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John Locke, Two Tracts on Government, Tract I, Section 47, Absatz 47,

John Locke: Two Tracts on Government

John Locke, Two Tracts on Government,

Tract I, Section 47, Absatz 47,

„To those Scriptures which deny all imposition may be added all those texts which consequently do it, such as are ‚do to others as you would have others do to you‘. And who is there would have his conscience imposed upon?” (Quotation Bagshaw). If private men’s judgments were the moulds wherein laws were to be cast ‚tis a question whether we should have any at all.

If this be the rule that must measure the equity and obligation of all edicts I doubt whether any can challenge an universal obedience, when it is impossible that any law should be by human prudence so contrived which whilst it minds the good of the whole will not be inconvenient to several of the members, and wherein many will not think themselves hardly and unequally dealt with. The magistrate in his constitutions regards the public concernment and not private opinions which, biased by their own interest, or misled by their ignorance and indiscretion, are like to make them but ill judges of reasons of state or the equity of laws; and when we find the greatest part of men usually complaining, we may easily conclude, that they think that precept of ‚do as thou wouldst be done unto‘ but ill observed by their superiors. Were magistrates to gratify the desires of men in all things to which by a partial interpretation they would extend this rule, they would quickly stand in need of a power not to make laws but worlds, and provide enlargements not restraints for the liberty of their subjects. And hence rises one of those necessities of government that since men were not like (being favorable judges in their own cause131) to be well satisfied with the equity of others, and would be ready to judge that others made use of their liberty, to their prejudice with neglect of this rule of equity, it was requisite to settle a peace and society amongst men that they should mutually agree to give up the exercise of their native liberty to the disposure and prudence of some select person or number of men who should make laws for them which should be the rule of their actions one towards another and the measure of their enjoyments; but this by the by.

„Allen Sequenzen der Heiligen Schrift, die jegliche Form der Verfügung verneinen, seien alle Texte hinzugefügt, die sich konsequent so ausdrücken, wie beispielsweise: ‚Behandle andere so wie Du behandelt zu werden wünscht‘. Und wer möchte schon seinem Gewissen Vorschriften gemacht wissen?“ (Zitat Bagshaw). Wären die Beurteilungen einzelner Privatleute die Gussformen, in denen Gesetze zu gießen wären, sollten wir uns fragen ob wir überhaupt welche haben sollten.
Wäre das die Regel, nach der die Rechtmäßigkeit und Verbindlichkeit aller Erlasse zu bewerten wäre hätte ich Zweifel ob überhaupt irgendeiner zu erwartbarem Gehorsam führen würde, wo sie es doch verunmöglicht, dass irgendein Gesetz auf Basis menschlicher Klugheit so aufstellbar wäre, welches, während es das Wohl aller im Sinn hätte, dennoch für verschiedene Mitglieder kein bisschen unpassend wäre und durch welches viele sich selbst nicht zu hart und ungleich behandelt sehen. Die Obrigkeit berücksichtigt bei ihrer Rechtssetzung die öffentlichen Belange und keine privaten Meinungen, die, vereinnahmt durch das eigene Interesse oder durch Mangel an Bildung und Unreife, zu nicht mehr taugen, als die Menschen zu sehr schlechten Beurteilern der Vernunft, des Staates oder der Rechtmäßigkeit von Gesetzen machen. Wenn wir also den Großteil der Menschen so wahrnehmen, dass sie sich gewöhnlich nur beschweren, dann können wir dabei leicht erkennen, dass sie denken, der Vorsatz ‚Behandle andere so wie Du behandelt zu werden wünscht‘ würde durch ihre Übergeordneten ausschließlich schlecht beachtet.

