

Mit ihm habe ich anschließend an die Veranstaltung gesprochen. Im Vortrag wurde erklärt, dass die Daten sowieso schon allein deshalb nicht herausgegeben werden können, weil es sich um Stundenwerte von 8.760 Stunden im Jahr an den vielen Messpunkten im deutschen Netz handelt.

Meine erste Nachfrage hat ergeben: Es sind ca. 500 Messpunkte, die die Einspeisung der Kraftwerke ausschließlich an den Knoten des Höchstspannungsnetzes (HÖS) erfassen, sowie weitere ca. 50 Messpunkte an den Grenzkuppelstellen.

Mein Vorschlag war, das jeweilige Leistungsdiagramm eines Messpunktes für jede Stunde als pdf in ein online-Archiv zu stellen. Knapp 5 Millionen pdf-files pro Jahr, vernünftig geordnet, wären kein Problem. Und jeder kann sich in seinem Netzbereich heraussuchen, was ihn interessiert.

Alternativ sollte es kein Problem sein, die Leistungsdaten von 550 Messpunkten in Echtzeit verfügbar zu machen. 550 Fensterchen mit Diagramm auf einer Onlinekarte der BRD sind zwar ein ordentlicher Programmier- und Datenpflegeaufwand, aber kein Hexenwerk. Allein das privat organisierte Onlineportal Lemnet.org zeigt z. B. mehrere tausend Elektroautoladesäulen an und übermittelt deren aktuellen Betriebszustand online.

Das Gegenargument: Dann könnte ein Wettbewerber sich die Daten eines Messpunktes holen und auf die Effizienz und die betriebswirtschaftliche Situation des am Messpunkt hängenden Kraftwerks zurückzuschließen, denn ein Kraftwerk pro Messpunkt sei die Regel.

Schön und gut, dann wäre es sinnvoller, auf der anderen Seite des Netzknotens den Lastabruf zu messen. Die Querverschiebung von Strom innerhalb des HÖS wäre dann zwar öffentlich nicht mehr direkt sichtbar, aber der Bedarf pro Netzknoten schon. Man kann immer noch erkennen, wie hoch der Transportbedarf wirklich ist, nur die Quelle bliebe anonym.

Herr Dr. Patt erläuterte mir, dass man bei der BnetzA intensiv darüber nachdenke, wie man die Grundlagen der Bedarfsberechnung besser öffentlich erkennbar machen könne und wolle auch in Zukunft weniger restriktiv mit den Daten umgehen. Allerdings sei man selbst derzeit mit der eigenen Rechnerkapazität am Ende. Die eigene IT der BnetzA ist ausgereizt.

Im weiteren Gespräch habe ich die interessanteren Informationen bekommen: Die Messpunkte auf den Netzebene HS, MS und NS werden gar nicht erfasst. Dort wird zwar aktuell zu Überwachungszwecken gemessen und regelnd in das Netz eingegriffen, aber es erfolgt keine Auswertung der Daten in Bezug auf das Auftreten von Last- und Leistungsspitzen, temporäre Zuordnung, Querverschiebungen etc.

Mit anderen Worten: Wir wissen gar nichts. Weder die BnetzA noch die Bürger.

Die einzige Konsequenz vor jeder weiteren Stromtrassenplanung kann daher eigentlich nur eine DENA-Netzstudie III sein, die einen vollkommen neuen Ansatz erfährt:

– Bottom – up Aufbau von der Verbraucherseite her
– Lastgangsmessung an der Lastseite aller Netzknoten: NS, MS, HS, HÖS
– transparent veröffentliche und online einsehbare Lastdiagramme
– Bestimmung aller kritischen Lastspitzen
– Simulation der Ergebnisse bei Einsatz von passend ausgelegten Speichern zur Aufnahme von Erzeugungsspitzen und Kappung von Lastspitzen an den verschiedenen Netzknoten

Jede Zukunftsplanung muss zusätzlich das noch immer nicht genutzte Potential der rein generativen Stromerzeugung beinhalten.

Wie die BnetzA selbst zugibt – und damit meiner Beschreibung zustimmt – dass das bundesdeutsche Stromnetz mit Österreich ein organisch gewachsenes Gebilde ohne zu Grunde liegende konkrete Planung ist, weist dies darauf hin, dass die Pläne und Bemühungen der Netzbetreiber, der Behörde und der Bundesregierung darauf hinauslaufen, den Ansatz einer zentralisierten bzw. zentral gelenkten Stromversorgung noch weiter zu verstärken. Der § 15 NaBeG stellt dazu eigens den Vorrang der Bundesplanungen vor den Ländern sicher. Damit wurde der Umsetzung einer dezentralen Stromversorgung ein weiteres Hindernis entgegengestellt. Diese dezentrale Stromversorgung ist jedoch unausweichliche Konsequenz, wenn tatsächlich jemals eine Vollversorgung aus „Erneuerbaren“ erfolgen soll.

Zu guter Letzt habe ich Herrn Patt verdeutlicht, dass die Nichtberücksichtigung der Stromflüsse, Lastspitzen und Leistungsspitzen auf den „unteren“ Netzen in Tateinheit mit dem völligen Ignorieren der technischen Möglichkeiten von Speichern aus meiner Sicht ein schwerwiegender systematischer Fehler ist.

Das Äquivalent in der Finanzpolitik dazu wäre, die Deckung des Staatshaushalts in Zukunft nur noch auf Steuern auf Erträge (nicht zu verwechseln mit Überschüssen oder Gewinnen) abzustellen, die von den Firmen erwirtschaftet werden, die 70 % des Bruttosozialprodukts erzeugen.

Erstens benötigt die Stromversorgung auf Grund der Fähigkeiten und Möglichkeiten der Elektrotechnik in Verbindung mit Speichern keinerlei manuelle Kontrolle und kein menschliches Eingreifen mehr. Gerade in Verbindung mit ausreichend großen und leistungsfähigen Batteriespeichern an Netzknoten auf allen Ebenen überwacht die Elektronik Frequenz, Spannung und Stromstärke vollautomatisch, balanciert die Schwankungen vollautomatisch aus, leitet Überschüsse in die Speicher ab oder gleicht Defizite aus diesen aus.

Zweitens entstehen und vergehen auf den Ebenen NS und MS genau die Bedingungen, auf denen die Szenarien für die Verschiebung von Energie und Leistung aufbauen.

Drittens haben Verbraucher mittels Speichern die Möglichkeit, ihren Verbrauch zu glätten und sich so vor unerwünschten Rückschlüssen auf ihr persönliches Verbrauchsverhalten ebenso wie vor Preisschwankungen durch unregelmäßige Last zu schützen. Smart Meter als Wunschtechnologie bewirken genau das Gegenteil und werfen intensive Fragen nach Datenschutz auf. Auch Unternehmen sind Verbraucher und haben ein legitimes Interesse, dass ihr interner Verbrauch nicht öffentlich eingesehen werden kann.

Viertens ermöglichen Speicher das Auffangen volatil und rein generativ erzeugten Stroms. Sie nehmen Leistungsspitzen von PV-Anlagen und Windrädern auf und geben den Strom konstant über längere Zeiträume, sogar genau zum passenden Zeitpunkt ab.

Fünftens ermöglichen Speicher die problemlose Implementierung weiterer Kapazitäten an generativer Stromerzeugung. Eine Studie des Fraunhofer ISE hat 2013 aufgezeigt, dass in einem beliebigen Verteilnetz eine Abdeckung von 40 % der installierten Kapazität an generativer Stromerzeugung mit Batteriespeichern die Aufnahmefähigkeit des Netzes für weitere generative Anlagen um 60 % erhöht.

Die Folgen eines Zubaus von Batteriespeichern hätten für die aktuelle Bedarfsplanung der BnetzA die Konsequenz, dass ihr eben diese Planung um die Ohren fliegt.

Dann hätten wir halbfertig gebaute Trassen, Millionen Planungskosten in den Sand gesetzt und brauchen sie gar nicht.

So viel zum sehr angenehmen Gespräch mit Dr. Patt. Er hat leider die Meinung, dass keine Speichertechnologie in großen Rahmen verfügbar sei. Die bereits in Betrieb befindlichen Großanlagen in Kalifornien, Japan, Texas, China und auch in Deutschland sind ihm entweder nicht bekannt, oder werden nach wie vor als Testanlagen bewertet.

Tatsächlich jedoch ist Speichertechnik bereits jetzt für jedermann ganz regulär käuflich erwerbbar und als Serienprodukt verfügbar. Im Gegensatz zu Power-to-Gas-Anlagen, die nach wie vor als Projekt aus mehr oder weniger verfügbaren Einzelkomponenten individuell zusammengestellt werden müssen, kann man ohne weiteres auch 5 MW oder 10 MW Batteriespeicher bei der Industrie ordern. Höhere Leistungen werden in der Realität eher selten benötigt.

Doch zurück zum Vortrag von Herrn Homann.

Seine erste Beschwichtigung war, dass die BnetzA nicht nach dem optimalen Netzausbau strebe. Das hat mich zunächst schockiert, doch ich gehe mal zu seinen Gunsten davon aus, dass er „nicht maximal“ sagen wollte. Denn eines dürfte gerade in Bayern unstrittig sein: Wenn wir etwas machen, dann immer optimal, also so gut wie möglich.

Dennoch muss man das angesichts des aktuellen Stands der Batteriespeichertechnik und der prognostizierten Zeit bis zur Umsetzung des Ausbaus in Frage stellen. Wer sich über den Stand der Batterietechnik informieren will, der möge die EES besuchen, die parallel zur INTERSOLAR vom 10.-12. Juni in München stattfinden wird.

Herr Homann teilte weiter mit, dass Bayern gefordert habe, dass die BnetzA zukünftig die Ausbauszenarien alleine erstellt. Nun, auch wenn das eine durchsichtige Forderung der CSU = Staatsregierung ist, ist der Vorschlag als dezente Kritik an der Dominanz der Übertragungsnetzbetreiber prinzipiell zu begrüßen. Allerdings bräuchten wir dafür eine personell vollständig neu aufgestellte BNetzA.

Bei der Gelegenheit wäre die Bedarfsberechnung bottom-up vom Kopf auf die Füße zu stellen: Installation dynamischer Messtechnik an allen Netzknoten von NS über MS und HS bis HÖS, Ermittlung der Last- und Leistungsspitzen, Modellierung einer vernünftigen Spitzenkappung über Speicher, Hochskalierung auf die nächste Ebene, erneute Modellierung der Spitzenkappung und so fort bis die real benötigten Lastverschiebungen dadurch klar und deutlich nachvollziehbar sind. Auf diesem Weg ohne irgendwelche sensiblen Daten von Unternehmen und Bürgern zu veröffentlichen.

Es lohnt sich ohne weiteres, für so ein ambitioniertes Projekt noch einmal zwei Jahre in die Hand zu nehmen, denn auch der Stromtrassenbau wird locker 15 Jahre dauern. Sofern ihn die Bürger zulassen.

Jochen Homann ging auch kurz auf die laufenden bayerischen Landesentwicklungspläne ein, die von den Medien als angebliche „Trassenverhinderungspläne“ kommuniziert werden. Sein kurzer Kommentar dazu: Der §15 NABeG stellt klar, dass unsere Planungen vorgehen. Da haben die LEP keine Chance, aber wir wollen keinen Streit, sondern einvernehmliche Lösungen mit den Landesbehörden.

Ja, mit den Behörden! Aber was ist mit den Bürgern? Allein diese Entwicklung einer weiteren Verschiebung von Gestaltungsmacht aus dem Land nach Berlin ist für mich ein ausreichendes Argument für die Wiedererlangung der vollen staatlichen Souveränität Bayerns. Ohne CSU. Die kann Deutschland dann gern vollumfänglich übernehmen und integrieren.

Homann argumentierte weiter mit den Folgen von Netzengpässen, die pro Jahr einen dreistelligen Millionenbetrag kosten: (115 Mio. in 2014). Die gelte es zu vermeiden. 10 Mrd. € Netzausbau um 115 Mio. € pro Jahr einzusparen. Mal sehen ob mir meine Bank auf der Grundlage ein Darlehen gewährt.

Jetzt wäre es schön gewesen zu erfahren, an welcher Stelle und zu welchen Zeitpunkten diese Engpässe aufgetreten sind. Und gegenüber zu stellen, wie viel Speicherkapazität und Leistung damit pro Jahr aufgebaut werden kann. Denn Speicher bieten schlicht mehr Möglichkeiten als Leitungen.

Ich schiebe es mal ein: Nach aktuellem Stand kann man damit 480 MWh Kapazität bei 160 MW Leistung aufbauen. Pro Jahr. Das wäre z. B. ein Speicher, der den stark schwankenden Bezug der Lechstahlwerke Meitingen punktgenau ausregulierenkann und damit gleichzeitig 750 MW Ausbaubedarf wegnimmt. Die deutlich größere Bedarfseinsparung ergibt sich aus den entfallenden Sicherheitszuschlägen beim Leitungsbau, da maximal Kapazitäten nicht einfach additiv aufsummiert werden dürfen. Das bedeutet: Will man den Strombezug für die LSW Meitingen bei 150 MW benötigter Leistung nach Abschalten des AKW Gundremmingen über eine Fernleitung aus dem Brandenburger Braunkohlerevier sicherstellen (ca. 600 statt 40 Kilometer), dann müssen diese 150 MW vom ersten bis zum letzten Meter gesichert durchgehen, Bei einer kalkulatorischen Auslastung einer Fernleitung mit 20 % bedeutet das: 5 Mal mehr Leistung vorsehen.

Wie der Präsident der BnetzA weiter erklärte, habe seine Behörde ca. 1/3 der beantragten Ausbaumaßnahmen der Netzbetreiber gestrichen. Dieses Argument soll die Unabhängigkeit und Kritikfähigkeit seiner Behörde beweisen oder zumindest unterstreichen.

Woher aber soll ein Bürger wissen, ob die Netzbetreiber – es sind ja nur die vier auf der HÖS-Ebene tätigen – nicht ganz bewusst ein möglichst aufgeblasenes Szenario vorgelegt haben, um am Ende das eigentliche vorläufige Ziel zu erreichen? Immerhin – wie am Gespräch mit Dr. Patt aufgezeigt – können wir die Berechnungsgrundlagen, sprich Daten, der Bedarfsszenarien nicht transparent nachvollziehen. Bei bevorstehenden Verhandlungsszenarien ist es nicht unüblich, auf das Ziel eine ordentliche Verhandlungsmasse oben drauf zu packen.

Denn eines darf nicht vergessen werden: Die Netzbetreiber erhalten eine garantierte Rendite von 9,05 % auf ihr investiertes Eigenkapital. Begrenzt ist dabei lediglich die Höhe des Eigenkapitals pro Vorhaben auf 40 % und es gibt eine modellierte betriebswirtschaftliche Bewertungsgrundlage für Netzbetriebe, auf der die Garantie beruht. Diese begrenzt die Auszahlung der Renditegarantie in effektivem Geld auf einen Wert, der 9,05 % entspricht. Betriebswirtschaftliche Fehler des Netzbetreibers führen somit zum Absinken der Rendite. Das ist vergleichbar mit einem Hartz-IV-Empfänger, dem nicht mehr als das festgelegte Maximum für die Wohnung plus Nebenkosten gezahlt wird, der aber dennoch real mehr Miete und höhere Energiekosten zahlen muss. Der Unterschied besteht allerdings in der monatlich zugestandenen Vergütung für einen beliebigen Mitarbeiter eines Netzbetreibers und dem Lebenskostenhaltungssatz, der einem Hartz-IV-ler zugestanden wird. Kommt der Hartz-IV-Empfänger nicht mit seinem Geld aus, muss er halt eine billigere und kleinere Wohnung suchen.

