Zu Besuch: Die Bundesnetzagentur in München

Teilnahmebericht und Kommentar zur

Veranstaltung der Bundesnetzagentur zum Netzausbaubedarf am 21.04.2015 in München, Lehel-Carrée, Gewürzmühlstrasse 11

Mal vorneweg: Wir reden hier über geschätzte 10 Mrd. Euro Investitionen im Segment „Energie“, welches ein jährliches Umsatzvolumen von 570 Mrd. Euro hat. Zum Vergleich: Die deutsche Automobilindustrie setzt 360 Mrd. Euro im Jahr um. Diese 10 Mrd. werden uns als kleine, private Endverbraucher ca. 2 Cent mehr pro kWh auf dem Strompreis kosten. Wir sollten beim Thema Energie aber immer an eines Denken: Die Kosten für den Import von Energieträgern lagen bei ca. 100 Mrd. Euro im Jahr.

Aktuell ist es etwas weniger, da der Ölpreis gefallen ist. In Zukunft werden es aber mit Sichehreit wieder mehr sein. Und je knapper, desto teurer. Nicht zu vergessen: der politische Aspekt. Wer hat Lust, mit seiner Gasrechnung – und auch der Rechnung für Steinkohlestrom – Wladimir Putin seine 40 neuen Atomraketen zu finanzieren?

Am 21.04.2015 war es soweit. Die Bundesnetzagentur hat Bürger und Interessierte eingeladen, mit ihr über den Netzausbaubedarf, den Szenariorahmen 2024 für die Stromversorgung Deutschlands und einige weitere Aspekte zu sprechen. Am 21.04.2015 habe ich mich deshalb überpünktlich an den Ort der Veranstaltung begeben.

Vom Grundgedanken her, die Bürger über solche Veranstaltungen an dem Geschehen teilhaben zu lassen, sind solche Events sehr zu begrüßen. Was mich als im Allgäu Lebenden auch besonders gefreut hat:

Der Veranstaltungsort war München und somit auch für einen nicht vom Stromtrassenbau durch Eingriffe vor Ort Betroffenen ohne größeren Aufwand in akzeptabler Zeit erreichbar. Betroffen bin ich dennoch, denn auch ich darf die Verspinnwebung unseres Landes mit noch mehr Stromleitungen über Netzentgelte mit bezahlen.

Um 14:00 Uhr ging es los. Die erste große Überraschung war, dass die Tagesordnung durch weitere Vorträge ergänzt wurde. Statt drei gab es fünf Vorträge. Dies, und der Bedarf an Auseinandersetzung durch heftige Einwände, Statements und Diskussionen haben am Ende zu weniger Diskussions- und Gesprächsmöglichkeiten geführt, als für den Themenkreis eigentlich erforderlich wäre.

Die Aufsplitterung in drei parallele Workshops (Bedarfsrechnung, Umweltauswirkungen und Technik) im zweiten Teil mit gemeinsamer Abschlussrunde mag zwar organisatorisch besser auf die Mittel der BnetzA zugeschnitten sein, führt jedoch dazu, dass sich die wenigsten wirklich ausführlich mit den Themen befassen können. Deshalb soviel als Ergebnis vorweg: Wir hätten locker bis Mitternacht weitermachen können.

Das Schlimmste an der Veranstaltung war das Desinteresse der Landespolitik. Auch wenn der ein oder andere Vertreter aus Landtag und Staatsregierung anwesend war: Gesagt hat keiner was, und auf die Idee, seine Bürger = Gäste mit ein wenig mehr als nur Kaffee und Wasser zu versorgen ist auch keiner aus der Politik gekommen. Immerhin dauerte das Event insgesamt nahezu sechs Stunden.

Es wäre auch besser gewesen, früher anzufangen, tatsächliche Pausen zu machen und die Fülle der Vorträge und Diskussionen auf einen ganzen Tag zu verteilen. Die Staatsregierung sollte sich bei solchen Events als Ausrichter und mit einem vernünftigen, energiereichen Catering beteiligen.

Doch nun zum Inhalt. Begonnen hat der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann. Was mir als Bayern sofort aufgefallen ist: Er hat eine sehr ähnliche Intonation und einen ähnlichen Redestil wie Sigmar Gabriel. Zumindest ich musste sofort an den aktuellen Bundeswirtschaftsministerversuch der SPD denken. Herr Homann begann entsprechend auch sofort mit einem Glaubensbekenntnis: „Die Entscheidung für die Energiewende ist eine Entscheidung für den Netzausbau!“ Und wie man seinen folgenden Ausführungen entnehmen konnte, ist dieser Satz nicht nur Schlussfolgerung als vermeintlich gesichert erkannter Notwendigkeiten, sondern zugleich auch Prämisse für die deshalb notwendigen Maßnahmen. Frei nach dem Prinzip: Ich beweise, was ich als Ziel anstrebe, indem ich es voraussetze, was ich als Ziel anstrebe. Der logische Zirkelsschluss als Argumentationsprinzip.

Mein Eindruck hat sich verstärkt: Wir haben es mit einer hermetisch geschlossenen Sicht- und Denkweise zu tun. Einem circulus vitiosus, dessen tragende Elemente nicht in Frage stehen dürfen.

Auch wenn Herr Homann mit seiner Mitteilung „Die BnetzA strebt nicht nach einem optimalen Netzausbau!“ diese These zu relativieren scheint, so erlebt der Zuhörer nach spätestens 20 Minuten die Heiligsprechung aller verkündeten, seligmachenden Maßnahmen durch einen Satz, der schon keine These mehr ist, sondern mehr eine Gesetzesverkündung: „Das Thema, bzw. die Forderung, der Bedarf müsse nachgewiesen werden, ist abwegig.“

Wortwörtlich zitiert aus dem Mund des Präsidenten der BNetzA.

Was soll ich als Bürger nun damit anfangen? Wie sich in der späteren Diskussion, in der es auch echte Anfeindungen seitens einiger teilnehmender BIs gab, herausstellte, versteht man bei der Bundesnetzagentur ein Grundproblem nicht, auch wenn zumindest der Moderator der Veranstaltung es benennen konnte:

Ein großer Teil der Bürger ist nicht mehr bereit, den Bekräftigungen und Aussagen von so genannten „Experten“ Glauben zu schenken, wenn diese den grundsätzlich gleichgerichteten Aussagen von Interessenvertretern – hier die Netzbetreiber – und einer Bundesbehörde – hier die BnetzA – zustimmen und diese Experten zwar als unabhängig bezeichnet werden, aber in keinem transparenten Verfahren ausgewählt wurden. Der Bürger denkt, die Expertise sei bestellt und gekauft im Sinne der Netzbetreiber und die BNetzA sei Erfüllungsgehilfe.