Wären Vertreter der Obrigkeit dazu da, den Begehren der Menschen in allen Angelegenheiten zu genügen, die deren spezifischer Interpretation entsprechen, fänden sie sich umgehend der Notwendigkeit ausgesetzt eine Macht zu benötigen, um Welten statt Gesetze zu erschaffen und für Ausweitungen statt Beschränkungen der Freiheit ihrer Untergeordneten zu sorgen. Und daraus entsteht eine dieser Notwendigkeiten für eine Regierung, zumal Menschen leider nicht derart beschaffen sind (da sie am liebsten in eigener Sache urteilen131), in gutem Einvernehmen mit der Rechtmäßigkeit anderer zufrieden zu sein, sondern stets bereit zu urteilen, andere hätten Gebrauch von der eigentlich ihnen selbst zustehenden Freiheit gemacht. Daher bestand das Erfordernis, für Frieden und Gesellschaft zwischen den Menschen zu sorgen, damit sie auf Gegenseitigkeit Einvernehmen darüber erzielen, die Ausübung ihrer angeborenen Freiheit der Verfügung und Klugheit einiger ausgewählter Personen abzutreten oder einer Anzahl Menschen, die Gesetze für sie schaffen würden, welche wiederum das Regelwerk ihrer Handlungen bildeten, des einen gegenüber dem anderen, sowie den Maßstab ihrer Genussrechte. Davon aber nach und nach mehr.

131Locke mentions here a little vers

131Locke zitiert hier einen kleinen Vers

131http://www.persee.fr/doc/anami_0003-4398_1903_num_15_60_6751

“Never give sentence in thy proper cause,
In our own cause we all err easily,
Our interest our proper judgment draws,
And ever makes the balance hang awry.”

Niemals fälle in eigener Sache Dein Urteil,
In eigener Sache zu irren ist wohlfeil,
Unser Begehr das eigene Urteil meist lenkt,
Und schon ist Justitias Waage schief aufgehängt.“

Deutsch: Thomas Blechschmidt, 17.02.2017

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Solarthermie, sinnvolles Potential oder nettes Gimmick für die Energiewende?

Thomas Blechschmidt (TB) kommentiert das Interview von Doreen Brumme (DB), (Ecoquent Positions) mit dem Verfasser einer Dissertation zu dem Thema, Herrn Roger Corradini.

Ausgangsposition Roger Corradini (RC):

Über die Hälfte des Endenergieverbrauchs in Deutschland wird durch Wärmeanwendungen verursacht; regenerative Energien decken diesen Teil lediglich zu knapp 10%.

Doreen Brumme für Ecoquent Positions: Herr Corradini, wir haben gerade Ihre Dissertation auf unserem Blog vorgestellt. Warum haben Sie sich dem Thema „Regional differenzierte Solarthermie-Potentiale für Gebäude mit einer Wohneinheit“ gewidmet?
Roger Corradini: Über die Hälfte des Endenergieverbrauchs in Deutschland wird durch Wärmeanwendungen verursacht. Regenerative Energien tragen hierfür lediglich 10 Prozent bei – zudem stagniert dieser Wert seit Jahren. Im Stromsektor sind wir bereits bei einem Anteil von 25 Prozent angelangt und das mit kontinuierlichen jährlichen Steigerungen. Somit beschränkt sich die Energiewende aktuell auf eine Stromwende – von einer Wärmewende ist nur wenig sichtbar.

TB: Wenn diese Energie tatsächlich verbraucht würde, wäre die Situation sowieso hoffnungslos. Dennoch ist es richtig, dass der Anteil an nicht-fossilen Energieträgern bei der Wärmebereitstellung seit Jahren stagniert. Die Ursache hierfür ist eine politische. Das Thema Wärme ist wegen des durchschnittlich deutlich niedrigeren Preises für Wärmeenergieträger und des Mangels an Transparenz der mit Wärme verbundenen Prozesse aktuell das Stiefkind der politischen Bemühungen um die so genannte „Energiewende“.

RC: Gerade im Sektor der Gebäude mit einer Wohneinheit – also Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften und Reihenhäuser –, die 80 Prozent des Wohngebäudebestands stellen, haben wir sehr geringe Neubau- und Modernisierungsraten von weniger als 1 Prozent jährlich.

TB: Gut beobachtet. Das trifft genau zu. Die Gründe hierfür liegen ebenfalls in der mangelnden Schaffung geeigneter Rahmenbedinungen durch die Politik. Dabei müssten dies nicht unbedingt Fördermittel oder Zuschüsse sein.

