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Energiewende, Energiespeicher und Diskussionstaktiken

Freitag 14.11.2014

Die Freien Wähler Bayern in Gestalt ihrer Landtagsfraktion haben ins Maximilianeum eingeladen. Es sollte um folgende Fragen der Energiewende, speziell beim Strom, gehen:

* Wie viel Speicherkapazität ist erforderlich?
* Welche Speichertechnologien sind technisch und wirtschaftlich sinnvoll?
* Und welchen Beitrag muss die Politik leisten, um die Entwicklung von Energiespeichern voranzubringen?

Diesen Fragen wollte die FREIE WÄHLER Landtagsfraktion gemeinsam mit renommierten Experten auf den Grund gehen und veranstaltete hierzu einen parlamentarischen Abend mit dem Titel
„Ohne Energiespeicher keine Energiewende? – Potenziale und Herausforderungen“.

Als Referenten geladen waren

– Dipl.-Ing. Benedikt Lunz, RWTH Aachen
Energiespeicher für die Energiewende –
Bedarf, Stand der Technik und Alternativen

– Prof. Dr. Michael Sterner, OTH Regensburg
Power-to-Gas – zwischen Mythos und Wahrheit

– Thomas Härdtl, bmp greengas GmbH
Das Gasnetz als Speicher – Ist Power-to-Gas die Speichertechnologie der Zukunft?

– Dr. Christoph Stiller, Linde AG
Speichersysteme Wasserstoff und Methan – Reif für die industrielle Nutzung?

– Dr. Andreas Hauer, ZAE Bayern
Dezentrale Energiespeicher zur Integration Erneuerbarer Energien

Sehr gern bin ich mit unserer Landesvorsitzenden Nicole Britz der Einladung gefolgt.

Anschließend gab es eine Podiumsdiskussion mit den Referenten.
Die Moderation führte der Forchheimer Architekt Thorsten Glauber, MdL der FW. (abgeordnetenbuero.glauber@fw-landtag.de)

Um es kurz zu sagen: Die Mehrheit der Anwesenden Zuhörer war von den Vorträgen inhaltlich vollkommen überfordert. Die Eingangs vorangestellten Fragen wurden eigentlich nicht beantwortet. Von den Referenten beeindruckte Michael Sterner auch mit seinen politischen Statements am deutlichsten. Den meisten seiner Statements kann man nur zustimmen. Die weiteren Referenten waren an der Stelle zurückhaltender. Sterner plauderte aus dem Nähkästchen seiner persönlichen Erfahrungen mit der „großen Politik“. Er war z. B. um Verständnis darum, dass Minister wie Sigmar Gabriel gar nicht in der Lage sein können, fachgerechte Konzepte zu erstellen, da zwischen einem einstündigen Termin mit eigenen oder externen Fachleuten und einem anderen mit einer zivilgesellschaftlichen Interessenvertretung pro Woche schlicht 48 andere Stunden liegen, in denen so ein Minister der permanenten Einflussnahme irgendwelcher Lobbyisten ausgesetzt ist.

Angesprochen auf die 10-H-Regelung für die Windkraft kommentierte Sterner das mit den Worten „Es ist zu hoffen, dass in der Staatskanzlei wieder Vernunft einkehrt“. Von 12 befragten Experten haben 11 dringend davon abgeraten, dieses Gesetz zu verabschieden. Die CSU beschließt es im Landtag trotzdem. Nicht weil es richtig wäre, sondern weil sie es kann. Offenbar verursacht der „konservative Aufbruch“ um den Kaufbeurer CSU-Stadtrat, der die AfD mit der CSU gern von rechts flankieren möchte, intern mehr Schmerzen, als nach außen durchdringt.

Das Potential generativer Stromerzeugung liegt laut Sterner in Bayern bei 200 % des nationalen Strombedarfs. Es sei angesichts der damit verbundenen Wertschöpfung nicht verständlich, warum die Staatsregierung nicht alles daran setze, dieses Potential nutzbar zu machen. Er verdeutlichte das mit der Importquote der BRD an fossilen Energieträgern, die bei rund 100 MRD Euro jährlich liegt. Die von Peter Altmaier seinerzeit als Umweltminister in den Raum gestellte Summe von 1 Billion Euro für die Energiewende, die nicht finanzierbar sei, bildet sich allein dadurch innerhalb von zehn Jahren vollständig ab.

Das Angebot zur Teilnahme an der Diskussion und die Aufforderung, sich als Fragesteller mit Namen, Funktion und Tätigkeit vorzustellen, habe ich natürlich als Elfmeter genommen und mich als Pirat geoutet. Auf meine Frage, für wie sinnvoll Sterner vor diesem Hintergrund die Erhebung von EEG-Umlage auf Eigenverbrauchsstrom halte, antwortete er mit seinem ersten Zitat in abgewandelter Form – er hoffe schwer, „dass in Berlin endlich energiepolitische Vernunft Einzug halten werden“. Er hatte als Mitglied einer Expertengruppe versucht das Schlimmste zu verhindern und die Gruppe konnte wenigstens die Bagatellgrenze durchsetzen.

Unausgesprochen stellt Sterner der Politik von CSU und SPD – implizit damit auch der vom Wähler geschassten FDP – das Zeugnis „Klassenziel nicht erreicht“ aus.

Meine zweite Frage bezog sich auf den Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen dem Bau von Stromtrassen und Stromspeichern. Speziell von Interesse waren für mich die verwendeten Grundlagen zur Berechnung der betrachteten Technologien und die Ergebnisse.

Sterner verwies auf seine neu erschienenes Buch zum Thema und erneuerte seine im Vortrag vertretene Position, dass Stromspeicher derzeit nicht in der Lage seien, den Bau von Stromtrassen zu ersetzen, da Power-to-gas (P2G) aktuell noch nicht wirtschaftlich genug sei!

Ich hatte explizit nach der Studie aus Schleswig-Holstein gefragt, die verschiedene Stromspeicher betrachtet und vergleicht – aber kein P2G – da dies in der Studie nicht berücksichtigt wurde. Dass sich P2G aktuell nicht rechnet – und dies meiner Meinung nach auch nie der Fall sein wird – war nicht Ziel meiner Frage, da ich weiß, dass eine Effizienz von höchstens 1/3 bei der Rückverstromung synthetischen Gases, welches zuvor mittels generativem Strom erzeugt wurde allein bei der Betrachtung der Ressource ohne Infrastruktur (Tank, Gasnetz, Pumpen, Zähler, Wartung) sich nur dann gegenüber echten Stromspeichern rechnen kann, wenn die Anlagentechnik im Vergleich zu echten Stromspeichern extrem billig wird. Was aktuell nicht der Fall ist. Leider antwortete Sterner nicht darauf, sondern zog den Vergleich wie im Vortrag erneut ausschließlich zwischen Stromtrassen und P2G. Sehr zum Leidwesen etlicher Aktivisten und BIs, die aus der Oberpfalz und Oberfranken angereist waren und im Verlauf der Diskussion keinen Zweifel daran ließen, dass sie sich weiter gegen Stromtrassen stellen würden. Da auch sonst keiner die Frage beantworten wollte oder konnte, wurden damit die drei Eingangsfragen dieses Abends

* Wie viel Speicherkapazität ist erforderlich?
* Welche Speichertechnologien sind technisch und wirtschaftlich sinnvoll?
*Und welchen Beitrag muss die Politik leisten, um die Entwicklung von Energiespeichern voranzubringen?

für das Publikum unbeantwortet gelassen. Leider konnte ich nur den Eindruck mitnehmen, dass der Abend zur Imageveranstaltung für mehr Forschungsgelder für P2G geriet. Schlussendlich waren auch Referenten aus der relevanten Branche (Linde, bmp) anwesend und besonders Prof. Sterner berichtete von seiner Tätigkeit mit Investoren in dieser Technologie wie AUDI, dem ZSW Stuttgart etc. Seine im Vortrag gefallenen Bemerkung, dass die Zukunft der Automobilität in der Nutzung des P2G-Brennstoffes liegen werde und reine Elektrofahrzeuge nur Zweitwagentechnologie sowie viel zu teuer seinen, zeigt den Fokus seiner Gedankenwelt. Nun, ich fahre einen Elektrowagen mit begrenzter Reichweite und arbeite im Außendienst. Bei 48.000 km in zwei Jahren kann von Zweitwagentechnologie keine Rede mehr sein.

Weitere Fragen meinerseits wurden vom Moderator zu Gunsten anderer Fragesteller nicht zugelassen. Die anfangs zögerlichen Wortmeldungen nahmen nach meinem Outing als Pirat auch deutlich zu, so dass keine Langeweile aufkommen konnte.

Ich wollte noch gute sechs Fragen mehr stellen, vor allem die nach Transparenz bei den Stromgestehungskosten, deren Zusammensetzung aus Subventionen, Beihilfen, Vergünstigungen, etc. und ob bei der Berechnung der Wirtschaftlichkeit die klassische Methode Annuität plus Abschreibung zum Einsatz kam oder der tatsächlich aussagekräftige Ansatz der DIN EN IS0 50001, der internen Zinsfuß, Anlagelebensdauer und Kapitalwert/Barwert berücksichtigt.

Ebenso wollte ich wissen, ob bei den Szenarien nur Überschussstrom aus generativer Erzeugung oder der gesamte Ertrag zur Berechnung zu Grunde gelegt wurde.

Von den übrigen Referenten konnte ich lediglich den Hinweis von Prof. Hauer vom ZAE auf das Projekt DESIRE (Distributed Energy Services for Integration of Renewable Energies) mitnehmen.

Ich war ein wenig enttäuscht vom fehlenden Ansatz der technischen Neutralität und der kompletten Ausblendung des Themas Stromspeicher. Vor allem weil ich schon vor zwei Jahren sehr gute Vorträge zum Thema Stromspeicher hören konnte und mir mittlerweile konkrete Projekte, die sich selbst ohne Subventionen tragen, bekannt sind. Da scheint eine ganze Generation von Ingenieuren in der BRD betriebsblind und ignorant an der Verbrennung von Gas festzuhalten, während uns in Asien die Wettbewerber weit hinter sich lassen. Ich will das aber nicht überbewerten, denn die Realität wird es ohnehin richten. Elektrochmische Speicher in Kombination mit PV und/oder Wind werden sich durchsetzen. Ob das den Big Four und den Fossilien- und verbrennungslobbyisten passt oder nicht.

Am Ende bleibt mir wieder nichts übrig, als die Fragen selbst zu beantworten bzw. zu hoffen, dass mir das mit meinen interessierten und offenen Piraten in technologieneutraler Weise und zielgerichtet auf die Energiewende hin gelingt. Allerdings an dieser stelle ohne ausreichende Argumentation. Der Beitrag ist schon lang genug.

* Wie viel Speicherkapazität ist erforderlich?