Laut Homann sind weiterhin, auch nach Streichung eines Drittels des Bedarfs, alle geplanten HGÜ notwendig, da „Wind dimensionierend“ sei und deshalb große Leitungskapazitäten erforderlich mache.

Windstrom, der in Speichern gelagert wird und damit Braunkohlekapazitäten überflüssig macht, wurde nicht thematisiert. Ebenso wenig die Herstellung von synthetischem Methan oder einfach nur Wasserstoffgas aus überschüssigem Windstrom.

Der Bezug nach Bayern durfte natürlich nicht fehlen. Deshalb erläuterte Hohmann, das „zentrale Ergebnis des bayerischen Energiedialogs, sei, dass ab 2022 in Bayern eine Stromlücke von 5 GW Leistung bei 30 TWh Strom bestehen werde.

Das würde bedeutetn: 6.000 Volllaststunden eines Kraftwerksmit 5.000 MW Leistung. Was in jedem Fall eine virtuelles Kraftwerk wäre, das aus der aggregierten Leistung vieler einzelner Kraftwerke bestehen würde. Technisch wäre eine Turbine dieser Leistung sicher baubar, aber logistisch derzeit nicht mit Brennstoff zu versorgen.

Rein generativ wäre dafür z. B. eine installierte PV-Leistung von 30 GW notwendig, die eine Fläche von ca. 180 km² bedecken würde. Also 0,25%, wobei bereits 13% Bayerns versiegelt sind.

Abgesehen davon, dass der „Energiedialog“ in Bayern tatsächlich ein erweiterter Monolog war, der die Bürger belehren und ein paar besser gestellte und vernetzte Interessenvertreter mit einbeziehen sollte, forderte diese Aussage sofort heftige Proteste heraus. Die Zahlen seien falsch, nicht berücksichtigt sei die weitere Entwicklung der re-generativen, ebenso wenig das Thema Entwicklung des Strombedarfs usw.

Und tatsächlich: Bei der Bedarfsberechnung werden die generativen Stromerzeuger mit Null bewertet. Sonne und Wind decken noch immer keinen Strombedarf. Weder die direkte Nutzung durch die Erzeuger noch die Speicherung wird bewertet. Lediglich Pumpspeicher werden mit 50 % der Nennleistung einberechnet.

Meine eigene Recherchen ergeben:

In Bayern werden zwischen 5,5 GW und 12,5 GW Leistung abgerufen.

Bayern hat

5,3 GW Atomkraft
4,4 GW Erdgas
1,0 GW Mineralöl
0,8 GW Steinkohle
2,0 GW Laufwasser incl. Speicherwasser
1,3 GW Biomasse
1,5 GW Windkraft
10,7 GW Photovoltaik

0,6 GW Pumpspeicherkraftwerke

Das Problem ist die dauerhafte Verfügbarkeit der Erzeuger.

Die ist in direkter Linie nur bei den ersten sechs gegeben.

Das sind zusammen tatsächlich 13,8 GW. Das genügt also augenscheinlich und lässt sogar noch ein paar Reserven übrig.

Wind und Sonne sind zusätzlich da und so gesehen quasi „überflüssig.“ Gehen die 5,3 GW Atomkraft in 2022 vom Netz, dann fehlen also ohne PV und Wind eher 5,3 GW als 5 GW. Allerdings bezieht sich das ausschließlich auf die gerechneten Spitzenlasten, nicht auf den Durchschnitt, nicht auf den Median und sagt noch lange nicht aus,ob,wie, wann und wo diese Lücken möglicherweise auftreten.

Last- und Leistungsspitzen sind im Energiemanagement allerdings schon lange ein Thema, dem mit Speichern begegnet wird. So lange wir aber nicht wissen bzw. nicht nachvollziehen dürfen, wann, wie oft und wo die Lastspitzen tatsächlich auftreten, können wir auch keine alternative Strategie zu Stromtrassen entwickeln, die Speicherkapazitäten sinnvoll einbezieht.

Daraus die Behauptung zu entwickeln, „den Bedarf in Frage zu stellen, ist abwegig“ ist schlichtes Belehren nach Herrenmenschenart und keineswegs Diskussionsbereitschaft.

Man kann es nur wiederholen: Wenn man einen Bedarf als heilige Kuh voraussetzt, dann kann bei einer Betrachtung nichts anderes herauskommen, als eben dieser Bedarf.

Die aktuelle Übertragungskapazität der Netze vom „Ausland“ nach Bayern ist mit ca. 6 GW auch absolut ausreichend, um diese „Stromlücke“, die in Wahrheit eine Leistungslücke ist, zu decken.

Dass dies genau so auch der Fall ist, hat die BNetzA am 21.04.2015 im Lauf der Veranstaltung auch im Wortlaut bestätigt.

Der Stromverbrauch Bayerns liegt heute übrigens bei 93 TWh. Mit den sicher vorhandenen Kapazitäten ohne Kernkraft lassen sich bei ca. 8,5 GW knapp 75 TWh Strom zusätzlich erzeugen. Mehr als doppelt so viel, als angeblich fehlt. Und ohne PV und Wind einzubeziehen. Deshalb ist auch das Märchen von der Stromlücke eben genau das: Ein Märchen. Was fehlt, ist die Möglichkeit, diese 30 TWh in passenden Portionen zur passenden Zeit am passenden Ort = Ort des Verbrauchs – bereit zu stellen. Und genau das lässt sich mit Speichern ebenso machen wie mit Leitungen.

Bayern hat 80.000 statische Ortsnetztrafos (ONT), die zwischen 50 KW und 600 KW Leistung verarbeiten, an den Knoten Niederspannung/Mittelspannung (NS/MS). Die Anpassung dieser ONT an flexiblere Netze durch so genannte RONT (regelbare ONT) kostet laut LEW 2013 29 Mio. Euro pro Stück (regelbare Ortsnetztrafos vom Marktführer Siemens).

Diese ONT lassen sich aber auch spielend innerhalb sechs Jahren mit einer Kombination aus Li-Ion und Redox-Flow-Batterien und Leistungselektronik nachrüsten. 600 KW Leistung bei 2.000 kWh Kapazität sind für ca. 2 Mio. Euro pro Einheit beschaffbar. Allein damit stünden genau an den Ebenen, an denen PV und Wind hauptsächlich eingespeist werden, 48 GW Regelleistung ganzjährig bereit, sowie 160 GWh Energie-Kapazität, über die wir im Tag/Nachtrhythmus bei 320 nutzbaren Tagen 51 TWh Strom zeitlich verschieben können.

Oder auch das Doppelte des durchschnittlichen Tagesbedarfs, der sich aus der angeblichen Stromlücke von 30 TWh ergibt.

Für die vermeintlichen 20 Tage im Winter, in denen es weder Wind noch Sonne gibt, bräuchte es zwar zehn Mal mehr, aber nichts spricht dagegen, die Batterien vorläufig vor allem nachts mit Strom aus bestehenden Kraftwerken und KWK aufzuladen um den Strom tagsüber zur Verfügung zu haben.

Eine letzte Rechtfertigung der Notwendigkeit der Trassen durch Herrn Homann war der notwendige Stromaustausch mit Österreich. Wen wir den nicht hätten! Also deshalb dürften wir ja gar nichts gegen neue Trassen haben.

Ja, aber den Stromaustausch mit Österreich haben wir seit 40 Jahren, weil der essentiell für den Betrieb unserer Kernkraftwerke war. Dafür brauchen wir keine weiteren Leitungen. Es sei denn wir verachtfachen endlich unsere PV-Kapazität auf 80 GW. Das Potential dazu haben wir locker allein auf den Gebäudedächern, die noch immer ohne PV sind. Dann hätten wir auch einen Überschuss von noch einmal ca. 90 TWh, die wir Jahr für jahr exportieren können. Allein Bayern. Dann bräuchten wir allerdings Trassen.

Bemerkenswert an Herrn Homanns Ausführungen war eine Phrase, die er häufig wiederholt: „Aber das weiß ja jeder!“ und der Hinweis auf die Ergebnisse des bayerischen Energiedialogs. Er scheint auch nicht den Unterschied zwischen der CSU und Bayern zu kennen. Nur knapp 26 % der Wahlberechtigten geben der CSU ihre Stimme. Das reicht zwar für die CSU, um allein zu regieren, weil knapp die Hälfte der Wahlberechtigten das zulässt, aber zur Identität mit Bayern reicht das längst nicht mehr.

Ab 14:30 Uhr wurden dann ein paar Fragen zugelassen. Erneut wurden Zweifel an der Bedarfsrechnung geäußert. Herr Homann ist leider stets ausgewichen.

Wie bei solchen Veranstaltungen üblich, waren die Fragerunden von Leuten bestimmt, die Statements abgeben mussten. So wurde geäußert, dass diese Leitungen nur dafür da seien, Kohlestrom mit Hilfe billiger Emissionszertifikate über Bayern bis nach Italien zu verramschen. In der Antwort hieß es, dass wir dem europäischen Emissionszertifikatesystem folgen müssten, da wir Mitglied seien.

Nicht thematisiert wurde, dass sich England und Schweden trotzdem eine zusätzliche CO2-Abgabe leisten. Das könnten wir auch tun und schon wäre der Anreiz weiterhin viel zu billig Braunkohlestrom auf den Markt zu werfen, erledigt. Denn klar wurde dass die HGÜ vordringlich dazu gebraucht werden, den Braunkohlestrom und später zunehmend auch Windstrom auch nach Südeuropa zu transportieren. Wer aber sagt, dass z. B. Italien darauf warten wird, Strom, besonders aus Braunkohle, in Zukunft aus Deutschland zu beziehen?

Wir hätten es ohne weiteres in der Hand, die Energiesteuer mit einem CO2-Faktor (Grad der Emission im Vergleich zu regenerativer Erzeugung aus Biomasse = 1) und dem Primärenergiefaktor (Effizienz) zu variieren. Und bei der Gelegenheit gleich die Vergünstigungen der Kohlebergbaue streichen. Aus den Einnahmen lassen sich dann Emissionszertifikate aufkaufen und / oder Maßnahmen für die Steigerung der Energieeffizienz von Unternehmen finanzieren.

Klar angeschnitten wurde die Angabe im Szenariorahmen, dass der Stromexport von Deutschland ins Ausland bis 2014 von bisher 18 TWh auf 80 TWh steigen soll. Und genau dazu werden die Leitungen gebraucht. Bezahlen dürfen diese die Endverbraucher mit ihren Netzentgelten. Den Nutzen aber haben vor allm Finanzkonzerne. So aber ist das inakzeptabel.

Herrn Homann wurde entgegengehalten, wer Strom wohin liefert entscheide nicht das Netz, sondern der Handel. Dann soll der Besteller gefälligst auch den Transport bezahlen. Diesem Statement ist er ausgewichen und die Diskussion wurde beendet.

Es folgte ein Vortrag von Herrn Zerres, einem Juristen der bei der Bundesnetzagentur beschäftigt ist, zur Prüfung des Netzentwicklungsplans 2024.

Zerres kann man nicht beschreiben, man muss ihn erleben. Im Stile des Erklärbären aus einer gewissen Kindersendung wird der Zuhörer in mäßigem Tempo mit einer recht großen Menge an Informationen gefüttert, die aber alle keinen grundsätzlichen Bezug haben. Dieser Vortrag sollte unbedingt als Video auf Youtube erscheinen.

Zerres fokussiert darauf, dass eine Veröffentlichung der Daten für die Bedarfsberechnung nicht möglich sei, weil zu umfangreich. Man könne nicht die Daten von 60.000 Referenzstellen über 8.760 Stunden bereit stellen. Das würde niemand überblicken.

Muß das überhaupt jemand überblicken? Wäre es nicht sinnvoller, wenn das viele Sachkundige an vielen Stellen überblicken?

Er teilte mit, dass die Stromnetzberechnung aus den Daten der Stromproduktion erfolgen würde. Was bei genauerem Hinsehen aber nicht stimmt. Es sind die Forcast-Handelsdaten aus dem Vorab-Verkauf der theoretischen Produktion aller Kraftwrke mit über 100 MW Leistung in der BRD. Die Potentiale zehntausender kleinerer Anlagen fallen kompleet unter den Tisch. In der Realität nähert sich die Produktion in einem fortwährenden interativen Verfahren über den Handel – sowohl Börse als auch OTC – immer weiter dem realen Bedarf an und wird final durch den so genannten Day-Ahead-Handel definiert und sogar dann noch über Intra-Day-Handel und Re-Dispatch bei spontanen Abnahmeabsagen oder Zusatzkäufen nachjustiert. Dann aber sind die Hochrechnungen der ursprünglichen Daten für die Netzplanungen längst abgeschlossen.

Herr Zerres was es auch, der die Richtigkeit meiner Auffassung, dass die Investoren eine tatsächliche Renditegarantie auf ihr eingesetztes Eigenkapital haben, wortwörtlich bestätigte. Er erläuterte das System noch einmal und wies auch darauf hin, dass der unterschiedliche Renditezinssatz für neue Stromtrassen und bestehende Netze zwar dem Umstand der Abschreibung geschuldet sei, sich aber auf den tatsächlichen Neuwert beziehe. Von daher seien Betreiber alter Netze wirtschaftlich denen neuer Netze gleichgestellt.

Meiner Meinung nach liegt dort der systematische Fehler an der Sache, da dadurch die Produktion die Parameter für die Verteilung ihres Produkts festlegt. Statt der Nachfrage. Wie weiter oben angeschnitten führt das zu weiteren Schlüssen, die nur deshalb folgerichtig sind, weil sie zu dem Ergebnis führen, das sie zunächst voraussetzen.

Sollte dieser Modus weiter beibehalten werden, dann wird eine echte „Energiewende“ erst dann wirklich beginnen, wenn es eine definitive und unumkehrbare politische Entscheidung zum Ausstieg aus Kernkraft, Kohle Öl und Gas gibt.

An der Stelle ist es geboten auf eine oft gehörte Aussage hinzuweisen: Der sogenannte „Anteil der erneuerbaren am Strom“, der oft plakativ und beifallheischend mit hohen Prozentzahlen publiziert wird, ist meist lediglich ein Leistungsanteil. Er bezieht sich auf so und so viel Gigawatt der Erzeugung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Entscheidend wird jedoch sein, welche Menge an Strom mit Wind und PV zukünftig produziert wird. Und da sind wir noch meilenweit von Erfolgsmeldungen und Hurrageschrei entfernt.

Die bemerkenswerteste Aussage von Herrn Zerres war die Bestätigung, dass die garantierte Rendite für Netzbetreiber Realität ist und keine fiktive Obergrenze, die sowieso nicht erreicht wird.

Auf die Frage, mit welchen Begründungen die in dem festgelegten Prozentsatz enthaltenen Risikozuschläge berechtigt sind, konnte er keine Antwort geben. Kein Wunder: Es gibt schlicht keine Risiken. Danach gefragt: Es sind keine bekannt. Das ist Sache der Verhandlungspartner. Die Netzbetreiber brauchen aber größtmögliche Sicherheit.

Des weiteren gab es von ihm noch eine Reihe von Informationen über technische Parameter zur Kalkulation von Leitungen, ein Statement, dass die BnetzA keinen Vollausbau plant und dass die BnetzA der Meinung sei, die Maßnahmen seien allesamt bestätigungsfähig.