Was natürlich dadurch verstärkt – ja geradezu bewiesen wird – dass die Berechnungsmethoden und die den Berechnungen zu Grunde liegenden Rohdaten schlicht vertraulich sind. Diese Daten erhält nach §12 f EnWG nur ein handverlesener Personenkreis, der „ausreichende Fachkenntnis“ und „berechtigtes Interesse“ nachweisen kann.

Zudem wird darauf verwiesen, dass mit diesen Daten nur umgehen kann, wer die passende Software hat. Da es nun ca. 40 Personen bzw. fachkundige Gutachter und Ingenieurbüros gibt, die diese Daten bisher erhalten haben, könne man sich auch an diese wenden. Was nur keider keinen Fortschritt bringt, weil „diese“ einerseits Vertraulichkeitsvereinbarungenunterschrieben haben – also auch keine Daten herausgeben dürfen – und man für die statt dessen dort beauftragbaren Thesen ordentlich Geld auf den Tisch legen darf. Womit man wiederum irgendwem vertrauen muss,alsowieder nichts nachprüfen und verifizieren kann, und / oder gleichzeitig jedes Minimumn transparenter Information für den Normalbürger unerreichbar ist.

Mein Einwand war entsprechend sofort, es sei nicht akzeptabel, dass Bürger auch noch Geld dafür bezahlen und die fürstlichen Honorare einer kleinen Gruppe von Auserwählten bestreiten, um den Nachweis für die Notwendigkeit eines Netzausbaus, den sie mit ihren Netzentgelten sowieso bezahlen dürfen, lediglich wieder nur von Dritten bestätigt zu bekommen.

An der Stelle vorgezogen ein Einschub, der meine persönliche Diskussion mit Dr. Jochen Patt wiedergibt.

Mit ihm habe ich anschließend an die Veranstaltung gesprochen. Im Vortrag wurde erklärt, dass die Daten sowieso schon allein deshalb nicht herausgegeben werden können, weil es sich um Stundenwerte von 8.760 Stunden im Jahr an den vielen Messpunkten im deutschen Netz handelt.

Meine erste Nachfrage hat ergeben: Es sind ca. 500 Messpunkte, die die Einspeisung der Kraftwerke ausschließlich an den Knoten des Höchstspannungsnetzes (HÖS) erfassen, sowie weitere ca. 50 Messpunkte an den Grenzkuppelstellen.

Mein Vorschlag war, das jeweilige Leistungsdiagramm eines Messpunktes für jede Stunde als pdf in ein online-Archiv zu stellen. Knapp 5 Millionen pdf-files pro Jahr, vernünftig geordnet, wären kein Problem. Und jeder kann sich in seinem Netzbereich heraussuchen, was ihn interessiert.

Alternativ sollte es kein Problem sein, die Leistungsdaten von 550 Messpunkten in Echtzeit verfügbar zu machen. 550 Fensterchen mit Diagramm auf einer Onlinekarte der BRD sind zwar ein ordentlicher Programmier- und Datenpflegeaufwand, aber kein Hexenwerk. Allein das privat organisierte Onlineportal Lemnet.org zeigt z. B. mehrere tausend Elektroautoladesäulen an und übermittelt deren aktuellen Betriebszustand online.

Das Gegenargument: Dann könnte ein Wettbewerber sich die Daten eines Messpunktes holen und auf die Effizienz und die betriebswirtschaftliche Situation des am Messpunkt hängenden Kraftwerks zurückzuschließen, denn ein Kraftwerk pro Messpunkt sei die Regel.

Schön und gut, dann wäre es sinnvoller, auf der anderen Seite des Netzknotens den Lastabruf zu messen. Die Querverschiebung von Strom innerhalb des HÖS wäre dann zwar öffentlich nicht mehr direkt sichtbar, aber der Bedarf pro Netzknoten schon. Man kann immer noch erkennen, wie hoch der Transportbedarf wirklich ist, nur die Quelle bliebe anonym.

Herr Dr. Patt erläuterte mir, dass man bei der BnetzA intensiv darüber nachdenke, wie man die Grundlagen der Bedarfsberechnung besser öffentlich erkennbar machen könne und wolle auch in Zukunft weniger restriktiv mit den Daten umgehen. Allerdings sei man selbst derzeit mit der eigenen Rechnerkapazität am Ende. Die eigene IT der BnetzA ist ausgereizt.

Im weiteren Gespräch habe ich die interessanteren Informationen bekommen: Die Messpunkte auf den Netzebene HS, MS und NS werden gar nicht erfasst. Dort wird zwar aktuell zu Überwachungszwecken gemessen und regelnd in das Netz eingegriffen, aber es erfolgt keine Auswertung der Daten in Bezug auf das Auftreten von Last- und Leistungsspitzen, temporäre Zuordnung, Querverschiebungen etc.

Mit anderen Worten: Wir wissen gar nichts. Weder die BnetzA noch die Bürger.

Die einzige Konsequenz vor jeder weiteren Stromtrassenplanung kann daher eigentlich nur eine DENA-Netzstudie III sein, die einen vollkommen neuen Ansatz erfährt:

– Bottom – up Aufbau von der Verbraucherseite her
– Lastgangsmessung an der Lastseite aller Netzknoten: NS, MS, HS, HÖS
– transparent veröffentliche und online einsehbare Lastdiagramme
– Bestimmung aller kritischen Lastspitzen
– Simulation der Ergebnisse bei Einsatz von passend ausgelegten Speichern zur Aufnahme von Erzeugungsspitzen und Kappung von Lastspitzen an den verschiedenen Netzknoten

Jede Zukunftsplanung muss zusätzlich das noch immer nicht genutzte Potential der rein generativen Stromerzeugung beinhalten.