Ich behaupte, die Lauffähigkeit der 25 stromintensivsten Wintertage für die gesamte Endenergiebereitstellung im Land. Das wären hochgerechnet ca. 40 TWh. Zu berücksichtigen wäre die energetische Migration von fossiler Verbrennung hin zu Stromanwendungen, also der Ersatz von Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas, sowie ein wenig Kohle zur Beheizung von Gebäuden, was auch eine Verdoppelung hinausläuft. Also 80 TWh. Die Investitionen bei diesem Ausbaustand liegen – die Skalareffekte der Produktion berücksichtigt – bei ca. 200 € / kWh, also 16 Billionen € auf die nächsten 40 Jahre.

Was laufende Investitionenen von 250 Mrd. € / a ausmacht. Die Kosten lägen dann unter dem TLCC -Ansatz bei ca. 30 Mrd. € pro Jahr. Hochgerechnet auf 600 TWh oder auch 600 Mrd. kWh  Stromerzeugung ca. 5 ct. / kWh Aufpreis. Und somit in einer ähnliuchen Dimensionwie die zu erwartende Verteuerung der Netzentgelte plus die weiteren systemischen Vorteile:

Bereitstellung von Regelenergie allgemein; Schließung der Trägheitslücken, Minutenregelleistung, Sekundärregelleitung, Tertiärregeleistung, Reserveleistung allgemein, eine unvergleichlich höhere Resilienz gegenüber Cyberattacken, Terroanschlägen, sehr hoher Autarkiegrad auf allen vier Netzebenen, vollständige Schwarzstartfähigkeit,  …und nicht zuletzt eine 100% Strom-Versorgung ohne jeglichen nuklearen, Fossilen und sogar re-generativen Brennstoffe. Sogar für den Fall, dass der Stomberbrauch bis 2050 auf die ca. 1.350 TWh steigt, mit denen ich heute aus Gründen, die ich hier nicht darlegen will, rechne.

* Welche Speichertechnologien sind technisch und wirtschaftlich sinnvoll?

Redox-Flow, Li-Ion und NaS in der Hauptsache, also für ca. 85 % dieses Bedarfs.

* Und welchen Beitrag muss die Politik leisten, um die Entwicklung von Energiespeichern voranzubringen?

Laut Einstein ist es „Irrsinn, bei Einsatz der immer gleichen Mittel jedes Mal ein andere Ergebnis zu erwarten“. Deshalb ist nicht die Politik gefragt, sondern die Bürger sind es. Und zwar durch

1. zivilgesellschaftlich über genossenschaften organisierte Projekte wie den Bau von Windrädern, PV-Anlagen und Speichern,
2. PV-Anlagen auf jedem Dach und über jeder versiegelten Fläche, vor allem Bahnlinien, Autobahnen, Bundestrassen und Parkplätze.

3. der Errichtung gemeinschaftlicher Batterieparks,
4. den Bau von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge mit angeschlossenem, fest installiertem Speicher,
5. der Beteiligung an Car-Sharing-Modellen mit Elektrofahrzeugen in Ballungsräumen
6. der Übernahme oder der Neuerrichtung von Stromnetzen in den unteren beiden Netzebenen (0,4 KV, 20 KV),
7. der Beteiligung an Großspeichern mit Regelungselektronik an allen Trafostationen zwischen den Netzebenen 0,4 KV / 20 KV und 20 KV / 110 KV

und schließlich als Wähler am Austausch der bisherigen Parteien und derer Funktionsträger durch neue, unverbrauchte und vor allem nicht durch eingespielte Rituale und extrem hohe Vernetzung in ihrer rationalen Handlungsfähigkeit weitgehend eingeschränkte Personen.

Das Demokratische Spektrum bietet weit mehr, als die Vertreter der bisherigen Parteien nutzbar machen könnten. Und es ist für jeden Bürger etwas dabei. Mit den Üblichen Verdächtigen geht es nicht voran, sondern wir alle verbleiben in einer Art Schockstarre im immer gleichen Problemkreislauf verhaftet. Wir treten auf der Stelle. Die einzig wirksame Stellschraube für den Bürger ist der Wahlzettel. Das Spiel mit der Drohung des Stimmentzugs durch bürgerliches Engagement auf Demonstrationen, Bürgerinitiativen, Petitionen etc. hat längst bei den bisherigen Parteien Umgehungsstrategien hervorgerufen. Man muss es dann halt auch durchziehen.

Oder es wird anderweitig strategisch ausgehebelt. Asymmetrische Propaganda ist das Stichwort. Als Thema gerade heiß und unangenehm, wird es bewusst und gezielt auf möglichst niedriger Flamme am Köcheln gehalten. Gerade so viel, dass es weiter die Aufmerksamkeit der Mehrheit und der Medien auf sich zieht, während mehr oder weniger unbemerkt von der Mehrheit an anderer Stelle Voraussetzungen geschaffen werden, die die Lösung des Problems im Sinne derer, die an den Schalthebeln sitzen, hinterher umso leichter machen. Augenblicklich heißt das Thema in Bayern „Volksbefragung“, welche die demokratische Legitimierung gewollter Vorhaben enorm erleichtert, während gleichzeitig keine Verbindlichkeit für den Antragsteller (Regierung und Parlament) entsteht. Der wesentlich wirksamere Volksentscheid wird dadurch über ein zusätzliches Instrument ausgehebelt.

Ich nenne das einen Angriff auf unsere Verfassung. Und ein Werkzeug, das am Ende alles gegen lokale Betroffenheit durch landesweite, unverbindliche Befragung durchsetzbar macht. Auch Stromtrassen, Gaskraftwerke, Startbahnen, sogar die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken.

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Meinen und Glauben sind meine Sache nicht. Ich will alles selbst nachprüfen können.

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Robert Habeck – Ein GRÜNER Minister für Autobahnen

Kommentar zu der Auswertung und Vorstellung der Studie des Fraunhofer IWES und des Unternehmens Ecofys durch den Grünen Minister Robert Habeck in Schleswig-Holstein
Habecks Grundthesen

Robert Habeck stellt in seiner Vorstellung folgende Thesen auf:

* Energiespeicher sind mittelfristig nötig
* Energiespeicher sind keine Alternative zum Netzausbau
* Speicher sind eine Schlüsseltechnologie
* Speicher sind (pauschal) noch weit von Wirtschaftlichkeit entfernt
* ein rascher Netzausbau ist günstiger
* Speicher sind mittelfristig wichtig für Versorgungssicherheit und Netzstabilität
* Speicher übernehmen die Aufgaben konventioneller Kraftwerke
* Netzstabilität und Versorgungssicherheit sind aber nur bundesweit und im europäischen Zusammenhang volkswirtschaftlich sinnvoll
* Strommarktdesign muss die entscheidenden Anreize liefern

Einleitender Exkurs: Wärmespeicher

Als erster allgemeiner Kommentar der Hinweis, dass es sinnvoll gewesen wäre klarzustellen, dass Minister Habeck explizit von Stromspeichern spricht. Konsequenterweise werden Wärmespeicher, die als systemische Komponente ausgezeichnet dazu geeignet sind, Angebotskurven von Strom über effiziente Umwandlung in Wärme zu nutzen, außen vor gelassen.

Der Gedanke ist aber zu wertvoll, um auch in dieser Spartendiskussion wieder vergessen zu werden. Die Energiewende ist kein ausschließliches Thema des Energieträgers Strom.

Stellen wir dazu als Schritt 1 das Szenario auf, dass alle Gebäude in der BRD per Verordnung zur Umstellung auf Wärmepumpen (mit Zeithorizont Restlaufzeit bestehender Heizungen) bzw. im Neubau auf ausschließliche Nutzung von Wärmepumpen getrimmt werden, so hätten wir bereits über ein System Wärmepumpe-Pufferspeicher eine, wenn auch begrenzte, so doch beachtliche Flexibilisierung erreicht. Denn ca. 15 Mio. Wärmepumpen für 1 bis 4 Familien- Häuser können bei 5 KW Anschlussleistung bereits ca. 60 GW Leistung für Heizwärme und weitere 12 GW Trinkwassererwärmung auf Vorrat flexibel aufnehmen oder abwerfen. Umsetzbar wäre das problemlos innerhalb zehn Jahren über nichts als sowieso anfallende notwendige Renovierungen oder anstehende Sanierungen.

Schritt 2, der parallel zu Schritt 1 umsetzbar ist, wären Li-Ion-Batteriespeicher bis 20 kWh bei 15 KW Leistung, die von den Haushalten nach Bedarf abgerufen (z. B. Für Hauswirtschaft, Heizen bei Nacht oder Laden von Elektrofahrzeugen/Geräten) werden können und die – eine Nutzung der halben Kapazitäts pro Tag angenommen – ein Speicherpotential von 150 GWh bieten.

Schritt 2a wäre komplementär dazu eine Säule der Förderung von Elektromobilität, wenn denn aus den bisher folgenlosen Ankündigungen der Bundesregierung die Konsequenz gezogen würde und das Speicherförderungsgesetz intelligenterweise auf mobile Speicher erweitert würde. Gefördert werden derzeit nur stationäre Speicher. Elektromobilakkus dienen im angesteckten und betriebsbereitem Zustand gleichzeitig der Netzstabilisierung. Vgl. dazu das I.D.E.E.- Konzept von Tomi Engel – Deutsche Gesellschaft für solare Mobilität und das Update „electric vehicle“ (vormals iMiev) von Mitsubishi, das als bidirektional be- und entladbares Elektrofahrzeug verfügbar und voll alltagstauglich ist (ca. 10 Jahre iMiev).

Schritt 3 in diesem Zusammenhang wäre die Festlegung der Förderung für Wärmepumpen nach dem Top-Runner Prinzip, so dass nur die Wärmepumpen bzw. Systeme mit dem besten COP bzw. der besten JAZ gefördert werden. Die Förderung hat dabei anhand einer Abschlagszahlung über den COP zu erfolgen, die dann über die tatsächliche JAZ evaluiert und ausgeglichen wird. Ein Verfahren, das für die Einspeisevergütung von EEG-Anlagen bereits angewandt wird.

Schritt 4 zur Vollendung wäre die Anbindung von Latentwärmespeichern bzw. Eisspeichern, um die Effizienz der Systeme noch weiter zu steigern. Speziell Eisspeicher können dabei dann umgekehrt im Sommer als Wärmesenke zu Kühlzwecken genutzt werden und ermöglichen bei der Gebäudeklimatisierung den vollständigen Wegfall der Klimageräte. Dies bedeutet schlicht Null Stromverbrauch zur Erzeugung von Kälte.

In Schritt 5 ergänzen dann dezentrale Kombinationen von LIPeFo-Akkus und Redox-Flow-Speichern in Ortsteilen an den Ortsnetztrafos sowie vor allem an den Umspannwerken von 110 KV auf 10 KV bis 60 KV bzw. umgekehrt das gesamte System um langzeitfähige Speicher, die den Strombedarf durch Speicherung von Wind- und Sonnenstrom über den Winter zur Verfügung stellen.

Wind- und vor allem Sonnenstrom können dabei ebenfalls dezentral auf den Dächern der Häuser, über versiegelten öffentlichen Fläche, über Parkplätzen, ja sogar über den Bahntrassen erzeugt werden.