Das Problem daran erkennt auch er nicht: Die Bestätigungsfähigkeit zu bestätigen ist das Ziel des Verfahrens und bestimmt deshalb die Parameter. Mit anderen Worten: Das Verfahren ist nicht technologieoffen und betrachtet das Ganze aus einem einzigen Ansatz: Dem einer hemmungslosen Zentralisierung,  zentralen Kontrolle und faktisch kompletten Sozialisierung aller wirtschaftlichen Risiken. Zentralisierung und zentrale Kontrolle  haben dabei glasklar die Funktion, diese Sozialisierung der Risiken sicherzustellen.

Sein Abschlussstatment: Das EEG sei der große Trigger des Netzausbaus. Dass der Wachstumseffekt des EEG politisch komplett ausgebremst wurde, ist in der Realität der Berechnungsverfahren der BNetzA noch nicht angekommen.

Es folgte ein Vortrag von Herrn Otte von der BnetzA zur Erläuterung der strategischen Umweltprüfung, auf den ich hier nicht eingehen will, weil ich mich auf den Aspekt Stromversorgung beschränken möchte. Wird keine Stromtrasse gebraucht, und wird sie nicht gebaut, dann wird es auch keine Umweltfragen in dem Zusammenhang geben.

Den Bedarf in Frage zu stellen geht daher vor.

Anschließend gab es einen Vortrag von Herrn Nolde zum Thema „Alternativen zum Netzausbau“.

Er begann mit Thesen, die für ihn und offenbar für die BnetzA Gesetze sind:

– „Wir können nicht beliebig viel Speichern“
– „Die Einspeisung folgt dem freien Marktgeschehen“
– „Es geht um die Sicherung des Marktgeschehens im europäischen Kontext“

Zu These 1: Ja, das ist logisch. Warum sollten wir das auch wollen? Wir sollten einfach so viel Speichern, wie volkswirtschaftlich sinnvoll und notwendig ist, um unseren gesamten Strombedarf durch PV und Windkraft zu decken. Das müssen keine 100 % des Strombedarfs als Speicherkapazität sein, eher ca. 30 %. Der Bedarf an Speicherkapüazität liegt dmit bis 2035 bei ca. 200 TWh und bis 2050 bei vermutlich 400 TWh.

Das wird aber nur gelingen, wenn wir Batteriespeicher gleichberechtigt als technische Alternative zu Netzen behandeln. Und das würde bedeuten, Betreibern von Speichern mindestens genauso viel Geld für jede innerhalb einer Spannungsebene oder eines Verteilnetzes eingespeiste kWh zu bezahlen, als Netzentgelt fällig wäre.

Zu These 2: Der Zusammenhang zwischen „freiem Marktgeschehen“ und Einspeisung aus verschiedensten Erzeugungsarten, von denen nahezu jede in unterschiedlicher Weise von festgelegten Vergütungen, aktuellen Subventionen oder Beihilfen oder gigantischen Vorleistungen aus Steuermitteln aus der Vergangenheit profitiert und gleichzeitig keine einzige ernsthaft für die Folgekosten ihrer Erzeugung zur Verantwortung gezogen wird, ist nicht erkennbar. Genauer gesagt ist dieser Zusammenhang nicht gegeben. Die noch am ehesten einer tatsächlich der „freien Marktwirtschaft“ entsprechende Einspeisung von Strom in Deutschland weisen lediglich Gas- und Dieselkraftwerke auf, wenngleich sie auch keine Belastungen auf Grund ihres CO2-Ausstoßes erfahren.

Den Vergleich dazu hält am ehesten noch das geplante Atomkraftwerk Hinkley-Point in England aus, das ebenfalls zumindest ohne direkte Subventionen auskommen muss, wie auch unsere „modernen“ Gaskraftwerke. Bei diesem AKW fällt auf, dass es eigentlich nur durch eine garantierte Einspeisevergütung von mittlerweile 12,5 Cent/kWh wirtschaftlich betrieben werden kann. Kalkuliert man ein Gaskraftwerk, das wie Irsching ohne Verkauf der Abwärme bestehen können muss, kommt man auf einen ziemlich ähnlichen Betrag der notwendig wäre, derzeit nur ein wenig begünstigt durch den viel zu niedrigen Gaspreis am Weltmarkt.

Auch PV-Strom wird derzeit in Deutschland für diesen Betrag vergütet. Die Größenordnung 12,5 Cent/kWh deutet auch in etwa den realen Wert einer kWh Strom an. Ich stelle deshalb die Frage, woran es wohl liegen mag, dass Strom am „Markt“ für weniger als 3 Cent / kWh verfügbar ist. Und warum sich niemand an den derzeit in Verantwortung stehenden Stellen ernsthaft gründliche Gedanken über alle Zusammenhänge macht. Dann wird er feststellen, dass wir derzeit Strom auf Kosten der nachfolgenden Generationen weit unter Wert verschleudern. All das wird finanziert durch einen gewaltigen Schuldenberg, der im Lauf der letzten Jahrzehnte auf derzeit ca. 2,4 Billionen Euro Verschuldung der öffentlichen Hand angewachsen ist, während im selben Zeitraum über 400 Mrd. Euro in die Subventionierung von Kohlestrom geflossen sind und über 220 Mrd. Euro in die Subventionierung von Kernkraft, aktuell laufend pro Jahr weitere 40 Mrd. Euro in die Subventionierung der konventionellen Energiewirtschaft fließen und zusätzlich den nachfolgenden Generationen nicht nur die Schulden und die Zinsen, sondern auch die Umweltfolgen samt deren Kosten hinterlassen werden. Letztere sind in den ca. 12,5 Cent / kWh noch gar nicht enthalten.

These 3: Wer auch immer an ein zukünftiges System vieler dezentraler Erzeuger glaubt, die sich gegenseitig ergänzen und unterstützen, oder wer sich diese Zukunft wünscht, der wird hier durch vermeintlich höhergestellte Vernunft eines „Besseren“ belehrt. Realität werden soll, irgendwie und womöglich mit hohen Subventionen erzeugten Strom wenn es sein muss von Estland nach Portugal zu transportieren. Denn das „Marktdesign“ für Stromtrassen beruht auf gesicherter Rendite für Investoren.

Wenn mir jemand eine leicht bewältigbare Aufgabe mit für 20 Jahre gesichertem üppigen Grundeinkommen anböte und ich noch nicht mal Ja sagen müsste: Den Arbeiotsplatz nähme ich sofort an.

All das geünscht, gefördert und gefordert von einer Industrie und einer Wirtschaft, die ähnlich lang laufende Arbeitsverträge und großzügig gesicherte Renditen für Arbeitskraft = anständige Mindestlöhne als wirtschaftsfeindlich und wachstumsschädigend betrachtet.

Was hat all das mit einer echten Wende in der Energieerzeugung zu tun? Richtig. Rein gar nichts. Hier geht es nur um Geschäftsmodelle für Investoren. Rein technisch ist all das überflüssig bzw. erst dann notwendig, wenn alle lokalen Ressourcen an PV in der Fläche und an Wind ausgeschöpft sind und der zur lokalen Nutzung vor Ort erzeugten Stroms notwendige Bedarf an Speichern errichtet ist.

Doch über welche Alternativen wurden wir von Herrn Nolde unterrichtet?

1. Redispatch: Der wird noch in größerem Umfang als früher durchgeführt werden müssen und ist in den letzten Jahren bereits gestiegen. Dies liegt nach Herrn Noldes Worten angeblich daran, das der Netzausbau mit dem Ausbau an „Erneuerbaren“ (- der mit dem neuesen EEG auf unabsehbare Zeit = solange Union, SPD, FDP an Regierungen beteiligt sein sollten, nicht mehr stattfinden wird – ) nicht mithalten kann. Re-Dispatch, was ist das? Es geht ganz platt gesagt darum, im Fall eines Engpasses auf einer Seite eines Netzknotens durch zu viel Strom Kraftwerksleistung zu senken und auf der anderen Seite zu steigern. In der Realität wird allerdings oft nur auf der Seite mit dem Mangel die Kraftwerksleistung angehoben und der auf der anderen Seite  überschüssige Strom über andere oder weitere Netze in weiter entfernte Regionen gedrückt, selbst wenn dafür auch noch Geld bezahlt werden muss. Und nur, um die Flexibilitätsoption Speicher zu verhindern. Denn Strom geht immer den Weg des geringsten Widerstands. Habe ich links vom Netzknoten eine zu große Menge, dann kann ich rechts die Leistung sogar erhöhen, um auszugleichen und den Stromzufluss von links nach rechts begrenzen. Und den Überschuss auch in weitere Richtungen zu lenken.

Da Redispatch aber sehr teuer ist und zudem einen Eingriff in den „freien Markt“ bedeutet, ist Redispatch keine Alternative.

2. Die zweite Alternative wäre eine Marktteilung. Man könnte z. B. Deutschland in zwei Marktzonen teilen – oder mehrere. Dann würden unterschiedliche Preiszonen entstehen. Dies wiederum würde bedeuten, dass eine geringere Bandbreite an Erzeugungsarten zur Verfügung steht und deshalb die Preise steigen werden und die Erzeugung weniger effizient wird.

3. Erzeugung und Verbrauch näher zusammenbringen. Dann wären die Stromtrassen überflüssig. Das aber würde bedeuten, dass die Industrie als größter Verbraucher vom Süden in den Norden umsiedelt, oder dass viele kleine Kraftwerke bei den Unternehmen vor der Tür oder in Städten gebaut werden.

Wie dem auch sei, bei all diesen Argumenten werden Speicher überhaupt nicht erwähnt. Und genau das ist der größte Fehler an der gesamten Planung. Aber warum sollte sich eine Bundes-Netz-Agentur auch für Speicher interessieren. Sie ist ja keine Bundes-Speicher-Agentur.

Scherz beiseite: Über Speicher wird dort so gedacht, dass diese nicht wirtschaftlich und nicht in großem Maßstab herstellbar sind.

Beide Ansichten können bereits heute in weitgehendem Umfang widerlegt werden, was hier aber zu weit führen würde.

Eines jedoch ist deutlich: Es wäre mindestens notwendig, Speichern die gleichen Ertragsgarantien zu gewähren wie Netzen. Entweder bezüglich der Einnahme pro gespeicherter kWh oder eine Speichervergütung nach Aufwand oder gar eine Renditegarantie auf den Invest. Letzteres würde aber mit Sicherheit zu Wildwuchs und einer renditegetriebenen Investionsblase führen.

Anschließend an Herrn Noldes Vortrag gab es noch einen Vortrag von Frau Dr. Gunde Ziegelberger zu der Elektromagnetischen Verträglichkeit.

Insgesamt war die Veranstaltung erhellend, bei den Mitarbeitern der BnEtzA die vor Ort waren, war durchaus eine sehr starke Offenheit für die Gedanken und Anliegen der Bürger zu erkennen. Oder alle Vertreter der BNetzA werden entsprechend an Schauspielschulen geschult.

Das Vorgehen ist zwar als eine Art Frontalunterricht angelegt, aber meiner Wahrnehmung nach mehr mangels Ideen, wie man es besser machen könnte.

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Elon Musk enforces competition with German automotive Industry

Elektromobilität

Tesla will Akkufabrik in Deutschland bauen

Zeit wird es, Das freut mich!

Der Tesla-Chef teilt gegen die Automobilindustrie aus und wirft ihr fehlendes technologisches Engagement vor.

Wo er Recht hat, hat er Recht. Elektromobilität als Politur für die Flottenemission reicht nicht…

In einem Interview deutete Elon Musk zudem an, in Deutschland investieren und eine Akkufabrik bauen zu wollen.

Bravo.

Der Elektroautohersteller Tesla hat überraschend angekündigt, in Deutschland Akkuzellen herstellen zu wollen. „Ich gehe davon aus, dass Tesla auf lange Sicht eine Batteriefabrik in Deutschland errichten wird“, sagte Tesla-Chef Elon Musk in einem Interview mit dem Magazin Der Spiegel.

Applaus. Er geht hoffentlich in eine windreiche oder sonnenreiche Region.

Daimler betrieb bislang eine Akkufabrik in Kamenz in der Nähe von Dresden. Die Produktion der Zellen soll aber 2015 auslaufen. Dort wurden die Akkuzellen für den Elektro-Smart hergestellt.

…ja, kaum laufen die Subventionen aus,…

Daimler und auch Toyota hatten ihre Tesla-Anteile jüngst verkauft. Diese Entwicklung bewertet Elon Musk naturgemäß nicht negativ, sondern interpretiert sie so: „Daimler und Toyota wollten wohl einfach Gewinne realisieren.“ Mit Daimler gebe es weiterhin eine Zusammenarbeit auf technischem Gebiet.

Und noch Mal. Wo er Recht hat, hat er Recht….

Jüngst waren Pläne bekanntgeworden, wonach Tesla auch mit BMW über die gemeinsame Nutzung von Ladestationen und Ladetechnik spricht.

Gespräche gibt es immer. Mal sehen, ob BMW was draus macht, denn Tesla setzt nun mal die Benchmark

Tesla unterhält selbst ein kleines Netz von Ladestationen („Supercharger“) in Deutschland.

…welchas flächendeckend ausgebaut wird…

BMW hat mit dem i3 ein Elektroauto im Sortiment, der Sportwagen i8 hat neben einem Akku und Elektromotoren auch einen Verbrennungsmotor.

Alles Placebo. Was soll BMW auch mit all den auf Verbrennung spezialisierten Ingenieuren machen? Da werden drei bis vier Generationen an Ingenieuren überflüssig…

BMW hat jedoch anders als Tesla bei der Karosserie auf kohlenstofffaserverstärkten Kunststoff gesetzt, was das Auto leichter macht. Diese Technik interessiert auch Tesla für künftige Fahrzeuge.

Das ist nur vernünftig, Der Ansprechpartner Dafür wäre allerdings die SGL Carbon, die zwar auch mehrheitlich den BMW Aktionären gehört, aber die Schnittmengen bei der Verarbeitung des Elements Kohlenstoff im Nanobereich bei der Akkuherstellung (Brandneu: Kohlenstoffanode bei Li-Ion-Akkus) und der Herstellung von Karosserieteilen aus Carbonfasern sind verblüffend groß.

Musk: Brennstoffzellen sind ineffizient

Ein hartes Urteil. Es kommt auf den Vergleich an. Das System Generator-Akku- Elektromotor gewinnt den aber eindeutig. Insofern hat er Recht.

Musk teilte auch noch einmal gegen die Brennstoffzellen-Technik der Konkurrenz aus. Schon früher hatte er die Technik als ineffizient verurteilt. Toyota hat mit dem Mirai ein reines Brennstoffzellen-Elektroauto vorgestellt, das 2015 auch in Deutschland verkauft werden soll. Mit 79.000 Euro kostet es vergleichsweise viel, bewegt sich aber in den Preisregionen des Tesla S und soll mit einer Tankfüllung 500 km weit kommen. Im Gegensatz zu Teslas Elektroautos dauert der Tankvorgang nur wenige Minuten.

500 km schafft der Tesla auch. Der kurze Tankvorgang erscheint zwar als Vorteil, aber nur vordergründig. Das erste Gleichstrom-Ladungssystem der Welt für Elektrofahrzeuge, der japanische ChaDemo-Standard (O cha demo ikaga desuka – was in etwa bedeutet „Wie wärs mit einer Tasse Tee?) lässt sich bereits jetzt sehr gut in den Alltag integrieren. Denn es ist überhaupt kein Problem, sein Elektrofahrzeug während der arbeitsfreien Zeit – z. B. über Nacht oder in Mittagspausen bzw. während Terminen zu laden. Also dann, wenn es sowieso steht. Hat man es erst Mal getan und Erfahrungen damit gemacht, erkennt man schnell, dass das sogar entspannter und bequemer ist, als das Gehetze zur Tankstelle zwischendrin oder am Heimweg und die Sucherei nach der gerade billigsten Tanke.