RC: Neben einer Verbesserung der Gebäudehülle ist es daher auch sinnvoll, regenerative Wärmeerzeuger verstärkt zu installieren. Die Potenziale für eine solarthermische Wärmebereitstellung im Wohngebäude werden im Allgemeinen unterschätzt. Aktuell trägt die Solarthermie lediglich zu gut 1 Prozent des Wärmeverbrauchs in diesen Gebäuden bei. Ziel meiner Arbeit war es, aufzuzeigen, welche relativ leicht erschließbaren Potenziale in Deutschland schlummern und diese auch regional differenziert aufzuzeigen.

TB: Die solarthermische Bereitstellung von Wärme ist zwar eine technisch interessante Möglichkeit, aber die Potentiale sind pro nutzbarer kWh Wärme im Vergleich zu degenerativen Brennstoffen sehr teuer und nicht ganzjährig verfügbar. Insgesamt aus meiner Sicht eine Nischentechnologie für den Sommerbetrieb von Schwimmbädern. Die Adsorption von Umweltwärme, Zwischenlagerung in Latentwärmespeichern auf niedrigem Temperaturniveau und ganzjährige Nutzung über Wärmepumpen stellt rein generativ bereit gestellte Wärmeenergie – also ohne jede weitere Verbrennung degenerativer oder regenerativer Ressourcen – sicher. Vgl. dazu das Konzept des Eis-Energie-Speichers.

DB: Ecoquent Positions: Es gibt Stimmen, die da sagen, hierzulande gäbe es gar kein Potential für Solarthermie. Würden sie uns eine kurze Einschätzung darüber geben, wie Sie das Potential der Solarthermie für Deutschland sehen?

Roger Corradini: Hier wird offensichtlich die Energie der Sonne unterschätzt. Meine Untersuchungen haben gezeigt, dass je nach Dämmqualität der Gebäude und solarthermischer Anlagengröße 15 bis 40 Prozent des üblichen Energieverbrauchs fürs Heizen und Warmwasser eingespart werden können. Dies sind immerhin zwischen 300 und 550 Liter Heizöl beziehungsweise Kubikmeter (m³) Erdgas jährlich. Und das ohne zusätzliche Dämmung am Gebäude selbst und mit überschaubaren Anlagengrößen mit 10 bis 20 Quadratmetern (m²) Kollektorfläche – dafür findet sich auf jedem Dach noch Platz.

TB: Stimmt. Das Potential der Sonne wird unterschätzt. Und zwar massiv. Allerdings ist das Potential an direkt der Sonneneinstrahlung ausgesetzen Flächen der Konkurrenz mit Photovoltaik ausgesetzt. Es gibt zwar Verfechter rein solarthermischer Heizsysteme, wie das „Sonnenhaus“-Konzept, unter anderem finanziert von der HELMA AG, die PV als unsinnige Technologie ablehnen und verteufeln, aber der klügere Weg ist, die reichlich vorhandene diffuse Sonnenenergie, die bereits in Form von Wärme vorhanden ist, über Absorber auf verschatteten Flächen zu nutzen und die Sonnenseiten für die direkte Stromproduktion zu verwenden. Über die dann erreichbaren Jahresarbeitszahlen von bis zu 5,0 und höher der damit verknüpften Sole-Wasser-Wärmepumpensysteme entsteht eine ganzjährig verfügbare Nutzung der Wärmeenergie, die die Sonne in unsere Atmosphäre einstrahlt und das ohne Konkurrenz zur Stromerzeugung. Im Gegenteil. Der PV Strom läßt sich weitgehend auch noch direkt für den Betrieb der Wärmepumpen nutzen. Dieses Potential beträgt 100% des Bedarfs. Rein generativ. Und 100% ist das, was wir gut gebrauchen können. So nebenbei erschlagen wir damit auch so ziemlich alle anfallenden Klimatisierungs- und Kühlungsanforderungen im Gebäudebereich ohne nenneswerten weiteren Stromverbrauch.

DB: Ecoquent Positions: Gibt es eine konkrete Zahl, auf die sich das Potential beziffern lässt?

Roger Corradini: In meiner Arbeit habe ich in drei Szenarien unterschiedliche Anlagengrößen betrachtet. In der Minimal-Variante sind es 10 m² Kollektorfläche, die sich bis zur optimalen Variante auf 20 m² steigert. Natürlich können auch größere Anlagen gebaut werden – meine Potenzialstudie sollte jedoch zeigen, dass bereits bei dieser moderaten Größe erhebliche Potenziale bestehen. Das technische Substitutionspotenzial bewegt sich dann letztlich für ganz Deutschland zwischen 17 bis 25 Prozent der ohne Solarthermieanlage benötigten Heizöl- oder Erdgas-Menge.

