Die aufhaltsame Elektronautenreise

Die aufhaltsame Elektronautenreise

Es war mal wieder einer dieser Tage, an denen man losfährt, eine etwas umfangreichere Planung dabei hat und eines der moderneren Abenteuer unserer Zeit wagt: Eine Reise mit einem Elektrofahrzeug.

Der Ausgangspunkt war Buchloe im Allgäu, das Ziel Amberg in der Oberpfalz, hin und zurück an einem Tag. Eine Fahrt von ca. 500 Kilometern. Mit einem Nissan Leaf durchaus eine Herausforderung.

Was also ist das wichtigste, das ein Elektronaut zur Vorbereitung tun sollte? Richtig, sich ein Bild über die unterwegs verfügbaren Ladesäulen machen.

Erfreut stellt man fest, dass außer den freundlichen Schnellladesäulen bei ALDI SÜD die Tank&Rast AG in Kösching auf dem Rastplatz ebenfalls eine Säule installiert hat. Das entzückt das Elektronautenherz. In und um Amberg sieht es leider nicht so gut aus. Aber zumindest in der Stadt gibt es eine normale Typ 2 Ladesäule. Die Voraussetzungen für den Trip sind damit akzeptabel. Mit einer kalkulierten Ladezeit von vier bis fünf Stunden in Amberg, während der der Termin in Amberg locker stattfinden kann, wird die Reise in einem Tag machbar sein.

Die Hinfahrt verläuft nahezu planmäßig. Leider verursacht eine langsam arbeitende Ladesäule in Aichach eine Verzögerung von 45 Minuten, die noch Folgen haben wird.

Die Schnellladesäule für CHAdeMO auf der Raststätte „Köschinger Forst“ funktioniert erwartungsgemäß, nur: Man hat lediglich von der Fahrspur auf der A9 nach Norden aus Zugang. Daran habe ich als Nutzer und Elektronaut nicht gedacht. Die Planer sicher auch nicht. Welche Auswirkung wird das dann auf der Rückfahrt wohl haben?

Aber zunächst geht es weiter. In Amberg angekommen ist das Fahrzeug komplett leer. Und dann der Schock: Die Ladesäule am Landratsamt – die einzige für moderne Fahrzeuge nutzbare im Umkreis von 25 Kilometern – wurde demontiert. Doch leider wurde das nirgendwo im Internet kommuniziert. Zum Glück ist ein Mitarbeiter des Landratsamts bereit, eine Kabeltrommel mit Schuko-System zur Verfügung zu stellen. Das Laden wird quälend langsam, bis genügend Saft im Akku ist, um zur nächsten stärkeren Säule zu gelangen, wird es zwei bis drei Stunden dauern. An der nächsten regulären Säule angekommen der nächste Frust: Die lädt mit reduzierter Leistung. Das Fahrzeug wird und wird nicht voll. Also nächster Notfallplan: Weiterfahrt wenigstens nach Beilngries, dort angekommen die erste Freude seit Stunden: Die Säule geht mit voller Leistung ans Werk. Funktioniert tadellos und lädt. Nach einem Imbiss ist eine Stunde später genug Saft im Akku, um nach Kösching zu gelangen.

Doch die inzwischen fortgeschrittene Stunde macht klar: Der ursprüngliche Plan, in Kösching zu laden und dann nach Oberschleißheim zu ALDI SÜD zu fahren und somit genug Reichweite bis nach Hause zu haben, ist Makulatur, weil ALDI spätestens um 20:00 Uhr die Säulen abschaltet. Zu blöd. Von Kösching nach Oberschleißheim hätte es gerade gereicht. Jetzt kommt es also wieder auf jeden Kilometer an.

Und genau jetzt zeigt sich die Unzulänglichkeit der Planungen bei Tank&Rast:

Die Säulen stehen leider nur auf der Ostseite und sind auch dort nur über die Autobahn zu erreichen. Sie stehen lediglich ein paar Meter von der Versorgungsstraße entfernt, über die man die Rastanlage erreichen kann, ohne die Autobahn zu benutzen.

Verstehe wer will was sich die Planer dabei gedacht haben. Die Ladesäulen wären an einer Position sinnvoller gewesen, die sowohl vom Parkplatz als auch von der Servicestraße aus zugänglich ist. Denn dann könnten auch Elektronauten sie nutzen, die nicht auf der Autobahn noch Norden wollen, sondern nur zum Tanken kommen und in die andere Richtung zurückfahren.

Für mich als an diesem Tag etwas geplagten Nutzer ergibt sich jetzt eine widersinnige Situation: Ich fahre in Denkendorf auf die A9 Richtung München auf, fahre nach 14 km in Lenting wieder ab und auf der anderen Seite direkt in Richtung Nürnberg wieder auf um dann nach 2 km die Raststätte zu erreichen.

Nach dem Aufladen will ich Richtung München weiter. Dazu muss ich erst mal 12 km nach Norden fahren, in Denkendorf wieder ab und wieder auf und zurück. In Summe fehlen von der soeben getankten Reichweite schon wieder 25 Kilometer. Und dabei lädt die Schnellladesäule sowieso nur bis 80%.

Von den ca. 110 Kilometern Reichweite, die an der CHAdeMO getankt werden können sind 25 gleich wieder weg ohne dass man einen Kilometer voran gekommen ist.

Auf diese Art bleibt das Konzept der Tank&Rast-Schnellladesäulen weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.

Für meinen aktuellen Bedarf: Echter Mist. Und so kommt es wie es kommen muss. Ich fahre bis Augsburg weiter und dort fehlen mir ca. 20 km Reichweite um es bis nach Hause zu schaffen. Also auch dort noch mal Nachladen. „Erfreulicher“weise läuft auch dort die Ladesäule auf reduziertem Level. Ich warte geschlagene 90 Minuten und fahre dann weiter. Statt der geplanten Ankunft zu Hause gegen 21:00 Uhr wird es 03:30 Uhr.

Es wird wirklich Zeit, die Ladeinfrastruktur massiv und sinnvoll auszubauen. Nicht nur an den bundeseigenen Rasthöfen der Tank&Rast. Dort sicher auch, aber bitte sinnvoll. Die Säulen gehören in den Trennstreifen zwischen Rastanlage und Servicestraße und müssen von beiden Seiten aus nutzbar sein.

Einstweilen hoffe ich da auf die Autohöfe, die schlicht besser gelegen und erreichbar sind und auch für die Ladezeit mehr bieten. Die tun sich hart, da sie vom Geschäftsmodell her nicht so konzipiert sind, selbst zu investieren.

Zum Ausbau gehört endlich ein Zuschussprogramm, das die Käufer von Elektrofahrzeugen bevorzugt. Die sollen den Zuschuss bekommen und bestimmen, wo die Säule gebaut wird. Damit entfällt das Risiko für Investoren, die Fahrern können zu normalen Strompreisen tanken und die Säulen entstehen dort, wo sie gebraucht werden, statt an Stellen, die nur wenige gut erreichen. Dann wird die Sache dynamisch.

Die Kaufprämie für Emobile allein wird es nicht ausmachen.

Bei Kilometerstand 73000 grüßt

Thomas Blechschmidt

NISSAN LEAF Modelljahr 2010