Wasserstoff in ausreichender Menge herzustellen ist kein Problem, nur um Faktoren teurer. Machen wir einen Vergleich zwischen Akkubetrieb, rein elektrisch, Wasserstoffbetrieb und einem Dieselmotor aus der Originalserie! Ausgangslage soll sein, dass der Strom 100% generativ 50:50 mit PV und Wind hergestellt wird. Damit haben wir einen Erzeugungspreis von 8 ct. / kWh. Frage was kostet eine kWh? Was kosten 100 km? Als Fahrzeug legen wir einen VW Bus T3 zu Grunde, der rechnerisch bei Tempo 90 km/h 22 kWh / 100 km braucht.

Fall 1: Fahrzeug mit Brennstoffzelle.

Prozessschritt 1: (58 kWh) Strom wird hergestellt, Effizienz 100 %
Prozessschritt 3: (40,6 kWh) Mittels des Stroms wird Wasserstoff freigesetzt, Effizienz laut Prof. Sterner, OTH Regensburg 70 %
Prozessschritt 4: (38,60 kWh) Wasserstoff wird gekühlt, komprimiert, abgefüllt, transportiert und in Tanks an den Tankstellen eingelagert Effizienz 95 %
Prozessschritt 5: (36,70 kWh) Wasserstoff wird in Fahrzeuge getankt Effizienz 95 %
Prozessschritt 6: (22 kWh) Aus Wasserstoff wird in der Brennstoffzelle des Fahrzeugs wieder Strom, Effizienz 60 %

Ergo: Für die 22 kWh Strom, die für die Wegstrecke benötigt werden, ist die Erzeugung von 58 kWh Strom nötig. Bei 7 ct / kWh Stromgestehungskosten ergeben sich ca. 4,00 Euro reine Energiekosten.

Fall 2: Fahrzeug mit Akkus:

Prozessschritt 1: (25,6 kWh) Strom wird hergestellt, Effizienz 100 %
Prozessschritt 2 (24,4 kWh) Strom wird ins Netz konvertiert und an stationären Batteriespeicher geleitet, Effizienz 95 %
Prozessschritt 3: (23,15 kWh) Strom wird AC / DC in stationären Batteriesoeicher geladen, Effizienz 95 %,
Prozessschritt 4: (22 kWh) Strom wird DC / DC in Fahrzeugbatterie geladen und verfahren (Effizienz 95 %

Ergo: Für die 22 kWh Strom, die für die Wegstrecke benötigt werden, ist die Erzeugung von 26 kWh Strom nötig. Bei 7 ct / kWh Stromgestehungskosten ergeben sich ca. 1,80 Euro reine Energiekosten.

Fall 3: Fahrzeug fährt mit konventionellem Serien. Turbodiesel / 8 Liter / 100 km

Prozessschritt 1: (117,3 kWh) Bohrloch, Raffinerie, Transport, Tankstelle, Betankung, Effizienz 0,75 %
Prozessschritt 2: (88 kWh) Verbrennung im Motor, Effizienz 25 %
Prozessschritt 3: (22 kWh) benötigte Energie Wegstrecke, Effizienz 100 %

Gegenprobe: (8 Liter = 6,76 kg Diesel / 100 km bei Brennwert 9,21 kWh / kg = 87,2 kWh)

Ergo: Für die 22 kWh Strom, die für die Wegstrecke benötigt werden, ist die Verbrennung von 8 Litern Diesel = 117 kWh Primärenergie nötig. Bei 1,40 Euro / Liter Diesel ergeben sich ca. 11,30 Euro reine Energiekosten. OK, fairerweise muss man zugeben, dass hier sämtliche Steuern und Abgaben schon mit drin sind, sonst wären es etwa 6 Euro. Allerdings keine Kosten für Kohlenstoffdioxyd. Heizöl oder Diesel erzeugen pro Liter – je nach Berechnungsmethode – ca. 2,4 Kilogramm. Bei 8 Litern kommen dann eben knapp 20 kg Emissionen heraus. Ein Zertifikat sollte ca. 30 Euro = 3.000 Cent pro Tonne = 3 Cent pro Kilogramm kosten. Das wären dann noch mal 60 Cent bei den 8 Litern aka 20 Kg CO2 oben drauf. Wobei übrigens bei der Diskussion um die Maut bisher nie thematisiert wurde, das die Fahrer von Verbrennern bisher nie mit einer Abgabe in dieser Hinsicht belastet wurden.

Nota bene: Ladesäulen sind gegenüber Wasserstofftankstellen einfacher zu Errichten, die dazu notwendige Infrastruktur ist deutlich günstiger. Ist die Zahl verfügbarer Ladesäulen ausreichend groß im Verhältnis zur Zahl der Fahrzeuge, dann ist das Stromtanken sogar weniger umständlich.

Dennoch ist Musk skeptisch: „Das hat überhaupt keinen Sinn.“ Der Einsatz einer Brennstoffzelle sei ineffizient. Ein so angetriebenes Elektroauto benötige dreimal mehr Energie als eines, das mit Batterien angetrieben wird. Dabei kritisiert der Tesla-Chef die Form der Wasserstoffproduktion. Wasserstoff kann durch Elektrolyse aus Wasser, per Erdgasreformation oder aus Biomasse hergestellt werden. Die Wirkungsgrade unterscheiden sich stark voreinander, zudem kommt es bei der Energiegewinnung auch zu Umweltbelastungen. Das ist allerdings bei der Akkuherstellung ähnlich.

Ich komme hier auf etwas mehr als das Doppelte an Aufwand zur Erzeugung des notwendigen Stroms für die Wasserstofftechnologie, während Musk den Faktor Drei nennt. Ich habe aber mit den sehr optimistischen Annahmen von Prof. Sterner rechnerisch abgeschätzt. Meine eigene Abschätzung kommt der von Elon Musk deutlich näher. Zudem sind hier die infrastrukturkosten noch überhaupt nicht berücksichtigt. Es geht dabei nicht nur um die Kosten für Wasserstofftankstellen und die Spezialfahrzeuge zur Verteilung, sondern auch darum, dass die Anlagen zur generativen Stromerzeugung dann ebenfalls dreimal so groß dimensioniert werden müssen. Power to Gas ist genauso wenig eine Alternative, denn die Effizienz ist noch geringer, wenn synthetisches Methan für den Brennstoffzellenbetrieb reformiert werden muss.

Meinerseits ein klares Nein zu P2G als Haupttechnologie. Kohlenstoff ist ein zu wertvoller Rohstoff, um langfristig als Energieträger zu fungieren. Die reine Wasserstofftechnik ist gegenüber der Akkutechnologie zu aufwendig. Deshalb ein klares Ja zur Zukunft der Mobilität: Sie wird rein elektrisch sein. Ob nun durch Oberleitungen für LKW über Autobahnen, die idealerweise gleich den Strom aus PV-Überdachungen über den Autobahnen ziehen – entsprechendes für das Bahnnetz oder durch Akkus ist unerheblich. Elon Musk ist derzeit der einzige Player, der das erkannt hat und es auch konsequent als Geschäftsmodell verfolgt.

> Plug-In-Hybride ebenfalls in der Kritik

> Von Plug-In-Hybriden, die derzeit von praktisch allen Großserienherstellern angeboten werden, hält der Tesla-Chef ebenfalls nichts. „Das ist wie ein Amphibienfahrzeug, nicht ideal im Wasser und nicht ideal an Land,“, sagte er dem Spiegel.

Auch da stehe ich voll zu ihm. Hybride sind nicht Fisch und nicht Fleisch. Sie sind gelebte Inkonsequenz und verhindern die zügige Entwicklung der Elektromobilität. Aus energetischer Sicht sind Kombinationen von elektrischem Antrieb und Verbrennungsmotoren nur dann sinnvoll, wenn der Hauptantrieb ein Elektromotor ist, dessen Batterien durch ein Mini-BHKW nachgeladen werden, das gleichzeitig als Wärmeerzeuger bzw. Klimaanlage arbeitet. Es wäre auch alles andere als fair, die Hybriden in gleicher Weise zu fördern wie rein elektrische Fahrzeuge. Menschen, die sich tatsächlich für die Einführung nachhaltiger Technologien engagieren, werden durch eine Politik, die rein elektrisch betriebene und hybride Fahrzeuge gleicher Weise fördert, schlicht vergrault.

Im Frühsommer hat Elon Mmusk alle Patente der Tesla-Batterietechnik zur öffentlichen Nutzung freigegeben. Der Mann handelt wie ein Pirat. Nun fordert er die selbstgefällige etablierte Automobilindustrie ein weiteres Mal heraus, endlich der Verbrennung abzuschwören. Auf dass kein Stein auf dem anderen bleiben möge.

Sail ho, you fly like „Jonathan Livingston Seagull“, Elon Musk.

I consider you being a true pirate in our age.

Thomas Blechschmidt

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Energiewende, Energiespeicher und Diskussionstaktiken

Freitag 14.11.2014

Die Freien Wähler Bayern in Gestalt ihrer Landtagsfraktion haben ins Maximilianeum eingeladen. Es sollte um folgende Fragen der Energiewende, speziell beim Strom, gehen:

* Wie viel Speicherkapazität ist erforderlich?
* Welche Speichertechnologien sind technisch und wirtschaftlich sinnvoll?
* Und welchen Beitrag muss die Politik leisten, um die Entwicklung von Energiespeichern voranzubringen?

Diesen Fragen wollte die FREIE WÄHLER Landtagsfraktion gemeinsam mit renommierten Experten auf den Grund gehen und veranstaltete hierzu einen parlamentarischen Abend mit dem Titel
„Ohne Energiespeicher keine Energiewende? – Potenziale und Herausforderungen“.

Als Referenten geladen waren

– Dipl.-Ing. Benedikt Lunz, RWTH Aachen
Energiespeicher für die Energiewende –
Bedarf, Stand der Technik und Alternativen

– Prof. Dr. Michael Sterner, OTH Regensburg
Power-to-Gas – zwischen Mythos und Wahrheit

– Thomas Härdtl, bmp greengas GmbH
Das Gasnetz als Speicher – Ist Power-to-Gas die Speichertechnologie der Zukunft?

– Dr. Christoph Stiller, Linde AG
Speichersysteme Wasserstoff und Methan – Reif für die industrielle Nutzung?

– Dr. Andreas Hauer, ZAE Bayern
Dezentrale Energiespeicher zur Integration Erneuerbarer Energien

Sehr gern bin ich mit unserer Landesvorsitzenden Nicole Britz der Einladung gefolgt.

Anschließend gab es eine Podiumsdiskussion mit den Referenten.
Die Moderation führte der Forchheimer Architekt Thorsten Glauber, MdL der FW. (abgeordnetenbuero.glauber@fw-landtag.de)

Um es kurz zu sagen: Die Mehrheit der Anwesenden Zuhörer war von den Vorträgen inhaltlich vollkommen überfordert. Die Eingangs vorangestellten Fragen wurden eigentlich nicht beantwortet. Von den Referenten beeindruckte Michael Sterner auch mit seinen politischen Statements am deutlichsten. Den meisten seiner Statements kann man nur zustimmen. Die weiteren Referenten waren an der Stelle zurückhaltender. Sterner plauderte aus dem Nähkästchen seiner persönlichen Erfahrungen mit der „großen Politik“. Er war z. B. um Verständnis darum, dass Minister wie Sigmar Gabriel gar nicht in der Lage sein können, fachgerechte Konzepte zu erstellen, da zwischen einem einstündigen Termin mit eigenen oder externen Fachleuten und einem anderen mit einer zivilgesellschaftlichen Interessenvertretung pro Woche schlicht 48 andere Stunden liegen, in denen so ein Minister der permanenten Einflussnahme irgendwelcher Lobbyisten ausgesetzt ist.

Angesprochen auf die 10-H-Regelung für die Windkraft kommentierte Sterner das mit den Worten „Es ist zu hoffen, dass in der Staatskanzlei wieder Vernunft einkehrt“. Von 12 befragten Experten haben 11 dringend davon abgeraten, dieses Gesetz zu verabschieden. Die CSU beschließt es im Landtag trotzdem. Nicht weil es richtig wäre, sondern weil sie es kann. Offenbar verursacht der „konservative Aufbruch“ um den Kaufbeurer CSU-Stadtrat, der die AfD mit der CSU gern von rechts flankieren möchte, intern mehr Schmerzen, als nach außen durchdringt.

Das Potential generativer Stromerzeugung liegt laut Sterner in Bayern bei 200 % des nationalen Strombedarfs. Es sei angesichts der damit verbundenen Wertschöpfung nicht verständlich, warum die Staatsregierung nicht alles daran setze, dieses Potential nutzbar zu machen. Er verdeutlichte das mit der Importquote der BRD an fossilen Energieträgern, die bei rund 100 MRD Euro jährlich liegt. Die von Peter Altmaier seinerzeit als Umweltminister in den Raum gestellte Summe von 1 Billion Euro für die Energiewende, die nicht finanzierbar sei, bildet sich allein dadurch innerhalb von zehn Jahren vollständig ab.

Das Angebot zur Teilnahme an der Diskussion und die Aufforderung, sich als Fragesteller mit Namen, Funktion und Tätigkeit vorzustellen, habe ich natürlich als Elfmeter genommen und mich als Pirat geoutet. Auf meine Frage, für wie sinnvoll Sterner vor diesem Hintergrund die Erhebung von EEG-Umlage auf Eigenverbrauchsstrom halte, antwortete er mit seinem ersten Zitat in abgewandelter Form – er hoffe schwer, „dass in Berlin endlich energiepolitische Vernunft Einzug halten werden“. Er hatte als Mitglied einer Expertengruppe versucht das Schlimmste zu verhindern und die Gruppe konnte wenigstens die Bagatellgrenze durchsetzen.

Unausgesprochen stellt Sterner der Politik von CSU und SPD – implizit damit auch der vom Wähler geschassten FDP – das Zeugnis „Klassenziel nicht erreicht“ aus.

Meine zweite Frage bezog sich auf den Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen dem Bau von Stromtrassen und Stromspeichern. Speziell von Interesse waren für mich die verwendeten Grundlagen zur Berechnung der betrachteten Technologien und die Ergebnisse.

Sterner verwies auf seine neu erschienenes Buch zum Thema und erneuerte seine im Vortrag vertretene Position, dass Stromspeicher derzeit nicht in der Lage seien, den Bau von Stromtrassen zu ersetzen, da Power-to-gas (P2G) aktuell noch nicht wirtschaftlich genug sei!