Das alles ist innerhalb 10 Jahren ohne großen Planungsaufwand, ohne Raumordnungsverfahren, Bürgerproteste, Klagen und Gegenklagen etc. umsetzbar.

Die Bedingungen sind denkbar einfach und auf dem Verordnungsweg umsetzbar:

* Erweiterung des Stromspeicherfördergesetzes auf Speicher von Elektrofahrzeugen

* Neudefinition der Förderfähigkeit von Energieeffizienz bei Gebäuden (nur noch realer Primärenergiebedarf, Wegfall des Förderkriteriums Gebäudehülle)

* Vereinheitlichung der Berechnung von Wärme-/ Kälteenergiebedarf und Heiz-/ Kühllast durch Zusammenführung in DIN EN ISO V 18599 (Wegfall DIN 12831, etc.)

* Energieberater von Amts wegen, Auswahl nach Zufallsprinzip durch das Amt statt Energieberatung durch ausführende Unternehmen mit Verkaufsabsichten

* Vier-Augen-Prinzip bei der Energieberatung (Berichtsvalidierung durch anonymen zweiten Berater)

* Beendigung der Erteilung von Betriebserlaubnissen für Verbrennungsheizungen auf Basis fossiler Energieträger

* Verpflichtende Umstellung auf Wärmepumpe. Ausnahmen: Fernwärme aus Geothermie oder Biomasse & Holzheizungen

* Förderung kalter Nahwärmenetze (zentrale Versorgung vieler Wärmepumpen mit Latentwärme)

* Top-Runner Prinzip bei Wärmepumpen und Wärmepumpen-Systemen sowie bei Solarthermie (Jahresertrag)

* Möglichkeit für Kommunen, produktiv ungenutzte Flächen und Dachflächen zu besteuern. (Beispiel: Nach entgangener CO2-Einsparung wegen fehlender PV mit 2 ct./ nicht erzeugte kWh). Die Einnahmen kämen der Kommune für ihre elektrische, wärmetechnische und Kommunikations-Infrastruktur zu Gute.

* Programm zum Ausbau und Vermaschung der Verteilnetze (0,4 KV, komplette Erdverlegung im gesamten Bundesgebiet, jeder Hausanschluss mindestens 50 KW Leistung, bei MFH 25 KW pro Wohneinheit, Leerrohre oder direkte Verlegung für schnelles Internet, Anschluss für kaltes Nahwärmenetz)

* last but not least: Bottom-Up Konzept zur Erfassung und dynamischen Hochrechnung tatsächlich anliegender Lastabrufe für Strom und Wärme. Vom Einfamilienhaus bis zur Großfabrik.

Diskussion der Thesen

Nach dieser Vorrede zur Darstellung bisher ungenutzter Möglichkeiten kommen ich zu Herrn Habecks Thesen und auf welchen Abschnitt des Gutachtens sie sich womöglich beziehen könnten. Leider hat der Minister dies so in seiner Stellungnahme zu benennen versäumt.

Zu These 1: Energiespeicher sind mittelfristig nötig

Dazu heißt es bei Habeck: „Beim heutigen Übertragungsnetz sind in Schleswig-Holstein bis 2020 nur maximal 1.600 Stunden mit negativer Residuallast zu erwarten“ und weiter: „Die Intensität dieser Maßnahmen schwankt zeitlich stark und ist lokal unterschiedlich. Daher ist eine angemessene Dimensionierung von Speicherkapazitäten zur vollständigen Aufnahme von abgeregeltem Strom (Überschussstrom) per se nicht darstellbar.“ Sagt Habeck.

Warum? Sagt er nicht. Eine unbelegte Behauptung, denn elektrochemische Speicher werden von Fachleuten (nicht von Politikern und soganannten Experten) sehr genau und sehr gut passend dafür ausgelegt, solchen Strom aufzunehmen. Die Angemessenheit der Dimensionierung entscheidet sich allerdings an der Systemumgebung und den verknüpften Anwendungen und nicht an irgendeinem Wert, dessen Herkunft nicht nachvollziehbar ist. Ehrlich wäre es, es einfach zuzugeben, wenn man schlicht nicht weiß, wie man einen Speicher (egal welchen) am besten auslegt.

„Ein Einsatz […] an einzelnen Netzknotenpunkten ist laut der Studie eine individuelle betriebswirtschaftliche Entscheidung und der Betrieb lediglich bis zum erfolgten Netzausbau sinnvoll.“

Warum? Auch hierfür gibt es keine Begründung, sondern nur eine Behauptung. In der Studie selbst findet sich diese Aussage so allerdings nicht.

Im Gutachten selbst erfolgt der erste Hinweis auf die Notwendigkeit von Speichern in Kapitel 3. Dort nimmt das Gutachten Bezug auf „notwendige“ Speicher auf Übertragungsnetzebene. Also weder auf der Verteilnetzebene noch auf der Mittelspannungsebene, die von ihrer Sterncharakteristik her zum Verteilnetz gehören. Es erstaunt von daher nicht, dass das signifikante Wörtchen „notwendig“ bereits im Gutachten in Anführungszeichen steht.

Welchen Sinn könnte denn ein Speicher in einem Übertragungsnetz der 110 KV- oder gar der 220/380 KV-Ebene auch machen? Wenn diese qua Definition zur Übertragung großer Strommengen über weite Strecken – von der Politik „Stromautobahnen“ genannt – notwendig sind und Überlandleitungen genannt werden? Um im Bild zu bleiben: Dies entspräche der Errichtung zahlloser Großparkhäuser an allen Autobahnzufahrten, sowie Tankstellen und Rastanlagen, in der Hoffnung, dass dort Reisende ihre Autos parken, die eigentlich auf einer Fernreise sind.

Zu These 2: Energiespeicher sind keine Alternative zum Netzausbau

„Mit dem geplanten Netzausbau […] wird es darüber hinaus in Schleswig-Holstein keine […] Überschusssituationen mehr geben. Speicher sind demnach keine Alternative zum Netzausbau“

Interessante Begründung: Speicher sind keine Alternative zum Netzausbau, weil das Netz ausgebaut wird. Da muss ich nachfragen: Vermittelt denninzwischen ein GRÜNER einem Veganer, dass er Fleisch essen muss, weil die Tiere ja ohnehin geschlachtet werden? Alternativ: Es darf nur noch mit dem Auto statt mit der Bahn gefahren werden, weil Erdöl gefördert und Benzin daraus raffiniert wird.

Ferner bezieht sich die Studie unter 3. explizit auf das Übertragungsnetz und die dort anfallenden Residuallasten:

„Ausgangspunkt für die Analyse des Speicherbedarfs auf Übertragungsnetzebene bildet eine Auswertung der Residuallast für Schleswig-Holstein für das Szenariojahr 2025.“ Und weiter: „In einem weiteren Schritt werden die Austauschkapazitäten […] für das aktuell existierende sowie unter Berücksichtigung der in Netzausbauplänen ausgewiesenen Projekte auch für das in 2025 erwartete Übertragungsnetz ermittelt.“

Die rechnerische Abschätzung des Speicherbedarfs geht also von der Situation aus, dass der Netzausbau auf Übertragungsebene ohnehin erfolgt und Habeck begründet damit die fehlende Notwendigkeit des Speicherbaus als Alternative zum Netzausbau.

Er behauptet also nichts anders als dass sich Speicher nicht lohnen, wenn das Netz ausgebaut wird und sie deshalb keine Alternative zum Netzausbau sind. Oder, um ein grünes Klischee zu bedienen: Sich ein Bahnticket zu kaufen und dann doch mit dem Auto zu fahren, ist keine Alternative, wenn man sowieso mit dem Auto fährt. Also ist es besser, gar nicht erst über das Bahnfahren nachzudenken.

In die gleiche Richtung geht der Hinweis im Gutachten, dass die Austauschkapazitäten von Schleswig-Holstein nach außen ermittelt werden und somit ohnehin von Stromexport ausgegangen wird. Damit steht bereits rein rechnerisch schon weniger Strom zur Speicherung zur Verfügung, was das Marktpotential und damit die Rentabilität von Speichern extrem stark beeinflusst. Kalkuliert man einen Akku mit einer Be- und Entladequote von 20 mal der Kapazität statt 200 mal der Kapazität des Akkus, ist der individuelle Preis für den Be- und Entladevorgang pro kWh nun mal um das 10fache höher.

Weiterhin haben entweder der Minister oder seine Mitarbeiter nicht verstanden, dass der Ansatz, die Bedarfsermittlung ausschließlich über negative Residuallasten zu führen, sämtliche weiteren Motive für den Bau von Speichern ausklammert. Das damit verbundene erhebliche Potential für vielfältige Synergien fällt komplett unter den Tisch. Es ist z.B. fraglich, ob die damit notwendigerweise verbundene Schrumpfung der positiven Residuallast Teil der Betrachtung war.

Diese unberücksichtigten Zusammenhänge werden in der Studie noch einmal eigens herausgestellt:

„In Abhängigkeit der angenommenen Kuppelleistungen zwischen Schleswig-Holstein, den angrenzenden Bundesländern sowie dem Ausland werden negative Leistungswerte im Residuallastprofil, […] die eine Überdeckung der Nachfrage in der Region kennzeichnen, als möglicher Stromtransport oder Stromüberschüsse eingeordnet. Dabei werden die nutzbaren Austauschkapazitäten für Schleswig-Holstein im aktuellen Übertragungsnetz und unter Einbeziehung der im Netzentwicklungsplan Strom vorgesehenen Netzausbauprojekte berücksichtigt.“

Nur hat das im Haus Habeck niemand bemerkt, oder keiner die Studie wirklich gelesen und verstanden.

Besonders denkwürdig ist die Angabe in der Studie auf Seite 31, neben der die These „Speicher sind keine Alternative zum
Netzausbau“ noch mal herausgestellt wird. Dort heißt es:

„Auch wenn eine belastbare Quantifizierung des Kosten-Nutzenverhältnisses von Netzausbau und Speicher an dieser Stelle nicht leistbar ist, belegen die abgeleiteten Kennzahlen bereits eindrücklich, dass Speicher keine Alternative zum Netzausbau darstellen.“

Eine fragwürdige, oberflächliche Ableitung und das Eingeständnis, dass eine belastbare Quantifizierung nicht geliefert werden kann.

Und weiter: „Umgekehrt argumentiert: Ist eine Reduktion der EinsMan-Verluste politisch gewollt, ist der Ausbau der Netzinfrastruktur einer Investition in Speicher grundsätzlich vorzuziehen.“ Mit anderen Worten: Das, was Speicher technisch für die Generatoren leisten können, soll durch Netzausbau erledigt werden, um auf diesem Weg den Nachweis zu erbringen, dass Netze Speichern vorgezogen werden sollten.

Der Netzausbau kann aber eines nicht, was Speicher können: Zeitversetzt und bedarfsgerecht Strom liefern

zu These 5: ein rascher Netzausbau ist günstiger

Habeck: “Netzausbau ist kostengünstiger als entsprechende Speicherlösungen.“ Wo in der Studie hat er das gelesen?

