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John Locke, Tract I, Section 1, Absatz 1

John Locke: Two Tracts on Government

John Locke, Tract I, Section 1 / Absatz 1

The Preface to the reader
Das Vorwort an den Leser

FIRST TRACT ON GOVERNMENT

ERSTE SCHRIFT DAS REGIEREN BETREFFEND

Section 1 / Absatz 1

Reader / Leser

This discourse which was written many months since, had not been more than written now but had still lain concealed in a secure privacy, had not importunity prevailed against my intentions, and forced it into the public.

I shall not trouble thee with the history or occasion of its original, though it be certain that thou here receives from me a present, which was not at first designed thee. This confession how little so ever obliging, I the more easily make since I am not very solicitous what entertainment it shall receive, and if truth (which I only aim at) suffer not by this edition, I am very secure as to everything else.

To bespeak thy impartial perusal, were to expect more from thee than books, especially of this nature, usually meet with; and I should too fondly promise myself the good hap to meet with that temper that this age is scarcely blessed with; wherein truth is seldom allowed a fair hearing, and the generality of men conducted either by chance or advantage take to themselves their opinions as they do their wives, which when they have once espoused them think themselves concerned to maintain, though for no other reason but because they are theirs, being as tender of the credit of one as of the other, and if ‘twere left to their own choice, ‘tis not improbable that this would be the more difficult divorce.

Diese Streitschrift, die vor mehreren Monaten geschrieben wurde, wäre auch nicht bedeutender, wenn sie jetzt geschrieben worden wäre, würde aber noch immer in sicherer privater Verwahrung liegen, hätte keine fortgesetze Aufdringlichkeit gegen meine Absichten Oberhand gewonnen und sie in die Öffentlichkeit gedrängt.

Ich würde Euch nicht mit ihrer Entstehungsgeschichte oder dem Anlass dafür in Verlegenheit bringen, wäre es nicht absolut sicher, Ihr erhieltet hiermit ein Geschenk meinerseits, welches ursprünglich gar nicht zu diesem Zweck gedacht war. Dieses Geständnis, so wenig verpflichtend es ist, fällt mir umso leichter, je weniger besorgt ich darum sein muss, welche Belustigung es erfahren mag und ob die Wahrheit (das einzige, was ich im Sinn habe), nicht möglicherweise durch diese Veröffentlichung zu leiden habe. Dessen bin ich mir allerdings sicherer als über irgendetwas anderes.

Seine unvoreingenommene Besprechung und sorgfältige Durchsicht wäre von Euch dringender zu erwarten als es Schriften gerade dieser Natur üblicherweise wiederfährt. Auch ich will grundlegend mir selbst in die Hand versprechen, mich selbst an die Zügel zu legen, mit denen diese Zeitalter so spärlich gesegnet sind.

In eben jenen der Wahrheit faires Zuhören selten gewährt wird, dagegen die Allgemeinheit der Männer sich entweder an Zufall oder Vorteil orientiert um eine Meinung anzunehmen, geradeso wie sie es gegenüber ihren Ehefrauen halten. Jene nämlich betrachten sie, wenn sie sie erst einmal geheiratet haben, als für ihren Erhalt zuständig, nützlich als Sicherheit für die Bonität des einen wie des anderen. Wäre es jenen überlassen selbst zu entscheiden, wäre es nicht unwahrscheinlich, das sich daraus eine deutlich schwierigere Art der Scheidung ergäbe.

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TToG II § 228

John Locke: Two Treatises of Government

§ 228. But if they, who say it lays a foundation for rebellion, mean that it may occasion civil wars, or intestine broils, to tell the people they are absolved from obedience when illegal attempts are made upon their liberties or properties39, and may oppose the unlawful violence of those who were their magistrates, when they invade their properties39 contrary to the trust put in them; and that therefore this doctrine is not to be allowed, being so destructive to the peace of the world: They may as well say, upon the same ground, that honest men may not oppose robbers or pirates, because this may occasion disorder or bloodshed.

If any mischief come in such cases, it is not to be charged upon him who defends his own right, but on him that invades his neighbours. If the innocent honest man must quietly quit all he has, for peace sake, to him who will lay violent hands upon it, I desire it may be considered, what a kind of peace there will be in the world, which consists only in violence and rapine; and which is to be maintained only for the benefit of robbers and oppressors. Who would not think it an admirable peace betwixt the mighty and the mean, when the lamb, without resistance, yielded his throat to be torn by the imperious wolf?