Ich hatte explizit nach der Studie aus Schleswig-Holstein gefragt, die verschiedene Stromspeicher betrachtet und vergleicht – aber kein P2G – da dies in der Studie nicht berücksichtigt wurde. Dass sich P2G aktuell nicht rechnet – und dies meiner Meinung nach auch nie der Fall sein wird – war nicht Ziel meiner Frage, da ich weiß, dass eine Effizienz von höchstens 1/3 bei der Rückverstromung synthetischen Gases, welches zuvor mittels generativem Strom erzeugt wurde allein bei der Betrachtung der Ressource ohne Infrastruktur (Tank, Gasnetz, Pumpen, Zähler, Wartung) sich nur dann gegenüber echten Stromspeichern rechnen kann, wenn die Anlagentechnik im Vergleich zu echten Stromspeichern extrem billig wird. Was aktuell nicht der Fall ist. Leider antwortete Sterner nicht darauf, sondern zog den Vergleich wie im Vortrag erneut ausschließlich zwischen Stromtrassen und P2G. Sehr zum Leidwesen etlicher Aktivisten und BIs, die aus der Oberpfalz und Oberfranken angereist waren und im Verlauf der Diskussion keinen Zweifel daran ließen, dass sie sich weiter gegen Stromtrassen stellen würden. Da auch sonst keiner die Frage beantworten wollte oder konnte, wurden damit die drei Eingangsfragen dieses Abends

* Wie viel Speicherkapazität ist erforderlich?
* Welche Speichertechnologien sind technisch und wirtschaftlich sinnvoll?
*Und welchen Beitrag muss die Politik leisten, um die Entwicklung von Energiespeichern voranzubringen?

für das Publikum unbeantwortet gelassen. Leider konnte ich nur den Eindruck mitnehmen, dass der Abend zur Imageveranstaltung für mehr Forschungsgelder für P2G geriet. Schlussendlich waren auch Referenten aus der relevanten Branche (Linde, bmp) anwesend und besonders Prof. Sterner berichtete von seiner Tätigkeit mit Investoren in dieser Technologie wie AUDI, dem ZSW Stuttgart etc. Seine im Vortrag gefallenen Bemerkung, dass die Zukunft der Automobilität in der Nutzung des P2G-Brennstoffes liegen werde und reine Elektrofahrzeuge nur Zweitwagentechnologie sowie viel zu teuer seinen, zeigt den Fokus seiner Gedankenwelt. Nun, ich fahre einen Elektrowagen mit begrenzter Reichweite und arbeite im Außendienst. Bei 48.000 km in zwei Jahren kann von Zweitwagentechnologie keine Rede mehr sein.

Weitere Fragen meinerseits wurden vom Moderator zu Gunsten anderer Fragesteller nicht zugelassen. Die anfangs zögerlichen Wortmeldungen nahmen nach meinem Outing als Pirat auch deutlich zu, so dass keine Langeweile aufkommen konnte.

Ich wollte noch gute sechs Fragen mehr stellen, vor allem die nach Transparenz bei den Stromgestehungskosten, deren Zusammensetzung aus Subventionen, Beihilfen, Vergünstigungen, etc. und ob bei der Berechnung der Wirtschaftlichkeit die klassische Methode Annuität plus Abschreibung zum Einsatz kam oder der tatsächlich aussagekräftige Ansatz der DIN EN IS0 50001, der internen Zinsfuß, Anlagelebensdauer und Kapitalwert/Barwert berücksichtigt.

Ebenso wollte ich wissen, ob bei den Szenarien nur Überschussstrom aus generativer Erzeugung oder der gesamte Ertrag zur Berechnung zu Grunde gelegt wurde.

Von den übrigen Referenten konnte ich lediglich den Hinweis von Prof. Hauer vom ZAE auf das Projekt DESIRE (Distributed Energy Services for Integration of Renewable Energies) mitnehmen.

Ich war ein wenig enttäuscht vom fehlenden Ansatz der technischen Neutralität und der kompletten Ausblendung des Themas Stromspeicher. Vor allem weil ich schon vor zwei Jahren sehr gute Vorträge zum Thema Stromspeicher hören konnte und mir mittlerweile konkrete Projekte, die sich selbst ohne Subventionen tragen, bekannt sind. Da scheint eine ganze Generation von Ingenieuren in der BRD betriebsblind und ignorant an der Verbrennung von Gas festzuhalten, während uns in Asien die Wettbewerber weit hinter sich lassen. Ich will das aber nicht überbewerten, denn die Realität wird es ohnehin richten. Elektrochmische Speicher in Kombination mit PV und/oder Wind werden sich durchsetzen. Ob das den Big Four und den Fossilien- und verbrennungslobbyisten passt oder nicht.

Am Ende bleibt mir wieder nichts übrig, als die Fragen selbst zu beantworten bzw. zu hoffen, dass mir das mit meinen interessierten und offenen Piraten in technologieneutraler Weise und zielgerichtet auf die Energiewende hin gelingt. Allerdings an dieser stelle ohne ausreichende Argumentation. Der Beitrag ist schon lang genug.

* Wie viel Speicherkapazität ist erforderlich?

Ich behaupte, die Lauffähigkeit der 25 stromintensivsten Wintertage für die gesamte Endenergiebereitstellung im Land. Das wären hochgerechnet ca. 40 TWh. Zu berücksichtigen wäre die energetische Migration von fossiler Verbrennung hin zu Stromanwendungen, also der Ersatz von Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas, sowie ein wenig Kohle zur Beheizung von Gebäuden, was auch eine Verdoppelung hinausläuft. Also 80 TWh. Die Investitionen bei diesem Ausbaustand liegen – die Skalareffekte der Produktion berücksichtigt – bei ca. 200 € / kWh, also 16 Billionen € auf die nächsten 40 Jahre.

Was laufende Investitionenen von 250 Mrd. € / a ausmacht. Die Kosten lägen dann unter dem TLCC -Ansatz bei ca. 30 Mrd. € pro Jahr. Hochgerechnet auf 600 TWh oder auch 600 Mrd. kWh  Stromerzeugung ca. 5 ct. / kWh Aufpreis. Und somit in einer ähnliuchen Dimensionwie die zu erwartende Verteuerung der Netzentgelte plus die weiteren systemischen Vorteile:

Bereitstellung von Regelenergie allgemein; Schließung der Trägheitslücken, Minutenregelleistung, Sekundärregelleitung, Tertiärregeleistung, Reserveleistung allgemein, eine unvergleichlich höhere Resilienz gegenüber Cyberattacken, Terroanschlägen, sehr hoher Autarkiegrad auf allen vier Netzebenen, vollständige Schwarzstartfähigkeit,  …und nicht zuletzt eine 100% Strom-Versorgung ohne jeglichen nuklearen, Fossilen und sogar re-generativen Brennstoffe. Sogar für den Fall, dass der Stomberbrauch bis 2050 auf die ca. 1.350 TWh steigt, mit denen ich heute aus Gründen, die ich hier nicht darlegen will, rechne.

* Welche Speichertechnologien sind technisch und wirtschaftlich sinnvoll?

Redox-Flow, Li-Ion und NaS in der Hauptsache, also für ca. 85 % dieses Bedarfs.

* Und welchen Beitrag muss die Politik leisten, um die Entwicklung von Energiespeichern voranzubringen?

Laut Einstein ist es „Irrsinn, bei Einsatz der immer gleichen Mittel jedes Mal ein andere Ergebnis zu erwarten“. Deshalb ist nicht die Politik gefragt, sondern die Bürger sind es. Und zwar durch

1. zivilgesellschaftlich über genossenschaften organisierte Projekte wie den Bau von Windrädern, PV-Anlagen und Speichern,
2. PV-Anlagen auf jedem Dach und über jeder versiegelten Fläche, vor allem Bahnlinien, Autobahnen, Bundestrassen und Parkplätze.

3. der Errichtung gemeinschaftlicher Batterieparks,
4. den Bau von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge mit angeschlossenem, fest installiertem Speicher,
5. der Beteiligung an Car-Sharing-Modellen mit Elektrofahrzeugen in Ballungsräumen
6. der Übernahme oder der Neuerrichtung von Stromnetzen in den unteren beiden Netzebenen (0,4 KV, 20 KV),
7. der Beteiligung an Großspeichern mit Regelungselektronik an allen Trafostationen zwischen den Netzebenen 0,4 KV / 20 KV und 20 KV / 110 KV

und schließlich als Wähler am Austausch der bisherigen Parteien und derer Funktionsträger durch neue, unverbrauchte und vor allem nicht durch eingespielte Rituale und extrem hohe Vernetzung in ihrer rationalen Handlungsfähigkeit weitgehend eingeschränkte Personen.

Das Demokratische Spektrum bietet weit mehr, als die Vertreter der bisherigen Parteien nutzbar machen könnten. Und es ist für jeden Bürger etwas dabei. Mit den Üblichen Verdächtigen geht es nicht voran, sondern wir alle verbleiben in einer Art Schockstarre im immer gleichen Problemkreislauf verhaftet. Wir treten auf der Stelle. Die einzig wirksame Stellschraube für den Bürger ist der Wahlzettel. Das Spiel mit der Drohung des Stimmentzugs durch bürgerliches Engagement auf Demonstrationen, Bürgerinitiativen, Petitionen etc. hat längst bei den bisherigen Parteien Umgehungsstrategien hervorgerufen. Man muss es dann halt auch durchziehen.

Oder es wird anderweitig strategisch ausgehebelt. Asymmetrische Propaganda ist das Stichwort. Als Thema gerade heiß und unangenehm, wird es bewusst und gezielt auf möglichst niedriger Flamme am Köcheln gehalten. Gerade so viel, dass es weiter die Aufmerksamkeit der Mehrheit und der Medien auf sich zieht, während mehr oder weniger unbemerkt von der Mehrheit an anderer Stelle Voraussetzungen geschaffen werden, die die Lösung des Problems im Sinne derer, die an den Schalthebeln sitzen, hinterher umso leichter machen. Augenblicklich heißt das Thema in Bayern „Volksbefragung“, welche die demokratische Legitimierung gewollter Vorhaben enorm erleichtert, während gleichzeitig keine Verbindlichkeit für den Antragsteller (Regierung und Parlament) entsteht. Der wesentlich wirksamere Volksentscheid wird dadurch über ein zusätzliches Instrument ausgehebelt.

Ich nenne das einen Angriff auf unsere Verfassung. Und ein Werkzeug, das am Ende alles gegen lokale Betroffenheit durch landesweite, unverbindliche Befragung durchsetzbar macht. Auch Stromtrassen, Gaskraftwerke, Startbahnen, sogar die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken.

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Robert Habeck – Ein GRÜNER Minister für Autobahnen

Kommentar zu der Auswertung und Vorstellung der Studie des Fraunhofer IWES und des Unternehmens Ecofys durch den Grünen Minister Robert Habeck in Schleswig-Holstein
Habecks Grundthesen

Robert Habeck stellt in seiner Vorstellung folgende Thesen auf:

* Energiespeicher sind mittelfristig nötig
* Energiespeicher sind keine Alternative zum Netzausbau
* Speicher sind eine Schlüsseltechnologie
* Speicher sind (pauschal) noch weit von Wirtschaftlichkeit entfernt
* ein rascher Netzausbau ist günstiger
* Speicher sind mittelfristig wichtig für Versorgungssicherheit und Netzstabilität
* Speicher übernehmen die Aufgaben konventioneller Kraftwerke
* Netzstabilität und Versorgungssicherheit sind aber nur bundesweit und im europäischen Zusammenhang volkswirtschaftlich sinnvoll
* Strommarktdesign muss die entscheidenden Anreize liefern

Einleitender Exkurs: Wärmespeicher

Als erster allgemeiner Kommentar der Hinweis, dass es sinnvoll gewesen wäre klarzustellen, dass Minister Habeck explizit von Stromspeichern spricht. Konsequenterweise werden Wärmespeicher, die als systemische Komponente ausgezeichnet dazu geeignet sind, Angebotskurven von Strom über effiziente Umwandlung in Wärme zu nutzen, außen vor gelassen.

Der Gedanke ist aber zu wertvoll, um auch in dieser Spartendiskussion wieder vergessen zu werden. Die Energiewende ist kein ausschließliches Thema des Energieträgers Strom.

Stellen wir dazu als Schritt 1 das Szenario auf, dass alle Gebäude in der BRD per Verordnung zur Umstellung auf Wärmepumpen (mit Zeithorizont Restlaufzeit bestehender Heizungen) bzw. im Neubau auf ausschließliche Nutzung von Wärmepumpen getrimmt werden, so hätten wir bereits über ein System Wärmepumpe-Pufferspeicher eine, wenn auch begrenzte, so doch beachtliche Flexibilisierung erreicht. Denn ca. 15 Mio. Wärmepumpen für 1 bis 4 Familien- Häuser können bei 5 KW Anschlussleistung bereits ca. 60 GW Leistung für Heizwärme und weitere 12 GW Trinkwassererwärmung auf Vorrat flexibel aufnehmen oder abwerfen. Umsetzbar wäre das problemlos innerhalb zehn Jahren über nichts als sowieso anfallende notwendige Renovierungen oder anstehende Sanierungen.

Schritt 2, der parallel zu Schritt 1 umsetzbar ist, wären Li-Ion-Batteriespeicher bis 20 kWh bei 15 KW Leistung, die von den Haushalten nach Bedarf abgerufen (z. B. Für Hauswirtschaft, Heizen bei Nacht oder Laden von Elektrofahrzeugen/Geräten) werden können und die – eine Nutzung der halben Kapazitäts pro Tag angenommen – ein Speicherpotential von 150 GWh bieten.

Schritt 2a wäre komplementär dazu eine Säule der Förderung von Elektromobilität, wenn denn aus den bisher folgenlosen Ankündigungen der Bundesregierung die Konsequenz gezogen würde und das Speicherförderungsgesetz intelligenterweise auf mobile Speicher erweitert würde. Gefördert werden derzeit nur stationäre Speicher. Elektromobilakkus dienen im angesteckten und betriebsbereitem Zustand gleichzeitig der Netzstabilisierung. Vgl. dazu das I.D.E.E.- Konzept von Tomi Engel – Deutsche Gesellschaft für solare Mobilität und das Update „electric vehicle“ (vormals iMiev) von Mitsubishi, das als bidirektional be- und entladbares Elektrofahrzeug verfügbar und voll alltagstauglich ist (ca. 10 Jahre iMiev).

Schritt 3 in diesem Zusammenhang wäre die Festlegung der Förderung für Wärmepumpen nach dem Top-Runner Prinzip, so dass nur die Wärmepumpen bzw. Systeme mit dem besten COP bzw. der besten JAZ gefördert werden. Die Förderung hat dabei anhand einer Abschlagszahlung über den COP zu erfolgen, die dann über die tatsächliche JAZ evaluiert und ausgeglichen wird. Ein Verfahren, das für die Einspeisevergütung von EEG-Anlagen bereits angewandt wird.

Schritt 4 zur Vollendung wäre die Anbindung von Latentwärmespeichern bzw. Eisspeichern, um die Effizienz der Systeme noch weiter zu steigern. Speziell Eisspeicher können dabei dann umgekehrt im Sommer als Wärmesenke zu Kühlzwecken genutzt werden und ermöglichen bei der Gebäudeklimatisierung den vollständigen Wegfall der Klimageräte. Dies bedeutet schlicht Null Stromverbrauch zur Erzeugung von Kälte.

In Schritt 5 ergänzen dann dezentrale Kombinationen von LIPeFo-Akkus und Redox-Flow-Speichern in Ortsteilen an den Ortsnetztrafos sowie vor allem an den Umspannwerken von 110 KV auf 10 KV bis 60 KV bzw. umgekehrt das gesamte System um langzeitfähige Speicher, die den Strombedarf durch Speicherung von Wind- und Sonnenstrom über den Winter zur Verfügung stellen.

Wind- und vor allem Sonnenstrom können dabei ebenfalls dezentral auf den Dächern der Häuser, über versiegelten öffentlichen Fläche, über Parkplätzen, ja sogar über den Bahntrassen erzeugt werden.

Das alles ist innerhalb 10 Jahren ohne großen Planungsaufwand, ohne Raumordnungsverfahren, Bürgerproteste, Klagen und Gegenklagen etc. umsetzbar.