Wie die BnetzA selbst zugibt – und damit meiner Beschreibung zustimmt – dass das bundesdeutsche Stromnetz mit Österreich ein organisch gewachsenes Gebilde ohne zu Grunde liegende konkrete Planung ist, weist dies darauf hin, dass die Pläne und Bemühungen der Netzbetreiber, der Behörde und der Bundesregierung darauf hinauslaufen, den Ansatz einer zentralisierten bzw. zentral gelenkten Stromversorgung noch weiter zu verstärken. Der § 15 NaBeG stellt dazu eigens den Vorrang der Bundesplanungen vor den Ländern sicher. Damit wurde der Umsetzung einer dezentralen Stromversorgung ein weiteres Hindernis entgegengestellt. Diese dezentrale Stromversorgung ist jedoch unausweichliche Konsequenz, wenn tatsächlich jemals eine Vollversorgung aus „Erneuerbaren“ erfolgen soll.

Zu guter Letzt habe ich Herrn Patt verdeutlicht, dass die Nichtberücksichtigung der Stromflüsse, Lastspitzen und Leistungsspitzen auf den „unteren“ Netzen in Tateinheit mit dem völligen Ignorieren der technischen Möglichkeiten von Speichern aus meiner Sicht ein schwerwiegender systematischer Fehler ist.

Das Äquivalent in der Finanzpolitik dazu wäre, die Deckung des Staatshaushalts in Zukunft nur noch auf Steuern auf Erträge (nicht zu verwechseln mit Überschüssen oder Gewinnen) abzustellen, die von den Firmen erwirtschaftet werden, die 70 % des Bruttosozialprodukts erzeugen.

Erstens benötigt die Stromversorgung auf Grund der Fähigkeiten und Möglichkeiten der Elektrotechnik in Verbindung mit Speichern keinerlei manuelle Kontrolle und kein menschliches Eingreifen mehr. Gerade in Verbindung mit ausreichend großen und leistungsfähigen Batteriespeichern an Netzknoten auf allen Ebenen überwacht die Elektronik Frequenz, Spannung und Stromstärke vollautomatisch, balanciert die Schwankungen vollautomatisch aus, leitet Überschüsse in die Speicher ab oder gleicht Defizite aus diesen aus.

Zweitens entstehen und vergehen auf den Ebenen NS und MS genau die Bedingungen, auf denen die Szenarien für die Verschiebung von Energie und Leistung aufbauen.

Drittens haben Verbraucher mittels Speichern die Möglichkeit, ihren Verbrauch zu glätten und sich so vor unerwünschten Rückschlüssen auf ihr persönliches Verbrauchsverhalten ebenso wie vor Preisschwankungen durch unregelmäßige Last zu schützen. Smart Meter als Wunschtechnologie bewirken genau das Gegenteil und werfen intensive Fragen nach Datenschutz auf. Auch Unternehmen sind Verbraucher und haben ein legitimes Interesse, dass ihr interner Verbrauch nicht öffentlich eingesehen werden kann.

Viertens ermöglichen Speicher das Auffangen volatil und rein generativ erzeugten Stroms. Sie nehmen Leistungsspitzen von PV-Anlagen und Windrädern auf und geben den Strom konstant über längere Zeiträume, sogar genau zum passenden Zeitpunkt ab.

Fünftens ermöglichen Speicher die problemlose Implementierung weiterer Kapazitäten an generativer Stromerzeugung. Eine Studie des Fraunhofer ISE hat 2013 aufgezeigt, dass in einem beliebigen Verteilnetz eine Abdeckung von 40 % der installierten Kapazität an generativer Stromerzeugung mit Batteriespeichern die Aufnahmefähigkeit des Netzes für weitere generative Anlagen um 60 % erhöht.

Die Folgen eines Zubaus von Batteriespeichern hätten für die aktuelle Bedarfsplanung der BnetzA die Konsequenz, dass ihr eben diese Planung um die Ohren fliegt.

Dann hätten wir halbfertig gebaute Trassen, Millionen Planungskosten in den Sand gesetzt und brauchen sie gar nicht.

So viel zum sehr angenehmen Gespräch mit Dr. Patt. Er hat leider die Meinung, dass keine Speichertechnologie in großen Rahmen verfügbar sei. Die bereits in Betrieb befindlichen Großanlagen in Kalifornien, Japan, Texas, China und auch in Deutschland sind ihm entweder nicht bekannt, oder werden nach wie vor als Testanlagen bewertet.

Tatsächlich jedoch ist Speichertechnik bereits jetzt für jedermann ganz regulär käuflich erwerbbar und als Serienprodukt verfügbar. Im Gegensatz zu Power-to-Gas-Anlagen, die nach wie vor als Projekt aus mehr oder weniger verfügbaren Einzelkomponenten individuell zusammengestellt werden müssen, kann man ohne weiteres auch 5 MW oder 10 MW Batteriespeicher bei der Industrie ordern. Höhere Leistungen werden in der Realität eher selten benötigt.

Doch zurück zum Vortrag von Herrn Homann.

Seine erste Beschwichtigung war, dass die BnetzA nicht nach dem optimalen Netzausbau strebe. Das hat mich zunächst schockiert, doch ich gehe mal zu seinen Gunsten davon aus, dass er „nicht maximal“ sagen wollte. Denn eines dürfte gerade in Bayern unstrittig sein: Wenn wir etwas machen, dann immer optimal, also so gut wie möglich.

Dennoch muss man das angesichts des aktuellen Stands der Batteriespeichertechnik und der prognostizierten Zeit bis zur Umsetzung des Ausbaus in Frage stellen. Wer sich über den Stand der Batterietechnik informieren will, der möge die EES besuchen, die parallel zur INTERSOLAR vom 10.-12. Juni in München stattfinden wird.

Herr Homann teilte weiter mit, dass Bayern gefordert habe, dass die BnetzA zukünftig die Ausbauszenarien alleine erstellt. Nun, auch wenn das eine durchsichtige Forderung der CSU = Staatsregierung ist, ist der Vorschlag als dezente Kritik an der Dominanz der Übertragungsnetzbetreiber prinzipiell zu begrüßen. Allerdings bräuchten wir dafür eine personell vollständig neu aufgestellte BNetzA.

Bei der Gelegenheit wäre die Bedarfsberechnung bottom-up vom Kopf auf die Füße zu stellen: Installation dynamischer Messtechnik an allen Netzknoten von NS über MS und HS bis HÖS, Ermittlung der Last- und Leistungsspitzen, Modellierung einer vernünftigen Spitzenkappung über Speicher, Hochskalierung auf die nächste Ebene, erneute Modellierung der Spitzenkappung und so fort bis die real benötigten Lastverschiebungen dadurch klar und deutlich nachvollziehbar sind. Auf diesem Weg ohne irgendwelche sensiblen Daten von Unternehmen und Bürgern zu veröffentlichen.

