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TToG I § 65

John Locke: Two Treatises of Government

§ 65. Our author says, God hath given, to a father a right or liberty to alien his power over his children to any other, Observations, 155. I doubt whether he can alien wholly the right of honor that is due from them:

But be that as it will, this I am sure he cannot alien and retain the same power. If therefore the magistrate’s sovereignty be, as our author would have it, nothing but the authority of a supreme father, p. 23. It is unavoidable, that if the magistrate hath all this paternal right, as he must have if fatherhood be the fountain of all authority; then the subjects, though fathers, can have no power over their children, no right to honor from them:

For it cannot be all in another’s hands, and a part remain with the parents. So that, according to our author’s own doctrine, honor thy father and mother cannot possibly be understood of political subjection and obedience; since the laws both in the Old and New Testament, that commanded children to honor and obey their parents, were given to such, whose fathers were under civil government, and fellow-subjects with them in political societies; and to have bid them honor and obey their parents, in our authors sense, had been to bid them be subjects to those who had no title to it; the right to obedience from subjects, being all vested in another; and instead of teaching obedience, this had been to foment sedition, by setting up powers that were not.

If therefore this command, honor thy father and mother, concern political dominion, it directly overthrows our author’s monarchy; since it being to be paid by every child to his father, even in society, every father must necessarily have political dominion, and there will be as many sovereigns as there are fathers:

Besides that the mother too hath her title which destroys the sovereignty of one supreme monarch. But if honor thy father and mother mean something distinct from political power, as necessarily it must, it is besides our author’s business, and serves nothing to his purpose.

§ 65. Unser Autor behauptet, „Gott hat einem Vater ein Recht oder die Freiheit gegeben, die Macht über seine Kinder an einen Anderen zu übertragen“. (O. 155). Ich habe Zweifel, ob er sein „Rechts auf die schuldige Ehrerbietung“ von Seiten der Kinder tatsächlich „übertragen“ kann.

Aber wie dem auch sei, mit Sicherheit kann er dieselbe Macht nicht „übertragen“ und sie gleichzeitig behalten.

Auch wenn unser Autor es gern hätte: Wenn deshalb die obrigkeitliche Macht nichts ist, als „die natürliche Autorität eines obersten Vaters“ S. 23, wäre die unvermeidliche Folge, dass keiner der Untergeordneten, selbst wenn er Vater wäre, Macht über seine Kinder oder ein Recht auf Ehrerbietung von ihrer Seite haben kann.

Selbst wenn die Obrigkeit dieses gesamte väterliche Recht hat, wie sie es schlicht haben muss, wenn Vaterschaft die Quelle aller Autorität wäre. Denn es ist schlicht unmöglich, dass die gesamte Macht in eines anderen Händen liegt und dennoch ein Teil den Eltern verbleibt. Nach unseres Autors eigener Lehre können deshalb unter „Ehre deinen Vater und Mutter“ nie politische Unterordnung und Gehorsam verstanden werden.

Die Gebote des Alten wie Neuen Testaments, die den Kindern vorschreiben, „ihre Eltern zu ehren und ihnen zu gehorchen“, wurden an Menschen gerichtet, deren Väter unter staatlicher Regierung standen und ebenso wie sie Untergeordnete in politischen Gesellschaften waren.

Ihnen nun zu gebieten, „die Eltern zu ehren und ihnen zu gehorchen“ in unseres Autors Sinn, wäre gleichbedeutend mit dem Gebot, sich denjenigen zu unterzuordnen, die gar keinen Anspruch darauf hatten, da das Recht auf den Gehorsam der Mitbürger einem Statt Gehorsam zu vermitteln, hat dies nur bewirkt, über die Einsetzung von Mächtigen, die keinerlei Rechtsanspruch darauf besaßen, Zerwürfnisse herauszufordern.