TB: Den analytischen Ansatz habe ich mir mit großem Interesse angesehen. Das gefällt mir ausgezeichnet. Verfeinert und auf eine größere Grundgesamtheit ausgeweitet wäre das sicher eine gute Grundlage für die Beurteilung der Potentiale in verschiedenen Gemeinden.

DB: Ecoquent Positions: Sie haben in Ihrer Analyse sowohl die förderlichen als auch die bremsenden Einflüsse auf die Entwicklung der Solarthermie in Deutschland aufgezeigt. Was sind die bedeutendsten Hemmnisse und warum?

Roger Corradini: Ein entscheidendes Hemmnis stellt sicherlich die direkte Dachflächen-Konkurrenz zur Photovoltaik dar. Mit einer rund sieben Mal höheren Förderung pro erzeugter Kilowattstunde (kWh) wird die Photovoltaik durch die aktuell geltenden Fördermechanismen klar bevorzugt.

TB. Zu Recht, denn die Ausbeute an veredelter Energie in From von Strom ist deutlich sinnvoller und nützlicher.

RC: Dazu kommt, dass der Gewinn einer Photovoltaik-Investition durch die auf 20 Jahre gesicherte Einspeisevergütung belastbar ermittelt werden kann – bei der Solarthermie hingegen stellt sich eine Energiekostenersparnis ein, die maßgeblich von der zu erwartenden Preissteigerung der konventionellen Energieträger Öl oder Gas abhängt.
Kurz, die Photovotaikanlage verdient Geld und die Solarthermie spart Geld – ersteres ist quantifizierbar und zweiteres nur abschätzbar.

TB: Genau das ist das Problem. Und wie dieses sinnvoll umgangen werden kann, habe ich beschrieben. Solarthermie wird schlicht nicht gebraucht. Es gibt wirtschaftlichere Technologien, die auch noch verlustfrei arbeiten, 100 % abdecken, also auch keine Zusatzheizungen erforderlich machen.

RC: Unterstellt man die Preissteigerungen für Öl und Gas der Vergangenheit, erreicht man durch die Einsparungen der Solarthermie ebenfalls die Gewinnzone. Erschwerend kommt die Unberechenbarkeit des Förderprogramms für Solarthermie hinzu: Es wurde in den vergangenen zwölf Jahren 20 Mal angepasst. Die Förderhöhe pro Kollektorfläche schwankte erheblich zwischen 45 Euro (€)/m² und beinahe dem Vierfachen. Das Förderprogramm wurde auch vorübergehend ausgesetzt oder auf unbestimmte Zeit gestrichen. Dies führt beim potenziellen Solarthermie-Käufer zu erheblichen Unsicherheiten und letztlich einem zurückhaltenden Kaufinteresse. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass dieses Förderprogramm häufig eher als Bremse denn als Motor für den Solarthermie-Zubau betrachtet werden kann.

TB: Das trifft allerdings auch für die Fördersysteme für PV zu. Mit massiven Verwerfungen auf den Arbeitsmärkten. Das Problem ist nicht Förderung hier für das und dort für dieses nicht. Das Problem ist das Fehlen negativer Sanktionen für unverändertes Verhalten. Oder glaubt wirklich jemand, dass heute alle Autofahrer einen Gurt anlegen würden, wenn man das Angurten seinerzeit mit einer Belohnung von 50 DM pro Jahr gefördert hätte?

RC: Umso überraschender und erfreulicher ist es daher, dass trotz dieser Hemmnisse bereits eine Vielzahl von Privatpersonen in diese sinnvolle Technologie investiert haben – so besitzt jedes 10. Wohnhaus mit einer Wohneinheit in Deutschland eine Solarthermieanlage und nur jedes 40. eine Photovoltaikanlage. Hier wirken verstärkt emotionale Treiber wie Versorgungsunsicherheiten, ein allgemeiner Wertewandel in der Gesellschaft hin zu einem grünen Gewissen oder auch einfach die positiven Emotionen, auf dem eigenen Dach einen Teil seines Energieverbrauchs selbst zu erzeugen.