Polyphemus71 den gives us a perfect pattern of such a peace, and such a government, wherein Ulysses and his companions had nothing to do, but quietly to suffer themselves to be devoured. And no doubt Ulysses, who was a prudent man preached up passive obedience and exhorted them to a quiet submission by representing to them of what concernment peace was to mankind; and by showing the inconveniencies might happen, if they should offer to resist Polyphemus71, who had now the power over them.

§ 228. Falls jene, die behaupten meine Hypothese gewähre Gelegenheiten zur Rebellion, damit meinen, es könne Bürgerkriege oder inneres Brodeln verursachen, dem Volk zu sagen, es sei vom Gehorsam entbunden, wenn unrechtmäßige Angriffe auf seine Freiheiten oder sein Eigentum39 erfolgen; es dürfe sich gesetzwidriger Gewaltanwendung derer, die seine Obrigkeit waren, widersetzen, wenn diese entgegen dem in sie gesetzten Vertrauen in sein Eigentum39 eingreife; wenn deshalb diese Lehre, so verderblich für den Frieden in der Welt, nicht zulässig sei:

Dann können sie genauso gut und mit demselben Recht behaupten, ehrliche Menschen dürften sich Räubern und Banditen nicht widersetzen, weil es Chaos oder Blutvergießen verursachen könnte.

Tritt in solchen Fällen Unheil ein, fällt es nicht dem zur Last, der sein eigenes Recht verteidigt, sondern dem, der in das Recht seines Nachbarn eingreift. Wenn
der unschuldige, ehrliche Mensch um des Friedens willen alles was er hat, demjenigen, der gewaltsam Hand anlegt ruhig überlassen muss, dann bitte ich zu bedenken, welch eine Art von Frieden in der Welt sein wird, der nur aus Gewalttat und Raub besteht und nur zum Vorteil von Räubern und Unterdrückern erhalten werden soll. Wer würde es nicht für der Bewunderung würdigen Frieden zwischen dem Mächtigen und dem Schwachen halten, wenn das Lamm ohne Widerstand seine Kehle darböte, um vom mächtigen Wolf zerrissen zu werden?

Die Höhle des Polyphem71 gibt uns eine perfekte Vorlage eines solchen Friedens und einer solchen Regentschaft. Dort hatten Odysseus und Gefährten auch nichts weiter zu tun, als sich ruhig fressen zu lassen. Odysseus, der ein kluger Mann war, predigte ihnen zweifellos passiven Gehorsam und ermahnte sie zu ruhiger Fügung in ihr Schicksal, indem er ihnen schilderte, wie wichtig Frieden für die Menschheit sei und ihnen die Unannehmbarkeiten klar machte, die eintreten würden, wenn ihnen in den Sinn käme, sich Polyphem71 zu widersetzen, der jetzt die Macht über sie habe.

39Property in Lockes wider definition: liberty, life, estate,… what we need to discuss of…

39Eigentum nach Lockes Definition, im Sinne des Staatszwecks: Freiheit, Leben und Vermögen (liberty, life and estate): Property by John Lockes own definition…for the mutual preservation of their lives, liberties and estates, which I call by the general name, property. II §123; §87; §127; §131; §134; §138; §139; §170; §171; §174; §199; §200; §201; §221; §222; §226; §227; §228; § 229; §231; §239;

71https://en.wikipedia.org/wiki/Polyphemus
71https://de.wikipedia.org/wiki/Polyphem

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TToG II § 207

John Locke: Two Treatises of Government

§ 207. Thirdly: Supposing a government wherein the person of the chief magistrate is not thus sacred; yet this doctrine of the lawfulness of resisting all unlawful exercises of his power, will not upon every slight occasion endanger him, or embroil the government:

For where the injured party may be relieved, and his damages repaired by appeal to the law, there can be no pretence for force, which is only to be used where a man is intercepted from appealing to the law: For nothing is to be accounted hostile force, but where it leaves not the remedy of such an appeal; and it is such force alone, that puts him that uses it into a state of war, and makes it lawful to resist him. A man with a sword in his hand demands my purse in the highway, when perhaps I have not twelve pence in my pocket:

This man I may lawfully kill. To another I deliver 100£ to hold only whilst I alight, which he refuses to restore me, when I am got up again, but draws his sword to defend the possession of it by force, if I endeavor to retake it. The mischief this man does me is a hundred, or possibly a thousand times more than the other perhaps intended me (whom I killed before he really did me any) and yet I might lawfully kill the one, and cannot so much as hurt the other lawfully.