Es lohnt sich ohne weiteres, für so ein ambitioniertes Projekt noch einmal zwei Jahre in die Hand zu nehmen, denn auch der Stromtrassenbau wird locker 15 Jahre dauern. Sofern ihn die Bürger zulassen.

Jochen Homann ging auch kurz auf die laufenden bayerischen Landesentwicklungspläne ein, die von den Medien als angebliche „Trassenverhinderungspläne“ kommuniziert werden. Sein kurzer Kommentar dazu: Der §15 NABeG stellt klar, dass unsere Planungen vorgehen. Da haben die LEP keine Chance, aber wir wollen keinen Streit, sondern einvernehmliche Lösungen mit den Landesbehörden.

Ja, mit den Behörden! Aber was ist mit den Bürgern? Allein diese Entwicklung einer weiteren Verschiebung von Gestaltungsmacht aus dem Land nach Berlin ist für mich ein ausreichendes Argument für die Wiedererlangung der vollen staatlichen Souveränität Bayerns. Ohne CSU. Die kann Deutschland dann gern vollumfänglich übernehmen und integrieren.

Homann argumentierte weiter mit den Folgen von Netzengpässen, die pro Jahr einen dreistelligen Millionenbetrag kosten: (115 Mio. in 2014). Die gelte es zu vermeiden. 10 Mrd. € Netzausbau um 115 Mio. € pro Jahr einzusparen. Mal sehen ob mir meine Bank auf der Grundlage ein Darlehen gewährt.

Jetzt wäre es schön gewesen zu erfahren, an welcher Stelle und zu welchen Zeitpunkten diese Engpässe aufgetreten sind. Und gegenüber zu stellen, wie viel Speicherkapazität und Leistung damit pro Jahr aufgebaut werden kann. Denn Speicher bieten schlicht mehr Möglichkeiten als Leitungen.

Ich schiebe es mal ein: Nach aktuellem Stand kann man damit 480 MWh Kapazität bei 160 MW Leistung aufbauen. Pro Jahr. Das wäre z. B. ein Speicher, der den stark schwankenden Bezug der Lechstahlwerke Meitingen punktgenau ausregulierenkann und damit gleichzeitig 750 MW Ausbaubedarf wegnimmt. Die deutlich größere Bedarfseinsparung ergibt sich aus den entfallenden Sicherheitszuschlägen beim Leitungsbau, da maximal Kapazitäten nicht einfach additiv aufsummiert werden dürfen. Das bedeutet: Will man den Strombezug für die LSW Meitingen bei 150 MW benötigter Leistung nach Abschalten des AKW Gundremmingen über eine Fernleitung aus dem Brandenburger Braunkohlerevier sicherstellen (ca. 600 statt 40 Kilometer), dann müssen diese 150 MW vom ersten bis zum letzten Meter gesichert durchgehen, Bei einer kalkulatorischen Auslastung einer Fernleitung mit 20 % bedeutet das: 5 Mal mehr Leistung vorsehen.

Wie der Präsident der BnetzA weiter erklärte, habe seine Behörde ca. 1/3 der beantragten Ausbaumaßnahmen der Netzbetreiber gestrichen. Dieses Argument soll die Unabhängigkeit und Kritikfähigkeit seiner Behörde beweisen oder zumindest unterstreichen.

Woher aber soll ein Bürger wissen, ob die Netzbetreiber – es sind ja nur die vier auf der HÖS-Ebene tätigen – nicht ganz bewusst ein möglichst aufgeblasenes Szenario vorgelegt haben, um am Ende das eigentliche vorläufige Ziel zu erreichen? Immerhin – wie am Gespräch mit Dr. Patt aufgezeigt – können wir die Berechnungsgrundlagen, sprich Daten, der Bedarfsszenarien nicht transparent nachvollziehen. Bei bevorstehenden Verhandlungsszenarien ist es nicht unüblich, auf das Ziel eine ordentliche Verhandlungsmasse oben drauf zu packen.

Denn eines darf nicht vergessen werden: Die Netzbetreiber erhalten eine garantierte Rendite von 9,05 % auf ihr investiertes Eigenkapital. Begrenzt ist dabei lediglich die Höhe des Eigenkapitals pro Vorhaben auf 40 % und es gibt eine modellierte betriebswirtschaftliche Bewertungsgrundlage für Netzbetriebe, auf der die Garantie beruht. Diese begrenzt die Auszahlung der Renditegarantie in effektivem Geld auf einen Wert, der 9,05 % entspricht. Betriebswirtschaftliche Fehler des Netzbetreibers führen somit zum Absinken der Rendite. Das ist vergleichbar mit einem Hartz-IV-Empfänger, dem nicht mehr als das festgelegte Maximum für die Wohnung plus Nebenkosten gezahlt wird, der aber dennoch real mehr Miete und höhere Energiekosten zahlen muss. Der Unterschied besteht allerdings in der monatlich zugestandenen Vergütung für einen beliebigen Mitarbeiter eines Netzbetreibers und dem Lebenskostenhaltungssatz, der einem Hartz-IV-ler zugestanden wird. Kommt der Hartz-IV-Empfänger nicht mit seinem Geld aus, muss er halt eine billigere und kleinere Wohnung suchen.

Laut Homann sind weiterhin, auch nach Streichung eines Drittels des Bedarfs, alle geplanten HGÜ notwendig, da „Wind dimensionierend“ sei und deshalb große Leitungskapazitäten erforderlich mache.

Windstrom, der in Speichern gelagert wird und damit Braunkohlekapazitäten überflüssig macht, wurde nicht thematisiert. Ebenso wenig die Herstellung von synthetischem Methan oder einfach nur Wasserstoffgas aus überschüssigem Windstrom.

Der Bezug nach Bayern durfte natürlich nicht fehlen. Deshalb erläuterte Hohmann, das „zentrale Ergebnis des bayerischen Energiedialogs, sei, dass ab 2022 in Bayern eine Stromlücke von 5 GW Leistung bei 30 TWh Strom bestehen werde.

Das würde bedeutetn: 6.000 Volllaststunden eines Kraftwerksmit 5.000 MW Leistung. Was in jedem Fall eine virtuelles Kraftwerk wäre, das aus der aggregierten Leistung vieler einzelner Kraftwerke bestehen würde. Technisch wäre eine Turbine dieser Leistung sicher baubar, aber logistisch derzeit nicht mit Brennstoff zu versorgen.