TB: Nun, die emotionalen Treiber mögen zwar wirken, aber gerade in sonnenreichen Gebieten wie im Süden Bayerns ist dieses Verhältnis umgekehrt. Die Leute bauen die solarthermischen Anlagen sogar wieder ab, wenn diese nach 15 Jahren am Lebensende sind. Der durchschnittliche Vorsprung liegt schlicht in der deutlich schlechteren Leistungsfähigkeit im Vergleich zum Preis für PV-Anlagen älterer Bauart. Diese Technologie mit solchen Argumenten derart abzuwerten qualifiziert Herrn Corradini nicht als fachlich neutralen Experten. Die vernünftige Entscheidung zwischen PV und Thermie ist in der Realität eine wirtschaftliche und keine emotionale.

DB: Ecoquent Position: Welche Empfehlungen haben Sie für die neue Bundesregierung? Wie sollte die Förderung gestaltet werden, um Anreize für Investitionen seitens der Verbraucher zu schaffen?

Roger Corradini: Um die Energiewende zum Erfolg zu führen, darf sie sich nicht weiter auf eine Stromwende beschränken. Es muss dringend eine intensive und kontinuierliche Wärmewende initiiert werden. Möchte die Politik maßgebliche Anteile des Wärmeverbrauchs im Wohngebäudebereich regenerativ decken, so bedarf es dringend einer Verstetigung der Förderbedingungen für regenerative Wärmesysteme.

TB: Das unterschreibe ich. Allerdings nicht mehr nach dem Prinzip der pauschalen Förderung nach Schätzung, sondern entweder durch Förderung des Ertrags, unterschieden nach generativer und regenerativer Bereitstellung von Wärme oder schlicht durch negative Sanktionierung der degenerativen Technologien. Sprich eine nach den Faktoren Primärenergie und Emissionen gewichtete Energiesteuer. Vgl dazu meinen Vorschlag eines Referenzpreises für Strom.

RC: Diese Instrumente und insbesondere deren Finanzierungsvolumen sollten an effektive Energie- beziehungsweise CO2-Einsparungen gekoppelt werden und müssten damit nicht einmal Größenordnungen erreichen, wie sie auch heute noch im Stromsektor bestehen. Nur so lassen sich beschleunigt – neben den aus ideellen Bewegründen gebauten Anlagen – auch jene Potenziale heben, die nur in Angriff genommen werden, wenn sich für den Verbraucher klare und berechenbare wirtschaftliche Vorteile ergeben.

TB: Das ist genau richtig. Allerdings stehen gerade in deutschen Ländern zwischen den „Verbrauchern“ und der Nutzung besserer Technologien im Wohngebäudebereich noch die Vermieter, denen die Energiekosten des Mieters in der Regel egal sind. Deshalb ist ein komplementäres Fördermittel die Verpflichtung der Vermieter, für den Energiebedarf, der über den aktuell gültigen Standard hinausgeht, finanziell aufzukommen.

DB: Ecoquent Positions: Mit der Gemeinde Büsingen in der einzigen deutschen Exklave haben wir ein sehr gutes Beispiel, wie solare Fernwärme in Nahwärmekonzepte einfließen kann. Was braucht es Ihrer Meinung, damit Büsingen in ganz Deutschland Schule macht?

Roger Corradini: Anders als in meiner Arbeit geht es hier um ein solarthermisches Nahwärmekonzept, das ich nur befürworten kann. Die von mir ausgewiesenen Potenziale können sich noch erhöhen, unterstellt man viele weitere solcher Projekte. Solarthermische Wärmebereitstellung kann in vielfältiger Form den Wärmebedarf decken. Dies können kleine Einzelanlagen auf Einfamilienhäusern oder auch größere auf Mehrfamilienhäusern sein, ebenso aber auch solare Nahwärmekonzepte wie in Büsingen oder München sowie solarthermische Anlagen zur Bereitstellung von Prozesswärme für Produktionsprozesse.