The reason whereof is plain; because the one using force, which threatened my life, I could not have time to appeal to the law to secure it: And when it was gone, it was too late to appeal. The law could not restore life to my dead carcass: The loss was irreparable; which to prevent, the law of nature gave me a right to destroy him, who had put himself into a state of war with me, and threatened my destruction. But in the other case, my life not being in danger, I may have the benefit of appealing to the law, and have reparation for my 100£ that way.

§ 207. Drittens: Davon ausgehend bei einer Regierung ist die Person des obersten Beamten nicht unantastbar, wird die Lehre von der Rechtmäßigkeit des Widerstands gegen ungesetzliche Ausübung von Macht ihn kaum bei jedem unbedeutenden Anlass in Gefahr oder die Regierung in Wallung bringen.

Wo durch Anrufen des Gesetzes dem Geschädigten geholfen und sein Schaden wiedergutgemacht werden kann, kann es keinen Vorwand für physische Gewalt geben. Die darf nur angewendet werden, wo einem Menschen Berufung auf das Gesetz verwehrt ist. Nur was die Hilfe einer Berufung ausschließt, kann als feindselige Gewalt betrachtet werden. Es ist allein diese Gewalt, die den, der sie anwendet, in den Kriegszustand versetzt und Widerstand gegen ihn rechtmäßig werden lässt.

Ein Mensch mit dem Schwert in der Hand verlangt auf der Landstraße meine Börse, wenn ich vielleicht keine zwölf Cent in der Tasche habe: Diesen Menschen darf ich rechtmäßig töten.

Einem anderen übergebe ich 100£ zur Aufbewahrung, während vom Pferd steige. Er weigert sich diese mir zurückzugeben, wenn ich wieder aufsitze. Stattdessen zieht er sein Schwert, um den Besitz des Geldes mit Gewalt zu verteidigen, sobald ich versuche, es ihm wieder abzunehmen. Der Schaden den dieser Mann mir zufügt ist hundert-, vielleicht tausendmal größer als das, was der andere möglicherweise gegen mich im Schilde führte. Den ich tötete, bevor er es wirklich getan haben konnte. Trotzdem tötete ich rechtmäßig, darf den anderen aber rechtmäßig nicht einmal verletzen.

Der Grund ist eindeutig: Der eine wandte Gewalt an, bedrohte mein Leben, also blieb mir keine Zeit das Gesetz zum Schutz meines Lebens anzurufen. Das Gesetz könnte meinem toten Leichnam kein Leben zurückgeben. Der Verlust wäre unersetzbar. Um das zu verhüten gibt mir das Naturrecht jede Berechtigung einen zu töten, der sich gegen mich in Kriegszustand versetzt und mich mit Vernichtung bedroht hatte.

Im anderen Fall könnte ich, da mein Leben nicht bedroht war, den Vorteil der Inanspruchnahme des Rechts nutzen und den Ersatz meiner 100£ auf diese Weise erlangen.

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TToG II § 199

John Locke: Two Treatises of Government

CHAPTER XVIII

Of TYRANNY66

§ 199. As usurpation is the exercise of power, which another hath a right to; so tyranny66 is the exercise of power beyond right, which nobody can have a right to. And this is making use of the power anyone has in his hands, not for the good of those who are under it, but for his own private separate advantage. When the governor, however entitled, makes not the law, but his will the rule; and his commands and actions are not directed to the preservation of the properties39 of his people, but the satisfaction of his own ambition, revenge, covetousness or any other irregular passion.

Kapitel 18

Tyrannis66

§ 199. Wie Usurpation die Ausübung von Macht ist, auf die ein anderer ein Recht hat, so ist die Tyrannei66 die Ausübung der Macht außer allem Recht, wozu niemand ein Recht beanspruchen kann. Sie besteht in der Anwendung von Macht, die jemand in Händen hält, statt zum Wohl derjenigen, die unter ihr stehen, sondern zu seinem privaten, besonderen Vorteil: Sowie ein Regent, mit welchem Titel auch immer, statt Gesetz seinen Willen zur Norm erhebt und seine Befehle und Taten statt auf den Erhalt des Eigentums39 seines Volks auf Befriedigung seines eigenen Ehrgeizes, seiner Rache, Begierde oder einer anderen zügellosen Leidenschaft gerichtet sind.