Die Bedingungen sind denkbar einfach und auf dem Verordnungsweg umsetzbar:

* Erweiterung des Stromspeicherfördergesetzes auf Speicher von Elektrofahrzeugen

* Neudefinition der Förderfähigkeit von Energieeffizienz bei Gebäuden (nur noch realer Primärenergiebedarf, Wegfall des Förderkriteriums Gebäudehülle)

* Vereinheitlichung der Berechnung von Wärme-/ Kälteenergiebedarf und Heiz-/ Kühllast durch Zusammenführung in DIN EN ISO V 18599 (Wegfall DIN 12831, etc.)

* Energieberater von Amts wegen, Auswahl nach Zufallsprinzip durch das Amt statt Energieberatung durch ausführende Unternehmen mit Verkaufsabsichten

* Vier-Augen-Prinzip bei der Energieberatung (Berichtsvalidierung durch anonymen zweiten Berater)

* Beendigung der Erteilung von Betriebserlaubnissen für Verbrennungsheizungen auf Basis fossiler Energieträger

* Verpflichtende Umstellung auf Wärmepumpe. Ausnahmen: Fernwärme aus Geothermie oder Biomasse & Holzheizungen

* Förderung kalter Nahwärmenetze (zentrale Versorgung vieler Wärmepumpen mit Latentwärme)

* Top-Runner Prinzip bei Wärmepumpen und Wärmepumpen-Systemen sowie bei Solarthermie (Jahresertrag)

* Möglichkeit für Kommunen, produktiv ungenutzte Flächen und Dachflächen zu besteuern. (Beispiel: Nach entgangener CO2-Einsparung wegen fehlender PV mit 2 ct./ nicht erzeugte kWh). Die Einnahmen kämen der Kommune für ihre elektrische, wärmetechnische und Kommunikations-Infrastruktur zu Gute.

* Programm zum Ausbau und Vermaschung der Verteilnetze (0,4 KV, komplette Erdverlegung im gesamten Bundesgebiet, jeder Hausanschluss mindestens 50 KW Leistung, bei MFH 25 KW pro Wohneinheit, Leerrohre oder direkte Verlegung für schnelles Internet, Anschluss für kaltes Nahwärmenetz)

* last but not least: Bottom-Up Konzept zur Erfassung und dynamischen Hochrechnung tatsächlich anliegender Lastabrufe für Strom und Wärme. Vom Einfamilienhaus bis zur Großfabrik.

Diskussion der Thesen

Nach dieser Vorrede zur Darstellung bisher ungenutzter Möglichkeiten kommen ich zu Herrn Habecks Thesen und auf welchen Abschnitt des Gutachtens sie sich womöglich beziehen könnten. Leider hat der Minister dies so in seiner Stellungnahme zu benennen versäumt.

Zu These 1: Energiespeicher sind mittelfristig nötig

Dazu heißt es bei Habeck: „Beim heutigen Übertragungsnetz sind in Schleswig-Holstein bis 2020 nur maximal 1.600 Stunden mit negativer Residuallast zu erwarten“ und weiter: „Die Intensität dieser Maßnahmen schwankt zeitlich stark und ist lokal unterschiedlich. Daher ist eine angemessene Dimensionierung von Speicherkapazitäten zur vollständigen Aufnahme von abgeregeltem Strom (Überschussstrom) per se nicht darstellbar.“ Sagt Habeck.

Warum? Sagt er nicht. Eine unbelegte Behauptung, denn elektrochemische Speicher werden von Fachleuten (nicht von Politikern und soganannten Experten) sehr genau und sehr gut passend dafür ausgelegt, solchen Strom aufzunehmen. Die Angemessenheit der Dimensionierung entscheidet sich allerdings an der Systemumgebung und den verknüpften Anwendungen und nicht an irgendeinem Wert, dessen Herkunft nicht nachvollziehbar ist. Ehrlich wäre es, es einfach zuzugeben, wenn man schlicht nicht weiß, wie man einen Speicher (egal welchen) am besten auslegt.

„Ein Einsatz […] an einzelnen Netzknotenpunkten ist laut der Studie eine individuelle betriebswirtschaftliche Entscheidung und der Betrieb lediglich bis zum erfolgten Netzausbau sinnvoll.“

Warum? Auch hierfür gibt es keine Begründung, sondern nur eine Behauptung. In der Studie selbst findet sich diese Aussage so allerdings nicht.

Im Gutachten selbst erfolgt der erste Hinweis auf die Notwendigkeit von Speichern in Kapitel 3. Dort nimmt das Gutachten Bezug auf „notwendige“ Speicher auf Übertragungsnetzebene. Also weder auf der Verteilnetzebene noch auf der Mittelspannungsebene, die von ihrer Sterncharakteristik her zum Verteilnetz gehören. Es erstaunt von daher nicht, dass das signifikante Wörtchen „notwendig“ bereits im Gutachten in Anführungszeichen steht.

Welchen Sinn könnte denn ein Speicher in einem Übertragungsnetz der 110 KV- oder gar der 220/380 KV-Ebene auch machen? Wenn diese qua Definition zur Übertragung großer Strommengen über weite Strecken – von der Politik „Stromautobahnen“ genannt – notwendig sind und Überlandleitungen genannt werden? Um im Bild zu bleiben: Dies entspräche der Errichtung zahlloser Großparkhäuser an allen Autobahnzufahrten, sowie Tankstellen und Rastanlagen, in der Hoffnung, dass dort Reisende ihre Autos parken, die eigentlich auf einer Fernreise sind.

Zu These 2: Energiespeicher sind keine Alternative zum Netzausbau

„Mit dem geplanten Netzausbau […] wird es darüber hinaus in Schleswig-Holstein keine […] Überschusssituationen mehr geben. Speicher sind demnach keine Alternative zum Netzausbau“

Interessante Begründung: Speicher sind keine Alternative zum Netzausbau, weil das Netz ausgebaut wird. Da muss ich nachfragen: Vermittelt denninzwischen ein GRÜNER einem Veganer, dass er Fleisch essen muss, weil die Tiere ja ohnehin geschlachtet werden? Alternativ: Es darf nur noch mit dem Auto statt mit der Bahn gefahren werden, weil Erdöl gefördert und Benzin daraus raffiniert wird.

Ferner bezieht sich die Studie unter 3. explizit auf das Übertragungsnetz und die dort anfallenden Residuallasten:

„Ausgangspunkt für die Analyse des Speicherbedarfs auf Übertragungsnetzebene bildet eine Auswertung der Residuallast für Schleswig-Holstein für das Szenariojahr 2025.“ Und weiter: „In einem weiteren Schritt werden die Austauschkapazitäten […] für das aktuell existierende sowie unter Berücksichtigung der in Netzausbauplänen ausgewiesenen Projekte auch für das in 2025 erwartete Übertragungsnetz ermittelt.“

Die rechnerische Abschätzung des Speicherbedarfs geht also von der Situation aus, dass der Netzausbau auf Übertragungsebene ohnehin erfolgt und Habeck begründet damit die fehlende Notwendigkeit des Speicherbaus als Alternative zum Netzausbau.

Er behauptet also nichts anders als dass sich Speicher nicht lohnen, wenn das Netz ausgebaut wird und sie deshalb keine Alternative zum Netzausbau sind. Oder, um ein grünes Klischee zu bedienen: Sich ein Bahnticket zu kaufen und dann doch mit dem Auto zu fahren, ist keine Alternative, wenn man sowieso mit dem Auto fährt. Also ist es besser, gar nicht erst über das Bahnfahren nachzudenken.

In die gleiche Richtung geht der Hinweis im Gutachten, dass die Austauschkapazitäten von Schleswig-Holstein nach außen ermittelt werden und somit ohnehin von Stromexport ausgegangen wird. Damit steht bereits rein rechnerisch schon weniger Strom zur Speicherung zur Verfügung, was das Marktpotential und damit die Rentabilität von Speichern extrem stark beeinflusst. Kalkuliert man einen Akku mit einer Be- und Entladequote von 20 mal der Kapazität statt 200 mal der Kapazität des Akkus, ist der individuelle Preis für den Be- und Entladevorgang pro kWh nun mal um das 10fache höher.

Weiterhin haben entweder der Minister oder seine Mitarbeiter nicht verstanden, dass der Ansatz, die Bedarfsermittlung ausschließlich über negative Residuallasten zu führen, sämtliche weiteren Motive für den Bau von Speichern ausklammert. Das damit verbundene erhebliche Potential für vielfältige Synergien fällt komplett unter den Tisch. Es ist z.B. fraglich, ob die damit notwendigerweise verbundene Schrumpfung der positiven Residuallast Teil der Betrachtung war.

Diese unberücksichtigten Zusammenhänge werden in der Studie noch einmal eigens herausgestellt:

„In Abhängigkeit der angenommenen Kuppelleistungen zwischen Schleswig-Holstein, den angrenzenden Bundesländern sowie dem Ausland werden negative Leistungswerte im Residuallastprofil, […] die eine Überdeckung der Nachfrage in der Region kennzeichnen, als möglicher Stromtransport oder Stromüberschüsse eingeordnet. Dabei werden die nutzbaren Austauschkapazitäten für Schleswig-Holstein im aktuellen Übertragungsnetz und unter Einbeziehung der im Netzentwicklungsplan Strom vorgesehenen Netzausbauprojekte berücksichtigt.“

Nur hat das im Haus Habeck niemand bemerkt, oder keiner die Studie wirklich gelesen und verstanden.

Besonders denkwürdig ist die Angabe in der Studie auf Seite 31, neben der die These „Speicher sind keine Alternative zum
Netzausbau“ noch mal herausgestellt wird. Dort heißt es:

„Auch wenn eine belastbare Quantifizierung des Kosten-Nutzenverhältnisses von Netzausbau und Speicher an dieser Stelle nicht leistbar ist, belegen die abgeleiteten Kennzahlen bereits eindrücklich, dass Speicher keine Alternative zum Netzausbau darstellen.“

Eine fragwürdige, oberflächliche Ableitung und das Eingeständnis, dass eine belastbare Quantifizierung nicht geliefert werden kann.

Und weiter: „Umgekehrt argumentiert: Ist eine Reduktion der EinsMan-Verluste politisch gewollt, ist der Ausbau der Netzinfrastruktur einer Investition in Speicher grundsätzlich vorzuziehen.“ Mit anderen Worten: Das, was Speicher technisch für die Generatoren leisten können, soll durch Netzausbau erledigt werden, um auf diesem Weg den Nachweis zu erbringen, dass Netze Speichern vorgezogen werden sollten.

Der Netzausbau kann aber eines nicht, was Speicher können: Zeitversetzt und bedarfsgerecht Strom liefern

zu These 5: ein rascher Netzausbau ist günstiger

Habeck: “Netzausbau ist kostengünstiger als entsprechende Speicherlösungen.“ Wo in der Studie hat er das gelesen?

In der Studie steht dazu indessen etwas Bemerkenswertes:

„Die wesentliche Beschränkung sind die – auch perspektivisch – vergleichsweise hohen Gestehungskosten für Strom aus Speichern. Diese haben zur Folge, dass die Alternativen (Netzausbau ebenso wie Einspeisemanagement) aus volkswirtschaftlicher Sicht sinnvoller sind.

Als ob speziell der Netzbetrieb und auch der Netzausbau mit seinen garantieren Renditen jemals nach volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgt wäre oder je erfolgen würde. Gleichzeitig werden die Stromgestehungkosten entgegen den fixierten Regeln der DIN EN SIO 50001 zur wirtschaftlichen Beurteilung von Energieanlagen und Effizienzmaßnahmen künstlich nach oben gerechnet.

Zu These 4: Speicher sind (pauschal) noch von Wirtschaftlichkeit entfernt

Dazu die Studie:

„Das Einspeisemanagement bezeichnet dabei die durch den Netzbetreiber gesteuerte Einspeisereduzierung von dezentralen Erzeugungsanlagen aufgrund von Netzengpässen. (Einleitung, ca. Seite 12)“

verstärkt durch

„Als Zielsetzung der befragten Speicherprojekte wurde häufig die Verwertung von im Stromnetz nicht aufnehmbaren EE-Strom („abgeregelte“ EE-Einspeisemengen) genannt.“

Zu beachten ist das Wort „häufig“, womit klar ist, dass es auch andere Gründe für das Speichern von Strom gibt, als die Verwertung von absolutem Überschuss.

Das bedeutet: Für die Betrachtung der Wirtschaftlichkeit wird lediglich der Strom betrachtet, auf den aktuell durch bewusste Reduzierung der Produktion aus Wind und Sonne zur Wahrung der Netzstabilität verzichtet wird. Strom, der innerhalb durchdachter Systeme absichtlich dezentral gespeichert wird, um später vor Ort wiederverwendet zu werden, geht in die Betrachtung nicht ein.

Eigens auf die Speicherung von Strom zu späteren Verwendung abgestimmte Konzepte finden ebenfalls keine Berücksichtigung. Die real bestehende Tatsache, dass gerade in Schleswig-Holstein im Ort Braderup ein völlig von Subventionen frei gehaltenes System zur Teilversorgung eines ganzen Dorfes – eben weil es wirtschaftlich betrieben werden kann – entstanden ist, hat Habeck offenbar nicht bemerkt. Wozu brauchen wir solche Politker und Experten, vor allem bei denGRÜNEN? Haben wir davon denn nicht mehr als reichlich bei den anderen Parteien?

Dazu die Studie:

„Da sich der Stand der jeweiligen Speicherprojekte hochdynamisch verändert, sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, dass es sich bei den Ergebnissen der Befragung um eine Momentaufnahme aus dem Januar bzw. Februar 2014 handelt.“ (2.1.1 Vorgehensweise)

Braderup war zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertiggestellt, sehr wohl aber zum Zeitpunkt der Stellungnahme Habecks. Die Autoren weisen explizit darauf hin, dass es sich um Momentaufnahmen in einem hoch dynamischen Umfeld handelt. Eine Handvoll Momentaufnahmen genügt aber nicht zur Festlegung eines Bewirtschaftungsmodells. Aus der Industriegeschichte ist hinreichend bekannt, dass so genannte Skalareffekte bei der Intensivierung der Produktion neuer Technologien die Kosten rasch sinken lassen.

Es zeugt von einer gewissen Fahrlässigkeit, angesichts der realen Zeitaufwände bei der Planung und Umsetzung von Neu- und Ausbaumaßnahmen im Stromnetz diesen Effekt nicht im Vergleich heranzuziehen und lieber so zu tun, als wären die Kosten für Stromspeicher bis zur Umsetzung des letzten Meters Stromtrassen in Schleswig-Holstein festgelegt. Die Realität wird Robert Habeck nicht nur bei Zeiten überholen, sie hatte ihn in Braderup bereits vor Verkündung seines Evangeliums eingeholt.

In der Studie selbst nimmt folgender Satz Wunder:

„Das Speicherprojekt Pumpspeicherwerk Lägerdorf“ ist das einzige kommerzielle Speicherprojekt unter den befragten Projekten. Es ist zugleich das einzige Projekt, das nach abgeschlossener Machbar- keitsstudie aufgrund von im derzeitigen ordnungspolitischen Rahmen nicht darstellbarer Wirtschaftlichkeit nicht in eine Umsetzungsphase überging, sondern vorzeitig eingestellt wurde.“

Wie nun? Es ist nicht wirtschaftlich, aber kommerziell, wohingegen sich Braderup selbst trägt – also wirtschaftlich ist – aber nicht kommerziell sein soll? Da wäre eine Aufklärung hilfreich, wie diese Begriffe denn gemeint sind. Immerhin sind die Eigentümer in Braderup via Genossenschaft Investoren und legen dort Geld mit Renditeerwartung an. Und die Angestellten des Betreibers werden regulär bezahlt. Es handelt sich daher durchaus um einen ordentlichen Geschäftsbetrieb, wenn auch die Renditeerwartungen der Geldgeber sehr sozialverträglich und verantwortungsvoll sind.