In der Studie steht dazu indessen etwas Bemerkenswertes:

„Die wesentliche Beschränkung sind die – auch perspektivisch – vergleichsweise hohen Gestehungskosten für Strom aus Speichern. Diese haben zur Folge, dass die Alternativen (Netzausbau ebenso wie Einspeisemanagement) aus volkswirtschaftlicher Sicht sinnvoller sind.

Als ob speziell der Netzbetrieb und auch der Netzausbau mit seinen garantieren Renditen jemals nach volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgt wäre oder je erfolgen würde. Gleichzeitig werden die Stromgestehungkosten entgegen den fixierten Regeln der DIN EN SIO 50001 zur wirtschaftlichen Beurteilung von Energieanlagen und Effizienzmaßnahmen künstlich nach oben gerechnet.

Zu These 4: Speicher sind (pauschal) noch von Wirtschaftlichkeit entfernt

Dazu die Studie:

„Das Einspeisemanagement bezeichnet dabei die durch den Netzbetreiber gesteuerte Einspeisereduzierung von dezentralen Erzeugungsanlagen aufgrund von Netzengpässen. (Einleitung, ca. Seite 12)“

verstärkt durch

„Als Zielsetzung der befragten Speicherprojekte wurde häufig die Verwertung von im Stromnetz nicht aufnehmbaren EE-Strom („abgeregelte“ EE-Einspeisemengen) genannt.“

Zu beachten ist das Wort „häufig“, womit klar ist, dass es auch andere Gründe für das Speichern von Strom gibt, als die Verwertung von absolutem Überschuss.

Das bedeutet: Für die Betrachtung der Wirtschaftlichkeit wird lediglich der Strom betrachtet, auf den aktuell durch bewusste Reduzierung der Produktion aus Wind und Sonne zur Wahrung der Netzstabilität verzichtet wird. Strom, der innerhalb durchdachter Systeme absichtlich dezentral gespeichert wird, um später vor Ort wiederverwendet zu werden, geht in die Betrachtung nicht ein.

Eigens auf die Speicherung von Strom zu späteren Verwendung abgestimmte Konzepte finden ebenfalls keine Berücksichtigung. Die real bestehende Tatsache, dass gerade in Schleswig-Holstein im Ort Braderup ein völlig von Subventionen frei gehaltenes System zur Teilversorgung eines ganzen Dorfes – eben weil es wirtschaftlich betrieben werden kann – entstanden ist, hat Habeck offenbar nicht bemerkt. Wozu brauchen wir solche Politker und Experten, vor allem bei denGRÜNEN? Haben wir davon denn nicht mehr als reichlich bei den anderen Parteien?

Dazu die Studie:

„Da sich der Stand der jeweiligen Speicherprojekte hochdynamisch verändert, sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, dass es sich bei den Ergebnissen der Befragung um eine Momentaufnahme aus dem Januar bzw. Februar 2014 handelt.“ (2.1.1 Vorgehensweise)

Braderup war zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertiggestellt, sehr wohl aber zum Zeitpunkt der Stellungnahme Habecks. Die Autoren weisen explizit darauf hin, dass es sich um Momentaufnahmen in einem hoch dynamischen Umfeld handelt. Eine Handvoll Momentaufnahmen genügt aber nicht zur Festlegung eines Bewirtschaftungsmodells. Aus der Industriegeschichte ist hinreichend bekannt, dass so genannte Skalareffekte bei der Intensivierung der Produktion neuer Technologien die Kosten rasch sinken lassen.

Es zeugt von einer gewissen Fahrlässigkeit, angesichts der realen Zeitaufwände bei der Planung und Umsetzung von Neu- und Ausbaumaßnahmen im Stromnetz diesen Effekt nicht im Vergleich heranzuziehen und lieber so zu tun, als wären die Kosten für Stromspeicher bis zur Umsetzung des letzten Meters Stromtrassen in Schleswig-Holstein festgelegt. Die Realität wird Robert Habeck nicht nur bei Zeiten überholen, sie hatte ihn in Braderup bereits vor Verkündung seines Evangeliums eingeholt.

In der Studie selbst nimmt folgender Satz Wunder:

„Das Speicherprojekt Pumpspeicherwerk Lägerdorf“ ist das einzige kommerzielle Speicherprojekt unter den befragten Projekten. Es ist zugleich das einzige Projekt, das nach abgeschlossener Machbar- keitsstudie aufgrund von im derzeitigen ordnungspolitischen Rahmen nicht darstellbarer Wirtschaftlichkeit nicht in eine Umsetzungsphase überging, sondern vorzeitig eingestellt wurde.“

Wie nun? Es ist nicht wirtschaftlich, aber kommerziell, wohingegen sich Braderup selbst trägt – also wirtschaftlich ist – aber nicht kommerziell sein soll? Da wäre eine Aufklärung hilfreich, wie diese Begriffe denn gemeint sind. Immerhin sind die Eigentümer in Braderup via Genossenschaft Investoren und legen dort Geld mit Renditeerwartung an. Und die Angestellten des Betreibers werden regulär bezahlt. Es handelt sich daher durchaus um einen ordentlichen Geschäftsbetrieb, wenn auch die Renditeerwartungen der Geldgeber sehr sozialverträglich und verantwortungsvoll sind.

Erst auf Seite 22 findet sich eine Art Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Die allerdings geht von mittlerweile antiquierten Annahmen aus: 10 Jahre Laufzeit, Abschreibungsgrößen und ein klassischer Darlehenszinssatz, der noch dazu weit über dem des Kapitalmarkts liegt. In der Industrie und vor allem der Energiewirtschaft gelten mit der Effizienznorm DIN EN ISO 50001 allerdings längst andere Standards und Normen. Zumindest wennman sich qualitativ als energieeffizientes Unternehmen zertifizieren will. Pauschale, willkürliche  Abschreibungen wie gewohnt und willkürlich gewählte Darlehenszinssätze werden dort aus guten Gründen aussortiert und für die Berechnungsdauer zählt der Ansatz TLCC (Total Life Cycle Costs), was z. B. für eine Redox-Flow-Batterie bei normalen Alterungsprozessen ca. 60 Jahre bedeutet, bei Kapazitätsverlust durch Nutzung 20.000 Zyklen.

Die Unternehmen, die sich daran orientieren, werden wettbewerbsfähig bleiben. Die anderen werden zwar ihre Wettbewerbsfähigkeit für den Augenblick stärken und ihre Umsätze evtl.steigern, bereits mittelfristig aber nicht mehr die Ertragskraft haben, umzurüsten.

Vgl. www.leen.de (Lernenden Energie Effizienz Netzwerke), Downloads zur Berechnung der Wirtschaftlichkeit von Investitionen.

Auf Grund der technischen Gegebenheiten kommen für große Strommengen ohnehin nur Redox-Flow-Batterien oder NaS in Frage. Lithium-Ionen-Speicher eignen sich mehr für häufigeres Be- und Entladen und hohe Momentanleistungen. Es ist insoweit schon viel zu sehr pauschalisierend, diese verschiedenen Technologien kurzerhand gleich zu behandeln. Ein Li-Ion Batterie wird je nach Anwendung und elementarer Technik zwischen 5 und 20 Jahren laufen, eine Redox-Flow mindestens 20 Jahre und eine NaS 20 bis 25 Jahre.

Unter der Überschrift „Kombination verschiedener Bewirtschaftungskonzepte“ werden zwar unbelegte Fakten behauptet, aber es wird nicht nachvollziehbar argumentiert.

Korrekt wäre es viel eher, die gesamte erzeugte Energiemenge der produzierenden und angebundenen Anlagen auf den Lebenszyklus des Batteriesystems umzulegen und pro verfügbarer kWh während dieser Zeit einzupreisen. Über Simulationen für Erzeugung und Abfrage lassen sich sehr wohl die notwendige Kapazität des Speichers und über Lastsimulationen für Be- und Entladen die notwendigen Leistungen der Elektronik ermitteln. Sogar Leistungsspitzen generativer Erzeuger lassen sich über Hochleistungskonsendatoren geregelt in die Speicher abgeben.

Zum Abschluss findet sich in der Studie unter Punkt 6 dieser einleitende Satz:

„Energiespeicher wurden im Rahmen dieser Untersuchung aus einem spezifischen, eingegrenzten Blickwinkel heraus bewertet. Bei der Diskussion der Handlungsempfehlungen ist deshalb Sorgfalt geboten, ungeachtet der durchgängig begrenzten Potentiale, die für den betrachteten Anwendungsfall ermittelt wurden. Die folgenden Handlungsempfehlungen sind ebenso wenig wie die Schlussfolgerungen allgemeingültig für Speicher oder deren vielfältige Einsatzgebiete. “

Bemerkenswert, wie – angesichts solch einer Relativierung am Ende seiner Predigt – ein Minister sich zu derartigen Thesen versteigen kann.

Weiter weist die Studie ausdrücklich auf den einseitigen Ansatz hin, den die Auftraggeber möglicherweise ganz bewusst vorgegeben haben. Es wäre nicht die erste Studie, die ein Wunschergebnis untermauern soll:

„Vor dem Hintergrund der abgeleiteten Erkenntnisse scheint es angemessen, insbesondere systemischen Aspekten des Speichereinsatzes erhöhte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen“.

Einmal mehr – und ausgerechnet bei einem GRÜNEN Minister – gewinnt man den Eindruck, dass Steuergelder für Studien zielorientiert im Sinne manifester Interessen verwendet werden.

Von der Hand zu weisen ist eines natürlich nicht:

„Die Handlungsempfehlungen reflektieren darüber hinaus die spezifische Situation in Schleswig-Holstein, die dadurch gekennzeichnet ist, dass in absehbarer Zukunft im Bundesland ungefähr das Dreifache der konsumierten Elektrizität erzeugt wird.“

Damit wird SH notwendigerweise entweder zum Stromexportland für Strom aus generativer Erzeugung oder zum Produktionsstandort für synthetische Energieträger in Form von Gas, Flüssigkeit oder auch lagerfähigen, veredelten Rohstoffen wie Rohaluminium. Stahl, etc. Was aber nicht automatisch bedeutet, dass der Strom zwangsläufig über gigantomanische Stromtrassen abtransportiert werden muss um an anderen Standorten sinnvolle generative Erzeugung zu substituieren. Und selbst wenn: Statt Baden-Württemberg oder Bayern wären NRW, Schweden, Polen, das Baltikum oder selbst Finnland als Verbrauchsorte sowie Schweden und Norwegen als Speicherort sinnvoller.

Besonders Bayern ist spielend in der Lage, sich selbst mit PV-Strom zu versorgen. Vorausgesetzt die bayerische Regierung greift endlich ein entsprechendes Konzept auf und setzt eine klare, weitgehende und massive Dezentralisierung der Stromversorgung um. Auf Berlin zu warten, heißt nur, den Anschluss zu verpassen.

Die Planung von Stromtrassen zur Verschiebung von Leistung orientiert sich derzeit an aktuellen und hypothetischen Verbrauchszahlen von Strom,basierend auf Handelsprognosen in den jeweils ins Auge gefassten Gebieten. Damit werden stillschweigend zwei essentielle Bedingungen vorausgesetzt:

– Der Strombedarf ändert sich im Lieferzielgebiet nicht, zumindest geht er dort nicht zurück.