66https://en.wikiquote.org/wiki/Tyranny
66https://de.wikipedia.org/wiki/Tyrannis

39Eigentum nach Lockes Definition, im Sinne des Staatszwecks: Freiheit, Leben und Vermögen (liberty, life and estate): Property by John Lockes own definition…for the mutual preservation of their lives, liberties and estates, which I call by the general name, property. II §123; §87; §127; §131; §134; §138; §139; §170; §171; §174; §199;

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TToG II § 161

John Locke: Two Treatises of Government

§ 161. This power, whilst employed for the benefit of the community, and suitably to the trust and ends of the government, is undoubted prerogative, and never is questioned: For the people are very seldom or never scrupulous or nice in the point; they are far from examining prerogative, whilst it is in any tolerable degree employed for the use it was meant, that is, for the good of the people, and not manifestly against it; but if there comes to be a question between the executive power and the people, about a thing claimed as a prerogative; the tendency of the exercise of such prerogative to the good or hurt of the people, will easily decide that question.

§ 161. Solange diese Art von Macht zum Vorteil der Gemeinschaft angewandt wird, dem in eine Regierung gesetzten Vertrauen und ihren Zielen entspricht, ist sie unzweifelhaft prärogativ und unbestritten:

Die Bevölkerung ist in dem Punkt selten von Skrupeln geplagt oder aufmerksam. Sie ist meilenweit davon entfernt, das Vorbehaltsrecht zu hinterfragen, solange es in einem einigermaßen erträglichen Grad angewandt wird, soweit es den beabsichtigten Zweck, also für das Wohl des Volks und nicht offenkundig im Gegensatz zu diesem angewandt wird. Sollten zwischen exekutiver Macht und Bevölkerung Zweifel über eine Entscheidung auftreten, die unter Vorbehaltsrecht getroffen wird, wird die wahrgenommen Richtung dieses Vorbehaltsrechts zum Wohl oder zum Schaden des Volks diese Frage leicht entscheiden.

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TToG II § 159

John Locke: Two Treatises of Government

CHAPTER XIV

OF PREROGATIVE

§ 159. Where the legislative and executive power are in distinct hands, (as they are in all moderated monarchies, and well-framed governments) there the good of the society requires, that several things should be left to the discretion of him that has the executive power: For the legislators not being able to foresee, and provide by laws, for all that may be useful to the community, the executor of the laws, having the power in his hands, has by the common law of nature a right to make use of it for the good of the society, in many cases, where the municipal law has given no direction, till the legislative can conveniently be assembled to provide for it.

Many things there are which the law can by no means provide for; and those must necessarily be left to the discretion of him that has the executive power in his hands, to be ordered by him as the public good and advantage shall require: Nay, it is fit that the laws themselves should in some cases give way to the executive power, or rather to this fundamental law of nature and government, viz. That as much as may be all the members of the society are to be preserved:

For since many accidents may happen, wherein a strict and rigid observation of the laws may do harm; (as not to pull down an innocent man’s house to stop the fire, when the next to it is burning) and a man may come sometimes within the reach of the law, which makes no distinction of persons, by an action that may deserve reward and pardon; ‚tis fit the ruler should have a power, in many cases, to mitigate the severity of the law, and pardon some offenders: For the end of government being the preservation of all, as much as may be, even the guilty are to be spared, where it can prove no prejudice to the innocent.

Kapitel 14

Die Prärogative

§ 159. Wo legislative und exekutive Macht in verschiedenen Händen liegen, wie das bei allen gemäßigten Monarchien und gut organisierten
Regierungen der Fall ist, erfordert das Wohl der Gesellschaft, verschiedene Dinge dem Ermessen dessen zu überlassen bleiben, der exekutive Macht hat. Da Gesetzgeber außer Stande sind, in die Zukunft zu blicken und durch Gesetze für alles vorzusorgen, was für eine Gemeinschaft nützlich sein könnte, ist der Vollstrecker der Gesetze, der durch das allgemeine Naturrecht die Macht in der Hand hat, so lange in der Lage, seine Macht für das Wohl der Gesellschaft in vielen der Fälle zu gebrauchen, in denen lokale Gesetze keine Richtung weisen, bis deren Legislative in üblicher Weise versammelt werden kann, um das Weitere zu bestimmen.