Sollte dieses Gebot „Ehre deinen Vater und Mutter“ die politische Herrschaft betreffen, so kippt es die Monarchie unseres Autors direkt vom Sockel. Da jedes Kind dem Vater, selbst in Gemeinschaften, Ehre zu erweisen hat, müsste notwendigerweise jeder Vater politische Herrschaft haben. Es wurde so viele Souveräne geben wie es Väter gibt. Darüber hinaus hätten auch die Mütter ihren Rechtsanspruch und die Souveränität eines einzigen höchsten Monarchen wäre zerstört.

Wenn aber „Ehre deinen Vater und Mutter“ etwas von politischer Macht völlig verschiedenes beinhaltet, was es in der Tat tut, dann liegt Gebot außerhalb der sachgerechten Argumentation unseres Autors und ist für seinen Zweck belanglos.

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TToG I § 64

John Locke: Two Treatises of Government

§ 64. By our author’s doctrine, the father, having absolute jurisdiction over his children has also the same over their issue; and the consequence is good, were it true, that the father had such a power: And yet I ask our author whether the grandfather, by his sovereignty, could discharge the grandchild from paying to his father the honor due to him by the fifth commandment.

If the grandfather hath by right of fatherhood sole sovereign power in him, and that obedience which is due to the supreme magistrate, be commanded in these words, honor thy father, it is certain the grandfather might dispense with the grandson’s honoring his father, which since it is evident in common sense he cannot, it follows from hence, that honor thy father and mother, cannot mean an absolute subjection to a sovereign power, but something else.

The right therefore which parents have by nature, and which is confirmed to them by the fifth commandment, cannot be that political dominion which our author would derive from it: For that being in every civil society supreme somewhere, can discharge any subject from any political obedience to any one of his fellow subjects. But what law of the magistrate can give a child liberty, not to honor his father and mother? It is an eternal law, annexed purely to the relation of parents and children, and so contains nothing of the magistrate’s power in it, nor is subjected to it.

§ 64. Nach der Lehre unseres Autors hat der Vater, da er die absolute Befugnis zur Rechtsprechung über seine Kinder besitzt, die gleiche Macht auch über deren Nachkommen. Diese Folgerung wäre richtig, träfe es zu, dass der Vater eine solche Macht besitzt. Deshalb frage ich jetzt unseren Autor, ob der Großvater Dank seiner Überoberallmacht dem Enkel erlassen darf, dessen Vater die nach dem fünften Gebot schuldige Ehrerbietung zu erweisen?

Wäre der Großvater durch das „Recht der Vaterschaft“ allein mit souveräner Macht bekleidet und jeglicher der höchsten Obrigkeit schuldige Gehorsam durch die Worte „Ehre deinen Vater“ befohlen, so dürfte der Großvater sicherlich auch den Enkel von der Ehrfurcht gegen dessen Vater entbinden.

Da aber jeder einfache Gebrauch der Vernunft uns klar sagt, er dürfe dies nicht, so kann mit „Ehre Deinen Vater und Deine Mutter“ unmöglich eine absolute Unterwerfung unter souveräne Macht gemeint sein, sondern notwendigerweise etwas Anderes.

Das Recht, das die Eltern von Natur aus haben und welches ihnen durch das fünfte Gebot bestätigt wurde, kann sich auf keine politische Herrschaft erstrecken, so gern unser Autor diese auch davon ableiten möchte. Da diese in jeder bürgerlichen Gesellschaft irgendwo die höchste Macht bedeutet, darf sie auch einen jeden Untergeordneten vom politischen Gehorsam gegen einen seiner Mitbürger lossprechen. Aber welches
Gesetz einer Obrigkeit vermag einem Kind die Freiheit zu geben, „seinen Vater und Mutter nicht zu ehren“? Es ist ein ewiges, einzig und allein mit dem Verhältnis zwischen Eltern und Kindern verknüpftes Gesetz, enthält nichts von obrigkeitlicher Macht, noch ist es dieser unterworfen.

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