– Es werden im Lieferzielgebiet keine oder kaum nennenswerte neuen Kapazitäten generativer Erzeugung aufgebaut.

Auf dieser Basis lassen sich einleuchtender Weise keine verlässlichen Szenarien für den Speicherausbau erarbeiten.

Systemischer Ansatz vs. Überschussspeicherung

Fazit zu den Thesen:

Insgesamt empfiehlt es sich, den Abschnitt 6 der Studie vor der Bewertung zu Lesen und den Inhalt an den dort thematisierten Maßstäben zu messen. Die Studie selbst streitet nicht für einen Vorrang von Stromtrassen vor Speichern. Im Gegenteil, sie zeigt klar auf, dass sich der Bau elektrochemischer Speicher unter der Voraussetzung, dass die Netzausbauten tatsächlich erfolgen und deshalb nur Überschussstrom aus generativer Erzeugung gespeichert wird, nicht lohnt. Das heißt aber keiensfalls, dass Speicher keine Alternative für den Netzausbau sind, sondern nur, dass sich beides gleichzeitig nicht rentiert. Eben weil beide Systeme redundanten Nutzen aufweisen.

Die richtige Frage wäre: Welches System ist wertvoller,nachhaltiger und wird politisch von allen mitgetragen?

Die Interpretation von Minister Habeck greift daher zu kurz.

Das Fazit lautet allerdings: Der Minister ist seinem Amt nicht gewachsen.

Ein fairer Vergleich wäre eine Vollkostenrechnung für beide Konzepte unter den Parametern der DIN EN ISO 50001:

– TLCC: Ansatz der technisch realen Lebenszykluskosten von Batteriespeichern und Stromtrassen
– Kapital- und Barwertanalyse über internen Zinssatz
– Sensivititätsanalyse unter Berücksichtigung der Kostensteigerungsraten für Netzentgelte, Konzessionsabgaben, Wartung von Leitungen, sowie vor allem für den Fall nicht erfolgender Abnahme von Strom in den Lieferzielgebieten
– Berücksichtigung aller Subventionen und Renditegarantien mit dem Barwert

Weiter weist die Studie auf einen besonders wichtigen Umstand hin:

„Die Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Sozialisierung von Mehrkosten von Speichern auf absehbare Zeit Voraussetzung für deren großtechnische Implementierung in Verteilnetzen ist.“

Im Auge haben die Autoren dabei möglicherweise eine Anschubinvestition oder Förderung aus Steuermitteln. Die sinnvolle und angemessene Alternative wäre eine Umlegung auf alle im Einzugsgebiet verbrauchten kWh. Denn schließlich werden auch die Stromtrassen durch genehmigte Netzentgelte und Renditegarantien refinanziert. Dabei handelt es sich um eine Sozialisierung über einen gesetzlich geschützten und geregelten Marktmechanismus und nicht etwa um Marktwirtschaft. Nur dass die größten Verbraucher dabei mit eher weniger bis gar keiner öffentlichen Aufmerksamkeit von der fairen Beteiligung ausgenommen werden. Deshalb ist es zwingend, auch gleiches mit gleichem zu vergleichen.

Brisant wird es allerdings in den folgenden Zeilen:

„Zugleich wurde dargelegt, dass – nicht nur in diesem Anwend- ungsfall – die Netzwirtschaft die Federführung bei der Betriebs-führung von Speichern in Verteilnetzen übernehmen muss. Andern- falls stellen sich die gewünschten Nutzeffekte nicht zwingend ein. Vor diesem Hintergrund ist eine aktive Beteiligung der Netzwirt-schaft bei der Entwicklung von Speichertechnologien und -anwendungen wesentliche Voraussetzung für ein zielgerichtetes Vorgehen und den effektiven Einsatz von Forschungs- und Fördermitteln. Das Engagement von Verteilnetzbetreibern sollte frühzeitig gesichert werden. Da die Thematik der Versorgungs- sicherheit – weniger als das Einspeisemanagement – von über- regionaler Bedeutung ist, sollten dabei auch nationale oder europäische Kooperationsmöglichkeiten sorgfältig ausgelotet und vorangetrieben werden.“

Oohps! Da sehen wir das politische Thema, um das es wirklich geht, in aller Deutlichkeit. Den Erhalt der Hegemonie des Stromoligopols, besser gesagt des informellen Energiekartells der „Großen Vier“ vs. Bürgerbeteiligung. Denn nichts, aber auch gar nichts spricht gegen eine genossenschaftliche Organsiation des Speicherthemas in der Fläche und in großen Maßstab.

Hier gerät Habecks Studie zum Banner und Heroldsstab für eine gewünschte Verzögerung großflächigen Speicherausbaus zumindest so lange, bis die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen und Kapitalisierungsvoraussetzungen geschaffen sind, die es den „Big Four“ ermöglichen, ihren Status zu erhalten. An der Stelle gibt die Studie unterschwellig zu, dass sich „Speicher statt Stromautobahn“ längst rechnet. Nur: Für Netze gibt es verlässliche Finanzierungsmechanismen samt Renditegarantie. Für Speicher noch nicht.

Und prompt gibt die Studie meinen Ausführungen recht:

„Eine Bewirtschaftung von Speichern unter Beteiligung von Netzbetreibern stößt im Rahmen des aktuellen Energiewirtschaftsrechts allerdings auf beträchtliche regulative Hemmnisse. Die Landesregierung kann, vorzugsweise in Abstimmung mit den regionalen Akteuren, aktiv dazu beitragen, den Diskurs um eine Weiterentwicklung der Regulierung auf Bundesebene konstruktiv voranzutreiben.“

Ein weiteres Argument ist äußerst interessant:

„Eine nachhaltige Bewirtschaftung von Speichern in diesem Anwendungsfall würde damit zwingend die Sozialisierung der mit ihnen verbundenen Kosten erfordern. Das ist nur im regulierten
Bereich (Netzwirtschaft) realistisch vorstellbar. Da auch die Betriebsführung potentieller Speicher durch die Netzbetreiber koordiniert werden müsste, ist diese Einschränkung auch aus
technischer Sicht plausibel.“

Hier wird glatt unterschlagen, dass gerade in der Stromwirtschaft derart viele Kosten sozialisiert wurden und werden, wie in keiner anderen Versorgungsindustrie:

* Alle Kosten neu errichteter Kraftwerke bis 1996, besonders Kernkraftwerke, Kohlekraftwerke und Wasserkraftwerke
* Die gesamte Netzinfrastruktur wird über verordnete Netzentgelte auf das Gros der Endverbraucher – und damit auf weniger als 40% des Stromverbrauchs – umgelegt und durch die Renditegarantie für die Netzbetreiber sozialisiert
* Neue Kraftwerke für Gas und Kohle erhalten nach wie vor Baukostenzuschüsse und Stromabnahmegarantien
* Der Kohleabbau in der BRD wird nach wie vor mit jährlichen Milliardenbeträgen gestützt.
* Kraftwerksbetreiber und energieintensive Industrie werden durch Befreiung von Energiesteuern, EEG-Umlagen, Netzentgelten und andere Vergünstigungen, die auf die Schultern aller übrigen umgelegt werden, unterstützt.

Mit insgesamt ca. 28 Mrd. Euro jährlich wird die konventionelle Stromindustrie stärker aus Steuermitteln unterstützt als irgendeine andere Branche.

Warum also wird hier so getan, als wäre das ein kritikwürdiges Argument? Gerade der Netzausbau stützt sich auf „sozialisierte“ Kosten, ohne deren Erwirtschaftung und Übernahme durch die Mehrheit der Menschen der Netzbetrieb in der derzeitigen Form gar nicht möglich wäre.

Die Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Speichern wird an der Stelle zur Farce. Denn das Netzentgelt bezogen auf kWh oder MWh wird auf alle umgelegt und betrifft de facto den größten Teil der gesamten produzierten Energiemenge, während die Speicher lediglich an der Aufnahme überschüssigen Strom aus der generativen Erzeugung durch Wind und PV gemessen werden.

Der Vergleich wäre korrekt, wenn die Kosten des Netzausbaus für den Abtransport des Stroms umgelegt würden, auf dessen Erzeugung ansonsten durch Abregelung der EE-Anlage verzichtet würde. Das ist aber nicht der Fall. Es wird davon aus gegangen, die EE-Produktion auf das dreifache des Bedarfs in SH zu erhöhen.

Logisch, dass der Strom abtransportiert werden muss. Dieses Konzept widerspricht auf krasseste Weise dem Ziel einer konsequenten Dezentralisierung der Stromerzeugung. Der Irrsinn beginnt eben an dieser Stelle. Es müssen Abnehmer vorhanden sein.  Zur Not generiert man die eben in anderen Ländern, denen man zumindest innerhalb der BRD durch gezielte politische Maßnahmen den Aufbau eigener dezentraler Kapazitäten unmöglich macht. Dieses Regime auf ganz Europa auszuweiten, ist der wahre Sinn der Übung „Ausbau der Übertragungsnetze“.

Korrekter Weise gehören die Speicherkosten allein deshalb ebenso auf alle produzierten kWh umgelegt, wie die Netzentgelte, um eine gleichwertige Vergleichsmöglichkeit zu schaffen. Die Studie bestätigt genau das wörtlich:

„Speicher eröffnen potentiell neuartige Möglichkeiten der Netzbetriebsführung in Fehler- und Ausnahmesituationen. Ereignisse, die solche Maßnahmen erfordern, treten äußerst
selten auf, können aber mit extremen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden sein. Eine angemessene marktbasierte Allokation solcher Kosten stößt auf fundamentale Probleme. Deshalb ist eine regulierte Kostenzuweisung auf alle Netznutzer plausibel und mit dem energiewirtschaftlichen Rahmen grundsätzlich vereinbar.“

Machen wir mal das Gedankenexperiment, dass die Bereitstellung von Speichern in gleicher Höhe vergütet wird, in der der Median der aktuell verlangten Netzentgelte plus der zu erwartenden Steigerung durch die Stromautobahnen liegt. Das Ergebnis wären ca. garantierte 7 ct/kWh, umgelegt auf alle verbrauchten Strommengen, ausgenommen die der von Netzentgelten komplett befreiten Unternehmen. Dieser Posten betrifft ca. 1 % der Strommenge, ist also kalkulatorisch vernachlässigbar. In Euro geht es allerdings um 300 Millionen.

An Stelle steigender Netzentgelte für neue Trassen träten die gleichen Kosten für Speicher. Rechnet man nun einen Speicher mit dem Ansatz der Einbeziehung aller erzeugten und gelieferten Strommengen in einem Verbrauchsgebiet, dann dividiert sich der Erstellungspreis für den Speicher schlicht durch alle erzeugten kWh, aufaddiert über den Lebenszyklus des Speichers.