Es gibt viele Gegebenheiten, die für das Gesetz schlicht nicht vorhersehbar sind und diese müssen notwendigerweise dem Ermessen dessen
überlassen bleiben, der exekutive Gewalt zur Hand hat, um durch ihn geordnet zu werden, wie es öffentlicher Nutzen und Vorteil erfordern. Vielmehr passt es sogar in manchen Fällen, dass die Gesetze selbst exekutiver Macht oder besser dem Grundgesetz für Natur und Regierung Platz machen, da so weit als möglich alle Glieder der Gesellschaft erhalten werden müssen.

Schließlich können viele Notlagen eintreten, bei denen strikte und rigide Beachtung der Gesetze Schaden verursachen könnte: Beispielsweise das Haus eines unschuldigen Menschen nicht niederzureißen, um ein Feuer zu stoppen, wenn das Nachbarhaus brennt. Weil Menschen manchmal für eine Handlung, die Belohnung und Verzeihung verdienen, in einen Bereich des Gesetzes kommen, der kein Ansehen der Person kennt, ist es gut, wenn der Regent Macht hat, in vielen Fällen die Strenge des Gesetzes zu mildern und manche Übertreter zu begnadigen. Da das letztliche Ziel von Regierung der Erhalt möglichst aller ist, müssen selbst die Schuldigen geschont werden, wo es ohne Schaden für den Unschuldigen geschehen kann.

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TToG II § 158

John Locke: Two Treatises of Government

§ 158. Salus populi suprema lex, is certainly so just and fundamental a rule, that he, who sincerely follows it, cannot dangerously err. If therefore the executive, who has the power of convoking the legislative, observing rather the true proportion, than fashion of representation regulates, not by old custom, but true reason, the number of members, in all places that have a right to be distinctly represented, which no part of the people however incorporated can pretend to, but in proportion to the assistance which it affords to the public, it cannot be judged to have set up a new legislative, but to have restored the old and true one, and to have rectified the disorders which succession of time had insensibly, as well as inevitably introduced:

For it being the interest as well as intention of the people, to have a fair and equal representative; whoever brings it nearest to that, is an undoubted friend to, and establisher of the government, and cannot miss the consent and approbation of the community; prerogative being nothing but a power, in the hands of the Prince, to provide for the public good, in such cases, which depending upon unforeseen and
uncertain occurrences, certain and unalterable laws could not safely direct; whatsoever shall be done manifestly for the good of the people, and the establishing the government upon its true foundations, is and always will be, just prerogative.

The power of erecting new corporations, and there with new representatives, carries with it a supposition, that in time the measures of representation might vary, and those places have a just right to be represented which before had none; and by the same reason, those cease to have a right, and be too inconsiderable for such a privilege, which before had it.

This not a change from the present state, which perhaps corruption or decay has introduced, that makes an inroad upon the government, but the tendency of it to injure or oppress the people, and to set up one part or party, with a distinction from, and an unequal subjection of the rest. Whatsoever cannot but be acknowledged to be of advantage to the society, and people in general, upon just and lasting measures, will always, when done, justify itself; and whenever the people shall choose their representatives upon just and undeniably equal measures, suitable to the original frame of the government, it cannot be doubted to be the will and act of the society, whoever permitted or caused them so to do.

§ 158. Salus populi suprema lex ist mit Sicherheit eine so richtige und fundamentale Regel, dass niemand, der sie gewissenhaft befolgt, gefahrbringende Irrtümer begehen kann.

Die Exekutive hat, wegen der Macht zur Berufung der Legislative, die tatsächliche Verhältnismäßigkeit mehr zu beachten als die Form der Vertretung und statt nach alter Gewohnheit mittels offenkundiger Vernunft die Zahl der Mandate aus allen Orten zu regeln, die ein Recht auf eigenständige Vertretung haben. Kein Teil der Bevölkerung, unabhängig von der Art seiner Gemeindeverfassung, kann das auf anderer Art beanspruchen kann, als im Verhältnis zum Beitrag den er dem gesamten Gemeinwesen leistet. Dann kann das auch kaum als Einsetzung einer neuen Legislative beurteilt werden, sondern als Wiederherstellung der alten und wahren, sowie als Korrektur der Unregelmäßigkeiten, die sich mit der Zeit ebenso unmerklich wie unvermeidlich eingeschlichen haben.