Rein generativ wäre dafür z. B. eine installierte PV-Leistung von 30 GW notwendig, die eine Fläche von ca. 180 km² bedecken würde. Also 0,25%, wobei bereits 13% Bayerns versiegelt sind.

Abgesehen davon, dass der „Energiedialog“ in Bayern tatsächlich ein erweiterter Monolog war, der die Bürger belehren und ein paar besser gestellte und vernetzte Interessenvertreter mit einbeziehen sollte, forderte diese Aussage sofort heftige Proteste heraus. Die Zahlen seien falsch, nicht berücksichtigt sei die weitere Entwicklung der re-generativen, ebenso wenig das Thema Entwicklung des Strombedarfs usw.

Und tatsächlich: Bei der Bedarfsberechnung werden die generativen Stromerzeuger mit Null bewertet. Sonne und Wind decken noch immer keinen Strombedarf. Weder die direkte Nutzung durch die Erzeuger noch die Speicherung wird bewertet. Lediglich Pumpspeicher werden mit 50 % der Nennleistung einberechnet.

Meine eigene Recherchen ergeben:

In Bayern werden zwischen 5,5 GW und 12,5 GW Leistung abgerufen.

Bayern hat

5,3 GW Atomkraft
4,4 GW Erdgas
1,0 GW Mineralöl
0,8 GW Steinkohle
2,0 GW Laufwasser incl. Speicherwasser
1,3 GW Biomasse
1,5 GW Windkraft
10,7 GW Photovoltaik

0,6 GW Pumpspeicherkraftwerke

Das Problem ist die dauerhafte Verfügbarkeit der Erzeuger.

Die ist in direkter Linie nur bei den ersten sechs gegeben.

Das sind zusammen tatsächlich 13,8 GW. Das genügt also augenscheinlich und lässt sogar noch ein paar Reserven übrig.

Wind und Sonne sind zusätzlich da und so gesehen quasi „überflüssig.“ Gehen die 5,3 GW Atomkraft in 2022 vom Netz, dann fehlen also ohne PV und Wind eher 5,3 GW als 5 GW. Allerdings bezieht sich das ausschließlich auf die gerechneten Spitzenlasten, nicht auf den Durchschnitt, nicht auf den Median und sagt noch lange nicht aus,ob,wie, wann und wo diese Lücken möglicherweise auftreten.

Last- und Leistungsspitzen sind im Energiemanagement allerdings schon lange ein Thema, dem mit Speichern begegnet wird. So lange wir aber nicht wissen bzw. nicht nachvollziehen dürfen, wann, wie oft und wo die Lastspitzen tatsächlich auftreten, können wir auch keine alternative Strategie zu Stromtrassen entwickeln, die Speicherkapazitäten sinnvoll einbezieht.

Daraus die Behauptung zu entwickeln, „den Bedarf in Frage zu stellen, ist abwegig“ ist schlichtes Belehren nach Herrenmenschenart und keineswegs Diskussionsbereitschaft.

Man kann es nur wiederholen: Wenn man einen Bedarf als heilige Kuh voraussetzt, dann kann bei einer Betrachtung nichts anderes herauskommen, als eben dieser Bedarf.

Die aktuelle Übertragungskapazität der Netze vom „Ausland“ nach Bayern ist mit ca. 6 GW auch absolut ausreichend, um diese „Stromlücke“, die in Wahrheit eine Leistungslücke ist, zu decken.

Dass dies genau so auch der Fall ist, hat die BNetzA am 21.04.2015 im Lauf der Veranstaltung auch im Wortlaut bestätigt.

Der Stromverbrauch Bayerns liegt heute übrigens bei 93 TWh. Mit den sicher vorhandenen Kapazitäten ohne Kernkraft lassen sich bei ca. 8,5 GW knapp 75 TWh Strom zusätzlich erzeugen. Mehr als doppelt so viel, als angeblich fehlt. Und ohne PV und Wind einzubeziehen. Deshalb ist auch das Märchen von der Stromlücke eben genau das: Ein Märchen. Was fehlt, ist die Möglichkeit, diese 30 TWh in passenden Portionen zur passenden Zeit am passenden Ort = Ort des Verbrauchs – bereit zu stellen. Und genau das lässt sich mit Speichern ebenso machen wie mit Leitungen.

Bayern hat 80.000 statische Ortsnetztrafos (ONT), die zwischen 50 KW und 600 KW Leistung verarbeiten, an den Knoten Niederspannung/Mittelspannung (NS/MS). Die Anpassung dieser ONT an flexiblere Netze durch so genannte RONT (regelbare ONT) kostet laut LEW 2013 29 Mio. Euro pro Stück (regelbare Ortsnetztrafos vom Marktführer Siemens).

Diese ONT lassen sich aber auch spielend innerhalb sechs Jahren mit einer Kombination aus Li-Ion und Redox-Flow-Batterien und Leistungselektronik nachrüsten. 600 KW Leistung bei 2.000 kWh Kapazität sind für ca. 2 Mio. Euro pro Einheit beschaffbar. Allein damit stünden genau an den Ebenen, an denen PV und Wind hauptsächlich eingespeist werden, 48 GW Regelleistung ganzjährig bereit, sowie 160 GWh Energie-Kapazität, über die wir im Tag/Nachtrhythmus bei 320 nutzbaren Tagen 51 TWh Strom zeitlich verschieben können.

Oder auch das Doppelte des durchschnittlichen Tagesbedarfs, der sich aus der angeblichen Stromlücke von 30 TWh ergibt.

Für die vermeintlichen 20 Tage im Winter, in denen es weder Wind noch Sonne gibt, bräuchte es zwar zehn Mal mehr, aber nichts spricht dagegen, die Batterien vorläufig vor allem nachts mit Strom aus bestehenden Kraftwerken und KWK aufzuladen um den Strom tagsüber zur Verfügung zu haben.

Eine letzte Rechtfertigung der Notwendigkeit der Trassen durch Herrn Homann war der notwendige Stromaustausch mit Österreich. Wen wir den nicht hätten! Also deshalb dürften wir ja gar nichts gegen neue Trassen haben.