Nehmen wir also an, wir hätten einen Redox-Flow-Speicher mit 1.600 kWh Kapazität bei 200 KW mittlerer Be- und Entladeleistung, der an einer PV-Anlage mit 2.000 KWp hängt. Diese PV-Anlage lassen wir pro KWp 850 kWh im Jahr produzieren, also 1.700.000 kWh pro Jahr oder über eine minimal geschätzte Lebensdauer von Speicher und PV-Anlage von 20 Jahren 34.000.000 kWh, so stehen bei einem Invest von ca. 1.500.000 Euro = 4,4 Cent / kWh gegenüber. Dabei gehen wir davon aus, dass der Speicher im Jahresverlauf nur 10 volle Be- und Entladezyklen durchläuft. Technisch muss dabei über eine zusätzliche Be- und Entlademöglichkeit via einer Li-Ion-Batterie mit 2.000 KW bei 2.000 kWh (alternativ ein System von 100 Ladesäulen mit 22 KW und integriertem 10 kWh Speicher bzw. 100 angeschlossenen Elektroautos) bzw. über eine Leistungselektronik dafür gesorgt werden, dass die Spitzenleistung der PV der Redox-Flow-Batterie angepasst wird. Ein solches System ist für ca. 200.000 Euro realisierbar, was die Kosten auf 1.700.000 Euro bzw. 5 Cent / kWh steigen ließe.

Damit liegen wir bei einem Batteriesystem durchaus im Rahmen der Netzentgelte, wenngleich hier noch keine internen Verzinsungen eingerechnet sind. Für eine Siedlung, einen Betrieb mit entsprechendem Strombedarf, der keine Vergünstigungen genießt oder ein GHD-Dienstleistungszentrum würde sich dieses System aber bereits gegenüber Netzstrom rechnen: Die Stromgestehungskosten einer großen PV liegen bei 1.000 €/KWp bei ca. 6 ct/kWh, plus 5 ct/kWh Speicherkosten bei 11 ct/kWh, angemessen verzinst ca. 15 ct/kWh. Da im bilanziellen „Inselbetrieb“ auf EEG-Vergütung verzichtet wird, ist es nur angemessen, auch die Sonnensteuer des Ministers Gabriel nicht zu entrichten. Dieses Beispiel zeigt, dass die Horrorvision der „Big Four“, komplett flüssiger als das Ei einer Klapperschlage zu werden, bereits greifbare Realität ist.

Mittels Speichern ist die Abkoppelung von Siedlungen, Dörfern, mittleren Städten, GHD- und Fachmarktzentren, Gewerbegebieten oder Einzelbetrieben außerhalb der produzierenden Industrie bereits heute technisch möglich, und rentabel. Gleichzeitig bieten die Speicher Versorgungssicherheit. Die „Big Four“ und die Netzbetreiber bräuchten dann derartige Inselsysteme als Partner, um sich dort anschließen zu dürfen und nicht mehr umgekehrt.

Stromautobahnen werden damit aber nicht mehr gebraucht. Der Netzausbau spielt sich dann nur noch auf den beiden Verteilnetzebenen ab. Als Erdkabellösung, komplett unterirdisch.

Unf genau deshalb werden solche Gutachten mit selektiven Untersuchungsbedingungen beauftragt. Das Ergebnis soll stimmen.

Schlussbemerkung:

Seit Erreichen historisch als „Zivilisation“ beschriebener Entwicklungszustände menschlicher Gesellschaften errichten, nutzen und bewirtschaften Menschen Speicher. Gespeichert werden Wasser, Öl, Früchte, Getränke, Ernten, Energieträger, Konsumartikel, Investitionsgüter etc.

Die Produktion der allermeisten Güter erfolgt unabhängig von der konkreten Nachfrage. Einen Bären oder Hirsch zu erlegen, um ein paar Stücke von ihm zu essen und den Rest liegen zu lassen, wäre noch nicht mal den Frühmenschen eingefallen.

Nicht von ungefähr werden Supermärkte und Großmärkte auch als „Magazine“ bezeichnet, im französischen „magasin“, im englischen „store“, was eben exakt „Lager“ bedeutet. Denn unsere heutigen Discounter sind nicht anderes als Speicher. Dort werden Waren von Herstellern eingelagert und erst nach Abholung und Bezahlung durch den Kunden abgerechnet.

Der Clou und Schlüssel zum Erfolg dabei, der so gut wie keinem der Kunden bewusst ist: Genau so werden die umgeschlagenen Waren auch abgerechnet. Der Supermarkt kauft nicht etwa die Ware beim Hersteller, nein, er verhandelt mit diesem einen Abverkaufspreis und kassiert beim Hersteller eine Reihe von Servicegebühren: Listung, Ausstellungsfläche, Regalbefüllung, Abrechnungskommissionen etc. und führt quasi als Service die von den Verbrauchern bezahlte Mehrwertsteuer an den Staat ab. Sogar die komplette Dokumentation des Warenein- und Ausgangs samt einer Bilanzierung der Stückzahlen durch Inventur leisten diese Märkte.

Die Speicherung aller Arten von Waren, Produkten, sogar von Geld und Dienstleistungen ist eines der effektivsten Erfolgsmodelle der zivilisatorischen Wirtschaftentwicklung. Sogar Energieträger wie Benzin, Erdöl, Erdgas, Holz und Kohle werden auf Vorrat ausgebeutet und vor der Nutzung gelagert. Die technische Entwicklung erlaubt uns, das auch mit Strom zu tun.

Fazit: Ohne „Speicher“ keine Zivilisation.

Statt dessen versucht man uns einzureden, dass Strom besser „Just in Time“ irgendwo zentral produziert und bei Bedarf unter Inkaufnahme von Verlusten bis 30% und mehr irgendwo hin geliefert wird.Und das entgegen der gültigen Physik,die vorgibt, das Strom immer den Weg des geringsten Widerstand geht, in der Regel also den physikalisch kürzesten Weg nimmt.

Und dafür schrecken Politik und die aktuellen Gesprächspartner der augenblicklichen politischen Funktionsträger nicht davor zurück, auf allen denkbaren Ebenen der relativ komplexen Stromtechnologie gesetzlich und über zielorientiert bestellte Gutachten die Weichen so zu stellen, dass eine sachgerechte Entscheidung über die Wahl der Mittel ausgeblendet wird. Dafür wird ganz selbstverständlich die Leistungskraft der Bevölkerung im Sinne der traditionell gut vernetzten Interessen, die letzlich jedoch nur ein informelles aber dennoch effektives Kartell bilden, in Anspruch genommen und die Lebensbedingungen dieser Bevölkerung werden im Hinblick auf Freiheit, Teilhabe,demokratische Partizipation, Mitbestimmung, Transparenz, uvm. systematisch und  weitflächig verschlechtert, strukturelle Abhängigkeiten vergrößert, private Handlungsspielräume mehr und mehr, Zug um Zug, eingeschränkt. Ob nun planvoll und systematisch oder einfach nur intuvtiv getrieben von Gier, Machthunger oder den pathologisch gewucherten Egos Einzelner, die bestenfalls als soziologische Krebsgeschwüre der Gesellschaft bezeichnet werdenkönnen.

Jedentag ein bißchen mehr Arbeitsbiene, Arbeitsameise und ein bißchen weniger Königin. Wo doch in der Demokratie angeblich alle gleichermaßen König oder Königin sein sollen.

Für jedes Elektron, das von A nach B soll (so zumindest stellt man sich landläufig  Strom vor), baut man quasi eine eigene Leitung, nur weil sich das Dank der gegenwärtigen Regelungen für die Netzbetreiber eher lohnt, als konsequente Dezentralisierung. Egal ob das Elektron nun von Berlin Friedrichshain an den Prenzlauer Berg geschickt wird oder von Lissabonn nach Helsinki.

Erst wenn das passende Geschäftsmodell durch gesetzliche Regelungen für den Fortbestand der „Big Four“ in der aktuellen Ggröße oder noch größer geschaffen und gesichert wurde, werden diese Interessenträger ihren Kurs ändern. Wenn sichergestellt ist, dass Sie das Heft des Handlungsdiktats und der Realisierung von Renditen in der Hand behalten und die Wertigkeit der Jobs Ihrer Führungsfiguren weiter gewachsen ist.

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Meinen und Glauben sind meine Sache nicht. Ich will alles selbst nachprüfen können.

Ich erstelle Expertisen, berate, erstelle Konzepte für Kommunen, Unternehmen, Privatleute und beantworte Fragen.

Auch spezifische, technische, politische.

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Ich arbeite soweit als möglich auf Basis von Fakten, logischen Deduktionen, evidenzbasierten Zusammenhängen.

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Ein Jahr mit dem NISSAN LEAF

Ein Jahr mit dem LEAF – oder wie ein Auto seinen Fahrer erzieht.

Adam and Eve would have chosen a LEAF!

Es begann mit dem Besuch der INTERSOLAR 2013 in München. Auf dem dortigen Freigelände konnte der Nissan LEAF angesehen und auch zur Probe gefahren werden. Die Fronthaube eines blauen LEAF stand offen, der Blick hinein offenbarte auf den ersten Blick einen ganz normal aussehenden Motorblock.

Das ist ein Hybrid, richtig? Wo steckt denn der Elektromotor?“

Nein, lautete die Antwort. Der hat nur einen E-Motor. 100% elektrisch.“

OK, dann wollten wir drei Messebummler auch gleich mal Probefahren. Wer hat eigentlich einen Führerschein dabei? Keiner. Blöde Geschichte, wir waren mit der Bahn gekommen und hatten unsere Führerscheine zu Hause gelassen. Der Nissan-Mitarbeiter bot uns an, uns zu fahren.

Darauf hin setzen sich die beiden stattlichsten Männer mit je über 120 Kilo Lebendgewicht auf den Rücksitz – und fanden das Platzangebot erstaunlich großzügig. In dem Wagen ist mehr Platz als im Standard-Golf, dem Maß aller Dinge in dieser Klasse.

Der Dritte saß auf dem Beifahrersitz und der über 1,90 große Nissan-Mann nahm hinter dem Lenkrad Platz. Und ab ging es, raus aus dem Messegelände, auf die Straßen der Umgebung. Der Fahrer fährt in Stufe D, dem als Normalbetrieb gedachten Modus, und hält mit dem Verkehr locker mit. Dann wird die Straße frei. Er tritt das Pedal durch und das Auto geht ab wie ein Sportwagen. Fantastische Beschleunigung bei voller Besetzung – mit durch die Bank schwereren Leuten als die 75 kg-Normpersonen der Aufzugsfabrikanten.

Das hat überzeugt. Macht Spaß. Nissans Vertreter erklärt uns das Lockangebot: Den LEAF für drei Monate für 199 Euro mieten, dann bei Nichtgefallen zurückgeben oder den Vertrag verlängern. Ich kann nicht widerstehen. Machen kann ich das aber nur bei einem Nissanhändler. Was ich am nächsten Tag sofort erledige.

Aber, Pech gehabt. Die Zahl der Fahrzeuge war limitiert. Alle sind schon weg. Es gibt alternativ ein Botschafterprogramm: 299 Euro auf drei Jahre. OK, dann machen wir das. Doch auch hier: Alle 2.000 von Nissan dafür bereit gestellten Fahrzeuge sind schon weg.