TB: Die Verwendung solarthermisch gewonnener Wärme in Fernwärmenetzen ist zwar die logische Fortführung des Prinzips und vermag durchaus den Nutzungsgrad solarthermischer Kollektoren zu verbessern, dennoch steht und fällt die Frage mit der bilanzierten gesamtenergetischen Betrachtung von Fernwärmenetzen überhaupt. Denn neben den notwendigerweise sehr großen Volumina an heißem Wasser, die bewegt werden müssen, sind große Rohrquerschnitte und sehr starke Dämmungen erforderlich. Der Energieaufwand zur Bereitstellung der dazu notwendigen Infrastruktur ist enorm. Deutlich besser eignen sich „kalte Nah- und Fernwärmenetze“, da sie keine Abwärmeverlsuste aufweisen und auf Dämmungen verzichtet werden kann.

RC: Das Potenzial ist längst nicht ausgeschöpft! Wie bereits vorher erwähnt, fehlt es an entsprechenden förderpolitischen Rahmenbedingungen für diese beschleunigte Wärmewende. Jede Fördermaßnahme sollte sich an den tatsächlich vermiedenen Energieträgermengen orientieren, weil hierdurch letztlich sichergestellt wird, jene Technologien bevorzugt zu fördern, die am meisten Energie beziehungsweise Treibhausgase vermeiden.

TB: Das ist richtig.

DB:Ecoquent Positions: Betreiben Sie selbst auch eine solarthermische Anlage?

Roger Corradini: Ich betreibe seit 2007 eine eigene Solarthermieanlage, mit der ich sehr zufrieden bin. Natürlich ist diese mit umfangreicher Messtechnik ausgestattet und kann somit nicht mit einer Anlage mit typischer Überwachungs- und Wartungsintensität verglichen werden.
Selbst wenn man sich wie ich in der Potenzialstudie auf theoretischer Ebene mit solchen Anlagen beschäftigt, ist es wichtig, echte Betriebserfahrungen zu haben. Die teilweise sehr negativen Erfahrungen in der Planungsphase mit einigen Fachbetrieben und der Erkenntnis, dass eine intensive Planung Erträge sichert, waren sicherlich eine Initialzündung, mich mit diesem Thema näher zu beschäftigen.

Daher habe ich auch gemeinsam mit der Wüstenrot-Stiftung ein Solarthermie-Fachbuch erstellt, in dem eine Vielzahl von Hinweisen zum effizienten Bau und Betrieb von Solarthermieanlagen gegeben werden. Gerade Interessenten an dieser Technologie kann ich es demnach nur empfehlen. Es wird Anfang 2014 erscheinen und neben der Variante als Druckwerk auch als kostenloses PDF verfügbar sein.

TB: Da freuen sich alle Piraten sehr.

DB: Ecoquent Positions: Wie schätzen Sie den deutschen Weg in Richtung Energiewende ein, sowohl im Rückblick auf die bisher zurückgelegte Wegstrecke als auch in Hinblick auf das Ziel?

Roger Corradini: Es sind einige Anstrengungen unternommen worden und auch schon wesentliche Weichen gestellt. Die Erfolge sind derzeit etwas einseitig auf den Stromsektor beschränkt. Regenerative Strom-Anteile von knapp einem Viertel sind erfreulich und begrüßenswert und sollten auch weiter ausgebaut werden. Dennoch müssen zusätzlich im Verkehrssektor und vor allem im dominierenden Wärmesektor, der über die Hälfte des Energieaufkommens verursacht, beschleunigt Maßnahmen ergriffen werden.

TB: Dem kann man nur zustimmen.

RC: Schafft es die neue Bundesregierung, die „Energiewende“ auf breiter Ebene über alle Energiesektoren voranzutreiben, kann ihr eine Vorreiterrolle in Europa zugesprochen werden. Beschränkt sich die Umsetzung jedoch weiter ausschließlich auf den Stromsektor, werden die Gesamtziele schwerlich erreichbar sein und man wird sich am Ende vorwerfen lassen müssen, die Energiewende einseitig vorangetrieben zu haben.