Ja, aber den Stromaustausch mit Österreich haben wir seit 40 Jahren, weil der essentiell für den Betrieb unserer Kernkraftwerke war. Dafür brauchen wir keine weiteren Leitungen. Es sei denn wir verachtfachen endlich unsere PV-Kapazität auf 80 GW. Das Potential dazu haben wir locker allein auf den Gebäudedächern, die noch immer ohne PV sind. Dann hätten wir auch einen Überschuss von noch einmal ca. 90 TWh, die wir Jahr für jahr exportieren können. Allein Bayern. Dann bräuchten wir allerdings Trassen.

Bemerkenswert an Herrn Homanns Ausführungen war eine Phrase, die er häufig wiederholt: „Aber das weiß ja jeder!“ und der Hinweis auf die Ergebnisse des bayerischen Energiedialogs. Er scheint auch nicht den Unterschied zwischen der CSU und Bayern zu kennen. Nur knapp 26 % der Wahlberechtigten geben der CSU ihre Stimme. Das reicht zwar für die CSU, um allein zu regieren, weil knapp die Hälfte der Wahlberechtigten das zulässt, aber zur Identität mit Bayern reicht das längst nicht mehr.

Ab 14:30 Uhr wurden dann ein paar Fragen zugelassen. Erneut wurden Zweifel an der Bedarfsrechnung geäußert. Herr Homann ist leider stets ausgewichen.

Wie bei solchen Veranstaltungen üblich, waren die Fragerunden von Leuten bestimmt, die Statements abgeben mussten. So wurde geäußert, dass diese Leitungen nur dafür da seien, Kohlestrom mit Hilfe billiger Emissionszertifikate über Bayern bis nach Italien zu verramschen. In der Antwort hieß es, dass wir dem europäischen Emissionszertifikatesystem folgen müssten, da wir Mitglied seien.

Nicht thematisiert wurde, dass sich England und Schweden trotzdem eine zusätzliche CO2-Abgabe leisten. Das könnten wir auch tun und schon wäre der Anreiz weiterhin viel zu billig Braunkohlestrom auf den Markt zu werfen, erledigt. Denn klar wurde dass die HGÜ vordringlich dazu gebraucht werden, den Braunkohlestrom und später zunehmend auch Windstrom auch nach Südeuropa zu transportieren. Wer aber sagt, dass z. B. Italien darauf warten wird, Strom, besonders aus Braunkohle, in Zukunft aus Deutschland zu beziehen?

Wir hätten es ohne weiteres in der Hand, die Energiesteuer mit einem CO2-Faktor (Grad der Emission im Vergleich zu regenerativer Erzeugung aus Biomasse = 1) und dem Primärenergiefaktor (Effizienz) zu variieren. Und bei der Gelegenheit gleich die Vergünstigungen der Kohlebergbaue streichen. Aus den Einnahmen lassen sich dann Emissionszertifikate aufkaufen und / oder Maßnahmen für die Steigerung der Energieeffizienz von Unternehmen finanzieren.

Klar angeschnitten wurde die Angabe im Szenariorahmen, dass der Stromexport von Deutschland ins Ausland bis 2014 von bisher 18 TWh auf 80 TWh steigen soll. Und genau dazu werden die Leitungen gebraucht. Bezahlen dürfen diese die Endverbraucher mit ihren Netzentgelten. Den Nutzen aber haben vor allm Finanzkonzerne. So aber ist das inakzeptabel.

Herrn Homann wurde entgegengehalten, wer Strom wohin liefert entscheide nicht das Netz, sondern der Handel. Dann soll der Besteller gefälligst auch den Transport bezahlen. Diesem Statement ist er ausgewichen und die Diskussion wurde beendet.

Es folgte ein Vortrag von Herrn Zerres, einem Juristen der bei der Bundesnetzagentur beschäftigt ist, zur Prüfung des Netzentwicklungsplans 2024.

Zerres kann man nicht beschreiben, man muss ihn erleben. Im Stile des Erklärbären aus einer gewissen Kindersendung wird der Zuhörer in mäßigem Tempo mit einer recht großen Menge an Informationen gefüttert, die aber alle keinen grundsätzlichen Bezug haben. Dieser Vortrag sollte unbedingt als Video auf Youtube erscheinen.

Zerres fokussiert darauf, dass eine Veröffentlichung der Daten für die Bedarfsberechnung nicht möglich sei, weil zu umfangreich. Man könne nicht die Daten von 60.000 Referenzstellen über 8.760 Stunden bereit stellen. Das würde niemand überblicken.

Muß das überhaupt jemand überblicken? Wäre es nicht sinnvoller, wenn das viele Sachkundige an vielen Stellen überblicken?

Er teilte mit, dass die Stromnetzberechnung aus den Daten der Stromproduktion erfolgen würde. Was bei genauerem Hinsehen aber nicht stimmt. Es sind die Forcast-Handelsdaten aus dem Vorab-Verkauf der theoretischen Produktion aller Kraftwrke mit über 100 MW Leistung in der BRD. Die Potentiale zehntausender kleinerer Anlagen fallen kompleet unter den Tisch. In der Realität nähert sich die Produktion in einem fortwährenden interativen Verfahren über den Handel – sowohl Börse als auch OTC – immer weiter dem realen Bedarf an und wird final durch den so genannten Day-Ahead-Handel definiert und sogar dann noch über Intra-Day-Handel und Re-Dispatch bei spontanen Abnahmeabsagen oder Zusatzkäufen nachjustiert. Dann aber sind die Hochrechnungen der ursprünglichen Daten für die Netzplanungen längst abgeschlossen.

Herr Zerres was es auch, der die Richtigkeit meiner Auffassung, dass die Investoren eine tatsächliche Renditegarantie auf ihr eingesetztes Eigenkapital haben, wortwörtlich bestätigte. Er erläuterte das System noch einmal und wies auch darauf hin, dass der unterschiedliche Renditezinssatz für neue Stromtrassen und bestehende Netze zwar dem Umstand der Abschreibung geschuldet sei, sich aber auf den tatsächlichen Neuwert beziehe. Von daher seien Betreiber alter Netze wirtschaftlich denen neuer Netze gleichgestellt.

Meiner Meinung nach liegt dort der systematische Fehler an der Sache, da dadurch die Produktion die Parameter für die Verteilung ihres Produkts festlegt. Statt der Nachfrage. Wie weiter oben angeschnitten führt das zu weiteren Schlüssen, die nur deshalb folgerichtig sind, weil sie zu dem Ergebnis führen, das sie zunächst voraussetzen.

Sollte dieser Modus weiter beibehalten werden, dann wird eine echte „Energiewende“ erst dann wirklich beginnen, wenn es eine definitive und unumkehrbare politische Entscheidung zum Ausstieg aus Kernkraft, Kohle Öl und Gas gibt.