Erst auf Seite 22 findet sich eine Art Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Die allerdings geht von mittlerweile antiquierten Annahmen aus: 10 Jahre Laufzeit, Abschreibungsgrößen und ein klassischer Darlehenszinssatz, der noch dazu weit über dem des Kapitalmarkts liegt. In der Industrie und vor allem der Energiewirtschaft gelten mit der Effizienznorm DIN EN ISO 50001 allerdings längst andere Standards und Normen. Zumindest wennman sich qualitativ als energieeffizientes Unternehmen zertifizieren will. Pauschale, willkürliche  Abschreibungen wie gewohnt und willkürlich gewählte Darlehenszinssätze werden dort aus guten Gründen aussortiert und für die Berechnungsdauer zählt der Ansatz TLCC (Total Life Cycle Costs), was z. B. für eine Redox-Flow-Batterie bei normalen Alterungsprozessen ca. 60 Jahre bedeutet, bei Kapazitätsverlust durch Nutzung 20.000 Zyklen.

Die Unternehmen, die sich daran orientieren, werden wettbewerbsfähig bleiben. Die anderen werden zwar ihre Wettbewerbsfähigkeit für den Augenblick stärken und ihre Umsätze evtl.steigern, bereits mittelfristig aber nicht mehr die Ertragskraft haben, umzurüsten.

Vgl. www.leen.de (Lernenden Energie Effizienz Netzwerke), Downloads zur Berechnung der Wirtschaftlichkeit von Investitionen.

Auf Grund der technischen Gegebenheiten kommen für große Strommengen ohnehin nur Redox-Flow-Batterien oder NaS in Frage. Lithium-Ionen-Speicher eignen sich mehr für häufigeres Be- und Entladen und hohe Momentanleistungen. Es ist insoweit schon viel zu sehr pauschalisierend, diese verschiedenen Technologien kurzerhand gleich zu behandeln. Ein Li-Ion Batterie wird je nach Anwendung und elementarer Technik zwischen 5 und 20 Jahren laufen, eine Redox-Flow mindestens 20 Jahre und eine NaS 20 bis 25 Jahre.

Unter der Überschrift „Kombination verschiedener Bewirtschaftungskonzepte“ werden zwar unbelegte Fakten behauptet, aber es wird nicht nachvollziehbar argumentiert.

Korrekt wäre es viel eher, die gesamte erzeugte Energiemenge der produzierenden und angebundenen Anlagen auf den Lebenszyklus des Batteriesystems umzulegen und pro verfügbarer kWh während dieser Zeit einzupreisen. Über Simulationen für Erzeugung und Abfrage lassen sich sehr wohl die notwendige Kapazität des Speichers und über Lastsimulationen für Be- und Entladen die notwendigen Leistungen der Elektronik ermitteln. Sogar Leistungsspitzen generativer Erzeuger lassen sich über Hochleistungskonsendatoren geregelt in die Speicher abgeben.

Zum Abschluss findet sich in der Studie unter Punkt 6 dieser einleitende Satz:

„Energiespeicher wurden im Rahmen dieser Untersuchung aus einem spezifischen, eingegrenzten Blickwinkel heraus bewertet. Bei der Diskussion der Handlungsempfehlungen ist deshalb Sorgfalt geboten, ungeachtet der durchgängig begrenzten Potentiale, die für den betrachteten Anwendungsfall ermittelt wurden. Die folgenden Handlungsempfehlungen sind ebenso wenig wie die Schlussfolgerungen allgemeingültig für Speicher oder deren vielfältige Einsatzgebiete. “

Bemerkenswert, wie – angesichts solch einer Relativierung am Ende seiner Predigt – ein Minister sich zu derartigen Thesen versteigen kann.

Weiter weist die Studie ausdrücklich auf den einseitigen Ansatz hin, den die Auftraggeber möglicherweise ganz bewusst vorgegeben haben. Es wäre nicht die erste Studie, die ein Wunschergebnis untermauern soll:

„Vor dem Hintergrund der abgeleiteten Erkenntnisse scheint es angemessen, insbesondere systemischen Aspekten des Speichereinsatzes erhöhte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen“.

Einmal mehr – und ausgerechnet bei einem GRÜNEN Minister – gewinnt man den Eindruck, dass Steuergelder für Studien zielorientiert im Sinne manifester Interessen verwendet werden.

Von der Hand zu weisen ist eines natürlich nicht:

„Die Handlungsempfehlungen reflektieren darüber hinaus die spezifische Situation in Schleswig-Holstein, die dadurch gekennzeichnet ist, dass in absehbarer Zukunft im Bundesland ungefähr das Dreifache der konsumierten Elektrizität erzeugt wird.“

Damit wird SH notwendigerweise entweder zum Stromexportland für Strom aus generativer Erzeugung oder zum Produktionsstandort für synthetische Energieträger in Form von Gas, Flüssigkeit oder auch lagerfähigen, veredelten Rohstoffen wie Rohaluminium. Stahl, etc. Was aber nicht automatisch bedeutet, dass der Strom zwangsläufig über gigantomanische Stromtrassen abtransportiert werden muss um an anderen Standorten sinnvolle generative Erzeugung zu substituieren. Und selbst wenn: Statt Baden-Württemberg oder Bayern wären NRW, Schweden, Polen, das Baltikum oder selbst Finnland als Verbrauchsorte sowie Schweden und Norwegen als Speicherort sinnvoller.

Besonders Bayern ist spielend in der Lage, sich selbst mit PV-Strom zu versorgen. Vorausgesetzt die bayerische Regierung greift endlich ein entsprechendes Konzept auf und setzt eine klare, weitgehende und massive Dezentralisierung der Stromversorgung um. Auf Berlin zu warten, heißt nur, den Anschluss zu verpassen.

Die Planung von Stromtrassen zur Verschiebung von Leistung orientiert sich derzeit an aktuellen und hypothetischen Verbrauchszahlen von Strom,basierend auf Handelsprognosen in den jeweils ins Auge gefassten Gebieten. Damit werden stillschweigend zwei essentielle Bedingungen vorausgesetzt:

– Der Strombedarf ändert sich im Lieferzielgebiet nicht, zumindest geht er dort nicht zurück.

– Es werden im Lieferzielgebiet keine oder kaum nennenswerte neuen Kapazitäten generativer Erzeugung aufgebaut.

Auf dieser Basis lassen sich einleuchtender Weise keine verlässlichen Szenarien für den Speicherausbau erarbeiten.

Systemischer Ansatz vs. Überschussspeicherung

Fazit zu den Thesen:

Insgesamt empfiehlt es sich, den Abschnitt 6 der Studie vor der Bewertung zu Lesen und den Inhalt an den dort thematisierten Maßstäben zu messen. Die Studie selbst streitet nicht für einen Vorrang von Stromtrassen vor Speichern. Im Gegenteil, sie zeigt klar auf, dass sich der Bau elektrochemischer Speicher unter der Voraussetzung, dass die Netzausbauten tatsächlich erfolgen und deshalb nur Überschussstrom aus generativer Erzeugung gespeichert wird, nicht lohnt. Das heißt aber keiensfalls, dass Speicher keine Alternative für den Netzausbau sind, sondern nur, dass sich beides gleichzeitig nicht rentiert. Eben weil beide Systeme redundanten Nutzen aufweisen.

Die richtige Frage wäre: Welches System ist wertvoller,nachhaltiger und wird politisch von allen mitgetragen?

Die Interpretation von Minister Habeck greift daher zu kurz.

Das Fazit lautet allerdings: Der Minister ist seinem Amt nicht gewachsen.

Ein fairer Vergleich wäre eine Vollkostenrechnung für beide Konzepte unter den Parametern der DIN EN ISO 50001:

– TLCC: Ansatz der technisch realen Lebenszykluskosten von Batteriespeichern und Stromtrassen
– Kapital- und Barwertanalyse über internen Zinssatz
– Sensivititätsanalyse unter Berücksichtigung der Kostensteigerungsraten für Netzentgelte, Konzessionsabgaben, Wartung von Leitungen, sowie vor allem für den Fall nicht erfolgender Abnahme von Strom in den Lieferzielgebieten
– Berücksichtigung aller Subventionen und Renditegarantien mit dem Barwert

Weiter weist die Studie auf einen besonders wichtigen Umstand hin:

„Die Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Sozialisierung von Mehrkosten von Speichern auf absehbare Zeit Voraussetzung für deren großtechnische Implementierung in Verteilnetzen ist.“

Im Auge haben die Autoren dabei möglicherweise eine Anschubinvestition oder Förderung aus Steuermitteln. Die sinnvolle und angemessene Alternative wäre eine Umlegung auf alle im Einzugsgebiet verbrauchten kWh. Denn schließlich werden auch die Stromtrassen durch genehmigte Netzentgelte und Renditegarantien refinanziert. Dabei handelt es sich um eine Sozialisierung über einen gesetzlich geschützten und geregelten Marktmechanismus und nicht etwa um Marktwirtschaft. Nur dass die größten Verbraucher dabei mit eher weniger bis gar keiner öffentlichen Aufmerksamkeit von der fairen Beteiligung ausgenommen werden. Deshalb ist es zwingend, auch gleiches mit gleichem zu vergleichen.

Brisant wird es allerdings in den folgenden Zeilen:

„Zugleich wurde dargelegt, dass – nicht nur in diesem Anwend- ungsfall – die Netzwirtschaft die Federführung bei der Betriebs-führung von Speichern in Verteilnetzen übernehmen muss. Andern- falls stellen sich die gewünschten Nutzeffekte nicht zwingend ein. Vor diesem Hintergrund ist eine aktive Beteiligung der Netzwirt-schaft bei der Entwicklung von Speichertechnologien und -anwendungen wesentliche Voraussetzung für ein zielgerichtetes Vorgehen und den effektiven Einsatz von Forschungs- und Fördermitteln. Das Engagement von Verteilnetzbetreibern sollte frühzeitig gesichert werden. Da die Thematik der Versorgungs- sicherheit – weniger als das Einspeisemanagement – von über- regionaler Bedeutung ist, sollten dabei auch nationale oder europäische Kooperationsmöglichkeiten sorgfältig ausgelotet und vorangetrieben werden.“

Oohps! Da sehen wir das politische Thema, um das es wirklich geht, in aller Deutlichkeit. Den Erhalt der Hegemonie des Stromoligopols, besser gesagt des informellen Energiekartells der „Großen Vier“ vs. Bürgerbeteiligung. Denn nichts, aber auch gar nichts spricht gegen eine genossenschaftliche Organsiation des Speicherthemas in der Fläche und in großen Maßstab.

Hier gerät Habecks Studie zum Banner und Heroldsstab für eine gewünschte Verzögerung großflächigen Speicherausbaus zumindest so lange, bis die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen und Kapitalisierungsvoraussetzungen geschaffen sind, die es den „Big Four“ ermöglichen, ihren Status zu erhalten. An der Stelle gibt die Studie unterschwellig zu, dass sich „Speicher statt Stromautobahn“ längst rechnet. Nur: Für Netze gibt es verlässliche Finanzierungsmechanismen samt Renditegarantie. Für Speicher noch nicht.

Und prompt gibt die Studie meinen Ausführungen recht:

„Eine Bewirtschaftung von Speichern unter Beteiligung von Netzbetreibern stößt im Rahmen des aktuellen Energiewirtschaftsrechts allerdings auf beträchtliche regulative Hemmnisse. Die Landesregierung kann, vorzugsweise in Abstimmung mit den regionalen Akteuren, aktiv dazu beitragen, den Diskurs um eine Weiterentwicklung der Regulierung auf Bundesebene konstruktiv voranzutreiben.“

Ein weiteres Argument ist äußerst interessant:

„Eine nachhaltige Bewirtschaftung von Speichern in diesem Anwendungsfall würde damit zwingend die Sozialisierung der mit ihnen verbundenen Kosten erfordern. Das ist nur im regulierten
Bereich (Netzwirtschaft) realistisch vorstellbar. Da auch die Betriebsführung potentieller Speicher durch die Netzbetreiber koordiniert werden müsste, ist diese Einschränkung auch aus
technischer Sicht plausibel.“

Hier wird glatt unterschlagen, dass gerade in der Stromwirtschaft derart viele Kosten sozialisiert wurden und werden, wie in keiner anderen Versorgungsindustrie:

* Alle Kosten neu errichteter Kraftwerke bis 1996, besonders Kernkraftwerke, Kohlekraftwerke und Wasserkraftwerke
* Die gesamte Netzinfrastruktur wird über verordnete Netzentgelte auf das Gros der Endverbraucher – und damit auf weniger als 40% des Stromverbrauchs – umgelegt und durch die Renditegarantie für die Netzbetreiber sozialisiert
* Neue Kraftwerke für Gas und Kohle erhalten nach wie vor Baukostenzuschüsse und Stromabnahmegarantien
* Der Kohleabbau in der BRD wird nach wie vor mit jährlichen Milliardenbeträgen gestützt.
* Kraftwerksbetreiber und energieintensive Industrie werden durch Befreiung von Energiesteuern, EEG-Umlagen, Netzentgelten und andere Vergünstigungen, die auf die Schultern aller übrigen umgelegt werden, unterstützt.

Mit insgesamt ca. 28 Mrd. Euro jährlich wird die konventionelle Stromindustrie stärker aus Steuermitteln unterstützt als irgendeine andere Branche.

Warum also wird hier so getan, als wäre das ein kritikwürdiges Argument? Gerade der Netzausbau stützt sich auf „sozialisierte“ Kosten, ohne deren Erwirtschaftung und Übernahme durch die Mehrheit der Menschen der Netzbetrieb in der derzeitigen Form gar nicht möglich wäre.

Die Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Speichern wird an der Stelle zur Farce. Denn das Netzentgelt bezogen auf kWh oder MWh wird auf alle umgelegt und betrifft de facto den größten Teil der gesamten produzierten Energiemenge, während die Speicher lediglich an der Aufnahme überschüssigen Strom aus der generativen Erzeugung durch Wind und PV gemessen werden.

Der Vergleich wäre korrekt, wenn die Kosten des Netzausbaus für den Abtransport des Stroms umgelegt würden, auf dessen Erzeugung ansonsten durch Abregelung der EE-Anlage verzichtet würde. Das ist aber nicht der Fall. Es wird davon aus gegangen, die EE-Produktion auf das dreifache des Bedarfs in SH zu erhöhen.

Logisch, dass der Strom abtransportiert werden muss. Dieses Konzept widerspricht auf krasseste Weise dem Ziel einer konsequenten Dezentralisierung der Stromerzeugung. Der Irrsinn beginnt eben an dieser Stelle. Es müssen Abnehmer vorhanden sein.  Zur Not generiert man die eben in anderen Ländern, denen man zumindest innerhalb der BRD durch gezielte politische Maßnahmen den Aufbau eigener dezentraler Kapazitäten unmöglich macht. Dieses Regime auf ganz Europa auszuweiten, ist der wahre Sinn der Übung „Ausbau der Übertragungsnetze“.