2.000 Fahrzeuge? Auf einem Markt wie Deutschland ist das ein Witz! Die hätten mal 5.000 machen sollen und damit in 2013 direkt die Marktführerschaft bei den E-Mobilen gehabt. Denn wir sind in 2013 und das Gerede der etablierten Politik über Förderung der Elektromobilität ist nach wie vor reine Rhetorik, besser gesagt Wählertäuschung. Gefördert werden deutsche Automobilkonzerne mit irrwitzig hohen Summen für Projekte und die Entwicklung von Fahrzeugen, die von anderen Herstellern bereits seit Jahren serienmäßig angeboten werden. Es geschieht nichts und heute sind wir weltweit irgendwo auf einem zweistelligen Platz bei dem Thema. Sowohl was die Zulassungszahlen angeht als auch, was das Angebot an verfügbaren Fahrzeugen angeht.

Aber es nützt nichts. Das reguläre Angebot nähert sich den 450 Euro. Nein, das mache ich nicht. Der Händler denkt nach und bietet mir seinen Vorführer an. Der kostet knapp 340 Euro im Monat auf vier Jahre. OK. Akzeptiert. Deal.

Ich nehme den Wagen, obwohl ich mich gar nicht so lange festlegen wollte. Soviel vorab: Heute will ich ihn nicht mehr hergeben.

Mitte Juli ist „Hochzeit“. Und schon geht es los: Erst mal muss ich ein passendes Ladekabel für die Typ-2 Stecker besorgen. Nicht so einfach, es kostet vier Wochen.

Inzwischen lade ich halt mit dem „Notstecker“ an der ganz normalen Schuko-Steckdose. Aber Achtung: Verlängerungskabel und Kabeltrommeln findet die Laderegelung nicht so gut. Man sollte die Kabel mindestens komplett abrollen und flächig verteilen, damit sie nicht warm werden und der Eigenwiderstand steigt. Erstens spart das Strom und zweitens schaltet sich dann auch das Ladegerät nicht ab.

Trotzdem macht das Fahren Spaß. Auch wenn man dann jede Nacht aufladen muss. Die ersten Fahrten in der Hitze des Sommers 2013 gehen über Land. Das Einschätzen der Reichweite ist ungewohnt. Wenn man losfährt, zeigt die Anzeige einen Wert, den man eigentlich nie trifft. Das Auto soll 175 km schaffen.

An einem Tag ist es kalt und regnerisch, Ich hole 20.000 Flyer DIN lang für die Bundestagswahl in einer Druckerei ab. Etwa 9 Pakete a 30 Kilo. Die Reichweite schmilzt atemberaubend schnell. Ruck Zuck ist der Akku leer. Knapp 120 km schauen heraus.

Wir fahren an einem heißen Tag mit 120 Wahlplakaten in A1 los. Aufgezogen auf Hartfaserplatten. Zwei Mann mit über 120 Kilo jeder. Nach 212 km Schleichfahrt über die Dörfer des Unterallgäus zum Plakateaufhängen, ist der Akku leer und ein paar Meter vor der Säule leuchtet die „Schildkröte“ auf.

OK. Der Wagen liebt Hitze und gemächliches Fahren. Längst nutze ich den Eco-Modus als Normalbetrieb. In „D“ zieht die Kiste ab wie Schmidts Katze und als ehemaliger Kurierfahrer habe ich rund 4 Millionen Kilometer im Blut und keine Lust bei so viel Power drei Sätze Reifen pro Jahr zu sponsern.

Die elektronische Datenverarbeitung meldet zuverlässig jeden Tag den Stromverbrauch. Persönlicher Rekord: 0,08 kWh auf 1 Kilometer (oder 8 auf 100). Das war die regelmäßige Marke im Sommer. Zum Vergleich;Ein Golf TDI braucht 5 Liter Dieselauf 100 km.. Das wären dann rund 50 auf 100.

Nun, einmal bin ich inzwischen knapp vor der nächsten Ladesäule hängen geblieben. Um 2,5 Km hat es nicht gereicht.

Dann kommt der September. Die erste Langstreckenfahrt steht an, Ich soll für die Firma nach Bozen auf eine Messe. Das wird spannend und ich google die Ladesäulen heraus. OK, ich kann in Schongau und Garmisch aufladen. Dann, in Innsbruck finden sich etliche Möglichkeiten. Irgendwie sind uns die Österreicher voraus. Mal wieder.

Mau sieht es dagegen in Italien aus. Vom Brenner bis Bozen ist nur eine Ladesäule eingetragen. Die soll sich in Brixen befinden. In Bozen allerdings, direkt vor der Messehalle, steht ein Solar-Carport mit zwei mal vier Zapfstellen.

Also, das muss ich jetzt aber wissen. Ich reise also am Tag vor der Messe früh morgens ab. Es ist Ende September, es regnet in Strömen und ist kalt. Ich lade in Schongau nach, erschrocken über den plötzlich sehr hohen Stromverbrauch, und entscheide mich, in Garmisch noch einmal nachzuladen. Der Zeitplan funktioniert bereits in Garmisch nicht mehr. Egal. Oben auf dem Gipfel vor der Fahrt den Zirler Berg herunter habe ich noch 12 Kilometer auf der Uhr. In Innsbruck entscheide ich mich für die Ladesäule in der Tiefgarage des Hilton. Die Reichweite zeigt nach den knapp 25 km seit dem Pass gut 20 km an. Das gibt mir Gelegenheit zu einem sehr guten Mittagessen und einem Nachmittag in der Lounge des Hotels.

Nach fünf Stunden beschließe ich weiter zu fahren. Es geht rauf zum Brenner, immer noch in übelstem Wetter, und ich komme oben mit fast leerem Akku an. Kurz vorher hätte ich noch in ein Nebental fahren können. Dort gibt es eine Ladesäule. Es wären aber 35 km Umweg gewesen. Zu viel Risiko und sowieso schon spät, deshalb hatte ich dazu keine Lust mehr. Ich fahre also weiter Richtung Brixen. Eventuell gibt es ein Gasthaus auf dem Weg, die mir Strom geben.

Die Bergabfahrt vom Brenner herunter hat den Akku so weit aufgeladen, dass es nach Bozen sogar klappen könnte, zumal es weiter bergab geht. Doch die Erfahrung mit den Gasthäusern am Weg zeigt: Im Fall des Falles findet sich keine Steckdose.

Also lieber in Brixen nachtanken, Doch die Ladesäulen dort lassen sich trotz intensiver Suche nicht finden. Die Sucherei kostet Zeit und – Strom. Bis Bozen weiterzufahren kann ich vergessen.

Zum Glück finde ich ein Café mit Außensteckdose. Die lassen mich laden. Drinnen gibt es Championsleague in rauchfreier Atmosphäre, Südtiroler Brotzeit und Getränke. Die Unterhaltung mit den neugierigen Leuten ist wunderbar. Der Verrückte kommt mit einem E-Auto über den Brenner. Diese Bayern. Das gefällt den Landsleuten in Südtirol.

Nach drei Stunden fahre ich nach Bozen zum Hotel weiter und treffe dort um 23:00 Uhr ein, eigentlich wollte ich um 17:00 Uhr dort sein. Der Plan hat nicht so ganz funktioniert.

Vier Tage später geht es zurück. Ich fahre wieder über den Brenner, diesmal vom Hotel in Bozen bis zum Hotel in Innsbruck. In Bozen musste ich einen ziemlichen Umweg fahren, weil die Stadt gesperrt war. Ich komme in Innsbruck mit den letzten paar Wattstunden an. Der Wagen zeigt die Ultrareserve in Form der LED-Schildkröte auf der Instrumententafel.

Wieder lade ich im Hilton auf, fahre dann nach Telfs. Dort soll es eine Säule bei McDonalds geben. Noch mal laden und dann über den Fernpass nach Füssen, lautet der Plan. Bei McDonalds in Telfs weiß keiner was. Irgendwann nach 30 Minuten bequemt sich der Store-Leiter mir sagen zu lassen, die Säule funktioniere nicht. Das nennt man also „Service“ bei McDonalds in Tefls.

Also fahre ich weiter über den Fernpass nach Füssen. Der Wagen läuft ruhig, sauber, zieht bergauf unverändert, kein Leistungsabfall. Es ist die pure Lust, mit so einem Auto durch die Berglandschaft zu fahren. In Füssen steht eine Ladesäule vor dem Restaurant Olivenbauer in der Kemptner Strasse, der eine hervorragende Pizza macht. Dort ausreichend nachgetankt und dann nach Hause. Ich bin gegen 21.00 Uhr zu Hause. Sicher, mit einem kräftigen Diesel wäre ich Non-Stop durchgefahren und hätte keine 11 Stunden gebraucht, sondern eher 6. Aber so war es kaum eine Anstrengung.

Die Verbrauchswerte gehen inzwischen nach oben. Der Winter naht. Im Herbst fahre ich mit 0,12 kWh / km durch die Gegend. Die elektronischen Anzeigen zeigen Wirkung. Ich fahre ständig mit dem Tempomaten und versuche herauszufinden, bei welcher Geschwindigkeit und Temperatur die Reichweite synchron zu den gefahrenen Kilometern abnimmt.

Es wird immer deutlicher. Der entscheidendste Faktor ist die Außentemperatur, nicht das Gewicht. An zweiter Stelle kommen die Geschwindigkeit und Fahrstil. Das Gerede und Geschreibe der „Experten“ aus der Automobilbranche und den Fachverlagen erscheint mal wieder als uninformiertes Geschwätz und hirnfreies gegenseitiges Abschreiben.

Mittlerweile kommt der BMWi3 auf den Markt. Extra leicht gebaut. Wie wir im Lauf des Winters hier im Allgäu sehen werden, kann er trotz des dank Carbonfasern gesparten Gewichts nicht mit dem LEAF mithalten.

Ende November fahre ich nach Ulm / Neu-Ulm. Es regnet mal wieder, das Wasser ist eiskalt, und nach 89 Kilometern habe ich noch 28 Kilometer auf der Reichweitenanzeige. Macht ja nichts. In Ulm gibt es Dutzende Ladesäulen und eine Chip-Karte der SWU (Stadtwerke Ulm) habe ich auch. Nach drei Stunden, die der Kundentermin dauern soll, dürfte ich wieder genug im Akku haben, um wieder nach Hause zu kommen. Ich stecke den Wagen also an und gehe zu meinem Kundentermin. Als ich zurückkomme, ist der Akku nicht geladen. Die Ladesäule des Herstellers Mennekes muss beim Aufstellen so konfiguriert werden, dass sie einphasig ladende Fahrzeuge erkennt und am Strom hält. Das wurde übersehen.

Der Tag ist versaut. Ich beschließe, zu einer anderen Ladesäule zu fahren die in der Nähe eines anderen Kunden liegt und dort anzustecken. Inzwischen versuche ich bei den Stadtwerken Ulm zu klären, ob das ein generelles Problem ist, oder ob es nur diese eine Säule betrifft. Die Strecke beträgt laut Navi 14 km. Die Reichweite des Wagens 28 km. Auf dem Weg wird das Auto zum U-Boot. Es schüttet Hektoliter Weise eisigen Regen. Es kommt, wie es kommen muss. Der Wagen bleibt ein paar hundert Meter vor der Säule mit leerem Akku liegen. Bei dem Wetter fange ich nicht an zu schieben.