An der Stelle ist es geboten auf eine oft gehörte Aussage hinzuweisen: Der sogenannte „Anteil der erneuerbaren am Strom“, der oft plakativ und beifallheischend mit hohen Prozentzahlen publiziert wird, ist meist lediglich ein Leistungsanteil. Er bezieht sich auf so und so viel Gigawatt der Erzeugung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Entscheidend wird jedoch sein, welche Menge an Strom mit Wind und PV zukünftig produziert wird. Und da sind wir noch meilenweit von Erfolgsmeldungen und Hurrageschrei entfernt.

Die bemerkenswerteste Aussage von Herrn Zerres war die Bestätigung, dass die garantierte Rendite für Netzbetreiber Realität ist und keine fiktive Obergrenze, die sowieso nicht erreicht wird.

Auf die Frage, mit welchen Begründungen die in dem festgelegten Prozentsatz enthaltenen Risikozuschläge berechtigt sind, konnte er keine Antwort geben. Kein Wunder: Es gibt schlicht keine Risiken. Danach gefragt: Es sind keine bekannt. Das ist Sache der Verhandlungspartner. Die Netzbetreiber brauchen aber größtmögliche Sicherheit.

Des weiteren gab es von ihm noch eine Reihe von Informationen über technische Parameter zur Kalkulation von Leitungen, ein Statement, dass die BnetzA keinen Vollausbau plant und dass die BnetzA der Meinung sei, die Maßnahmen seien allesamt bestätigungsfähig.

Das Problem daran erkennt auch er nicht: Die Bestätigungsfähigkeit zu bestätigen ist das Ziel des Verfahrens und bestimmt deshalb die Parameter. Mit anderen Worten: Das Verfahren ist nicht technologieoffen und betrachtet das Ganze aus einem einzigen Ansatz: Dem einer hemmungslosen Zentralisierung,  zentralen Kontrolle und faktisch kompletten Sozialisierung aller wirtschaftlichen Risiken. Zentralisierung und zentrale Kontrolle  haben dabei glasklar die Funktion, diese Sozialisierung der Risiken sicherzustellen.

Sein Abschlussstatment: Das EEG sei der große Trigger des Netzausbaus. Dass der Wachstumseffekt des EEG politisch komplett ausgebremst wurde, ist in der Realität der Berechnungsverfahren der BNetzA noch nicht angekommen.

Es folgte ein Vortrag von Herrn Otte von der BnetzA zur Erläuterung der strategischen Umweltprüfung, auf den ich hier nicht eingehen will, weil ich mich auf den Aspekt Stromversorgung beschränken möchte. Wird keine Stromtrasse gebraucht, und wird sie nicht gebaut, dann wird es auch keine Umweltfragen in dem Zusammenhang geben.

Den Bedarf in Frage zu stellen geht daher vor.

Anschließend gab es einen Vortrag von Herrn Nolde zum Thema „Alternativen zum Netzausbau“.

Er begann mit Thesen, die für ihn und offenbar für die BnetzA Gesetze sind:

– „Wir können nicht beliebig viel Speichern“
– „Die Einspeisung folgt dem freien Marktgeschehen“
– „Es geht um die Sicherung des Marktgeschehens im europäischen Kontext“

Zu These 1: Ja, das ist logisch. Warum sollten wir das auch wollen? Wir sollten einfach so viel Speichern, wie volkswirtschaftlich sinnvoll und notwendig ist, um unseren gesamten Strombedarf durch PV und Windkraft zu decken. Das müssen keine 100 % des Strombedarfs als Speicherkapazität sein, eher ca. 30 %. Der Bedarf an Speicherkapüazität liegt dmit bis 2035 bei ca. 200 TWh und bis 2050 bei vermutlich 400 TWh.

Das wird aber nur gelingen, wenn wir Batteriespeicher gleichberechtigt als technische Alternative zu Netzen behandeln. Und das würde bedeuten, Betreibern von Speichern mindestens genauso viel Geld für jede innerhalb einer Spannungsebene oder eines Verteilnetzes eingespeiste kWh zu bezahlen, als Netzentgelt fällig wäre.

Zu These 2: Der Zusammenhang zwischen „freiem Marktgeschehen“ und Einspeisung aus verschiedensten Erzeugungsarten, von denen nahezu jede in unterschiedlicher Weise von festgelegten Vergütungen, aktuellen Subventionen oder Beihilfen oder gigantischen Vorleistungen aus Steuermitteln aus der Vergangenheit profitiert und gleichzeitig keine einzige ernsthaft für die Folgekosten ihrer Erzeugung zur Verantwortung gezogen wird, ist nicht erkennbar. Genauer gesagt ist dieser Zusammenhang nicht gegeben. Die noch am ehesten einer tatsächlich der „freien Marktwirtschaft“ entsprechende Einspeisung von Strom in Deutschland weisen lediglich Gas- und Dieselkraftwerke auf, wenngleich sie auch keine Belastungen auf Grund ihres CO2-Ausstoßes erfahren.

Den Vergleich dazu hält am ehesten noch das geplante Atomkraftwerk Hinkley-Point in England aus, das ebenfalls zumindest ohne direkte Subventionen auskommen muss, wie auch unsere „modernen“ Gaskraftwerke. Bei diesem AKW fällt auf, dass es eigentlich nur durch eine garantierte Einspeisevergütung von mittlerweile 12,5 Cent/kWh wirtschaftlich betrieben werden kann. Kalkuliert man ein Gaskraftwerk, das wie Irsching ohne Verkauf der Abwärme bestehen können muss, kommt man auf einen ziemlich ähnlichen Betrag der notwendig wäre, derzeit nur ein wenig begünstigt durch den viel zu niedrigen Gaspreis am Weltmarkt.