Korrekter Weise gehören die Speicherkosten allein deshalb ebenso auf alle produzierten kWh umgelegt, wie die Netzentgelte, um eine gleichwertige Vergleichsmöglichkeit zu schaffen. Die Studie bestätigt genau das wörtlich:

„Speicher eröffnen potentiell neuartige Möglichkeiten der Netzbetriebsführung in Fehler- und Ausnahmesituationen. Ereignisse, die solche Maßnahmen erfordern, treten äußerst
selten auf, können aber mit extremen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden sein. Eine angemessene marktbasierte Allokation solcher Kosten stößt auf fundamentale Probleme. Deshalb ist eine regulierte Kostenzuweisung auf alle Netznutzer plausibel und mit dem energiewirtschaftlichen Rahmen grundsätzlich vereinbar.“

Machen wir mal das Gedankenexperiment, dass die Bereitstellung von Speichern in gleicher Höhe vergütet wird, in der der Median der aktuell verlangten Netzentgelte plus der zu erwartenden Steigerung durch die Stromautobahnen liegt. Das Ergebnis wären ca. garantierte 7 ct/kWh, umgelegt auf alle verbrauchten Strommengen, ausgenommen die der von Netzentgelten komplett befreiten Unternehmen. Dieser Posten betrifft ca. 1 % der Strommenge, ist also kalkulatorisch vernachlässigbar. In Euro geht es allerdings um 300 Millionen.

An Stelle steigender Netzentgelte für neue Trassen träten die gleichen Kosten für Speicher. Rechnet man nun einen Speicher mit dem Ansatz der Einbeziehung aller erzeugten und gelieferten Strommengen in einem Verbrauchsgebiet, dann dividiert sich der Erstellungspreis für den Speicher schlicht durch alle erzeugten kWh, aufaddiert über den Lebenszyklus des Speichers.

Nehmen wir also an, wir hätten einen Redox-Flow-Speicher mit 1.600 kWh Kapazität bei 200 KW mittlerer Be- und Entladeleistung, der an einer PV-Anlage mit 2.000 KWp hängt. Diese PV-Anlage lassen wir pro KWp 850 kWh im Jahr produzieren, also 1.700.000 kWh pro Jahr oder über eine minimal geschätzte Lebensdauer von Speicher und PV-Anlage von 20 Jahren 34.000.000 kWh, so stehen bei einem Invest von ca. 1.500.000 Euro = 4,4 Cent / kWh gegenüber. Dabei gehen wir davon aus, dass der Speicher im Jahresverlauf nur 10 volle Be- und Entladezyklen durchläuft. Technisch muss dabei über eine zusätzliche Be- und Entlademöglichkeit via einer Li-Ion-Batterie mit 2.000 KW bei 2.000 kWh (alternativ ein System von 100 Ladesäulen mit 22 KW und integriertem 10 kWh Speicher bzw. 100 angeschlossenen Elektroautos) bzw. über eine Leistungselektronik dafür gesorgt werden, dass die Spitzenleistung der PV der Redox-Flow-Batterie angepasst wird. Ein solches System ist für ca. 200.000 Euro realisierbar, was die Kosten auf 1.700.000 Euro bzw. 5 Cent / kWh steigen ließe.

Damit liegen wir bei einem Batteriesystem durchaus im Rahmen der Netzentgelte, wenngleich hier noch keine internen Verzinsungen eingerechnet sind. Für eine Siedlung, einen Betrieb mit entsprechendem Strombedarf, der keine Vergünstigungen genießt oder ein GHD-Dienstleistungszentrum würde sich dieses System aber bereits gegenüber Netzstrom rechnen: Die Stromgestehungskosten einer großen PV liegen bei 1.000 €/KWp bei ca. 6 ct/kWh, plus 5 ct/kWh Speicherkosten bei 11 ct/kWh, angemessen verzinst ca. 15 ct/kWh. Da im bilanziellen „Inselbetrieb“ auf EEG-Vergütung verzichtet wird, ist es nur angemessen, auch die Sonnensteuer des Ministers Gabriel nicht zu entrichten. Dieses Beispiel zeigt, dass die Horrorvision der „Big Four“, komplett flüssiger als das Ei einer Klapperschlage zu werden, bereits greifbare Realität ist.

Mittels Speichern ist die Abkoppelung von Siedlungen, Dörfern, mittleren Städten, GHD- und Fachmarktzentren, Gewerbegebieten oder Einzelbetrieben außerhalb der produzierenden Industrie bereits heute technisch möglich, und rentabel. Gleichzeitig bieten die Speicher Versorgungssicherheit. Die „Big Four“ und die Netzbetreiber bräuchten dann derartige Inselsysteme als Partner, um sich dort anschließen zu dürfen und nicht mehr umgekehrt.

Stromautobahnen werden damit aber nicht mehr gebraucht. Der Netzausbau spielt sich dann nur noch auf den beiden Verteilnetzebenen ab. Als Erdkabellösung, komplett unterirdisch.

Unf genau deshalb werden solche Gutachten mit selektiven Untersuchungsbedingungen beauftragt. Das Ergebnis soll stimmen.

Schlussbemerkung:

Seit Erreichen historisch als „Zivilisation“ beschriebener Entwicklungszustände menschlicher Gesellschaften errichten, nutzen und bewirtschaften Menschen Speicher. Gespeichert werden Wasser, Öl, Früchte, Getränke, Ernten, Energieträger, Konsumartikel, Investitionsgüter etc.

Die Produktion der allermeisten Güter erfolgt unabhängig von der konkreten Nachfrage. Einen Bären oder Hirsch zu erlegen, um ein paar Stücke von ihm zu essen und den Rest liegen zu lassen, wäre noch nicht mal den Frühmenschen eingefallen.

Nicht von ungefähr werden Supermärkte und Großmärkte auch als „Magazine“ bezeichnet, im französischen „magasin“, im englischen „store“, was eben exakt „Lager“ bedeutet. Denn unsere heutigen Discounter sind nicht anderes als Speicher. Dort werden Waren von Herstellern eingelagert und erst nach Abholung und Bezahlung durch den Kunden abgerechnet.

Der Clou und Schlüssel zum Erfolg dabei, der so gut wie keinem der Kunden bewusst ist: Genau so werden die umgeschlagenen Waren auch abgerechnet. Der Supermarkt kauft nicht etwa die Ware beim Hersteller, nein, er verhandelt mit diesem einen Abverkaufspreis und kassiert beim Hersteller eine Reihe von Servicegebühren: Listung, Ausstellungsfläche, Regalbefüllung, Abrechnungskommissionen etc. und führt quasi als Service die von den Verbrauchern bezahlte Mehrwertsteuer an den Staat ab. Sogar die komplette Dokumentation des Warenein- und Ausgangs samt einer Bilanzierung der Stückzahlen durch Inventur leisten diese Märkte.

Die Speicherung aller Arten von Waren, Produkten, sogar von Geld und Dienstleistungen ist eines der effektivsten Erfolgsmodelle der zivilisatorischen Wirtschaftentwicklung. Sogar Energieträger wie Benzin, Erdöl, Erdgas, Holz und Kohle werden auf Vorrat ausgebeutet und vor der Nutzung gelagert. Die technische Entwicklung erlaubt uns, das auch mit Strom zu tun.

Fazit: Ohne „Speicher“ keine Zivilisation.

Statt dessen versucht man uns einzureden, dass Strom besser „Just in Time“ irgendwo zentral produziert und bei Bedarf unter Inkaufnahme von Verlusten bis 30% und mehr irgendwo hin geliefert wird.Und das entgegen der gültigen Physik,die vorgibt, das Strom immer den Weg des geringsten Widerstand geht, in der Regel also den physikalisch kürzesten Weg nimmt.

Und dafür schrecken Politik und die aktuellen Gesprächspartner der augenblicklichen politischen Funktionsträger nicht davor zurück, auf allen denkbaren Ebenen der relativ komplexen Stromtechnologie gesetzlich und über zielorientiert bestellte Gutachten die Weichen so zu stellen, dass eine sachgerechte Entscheidung über die Wahl der Mittel ausgeblendet wird. Dafür wird ganz selbstverständlich die Leistungskraft der Bevölkerung im Sinne der traditionell gut vernetzten Interessen, die letzlich jedoch nur ein informelles aber dennoch effektives Kartell bilden, in Anspruch genommen und die Lebensbedingungen dieser Bevölkerung werden im Hinblick auf Freiheit, Teilhabe,demokratische Partizipation, Mitbestimmung, Transparenz, uvm. systematisch und  weitflächig verschlechtert, strukturelle Abhängigkeiten vergrößert, private Handlungsspielräume mehr und mehr, Zug um Zug, eingeschränkt. Ob nun planvoll und systematisch oder einfach nur intuvtiv getrieben von Gier, Machthunger oder den pathologisch gewucherten Egos Einzelner, die bestenfalls als soziologische Krebsgeschwüre der Gesellschaft bezeichnet werdenkönnen.

Jedentag ein bißchen mehr Arbeitsbiene, Arbeitsameise und ein bißchen weniger Königin. Wo doch in der Demokratie angeblich alle gleichermaßen König oder Königin sein sollen.

Für jedes Elektron, das von A nach B soll (so zumindest stellt man sich landläufig  Strom vor), baut man quasi eine eigene Leitung, nur weil sich das Dank der gegenwärtigen Regelungen für die Netzbetreiber eher lohnt, als konsequente Dezentralisierung. Egal ob das Elektron nun von Berlin Friedrichshain an den Prenzlauer Berg geschickt wird oder von Lissabonn nach Helsinki.

Erst wenn das passende Geschäftsmodell durch gesetzliche Regelungen für den Fortbestand der „Big Four“ in der aktuellen Ggröße oder noch größer geschaffen und gesichert wurde, werden diese Interessenträger ihren Kurs ändern. Wenn sichergestellt ist, dass Sie das Heft des Handlungsdiktats und der Realisierung von Renditen in der Hand behalten und die Wertigkeit der Jobs Ihrer Führungsfiguren weiter gewachsen ist.

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Stromwalzer, immer mal im Kreis drehen und doch auf der Stelle bleiben

Stromautobahnen, Mautprofiteure und Politikwalzer

„Ist eine neue Stromtrasse notwendig?“ titelt die Augsburger Allgemeine in Ihrer Samstagsausgabe. Der Bedarf an Stromtrassen wird angezweifelt. Und das zu Recht. Für Unterfranken mag die „Thüringer Strombrücke“ noch vorübergehend Sinn ergeben.

Doch der gesamte Rest der Bedarfsplanung löst sich langsam in Wohlgefallen auf. Bayerns Thronanwärterin möchte mit Experten und Betroffenen reden, sagt Sie. Die Experten sind freilich genau die, die von der Errichtung der Stromautobahnen mit staatlicher Garantie profitieren und die Bundesnetzagentur. Die hat ihre Bedarfspläne auf Grundlage von Zahlen der großen Stromkonzerne und damit eben genau durch die Netzbetreiber, die nun als Experten in dieser Debatte Stellung nehmen sollen, erstellen lassen.

Großartig. Frau Aigner fragt also den Mastbetrieb und den Großschlachtbetrieb, welches der Hähnchen aus Massenzucht am ehesten ökologisch, nachhaltig und umweltverträglich ist.

In der Piratenpartei wird die Gewissheit, dass keine einzige der vier oder fünf Stromautobahnen, die geplant und in Ansätzen bereits im Bau sind, überhaupt notwendig ist, seit Jahren vertreten. Vielmehr weisen wir klar darauf hin, dass die Zukunft der Energieversorgung, besonders mit Strom als Hauptenergieträger, im konsequenten Ausbau dezentraler Erzeugung liegt. Parallel zum Ausbau von PV und Windkraft sind Batteriespeicher deutlich sinnvoller und auch wirtschaftlicher, wie uns Projekte in Braderup, Schwerin und auch in Eppishausen bei Kirchheim in Schwaben zeigen.

Die bei den Piraten seit Jahren deutlich und stark kommunizierte These der Überflüssigkeit großer Stromautobahnen wird inzwischen auch von etlichen Wissenschaftlern und Fachleuten außerhalb des Interessengebiets der „Big Four“ EnBW, Eon, Vattenfall und RWE bestätigt. Darunter namhafte Personen wie Prof. Claudia Kemfert, Umweltbundesamt und Prof. Michael Sterner, Universität Regensburg, der jüngst in der FAZ als Verfasser eines Gutachtens zur Befürwortung der Stromtrassen zitiert wurde. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten, denn Sterner vertritt in seinem Gutachten genau das Gegenteil: Es gibt keinen technischen und volkswirtschaftlichen Bedarf für die Stromautobahnen. Die Qualitätsjournalisten der FAZ haben indessen weder das Gutachten gelesen noch den Professor um ein Statement ersucht.

Im Regierungsbezirk Schwaben beispielsweise existieren ca. 5.000 MW Stromerzeugungskapazität. Die höchste je abgerufene Last lag bei 1.972 MW. Die beiden Reaktoren Gundremmingen B und C haben je 1.344 MW Leistung. Schaltet man beide dauerhaft ab, verbleiben also noch immer 2.312 MW Leistung. Auch wenn ab heute keine OPV und keine Windkraft in Schwaben mehr ans Netz geht. Das sind immer noch über 300 MW mehr, als je abgerufen wurden.

Aigner vollführt mal wieder den sich drehenden Walzer zwischen der Beschwichtigung des Wahlvolks durch vermeintliche Experten und der Befriedigung der Interessen der Arbeitgeber eben dieser Experten. Die sind natürlich als Makler der Interessen Ihrer Arbeitgeber unterwegs. Ein Makler, der nicht unabhängig ist, war bislang aber noch nie für alle Beteiligten vertrauenswürdig. Insofern erfüllt sie Seehofers Vorgabe, keine Politik gegen die Bevölkerung zu machen. Sie macht sie halt an den Interessen der Bevölkerung vorbei und hofft, dass die sich von den Auftritten gut gekleideter Manager überzeugen lässt.

Neutrale Experten stehen zur Verfügung. Und mit den Piraten auch eine Partei, die außer ein paar pseudoprominenten Lautsprechern auch exzellente Fachleute hat, die diese Diskussion zu bereichern in der Lage sind. Ohne Stromtrassen und ohne Pumpspeicher in unseren Naturschutzgebieten. Die Frage ist. Hat sie auch den Mut, sich unabhängigen Experten zu stellen?

Von Glaubwürdigkeit schreibt Till Hoffmann in seinem Kommentar. „Glaubwürdigkeit“ war einer der häufigsten Begriffe auf den Plakaten der CSU in den letzten Wahlen. Angesichts der vielfältigen Personalskandale um Christine Haderthauer, Georg Schmid, KT von und zu Guttenberg, den Landrat Kreidl, Baumann in Geiselhöring, Otto Wiesheu, Gerold Tandler etc. darf man fragen, wie viel C und S in dieser Partei überhaupt steckt. Das mit dem U ist sowieso nur Fassade. „Glaubwürdigkeit“ ist dort entweder ein Euphemismus oder eine Art Satire.

Auch für Bayern steht die CSU schon lange nicht mehr. Die meisten haben es nur noch nicht gemerkt.

 

Links:
http://www.elektronikpraxis.vogel.de/energieeffizienz/articles/460612/?cmp=nl-95
http://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Europas-groesster-Oekostrom-Akku-ist-am-Netz,akku130.html
http://www.pressebox.de/inaktiv/robert-bosch-gmbh-gerlingen-schillerhoehe/Doppelbatterie-fuer-den-Stromspeicher-Braderup/boxid/681205
http://www.iwr.de/news.php?id=26658

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