Da es sowohl Interesse als auch Ziel der Bevölkerung ist, eine faire und ausgewogene Vertretung zu haben, ist jeder, der dieses Ziel am ehesten umsetzt, ohne Zweifel Freund und Stütze der Regierung, dem Beifall und Applaus der Gemeinschaft zustehen.

Das Vorbehaltsrecht ist nichts anderes als Macht in den Händen des Fürsten, für das öffentliche Wohl in solchen Fällen zu sorgen, welche von unvorhersehbaren und unsicheren Gegebenheiten abhängig, durch bestimmte, unveränderbare Gesetzen nicht zuverlässig geregelt werden können.

Alles was real zum Wohl der Bevölkerung und zur Stabilisierung der Regierung auf ihrer rechtmäßigen Grundlage geschieht, ist und wird immer gerechte Ausübung von Prärogative sein. Die Macht, neue Bürgerschaften und damit neue Vertretungen zu schaffen bringt es mit sich vorauszusetzen, dass sich Vertretungsverhältnisse mit der Zeit ändern und manche Orte einen gerechten Anspruch erwerben, vertreten zu werden, die ihn vorher nicht hatten. Wobei aus demselben Grund andere Orte, die es bislang hatten, dieses Recht verlieren können und zu unbedeutend für ein derartiges Vorrecht werden.

Das bedeutet keine eventuell durch Korruption oder Verfall herbeigeführte Änderung des aktuellen Zustands in Form eines Angriffs auf die Regierung, sondern es geht um die Tendenz, die Bevölkerung zu schädigen, zu unterdrücken und eine Schicht oder eine Partei an die Macht zubringen, die einen Unterschied zwischen sich und der übrigen Bevölkerung erschafft und es zu ungleichen Bedingungen unterordnet.

Alles das kann nur als Vorteil für die Gesellschaft, die Bevölkerung generell, anerkannt werden, wobei gerechte und zählebige Maßnahmen, sich immer selbst rechtfertigen, wenn sie erst einmal umgesetzt wurden. Wann immer die Bevölkerung ihre Vertreter nach gerechten und unbestreitbar gleichen Methoden, zur ursprünglichen Verfassung der Regierung passend, wählt, können Willen und der Handlung der Gesellschaft nicht angezweifelt werden. Egal wer gestattete oder die Bevölkerung veranlasste, so zu handeln.

58https://en.wikipedia.org/wiki/Salus_populi_suprema_lex_esto

Wörtlich: Wohlergehen des Volks sei oberstes Gesetz.
Literally: Let the weal/good/welfare of the people be the supreme Law.

Salus populi suprema lex esto. USA, Missouri state motto: Let the welfare of the people be the supreme law. / Motto des US-Staates Missouri: Das Wohl des Volkes sei höchstes Gesetz. pol.

124Cicero De Legibus Book III, Part III, Sub. VIII
124https://en.wikipedia.org/wiki/Cicero
124https://de.wikipedia.org/wiki/Marcus_Tullius_Cicero
124https://es.wikipedia.org/wiki/Cicer%C3%B3n
124https://la.wikipedia.org/wiki/Marcus_Tullius_Cicero

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TToG II § 143

John Locke: Two Treatises of Government

CHAPTER XII

Of the Legislative, Executive, and Federative
Power of the Commonwealth

§ 143. The legislative power is that, which has a right to direct how the force of the commonwealth shall be employed for preserving the community and members of it. But because those laws which are constantly to be executed, and whose force is always to continue, may be made in a little time; therefore there is no need, that the legislative should be always in being, not having always business to do. And because it may be too great a temptation to human frailty, apt to grasp at power, for the same persons, who have the power of making laws, to have also in their hands the power to execute them, whereby they may exempt themselves from obedience to the laws they make, and suit the law, both in its making, and execution, to their own private advantage, and thereby come to have a distinct interest from the rest of the community, contrary to the end of society and government: Therefore in well ordered commonwealths, where the good of the whole is so considered, as it ought, the legislative power is put into the hands of divers persons who duly assembled, have by themselves, or jointly with others, a power to make laws, which when they have done, being separated again, they are themselves subject to the laws they have made; which is a new and near tie upon them, to take care, that they make them for the public good.