Auch PV-Strom wird derzeit in Deutschland für diesen Betrag vergütet. Die Größenordnung 12,5 Cent/kWh deutet auch in etwa den realen Wert einer kWh Strom an. Ich stelle deshalb die Frage, woran es wohl liegen mag, dass Strom am „Markt“ für weniger als 3 Cent / kWh verfügbar ist. Und warum sich niemand an den derzeit in Verantwortung stehenden Stellen ernsthaft gründliche Gedanken über alle Zusammenhänge macht. Dann wird er feststellen, dass wir derzeit Strom auf Kosten der nachfolgenden Generationen weit unter Wert verschleudern. All das wird finanziert durch einen gewaltigen Schuldenberg, der im Lauf der letzten Jahrzehnte auf derzeit ca. 2,4 Billionen Euro Verschuldung der öffentlichen Hand angewachsen ist, während im selben Zeitraum über 400 Mrd. Euro in die Subventionierung von Kohlestrom geflossen sind und über 220 Mrd. Euro in die Subventionierung von Kernkraft, aktuell laufend pro Jahr weitere 40 Mrd. Euro in die Subventionierung der konventionellen Energiewirtschaft fließen und zusätzlich den nachfolgenden Generationen nicht nur die Schulden und die Zinsen, sondern auch die Umweltfolgen samt deren Kosten hinterlassen werden. Letztere sind in den ca. 12,5 Cent / kWh noch gar nicht enthalten.

These 3: Wer auch immer an ein zukünftiges System vieler dezentraler Erzeuger glaubt, die sich gegenseitig ergänzen und unterstützen, oder wer sich diese Zukunft wünscht, der wird hier durch vermeintlich höhergestellte Vernunft eines „Besseren“ belehrt. Realität werden soll, irgendwie und womöglich mit hohen Subventionen erzeugten Strom wenn es sein muss von Estland nach Portugal zu transportieren. Denn das „Marktdesign“ für Stromtrassen beruht auf gesicherter Rendite für Investoren.

Wenn mir jemand eine leicht bewältigbare Aufgabe mit für 20 Jahre gesichertem üppigen Grundeinkommen anböte und ich noch nicht mal Ja sagen müsste: Den Arbeiotsplatz nähme ich sofort an.

All das geünscht, gefördert und gefordert von einer Industrie und einer Wirtschaft, die ähnlich lang laufende Arbeitsverträge und großzügig gesicherte Renditen für Arbeitskraft = anständige Mindestlöhne als wirtschaftsfeindlich und wachstumsschädigend betrachtet.

Was hat all das mit einer echten Wende in der Energieerzeugung zu tun? Richtig. Rein gar nichts. Hier geht es nur um Geschäftsmodelle für Investoren. Rein technisch ist all das überflüssig bzw. erst dann notwendig, wenn alle lokalen Ressourcen an PV in der Fläche und an Wind ausgeschöpft sind und der zur lokalen Nutzung vor Ort erzeugten Stroms notwendige Bedarf an Speichern errichtet ist.

Doch über welche Alternativen wurden wir von Herrn Nolde unterrichtet?

1. Redispatch: Der wird noch in größerem Umfang als früher durchgeführt werden müssen und ist in den letzten Jahren bereits gestiegen. Dies liegt nach Herrn Noldes Worten angeblich daran, das der Netzausbau mit dem Ausbau an „Erneuerbaren“ (- der mit dem neuesen EEG auf unabsehbare Zeit = solange Union, SPD, FDP an Regierungen beteiligt sein sollten, nicht mehr stattfinden wird – ) nicht mithalten kann. Re-Dispatch, was ist das? Es geht ganz platt gesagt darum, im Fall eines Engpasses auf einer Seite eines Netzknotens durch zu viel Strom Kraftwerksleistung zu senken und auf der anderen Seite zu steigern. In der Realität wird allerdings oft nur auf der Seite mit dem Mangel die Kraftwerksleistung angehoben und der auf der anderen Seite  überschüssige Strom über andere oder weitere Netze in weiter entfernte Regionen gedrückt, selbst wenn dafür auch noch Geld bezahlt werden muss. Und nur, um die Flexibilitätsoption Speicher zu verhindern. Denn Strom geht immer den Weg des geringsten Widerstands. Habe ich links vom Netzknoten eine zu große Menge, dann kann ich rechts die Leistung sogar erhöhen, um auszugleichen und den Stromzufluss von links nach rechts begrenzen. Und den Überschuss auch in weitere Richtungen zu lenken.

Da Redispatch aber sehr teuer ist und zudem einen Eingriff in den „freien Markt“ bedeutet, ist Redispatch keine Alternative.

2. Die zweite Alternative wäre eine Marktteilung. Man könnte z. B. Deutschland in zwei Marktzonen teilen – oder mehrere. Dann würden unterschiedliche Preiszonen entstehen. Dies wiederum würde bedeuten, dass eine geringere Bandbreite an Erzeugungsarten zur Verfügung steht und deshalb die Preise steigen werden und die Erzeugung weniger effizient wird.

3. Erzeugung und Verbrauch näher zusammenbringen. Dann wären die Stromtrassen überflüssig. Das aber würde bedeuten, dass die Industrie als größter Verbraucher vom Süden in den Norden umsiedelt, oder dass viele kleine Kraftwerke bei den Unternehmen vor der Tür oder in Städten gebaut werden.

Wie dem auch sei, bei all diesen Argumenten werden Speicher überhaupt nicht erwähnt. Und genau das ist der größte Fehler an der gesamten Planung. Aber warum sollte sich eine Bundes-Netz-Agentur auch für Speicher interessieren. Sie ist ja keine Bundes-Speicher-Agentur.

Scherz beiseite: Über Speicher wird dort so gedacht, dass diese nicht wirtschaftlich und nicht in großem Maßstab herstellbar sind.

Beide Ansichten können bereits heute in weitgehendem Umfang widerlegt werden, was hier aber zu weit führen würde.

Eines jedoch ist deutlich: Es wäre mindestens notwendig, Speichern die gleichen Ertragsgarantien zu gewähren wie Netzen. Entweder bezüglich der Einnahme pro gespeicherter kWh oder eine Speichervergütung nach Aufwand oder gar eine Renditegarantie auf den Invest. Letzteres würde aber mit Sicherheit zu Wildwuchs und einer renditegetriebenen Investionsblase führen.

Anschließend an Herrn Noldes Vortrag gab es noch einen Vortrag von Frau Dr. Gunde Ziegelberger zu der Elektromagnetischen Verträglichkeit.

Insgesamt war die Veranstaltung erhellend, bei den Mitarbeitern der BnEtzA die vor Ort waren, war durchaus eine sehr starke Offenheit für die Gedanken und Anliegen der Bürger zu erkennen. Oder alle Vertreter der BNetzA werden entsprechend an Schauspielschulen geschult.

Das Vorgehen ist zwar als eine Art Frontalunterricht angelegt, aber meiner Wahrnehmung nach mehr mangels Ideen, wie man es besser machen könnte.

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