Der Nissan Service holt das Auto ab und beim Nissan-Händler in Neu-Ulm steht eine RWE Ladesäule. Die funktioniert, wie sie soll und nach weiteren fünf Stunden fahre ich nach Hause. Das Dumme ist: Bei solchem Wetter dauert das Laden länger, da die Batterie zum Aufladen Wärme braucht, ebenso wie zum Entladen.

Um 14:00 Uhr wollte ich zu Hause sein. Es wurde 02:30 Uhr, da ich zwischendrin noch mal laden musste, um sicher zu gehen. Nasses, kaltes Wetter ist einfach schlecht für Elektroautos.

Fazit: Dem LEAF fehlt eine warme Jacke für die Batterie im Winter. Sollte man haben und mit dem Termin für die Winterreifen anlege bzw. im Frühjahr dann beim Reifenwechsel ablegen. Mal sehen, ob ich das im nächsten Winter mache.

In diesem Winter erwischt es mich noch einmal mit 120 Meter vor der Ladesäule und einmal mit 200 Meter. Ansonsten ist die Reichweite stark eingeschränkt – oder man fährt Nebenstrecken und extrem langsam.

Kurz vor Weihnachten wage ich dennoch den Trip nach Ludwigsburg mit Übernachtung dort und am nächsten Tag retour. Hin geht es wieder über Ulm mit Ladepause bei NISSAN Wuchenauer und nebenan liegendem McDonalds und einer weiteren Ladepause in Geislingen im dortigen Fachmarktzentrum. Dort hat man dann Zeit zum Friseurbesuch. Aber 270 km Gesamtstrecke brauchen halt doch Ladezeit. Abends um 21:00 Uhr bin ich endlich dort.

Der Rückweg wird zum Alptraum. Ich bringe einen Kollegen an den Flughafen Stuttgart. Dort tanke ich nach und entscheide, über die A8 nach Ulm weiterzufahren. Es ist 17:30 Uhr und beginnt zu schneien. Kurz nach dem Albaufstieg beginnt eine Baustelle und – es ist Freitag – ein Stau. Der Wagen kühlt aus und die Heizung frisst mehr Strom als die Fahrt bei ständigem Stop n‘ Go. Von der ursprünglichen Idee, in Ulm zwei Stunden nachzuladen, um nach Hause zu kommen verabschiede ich mich mehr und mehr. Am Ende wird es sogar für Ulm knapp. Über die nächste Ausfahrt wäre Berghülen zu erreichen. Dort gibt es eine Ladestation und ich könnte über die Landstrassen weiterfahren. Doch die Ausfahrt ist wegen der Bauarbeiten gesperrt. Der Akku leert sich und Ulm rückt nicht näher. Endlich, gegen 22:30 Uhr verlasse ich die Autobahn in Ulm. Doch die Ladesäule in der Schillerstrasse ist nicht auffindbar. Also fahre ich zu NISSAN Wuchenauer nach Neu-Ulm. Der aber hat seine beiden Renault Fluence über Nacht an der eigentlich öffentlichen RWE Säule hängen lassen, Ich kann diese nicht abstecken. Super, Klasse. Also zurück nach Ulm, eine andere Ladesäule suchen. In der Maximilianstrasse werde ich fündig. Direkt vor einem Hotel. Da es mittlerweile nach 23:00 Uhr ist und ich sowieso den fast leeren Wagen komplett auftanken muss, checke ich kurzfristig ein. Aber die Säule funktioniert nicht! Ein Anruf bei dem SWU ergibt, dass alle Säulen in der Stadt ausgefallen sind. Ein Softwarefehler. Den Säulen fehlt ein Modus zur automatischen Freigabe, wenn die Verbindung zur Zentrale wegen solcher Probleme ausgefallen ist. Die Elektroautofahrer einer ganzen Stadt sind ohne Lademöglichkeit. Man werde das Problem bis Mitternacht behoben haben. Durchgefroren und hungrig wie ich bin, suche ich mir nun erst Mal ein Restaurant und komme gegen 01:00 Uhr zurück. Die Säulen sind immer noch tot. Man weiß nicht, wann es wieder funktioniert. Ich gehe schlafen. Am nächsten Morgen um 08:00 Uhr funktionieren die Säulen. Ich warte bis 14:00 Uhr in der Lobby des Hotels und fahre dann nach Hause. Was für ein Trip. Knapp 23 Stunden für 270 km und eine Hotelrechnung, die ich nicht wollte. Es hat nur gefehlt, dass der LEAF abbrennt.

Doch das Frühjahr kommt und die Reichweiten wachsen wieder. Man muss unverhohlen zugeben: Für den bayerischen Winter ist das noch nicht rund. Es bräuchte eine Isolierdecke für die Batterie im Winter und eine andere Heizung. Der LEAF heizt wie ein normales Auto mit einer Wasserheizung. Vollkommener Blödsinn. Strom wird direkt verbraten, um Wasser zu erwärmen, das dann den Innenraum erwärmt. Für einen Energiemanger wie mich beeindruckend unüberlegt.

Aber was mich tröstet: Das Modell 1 des LEAF, das ich fahre, stammt von 2009 und wurde 2013 erstmals im Mutterland des Automobils, das wir in Deutschland ja sind, angeboten. Anfang 2014 kamen der BMWi3, der VW E-Up und der E-Golf auf dem Markt. Und sind hinsichtlich der technischen Ausstattung und der Fähigkeiten dem LEAF keinen Millimeter voraus.

Shame on you, German Automotive industry!

Den LEAF Model 2, gibt es inzwischen zumindest mit Wärmepumpe, was die Sache erheblich verbessert. Grundsätzlich empfehle ich in jedem Fall eine Sitzheizung für ein Elektroauto.

Der nächste weite Trip fand Ende Juli 2014 statt. Von Buchloe im Allgäu nach Halle an der Saale. Das Vorhandensein von einigen Schnellladestationen des Typs CHAdeMO auf der Strecke veranlasst mich, die Strecke mit dem LEAF zu fahren. Dumm gelaufen: die dritte und die vierte CHAdeMO-Säule waren nicht betriebsbereit.

So wurde der Trip zum Fiasko. Es standen nur die normalen Ladesäulen zu Verfügung. Und so dauerte die Hinfahrt 26 Stunden, die Rückfahrt 24. Und dort liegt die aktuelle eigentliche Schwäche der Elektromobilität.

Außer den Modellen von Renault und den TESLAs, haben alle nur eine einphasige Lademöglichkeit, während die meisten der rund 5.000 Ladesäulen im Land drei Phasen anbieten. Und man kann bei den Herstellern dreiphasiges Laden immer noch nicht nachrüsten lassen. Man kann es höchstens selber machen.

Schlimmer noch: Während die schnelle Gleichstromladung bei TESLA und Nissan LEAF serienmäßig dabei ist und bei Renault nicht notwendig, liefern BMW und VW ihre Fahrzeuge nur gegen erheblichen Aufpreis mit der schnellen Gleichstromladefähigkeit aus. BMW hat das für 3.900 (!) € Aufpreis angeboten, was im LEAF Serie ist.

Zum Ausgleich gibt es dafür Ladesäulen mit dem Ladestecker CCS und einem anderen Ladeprotokoll. Auch wenn es einfacher gewesen wäre, das CHAdeMo System einfach zu übernehmen. Dafür subventionieren der Bund und die Länder Bayern und Sachsen ganze acht neue Ladesäulen für CCS mit knapp 7 Millionen Euro. Eine CHAdeMo-Säule kostet ungefähr 16.000 Euro. Aber Hauptsache, die deutsche Industrie hat es selbst gemacht. Auf der einen Seite muss die Industrie von der Politik gezwungen werden, universelle Ladesysteme für Handys anzubieten, auf der anderen Seite schmeißen unsere bisherigen Politiker mit vollen Händen Geld heraus, damit ein paar Großkonzerne mit einem völlig überteuerten Produkt ihre Bilanzen aufhübschen können.

Fazit:

Nach einem Jahr und über 30.000 Kilometern bin ich insgesamt zufrieden und glücklich mit der Entscheidung für das Elektroauto.

Es macht einfach nur Spaß, mit dem Wagen zu fahren.

Die Betriebskosten sind überschaubar. Vor allem, da der Autostrom bisher meist nichts kostet. Und wenn, dann sehr wenig, wenn man von dem völlig irrsinnigen Ladezeittarif der acht „Meilensteine für die Elektromobilität“ an der A9 absieht. Ja, dort geht es nach Ladezeit statt Energiemenge. Als CCS Kunde im DriveNow Angebot von BMW mit Schnelllader zahlt man dann eben 6 Euro die Stunde für die knapp 20 kWh, die man laden kann, als Nichtmitglied im Club der Auserwählten mit einphasiger Ladung bei 3,7 KW darf man für die gleiche Stunde dann 9 Euro bezahlen. Für knapp 3 kWh, die man dann geladen hat. Schlicht idiotisch und unangemessen.

Aber: Das Auto hat mich erzogen. Energie sparen macht Freude. Ich fahre auf der Autobahn mit den LKW mit, oft nicht mal das, denn die meisten fahren deutlich schneller als die erlaubten 80 km/h und verstärken die Schädigung der Straßeninfrastruktur dadurch exponentiell. Abgesehen davon, dass der Dieselverbrauch exponentiell in der 3.ten Potentz steigt, wenn die 80 km/h ständig um 15 km/h überschritten werden.

So fahre ich ständig im Eco-Modus und versuche die Reichweite so hoch wie möglich zu halten.

Es ist ein Genuss, zu fahren und sich mit einem Anrufer über Bluetooth völlig problemlos verständigen zu können, weil das Auto so wahnsinnig leise ist. So wird aus einer gemächlichen Fahrt zeitgleich eine Telefonkonkurrenz ohne zusätzliche Anstrengung.

Die Reichweite vermisse ich manchmal. Aber nur, weil ich im Außendienst bin und durchaus mal 200 oder 300 Kilometer fahren müsste. Das muss besser werden. Die Alternative ist ein TESLA, der schon auf dem Wunschzettel steht.

Es ist fantastisch zu wissen, dass man mit 12 kWh auf 100 km unterwegs ist, während ein Diesel oder Benziner dabei 70 oder 90 kWh braucht. Hundert Kilometer für knapp 3 Euro Energiekosten gegenüber 8 oder 9 Euro bei einem Verbrenner.

Ich möchte nie mehr etwas anders fahren als einen Stromer. Außer vielleicht einige Oldtimer bei besonderen Anlässen. Aber auch da nur die coolen, gemütlichen Kutschen mit Stil und Flair. Ein VW Bus BJ 1990 steht bereit, den ich gern umrüsten würde. Noch passen die Komponenten nicht wirklich und das Budget leider auch noch nicht.

Adam and Eve would have chosen a LEAF!“

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