TB: Das sehe ich deutlich schlechter. In nahezu allen betroffenen Sektoren haben die deutschen Länder die Technologieführerschaft nicht erreicht oder verloren. Noch nie war ein Umweltminsiter oder Wirtschaftsminister auf der INTERSOLAR, der weltgrößten Leitmesse für Solarenergie, noch nie auf der ecartec, der Fachmesse für Elektromobilität schlechthin.
Die Marktführer im Bereich PKW für Elektromobilität sind Nissan mit 120.000 auf den Straßen der Welt fahrenden LEAF und der Premium Hersteller TESLA.
Der Marktführer für elektrischen Gütertransport mit 40-Tonnern ist ein Joint-Venture von Italienern mit verschiedenen Speditionen, elektrisch angetriebene Busse kommen aus Italien und China und im Gegensatz zu Ländern wie Italien, Frankreich, Österreich und der Schweiz haben die deutschen Länder noch lange kein voll elektrifiziertes Schienennetz. Und damit entsprechend nur ein Viertel der Leistungsfähigkeit der Schiene bezogen auf die Dimension des Streckennetzes.
Der Marktführer für große, elektrochemische Stromspeicher ist NGK aus Japan.
Bei der Gebäudebeheizung sind in Schweden, Dänemark und Norwegen sind in Neubauten Verbrennungsheizungen mit degenerativen Energieträgern nicht mehr zulässig, in Altbauten besteht innerhalb weniger Jahre Austauschpflicht. Und das ohne Solarthermie.
In China werden motorisierte Zweiräder mit Verbrennungsmotoren nicht mehr zugelassen und das Land wird dieses Jahr im Bestand an PV-Anlagen Deutschland überholen. China wird dann pro Jahr mindestens 35 GW PV zubauen und so in wenigen Jahren einen Versorgungsgrad mit PV haben, den sich deutsche Energiemanager weder vorstellen können, noch wollen.
Die Realität ist: Einmal mehr nach den Segmenten elektrische Haushaltsgeräte und elektronische Unterhaltungskonsumgüter  sind wir dabei, Chancen aus einer Überheblichkeit heraus sausen zu lassen, die ihresgleichen in der Welt sucht. Diese Überheblichkeit ist der einzige internationale Wettbewerb, in dem wir außer den USA derzeit wohl keinen ernsthaften Gegner haben.

Hauptsache das Auto ist groß, laut, braucht auch ausreichend Benzin und wird alle zwei Tage gewaschen, sonst könnte der Nachbar denken, man könne sich nichts leisten.

Ecoquent Positions: Wie lange haben Sie an der Dissertation gesessen und welches Thema beschäftigt Sie gerade im Alltagsgeschäft?

Roger Corradini: Eine Promotionsarbeit ist stets eine herausfordernde und zeitintensive Aufgabe. Bei mir musste, zwischen den Anforderungen meiner Tätigkeit im Management der Forschungsstelle für Energiewirtschaft und meinen familiären Ansprüchen, ausreichend Raum geschaffen werden, um diese wissenschaftlich anspruchsvolle Arbeit durchführen zu können. Dennoch ist es mir gelungen, die Arbeit in einem Zeitraum von drei Jahren zu erstellen und ich freue mich sehr, dass sie in dieser vielfältigen Form Interesse findet.

TB: An der Stelle bedanke ich mich auch noch einmal für die Mühe.

Roger Corradini: Ich beschäftige mich natürlich auf Projektebene weiterhin mit den Herausforderungen der Wärmewende. Wie bereits erwähnt wird das Solarthermie-Fachbuch in Kürze erscheinen. Ich hoffe durch meine Arbeit für viele interessierte Personen und Entscheidungsträger fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse zur Verfügung stellen zu können. Und somit die Entscheidungen, im Sinne einer neuen Energierationalität, auf allen Ebenen zu unterstützen und voranzutreiben.

TB: Da bin ich gern dabei und ich denke, das auch für die Piraten sagen zu können. Vielleicht sehen wir uns mal und diskutieren auf einem Podium.

Ecoquent Positions: Vielen Dank, Herr Corradini, dass Sie sich die Zeit für unser Blog genommen haben

TB: Fazit: Mit Solarthermie läßt sich das Heizlastprofil eines  Gebäudes über das Jahr nur mit sehr großen Zusatzinvestitionen generativ abbilden. Von daher ist die Behauptung,  PV sei ein Zubrot für die Energiewende ein Irrtum.

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