Kapitel 12

Legislative, exekutive und föderative Macht des Staats

§143. Die legislative Macht hat das Recht zu bestimmen, wie die gesamte Macht des Staats zum Erhalt der Gemeinschaft und ihrer Mitglieder
eingesetzt werden soll. Da aber die Gesetze, die beständig vollzogen und deren Kraft fortdauernd sein soll, in kurzer Zeit ausgefertigt und erlassen werden können, gibt es keinen Bedarf, die Legislative permanent zu installieren, da sie nicht immer konkret beschäftigt sein würde.

Angesichts der Schwäche der menschlichen Natur, stets bereit nach Macht zu greifen, wäre für die Personen, die Macht besitzen Gesetze zu erlassen, die Versuchung zu groß, auch die Macht zum Vollzug in die Hand zu bekommen. Sie könnten sich selbst dadurch von der Beachtung der Gesetz, die sie erlassen ausnehmen. Sogar das Gesetz hinsichtlich Gestaltung wie Vollzug ihrem eigenen privaten Vorteil anpassen und dazu kommen, von der übrigen Gemeinschaft abweichende, dem Zweck von Gesellschaft und Regierung entgegen gesetzte Interessen zu verfolgen.

Deshalb wird in gut organisierten Staaten, wo das Wohl des Ganzen wie vorgesehen berücksichtigt wird, die legislative Macht in die Hände verschiedener Personen gelegt, die ordnungsgemäß versammelt entweder durch sich selbst oder im Verein mit anderen die Macht haben, Gesetze zu erlassen. Sowie sich sobald dies geschehen ist wieder trennen und selber denselben Gesetzen untergeordnet sind, die sie verfasst haben. Deshalb haben sie ein weiteres starkes Motiv, darauf bedacht zu sein, sie auf das öffentliche Wohl auszurichten.

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TToG II § 93

John Locke: Two Treatises of Government

§ 93. In absolute monarchies indeed, as well as other governments of the world, the subjects have an appeal to the law, and judges to decide any controversies, and restrain any violence that may happen betwixt the subjects themselves, one amongst another. This everyone thinks necessary, and believes he deserves to be thought a declared enemy to society and mankind, who should go about to take it away. But whether this be from a true love of mankind and society, and such a charity as we owe all one to another, there is reason to doubt:

For this is no more than what every man, who loves his own power, profit, or greatness, may, and naturally must do, keep those animals from hurting, or destroying one another, who labor and drudge only for his pleasure and advantage; and so are taken care of, not out of any love the master has for them, but love of himself, and the profit they bring him: For if it be asked, what security, what fence is there, in such a state, against the violence and oppression of this absolute ruler? The very question can scarce be borne.

They are ready to tell you, that it deserves death only to ask after safety. Betwixt subject and subject, they will grant, there must be measures, laws and judges, for their mutual peace and security: But as for the ruler, he ought to be absolute, and is above all such circumstances; because he has power to do more hurt and wrong, it is right when he does it. To ask how you may be guarded from harm, or injury, on that side here the strongest hand is to do it, is presently the voice of faction and rebellion: As if when men quitting the state of nature entered into society, they agreed that all of them but one should be under the restraint of laws, but that he should still retain all the liberty of the state of nature, increased with power, and made licentious by impunity. This is to think, that men are so foolish, that they take care to avoid what mischiefs may be done them by polecats, or foxes; but are content, nay, think it safety, to be devoured by lions.

§ 93. Wahrlich, selbst in absoluten Monarchien haben Untertanen, ebenso wie unter anderen Regierungen der Welt, eine Berufung auf das Gesetz. Sogar Richter, Streitigkeiten zu entscheiden und jede Gewalttat zu unterbinden, wie sie bei den Untertanen von einem gegen den anderen ausgehen. Jeder hält das für notwendig, und glaubt, als erklärter Feind der Gesellschaft und Menschheit müsse angesehen werden, wer es unternehme, diese zu beseitigen. Ob das aber aus wahrer Liebe zur Menschheit und Gesellschaft, und aus solcher Menschenfreundlichkeit geschieht, wie wir sie alle einander schulden, darf mit gutem Grund zu angezweifelt werden. Es ist kein Stück mehr als jeder Mensch, der seine Macht, seinen Vorteil und seine eigene Großartigkeit liebt, tun wird und von Natur aus tun muss, um alle Arbeitstiere, die sich nur zu seiner Erbauung und für seinen Vorteil schinden und quälen, davon abzuhalten, sich gegenseitig zu schaden und zu vernichten. Für diese wird deshalb gesorgt, nicht etwa aus irgendeiner Art Liebe, die ihr Meister für sie hätte, sondern wegen seiner Liebe zu sich selbst und wegen des Profits, den sie ihm einbringen.

Sollte man wagen nur einmal zu fragen:

Welche Sicherheit, welchen Schutz gibt es in einem solchen Staat gegen Gewalttätigkeit und Unterdrückung durch diesen absoluten Herrscher?

Allein schon die Frage sollte besser nicht gestellt werden. Man hätte sofort die Antwort, es verdiene den Tod, nach Sicherheit auch nur zu fragen. Zwischen Untertan und Untertan, so viel wird zugestanden, muss es Vorschriften, Gesetze und Richter geben. Zu deren gegenseitigem Frieden und zur Sicherheit. Der Herrschende aber muss absolut sein, über alle Umstände erhaben. Es ist rechtmäßig für ihn, mehr Schaden und Unrecht anzurichten, weil er die Macht hat, das zu verursachen. Bereits die Frage nach Schutz und Sicherheit vor Schaden und Unrecht von der Seite, bei der die stärkste Handhabe liegt, wird sofort als eine Stimme für Aufruhr und Rebellion ausgelegt.

Gerade als wären die Menschen, als sie den Naturzustand verließen und zu einer Gesellschaft zusammentraten, vereinbart hätten, alle mit Ausnahme eines einzigen sollten unter den Regelungen von Gesetzen stehen, nur dieser eine dürfe jede Freiheit des Naturzustands behalten, noch vergrößert durch Macht und durch Straflosigkeit zügellos gemacht!

Das hieße die Menschen für solche Narren zu halten, dass sie sich zwar bemühen, Schaden zu verhüten, der ihnen durch Iltisse und Füchse verursacht werden kann, sich aber zufrieden zu geben, nein, es geradezu für Sicherheit halten, von Löwen verschlungen zu werden.

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TToG II § 26

John Locke: Two Treatises of Government

§ 26. God, who hath given the world to men in common, hath also given them reason to make use of it to the best advantage of life, and convenience. The earth, and all that is therein, is given to men for the support and comfort of their being. And though all the
fruits it naturally produces, and beasts it feeds, belong to mankind in common, as they are produced by the spontaneous hand of nature; and nobody has originally a private dominion, exclusive of the rest of mankind, in any of them, as they are thus in their natural state: yet being given for the use of men, there must of necessity be a means to appropriate them some way or other, before they can be of any use, or at all beneficial to any particular man. The fruit, or venison, which nourishes the wild Indian, who knows no enclosure, and is still a tenant in common, must be his, and so his, i. e. a part of him, that another can no longer have any right to it, before it can do him any good for the support of his life.

§ 26. Gott, der die Welt den Menschen gemeinschaftlich gegeben hat, hat ihnen auch Vernunft verliehen, sie zum größten Vorteil und zu angenehmer Lebensführung zu nutzen. Die Erde und alles was sich auf ihr befindet, wurde den Menschen für den Unterhalt und Genuss ihres Daseins gewährt. Alle Früchte, die die Natur hervorbringt, alle Tiere, die sie ernährt, gehören der Menschheit gemeinsam. Sie werden bedingungslos von der Hand der Natur erzeugt. Obwohl niemand von Beginn an private Herrschaft unter Ausschluss der übrigen Menschheit hatte, weder über die einen noch über die anderen, die sich in ihrem natürlichen Zustand befinden, so muss es, da sie den Menschen zum Gebrauch überlassen wurden, notwendigerweise ein Mittel geben, sie auf die eine oder andere Weise in Besitz zu nehmen, bevor sie dem einzelnen Menschen zu irgendwelchem Nutzen oder überhaupt zu einem Vorteil gereichen können. Die Frucht oder die Jagdbeute, die den wilden Indianer ernährt, der keine Einzäunung kennt und alles als Gemeingut besitzt, müssen die seinigen werden. Und zwar derart eindeutig, d. h. ein Teil von ihm, dass kein anderer länger ein Recht darauf beanspruchen kann, bevor sie ihm für den Unterhalt seines Lebens irgendeinen Nutzen bringen.

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